2258. Der andre Theil des liedes:

Wenn ich Ihn essen kan.


1.

Woher? aus Josephs kies. Kaum ist die liebe seele, die aus dem paradies zur expectanten-höhle, als im vorbeygehn kam, ins Lammes leib zurük: so wacht es auf das Lamm, mit einem muntern blik.

2.

Nach einem jubilo des heers der heilgen engel, das ihm's corteggio gemacht zum geister-sprengel, dankt Ers gefolge ab, doch haben zwey die ehr und bleiben noch beym grab, wenn nachfrag um ihn wär.

3.

Er aber Josua eilt zu der Magd Marie, Er weiß ihr embarras Ihn dauert ihre mühe. Wenns seine mutter wär, Maria unsre frau, die wartet' Ihn noch eh'r, die nähms nicht so genau.

4.

Marie die heller-hur schreyt durch den ganzen garten, und Simons falscher schwur läßt ihn nicht lange warten. Deß der die welt erlöst, sein favorit-werk ist, daß Er die sünder tröst. Ein andermal geküßt.

5.

Denn wenig schritt davon findt er den sünder sitzen aufs engels nachricht schon vor furcht und hoffnung schwitzen. Kein Mahler hat das herz, zu zeichnen diesen blik von freud' und schaam und schmerz, es bleibt ein braut-schmuk-stük.

6.

Marigen geht und weint und geht die post bestellen, da findt der sünder-freund der Marie zwey gesellen, die fallen ungefragt um seine füsse rum. Was Er der Marie sagt, das wiederholt Er drum.

7.

Gott dank euch! Aber nu geht, sagt an meine brüder: nach Galiläa zu, da sehet ihr ihn wieder! und damit gehet Er, Ihm folgen auf den fuß zwey Sabbaths-wanderer die wolln nach Emmahus.

8.

Es war ein selger gang, dieweil sie sein gedachten, für liebes-schmerze krank, verlegen bis zum schmachten. Auf einmal sahn sie sich mit einem dritten mann, der nichts bekanten glich, so sehr sie ihn besahn.

9.

Der Mann spricht, sagt mir schon, ihr weint: was ist geschehen? mit indignation spricht Cleophas: wir sehen dich wol für fremde an; doch die abscheulge[2140] that an dem gerechten Mann weiß ja die ganze stadt.

10.

Wir dachten, daß der Mann das volk erlösen käne: wir sahn ihn davor an, daß er es unternähme. Gleich heut am dritten tag, daß er ins grab gekomm'n, erhebt sich eine sag' man hätt' ihn wo vernomm'n.

11.

Der Jünger Cleophas fährt fort: das laß ich stehen, das grab war leer, vor das, da war er nicht zu sehen. Ihr esel! spricht der Mann mit einem augen-strahl, ders herz wie kochen kan, wenn gläubt ihr denn einmal?

12.

Was nutzt euch in der schrift das denkmal aller zeiten, vom Heilgen Geist gestift't, um auf den Sohn zu deuten! wer hat da nein gesehn, der nicht das creuze säh, den tod, das auferstehn? »Ach Jesus ja!« ade!

13.

Nein, heißt es, lieber Herr, so kanst du nicht verreisen, nacht ists, dein weg ist ferr, du mußt erst mit uns speisen. Wohlan! da gehn sie 'nein, das brot kommt auf den tisch, Ihm fällt sein haus-recht ein, die Ische kennt den Isch.

14.

Erzehlte Lucas nicht, sie wärn zun Elfen gangen und hätten ausgericht, was eben vorgegangen: so hielt ich dis gespann durchtropft mit freuden-öl, vor Jacob und Johann, die freund Immanuel.

15.

Sie waren immer da, wenns was zu sehen gabe. Johannes war so nah bey seines herzels grabe, und Paul erzehlt so gar Jacobi sein gesicht; doch dieses heilge paar considerirt man nicht.

16.

