[49] Auf eine schwarze Lerche

Lerche! mit dem schwarzen Kopfe,
Mit dem glänzend schwarzen Schnabel,
Sage! bist du nicht ein Hähnchen?
Deine freie Vogelmine
Ist so männlich, wie die meine,
Und deshalb lobt dich mein Mädchen.
Sage! hast du denn kein Weibgen?
Sind dir keine Kinder ähnlich?
Oder, hast du keine Schwestern?
Wo sind deine Anverwandten?
Gleicht dein Vater dir an Farbe?
Oder, was hat ihn bewogen,
Daß er dich so schwarz gefärbet;
Denn es gleicht dir ia kein Bruder.
Vogel! schaffe mir geschwinde
Junge Lerchen, die dir gleichen;
Ja! du mußt dich gleich verlieben.
Sieh! hier ist für dich ein Weibgen.
Sieh! mein Mädchen soll dirs geben,
Nimms und schaffe mir Brunetten.
Ich will sehn, ob deine Brüder
Ebenfalls Brunetten lieben.
Mädchen, sieh! er wird sich paaren,
Mädchen, sieh! er ist kein Hähnchen.
Sieh! wie artig kann man irren!
Ist dein Weibgen doch ein Hähnchen.
Gleicht dir doch mein Frülingsbote,
An Geschlecht, und Lust, und Farbe,
Wie er mir an Freiheit gleichet.
Da! ich schenk ihn dir, den Vogel,
Unvergleichliche Brunette!
Lieb' ihn, denn er ist dir ähnlich.
Doris! ia, du kannst ia malen,
Hurtig male mir den Vogel,
Mal' ihn zwischen andre Lerchen,
Daß man sieht, wie er sich paaret.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Gleim, Johann Wilhelm Ludwig. Auf eine schwarze Lerche. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D8EA-F