2203.

Mel. Seelen-Bräutigam


1.

Das ist meine lust, so viel mir bewust, wenn die Mutter meinen augen, seit sie was zu sehen taugen, mahlt ihr Söhnlein her, wie's geschlachtet wär.

2.

Dafür danke ich erst recht inniglich und mit thränen Gott dem Geiste, der mirs Lamm so blutig preiste, denn will ich dem Mann auf den knien nah'n,

3.

Für den blut'gen tod, für die wunden roth, für die durchgestochne lende küssen seine blut'ge hände, und ein ieder fuß kriegt auch seinen kuß.

4.

Doch welch liebesschmerz übernimmt mein herz wenn ich an den Vater denke! wo mans her hat, das geschenke, seine ein'ge freud in der ewigkeit.

5.

Das war wohl gewiß, ein dergleichen riß, den man billig hätte können einen nagel zum sarg nennen, wenn der tod und Er compatibel wär.

6.

Denkt nur an den schmerz den ein vater-herz fühlet zu demselben stündlein, wenn es abschied nimmt vom [2086] kindlein, wenn die reise gleich geht zum königreich.

7.

Und des Sohnes reis gieng durchs ew'ge eis, über der menschlichen heere noch verwünschte atmosphäre in ihr jammer-land, da ward Er verbannt.

8.

Drum giebt dem Papa das Hallelujah, das ihm eigentlich gebühret niemand, der nicht informiret von der Mutter ist, vom tod Jesu Christ.

9.

O Drey-Einigkeit! und du blut'ge seit, des für uns durchstochnen Sohnes! nehmet hin statt eures lohnes, unsre Creuz-Gemein, wie wir so da seyn.

10.

Vater! freue dich, weil du siehst daß sich alles hier zun blut'gen wunden deines Sohnes hingefunden, et ecclesia sey dir innig nah.

11.

Und du Mann voll schmerz! blut' aufs ehe-herz, werd ihm immer mehr empfindlich, und bleib vor ihm tag und stündlich, daß kein augen-wink, deinem blik entsink.

12.

Deine Creuz-gestalt werd uns nimmer alt, von den verdienstlichen thränen laß das aug sich nicht entwöhnen. Was man thut und denkt, sey mit Blut gemengt.

13.

Und wie du itzt heiß'st, Mutter, Heil'ger Geist! die du in des Sohnes sachen fast am meisten hast zu machen, und beym kinder-ziehn ein unmenschlich müh'n.

14.

Nichts nun schon so ein, daß in der Gemein iedes schäflein deiner heerde, deinem Lamm so nahe werde, wie Johannes da, im arm Josua.

15.

Ja ich bitte dich so demüthiglich, Mutter! denk an deine kinder, sind wir noch so arme sünder, sind wir doch vom Sohn die Religion.


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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. 2203. [Das ist meine lust, so viel mir bewust]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B9A5-A