Nicht lange drauf geschiehts, daß sie beysammen sizzen, nur Thomas, der versiehts. Da kommt was! ach wie schwitzen die armen dinger ach! wie mans beym licht besah, wer in die kammer brach, so war es Josua.

17.

Ihr müßt hübsch selig seyn, Ich bins! ich bin der eure, seht nägel-löchelein, seht meine frische Pleure. Wie selig waren die, daß sie den Herren sahn; Er aber wehte sie mit Schöpfersothen an.

18.

Zur absolution ist mit dem heilgen wehen die ordination auf euren mund geschehen, daß er der sünderschaft zur Seraphinschen kohl 1 und aller eignen kraft zum feur-brand werden soll.

[2141] 19.

Zuletzt kommt Thomas an, das Lamm war wieder gangen. Ein ieder sagt: wir han derweil den Herrn empfangen, wir sahn ihn eigentlich. Das mag für euch gut seyn, spricht Thomas; aber ich halt das für phantasey'n.

20.

Und ehe ich den ritz in beyden händen sehe, und in des nagels schlitz mein'n eignen finger drehe, und mit den händen wühl' in seiner seiten-wund: so halt ichs vor ein spiel, daß er da vor euch stund.

21.

Sie warteten, im sinn, Er sollte wiederkommen; acht tage gingen hin, man hatte nichs vernommen. Einmal in einer nacht sind alle elfe da, die thür ist vest vermacht, da steht ihr Josua.

22.

Gehts gut? ists friede dann? spricht Er, ihr lieben jünger; zum Thoma: wel kom an, und gib mir deinen finger, da ist das nägel-loch, die hand die gib auch her, nicht so ungläubig doch! da ist das loch vom speer.

23.

Der, ohne sich zu sperrn, fällt gleich zu seinen füssen, um seinen lieben Herrn mit eins als Gott zu grüssen. Sieh da, redt Jesus drein, du gläubst und siehest mich; ein seligs herzelein gläubt und sieht keinen stich.

24.

Das wars, und bald auf das, erschien der Heiland wieder am meer Tiberias, da fischeten acht brüder, als Schim der renegat, der Sadducäer Thom, die söhne Zebedad, Nathanael der fromm'.

25.

So schläffrig jeder war, sie sahn da was am rande, sie dachten, wer geht dar? sie eilen nach dem lande. Ihr kinder, krieg' ich was? Papagen, wenn was wär. Zur rechten! wie ging das? die wate ward zu schwer.

26.

Dem einen schießt das blat, Johann, dem Jesus-herze: Der Herr ists! Simon hat gleich sorge um die schörze. Wie artig! allemal ist das die haupt-idee nach einem sünden-fall, daß man sich nakkend seh.

27.

Der Heiland sprach ein wort, daß Adams herze bebte, alleine zeit und ort, wo Simon drinnen lebte, erspart ihm die censur, so daß der blöde mann, vor sich ins hemde fuhr, das Lamm nahm sichs nicht an.

28.

Kommt, Herzel! tretet doch mit her auf diese [2142] seite, das Lamm ist auch ein koch. Seht her, ihr küchen-leute, wenn euch der küchen-schmoch in eure äuglein bläßt, so dankt dem bruder-koch, der eh'r als ihr gewest.

29.

Macht ihr ein feuer an, habt kohlen aufzublasen, so denkt: mein lieber Mann hat auf dem grünen rasen am meer Tiberias auch kohlen-feur geschürt, und eben mit so was die jünger regalirt.

30.

Nach tische läßt der Koch den Doctor wieder sitzen. Der renegat muß doch auch ein klein bißgen schwitzen, da wird der felsen-mann vom Lamm cathechisirt, ob er mehr lieben kan, als ers an andern spürt.

31.

Du weißt, ich liebe dich, versetzt der arme Schemmel nicht ohne sünderstrich. So weide meine lämmel. Zum andernmale heißts: du liebest mich wol brav? der sünder spricht: du weists; So weide meine schaaf'.

