Philipp von Zesen
Assenat
1670

Auftragsschrift

Dem Durchleuchtigen / Hochgebohrnem Fürsten und Herren /


Hrn Johan Georgen / Fürsten zu Anhalt / Grafen zu Askanien / Herrn zu Zerbst / und Bernburg /uu. aa. mm. Kuhrfürstlicher Durchl. zu Bran-
denburg der Kuhr und Mark Stathaltern / als
auch algemeinem Obergebieter
über Derselben Reiterei /
u.a.m.

Seinem gnädigsten Fürsten / und Herren.

Dvrchleuchtiger / Hochgebohrner Fürst /Gnädigster Herr /

Dankbar zu sein bin ich schuldig. Seiner Durchl. Ruhm zu erhöben bin ich verpflichtet. Hierzu reitzet mich Ihre milde Gnade. Hierzu treibet mich Ihre überschwängliche Gühte. Beide haben mir iederzeit völlig geblühet. Von beiden seind mir reiche früchte geworden. Vor beides habe ich auch untertähnigst gedanket: doch bisher nur im hertzen / und kaum mit dem munde. Auch ist es nur zu weilen in geheim / und spahrsam mit der feder geschehen. Aber eine so stille Dankbarkeit ist nicht genug. Der heimliche Ruhm ist hier zu wenig: weil S. Durchl. Tugend / und Gnade so gar groß und offenbar ist. Beide müssen dan öffentlich ausbrechen. Meine Dankbarkeit mus ich vor den ohren und augen der Welt bezeugen. Vnd darüm fasse ich auch diese feder. Dieselbe zeiget der gantzen Welt an / daß S. Durchl. hiesige mitkommende Egiptische Ebreerin von mir geheiliget wird. Es ist die schöne Assenat / eine Egipitische Fürstin / des Grössesten unter den Ebreern Gemahlin. Sie hat von mir die Hochdeutsche sprache gelernet. Damit lesset Sie sich vor S. Durchl. ohren hören. Vnd hiermit untergiebet Sie sich zugleich S. Durchl. schutze. Von Ihr wil Sie /als eine ankomenende Fremde / beschirmet sein. Vnd hierüm langet S. Durchl. meine feder auch untertähnigst an. Ja ich flehe für Sie. Ich flehe / Sie mit einem gühtig-gnädigem blikke zu beseeligen. Anders darf von Seiner Durchl. allergühtigsten angebohrenheit ich auch nicht hoffen. Vnd dächte / ja hofte ich anders /so tähte ich sünde. Ich wil dan keine worte mehr machen. Die Assenat sol es nun selbst tuhn. Vnd also lesset Sie in Seiner Durchl. hand derselbe / der anders nichts wünschet / als in der taht zu sein / und zu bleiben / so lange er ahtemen kan /


Seiner Hochfürstl. Durchl.

alleruntertähnigster / dienstschuldigster Filip von Zesen.

Vorrede

Dem Deutschgesinten Leser.

Mich deucht / ich sehe die Welt ihr leschhorn rümpfen. Mich dünkt / sie ziehet das maul. Ich höre / sie fraget: was ungewöhnliches / was seltsames / was neues ist dis? Sie siehet / daß ich diese Liebesgeschicht heilig nenne. Das komt ihr fremde vor. Darüber verwundert sie sich. Darüber kreuset und kreutzet sie mit dem zeiger. Freilich ist es was neues / was fremdes / was seltsames. Ja es ist was heiliges / dergleichen auf diese weise noch niemand verfasset.

Mit nicht-heiligen / ja unheiligen Liebesgeschichten hat man sich lange genug belustiget; mit weltlichen übergenug ergetzet. Darzu hat der Grieche Heliodor zuerst die feder gespitzt. So gehet die gemeine rede. Die Spanier und Wälschen seind ihm gefolget: und diesen die Franzosen / mit den Englischen. Endlich haben sich auch de Hoch- und Nieder-deutschen eingefunden. Aber nun sollen diese letzten in den Nicht-heiligen und weltlichen / die ersten sein in den Heiligen. Hierzu veranlaßet sie hiesige feder. Hierzu wird sie ihnen eine vorgängerin; indem sie diese heilige Stahtslieb- und lebens-geschicht fliessen lesset.

Fragstu / warum ich sie heilig nenne? Freilich ist sie heilig / weil sie aus dem brunnen der heiligen Geschichte Göttlicher Schrift geflossen. Zudem handelt sie von der Assenat / die aus einer Egipterin eine Ebreerin ward. Ja sie handelt vom Josef / der ein Nachkömling und Sohn der heiligen Ertzväter war: und selbst ein Ertzvater worden; indem er zween Stamväter des heiligen Volks der Ebreer gezeuget. Die Assenat war nicht allein eine gebohrene Fürstin; sondern auch eines Geistlichen Tochter / und selbst eine geistliche Jungfrau. Darnach ward sie auch des Josefs Gemahlin / und zugleich eine Mutter des Efraimischen und Manassischen Stammes. Ja sie ward eine Ertzmutter / wie Josef ein Ertzvater / dieser zween Stämme des heiligen Volks Israels. Darzu komt noch dieses / daß die Liebe der Assenat so wohl / als des Josefs / rein / keusch / und heilig wesen.

Hier siehestu dan klahr genug / daß ich diese Geschicht nicht unbillich heilig nenne: die ich noch über das / in ihrem gantzen grund-wesen / wie ich sie n der heiligen Schrift / und in den besten unter den andern gefunden / heil sind unverrükt gelaßen; wiewohl ich ihr zu weilen / nach dieser ahrt zu schreiben / einen höhern und schöneren schmuk und zusatz / der zum wenigsten wahrscheinlich / gegeben.

Sonsten seind alle dergleichen Liebsgeschichte fast bloße Gedichte. Auch ist sonsten zwischen dergleichen Geschichtschreibern / und rechten Dichtmeistern schier kein ander unterscheid / als daß jene in gebundener / diese in ungebundener rede schreiben. Aber diese meine Geschicht ist / ihrem grundwesen nach /nicht erdichtet. Ich habe sie nicht aus dem kleinen finger gesogen / noch bloß allein aus meinem eigenen gehirne ersonnen. Ich weis die Schriften der Alten anzuzeigen / denen ich gefolget.

Jene werden darum mit erdichteten wunderdingen ausgezieret / ja oft im grundwesen selbst erdichtet /oder auf dichterische weise verändert; damit sie in den gemühtern der Leser um so viel mehr verwunderung gebähren möchten. In ihnen wird darum die wahrheit mit einer andern gestalt vermummet / und mit wahrscheinlichen / auch oftmahls kaum oder gar nicht wahrscheinlichen erdichtungen vermasket / ja selbsten verdrehet; damit sie üm so viel schöner / üm so viel herlicher / üm so viel prächtiger ihren aufzug tuhn möchten. Hier aber haben wir keiner erdichtungen /keiner vermaskungen / keiner verdrehungen nöhtig gehabt. Die nakte Wahrheit dieser sachen / davon hiesige Geschicht handelt / konte solches alles ohne das genug tuhn. Aus den hinten angefügten Anmärkungen / da ich meine verfassung / aus den Schriften der Alten und Neuen bewähre / wird es der Leser sehen: wiewohl ich kaum die helfte / damit ich seiner geduld / durch alzuüberflüßige weitschweiffigkeit / nicht misbrauchte / anmärken dürfen. Doch wird verhoffendlich diese helfte den Liebhabern nicht weniger angenehm sein / als das gantze: weil sie ihnen zum wenigsten die spuhr zeiget / das gantze zu erspühren. Dahin hat sich auch meine sie feder bearbeitet. Ja darüm ist mein raht / daß man solche Anmärkungen zuallererst lese. Dan wan man diese wohl gefasset /wird man die Geschichtsverfassung selbsten mit grösserem nutzen so wohl / als verstande / lesen. Viel leichter wird man dan wissen / wohin ich ziele. Dan wird man sehen / daß ich dieses / oder jenes nicht vergebens und ohne vorbedacht / noch aus eigner eingebung gesetzet. Ja dan wird fast kein wort ümsonst geschrieben zu sein scheinen.

Hierbei sol man auch dieses wissen / daß wir / da /die heilige Schrift entweder zu kurtz redet / oder aber gar schweiget / in vielen den Schriften der Araber /und Ebreer / und dan des weltberühmten Atanasius Kirchers / im meisten aber der Assenat Geschicht /und der Verfassung des letzten Willens der zwölf Ertzväter / der Söhne Jakobs / gefolget. Diese zwo letzte Schriften haben die Jüden / aus neide / wie man schreibet / lange zeit verborgen gehalten. Endlich seind die Griechen darhinter kommen / und bemühet gewesen / sie in die Griechische spräche überzusetzen. Hierinnen seind sie so lange geblieben / bis sie ein Englischer Linkolnischer Bischof / Robert der zweite / aus Griechenland bekommen / und im 1242 jare / mit hülfe Niklasens des Griechen / und des Albanischen Abts Geheimverpflegers / in die Lateinische sprache übergetragen: daraus man sie nachmahls auch in die Hoch- und Nieder-deutsche gebracht.

Im übrigen wündsche ich / daß der Künstler / H. R von Hagen / im entwerfen der Bildrisse / welche sich / wiewohl sie seine ersten früchte seind / ohne mein zutuhn / selbst preisen werden / meinem sinne recht eigendlich folgen können. Ich habe zwar mein bestes getahn / ihm denselben deutlich genug zu erklähren. Aber es scheinet / daß sich die Kunst nicht allezeit wil binden laßen. Darüm hat sie auch alhier was freier abgeschweiffet / als mein sin und wille war. Doch wo iemand diese stummen Gemälde nicht vergnügen / da werden es die beigefügten redenden tuhn. Aus denen wird man genug verstehen / wie sie sein solten / und wie die sache selbsten sich befindet.

Wird nun dieses Werklein angenehm sein / so sol mein Moses / und Simson / auf eben dieselbe weise beschrieben / der Assenat folgen. Indessen gehabe dich wohl / lieber Leser / und belustige dich hiermit nach deinem belieben / ja begünstige / wan ich dessen währt bin / mit deiner liebe

deinen

Zesen.

Das erste Buch

[1] Das erste Buch.

Der liebliche Liljenmohnd war nunmehr vorbei; die Sonnenwände durch den rükgångigen Kråbs geschehen: der Niel stieg immer höher und höher; und Osiris begunte sich dem Jungferschoße seiner himlischen Isis algemach zu nåhern / als der trübseelige Josef den Ort seines elendes erblikte. Memfis / die K \nigliche stadt / sahe er mit klåglichen augen an. Mit traurigem und beängstigtem hertzen zog er hinein. Das gantze volk fand er in angst: und diese angst beängstigte ihn noch mehr. Er h \rete lauter seufzer: und diese seufzer vermischete er mit den seinigen.

Aber das ängstliche seufzen der Egipter hatte viel ein anderes ziel. Diese abergleubische Leute seufzeten zu ihren so vielerlei falschen und leblosen Abgöttern: er aber zum einigen und wahrem lebendigem Gotte. Etliche båhteten den ohnmächtigen gehörneten Hammelgötzen / ihren gewähnten Schutzvater / an. Andere flöheten zu ihrem algemeinen Wohltähter / dem gühtigen Osiris: noch andere zu ihrer Ernährerin / der [1] mildreichen Isis. Etliche rieffen den hundeköpfichtenKnef oder Anubis; und den kraftreichen Sotis / samt dem fruchtbahren Orus / zu hülfe. Andere schrien den dikbeuchichten Nielgötzen Kanopus / und dergleichen lächerliche Ungottheiten an. Die meisten aber wendeten sich bald zum schwartzen FluhtgötzenMomft / dem verschaffer des wachsenden Niels; bald zum schlammichten Ebbegötzen Omft / dem gebieter des fallenden strohms. Beide bähteten sie an. Jener solte verschaffen / daß der steigende Niel ihre äkker durchwässerte / und fruchtbar machte. Dieser solte gebieten / daß er nicht alzuhoch aufstiege / und zu rechter zeit weder zurückträhte; damit er das land nicht verwüstete. Manche hefteten auch zugleich wächserne täflein / darauf geschrieben stund / was sie so ängstiglich begehreten / diesem und jenem Götzen an das bein: damit er ihrer bitte / wan sie weggingen / ja nicht vergeße. Und das alles tåhten sie / teils mit klopfen und stoßen vor die brust / teils mit bluhtrünstigem aufritzen ihrer schultern und ärme: dadurch sie vermeinten erhöret / und mit gewündschter fruchtbarkeit des gewåchses geseegnet zu werden. Ja darüm verfluchten und beschwuhren sie auch zugleich alle miteinander des boßhaftigen Tifons wühtende macht; damit er durch seine grausamkeit / den liebreichen seegen ihrer gühtigen Wahngötter nicht verhinderte /ober verderbete.

Hingegen demühtigte sich Josef / in seinem hertzen / vor dem ewigen almächtigem Gotte / dem Gotte seiner Väter / Abrahams / Issaks / und Jakobs. Ach! sprach er / und erseufzete hertzinniglich: ach Gott! ach barmherziger Gott! ach grundgühtiger Vater! ich bitte nicht für mich / daß du mich aus dieser leibeigenschaft errettest. Ich flöhe nicht für mich / daß du mich aus diesem jammer und elende reissest. Dis alles / ja mehr als dis / haben meine manchfältige sünden verdienet. [2] [4]Mein übermuht hat es verschuldet. Du tuhst wohl / daß du mich züchtigest. Es war dein Väterlicher wille / daß mich meine Brüder verkauften. Und darüm bitte ich für sie / daß du ihnen ihre missetaht vergebest / und ihre sünde nicht zurechnest. Ja ich /sol stehen / vor meinem Vater. Dan er ist trostloß /das weis ich. Erscheine ihm mit deinem göttlichen tröste: Ach! er ächtzet und gråhmet sich üm meinet willen. Er ist unruhig in seinem hertzen; ja betrübt ist er / betrübt bis in den tod: und darüm laß ihn deinen frieden befriedigen / und deine freude erfreuen. Ach! mich deucht / ich sehe ihn vor wehleiden zerschmeltzen; vor hertzlichen schmertzen in trähnen zerfliessen. Mich dünkt / ich höre ihn vor trauren wimmerleichen / und rufen: ach! mein Sohn / mein Sohn / mein lieber Sohn / wo bistu? Wie kan es auch anders sein? Er liebte mich / als seine seele. Ich war sein einiger trost. Ich war seine einige freude; der einige stab seines alters. Aber ach siehe! was hat er nun. Dieser stab ist ihm entrükket: diese freude ist ihm entzogen: dieser trost ist ihm geraubet. Ich bin nunmehr so weit von seinen augen entfernet. Ach! es jammert mich meines lieben Vaters / meines frommen Vaters / meines traurigen Vaters. Das hertz bricht mir / wan ich an ihn gedenke: ja es bricht mir in tausend stükke / wan mir in den sin kommet / daß dieses mein unglük sein graues haar in die grübe wird bringen.

Indem er also erseufzete / gelangte die Ismaelische Gespanschaft vor das haus / da sie ein zu kehren pflegte. Josef stieg vom Elefanten herunter. Die Kauf wahren warden abgel \set: die lasttiere in ihre ställe gebracht / und alles auf die seite geschaffet. Mitler weile versamlete sich üm die Ismaeler herüm eine große mänge volkes. Fast iederman / der in dieser gegend sich befand / vergaß! des Buß- und båht-tages. Alle Jungfrauen [4] lieffen herzu. Ja die alten Mütter selbsten vermochten nicht in den heusern zu bleiben. Die unvergleichliche schönheit des Ebreischen Leibeignen machte sie alle entzükt. Aller augen sahen auf ihn. Niemand konte / selbst mit tausend anblikken /sein gesichte genug sättigen. Je mehr sie ihn ansahen /ie schöner er schien.

Josef war auch in warheit so wunderschön / daß er zu der zeit vor das allersch \nste gesch \pfe / ja selbst vor das allervolkomneste meisterstükke der Zeugemutter aller dinge nicht unbillich geschätzet ward. Ja es ist kein wunder. Sara war seine Vorgroßmutter; und so überaus schön / daß sich zwee Könige / der von Egipten / und der von Gerar / in ihre schönheit verliebeten. Rebekka war seine Großmutter; und eben so wunderschön / daß es wenig fehlete / der letztgemelte König der Filister hette sich auch an ihr vernarret. Ja seine Mutter selbsten / die hold- und lieb-seelige Rahel / schien alle beide / durch ihre mehr als menschliche schönheit / weit zu übertreffen. Ihr gantzer leib befand sich so ausbündig zierlich gebildet / und so über die maße schön / daß der tadel selbsten keinen einigen fehler an ihr zu finden wuste. Ihre haut war so hochweis / so klahr / so zahrt / so rein / und so sanfte / als ein erst gefallener schnee. Durch diese so reinklare haut schimmerten hier und dar / gleich als im allerweissesten marmel / die zåhrtesten åderlein / so wohl roht / als blau: und auf den ahrtigen schneeberglein der wangen blühete eine recht anmuhtige rosenröhte / nicht zu hoch und nicht zu bleich. Alda hatte ihren eigenen sitz die Schaam /die eigne / wo nicht einige zier des Frauenzimmers. Uber dem allerzierlichsten schneehügel des kinnes erhub sich des mundes schlos / mit strahlrohten rubienwållen ümgeben. Hier wohnete die Liebe. Hier lächelte die freundligkeit. Hier spielete die wohlredenheit. Unter der stirne / der erhobenen sinnenburg /strahlete / ja blitzelte das zweifache [5] gestirne der allerliebseeligsten augen / wiewohl mit züchtigen blikken / so weit und mit solcher kraft herüm / daß sie durch aller anschauer hertzen straks hindrungen. Ja was wollen wir von ihrem sterblichen / wiewohl allerschönstem Leibe / und von den allerlieblichsten leibesgliedern viel sagen? Er war nur ein bloßes vergängliches bild / und hinfälliges haus ihrer unsterblichen noch tausendmahl schöneren Seele. Hieraus liessen sich / als aus einem spiegel / alle tugenden / die eines Frauenzimmers seele iemahls befessen / hauffenweise schauen. Hieraus brachen herfür / als mit einem hellen blitze / die recht himlische schönheiten. Hierdurch überwand sie die allerhårtesten hertzen. Hierdurch besänftigte sie die allerrauesten gemühter. Hierdurch begühtigte sie die allerboßhaftigsten geister. Ja hierdurch zog sie aller menschen gunst und gewogenheit auf ihre seite. Mit einem worte zu sagen / Rahel / die Mutter des schönen Josefs / war mit so fürtreflichen / so wohl in- als aus-wendigen schönheiten dermaßen ausgezieret / daß Jakob sich nicht verdriessen lies vierzehen gantzer jahre / wie verdrieslich auch sonsten sein dienst immermehr war / um solch-einen köstlichen schatz zu dienen. Ja er bekante es selbsten / daß ihm alle diese jahre anders nicht als einzele tage gedeuchtet.

