1975.

Mel. Seligs volk der zeugen-wolk!

1.

Herzens-Lamm am creuzes-stamm! die heiligen vier nägel-maal, seiten-schrein und fürchelein auf deinem rükken ohne zahl, dein zerfleischtes haupt, Herr Christ! blutger schweiß, und was sonst ist ganz verdienstlichs marterthum, dich verehr ich um und um.

2.

Sonderlich machte der stich in deine eine liebe seit einen ritz zu meinem sitz, der mir mein herz schon oft erfreut, möcht ich doch an diesem ort immer bleiben fort und fort, und küssen das theure maal mit zährn und thrän'n ohne zahl.

3.

Lieber Herr! ich will nichts mehr, als nur ein wunden-bienlein seyn, das die kraft vom blutgen saft saugt aus dem heilgen leichnam dein, dem, was du nicht selber bist, ekkelhaft und stinkend ist, das in deinem blut-revier immer lebt und schwebt vor dir.

4.

Oft fühl ich, wie seligich mein herze bey dir weiden kan, aber doch nicht immer noch bin ich dir so nah, lieber mann! als ich mirs wohl wünschen möcht, und's die liebe mir sich brächt; freylich liegt es nicht an dir, nein, die schuld die ist bey mir.

5.

Mich beugts sehr, daß ich dir schwer und oftmals noch so schmerzlich bin, und mein herz ist voller schmerz, blut ein wenig drüber hin, schmelze dran, du Gottes-blut! mit der rothen wunden-gluth, bis man nur ein stäublein spürt, das sich in dein'm schweiß verliert.

6.

Ists doch dein, so schlecht und klein, so sündig es auch immer ist. Und warum? mein Lamm! darum, weil du es suchen gangen bist, und es auch gefunden hast, und es auf dein herz gefaßt; sprich nur zu der armen mad: Dein ist mein verdienst und gnad.

7.

Amen! ja, ich stehe da beschämt, gebeugt, ein würmelein, weine sehr, daß ich [1885] nunmehr dein seligs sünderlein darf seyn, und dein blutiger gewinn, und dein liebes herzelin. Amen! ja, Herr Jesu Christ! ich bin, wo was von dir ist.