Das ander Lied

Auff eine unglückseelige Nacht

Von Jambischen Versen/ Auff die Melodey: Wohl dem der weit von hohen Dingen.

1.
Es bricht herfür der Nächte Schatten/
Doch scheint mir noch der Liebsten Licht/
Der Himmel wil es kaum gestatten/
Drümb scheint und gläntzt es ferner nicht.
Weil sich die Liebste von mir macht/
Empfind' ich unglück diese Nacht.
[53] 2.
Die Nacht das Schrecken-Kind entspringet/
Da Leid auff Freude folgen muß/
Die Dunckelheit mich gantz ümbringet/
O harter harter Himmels-Schluß!
Weil sich die Liebste von mir macht/
Empfind' ich unglück diese Nacht.
3.
Muß dann der rothe Mund verblassen/
Dem noch die schönste Rose weicht?
Muß denn das dopple Licht mich hassen/
Vor dem die Sonne selbst verbleicht?
Weil sich die Liebste von mir macht/
Empfind' ich unglück diese Nacht.
4.
Ach mein! wie hab ich das verdienet?
Was hab ich ewig nur verschuldt?
Wie bin ich dann noch nicht versühnet
Zu leben in der Liebsten Huld?
Weil sich die Liebste von mir macht/
Empfind' ich unglück diese Nacht.
5.
Doch muß ich mich nur drein ergeben/
und weil es anders nicht kan seyn/
Des trüben Himmels Gnade leben/
Der auff mich zornig ist allein.
Weil sich die Liebste von mir macht/
Empfind' ich unglück diese Nacht.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Das ander Lied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B065-F