Weil nun Josefs Mutter / Großmutter / und Vorgroßmutter / die alle drei aus einem und eben demselben geschlechte entsprossen / welches zu der zeit den preis der sch \nheit vor andern verdienete / so gar schöne gewesen: warüm wolte man sich dan viel verwundern / daß der zweig seinem baume nachgeahrtet /und die frucht nicht weit vom stamme gefallen; indem dieser schöne Ebreer von seinen drei schönen Müttern solche wunderwürdige schönheit gewonnen?

Daß aber des Tahre / oder / wie ihn die Araber nennen / Asars / Abrahams vaters / Nachkommen vor [6] allen andern damaligen Menschen mit so wunderwürdiger sch \nheit beseeliget gewesen; davon wollen wir der Arabischen / Persischen / und Kaldeischen Weisemeister urteil vernehmen. Diese bezeugen / daß des Josefs Uhranherr oder übervorgroßvater Tahre ein fürtreflicher Bildhauer / und zugleich ein Verpfleger der Götzenheuser des Nimrots gewesen: welcher seinen bildern eine so überaus schöne gestalt geben können / daß sich viele / die sie gesehen / straks im ersten anblikke darein verliebet. Weil nun Abrahams Mutter solche so künstlichschön ausgearbeiteten bilder fort und fort angesehen / und ihr derselben sch \nheit dermaßen tief eingebildet / daß alle ihre Kinder ihnen gantz ähnlich geworden; so habe sie solche sch \nheit ihren nachkommen bis in das vierde Glied gleichsam erblich und eigen gemacht. Und durch diese erbeigenschaft hetten sie sämtlich eine solche wundersch \nheit gewonnen: wiewohl sie an der Lea etlicher maßen verdorben worden. Unter allen aber were Josef / Jakobs sohn / als das höchste Meisterstükke der sch \nheit / der allerschöneste / ja so unaussprechlich schön gewesen / daß er dadurch die höchste sch \nheit der Engel selbsten übertroffen. Im übrigen stehen auch viel Geschichtschreiber und andere in der meinung: daß Labans Götzenbilder / die ihm Rahel / ohne zweiffel ihrer fürtreflichen schönheit wegen / entführet / und Jakob nach der zeit zuSichem unter einer eiche begraben / ein sonderliches kunststůkke des Tahre / und die meiste ursache der schönen gestalt so wohl des Josefs / als der Rahel /gewesen; weil beide Mütter / der Rahel und des Josefs / sie ohn unterlaß vor augen gehabt / und ihre schöne gestalt einen so tieffen und festen eindruk in ihre einbildung getahn / daß ihre Kinder denselben gantz ähnlich geworden.

Und also schien es / daß die Zeugemutter aller dinge nicht allein alle ausbündigste schönheiten der Mutter / [7] sondern auch alle schönste schönheiten seiner Groß- und Vorgroßmütter / so wohl von der Mutter / als des Vaters selten zusammengesamlet / und dem einigen Josef mitgeteilet / ein gantz volkommenes meisterstükke der allerschönsten schönheit herfür zu bringen. Fast eben auf diesen schlag verfuhr nach der zeit Apelles / als er das Götzenbild der Schönheit und Liebe volkömlich schön zu mahlen gesonnen. Er erwehlete aus allen Krotonischen Jungfrauen die allerschönsten zu einem so fürtreflichen kunststükke. Von einer ieden nahm er die schönste schönheit / die an ihr vor andern zu finden. Alle diese schönste schönheiten brachte er zusammen / und bildete sie ab in dem einigen bilde. Und daher war dieses bild oder gemålde so überaus schön / daß es mehr durch eine göttliche / als menschliche hand entworfen zu sein schien.

Als nun der tag der nacht zu weichen / und die Sonne dem Mohne das gebiet über die oberste helfte der erdkugel ein zu reumen begunte; da begab sichJosef / mehr vom schweermuhte / als von der reise ermüdet / ungegessen zur nachtruhe. Aber es war umsonst / daß er zu ruhen gedachte. Es war vergebens /daß er zu schlafen vermeinte. Hier war weder ruhe /noch schlaf zu finden. Seine gedanken schweiften von einem orte zum andern. Doch nirgend hielten sie sich länger auf / als bei seinem Vater: dessen bekümmernüs ihn weit mehr bekümmerte / als sein eigenes unglük. Ach! sprach er / wan ich nur meinem Vater /meinem lieben Vater die unruhe seines hertzens benehmen könte; so wolte ich alles meines elendes gern vergessen. Aber hier ist kein raht. Mein unglük / das uns beide voneinander gerissen / gehet ihn so wohl an / als mich. Was ich leide / das fühlet er. Was ich fühle / das drükket ihn / das schmertzet ihn / das kränket ihn. Und was noch das schlimmeste ist / ich sehe dessen kein ende. Morgen werde ich [8] dem Könige geschenket werden. Aus dessen hand wird mich niemand erretten. Meine leibeigenschaft wird währen / so lange ich lebe. Wo seind nun meine treume / die mir so viel glükkes und ehre bedeuten sollen? Ach! wie ist ihre bedeutung verschwunden? Meine einbildung hat mich betrogen. Meine hofnung ist nun zerrunnen. Ich gedachte zu herrschen: aber nun sehe ich / daß ich ewig werde dienen müssen. Ach weh mir! daß sich das blat also verkehret. Möchte ich doch nur ewig dienstbar sein in meines Vaters hause! Möchten doch nur meine Brüder ewig über mich herschen! Ach! wie wohl solte mir sein. Aber nun mus ich dienen in der fremde. Fremde werden ihre grausamkeit über mich ausschütten. Ach weh mir! ach weh mir! ach weh /und immer weh!

In solchen trübseeligen gedanken brachte er die gantze nacht zu. Er stund zwar auf / so bald der tag angebrochen / in willens / im garten hinter dem hause / seinen unmuht ein wenig zu vertreiben. Aber die schweermuht / und die angst seines hertzens folgeten ihm überal nach. Nirgend fand er ruhe. Nirgend wuste er trost zu suchen. Alle uhrwesen schienen ihm zuwider. Alle geschöpfe schienen ihn verlaßen zu haben. Nur allein die Beume stelleten sich mitleidendlich an. Also lies er sich bedünken. Also schlos er aus ihren abhangenden blättern. Also urteilete er aus ihren niedergebogenen zweigen. Was er alhier ferner vor gedanken hatte / ist eher zu errahten / als aus zu sprechen. Zuletzt begunte ihm dieser lustort seine unlust noch mehr zu heuffen. Und darüm eilete er wieder hinaus. Aber im ausgehen kahm ihm einer von den Ismaelern entgegen. Auf! sprach er mit harter stimme /auf! und mache dich flugs fårtig. Itzund soltu dem Könige übergeben werden. Dieses wort König war ihm als ein donner zu hören. Es gieng ihm als ein donnerkeul durchs hertze. Ja es [9] erschrökte ihn dermaßen / daß er böbete und zitterte / als das espenlaub.

Nachdem nun Josef ein zierliches sommerkleid /welches ihm die Kaufleute zu dem ende gegeben / angeleget; ward er / samt den Königlichen geschenken /straks auf die Burg geführet. Alda lag die Königin /mit ihrem gantzen Frauenzimmer / schon in den fenstern / und wartete mit großem verlangen auf seine ankunft. Dan der ruf war albereit den abend zuvor /aus der stadt / bis in das königliche Schlos erschollen / daß ein überaus schöner Ebreer angelanget / und heute dem Könige solte verehret werden. Es ist mit keiner feder aus zu drükken / wie heftig diese neugierigen durch den ersten anblik des schönen Leibeignen entzükt warden. Man hatte ihn beschrieben / als einen Engel: aber sie sahen ihn gar vor eine Gottheit an. Hatte man gestern seine schönheit so überlaut gepriesen; so ward sie heute / mit bestürtztem stilschweigen des gantzen Frauenzimmers / betrachtet. Alle Jungfrauen stunden als erstummet. Alle Fürstinnen erstarreten. Ja die Königin selbsten war fast gantz aus ihr selbsten. Doch gleichwohl behielten ihre Sinnen noch so viel kraft / daß eine iede bei ihr selbst zu wündschen vermochte einen so schönen Engel / in ihrer schlafkammer / zum stätigen leibwächter zu haben. Eine guhte weile währete dieses stilschweigen. Die Königin war die erste / welche zu reden begunte. Ha! sagte sie / sol dieses ein Leibeigner sein? Sol dieses ein verkaufter Ebreer sein? Das kan ich mir nimmermehr einbilden. Vielmehr ist er ein Ebreischer Gott; oder aber ein Fürst: und ist er keines von beiden / so ist er doch zum wenigsten würdig solches zu sein; ja würdig ist er über die gantze weit zu herschen; wie er dan schon in der taht beginnet.

Diese reden hörete Nefrem: und märkte schon /was die glokke geschlagen. Seine Freulein Tochter sahe er [10] bestürtzt: die andern Fürstinnen erstarret: die Stahtsjungfrauen vernarret. Ja alles Frauenzimmer kahm ihm anders nicht vor / als über die maße verliebt. Auch betrog ihn diese einbildung nicht. Er war ein alter abgelebter Fürst. Er war ein eifersüchtiger /und was geitziger Herr. Daher hassete er die fürtrefliche schönheit des Ebreers. Daher liebere er die kostbarkeit der angebohtenen schätze. Ja er hassete denJosef üm so viel mehr; weil er ihm leichtlich einbilden konte / daß ein alter und nunmehr aus gemärgelter König bei seinem Frauenzimmer / durch ihn / in die euserste verachtung kommen würde. Zum wenigsten /gedachte er / wird eine unlust unter dem Weibesvolke entstehen. Die göttliche schönheit dieses Ebreers wird sie zur liebe / die liebe zur schählsichtigkeit / die schählsichtigkeit zur unterlichen feindschaft / und diese endlich gar zu einer rasenden tolsinnigkeit bewegen. Alsdan wird alles bunt durcheinander gehen. Alles wird in unordnung / und mein Hof in gefahr schweben. Ja wan sich schon dieses unheil nicht erregen oder eusern möchte; so wird doch eine so übermäßige hertzentzükkenden schönheit meine Gemahlin und Tochter / wo nicht in der taht selbsten / doch gewislich in den gedanken / an ihrer keuscheit verletzen. Wolte ich ihn auch schon münchen laßen; so würde es mich zwar ein wenig / sie aber nichts helfen. Vielmehr schmertzen würde man ihnen zuziehen; weil man ihm dadurch die mittel / sie würklich zu vergnügen / entzöge / und sie dannoch in der brunst verzappeln liesse. Aus diesen wüchtigen ursachen (schlos er seine gedanken) mus ich mich nohtdrünglich entschlüßen / den schönen Leibeignen nicht an zu nehmen. Sein erster / ja kaum halber anblik hat mir mein Frauenzimmer schon gantz in ruhr gesetzt. Was würde wohl geschehen / wan ich ihn gar auf das schlos nehmen solte. Nein! nein! man mus ihn aus dem wege schaffen. [11] Ich mus mir selbsten keine laus in den rok setzen. Er mus fort! er mus fort!

Hierauf begab sich Nefrem in den königlichen Verhörsaal: darinnen alles von golde und edelen steinen flinkerte. Sonderlich vermochte kein auge den prächtigen Reichsstuhl / ohne entzükkung und ohne verblendung / an zu schauen. Dieser war ein rechtes meisterstükke aus dichtem golde: dem die demanten /perlen / rubienen / saffiere / und andere köstliche steine seinen glantz gleich als mit helleuchtenden feuerstrahlen vermehreten. Rund herüm / ja oben und unten war er mit allerhand künstlichen bildwerken gezieret. Dieses alles hatte / nach der geheimen Egiptischen bilderschrift / seine sonderliche bedeutung. Unter allen aber deutete der große güldene Krokodil / der gerade über des Königes heupte schwebete / auf den König selbsten / als alter Egiptischen Könige sinbild. Daher ward auch so wohl dieser Nefrem / als viel andere Egiptische Könige vor und nach ihm eine lange zeit / Farao / welches auf Arabisch ein Krokodil heisset / gemeiniglich genennet.

Alhier war es / da der König der Ismaeler geschenke empfing. Zu allererst ward ihm Josef / als das alleredleste und allerköstlichste / überreichet. Darnach folgeten die andern. Hierunter war das Königliche überaus künstlich mit golde durchwürkte Stahtskleid das fürnehmste. Die güldene Krohne schätzte man nicht viel geringer. Auch waren die anderen schatzstükke eines so hohen währtes / daß sie vor königliche geschenke wohl bestehen mochten. Musai /ein gebohrner und vieler sprachen kündiger Elamiet /führete / als der gantzen Gespanschaft heupt / das wort.

Gnädigster König / sagte er / alhier erscheinen Seiner Majestäht untertänigste knechte vor Seinem gnädigsten angesichte / unsere schuldigkeit demühtigst abzulegen. Wir bringen aus [12] [14]unserem armen vermögen etliche geringschätzige geschenke / Seine gnade zu erwerben. Sie seind zwar genüge: iedoch verhoffen Seiner Majestäht knechte / gleichwie sie bitten / daß Er dieselben eben so gnädigst / als wir sie untertähnigst einreichen / an zu nehmen geruhen werde. Solten sie auch sonsten über verhoffen unangenehm sein; so dürfen wir doch das vertrauen schöpfen / daß sie dem Könige dieser schöne Jüngling gleichwohl angenehm machen werde. Dan er wird mit unter unsere geschenke gezehlet. Und solches geschiehet darüm / daß durch seine so seltene schönheit die geringschätzigkeit der andern ein ansehen der kostbarkeit bekomme. Hiermit haben wir untertähnigst anzeigen wollen /daß wir Seiner Majestäht gehorsamste knechte seind: auch Dieselbe zugleich demühtigst anflöhen / daß Sie unseren Kaufhandel / wie bisher geschehen / also auch hinfort / in Ihren ländern frei und ungehindert zu treiben gnädigst vergönnen wolle.

Nefrem bedankte sich der geschenke wegen sehr freundlich. Er gewährte sie auch ihrer bitte: und gelobte ihnen bei der gottheit des Osiris / daß er nimmermehr zulaßen wolte / ihren freien Kaufhandel auf einigerlei weise zu kränken. Aber den Josef schenkte er ihnen wieder / mit angehängter versicherung / daß sie gleichwohl deswegen an seiner gnade nicht würden zu zweifeln haben. Er wolte seinem Königlichen worte dannoch folge leisten.

Sehr fremde kahm dieses des Königes beginnen den Kaufleuten vor. Es war ein wunderseltzames ding in ihren augen / ein so überaus köstliches geschenke verschmähet zu sehen. Keiner konte errahten / woher es rührete. Keiner konte begreiffen / warüm der König [14] eine so wunderseltene schönheit verwürfe. Dan niemand von ihnen hatte achtung gegeben / was sich im ersten eintritte mit dem Frauenzimmer zugetragen. Niemand wuste des Königes argwahn. Auch hatte er sich dessen weder mit worten / noch gebehrden märken laßen.

In diesen wunderlichen gedanken begaben sich die Ismaeler / mit dem verschmäheten Leibeignen / wieder nach ihrem würtshause zu: und ließen also das gantze Königliche Frauenzimmer in der eusersten betrübnüs. Es war keine Fraue / die nicht seuftzete: kein Freulein / das nicht weinete: keine Hofjungfer / die es nicht hertzlich schmertzete / daß sich ein so klahres /so fürtrefliches / so schönes licht aus ihren augen so uhrplötzlich verlohren. Ja die Königin selbsten / wel che Nefrems schlus den schönen Leibeignen nicht an zu nehmen allein wuste / wündschte dem Könige tausend und abermahl tausend / ja hundertmahl tausend flüche aus den hals. Er allein / sagte sie / hat verursachet / daß diese wunderschöne Gottheit uns mit ihrer gegenwart nicht allezeit beseeliget. Er allein ist es /der uns den anblik dieser himlischen schönheit misgönnet. Er / der neidsüchtige unmensch / ist es / der uns diese lust entzogen / seine viehische lust / uns unlust an zu tuhn / rechtschaffen zu büssen. Itzt mus ich schweigen: aber mit der zeit sol es gedacht werden. Wir meineten / die Sonne were m unserem schlosse auf gegangen / und würde uns nimmermehr verlaßen. Ach! sie war auch aufgegangen in dem schönen Leibeignen. Aber plötzlich ist sie wieder verschwunden.Osiris hatte sich in menschlicher / was sage ich? in göttlicher gestalt zu uns gesellet. Aber seiner geselschaft hat uns unser Wühterich verlustig gemacht. Dem allein haben wir zu dancken / daß wir ohne licht leben. Dem allein müssen wir die schuld geben / daß uns / an stat des hellen lichtes / eine dunkele nachtdömmerung geblieben. Fast eben so kläglich lies sich auch [15] die königliche Fürstin Nitokris vernehmen. Diese wolte vor unmuht bårsten / vor hertzweh verschmachten / ja vor heftiger schmertzempfindligkeit gar sterben. Aber wir wollen diese traurigen auf der königlichen burg lassen / und uns zum Josef begeben / zu sehen / was sich mit ihm in seinem Würtshause zutråget.

Die Ismaelischen Kaufleute hatten nunmehr das mittagsmahl gehalten / und sich albereit zur reise nach Nubien färtig gemacht. Die Kamehle stunden schon gantz beladen / und warden eben vor das tohr geführet / als Musai seine mitgefåhrten folgender gestalt anredete. Liebe Gespanschafter / sagte er / weil wir itzund nach Nubien zu ziehen gedenken / da uns der schöne Leibeigne nichts nütze sein wird / so bedünkt mich / daß es das beste sei / ihn alhier / bis zu unserer wiederkunft / bei einem Kaufmanne zu laßen. Dan in Egipten wird er uns mehr gelten / als dort. Die Nubier kauffen ihre Leibeignen nur üm einen geringen preis. Warüm sollen wir ihn dan mitschleppen: Indem er also redete / erboht sich ein Egiptischer Kaufman / welcher eben darzu kahm und zu Memfis wohnete / alsobald / ihn so lange zu sich zu nehmen. Weil nun Musai diesen Kaufman viel jahre gekant /und wohl wüste / daß ihr Leibeigner bei ihm am besten verwahret sein würde; so ward er ihm / mit aller bewilligung / übergeben. Und also nahm der Kaufman den trübseeligen Josef mit sich in sein haus: da ihm iederman / sonderlich seine Frau und Töchter sehr freundseelig begegneten.