32.

Spricht Er zum drittenmal: du solst mich lieben, Schimmen? der wird bald roth, bald fahl, hebt an gar klein zu stimmen: allwissender verstand, hast du das nicht verspürt? da wird der ordinand zum dritten consecrirt.

33.

Ihm hat zu gleicher zeit, (weil kein Anani da war, dem Peters seligkeit zu paradox und nah war,) ur-äquanimität die marter-art dictirt, die, was noch übel steht, beym gleich-recht applanirt.

34.

Allein die menschen-schaar in ihrem fall und ur-gicht, die lässet doch so gar von art und von natur nicht, daß einer zu der zeit, wenn ihn der strik noch schnürt, an selbst-gerechtigkeit noch immer buchstabirt.

35.

Der Herr spricht folge mir. Das thut der felsmann weiland. Johannes folget dir, spricht er zum lieben Heiland. Johannes? ist das was? der Jesu herzel gar, und weil er nahe saß, der andern dolmetsch war.

36.

Ich soll ja bey dir seyn spricht unser renegate. Kommt der schon wieder drein? Daß ich dir gutes rathe, spricht der gedultge Mann, wenn ich ihn bleiben heiß', das geht dich gar nichts an, geh du in deinem gleis.

37.

Indem ich dieses sing auf meinem jünger-pfade, bitt ich in einem ding, ich bitt ich bitt um gnade, spar' mir und meinem volk die frage, wer ich bin: so geht es mit [2143] der wolk so schön in einem hin.

38.

Nach einem zwischenstand erscheinen die elf boten im Galiläer land auf einen berg entboten, die augen sahen ihn, die knie bet'ten an, wobey's doch welchen schien, sie sähn nicht, was sie sahn.

39.

Der Herr sprach, als er kam: ich habe hier und droben plenipotentiam zu eurem amt erhoben. Darum so send ich euch in alle welt hinein zu allen, was es gleich für nationen seyn.

40.

Wenn jünger sind gemacht, die man als Gottes saamen zur heilgen tauffe bracht, die taufft in vollmachts-namen vom Abba und vom Sohn und Gott dem Heilgen Geist, und lehret sie nur schon, wie ihr war't unterweist.

41.

Ich bin zu euch bestellt, mich habt ihr alle tage, bis daß die welt zerfällt, man sage was man sage. Das war den jüngern recht, das gläubten sie ihm gern und tauften schlecht und recht in vollmacht ihres Herrn.

42.

Ein wunderbarer hang des Heilands zur Gemeine macht ihm noch einen gang. Im Galiläschen Raine, da waren auf einmal fünfhundert brüder wo, da trat er in die zahl, ut ego soleo.

43.

Nun die Synagogyn, die hätt ich mögen sehen, ob die noch einen sinn in ihrer macht hätt stehen. Macht' er die vrob noch heut und träte da herein, es würde keiner weit vom selgen hinziehn seyn.

44.

Einst suchte Er sie heim die elf an ihrem tische, und aß ihr honigseim und auch ein wenig fische. Bey den Agapis zwar gings etwas scharf daher, er machte ihnen klar, wie hart ihr herze wär.

45.

Erneuert ihren ruff, ihr recht, ohn alles hemmen, an alles was Gott schuff, zu blutgen gnaden-schwemmen, die, was sich nur versteht zum gläuben, selgen soll'n, und was verloren geht, wird nicht han gläuben woll'n.

46.

Ehrwürd'ge Vaterschaft, ihr dünkt uns unverständig, itzt steht ein kind und gafft, wir ihr so gar unbändig, so gar impertinent und mit so viel geräusch ums welt-reich fragen könnt den wahren Gott im fleisch.

47.

Doch ach die hand zum mund! wenn ichs gewesen[2144] wäre, ich hätts vielleicht so bund und mehr gemacht: ich ehre das neue bundes-gleis, darinn der ärmste tropf mehr cum effectu weiß, als dort ein seher-kopf.

