13. Betrachtung seines Berufs in die Churfürstlich Sächsische Landes-Regierung 1

1721.


Du grosser Herr der Welt! es ist Dir unverborgen,
Wie sehr mich diese Welt mit ihrem Dienst erschrekt:
Ich wäre gar zu gern zu Deinem Dienst erwekt.
Der Abend währt mir lang: Ich seufze nach dem Morgen.
Es ist nicht mehr die Zeit, die wol vor diesem war:
Wir plagen uns umsonst wir nutzen ihr kein Haar.
Ach wäre noch der Tag, da man mit Staupen-Schlägen,
Mit Stökk'- und Pflökken sich an Deinen Gliedern rieb,
Und sie den Schafen gleich aufs Mord-Gerüste trieb;
So würde sich mein Gram mit leichter Mühe legen.
Denn, Herr! das weissest du, ich küsse Rad und Pfahl
Um Deinetwillen gern, ich jauchzte bey der Quaal.
Allein, du alter Freund, dem Millionen Tage
Wie sechzig Stunden sind, der keinen Wechsel kennt,
Und sich mit allem Recht von heut und gestern nennt,
Legst Du die alte Welt mit dieser auf die Waage:
So mußte Jonathan vor seinem Vater fliehn,
Doch kont' er seinen Freund des Vaters Wut entziehn.
Der Rath Ahitophels war kaum zur Narrheit worden,
Als des Husai Mund für Davids Leben stritt'.
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Zog Ahab in den Streit, fuhr Josaphat zwar mit;
Allein er blösete den ganzen Baals-Orden,
Und der Prophete sprach: Ich schone Josaphat,
Sonst bliebt ihr Könige gewißlich ohne Rath.
Der Nehemias war des Arthasasta Schenke,
Ein wohl geplagter Mann: Allein er machte doch
Sein väterliches Haus von dem betrübten Joch
Zur guten Stunde los. Ich seufze, wenn ich denke,
Was Mardachai Fuß für saure Schritte that;
Der aber doch dadurch sein Volk erlöset hat.
Es muß auch Daniel das Hof-Getümmel dulden:
Allein wie betet nicht, wie überwindet er!
Wie wird es Misael und seinen Freunden schwer!
Allein sie bleiben selbst im Ofen ohne Schulden.
Der Leuen Rachen wird ein Maul-Korb angelegt;
Und von der Flamme brennt, wer Holz zum Feuer trägt.
Die Männer Juda sind bey ihrer Weise blieben:
War gleich der ganze Hof ein ander Thun gewohnt;
So wurden dennoch sie mit Hof-Manier verschont.
Wie hat der Eine nicht den König eingetrieben,
Als er das Götzen-Volk der Lügen angeklagt;
Und einer, als er ihm der Wahrheit Lobspruch sagt.
Johannes mußte zwar mit seinem Haupt bezahlen;
Doch hört' ihn erst der Fürst, und folgte manchesmal.
Ach! wüßte ich gewiß, ich käm' in jener Zahl:
So möchten immerhin der Trübsal schwüle Strahlen
Die schwersten Uebungen auf meine Scheitel speyn;
Es solte Leuen-Grimm mir noch erträglich seyn.
Da ist mein offnes Herz, Du kennest mich von innen,
Herr! wallt ein Tropfen Bluts durch meiner Adern Bach,
Der Dir nicht eigen ist, den treffe Deine Rach.
Mein ganzes Herz ist Dein, die ganze Kraft der Sinnen,
Und der erlöste Geist ist Dir zum Opfer recht,
Der Mensch mit Leib und Seel ist ewiglich Dein Knecht.

Fußnoten

1 Im October.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Teutsche Gedichte. 13. Betrachtung seines Berufs in die Churfürstlich Sächsische Landes-Regierung. 13. Betrachtung seines Berufs in die Churfürstlich Sächsische Landes-Regierung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B6D6-5