Vierzehen tage hatte Josef bei diesem neuen würte zugebracht / als eine Hofjungfrau desselben Töchter besuchte. Diese war überaus verwundert / daß sie den schönen Leibeigenen alhier fand. Ja sie wuste zuerst nicht / ob sie ihren augen gleuben dürfte. Darüm saß sie eine guhte weile fast als stum; und eben als iemand / der den wunderstein Bet angesehen. Nährlich wolte [16] ein wort aus ihrem munde. Kaum gab sie antwort denen / die sie ansprachen: und antwortete sie /so war die antwort zu weilen anders / als man fragte. Sie redete sehr wenig und wan sie redete / so schweifte sie vielmahls vom zwekke so gar ab / daß es alle märkten. Weil sie nun des Kaufmans Töchtern sehr nahe befreundet war; so trugen sie keine scheu / ihre Verwantin zu fragen: warüm sie so stille sei? warüm sie so wenig redete? und wan sie redete / warüm ihre reden vom wege so abschweiffeten? Ja sie setzten hinzu / ob sie irgend verliebt sei / weil sie in so tieffer entzükkung säße? Auf alle diese fragen bekante die Hofjungfrau die runte wahrheit. Ja sie scheuere sich nicht einmahl in Josefs gegenwart sich gantz offenhertzig heraus zu laßen. Ach! sagte sie / solte ich nicht entzükt sein? Solte ich nicht andere worte führen / als man von mir gewohnet? Diesen augenblik ist mir ein glük aufgestoßen / das ich nimmermehr hoffen dürfen. Hierauf wendete sie sich zum Josef / der eben am fenster saß. Ist er nicht / fragte sie / der schöne Jüngling / den die Ismaeler vor vierzehen tagen unserm Könige verehren / er aber ihn nicht annehmen wollen? Als sie Josef mit ja beantwortet; so fuhr sie weiter fort: weis er dan wohl / warüm der König solches getahn? Josef antwortete / nein: und sie begunte alles zu erzehlen / was sich bei seiner ankunft auf der Burg begeben.

Den abend zuvor / sagte sie / ehe das königliche Frauenzimmer das glük hatte ihn zu sehen / kahm Sefira / Fürst Potifars / des obersten Küchenmeisters und Halsrichters / jüngste Gemahlin / der Königlischen Fürst in Nitokris / der ich bedient bin / auf zu warten. Nach wenigen wortgeprängen / fing sie straks an zu erzehlen / daß sie / im fahren durch die stadt /eines überaus schönen Leibeigenen sei ansichtig worden. Derselbe / sagte sie / sei so schön gebildet / so lieblich vom wesen / so ahrtig von gebehrden / daß sie zweifelte / ob die welt iemahls [17] eine so volkommene schönheit an einigem Jünglinge erblikket. Und eben dasselbe verursachte sie zu muhtmaßen / daß er irgend eines Fürsten Sohn sei; den die Ismaeler seinem Vater gestohlen. Sie k \nte nimmermehr gleuben /daß er ihnen / ihrem vorgeben nach / verkauft worden. Auch hette sie fragen laßen: ob sie ihn wieder verkauffen wolten / und wie teuer? Darauf sei ihr zur antwort worden: daß er vor kein geld / aber wohl vor des Königes gnade zu kauffe were: dem er auch morgen früh solte verehret werden. Nach diesem bescheide habe sie sich von stunden an nach der Königlichen burg zu begeben / meinem gnädigsten Freulein solche zeitung zu bringen.

Kaum waren diese worte aus ihrem munde / als sie schon der gantze Hof wüste. Ein Edelknabe der Königin / der meiner Fürstin eben etwas andienen solte /hatte alles mit angeh \ret. Dieser brachte es vor seine gnädigste Frau / in gegenwart anderer: welche es wieder andern erzehleten. Es ist kaum zu gleuben / wie behände diese recht neue / ja wohl recht seltzame zeitung von zimmer zu zimmer / und endlich gar durch das gantze schlos lief. Wo zween oder drei Höflinge /oder Hofjungfrauen / ja selbst Schüsselwåscherinnen beieinander stunden; da redete man von nichts / als von diesem schönen Leibeigenen. Jederman war begierig ihn zu sehen. Jederman verlangte nach dem morgenden tage. Ja ich halte gäntzlich darvor / daß schweerlich eine / es sei Frau oder Jungfrau / im Königlichen Frauenzimmer war / die sich nicht schon /vom bloßen hören sagen / in ihn verliebet. Auch darf ich wohl melden / daß das meiste Frauenzimmer / aus alzuheftigem verlangen / dieselbe nacht schlafloß verschlossen. Kaum war der tag angebrochen / als sie schon alle in dem fenstern lagen. Die meisten hatten sich auch so aufgebutzt / und so ausgezieret / als wan sie denselben tag / als Breute / solten zur traue gehen. [18] Gleichwohl hat keine von allen das glük gehabt denselben / den sie zum Breutigam wündschten / in der nähe zu sehen / viel weniger zusprechen. Mir alle in hat itzund das glük so günstig sein wollen / daß mir beides widerfåhret. Und darüm darf man sich nicht verwundern / daß ich im ersten anblikke schier aus mir selbst gewesen.

Drei stunden waren vom tage schon verlauffen / als der ruf in das schlos drang: der schöne Leibeigne sei itzt auf dem wege. Da ward vollend alles rege. Die Küchenmägde selbst lieffen / von ihrer arbeit / auf den schlosplatz. Ich wolte dan auch die letzte nicht sein. Bisher war ich noch mit den kleidern meiner Fürstin geschäftig gewesen. Aber nun trieb mich die neugierigkeit auch ans fenster. Kaum war ich / wiewohl etwas unachtsam / hinzugeträhten / als ich desselben / den iederman zu sehen so sehr verlangte /schon von ferne gewahr ward. Mich deucht / ich fühle noch itzt die wunde / die sein allererster anblik meinem hertzen gegeben. Wie dem andern Frauenzimmer zu muhte gewesen / laße ich ungesagt. Allein dieses kan ich sagen / daß ich sie alle / teils bestürtzt / teils erstumt / teils erstarret / ja wohl gar vernarret / daß ich so reden mag / gesehen. Zu ihrer aller glükke war der König eben bei der Königin. Auch blieb er alda noch eine guhte weile stehen. Indessen musten die Kaufleute / mit dem schönen Leibeignen / auf dem schlosplatze / vor unserem gesichte / warten. Ja ich gleube / daß das meiste / wo nicht gantze Frauenzimmer wündschete / daß solches warten etliche tage lang gewähret: solch- eine ergetzung schöpften sie in dieser schönheit. Aber der Königin was zu freimühtig ausgelaßene worte von diesem schönen Wunder verursachten endlich den König sich in den Verhörsaal zu verfügen / ja gar zu entschliessen / das so schöne Geschenke zurük zu senden. Und also ward er / vor unsern augen / wiewohl alzugeschwinde vorüber /wieder in die stadt geführet.

[19] Hatte uns kurtz zuvor seine ankunft bestürtzt gemacht / so machte uns sein so jähligen entstandenes scheiden noch tausendmahl bestürtzter. Uns war eben zu muhte / als wan wir nur einen flüchtigen schatten gesehen. Es war auch in der taht ein schatte. Dan als wir vermeinten ihn in den hånden zu haben / flohe er darvon; und wir hatten weniger / als nichts. Niemand war mehr betrogen / als wir. Wir alle hatten gehoffet /wir würden nunmehr seiner geselschaft lange zeit geniessen. Aber diese Hofnung ward uns zu wasser. Kein schnee kan von der sonnenhitze schneller zerschmeltzen / als dieselbe zerschmaltz. Ja mit ihr zerschmaltz auch / und ward vereitelt alle unsere lust /alle unsere freude: darauf sich das gantze Frauenzimmer gespitzet. Hiervor hatte es nun nichts anders / als unlust und trauren. Wan ich an meine Fürstin gedenke / wie sie über seinen verlust so jämmerlich kärmete /so hertzlich erseufzete; so deucht mich / ich werde noch itzund / aus erbärmnüs / mit wehleiden geschlagen. Von andern wil ich nicht sagen: die immer eine die andere / durch wehklagen / zum wehleiden anreitzeten.

Josef hatte diese reden halb mit verdrusse / halb mit vergnügung angehöret. Es verdros ihn / daß man sich alzuviel an seiner so nichtigen schönheit vergaffete / ja gar vernarrete. Hingegen vergnügte ihn zugleich / daß man dadurch gleichsam ein hertzliches mitleiden / seines elendes wegen / und ein so guhtes gemühte / ihm dasselbe zu benehmen / oder zum wenigsten zu erleichtern / spühren liesse. Die Jungfrau wolte noch mehr erzehlen: aber Josef fing ihr das wort auf. Ach! sagte er / was kan doch schönes sein an einem so elenden und verstoßenem menschen / als ich bin? Es ist eine bloße höfligkeit / ja übermäßige guhtahrtigkeit des Egiptischen Frauenzimmers / daß es einen armen fremdling / einen sonst verachteten Leibeignen so gar hoch erhöbet. Wiewohl [20] ich sehr ungern von einer schönheit / die man an mir zu sein wähnet / reden höre; so mus ich dannoch auf ihre so offenhertzige reden / eben so offenhertzig bekennen /daß mir dieselben nicht übel gefallen. Ich habe daraus ihr guhtes gemühte erblikket; ja ihre hertzliche zuneugung zu mir. Und daß sie mir nicht etwan eine blaue dunst / sich mir gefällig zu machen / vor die augen mahlen wollen / kan ich ihr an ihren augen wohl ansehen. Sie hat aus dem grunde des hertzens geredet. Ihre gedanken hat sie mir nakt und bloß / und ohne einigen falschen überzug oder schmünke eröfnet. Ja sie hat anders nichts geredet / als was sie gemeinet. Das weis ich. Das stehet vor ihrer stirne geschrieben. Das zeiget das unfalsche wesen der reinen und züchtigen blikke ihrer liebseeligen Augen an. Ja der ümzug / die bildung / die züge / und das sämtliche wesen ihres gantzen angesichtes seind mir dessen gewisse zeugen. Die sitzamen gebehrden ihres übrigen gantzen leibes bekräftigen eben dasselbe. Aus einem munde / der sich mit solcher schaamhaftigen bewegung eröfnet /kan kein falsches wort gehen. Und eben darüm können mir ihr reden anders nicht als angenehm sein.

Josef hatte ihm vorgenommen die Jungfrau von seinem eigenen selbstande gantz ab zu lenken. Dan es war ihm zuwider / so viel von sich selbst zu hören. Und aus diesen Ursachen hatte er sich / ihre sinnen und gedanken auf sie zurükke zu wenden / bisher bemühet; damit sie sich in ihr selbsten zu spiegeln anlaß bekåhmen. Ja nun trachtete er sie gar aus ihrer gantzen geselschaft zu entfernen / und an einen solchen ort zu führen / da sie noch weniger gelegenheit hetten auf ihn zurükke zu prallen. Die Jungfrau / sagte er /hat im begin ihrer rede Fürst Potifars gedacht. Von dem habe ich auch in meinem Vaterlande gehöret. Er mus gewis ein großer man sein / und bei dem Könige in hohem ansehen.

[21] Ja freilich ist er / nahm sie ihm das wort auf / so groß / daß er nach dem Könige die dritte stelle besitzet. Er ist nicht allein der oberste königliche Küchenmeister / und der oberste Halsrichter / den der König über alle gefängnüsse / ja über leben und tod aller seiner untertahnen zu walten und zu schalten gesetzt; wie ich zum teile schon gesagt: sondern er ist / auch ein Fürst aller fürsten aus dem Rahte des Königes. Er ist der oberste Hauptman der gantzen Ritterschaft /und des gantzen Reichs Mahrschalk. Zu allen diesen hohen würden hat ihn seine fürtrefliche geschikligkeit erhoben Dan ausser dem / daß ihn seine angebohrenheit mit den allerherrlichsten gaben / die ein solcher tapferer Fürst iemahls besitzen mag / mildiglich ausgezieret / ist er auch so gelehrt und erfahren in allen dingen / daß seine weisheit fast unvergleichlich. Diese so wohl göttliche als weltweisheit hat er in seinen jugendjahren von den Priestern zu Heliopel eingesogen. Da ist er gebohren. Unter denen ist er erzogen. Von denen hat er die kunde der Göttlichen geheimnüsse /der verborgenheiten der Natur / und alle fürtrefliche wissenschaften erlanget. Mit denen hat er sich in ihrer heiligen Sprache geübet: welches sonst keinem ausserhalb der Priesterschaft vergönnet wird. Und eben darüm ist er auch bestimmet / nach des hochbejahrten Heliopolischen Ertzbischofs ableiben / diese hohe und heilige würde zu betråhten: zumahl weil er ein gebohrner und selbst aus Königlichem bluhte entsprossener Fürst ist. Hierzu kommet auch noch dieses / daß er / wiewohl er im ehestande lebet / itzund vor unfruchtbar geurteilet wird.

So hat er dan keine Leibeserben gezeuget? fiel ihrJosef in die rede. Er hat zwar / fuhr die Jungfrau fort /bei der einen seiner Gemahlinnen zwei Kinder / ein Freulein / und ein junges Herrlein gehabt; davon dieses erst neulich gestorben: aber nach der zeit ist er /wie [22] man saget / unfruchtbar worden. Das Freulein /welches noch lebet / heisset Assenat: die der hochfürstliche Vater nicht lange nach ihrer gebuhrt den Göttern geheiliget; wie ihm der göttliche Ausspruch befohlen. Woher und wie / fragte Josef abermahl / hat man diesen Ausspruch bekommen; und was hielt er eigendlich in sich? Ich wil ihm alles / antwortete die Jungfrau / vom begin an erzehlen.

Potifar war schon etliche jahr verehligt gewesen: aber die Götter hatten seine Gemahlin noch nie mit Leibes früchten geseegnet: welches ihn sehr schmertzete. Als sie nun endlich / im fünften jahre ihrer ehe / mit einem sehr schönen Freulein / nähmlich der unvergleichlichen Assenat / niederkahm; da war der hochfürstliche Vater so froh / daß er vor großen freuden nicht wuste / was er beginnen solte. Erstlich richtete er ein großes und sehr köstliches Kindermahl an. Darauf erschien der König / mit seiner Gemahlin /selbsten: welche dieses neugebohrne Freulein / dem Vater zu liebe / vor ein Königliches Kind und eine Tochter des Reichs erklähreten. Die fürnehmste Reichsfürsten / samt des Königes hohen Beamten /stelleten sich gleicher gestalt ein. Dieser tag war der fröhlichste / den ich meine lebetage gesehen. Alle freude / die man erdenken kan / war alda zu finden. Die schällenspiele klungen. Die seiten sprungen. Die sänger sungen. Die trompeter bliesen. Die pfeiffer pfiffen. Die reientäntze warden geschwungen. Ja alles / was beweglich war / begunte vor freuden zu hüpfen. Und diese überschwängliche Lust währete vom mittage bis in die sinkende nacht.

Acht tage nach solchem Fürstenmahle stellete der fröhliche Vater auch ein Priestermahl an. Hierzu warden die fürnehmsten Priester von Heliopel / samt dem Ertzbischoffe / geladen. Dieser gab der jungen Assenat / nach so viel tausend glükwündschungen / die[23] man innerhalb zwölf tagen dem Herrn Vater getahn /auch endlich den seegen. Er legte die hände kreutzweise über des Freuleins heupt / und sprach: Der allergühtigste Gott Osiris seegne dich / und laße dich wachsen. Die allerliebseeligste Isis / die zweifache Gottheit / gebe dir langes leben / gesundheit / wohllust und freude. Ja alle Götter des Himmels und der erde wollen alle wündsche / die deinem Vater / dir zu liebe / geschehen / aufs beste erfüllen. Du heissest Assenat. Ja schöne heistu. Schöne wirstu sein an deinem leibe: darüm werden dich lieben die Fürsten. die Gewaltigen werden dich ehren. Schöne wirstu sein an deiner seelen: darüm werden dich lieben die Götter. Der Himmel wird dich ehren. Nach volziehung dieses seegens setzte sich der Ertzbischof / samt der anwesenden Priesterschaft / zur tafel: welche schon gedekt / und mit köstlichen speisen besetzt stund. Dieses Priestermahl ward eben so fröhlich / als jenes / volzogen.

Nachdem nun solche algemeine freude vorbei war /entschlos sich Potifar die Götter zu fragen: wie man dieses Freulein am besten erziehen / und was es endlich vor ein glük haben solte? Die Götter waren über vier jahr mit der Assenat / sie im mutterleibe zu bilden / geschäftig gewesen / ehe sie dieselbe zur ausgebuhrt kommen laßen. Darüm war der frohe Vater in alwege neugierig zu wissen / was doch aus einem solchen Kinde werden würde. Und diese neugierigkeit trieb ihn so an / daß er sich / straks nach der entschliessung / samt der Assenat / wiewohl sie nur drei wochen alt war / als auch ihrer Amme / nachHeliopel begab. So bald er in dieser heiligen stadt /dem Ertzbischoflichen sitze des gantzen Königreichs /angelanget / konte er kaum so lange warten / bis der Ertzbischof sich angekleidet / mit ihm in das Heiligtuhm der Sonne zu gehen.

[24] [26]Alhier war es / da man das Freulein Assenat vor dem Sonnenbilde niederlegte. Der Ertzbischof tåht erst sein gebeht. Darnach traht er zu einem Betten; welches vor dem Sonnenbilde mit Nielwasser gefüllet stund. Alda sprach er etliche beschw \rungsworte: und Potifar selbst täht seine itztgemeldte zweifache frage. Straks hierauf begunte sich das wasser zu bewegen. Es sprang wållen- oder vielmehr hügel-weise in die höhe. Das war ein zeichen / daß die Gottheit sich / die frage zu beantworten / hinein begeben. Darnach drehete sich das wasser / als in einem kreuse / herüm. Endlich hörete man ein dunkeles zischen / mit einer gleichsam lispelnden stimme: daraus man diese worte gantz eigendlich vernehmen konte.


Imfal man dieses Kind mir heiligt straks itzund:

so wird es / wan der Niel ist zwanzig mahl gestiegen /

in eines Fremden arm' aufs höchst' erhöhet liegen.

Egipten / schikke dich zu ehren beider mund.


Weil nun Potifar diese des Sonnengottes Aussprache nicht eigendlich verstehen konte; so ging er mit dem Ertzbischoffe eine guhte weile darüber zu rahte. Im ersten reimbande war seiner frage vörderstes teil zwar deutlich genug beantwortet: nähmlich daß er seine Freulein tochter alsobald dem Sonnengotte heiligen solte. Aber wie und auf wasserlei weise solches begehret würde / war nicht angedeutet. Doch machte er diesen schlus. Weil er selbst gefraget / wie man das Freulein Assenat am besten erziehen solte? daß desSonnengottes meinung sei / daß sie zu Heliopel / in der Sonnenstadt / weil er alda sein Heiligtuhm und wohnung hette / müste erzogen / und in solcher erziehung / gleichsam von der Welt abgesondert werden.