48.

Herr, sprichts apostolat, (doch mit gunst eins ins ander) weils nun geglücket hat, und du bist der Theander, der Israel erlöst; sag, ists nun bald an dem, schikt man den Prätor Cest zurük ad Cäsarem?

49.

Ihr kinder, saget Er, ich bitte euch gar schöne, da laßt dem die gewehr, die ganze souveraine, dem Held, der mich itzt gleich in meine ruhe rief, der hat den plan vom reich, privativ, decisiv.

50.

Ihr aber höret auf, euch um die welt zu kümmern, legt euch vielmehr darauf, am kirchen-bau zu zimmern. Die vollmacht holt mein Ru'ch euch ehster tage zu, ihr kinder der Menuch', bleibt ihr derweil in ruh'.

51.

Wenn sich ein menschen-kind zun andern mahanajim so gern zurechte fünd' hier in Jerusalajim in ganz Judea rum, ja selbst in Samarja bis an den Arcticum, und ihr seyd eben da.

52.

Und ein diabolus will euch den plaz bestreiten: so schipt ihn mit den fuß zu seines willens leuten. Wenn euch der Bulgar beicht't, hört und verstehet ihn, und macht ihms herze leicht, und laßt ihn friedlich ziehn.

53.

Will eine blase-schlang euch im discurse stören, so schikt sie ihren gang und sahret fort zu lehren. Brächt euch ein altes weib den ärgsten Zauber-trank hinein in euren leib, ihr werdt nicht einmal krank.

54.

Würd eine arme seel', die mich gern möchte loben gedrukt vons leibes-höhl', weil krankheits-geister toben, brecht ihr sie auf, die kneip als ihre medici, und tröstet seel und leib in aller ihrer müh'.

55.

Bis dahin gehet hin in einer Sabbaths stille, so wol in einem sinn als auch in einer khille, bleibt in der heilgen stadt auf einem saale wo, bis sich der Täuffer naht vons Vaters solio.

56.

Der heilige Johann, der tauffte in dem flusse hoch, niedrig, weib und Mann zu einer rechten busse; ihr aber rechnet drauf, daß ihr in kurzer zeit, beschwemmt mit geistes-tauf' des Lamms Apostel seyd.

[2145] 57.

So redte Josua, dann zog er mit den seinen 'naus nach Bethania, da ging es an ein weinen. Er segnete sein volk mit der durchbohrten hand, dann hub ihn eine wolk vom orte wo Er stand.

58.

Und diese selge fahrt ging angesichts gen himmel, nach seiner lieben art, zwar ohne sinn-getümmel; doch waren engelein mit von dem comitat, wovon er ihrer zweyn was aufgetragen hat.

59.

Denn als die elfe sich nach einer kurzen pausa ur-ehrerbietiglich an der causarum causa patrem familias ins herz hinein geprägt, mit augen roth und naß vor ihm in staub gelegt:

60.

So approbiren es das paar der himmels-zeugen, als der natur gemäß und ehrns mit heilgen schweigen, als aber steh' und seh' zu lang wird, sagen sie: ihr männer Galilä, was steht und seht ihr hie.

61.

Der Jesus, welcher itzt von euch zum thron geschieden, hat einen tag gesetzt zur wiederkunft in frieden, da sehet ihr ihn so, wie Er ward aufgenomm'n, et in silentio et pleura, wiederkomm'n.

62.

Fahr hin, Hallelujah, fahr hin du lieber Engel! du heilger Archiré vom sündersipschafts-sprengel, fahr hin, wir rechnen nicht, du ältstes bruder-herz; wir sehn in deinem licht nur manchmal seitenwärts.

Fußnoten

1 Jes. 6, 6.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Zugaben 1-4 zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 2. Zugabe. 2258. Der andre Theil des liedes:. 2258. Der andre Theil des liedes:. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B6ED-6