Als Flavia wieder gesund worden

C.H.v.H.


Ist diß nicht Flavia? Ihr augen irret ihr?
Schau ich den schönen glantz der sonnen nicht für mir?
Der sonnen/ die der tod mit ungemeinen flecken
Unlängst bemühet war mir neidisch zu verdecken?
Es ist ja Flavia/ o angenehmer tag!
Da ich/ o sonne! dich/ als adler/ schauen mag/
Und meine lichter kan in deinen strahlen weiden.
Verzeihe Flavia/ red' ich zu unbescheiden.
Die freyheit leget mich mit künheits-flügeln an/
Und führet mich zu dem/ was nicht vergehen kan/
Und mich zur asche macht. Ich hoffe bey den sünden
(So lieben irrthum ist) genade noch zu finden.
Wo freundschafft fehler ist/ so heist es schöne schuld/
Ja selbst der himmel hat mit solcher noth gedult.
[86]
Wo lauff ich aber hin? o freundin! meine sinnen
Die klagen/ daß sie sich nicht gnugsam freuen können.
Mein auge trauet ihm itzund fast selber nicht/
Es zweiffelt/ ob der schein/ es zweiffelt ob das licht
Hier recht natürlich sey. Es fürchtet/ daß die kertzen
Der tod hat angesteckt/ zu mehren meine schmertzen:
Als rufft' er mir zum hohn und mehrung meiner noth:
Was vor die liebe that/ das thut itzund der tod.
Nein! Nein! Hier ist kein tod. Der reinen röthe prangen/
Das lebet hier so gut/ als auff Aurorens wangen:
Die rosen/ die itzund auff deinen lippen stehn/
Die währen unverdeckt/ und können nicht vergehn.
Der himmel dem du gleichst/ der giebt dich schöner wieder/
Als er dich von uns riß; Ich schaue deine glieder
(Es kan kein irrthum seyn) umgläntzt mit solcher pracht/
Die mich heist knechtisch seyn/ und dich zur göttin macht.
Geehrte Flavia! Sey lange so zu schauen!
Die freude woll auf dich ihr wohn- und lust-hauß bauen/
Der jugend schöner lentz/ der schönheit sonnenschein/
Der müsse lange zeit dein treuer nachbar seyn.
Dein auge schaue nichts/ als nur gelücke blühen/
Der seegen wolle dich als wolcken überziehen;
Der schönen berge paar/ die schwanen-weisse brust
Sey stets ein libanon von cedern grüner lust.
Bleib lange/ wie du bist/ ein zierrath dieser erden;
Laß deiner haare gold gar langsam silber werden.
Laß langsam schnee und eiß auff deinen rosen seyn/
Es störe ja kein frost dein weisses elffenbein/
Und deinen schönen geist/ der todte kan erwecken/
Den soll die ewigkeit mit ihren flügeln decken.
Genugsam Flavia/ ein zufall stöst mich an/
So mir die feder hemmt/ daß ich nicht schreiben kan.
Doch laß ich dich allhier noch sieben worte lesen:
Die kranckheit Flaviens ist Damons tod gewesen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1. Verliebte Gedichte. Als Flavia wieder gesund worden. Als Flavia wieder gesund worden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6BA9-E