Schwerlich konte Potifar sich hierzu entschliessen. Schweerlich konte er so gar bald von seiner lieben Tochter [26] scheiden: darüm er die Götter / ehe er sie erlanget / mit so viel tausend seufzern / so lange zeit angeflöhet. Doch weil der Sonnengott selbst / der das Auge der gantzen welt ist / welches all es siehet / ein väterliches auge auf sie zu haben sich gleichsam erklähret; so gab er sich endlich willig darein / sie aus seinen augen zu lassen. Ja solches täht er üm so viel williger; weil er hofnung hatte in kurtzer zeit selbst zu Heliopel zu wohnen. Dan der Ertzbischof / sprach er bei sich selbst / ist schon so hoch bealtert / daß er nicht lange mehr leben kan. So bald er stirbet /komme ich in sein Ertzbischoftuhm / und dan zugleich wieder zu meiner Tochter. Hierauf fragte er den Ertzbischof: wo / oder wem er seine Tochter / damit sie den Göttern gebührender maßen möchte geheiliget werden / hinterlaßen solte? Dieser gab ihm zur antwort: Er kan sie auf der Sonnenburg laßen / welche alda gerade gegen meinem schlosse über lieget. Und hiermit täht er das Fenster auf / und zeigte sie demPotifar. Sie stehet doch / fuhr er fort / ohne das ledig. Assenat kan sie / mit ihrem Frauenzimmer / wohl bewohnen.

Wer war froher als Potifar / als er von der Sonnenburg hörete. Diese war vor seine Tochter die rechte wohnung: welche die Götter durch den nahmen selbst darzu bestimmet / und eben unbewohnet gelaßen zu haben schienen. Alda konte sie überaus wohl von der welt abgesondert leben / und wan sie erwachsen / ungehindert den Göttern dienen. Dan sie ist rund herüm mit zimlich großen gärten und vorhöfen ümgeben: und diese seind mit einer hohen und starken mauer ümzogen; durch welche vier tohre / mit eisernen tohrflügeln / nach der Burg zu gehen. Und also kan Assenat von keinem menschen in ihrer Gottesfurcht gestöhret werden; weil niemand einiger zugang vergönnet.

[27] Auf diese Burg ward dan Assenat / mit ihrer Amme / von stunden angebracht. Auch lies man starks alle zimmer mit köstlichen prunktüchern auszieren / und mit andrem haus- und zier-rahte überfliessig versehen. Potifar hatte beschlossen / daß kein einiges mansbild / so lange sich Assenat alda aufhalten würde / auf diese heilige Burg / kommen solte. Darüm muste sie von lauter weibesbildern bedienet werden. Zur küche /zum keller / und andern dergleichen dingen / ja selbst zum anbau und wartung der Gärte / bestellen man niemand anders / als weibesvolk. Nur allein die tohre warden / ein iedes / achtzehen geharnschten Kriegsknechten zu bewachen anvertrauet. Doch solte keiner das hertz haben durch diese tohre hinein zu trähten. Und solches alles geboht und verboht er bei leibesstrafe. Damit aber die nunmehr geheiligte Assenat auch einige geheiligte Spielgeselschaft haben möchte / so lies Fürst Potifar sieben Töchterlein / welche mit seiner Freulein tochter in einer nacht gebohren / und aus ansehnlichen geschlechtern entsprossen / hier und dar aufsuchen. Diese alle warden / mit ihren Ammen /ebenmäßig auf die Sonnenburg gebracht. Alda solten sie mit der Assenat erzogen / und künftig / wan sie erwachsen / zu ihren Stahtsjungfrauen gebraucht werden.

Nunmehr haben sie alle / die Fürstin / und ihre sieben Spiel- oder Kammer-jungfrauen / beinahe daß neunde jahr erreichet. Und eben so lange seind sie auf dieser heiligen Burg gewesen. Vor ohngefåhr vier jahren hat man ihnen eine Lehr- und Hofmeisterin zugeordnet. Diese ist eine sehr verständige und tugendvolkommene Frau / aus einem vornehmen adlichem geschlechte. In ihrer jugend hat man sie in aller Egiptischen weisheit / sonderlich die den Gottesdienst angehet / unterwiesen: und hierinnen unterweiset sie wieder die junge Fürstin Assenat / mit ihren sieben Gespielen.

[28] Es seind keine sechs wochen verlauffen / da sie die Königliche Fürstin Nitokris / als der Assenat nahe Bluhtsverwantin / die ich selbsten begleitet habe / besuchte. Ich hatte viel von dieser jungen Fürstin unvergleichlicher schönheit und wunderwürdigen geschikligkeit gehöret. Darüm war ich so lüstern sie zu sehen / daß ich meine gnädigste Fürstin inständig anflöhete / mich vor andern mit zu nehmen. Und also sahe ich das schöne Wunder / das Bild aller tugend und zierligkeit. Ich hatte mir zuvor niemahls einbilden können / daß sie so gar schöne sei / als der gemeine ruf ging. Aber nun befand ich in der taht / daß man ihr nicht zuviel / aber wohl viel zuwenig Schönheit zugeschrieben. Darauf starks im ersten anblikke mein auge fiel /das waren ihre Augen. Darinnen vergafte und vertiefte / ja verirrete sich mein auge dermaßen / daß es sich daraus so bald keines weges zurükfinden / noch daran sat genug sehen konte. Diese allerschönsten åugelein /diese kleine sonnen verursachten / so waren meine blikke in ihren blitzlenden flämmelein verwürret / daß ich meiner augen eine lange weile nicht so viel mächtig sein konte / die übrigen leibesglieder dieses unvergleichlichen Engelbildes an zu schauen. Ja es waren /durch dis liebeflinkern / selbst alle meine sinnen so gar aus mir herausgerükt / und so tief in dis karfunkellicht entzükket / daß ich anfangs ihre so klahre / so reine / so lieb- und hold seelige sprache nicht hörete. Je länger ich der schönsten Assenat äuglein betrachtete / ie mehr ich veränderungen ihrer blikke fand. Und ein blik war immer schöner / als der andere: einer war immer lieblicher / als der andere: einer war immer sanfter / als der andere. Endlich kahmen die hertzentzükkenden hauffenweise herausgedrungen / ja geschossen. Diese waren so überaus scharf / und so mächtig / ja so durch alles hindringende / daß das stärkste hertz selbsten sich ihrer nicht zu erwehren vermochte. [29] Ja ich laße mich leichtlich bereden / daß sich der allerschlaueste und allerbehändeste vor solchen so tausenterlei bewegungen nicht genug hühten solte. Doch was wil ich viel sagen / eine einige bewegung ihrer süßen englischen Euglein bewog mehr / als tausend anderer auch wohl der schönsten menschlichen augen. Ja sie hatte nicht nöhtig / iemandes gunst zu gewinnen / den Limischen Bilderstein Hajaracht zu tragen.

Als ich mich nun endlich aus den strahlen oder vielmehr schleifstrükken und dohnen dieser wunderschönen Eugelein loß gemacht: da lies ich meine durch jene entzündeten blikke auf das allerlieblichste Röselein ihres zahrten Mundes fliegen / sie durch dessen zukkersüßen honigtau / wieder ab zu kühlen. Alda ward nicht nur mein auge / sondern auch mein ohr entzükt. Ja mein mund schlos sich vor ihrem zu: und meine zunge machte die ihrige verstummet. Ich sähe die lieblich- und lebendig- ja hoch-rohten Lippen: die als ein anmuhtiges Zukkerröselein / zwischen dem angenehmen hochweissem schnee ihrer liljenhaut herfürblinkten. Ich schauete mit verwunderung an / wie sie dieselben so ahrtig / so zierlich zu bewegen wuste. Ich hörete / man sie sich / in solcher wohlanständigen bewegung / auftähten / eine recht Englische stimme. Ja / worüber ich gar bestürtzt ward / ich vernahm /aus ihren süßen und zugleich majestähtischen reden /einen hohen verstand / eine gantz durchdringende kraft der vernunft und sinnen. Ich wuste nicht / ob ich einen Menschen / ein Frauenzimmer / oder einen Halbengel sprechen hörete: oder aber ob es gar ein volkommener Engel sei / der seinen himmel verlaßen /uns gebrechlichen menschen seine himlische volkommenheit blikken zu laßen. Ich sahe die Wunderfürstin zwar euserlich vor ein Freulein von acht jahren an. Und das war sie auch. Mehr jahre hatte sie nicht. Aber wan ich sie innerlich betrachtete / wan ich ihren fürtreflichen [30] verstand / in ihrer rede / hörete / und in ihren so überaus hertzentzükkenden gebehrden erblikte; so wuste ich nicht / was ich von ihr urteilen solte. Ich muste gestehen / daß ihre achtjährige jugend so manches zwanzig- ja dreissig jähriges alter übertraf. Ich muste bekennen / daß sie / so jung als sie war /eben so reif am verstande sei: und daß sie dadurch ein volwachsenes Frauenzimmer beschähmete. Ich muste / dan anders konte ich nicht urteilen / so hochvernünftig führete sie ihre reden / daß in der galten welt kein Frauenzimmer zu finden / das weiser sei / oder nur an weisheit ihr gliche. Es war mit lust an zu sehen / es war mit ergetzligkeit an zu hören; wie sie meine Fürstin so gar höflich / so überausliebseelig / und mit so sehr füglich angebrachten worten empfing. Ein iedes wort hatte einen sonderlichen nachdruk. Kein einiges ward leer ausgesprochen. Nicht eines war überflüßig. Alle miteinander ziereten ihre rede aus der maßen / ja so / daß nicht eines konte entbehret werden. Und es schien / daß sie zuvor alle und iede auf der goldwage ihres verstandes abgewogen / ehe sie eines darvon über die behände zunge heraus schiessen lies.

Wir verharreten bei ihr drei tage. Diese drei tage kahmen uns kürtzer vor / als drei vierteilstunden an unserm hofe. Dan diese zeit über hielt sie uns / so lange der tag währete / auch wohl zu weilen schier eine halbe nacht / fort und fort geselschaft. Der tag war kaum angebrochen / verlangte meine Fürstin schon die schöne Assenat zu sehen: welche auch ihr zu liebe früher aufstund / als sie sonst gewohnet. Dan diese zwo Fürstinnen liebsten einander dermaßen /daß keine der andern in der liebe nachgab. Und ob sie schon so ungleiches alter hatten / indem Nitokris bei sechs jahren älter war / als Assenat; so schienen sie gleichwohl eine seele zu sein; Ihre hertzen hatten sich gleichsam so zusammenverbunden / daß eine ohne die andere kaum leben konte.

[31] Nitokris wündschte wohl tausendmahl / daß Assenat an unserem hofe / und in ihrem zimmer wohnen möchte. Und Assenat wündschte / daß Nitokris auf der Sonnenburg bleiben müste. Aber alle diese wündsche waren vergebens. Es muste doch endlich geschieden sein. Wir musten wieder nach Memfis: und Assenat muste zu Heliopel bleiben. So hatte es das unümgängliche verhängnüs der Götter versehen. So wolte es Nefrem / und Potifar haben. Jener schrieb alle tage / daß wir wieder nach hofe kommen solten: dan er konte kaum einen tag ohne die Königliche Fürstin leben / so hertzlich lieb war ihm seine Tochter. Dieser hatte ein unveränderliches gelübde getahn / daß Assenat nicht eher von der Sonnenburg kommen solte / als bis es den Göttern selbst beliebte /sie / durch den Fremdling / in dessen armen sie liegen solte / von dannen abhohlen zu laßen. Und darüm durfte sie nicht von dannen. Sie muste bleiben / wohin sie ihr Herr Vater gleichsam verschlossen.

Alhier bei diesen letzten worten / erkühnete sichJosef / der Hofjungfrau in die rede zu fallen. Aber /fragte er / was vor eine deutung schlos Potifar aus dem andern teile des Göttlichen Ausspruches? Davon hat die Jungfrau noch keine meldung getahn. Ich zweifele nicht / Potifar / der in der Egiptischen so wohl göttlichen / als weltlichen weisheit / wie sie vorhin selbst sagte / erfahren ist / werde desselben auslegung auch eben so nahe / als des ersten / getroffen haben. Und was ihm darinnen gemangelt / hat vielleicht der Ertzbischof selbsten / als ein alter / in dergleichen dingen lange geübter und hocherfahrner Herr / ohne sonderliche mühe / die wahrheit errahten können.

Auf diese reden gab die Hofjungfrau zur antwort: sie hette von ihrem gnädigsten Fräulein gehöret / daß so wohl der Ertzbischof / als Fürst Potifar selbsten /die [32] letzten drei reimbände also ausgeleget. Nähmlich /daß auf eine gewisse zeit / welche die Götter ihrer alwissenheit allem vorbehalten / und also nicht nennen wollen / da der Niel zwanzig ellen hoch / das ist auf das höchste / gewachsen / ein Fremder ausländischer Herr der Assenat würde vermählet werden. Und dieser Herr solte / üm der Assenat willen / von den Egiptern / weil sie aus ihnen entsprossen / und er selbsten sie mit seiner beredsamkeit an sich ziehen würde / so wohl / als Assenat / sehr hoch geehret werden.

Wie verhelt es sich eigendlich / fragte Josef abermahl / mit dem anwachse des Niels? Ich habe viel darvon / aber noch nie die rechte beschaffenheit gehöret. Man hat mich berichtet / daß es im Egipten / sonderlich üm Memfis herüm / niemahls regnet: daher das erdreich so austruknete / daß es an vielen enden sich einer manslänge tief voneinander spaltete; und wo es von menschen oder vieh betråhten würde / vielmahls einen so dikken staub von sich gebe / daß er schier die gantze luft verfünsterte / und den reisenden sehr beschwerlich fiele. Aber die Göttliche vorsehung were diesem unheile / damit es das gantze Egipten nicht als zu eines staubsee machte / zuvorkommen. Sie hette den mangel des regens / durch den auf- und über- lauf des Niels / reichlich erstattet. Sie hette verschaffet / daß dieser flus alle jahr einmahl / und zwar in der dürresten zeit / überlauffen / und also das erdreich befeuchten / ja durch den aufgeführten fetten schlam gleichsam misten / und zum akkerbaue geschikt machen müste. Wie es nun mit diesem auf- und über-lauffe des Niels eigendlich zugehet / ist mir nicht erzehlet. Darüm verhoffe ich so bittseelig zu sein /daß ich solches aus ihrem leutseeligen und verständigen reden schöpfen möge. Und dasselbe verlange ich üm so viel mehr zu wissen; damit ich gründlich urteilen [33] könne / ob die erzehlte auslegung des Göttlichen ausspruches in allen stükken / dem eigendlichen verstande nach / getroffen sei. Dan ich laße mich bedünken / daß gemelte Erklährung vom dem wahren und rechtem grundziele zimlich weit abweichet / und es nur seitwärts und nebenhin berühret.

Die Jungfrau war über diesen reden sehr erfreuet. Ja sie verlangte gleichsam mit schmertzen / eine neue und nähere Erklährung der dunkelen worte des Göttlichen ausspruches zu vernehmen. Was vor einen angenehmen dienst / dachte sie bei sich selbst / werde ich der Königlichen Fürstin tuhn / wan sie dieselbe aus meinem munde wird erzehlen hören. Was vor einen lieben dank werde ich bei der liebreichen Assenat erwerben / wan meine feder ihr solches offenbahren wird. Ja mit was vor gnädigen anblikken wird FürstPotifar selbsten mir begegnen: und was vor eine gnädige Frau werde ich wohl an der Fürstin Toote / des Freuleins Assenat Frau Mutter / bekommen; wan ich ihnen dieses werde erzehlen müssen. Dan ich weis /die Königliche Fürstin wird nicht lange schweigen können. Sie wird es der Fürstin Toote bald offenbahren; sonderlich wan dieses schönen Jünglings neue Erklährung der Assenat ein grösseres glük / wie ich verhoffe / als die erste / verheisset. Ohne zweifel wird sie es tuhn. Ohne zweifel stekt was großes darhinter. Ich sehe es diesem schönen Jünglinge an den augen an. Und darüm wil ich ihm üm so viel lieber wilfahren. Darüm wil ich ihm alles eröfnen / was ich weis; und solches bald bald.

Wohlan dan / sagte sie zum Josef / weil er das vertrauen zu meiner wenigen wissenheit träget / daß sie ihm mehr als ihm bewust ist / wiewohl ich aus seinen reden sehe / daß er schon viel weis / zu offenbahren geschikt sei; so wil ich seine bitte vor einen befehl annehmen / [34] und diesem zur stunde gehohrsamlich nachleben. Ich bin nur eine einfältige Jungfrau. Ich bin nicht geschikt meine reden ordentlich vor zubringen. Darzu weis ich sehr wenig. Doch was ich weis / wil ich alles entdekken: und geschiehet solches schon durcheinander verworfen; so laße ich mich doch damit vergnügen / daß ich seinem befehle so guht / als ich kan / gehorche. Sein verstand wird das verworfene schon ordentlicher entwerfen. Seine geschikligkeit wird das verworrene schon auseinander entwürren. Und seine scharfsinnigkeit wird aus meiner undeutlichen rede gleichwohl den rechten sin und die rechte bedeutung zu ziehen wissen.

So bald der liebliche Mei- oder Rosen-mohnd vorbei ist / und der rükgängige Kräbs / im Liljenmohnde / die Sonne von ihrer höchsten straße / wieder nach unten zu / gleichsam kräbs- oder rük-gängig gemacht: dan fället in der nacht über das Erdreich alhier ein fruchtbahrer Tau. Dieser wird zwar des tages / der großen dürre wegen / nicht vermärket: doch gleichwohl ist er ein gewisses zeichen und ein unfehlbarer vorbohte des im wachstuhme begriffenen Nieles. Auf den sechs oder sieben und zwanzigsten tag des Kräbs-oder Liljen-mohndes fänget sich dieses wachsen bei uns gemeiniglich an. So lange die Sonne im Kräbse bleibet / wird der anwachs zwar noch wenig gespühret. Etwan zwee oder drei finger breit hoch erhöbet sich der Niel auf ieden tag. Wan sie aber in den Leuen trit / und der Hundesstern aufgegangen / dan steiget er immer höher und höher. Dan wächset er erst einen halben fuß / darnach eine spanne: endlich gar eine elle / und so fort zu zwölf / vierzehen / sechzehn / ta aufs höchste zu zwanzig ellen zu: welches aber gar selten /und nur zu unsrem schaden / sonderlich wan er solche zwanzig ellen noch überschreitet / geschiehet. Wan er nicht höher als zwölf ellen wächset / wie es zu weilen sich zuträgt; dan hat man ein mis- und hungersjahr [35] zu gewarten. Wächset er dreizehn ellen hoch / dan bringet er wohl etwas / aber noch wenig fruchtbarkeit mit sich. Wan er aber vierzehen ellen erreichet / macht er das gantze Egipten / durch die hofnung einer reichen ärnte / fröhlich. Komt er auf funfzehen ellen in die höhe / so verheisset er uns getreidigs volauf. Ja wan er noch eine elle höher steiget / dan haben wir aus einer mehr als reichen ärnte / allerlei wohllust / und einen milden überflus aller dinge zu gewarten. Seine höchste höhe hat er gemeiniglich / wan die Sonne mitten im Leuen ist. Alsdan stehen alle lånder und äkker mit wasser überschwämmet. Und also tränket er das erdreich / wan es am durstigsten ist. Also machet er es fet / wan es am magersten ist. Ja er tränket es so wohl / und macht es so fet / daß es ein gantzes jahr genug hat. Von dieser zeit an beginnet er wieder zu fallen: aber viel viel langsamer / als er gestiegen. Dan er bleibet fast in derselben höhe / bis die Sonne in die Jungfrau gehet. Da sinket er algemach / und lauffet von den ländern mehr und mehr ab. Um das ende des herbstmohndes / wan die Sonne in der Wage stehet /ist er erst volkömlich von den äkkern abgelauffen /und wieder in sein eigenes ufer gefallen. Und also pfleget der Niel / wie er nach dem längsten tage zu steigen begonnen / erst recht von den feldern in seinem busem gefallen zu sein / wan man im herbste tag und nacht gleich gesehen. Alsdan wird / nicht lange darnach / in den feuchten schlam / damit er das erdreich gleichsam übertünchet / und alle aufgespaltene ritzen gefüllet / der samen ausgesået. Nach dieser saarzeit / die gemeiniglich mit dem weinmohnde zu ende leuft / stehet gleichwohl der Niel in seinem busen noch sehr hoch; und verharret in solchem stande fast den gantzen winter durch. Darnach beginnet er immer mehr und mehr zu fallen. Und dieses fallen währet bis zum ausgange des Rosenmohndes im folgenden jahre / ja oftmahls [36] noch länger / nähmlich so lange / bis der neue anwachs seinen anfang gewinnet.

