706. Vom Brode.

1.

Ehe man das Brod anschneidet, soll man † † † darüber machen.

2.

Wer den Laib ungleich anschneidet, d.h. in zwei Theile schneidet, von dem sagt man, er lüge (Hertfeld); in und um Rottenburg, »er dürfe noch nicht heuraten.«

3.

Die Leute sagen, wenn sie Brod über Feld oder in's Freie mitnehmen: ich will Brod mitnehmen, damit mich kein Hund beißt.

Hertfeld.

4.

Ist der Teig geknetet, so werden drei Kreuze darein gemacht.

Ebendas.

5.

Wenn man ein Brod hinten herum schneidet, heißt[493] man dies Stück »Rosszaihə«, weil aber das einem leicht »vergunnt« werden könnte, soll man drei Einschnitte hinein machen, so thut das Vergönnen keinen Schaden 1.

Fußnoten

1 Oberschwäbisch ist vərgunnə, vərgundə = mißgönnen; in Niederschwaben = gönnen (Rottenb.)»vərgund.şt mər aå kõə stücklẽ Braådt!«

6.

Wenn ein Kranker an der Stirn schwizt, so soll man den Schweiß mit Brod abwischen und das Brod einem Hunde bieten; frißt der Hund das Brod, so wird der Kranke wieder gesund, frißt er es nicht, so stirbt der Kranke.

7.

Man soll in keinen Brodlaib hineinstechen – man sticht die Engel in die Augen.

Ertingen.

8.

Ißt man von einem Brodlaib, der nicht vor dem Anschnitt bekreuziget worden, wird man nicht satt.

9.

Ißt man von ofenwarmem Brod, wächst der Roggen im Magen aus.

Ertingen.

10.

Man soll kein Brod schneiden, sondern brechen.

11.

Man soll keinen Laib verkehrt in die Tischlade legen.

Ertingen.

12.

Man soll in den lezten Laib, welchen man einschießt, der also zuvorderst an's Ofenloch kommt, die Fingerspitzen der linken Hand eindrücken, dann haben die Hexen »keine Gewalt« an das Brod.

13.

Von unbekreuzigtem Brod »verkirnt« man sich, es kommt in den »Sonntagshals«.

Ertingen.

14.

Den sog. »Scherrlaib« soll man so lange aufbewahren, bis man von der neuen »Bachet« wieder einen Scherrlaib hat.

[494] 15.

Brod in das Wasser geworfen, wovon man trinken will, zieht alles Gift daraus, dieses Wasser ist gegen viele Schäden gut.

16.

Brockt man eine Milch ein, so dürfen die Brodbrocken nicht mit dem Messer geschnitten werden, sonst schneidet man der Kuh die Milch ab.


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TextGrid Repository (2012). Birlinger, Anton. 706. Vom Brode. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-FA09-4