[8] Dem Deutsch- und treu-gesinnetem Leser.

Nun folget endlich mein Simson der schon vorlängst aufgeträhtenen Assenat. Nun trit er auch auf den Schauplatz der Welt. Er zeiget sich nun auch; wiewohl lang nicht in dem ausbündigen Zierrahte /der einen solchen Helden geziemet. Er war / durch seine übermenschliche Wunderstärke / die so wundergroße Heldentahten verübet / ein ruhmherliches Weltwunder. Er war ein Heiland Israels / zum wunderwürdigen Vorbilde dem Heilande der Welt selbsten erkohren. Und eben darüm erforderte seine Wundergeschicht eine wunderwürdige Feder. Sie erheischte die Hand des allergeschiktesten Schreibers / und einen Zierraht gantz ungemeiner Reden. Aber ach! wie solte ich eine solche Feder führen / da meine kränkliche Hand oftmahls kaum so viel Macht hatte sich zu bewägen? Wo solte der Zierraht gantz ungemeiner Reden herflüßen / da mein Gehirn entstellet / mein Gemüht gekränket / und meine Sinne geschwächet waren? Die stähtige Mühsäligkeit meines Lebens / die Arbeitsäligkeit in meinem Berufe / die Widerwärtigkeit in meinen überheuften Geschäften haben mich eine Zeit her so abgemattet / daß ein beschweerlicher /ja gefährlicher Zufal über den andern mich bestürmet. Hierzu komt dan auch das andringende Alter; welches ohne dis anders nichts / als Schwachheiten / mit sich schleppet. Und also war der Wille wohl da / aber das Vermögen entfiel mir meinen Simson zum schönsten auszuarbeiten. Ich hatte zwar beschlossen seine Lebensgeschicht viel weitleuftiger / als sie alhier / auf hiesiger papierenen Schaubühne / erscheinet / auszuführen. Auch war die Anstalt zu funfzehen Büchern albereit gemacht. Aber die Feder war kaum angesetzet / als mir meine jähligen einbrächende Schwachheit schon gebot solchen Schlus zu ändern. Ich muste dan / aus Furcht / der [9] Tod möchte mich vor volzogener Arbeit übereilen / nohtwendig abkürtzen. Ich muste diese gantze Wundergeschicht in viel ängere Grentzen einschlüßen / nur bald zum Ende zu kommen. Dieses ist nun auch / durch die Gühte Gottes / der ich hertzlich danke / glüklich erreichet: wiewohl so glüklich nicht / als ich selbsten gewünschet. Iedoch bin ich /nachdem der Höchste mich meinen Wunsch so weit erreichen laßen / als ich gebähten / wohl zu frieden. Und Du wirst auch / lieber Leser / verhoffendlich hiermit also zu frieden sein / als gühtig meinSimson von dir angeblikket zu werden verlanget. Wan dir etwan einige Druk- auch wohl andere Fehler darinnen aufstoßen möchten; so sei so guht sie / mit einem geneugten so wohl / als reiffem Urteile / zu verbessern. Ja gedenke / daß ich selbst bei dem Drukke nicht sein können / auch mir meine gantze Verfassung / sie von Büchern zu Büchern durch und durch zu überwägen / und der unverhuhts oder aus übereilung eingeschlichenen Fehler darinnen wahr zu nehmen /, eher nicht vergönnet war nachzulesen / als da sie mir gedrükt wieder eingehändiget worden; weil ich sie zu zwei oder drei Büchern / sobald dieselben drukfärtig /obschon die übrigen noch in der Feder waren / dem eilenden Drükker zusenden müssen. Und dieses ist auch die Uhrsache / daß ich darinnen alles so genau nicht in acht nehmen können. Im übrigen fället hierbei zu erinnern vor / daß ich mich / in Erlängerung und Ausbreitung dieser Geschicht des Simsons / fast nur allein mit der Erzehlung / welche der Schreiber des Buches der Richter so gar kurtz aufgezeichnet / behelfen müssen: weil ich bei den alten Geschichtschreibern nichts / oder doch /wan ie einer derselben gedacht / sehr wenig mehr /das mir zu meinem Vorsatze dienen können / darvon gefunden. Man hat sich gewislich zu verwundern /daß gemeldte Geschichtschreiber / und unter denendie Ebräer selbst / in ihren weltlichen Geschichtbüchern / dieser allerdenkwürdigsten Wundergeschicht nicht mit einem Worte / so viel mir bekant ist / gedacht; ohne was der berühmte Jüde Flavius Josef / wiewohl auch nur überhin und mit wenigen / getahn. Und also hat mir / zu hiesiger Verfassung /niemand mehr / als [10] der erwähnte Geschicht schreiber des Buchs der Richter / und dan Flavius Josef / mit seinen Altheiten derJüden / wie auch / unter den neuen / der berühmte Wälsche Schreiber Ferrant Pallavizien /durch seinen Simson / vorleuchten können. DieserPallavizien ist / meines Wissens / der erste gewesen / der von mehrgedachter Lebensgeschicht desSimsons ein sonderliches Werklein / in drei Bücher eingeteilet / geschrieben: welches auch bald darnach der berühmte Herr von Stubenberg /unter den Durchleuchtigen Fruchtbringenden derUnglüksälige verhochdeutschet. Und eben daher bin ich gezwungen worden viel Dinges nicht allein anderwärts her und aus andern Geschichten / sondern auch selbst aus eigner Erfündung / wie man sonst in dergleichen Heldengeschichten oder vielmehr Gedichten zu tuhn gewohnet / miteinzufügen. Ja daher ist es kommen / daß die gantze Riesengeschicht / die das vierde Buch fast gar erfüllet / hat eingerükt werden müssen; doch also / daß sie / in selbiger Gegend der Geschicht Simsons / nicht fremde / noch ungereimt stünde. Dergleichen Einrükkung von anderwärts her ist auch mit dem Pammenes geschehen: wiewohl alles / was darbei von der Schönen Timnatterin / welche des Simsons verrähterischer Frauen Schwester gewesen / wie auch vom Egiptischen Königlichen Für sten / und sonsten erzehlet wird / aus meiner eigenen Erfündung geflossen. Dieser Erfündung ist ebenmäßig zuzuschreiben die gantze Begäbnis der Schönen Naftalerin: in welcher / und jener ich eine recht Tugendhafte Schönheit / gleichwie inSimsons Eheliebsten / und der Filistischen Fraue /welche sich für die Mutter der Schönen Naftalerin ausgab / eine Lastervolle Häsligkeit abbilden wollen. Eben so Tugendhaft und Schön ist auch die Mutter des Simsons / wie auchder Schönen Naftalerin / und der Schönen Timnatterin / zur höchsten Volkommenheit zu / vorgestellet worden. Was endlichdie Anmärkungen betrift / darinnen ich meine Verfassung erklähren wollen / diese haben gleichesfals / aus obangezogenen Uhrsachen / vielmahls abgekürtzt werden müssen; wiewohl sie auch vielmahls / wan meine [11] Leibeszufälle mich zu überfallen nachliessen / zimlich lang gefallen. Hiermit mus ich schlüßen / und darbei den guhthertzigen Leser ersuchen mich in sein Gebäht / zu wiedererlangung meiner Gesundheit / miteinzuschlüßen. Dafür ihm dan alle meine Geflissenheit gewiedmet sein sol / so lange / als ich bin und heisse

Der Färtige.

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TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Romane. Simson. Vorrede. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B067-B