Aber woher entspringet der Niel? fragte Josef noch weiter: und wie komt es / daß er eben mitten im sommer / da man die gröste hitze hat / da es / in den meisten ländern / am wenigsten regnet / und die luft /samt dem erdreiche / sonderlich in Egipten / am dürresten und truknesten ist / so hoch / ja selbst oftmahls zu zwanzig ellen zu / und drüber / in die höhe steiget /und viel ümliegende länder weit und breit überschwämmet? Es müssen ohne zweifel üm diese zeit daselbsten / da er seinen uhrsprung gewinnet / nach der sonderlichen beschaffenheit desselben luftstriches / große schlag- und platz-regen sich niederstürtzen. Auch kan es wohl sein / daß alda große und hohe gebürge / mit schnee überdekket liegen: welcher schnee von der großen sonnenhitze üm diese jahrszeit schmältzet / und den Niel / sonderlich wan gemelte stürtzregen darzu kommen / so jähligen und so über die mäße schwängert. Sonsten kan ich nicht begreiffen / wo eine solche mänge wassers so eilend und so gar plötzlich herkommen solte: sonderlich weil es hier zu lande das gantze jahr durch gar nicht / als nur nahe bei der see sehr wenig zu regnen pfleget.

Hierauf gab die Jungfrau zur antwort: diese beide fragen zu erörtern befindet sich meine wissenschaft zu klein / meine kündigkeit zu schlecht. Sie handeln von solchen dingen / die sich ausserhalb Egipten begeben. Die seind meinem verstande fremde. Gleichwohl wil ich ihm auch von diesen fremden dingen etwas / ja so viel als mir bewust ist / entdekken.

Ich weis mich noch wohl zu besinnen / was der Ertzbischof von Heliopel / als er mit der Königlichen Fürstin / dieser sache wegen / vor etlichen Wochen sprache hielt / hiervon geurteilet. Nähmlich daß derNiel aus dem abendteile des Königreichs Gojam / im Reiche [37] der Abissiner ober weissen Mohren gelegen /seinen uhrsprung hette. Alda liessen sich / im landeSakela / auf einem sehr breiten hügel eines tahles /welches rund herüm mit hohen bergen ümgeben /zwee Brunnen einen steinwurf voneinander erblikken: welche man gemeiniglich des Niels augen zu nennen pflegte. Diese Brunnen / wiewohl der gantze hügel inwendig vol wassers were / davon auch seine gantze fläche vielmahls überaus zitterte und böbete / lieffen gleichwohl nicht über. Aber ihr wasser stürtzte sich mit großer gewalt unten am fuße des berges heraus. Alda würde er zu einem flusse: welcher mit vielen anderen flüssen hier und dar vermehret / durch unterschiedliche länder und Königreiche / mit vielen krummen buchten herüm schweiffete / und endlich nach Egipten zu seinen strohm fortsetzete.

Woher aber dieses Wasser / fuhr der Bischof fort /davon das eingeweide des berges / samt seinem gantzen bauche / vol ist / und unser Vater Niel entspringet / in gemelte zwee brunnen komme; hiervon walten unter den Naturkündigern unterschiedliche meinungen. Ich wil allein die meinige beibringen. Weil dieselbige gegend / da man sagt / daß sich des Niels brunnen befinden / überal mit sehr hohen bergen ümringet ist; so halte ich darfür / daß vom hange solcher berge das regenwasser so wohl / als der zerschmoltzene schnee / in das tahl herunter schiesset / und unter der gemelten breiten hügelfläche solches gewaltiggroße gewisser verursachet. Zudem kan es auch wohl sein / weil fast das meiste Mohrenland vol dergleichen verborgener wasserhöhlen sein sol /daß einer oder mehr flüsse / unter der erde hin / von den Mohnbergen oder anderswoher / da sich vom gebürge viel wassers samlet / in mehr berührten Sakelischen berg geflossen kommen / und sein eigenes wasser dermaßen heuffen / daß der mächtige Vater Niel daraus entstehet.

[38] [40]Daß aber Flüsse unter der erde gefunden werden /ist nichts neues. Helikon / ein fllus in Mazedonien /nachdem er einen guten strich über der erde hin geflossen / stielet sich gleichsam / oder kreucht in dieselbe hinein / und schiesset so lange unter ihr hin / bis er / über zwanzig Griechische meilen / sich wieder heraus begiebet. Mehr dergleichen beispiele beizubringen ist unnöhtig. Dis einige sey uns vor dieses mahl genug.

Wan nun auf dem Sakelischen gebürge / als auch auf den Mohnd- und anderen bergen / in den heissen sommertagen / da zugleich auch in selbigen gegenden überaus große schlagregen fallen / der schnee von der hitze der sonne zerschmeltzet / und das schneewasser / samt dem platzregenwasser hauffenweise nach den Nielsbrunnen zugeschossen kommet; so kan daraus anders nichts folgen / als daß er Niel steigen / und endlich überlauffen mus. Hierzu kommen auch die Hundeswinde / welche seinen strohm / sonderlich bei uns / zurükhalten / und auftreiben; ja zugleich mit veruhrsachen / daß der Niel in unserem Reiche etliche tage später steiget und überleuft / als an denen örtern /da er seinen uhrsprung / aus so vielem herzufliessendem gewisser / gewinnet.

So viel und mehr nicht habe ich von des Ertzbischofs reden / die er gantz weitleuftig ausführete / behalten. Es waren dinge / darüm sich das Frauenzimmer sonst wenig bekümmert. Es waren sachen /die wir den gelehrten an zu märken / und zu erörtern befehlen. Sie gehen über unsern verstand / über unsern beruf / über unsere geflissenheit; die sich so hoch nicht versteigen. Darüm habe ich sie bloß mit einer überhinfliegenden achtloßheit angehöret. Ist mir nun im nacherzehlen einiger irtuhm entschossen / so wird er es mir verhoffendlich nicht verübeln.

Aber wir schweiffen von unserem hauptziele zu weit ab. Ich trage verlangen sein urteil über obgedachte Erklährung [40] des Göttlichen ausspruches / oder vielmehr seine eigene neue zu vernehmen. Die zeit entschießt uns unvermärkt: und die stunde ist schon da / die mir zu scheiden gebietet. Mich deucht / ich sehe meine Fürstin mir einen wink geben. Mich dünkt / ich höre / daß sie nach mir fraget. Darüm / kan ich bei ihm auch so bitseelig sein / wie er bisher bei mir gewesen; so laße er ihm doch bald belieben / mein kühnes anmuhten zu vergnügen.

Josef / der lieber reden hörete / als selbst redete /fing endlich solcher gestalt an. Ich bin der Jungfer einen nicht geringen dank schuldig. Die schuld /damit sie mich ihr verhaftet gemacht / kan ich schweerlich bezahlen. Mein vermögen ist zu schlecht. Alles ist arm / was an mir ist. Die armuht ist mein reichtuhm. Aber damit ist niemand gedienet. Damit kan ich nicht bezahlen / was ich ihr vor ihre gehabte mühe / die ich ihr selbsten gemacht / zu bezahlen verpflichtet bin. Doch gleichwohl wil ich das hällerlein meiner armuht gegen ihren dargereichten goldgülden setzen. Ja ich wil das sandkörnlein meines verstandes gegen den berg ihrer scharfsinnigkeit auf die wage legen. Sie wil es doch nicht anders haben. Sie gebietet: ich mus gehorchen. Und so rede ich dan / was meine schwache vernunft zu ergründen / meine leere sinnen zu besinnen / und mein unreiffer verstand zu verstehen sich erkühnen.

Fürst Potifar hat die Erklärung über das erste Reimband der Göttersprache sehr wohl getroffen. Besser würde niemahls Osiris selbsten seinen eigenen sin erklähren. So viel vermag mein schwacher verstand noch wohl zu fassen. Aber die übrige erklärung kan er nicht begreiffen. Die scheinet ihm was zu uneigendlich. Nach meinem schlechten urteile / müssen in der andern reimzeile / durch die worte zwanzig mahl / nicht zwanzig ellen / die der Niel zuweilen auf ein mahl [41] und in einem jahre steiget / sondern zwanzig jahre verstanden werden. Und also wird die vermählung der Fürstin Assenat nicht auf eine ungewisse /sondern aus eine gantz gewisse zeit angedeutet. Nähmlich nach dem zwanzigsten jahre ihres alters sol sie sich mit einem Ausländer vermählen. Mit dem wird sie / in Egipten selbsten / zugleich m den höchsten Ehrenstand erhoben werden. Ja das gantze Egipten wird ihm und ihr müssen nach dem Munde sehen /ihr gebot zu erwarten: welches durch das wort mund /in der Göttersprache / ausdrüklich angedeutet wird.

So wird dan der Ausländer / fiel ihm die Hofjungfrau in die rede / in Egipten zum Könige / und das Freulein Assenat / mit ihm / zur Königin erhoben werden; weil ihnen beiden das gantze Egipten wird müssen nach dem munde sehen / ihr gebot zu empfangen? Anders kan ich / redete Josef weiter / aus den worten des Götterspruches nicht schliessen. Zum wenigsten wird er der nächste nach dem Könige sein. Und der König selbsten wird ihn über alle maße ehren. Er wird ihm alle Königliche macht in seine hände geben. Ihm wird er so wohl / als seine untertahnen / selbsten nach dem munde sehen / seinen weisen raht zu empfangen. Dem wird er folgen. Nach dem wird er sich richten. Seinen worten wird er gehorchen. Er wird tuhn und laßen / was der Ausländer guht findet. Ja er wird sich gleichsam gantz und gar nach seinem winke richten. Und also wird der König nur dem nahmen nach König sein: der Fremdling aber in der taht selbsten. Dieser wird herschen an des Königes stat / ja als ein volmächtiger und freier König selbsten. Er wird sorge tragen vor des gantzen Reichs wohlfahrt. Alsdan wird Egipten blühen. Alsdan wird die Königliche macht / die nun noch zimlich gebunden ist / gantz frei und über alles erhoben werden.[42] Und diese freiheit wird ihr der fremde Herr / durch seine große weisheit / durch seine väterliche vorsorge vor das gantze Volk / zu wege bringen. Willig werden ihm alle Völker zu fuße fallen. Willig werden sie alle ihre freiheit seiner macht übergeben. Ja die Fürsten selbsten werden sich ihm unterwerfen. Ihm werden die Gewaltigsten des Reichs dienen. Auch nur seinem winke werden sie gehorchen. Kein einiger wird ihm widersprechen. Nicht einer wird sich ihm widersetzen / auch nicht einmahl muksen dürfen. Ja was noch mehr ist / ohne seinen willen wird sich niemand im gantzen Egipten unterstehen dürfen auch nur seinen fuß zu bewegen. So groß / so mächtig / und so fürtreflich wird seine herligkeit sein.

Mit großer verwunderung hörete die Jungfrau alle diese reden an. Ein iedes wörtlein schien ihr die Fürst in Assenat zur mächtigsten Königin zu machen. Wer war froher / als sie? Wer war zufriedener / als sie? Wer war vergnügter / als sie? Ihre geschöpfte hofnung hatte sie nicht betrogen. Mehr guhtes hatte sie gehöret / als sie gehoffet. Sie sahe den Josef mit freundlichen augen an. Mit den allerliebseeligsten blikken winkte sie nach ihm zu. Vielmahls öfnete sie den mund / ihm / der Fürstin wegen / zu danken. Aber ihre große freude zog diese dankworte immer zurük. Ihre übermäßige verwunderung drükke die lippen straks wieder zu. Und also saß sie eine guhte weile / in solcher freudigen gemühtsbewegung / gleich als stum. Ach! sprach sie in ihrem hertzen / welcher guhte Gott hat diesen guhten Engel zu uns geschikt / uns eine so fröhliche bohtschaft zu verkündigen? Wir haben gestern denJosef vor einen Engel angesehen. Nun befinde ich in der taht / daß er warhaftig ein Engel ist. Egipten mus ihn ehren. Egipten mus ihn anbähten. Egipten mus ihm danken / vor eine so angenehme zeitung / die er bringet. Was sol aber Assenat [43] tuhn? Die ist ihm am allermeisten verpflichtet. Die ist ihm am allernächsten verbunden. Kan sie ihm ihren dank nicht straks itzund blikken laßen / wird sie es doch zu gelegener zeit üm so viel hertzbrünstiger tuhn. Mit der zeit wird es sich alles wohl schikken. Inzwischen wil ich / wiewohl ich dessen unwürdig bin / ihre stelle verträhten. Ihrentwegen wil ich ihm danken. Ich wil / ja mus es tuhn: straks straks.

Hiermit erhub sich diese holdseelige Jungfrau von ihrem stuhle. Itzt stehe ich auf / sagte sie / meinen abschied zu nehmen. Ich mus gehen / dahin mich meine Gebieterin bestellet. Aber mein hertz wird hier bleiben. Meine gedanken mus ich hier laßen / ihm / o allerleutseeligster Engel / vor seine so. freudenreiche bohtschaft hertzinniglich zu danken. Ich meine die neue / die nähere Erklährung des Ausspruchs der Götter. Seine so klahre Erklährung meine ich / die mir das Hertz gerühret: seine so wahre Erklährung / die mich aus mir selbst entführet: seine so schöne / so herzliche / so erfreuliche Erklährung / davor ihm der allerersinlichste dank gebühret. Darf ich elendes Erdgeschöpfe ihm / o himlischer Engel / der Fürstin Assenat wegen danken; so gebe er mir selbsten anlaß /daß ich ihm mein dankbahres gemühte rechtschaffen und in der taht kan blikken laßen. Meine dienste stehen bereit. Sie warten auf seinen wink. Ich werde froh sein / wan ich gelegenheit bekomme / an stat lediger dankworte / ihm aus dankgesintem hertzen zu dienen. Worte seind bald ausgesprochen. Bald verschwinden sie auch. Ja sie nützen weniger / als nichts. Sie fliegen / mit der warmen ahtemsluft / in die kalte und weite weltluft. Alda zertreibet sie der wind. Alda ergreiffet und vereitelt sie der sturm. Zum wenigsten macht er sie zu sonnensteublein. Aber was können diese zu einem würklichen danke helfen. Wie können diese eines tähtigen dankes nahmen verdienen? weil sie [44] nur staub seind / ja weniger als staub. Den staub kan man noch fühlen. Den kan auch ein grobes / ein dunkeles auge sehen. Aber solche steublein entschlüpfen uns aus den händen / aus dem gesichte / auch den allerbehändesten / den allerscharfsichtigsten. Und eben darüm wil ich nicht viel worte machen / ihm mit leeren worten zu danken: die keines gegendankes / ja keiner bohne währt seind. Ich wil keine unnütze wortgepränge / viel weniger hochfliegende prahlworte gebrauchen: die uns nur einen hohlen und leeren tohn /wie scharf / ja süße er auch klinget / ins ohr / und keinen / als einen ledigen dank in die hand geben. Ich wolte ihm gern in der taht danken / daß er meinen dank nicht nur hören / sondern auch wahrhaftig sehen / fühlen und empfinden könte. Und darüm bitte ich ihn zu guhter letzte noch einmahl / mir gelegenheit zu einem solchen danke an die hand zu geben. Hiesige meine bitte kan sein befehl vergnügen. Nach volendung dieser worte nahm sie abschied vom Josef / von ihren Bluhtsverwanten / ja von allen im hause / welche sie sämtlich hertzlich seegnete; und begab sich also von stunden an wieder nach hofe.

Zweites Buch

[45] Zweites Buch.

Nun wollen wir den schönen Leibeigenen / mit seinen Hausjungfrauen / ein weilichen allein laßen; und der Abgeschiedenen nachschleichen. Wir wollen ihr das geleite geben; oder vielmehr von ferne folgen. Wir wollen uns / mit ihr / nach hofe begeben. Alda wollen wir / mit ihr / in der Königlichen Fürstin zimmer krähten; oder nur hinter der tühre stehen bleiben / zu horchen / was diese Liebseelige der Nitokris erzehlen wird.

Die Königliche Fürstin stund eben bereit / ihrer Frau Mutter auf zu warten / da ihre Kammerjungfrau in das zimmer traht. Aber sie ward bald anders sinnes / als ihr diese Jungfrau heimlich ins ohr flisterte: daß sie den schönen Leibeignen gesehen / ja selbst gesprochen. Von stunden an muste iederman abträhten. Straks gab sie dem Frauenzimmer einen wink. Allen Stahts jungfrauen / welche die Königliche Fürstin hatten begleiten sollen / ward gebohten wieder in ihre zimmer zu gehen. Alle Edelknaben / alle Lakkeien /alle Kammermägdlein / ja fast alles / was sehen und hören konte / warden auf die seite geschaffet.

Als sich nun die Fürstin mit ihrer Kammerjungfrau allein sahe; feierte sie nicht lange zu fragen / was vor ein glük sie zum schönen Leibeignen geführet? und wo / bei wem / und in was vor einer geselschaft sie ihn angetroffen? Flugs flugs! Fuhr sie fort / erzehlet mir alles miteinander / und verschweiget mir nichts /auch nicht das geringste.

