[[1]v]

[...]

Die Partie war von HE. Marktvorsteher Merkel unternommen worden, wir
waren zu acht, die Gesellschaft war heiter, das schönste Wetter hatte
uns begünstigt, vergnügt wie wir sie begonnen hofften wir die Reise
zu beendigen. Dies letzte sollte mir aber nicht zu Theil werden.
[[2]r]Eine Äußerung von mir, veranlaßt durch eine Frage eines HE. von Erlangen,
welche ich, da dieser eben von jemand anders angeredet wurde, an Hegel
richtete, entrüstete diesen so sehr, daß er mich in dem Präceptorenton,
den er sich hier angewöhnt hat, heftig anfuhr, welches ich ihm denn heftig
zu verweisen auch nicht ermangelte. Die Äußerung hatte nichts ent-
halten, was H. beleidigen konnte, nichts was diesen Lärm und Zank, den
H. tactlos genug war an einer Wirthstafel (in Erlangen) zu erheben, nur
einigermaßen entschuldigen kann. Einer unserer Freunde, welcher den
ganzen Spektakel mit angehört hatte, meinte der HE. Prof. möchten wohl
zu hastig getrunken haben. Erhitzt genug sah er aus. Sein Zorn hat sich jedoch
bis jetzt noch nicht abgekühlt; denn nicht nur hat er zeither mich zu sehen
vermieden, sondern auch gegen meine Familie beträgt er und seine Frau
sich seitdem fremd und unfreundlich, so daß man glauben könnte, diese
Leute seyen von uns sehr verletzt worden. Dies ist jedoch niemahls geschehen.
Eine Empfindlichkeit habe ich wohl an ihm bemerkt, seitdem ich jene Ihnen bekannte
Pretention nicht erfüllt habe, aber vergebens rathe ich hin und her, was ihn
denn so entrüstet haben kann, um mit uns, die wir so lange mit ihm in
einem so freundschaftlichen Verhältniß standen, so leicht zu brechen. Die Zeit
wird aufklären, auf wessen Seite hier Recht oder Unrecht war.

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TextGrid Repository (2023). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 12. Oktober 1816. Seebeck an S. Boisserée (Auszug). Z_1816-10-12_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-B8CA-E