[46] [48]Hierauf berichtete Sie die Kammerjungfrau / daß sie ihre Muhmen besuchet. Alda hette sie den schönen Leibeigenen gefunden. Wie ist er dahin kommen? fragte die Fürstin weiter. Die Ismaeler haben ihn alda / bei ihrem wegzuge / in verwahrung gelaßen. So seind dan eure Muhmen / fiel ihr die Fürstin abermahl in die rede / glükseeliger / als die Königin / als ich selbst / und das gantze königliche Frauenzimmer / ja unser gantzer hof? Euch allein wil ich ausschliessen; weil unter uns euch allein die Götter mit dem glükke /ihn mündlich zu sprechen / beseeliget. Aber was sagte er guhtes? Das fürnehmste / antwortete die Jungfrau /das ich Ihrer Hoheit von seinen reden erzehlen kan /ist dieses. Er erklährete die Göttersprache / die Potifar über das Freulein Assenat empfing / viel anders /und mit viel grösserem vorteile vor das Freulein / alsPotifar / oder der Ertzbischof. Ich wil es mit einem worte sagen. Die Fürstin Assenat wird die mächtigste Königin in Egipten werden. Was sagt ihr mir vor ein wunder? redete Nitokris weiter. Aber kan der schone Leibeigene / die dunkelen und verborgenen reden der Götter auslegen; so wird er auch gewis wahrsagen /und die geheimnüsse der treume erklähren können? Wie kahm er doch von dem Freulein Assenat zu reden? Wer hat ihm von diesem Ausspruche der Götter gesagt?

Die Kammerjungfrau redete ferner. Ich gedachte /sagte sie / in meiner rede / von ohngefähr des FürstenPotifars. Da fing er mir diesen nahmen auf / und fragte / wer Potifar sei? Ich gab ihm volkommenen bescheid auf seine frage. Er fragte weiter: ob dieser Fürst keine Leibeserben hette? Diese frage veruhrsachte / daß ich von der Fürstin Assenat / und von der Göttersprache zu reden kahm. Und also gab ich ihm / unter andern / anlaß eine neue Erklährung über dieselbe Göttersprache zu machen. Diese nun fiel so glüklich / wie [48] ich gesagt / vor die Fürstin Assenat aus. Seine eigene worte waren ohngefähr diese / und zwar über die drei letzten zeilen; dan die erste erklährete er eben also / als Potifar. Daß Freulein Assenat / sagte er / wird einem Ausländer in ihrem ein und zwanzigsten jahre vermählet / und im Egipten selbsten / mit ihm zugleich / in den allerhöchsten ehrenstand erhoben werden. Ja das gantze Egipten wird ihm und ihr müssen nach dem munde sehen / ihr gebot zu empfangen. Hierzu fügte er / daß dis letzte /durch das wort mund / in der Göttersprache / ausdrüklich angedeutet werde. Als ich nun fragte: ob dan derselbe Fremdling König / und das Freulein Assenat Königin in Egipten werden solten? Da gab er zur antwort: wird der Ausheimische nicht König / so wird er doch der nächste und gewaltigste nach dem Könige sein. Ja der König wird ihm alle seine königliche gewalt übergeben; und sein tuhn und laßen nach seinem munde / oder weisem rahte richten. Nichts wird er tuhn ohne seinen willen. Ohne dieses Ausländers willen / wird niemand / im gantzen Egipten / seinen fuß regen dürfen. Und also wird der König nur dem nahmen nach / der Fremdling aber in der taht selbsten König sein.

Nitokris konte sich über diese reden nicht genug verwundern. Nun märkte sie / daß was großes aus derAssenat werden würde. Nun sahe sie / daß sie ewig auf der Sonnenburg zu bleiben von den Göttern nicht bestimmet sei. Bisher hatte sie die Tochter Potifars / als die allerschönste / als die allerliebseeligste /als die allergeschikteste / als die allerverständigste /und allertugendvolkomneste Fürstin der gantzen welt geliebet. Nun liebete / ja ehrete sie dieselbe in ihrem hertzen / als eine künftige Gemahlin eines gewaltigen Königes / als eine von den Göttern selbst bestimte Königin über das gantze [49] Egipten / ja über sich selbsten. Und darüm wolte sie nicht / daß iemand in der welt diese wüchtige sache wissen solte. Darum geboht sie auch ihrer Kammerjungfrau / stille zu schweigen. Ja sie geboht ihr selbsten / sich gegen keinen menschen verlauten zu laßen / daß sie den schönen Leibeignen gesprochen. Doch lies sie ihr zu / der Assenat alles zu offenbahren: weil sie wohl wüste / daß sie es selbsten nicht ruchtbar machen würde. Dan Assenat /sagte sie / ist so klug und so schlau / so jung als sie ist / daß sie es niemand / auch nicht einmahl ihrer Hofmeisterin / anvertrauen wird. Sie weis / was und wo sie schweigen / und reden sol. Sie weis / was ihr zu tuhn / und zu laßen stehet. Und darüm mögt ihr es ihr kühnlich schreiben. Es wird sehr viel zu ihrem nachrichte dienen. Guht ist es / daß sie es weis: ja das beste / daß sie es alles weis. Und eben aus diesen uhrsachen wil ich euch über acht tage zu ihr senden. Alsdan könnet ihr alles mündlich erzehlen / was ihr wisset / und was euch dünkt / das ihr zu wissen ersprieslich ist. Ja von diesem allem verhählet ihr nichts. Das wil ich. Das rahte ich. Das gebiete ich.

Eben als die königliche Fürstin diese letzten worte redete / ward sie zur tafel gerufen. Auch kahmen ihre Stahts jungfrauen schon an / sie in den Speisesaal zu begleiten. Die Fürstin erhub sich alsobald von ihrer stelle: und das gantze Frauenzimmer folgte ihr nach. Nur ihre vertraute / die Kammerjungfrau / die ihr diese zeitung gebracht / blieb zurükke. Dan ihre große begierde / der Assenat die gemelte Erklährung desJosefs kund zu tuhn / lies ihr keine ruhe. Ja sie trieb und strängte sie darzu so heftig an / daß sie des essens / ja selbst des schlafens vergaß. Sie nahm dan die feder / und schrieb diesen


[50] Brief an die junge Fürstin

Assenat.


Gnädigstes Freulein /

Auf erlaubnüs der königlichen Fürstin setze ich meine feder auf dieses papier. Ich begehe eine fast unverantwortliche kühnheit. Doch Die sie mir erleubet /wird sie verantworten. Ja ich schreibe an die allerliebseeligste Assenat. Darüm tähte ich schier sünde / wan einigen argwahn von Ihr ich / Ihre ewiggetreue / mein guhtes vertrauen stöhren ließe. Und was noch das allerwüchtigste ist / ich schreibe von einer solchen sache / auf derer kunde die gantze wohlfahrt dieser schönen Fürstin beruhet. Darüm wird Sie mir eher gnade / als strafe anbieten. Aber Ihrer gühte darfich /durch viel vergebliche worte / nicht länger misbrauchen. Auch darf / noch kan ich dasselbe nicht länger verschweigen / wovon mein hertz vol ist. Ich mus beichten / daß meine sünden verschwinden. Und so beichtet Ihr dan / o leutseeligste Fürstin / ihre treueste dienerin offenherzig: daß ein fremder und wunderschöner Leibeigner mir heute / in unserer Stadt / von ohngefähr aufgestoßen. Dieser vermag alles deutlich zu erklähren / was die Götter verborgenes sprechen. Er weis die Treume aus zulegen. Er weis aus dem Gestirne zu sagen / was künftig geschehen sol. Der Götter Antwort auf die frage / welche ihnen Ihr Herr Vater Ihrentwegen vorgetragen / hat er mir viel anders und viel klährer erklähret / als sie sonsten ausgedeutet [51] worden. Ich wil den inhalt mit kurtzen worten eröfnen. Die Fürstin Assenat / sagte er / sol nach dem zwanzigsten jahre ihres alters einem fremden Herren vermählet / und mit ihm / in Egipten selbsten / auf die allerhöchste staffel der ehren erhoben werden. Was er mehr hinzu setzte / darf ich der feder nicht vertrauen. Aber innerhalb acht tagen wird Sie aus meinem munde selbst / die gantze sache umständlich vernehmen. Dan gegen die zeit Ihr auf zu warten / hat meine Fürstin mich schon beuhrlaubet. Indessen sei Sie den Göttern befohlen / und Ihrer beharlichen gnade ich /imfal ichs verdiene /

Meines gnädigsten Freuleins

ewig gehohrsamste

Semesse.


Kaum war dieser Brief versiegelt / als die königliche Fürstin schon wieder von der tafel kahm. Straks im ersten eintritte in ihr zimmer / geboht sie allen Jungfrauen abermahl / sich in ihre eigene wohnungen zu begeben. Niemand durfte bei ihr bleiben / als Semesse. Ja sie wolte diesen gantzen abend niemand anders bei ihr wissen / als sie: auch von niemand anders entkleidet sein / als von ihr. Dieses der königlichen Fürstin gantz ungewöhnliches beginnen verursachte vielerlei gedanken. Niemand konte errahten / was geheimes sie mit der Kammerjungfrau zu tuhn / oder zu reden hette. Eine Jungfrau fragte die andre. Eine forschete hier / die andere dort. Dieser ahnete was guhtes / jener was böses. Ja sie waren alle miteinander gleichsam entsetzt. Die meisten bildeten ihnen ein /daß sich etwan eine vom Frauenzimmer verbrochen. Und eine iede unter diesen lies ihr schwanen / daß ihr das verbrechen vielleicht aufgebürdet würde: daß ihre Fürstin mit der [52] Kammerjungfrau deswegen zu rahte ginge. Also machte sie ihre unnöhtige sorge sehr bange. Also brachte sie ihr unnützer argwahn in die euserste angst.

Indessen daß sich diese furchtsamen mit solcher bekümmernüs schlugen / fing Nitokris mit der Semesse ihr kurtz zuvor zerschlagenes gespräche wieder an. Die Fürstin fragte wohl hundert mahl: ist der schöne Leibeigne auch freundlich? ist er auch höflich? ist er auch fröhlich? ist er auch wohl erzogen? Ja diese und dergleichen fragen hatten kein ende. Die Kammerjungfrau beantwortete sie alle / mit großem ruhme vor ihn. Sonderlich aber rühmete sie seine sehr bedachtsame reden / seine ausbündige vorsichtigkeit im fragen / seine fürtrefliche scharfsinnigkeit im antworten. Endlich fragte die Fürsten: ob sie nicht verstanden / aus was vor einem geschlechte er sei? Nein /antwortete die Jungfrau: aber das weis ich wohl / daß er Josef heist / und von Hebron aus Kanaan bürtig ist. Als die Fürstin Hebron nennen hörete / traht ihr eine sonderliche freude von stunden an ins gesichte. Flugs flugs! sagte sie / ruft ein Kammermägdlein her. So bald das Kammermägdlein ankahm / befahl ihr die Fürstin / in die Königliche küche zu gehen / und einen Ebreischen Jüngling / den des Kochs bruder mit vonHebron gebracht / zu ihr zu hohlen. Von diesem Jünglinge / sagte die Fürstin zur Semesse / werden wir ohne zweifel das herkommen des schönen Leibeignen erfahren: sonderlich weil wir wissen / wie er heisset. Dan jener ist auch von Hebron / und erst heute mit des Kochs bruder hierher kommen. Ach! wie guht ist es / daß ihr den nahmen Hebron nennetet. Dan er war mir schon entfallen: wiewohl er erst itzund über der tafel genennet ward / als man erzehlete / daß des Kochs bruder einen Ebreischen Jüngling mit sich von Hebron gebracht / und ihn morgen mit nach Nubien nehmen würde. Fürwahr! [53] fing die Jungfrau an / die Götter haben es also geschikt / daß ich eben itzund diesen nahmen nennen müssen. Dan hette ich ihn morgen genennet; so were es schon ümsonst /und alzulange geharret gewesen.

Mitlerweile daß sie also redeten / gelangte der Ebreische neukömling an. Die Fürstin fragte ihn straks /wo er herkähme? Er gab zur antwort: von Hebron aus Kanaan: da hette er sich bei den Söhnen Jakobs aufgehalten / und ihnen ihr vieh weiden helfen. Weil ihn aber sein Herr / einer lüderlichen ursache wegen /geschlagen / sei er weggelauffen / und habe sich zu des Kochs bruder vermietet / der ihn mit in Nubien nehmen wolte. Was hat es doch unter den Ebreern zuHebron / fragte die Fürstin ferner / vor fürnehme Leute? Jakob ist der allerfürnehmste / antwortete der Jüngling / und ein sehr mächtiger und gewaltiger Herr. Er ist aus einem uhralten und großem geschlechte entsprossen: und sein Vater Isaak / und Großvater Abraham seind gleichesfals sehr mächtige Leute / und in großem ansehen bei allen nächstümliegenden Völkern gewesen. Hastu nicht zu Hebron /fuhr die Fürstin mit fragen fort / einen sehr schönen Ebreischen Jüngling gekennet / welcher Josef heisset; den die Ismaeler seinem Vater / wie man sagt / sollen gestohlen haben? Es hat sich wohl gestohlen / fing der Ebreer hierauf an: seine Brüder / die erst im sinne hatten ihn zu ermorden / haben ihn den Ismaelern vor zwanzig silberlinge verkauft.

Die Fürstin ward froh / als sie schon so viel berichts vom Josef eingezogen. Darüm forschete sie immer weiter und weiter nach. Wie heisset dan sein Vater? hielt sie mit fragen an. Sein Vater / gab der Jüngling zum bescheide / ist eben derselbige Jakob /dessen ich itzund meldung getahn. Hierauf befahl sie dem Ebreer zu erzehlen / wan / wie / und warümJosef sei verkauft worden. Der Jüngling gab zur antwort: wan es der [54] Königlichen Fürstin beliebt / so wil ich diese geschicht von ihrem allerersten begin an /den man sonderlich in Jakobs ehstande erblikket /aufs kürtzeste erzehlen. Dan darinnen werden uns die ursachen / warüm Josef verkauft worden / alle miteinander und in einer reihe nacheinander aufstoßen. Weil nun die Fürstin großes verlangen trug solches zu hören; so befahl sie dem Jünglinge in seinem vorsatze nur fort zu fahren. Hierauf sing der Ebreer folgender gestalt an.

Jakob / Isaaks aus der schönen Rebekke sohn /ist von Gott mit zwölf Söhnen und einer Tochter geseegnet. Er hatte vier weiber / Lea / und Rahel /beide des Labans / der seiner Mutter bruder war / ehleibliche töchter; darnach Bilha / der Rahel Magd /und dan Silpa / der Lea Magd: welche beide in Labans hause gebohren. Mit der Lea zeugete er erstlich den Ruben / Simeon / Levi / und Judah. Darnach zeugete er mit Bilha den Dan / und Naftali: und mitSilpa den Gad / und Asar. Diese viere waren Söhne von den Mägden. Hierauf gebahr ihm Lea wieder den Isaschar / und Sebulon / als auch eine einige Tochter / die wunderschöne Dina: in welche sich Sichem /der Herr von Salem / Hemors sohn / so heftig verliebte / daß er von ihr nicht laßen konte. Aber diese liebe gewan einen bluhtigen ausschlag. Endlich gebahr ihm auch die unvergleichlich schöne Rahel /welcher Leib Gott so lange verschlossen hatte / denJosef: und zu allerletzt den Benjamin; in dessen gebuhrt die fromme Mutter das leben einbüßete.

Dieser des Jakobs vorletzter Sohn Josef ist gewislich ein rechter ausbund und spiegel aller leibesschönheit. Und diese so fürtrefliche schönheit ist von seiner Mutter Rahel / von seiner Großmutter Rebekke / und von seiner Obergroßmutter Sara / welche alle drei unvergleichlich schöne Frauen waren / gleichsam [55] auf ihn geerbet / und als in ein meer der schönheit zusammengeflossen. Ja es scheinet / daß sich seine gebuhrt nur darum so viel jahre verzogen / damit die Natur zeit genug haben könte ein solches Meisterstükke der schönheit zur allerhöchsten volkommenheit zu / wie sie dan in der wahrheit getahn / aus zu arbeiten.

Aber diese euserliche leibesschönheit / ob sie schon keine feder beschreiben / seine zunge aussprechen / und kein kunstmahler abbilden kan / ist gleichwohl gegen die andern gaben / darinnen die innerliche Seelenschönheit bestehet / und damit ihn der Allerhöchste so gar reichlich geseegnet / nichts zu rechnen. Dan ihm ist von seiner Mutter / neben der übertreflichen Leibesschönheit / auch eine über die maße herliche Seelenschönheit angebohren. Ja diese Seelenschönheit hat er noch volkommener / und ich darf wohl sagen / auf das allervolkomneste von seinem Vater / Groß- und Ober-großvater / die damit vor andern menschen begabet / ererbet. Und also seind alle Seelenschönheiten nicht allein seines Vaters und seiner Mutter / sondern auch seiner väterlichen und mütterlichen Voreltern allesamt / als aus sechs springbrunnen / in ihn / als in eine tieffe see der Tugenden /und in ein unerschöpfliches meer des verstandes gleichsam zusammen geronnen.

Aus diesen ursachen wird nun niemand leugnen können / daß er würdig sei ein König aller könige /und ein Herscher über das gantze Menschliche geschlecht zu sein. Sein Verstand war in seiner ersten jugendblühte schon so reif / daß sich iederman darüber verwunderte. Seine fähigkeit / seine scharfsinnigkeit / und sein gedächtnüs war schon dazumahl so fürtreflich; daß er alles / was er sahe / und hörete überaus geschwinde begreiffen / überaus färtig durchgründen / und überaus feste behalten konte. Und eben daher kahm es / daß er in seinem so jungen und so zahrtem alter schon fähig war dasselbe [56] ohne mühe zu fassen / was seine Voreltern in ihrem mänlichen alter anders nicht / als schwerlich / begriffen.

In diesem noch weichlichem alter war es / da er den geheimnüssen der großen Zeugemutter aller dinge schon so nachforschete / ihre tiefsten abgründe schon so ergründete / und ihre verborgnesten geheimnüsse schon so entdekte / daß er in kurzer zeit in diesen dingen zu einer hohen wissenschaft gelangete. Und also verstund er / neben dem Akkerbau / und der Viehzucht / die eigenschaften der Menschen und Tiere. Die würkungen und kräfte der Kreuter und anderer Erdgewächse waren ihm nicht unbekant. Daher wuste er den manchfältigen gebrechen der Menschen und des Viehes mit eben so manchfältigen heilsamen Artzneien vor zu kommen / ja sie selbsten zu vertreiben. Und hierinnen übertraf er alle seine Brüder weit; unangesehen daß er der jüngste auf einen war / und sie selbsten schon so viel jahre vor seiner gebuhrt allen diesen wissenschaften täglich nachgeforschet. Daher kahm auch der uhrsprung ihres neides und hasses. Dieses war die erste ursache / daß sie ihm gram warden.

Ja er lies sich nicht vergnügen auf der erde zu bleiben. Sein verstand stieg auch endlich gar bis an den himmel. Alda erforschete er / aus dem lauffe der Sterne / den geheimen Rahtschlus Gottes. Er ergründete ihre verborgene schrift. Daher wuste er die künftige witterung lange zuvor. Er wuste was nach diesem auf erden geschehen solte. Ja aus diesem Sternbuche erblikte er den gantzen lauf der himlischen und irdischen kräfte. Hieraus wuste er / was dieser und jener Mensch vor Krankheiten unterworfen. Hieraus lase er / wan / und wie hart ihm diese oder jene Krankheit zustoßen würde: und darnach wuste er seine artzneien zu richten. Ich wil mehr sagen. Er kahm endlich hierinnen so weit / daß ihm auch selbst die stunde / ja der zeitblik des todes der Menschen unverborgen war.

[57] Zu solchem so fürtreflichem Verstande komt auch eine sonderliche fürtrefligkeit der Tugenden / und leibesgeschikligkeiten. Zur Gottesfurcht scheinet er gebohren: zur Frömmigkeit erkohren. Zur Demuht ist er gezeuget: zur Sanftmuht geneuget: zur Geduld erzielet. Die Langmühtigkeit / die Beständigkeit / die Verschwiegenheit / die Aufrichtigkeit / die Freundligkeit /die Holdund liebseeligkeit seind ihm als eigen. Diese würket seine seele in ihm mit solcher kraft / daß sie auch selbst die bewegungen der augen / und alle seine euserliche leibesgebehrden verrahten. Ja die gantze leibesgestalt / ob sie schon ohne bewegung dastünde /würde sie gleichwohl entdekken.

Eine solche lange reihe dieser und aller dergleichen Tugenden wohnet in einem so schönen leibe: der darüm so gar schon / und so gar hübsch gebildet ist /weil er so viel und so schöne gäste beherberget / und alle die häslichen ausschliesset. Dan Josef weis von keinem einigen Laster. Selbst der nahme bleibt ihm unbekant. Seine angebohrenheit treibet ihn zu nichts /als zu eitel Tugend. In ihm und an ihm lebet und schwebet auch nichts / als lauter Tugend. Und daher komt es / daß er sich iederzeit bemühet seinem Vater /durch die allerersinlichsten ehrenbezeugungen und liebesdienste / gefällig zu werden. Dieses augenmärk hat er auch glüklich erreichet. Er ist es worden / was er zu werden suchte. Er hat mehr erlanget / als er zu erlangen verlangte. Sein Vater liebte ihn ie länger / ie mehr. Die Väterliche und Kindliche liebe stritten gleichsam miteinander. Lange währete dieser streit. Endlich behielt jene die oberhand. Sie ward so über aller maße hertzbrünstig / daß sich ihre stammen nicht länger bärgen konten. Sie brach mit gantzer gewalt heraus. Sie scheuete sich weder vor Josefs Stiefmutter / der neidsüchtigen Lea / noch vor seinen zehn misgünstigen Stiefbrüdern. Josef muste [58] einen buntgestikten seidenen Rok tragen: welches eine tracht war der Königskinder. Josef muste stähts üm ihn sein.Jakob konte sich kaum entschliessen / seinen Josef nur einen halben tag aus den augen zu laßen: zumahl weil er in Josefs angesichte seiner seeligen Rahel /die er so hertzinniglich geliebet / so ähnliches und schönes / ja hundertmahl schöneres ebenbild erblikte. Und darüm hüpfete ihm das hertz im leibe / wan er seinen Sohn sahe. Ja er weinete vor freuden.

Aber wie dem Vater vor freuden die augen überlieffen: so lief der Lea die galle vor unmuht und grimmigkeit über; indem sie sahe / daß ihre Söhne demJakob so angenehm nicht waren / als Josef. Und also hassete und neidete sie den Josef / seiner Tugend wegen: weil er darüm seinem Vater so lieb war. Auch gewan dieser stiefmütterliche neid in den meist vergalten hertzen nicht allein ihrer sechs eigenen Söhne /denen er von ihr schon angebohren war / sondern auch in den vier andern stiefbrüdern des Josefs so tieffe wurtzeln / daß er von zeit zu zeit mehr und mehr anwuchs. Diese Bösewichter liessen ihren has zwar zeitlich und deutlich genug blikken. Aber Josef schlug gleichwohl keine acht darauf. Er gedachte / es sei einieder so aufrichtig und redlich / als er.

Wie heftig nun den Josef seine Stiefmutter / und Stiefbrüder / seiner tugend wegen / anfeindeten; eben so heftig / ja hertzlich liebete ihn sein frommer Vater. Ja Gott selbst lies ihm seine liebe blikken. Der Höchste selbst liebte ihn zum höchsten. Er offenbahrte ihm im schlafe / durch ein gesichte / was ihm künftig begegnen solte. Er zeigte ihm an / im traume / was vor ein glük ihm zustehen würde. Und hierdurch versicherte Er ihn der künftigen belohnung seiner Tugend. Hierdurch reitzete Er ihn an im tugendwege fort zu wandeln. Diese treume veranlaßeten den Josef / auch endlich der Traumdeuterei [59] ob zu legen. Und hierinnen bekahm er / durch scharfes nachsinnen / und beihülfe seines Vaters / eine ausbündige fähigkeit. Weil er nun in seinem hertzen gantz nichts arges von seinen Brüdern gedachte / so scheuete er sich auch nicht seine treume / in gegenwart / ihrer aller / zu erzehlen.

Der erste Traum war ihm / als er / zur zeit der ernte / bei seinen Stiefbrüdern / der Bilha und Silpa kindern / geschlafen / in der ersten morgenwache begegnet. Denselben erzehlete er also. Mir treumete / sagte er zu seinen Brüdern / daß wir Garben auf dem felde gebunden: und daß meine Garbe sich aufgerichtet /und gestanden; eure aber rund ümher sich vor der meinigen geneuget. Als nun Jakob diese worte hörete; da erseuftzete er / und schwieg stille. Endlich aber / damit er seinem Sohne aus dem traume hülfe /erklährete er ihn also. Du bist / sagte er / der beste unter deinen Brüdern; darüm hat sich deinen Garbe aufgerichtet. Und daß sie stehen geblieben / deine Garben aber deiner Brüder sich vor ihr geneuget: daß bedeutet deine beständigkeit / und ihre unbeständigkeit in der tugend; ja daß deine Brüder deswegen mit hunger und kummer gestraft / endlich aber dich / in deinem glük und wohlstande / üm rettung und hülfe anflöhen werden.

Waren dem Josef seine Brüder zuvor feind gewesen / so warden sie ihm itzund noch feinder. Fast die meisten ergrimmeten und erboßten sich dermaßen /daß sie ihm kein freundliches wort zusprechen konten. Was? sagten sie / solteste unser König werden / und über uns herrschen? Und als sie allein waren / murreten sie / und erbitterten sich untereinander noch mehr: sonderlich Simeon / und die Söhne der Mägde / Dan / Naftali / Gad / und Aser: die ihnen einbildeten /daß sie der Vater am wenigsten achtete / und JunkerJosef / wie sie ihn schimpfsweise nenneten / ihnen allen vorgezogen würde.

[60] [62]Ruben / als auch Judah / und Sebulon vermeinten ihnen den gefasten argwahn aus dem sinne zu reden. Aber sie grolleten und gruntzeten immerfort; sonderlich Simeon. Judah / der ein verständiger und bescheidener man ist / auch dem Josef so abhold und abgünstig nicht war / suchte sie auf allerhand weise zu begühtigen. Was? sagte er / solte man auf treume achten. Treume seind treume; und nichts mehr. Solte man so töhricht sein sich über einen traum zu betrüben / oder zu erfreuen? Josef hat den tag zuvor uns im garbenbinden geholfen. Das ist ihm die nacht darauf wieder vorkommen. Seine einbildung hat im schlafe ihr spiel gehabt. Diese ruhet nimmer. Sie pflegt uns allezeit / so wohl wan wir schlafen / als wan wir wachen / ihre bilder vor zu stellen. Und diese bilder nimt sie gemeiniglich von solchen dingen / damit wir am meisten ümgehen. Fast eben dergleichen hielt ihnen auch Ruben / und Sebulon vor. Aber es half alles nichts. Ihr grol wühtete und tobete gleichwohl so sehr / daß sie mit gantz unruhigem hertzen voneinander gingen.

Nicht lange darnach hatte Josef noch einen andern Traum. Es dauchte ihn: daß sich die Sonne und der Mohn / und elf Sterne für ihm neugeten. Da diesen traum sein Vater hörete / erseuftzete er noch mehr /als vorhin. Und weil er sahe / daß seine andern Söhne darüber knurreten; strafete er ihn / zum scheine / in ihrer gegenwart. Was ist das vor ein Traum? sagte er. Sol ich und deine Mutter / und deine Brüder kommen / und dich anbehten? Aber er behielt gleichwohl alle diese worte in seinem hertzen. Er wuste gewis / daß ihre bedeutung geschehen würde. Ja er wündschte /daß er sie bald erfüllet sehen möchte: und erfreuere sich schon in seinem hertzen / seinen liebsten Sohn in solcher herligkeit zu schauen. Wie sehr sich nunJakob auf seines Sohnes künftige glükserhöhung freuete; eben so [62] sehr betrübeten sich darüber seine anderen Kinder. Ja fast die meisten zitterten vor boßheit. Sie böbeten vor gramschaft; und vermochten weder zu essen / noch zu schlafen vor grimmigem zorne.

Josef konte sich noch nicht bereden / daß sie ihn hasseten / ja so überaus anfeindeten. Er vermochte ihnen nichts böses zu zu trauen. Das lief wider seine guhtahrtigkeit. Das stritte wider sein aufrichtiges hertz. Er maß sie ab nach seinem maße. Wie er geahrtet war / gedachte er weren sie auch. Aber es befand sich im auskehrichte viel anders. Der endliche ausschlag lehrete ihn mit seinem schaden / daß ihn seine garzuguhte gedanken betrogen. Der Vater selbsten lies ihm zwar wohl schwahnen / weil sie ihren unmuht vor ihm nicht so gar / daß er ihn nicht gemärket / verbergen konten / daß sie dem Josef seine vorstehende hoheit misgönneten. Aber es war ferne von ihm zu gleuben / daß Brüder / die noch darzu seine Söhne weren / denen er viel ein anders zutrauete / von einer boßhaftigen gemühtsregung so weit könten verleitet werden / daß sie ihrem Mitbruder sein glük so gar feindseelig beneideten. Und darüm schlug er alle gedanken / die ihm das gegenteil vorhielten / in den wind. Er war sicher. Er vermuhtete das beste. Er wolte von nichts böses hören.

Auf den nächsten morgen nach dieser begäbnüs /machten sich Josefs zehen Stiefbrüder mit den viehheerden früh auf. Sie nahmen zwar / ihrer gewohnheit nach / sehr freundlich abschied vom Vater; und befahlen dem Josef / seiner wohl zu pflegen. Aber sie waren so bald nicht auf das feld gekommen / fing sich unter ihnen / sonderlich unter der Mägde Söhnen / das alte gemurre und geknurre schon wieder an. Doch knurrete von diesen niemand mehr / als Dan undGad. Dieser wündschte dem Josef alle böse drüsen an den hals. Jener verfluchte den tag / da er gebohren. Besser [63] were es / sagte er / daß er hette erde kauen müssen / als seine Mutter. So weren wir von unserer lebeigenschaft erlöset. Dan weren wir freie leute. Nun seind wir dienstbar. Nun trotzet uns der Hausjunker /wie er selbsten wil. Nun erzehlet er / uns nur zum verdrusse / seine selbst erdichteten treume. Ich weis gewis / daß er itzund mit dem Alten zu rahte gehet /wie sie es anfangen sollen / daß seine treume nur bald erfüllet werden. Mich deucht / fing ihm Gad das wort auf / sie seind schon alzuviel erfüllet. Hat ihn der Vater nicht schon über die maße verhähtschelt /verzährtelt / und verzogen? Lieget er nicht schon zu hause / als ein Dachs in seinem loche / und wil an keine arbeit? Wir hergegen müssen arbeiten / daß uns die schwahrte knakt. Und komt er schon zu weilen zu uns ins feld / so tuht er es nur darüm / daß er uns verkundschaffe / und bei dem Alten boßhaftig angebe. Was mangelt wohl mehr / daß er nicht ein König oder Fürst ist / als der bloße nahme Trägt er nicht schon königliche kleider? Wird er nicht albereit gehalten /als ein Königlicher Fürst? Hat ihn der Vater nicht schon vorlängst in seinem hertzen angebähtet? Ehret er ihn nicht schon mehr / als iemand in der welt? Endlich werden wir sehen / daß ihn der Vater gar zum einigen Erben seines gantzen Hauses einsetzen wird. Werden wir dan nicht / als huhrenkinder / ausgestoßen werden? Werden wir dan / mit allen unsern kindern / als Leibeigene / dem Josef nicht frohnen müssen? Das wolte ich eben sagen / fiel ihm Asar in die Rede. Dan itzund wird der endschlus gemacht werden.

Ob schon Ruben / und Judah / als auch Sebulon /die noch auf Josefs seite waren / darwider redeten /und einwendeten / man müste vom Vater so gar böse gedanken nicht schöpfen; so blieben sie doch auf ihrem wahne gantz verstokt / und wolten keiner einigen entschuldigung gehör geben. Was wolt ihr viel sagen? fing [64] Simeon endlich auch an: welcher bisher vor großem zorne nicht reden können. Haben wir nicht dergleichen beispiele schon in unserem Geschlechte? Ward Ismael nicht auch ausgestoßen? Ist dem Esau / unsers Vaters bruder / nicht fast eben dasselbe widerfahren? Hat unser Vater sich nicht gescheuet seinen leiblichen und ältesten Bruder / ja zugleich seinen Vater selbsten zu betrügen; so wird er es uns nicht besser machen. Hat er nicht dem Esau den väterlichen seegen entwendet? Hat er ihm nicht das recht der ersten gebuhrt entzogen? Ja hat er nicht auch seinem Schwieger- und unsrem Mütterlichen Groß-vater / mit allerhand listigen ränken / das seinige so vorteilhaftig abgezwakt? Dis hat dieser unser Vater / als ein kind / seinem Vater / als ein Bruder /seinem Bruder / als ein Schwiegersohn / seinem Schwiegervater getahn. Was meinet ihr wohl / daß er mit uns / seinen kindern / nicht auch so spielen werde?

Judah / als auch Ruben / und Sebulon hatten sich bisher auf das euserste bemühet / ihren Vater / ja selbst ihren Obergroßvater zu entschuldigen: indem sie vorwendeten / daß alles auf anstiftung der Weiber geschehen; dessen man sich itzund nicht zu befahren /weil Josefs mutter todt sei. Aber als sie sahen / daß sie ihrer Brüder neidische gemühter / durch solche reden / nur noch mehr wider den unschuldigen Josef erbitterten; so stelleten sie sich endlich / als wan sie eben also gesonnen weren. Wohlan dan! fing Ruben an / weil ich sehe / daß wohl etwas böses wider uns möchte vorgenommen werden; so wollen wir mit unsern heerden was weiter von Hebron wegtreiben. Ich weis / daß bei Sichem / in einem tahle / eine sehr fette weide vorhanden. Da wollen wir uns / mit dem viehe / eine zeit lang aufhalten / zu sehen / was unser Vater mit seinem Josef im schilde führet. Würde er sich dan unterstehen / uns unser [65] erbteil zu entziehen; so hetten wir der sache schon vorgebauet. Die heerde hetten wir in unserer hand. Ich wolte den wohl ansehen / der sie uns nehmen solte. Kein raht wird besser sein / als dieser. Ich treibe fort. Folget mir nach.

Niemand von allen war froher / als die vier Mägdesöhne. Niemand priese diesen fund mehr / als sie.Ruben war nun der beste man. Niemand war schlauer / als er. Niemand war klüger und verschlagener / als er. Ja niemand war weiser / als er: der so einen listigen rank erdacht / einen so heilsamen raht erfunden /ihrem gewähnten unheile vor zu kommen. So unmuhts als sie zuvor gewesen / so wohl waren sie nun zu muhte. Nun wollen wir diesen abend / sagte Gad /rechtschaffen lustig sein. Der stein / der uns drükke /ist vom hertzen verschwunden. Der kummer / der es klämmete / hat es verlaßen. Josef mag nun treumen /was er wil. Der Vater mag ihm geben / und uns nehmen / was er wil. Beide mögen immerhin tuhn / was sie wollen. Wir haben unser erbteil in der hand. Da wird es Josef nicht heraus treumen / und treumete er schon tausend Treume von tausend Garben / von tausend Sternen / und tausend Rindsheuptern darzu. Die Rinder seind unser: die Schafe nicht weniger. Sie werden auch wohl unser bleiben.

Indessen ersetzte sich Jakob zu hause mit seinemJosef. Allerhand reden fielen vor: aber keine / die diesen argwähnischen nachteilig war. Ihre gespräche lauteten viel anders. Jakob ermahnte seinen Sohn. Er ermahnte ihn zur Tugend. Dan / sagte er / wan du die tugend lieben / und fest an ihr halten wirst; so werden deine Treume gewislich erfüllet werden. Gewislich wird dich Gott zum großen Herrn machen. Das hoffe ich. Das wündsche ich. Ja das weis ich gewis. Hiermit fiel er ihm üm den Hals / und küssete ihn hertzlich.[66] Aber / fuhr er fort / wan dich der Allerhöchste also erhöhen wird / wilstu dan auch deines Vaters und deiner Brüder gedenken? Wilstu ihnen auch helfen / wan sie deiner hülfe nöhtig haben / und dich darum anlangen werden?

Auf diese reden fing Josef bitterlich an zu weinen. Ach! Vater / hertzallerliebster Vater / gab er zur antwort / wie solte ich eurer vergessen? Wie solte ich meinen Brüdern hülfe versagen / wan sie meiner hülfe benöhtigt? Keines von beiden wird nimmermehr geschehen. Auch werde ich nimmermehr zulaßen / daß euer graues heupt sich vor mir / etwas zu bitten / neugen solte. Nimmermehr wird ein solcher hochmuht mein hertz besitzen. Das sei ferne von mir. Würde ich schon ein Herr über die gantze welt; so wil ich dannoch euer treuester und gehohrsamster Sohn verbleiben / so lange mir vergönnet sein wird / euch in dieser sterbligkeit auf allerlei weise gefällig zu werden.

Mit diesen und dergleichen freundlichen gesprächen brachten sie den gantzen tag zu. Beide waren so wohl zu frieden / und so wohl vergnügt / daß sie die künftige nacht recht süße zu ruhen gedachten. Aber diese gedanken warden ihnen bald vereitelt. Diese ruhe ward ihnen bald gestöhret. Sie waren gewohnet /daß die heerden gegen den abend zu hause kahmen. Itzund kahmen sie nicht. Auch hatte man von ihnen nicht die geringste zeitung. Niemand wuste / wo sie weideten. Jederman ward hierüber betrübt. Jederman vermuhtete ein unglük. Die Weiber der Söhne Jakobs lieffen herüm / und weineten. Etliche bildeten ihnen ein / daß etwan die Araber eingefallen / und das vieh / samt ihren männern / weggeraubet. Andere argwähneten sonst etwas. Jene dachte dis / diese das; ja alle das böseste: keine das beste. Jakob selbsten war überaus bekümmert üm seine Söhne: und Josef üm seine Brüder. Und [67] solche bekümmernüs mehrete das wehklagen der Weiber / das weinen der Kinder. Also ward diese nacht mit trauren und unruhe zugebracht. Aber auf den Morgen berichtete Rubens Ehliebste /daß sie ihren man sagen gehöret / er habe bei Sichem eine fette weide gefunden. Da stünde das graß so geil / daß es jammer sei / solches nicht ab zu hühten. Ohne zweifel weren ihre männer / mit dem viehe /dahin gezogen. Ohne zweifel hetten sie sich alda verspähtiget / daß sie gestern abend nicht zu hause gekommen.

Straks auf diese worte / und auf inständiges anhalten der weiber / befahl Jakob seinem liebsten Sohne /sie zu suchen. Auf! auf! sagte er / mein lieber Sohn. Setze dich auf meinen Persichen Gaul; damit du üm so viel geschwinder hin / und wieder her gelangen könnest / uns die zeitung zu bringen / wie es üm meine Söhne stehet. Seume dich unterweges ja nicht. Reite tapfer fort: und laß uns deine zurükkunft bald wieder erfreuen. Josef hatte zwar itzund nur das siebenzehende jahr erreichet / und war seinem Vater so lieb / daß er mehr vor ihn / als vor alles in der welt /sorgete. Gleichwohl konte sich Jakob entschliessen /ihn zu einer so gefährlichen verrichtung ab zu färtigen. Daraus erblikte man sonnenklahr / daß er auch den andern Söhnen mit einer recht Väterlichen liebe zugetahn war. Und also machte sich Josef auf: und der Vater gab ihm den seegen.

Als der abend zu nahen begunte / bekahm dieser bekümmerte Bruder die Heerden / bei Dotan / ins gesichte: dan bis dahin waren sie von Sichem abgetrieben. Er fand sie in guhtem wohlstande. Auch erblikte er seine Brüder von ferne. Er sahe sie / ausser gefahr /frisch und gesund. Da verschwand alle seine bekümmernüs. Alle seine unruhe verlohr sich. Da erfreuen sich sein hertz. Ja es begunte vor freuden zu hüpfen. Er wündschte [68] seinen Vater zugegen / ihm ein teil seiner freude mit zu teilen. Er wündschte / daß seine augen sehen möchten / was ihm zu sehen aufstiesse. Und diesen wundsch wiederholete er wohl tausend mahl.

Aber wie erfreuet der guhthertzige Josef war / seine Brüder zu sehen; so entrüstet warden sie / als sie ihn von weitem erblikten. Seht! seht! sagte Gad: dort komt unser kundschaffer / unser verrähter / unser unterträhter an. Er wird abermahl etwas bei uns ausspühren wollen / damit er uns bei dem Vater noch mehr in die schmütze bringe. Sie haben vielleicht zu hause keinen plauderzeug mehr ihr geschwätze fort zu setzen. Drüm komt der plauderer / der wäscher / der treumer / seine ausgeleerte waschtasche wieder zu füllen. Sachte! sachte! bruder / sing der hönische Dan an. Du giebest ihm auch alzu verächtliche nahmen. Dadurch beschimpfestu seine hoheit. Dadurch begehestu ein verbrechen der verletzten Majestäht. Siehestu nicht / daß er in seinem königlichen stahtsrokke einhertrabet? Bistu dan blind / daß du des Königlichen rosses unter ihm nicht gewahr wirst. Eile straks Seiner Majestäht entgegen / und mache seinen traum wahr. Wirf dich vor unserem Fürsten / vor unserem Könige nieder. Bähte ihn an. Bitte ihn üm vergäbnüs. Flöhe ihn an üm seine gnade. Eben darüm hat ihn doch der Vater auf sein allerköstlichstes pferd gesetzt. Um nichts anders komt er so prächtig aufgezogen / als daß wir ihm mit dem alleruntertähnigsten fußfalle begegnen sollen. Nichts anders hat er im sinne / als daß er uns durch seine Majestäht wil erschrökken. Nun /denkt er / müssen die Garben sich vor mir bükken. Nun müssen die Sterne / selbst Sonne und Mohn sich vor mir neugen. Ja keine andere gedanken hat er / als daß wir ihm / als unserem Obergebieter und Könige /mit knechtischem gehohrsam / huldigen sollen.

[69] Was huldigen? fing Simeon das wort auf. Wir wollen ihm auf den kopf huldigen / dem Traumkönige /dem Schwarmfürsten / der er ist. Huldigen wollen wir ihm / daß er es fühlen sol. Sein bunter Fürstenrok mus zerflauschet; er mus in seinem bluhte gepurperfärbet werden. So bekömt er eine recht königliche farbe. Warüm fallen wir ihn nicht straks an? Warüm reissen wir ihn / den hoffärtigen Prahlfürsten / nicht straks zu bodem? Der stoltze hochtrabende kopf mus herunter. Den aufgeblasenen hochbrüstigen rumpf mus die erde verschlingen / oder die schündgrube den hunden zu fressen geben. Das sei ihm geschwohren. Zu diesem schwuhre seind wir alle verbunden.

Hiermit ging das fluchen / das rasen / das toben erst recht an. Fast die meisten wühteten / als die ein toller hund gebissen. Ruben aber und Judah trahten abermahl ins mittel. Diese suchten Josefs leben zu retten. Versündigt euch nicht / sagten sie / an eurem Bruder. Besudelt eure hände ja nicht mit seinem unschuldigen bluhte. Dieses bluht wird uns vor Gott anklagen / und üm rache rufen. Dieses bluht wird unsern alten Vater in die grube bringen. Ja es wird unser gewissen uns zu einem ewig nagendem wurme machen. Dis allein würde vor uns strafe genug sein: ob schon der Richter im Himmel stil darzu schwiege. Aber er wird nicht schweigen. Er hat seine strafruhte schon in der hand. Was sage ich von der ruhte? Sein schwert hat er gewetzet. Damit dreuet er uns zu verderben. Gedenket doch an Kain / den erst gebohrnen aller Menschen. Er beging auch einen brudermord amAbel. Aber Abels bluht schriehe zu Gott: und was Gott vor rache ausgeübet / ist euch nicht unbekant.

Als sie aber sahen / daß diese bluhtdürstigen /durch solche reden / nach Josefs bluhte nur dürstiger warden; so hingen sie den mantel nach dem winde. Sie stelleten [70] sich mit ihnen in ein horn zu blasen. Sie billigten ihre meinung. Doch / sagten sie / die sache mus behuhtsam angegriffen werden. Die knechte müssen nichts darvon wissen. Wir müssen ihn heimlich aus dem wege reumen. Sonst möchte es lautbar / und wir wieder getödtet werden. Zum wenigsten würde es uns zur ewigen schände gereichen. Gad meinete /durch zaudern würde man die gelegenheit verlieren. Man diese einmahl entwischet / liesse sie sich schweerlich wieder fassen. Ihr gantzes hinterteil sei mit einer schlüpfrigen ahlhaut überzogẽ. Wan sie den rükken kehrete / were sie nicht wieder zu erhaschen. Darüm müste sie / wan sie sich von vornen zeigete /fest gehalten werden. Ich sage nicht / warf Judah hierauf ein / daß man die gelegenheit aus der hand laßen sol. Ich rahte nur / daß man sich derselben klüglich gebrauchen / und sich nicht übereilen sol. Mit der gelegenheit mus sich zeit und ort fügen. Wan der diebstal sol verschwiegen werden / mus nicht / mit der tühre / der dich ins haus fallen. Sonst wird er /durch das gepolter verrahten. Auch mus er nicht bei tage einbrechen. Der tag hat alzuviel augen und ohren. Man mus nicht so straks zuplumpen. Heimlich und leise mus man schleichen. Vorsichtig mus man handeln. Im dunkeln mus man wandeln. Am rechten orte mus man beginnen.

Indem sie also redeten / stieg Josef vom pferde /und ging vollend zu fuße nach ihnen zu. Er neugte sich gantz ehrerbietig. Meldete ihnen des Vaters grus und seegen an. Verständigte sie / wie hoch er sich ihrentwegen bekümmerte: wie hertzlich er sich befahrete / es möchte ihnen etwan ein unglük begegnet sein; weil sie gestern abend nicht zu hause gekommen / und man keine einige zeitung von ihnen gehöret. Aus diesen ursachen habe ihn auch der Vater anher geschikt /den rechten grund zu vernehmen.

Kaum hatte Josef diese werte volendet / als man[71] ihn / ohne einige antwort / schon zu greiffen begunte.Simeon / weil er der stärkste war / muste seine feuste darzu lehnen. Er muste ihr häscher / ihr hänkersknecht / und stokmeister sein. Er muste ihn binden / und in seine verwahrung nehmen. Unterdessen trahten die andern seitwärts ab. Sie berahtfragten sich bei Ruben / was man weiter tuhn solte. Dieser hette den Josef gern gerettet / und wieder zu seinem Vater gebracht. Aber er durfte sich dessen im geringsten nicht verlauten laßen. Sie hatten ihm den tod geschworen. Das wuste er. Ja er wuste / daß ihre neidische hertzen so gar erbittert weren / daß / wofern er von seiner lebenserhaltung redete / sie ihn straks tödten würden. Und darüm sprach er sie also an.

Weil allen Söhnen Jakobs / welche Rahel nicht gebohren / ein unglük gedreuet wird: so were ich wohl töhricht / mir ein zu bilden / daß ich und meine kinder dessen entohnigt sein würden. Ich bin mit unter derselben zahl. Ich würde / wan es ergehen solte / dem Josef so wohl dienen müssen / als ihr. Ich würde eben sowohl sein leibeigner sein müssen / als ihr. Meine erste gebührt würde mir nichts helfen. Der erste würde so wohl das joch tragen müssen / als der letzte. Und darüm mus ich meinen unglükke selbst vorbauen. Darüm mus ich meiner sicherheit selbst rahten. Ja darüm mus ich nohtwendig rahten / daßJosef vertilget werde. Hierinnen beruhet unsere algemeine wohlfahrt. Aber daß wir unsere hände selbst an ihn legen sollen / rahte ich itzund eben so wenig / als vorhin. Dan also begingen wir einen Brudermord. Ja wir begingen zugleich einen Vatermord. Was könte greulicher gedacht werden? Wan wir den Vater seines liebsten Sohnes beraubten / würden wir ihn nicht zugleich seines lebens berauben? Würden wir ihn nicht muhtwillig in ein unaussprechliches hertzleid / und durch dieses gar in die grube bringen? Ich wil mehr sagen. Würde nicht Josefs [72] [74]bluht über uns rache fordern? Würde nicht des Vaters fluch / an stat des seegens / über uns kommen? Würde nicht Gottes fluch selbst uns treffen? Würde nicht unser gewissen unaufhörlich uns ängstigen / und so erschröklich foltern /daß wir nicht wüsten / wo aus oder ein? Und darüm müssen wir in alwege auf einen andern und bessern raht bedacht sein. Wir haben einen eidschwuhr abgelegt / zu Josefs verderben. Der mus volzogen sein. Aber wie? Es mus zum wenigsten den schein haben /als hetten wir uns selbst weder an Gott / noch unserem Vater / noch unserem Bruder vergriffen. Nun wohlan! weil man aus zwei unümgänglichen bösen das beste erwehlen mus; so wil ich aus einem zweifachen rahte / der in diesem handel allein stat kan finden / auch den besten anrahten. Durch dessen volziehung wird unser eidschwuhr volbracht / und Josef gleichwohl nicht / durch unsere hand selbsten / ümgebracht werden. Ich und Sebulon haben neulich / in jenem walde / eine Wolfsgrube gefunden. Darein wollen wir ihn werfen. Da wird er genug aus dem wege gereumet / und unser eid volbracht sein. Da mögen ihn andere Väter und Mütter / ja andere Brüder / nach seinem traume / dienstlich ehren und anbähten / wie sie wollen.

Diesen raht billigten und bewilligten sie alle. Ja sie priesen seinen klugen erfinder. Dem ward auch / zusamt dem Judah / und Sebulon / alsobald die volziehung anbefohlen. Hierauf zogen sie dem unglükseeligen Josef seinen köstlichen buntgestikten überrok aus: welcher fast die erste und fürnehmste ursache ihres neidischen grolles gewesen. Ja sie rissen ihm auch selbst den unterrok vom leibe. Und also ward er nach der Wolfsgrube zugeführet. Alda lies man ihn mit strükken / damit er nicht beschädiget würde / hinunter. Ruben aber hatte bei sich beschlossen / ihn in der nächstkünftigen [74] nacht heimlich wieder heraus zu ziehen / und seinem Vater zu bringen. Und eben zu dem ende ging er von seinen brüdern weg. Er gab vor / eine andere weide zu suchen. Aber sein einiger wundsch war seinen guhten vorsatz zu volziehen. Er dankte Gott / daß er ihm diesen raht eingegeben. Er verlangte nach der nacht: und das übrige dieses tages dünkte ihn so lang zu sein / als sonst zween volle tage.

Mitlerweile erblikten die andern brüder / auf der heerstraße von Gilead / eine große Gespanschaft derIsmaeler. Diese hatten Würtze / balsam / und mirren aus Arabien gehohlet. Damit gedachten sie nachEgipten. Sehet / alhier / sagte Judah / bekommen wir das rechtgewündschte mittel / Josefs ohne bluhtvergiessen / loß zu werden. Was hilft es uns / daß sich unsere hände an ihm vergreiffen? Er ist ja unser Bruder / unser fleisch und bluht. Komt! wir wollen ihn den Ismaelern verkauffen. Diesen worten gehorchten die andern. Von stunden an lieffen Gad undJudah hin / und zogen den Josef aus der Wolfsgrube. Auch verkauften sie ihn vor dreissig silberlinge: wiewohl sie nur zwantzig bekanten. Aber sie bedungen darbei: daß die Keuffer ihn nicht wieder in der nachbarschaft verkauften. Er solte in ferne länder geführet werden. Das bedungen sie ausdrüklich. Dan sie gedachten / kommet er so weit in die fremde / so wird er uns nicht mehr im wege stehen. Und so wird er ein ewiger leibeigner / dessen leibeigne wir zu werden uns besorgten. Aber Simeon / der mitlerweile zu Sichem gewesen / war viel anders gesinnet. Dan als er wiederkahm / und den Josef verkauft sahe / erzürnete er sich über den Judah dermaßen / daß er ihm den tod dreuete. Auch were den worten gewislich die taht gefolget; wo es Gott nicht verhindert. Die hand /damit er ihm dreuete / verdorrete zusehens. Und also konte er seine boßheit nicht volbringen. [75] Als nun die Ismaeler etliche meilen wegwaren / überfiel die verkeuffer alle eine plötzliche reue. Itzund bedachten sie erst / was vor ein schelmenstükke sie an ihrem Bruder verübet. Itzund kahmen sie erst wieder zu sich selbst. Itzund hetten sie ihn auch üm noch zehnmahl so viel gern wiedergekauft. Aber es war zu spähte.

Mit dieser reue überfiel sie zugleich die nacht.Ruben war froh / daß die gewündschte zeit / denJosef zu erlösen / herzu nahete. Er verzügerte nicht lange. Er ging / ja er lief eilend nach der Wolfsgrube zu. Alle tritte waren schritte. Alda fällete er einen mittelmäßigen baum. Dessen zakken hieb er rund herüm so weit ab / daß sie zu leitersprossen dienen konten. Hiermit begab er sich zur grube: und lies den baum hinunter / damit Josef an demselben herauf stiege. Darnach legte er sich beuchlings darvor nieder. Josef! rief er / liebster Bruder! Aber der widerhal rief eben die worte zurükke. Er wiederhohlte sie noch ein mahl / mit viel stärkerer stimme. Der widerschal rief sie abermahl nach. Endlich schrie er mit vollem halse:Bruder schläfstu? Der gegenhal fragte gleich also: ob er schlieffe? Ja er wiederhohlete diese worte etliche mahl: und wie oft er sie wiederhohlte / so oft warden sie ihm nachgesprochen. Ruben gedachte an den widerschal gantz nicht. Darüm ward er über diesen nachruf seiner worte so bestürtzt / daß er nicht wuste /wie ihm geschahe. Er stund im zweifel / ob Josef selbst / oder aber sein Geist / mit ihm redete. Zum allerletzten rief er: Ach! liebster Bruder / bistu todt? Da hörete er / was er fürchtete zu hören / und nicht zu hören wündschte / das letzte wort todt widerschallen. Ach! sagte er darauf / bistu todt? Ach! wolte Gott! ich were vor dich gestorben.

Man kan ihm leicht einbilden / wie dem guhtenRuben zu muhte gewesen. Die trähnen / die er vergos / [76] waren nicht zu zehlen: die seuftzer / die aus seinem hertzen stiegen / noch viel weniger. Die schmertzen /die er fühlete / konte keine feder beschreiben. Keine zunge war so beredt / seine hertzensangst aus zu drükken. In solcher eusersten betrübnüs brachte er die gantze nacht zu. Ja vor großem wehleiden verfluchte er auch seine Brüder. Er schalt das verhängnüs. Er murrete wider das gestirne / ja endlich gar wider Gott selbsten. Und in solchen halbunsinnigen gemühtsbewegungen kahm er zu seinen Brüdern /eben als die dunkele nacht der liechten morgenröhte gewichen.

Hatte Ruben zuvor aus wehleiden gefluchet / so donnerte er itzund aus übermäßigem zorne. Eine iede rede war ein donnerschlag: ein iedes wort ein donnerkeul. Seine augen wetterleuchteten. Ihre blikke blitzten / und schossen feurige strahlen. Mit lauter donnerschlägen öfnete sich sein mund. Mit eitel donnerkeulen bewegte sich seine zunge. Seine stimme brummete und summete. Ihr nachklang knasterte und prasselte. Sein ahtemwind stürmete so gewaltig / daß er alles gleichsam zerschmetterte. Und seine sprache brach mit solchem greulichen gekrache heraus / daß alles darvor erzitterte. Durch ein solches unwetter sprach er seine brüder an. Durch ein solches donnerwetter gab er ihnen den morgengrus. Ihr Brudermörder! sagte er / welcher Teufel hat euch getrieben euren Bruder zu ermorden? Welcher höllische geist hat eure faust beweget / an der Unschuld selbsten einen mord zu begehen? Welcher Engel der fünsternüs hat euch so verblendet / dem das tagelicht zu rauben / den der Himmel zu eurer Sonne bestimmet? Welches Gespånste des abgrundes hat euch so bezaubert / dem das leben zu nehmen / den das gestirne zum erhalter des eurigen erkohren? Welche Unholdin aus dem höllischen giftpfuhle hat euer hertz so vergiftet / dem lieb-und hold-seeligen Josef / durch [77] das allerfeindlichste /ja mordtähtigste beginnen / aus dem mittel zu reumen? O ihr ehrvergessene schänder des gantzen stammes der redlichen Ebreer! o ihr Gottsvergessene Höllenbrände! o ihr greuliche Natterngezüchte der pech-und schwefel-sümpfe des Abgrundes! Ach! du gerechter Himmel! Dieses wort fing ihm Judah plötzlich auf / seinen zorn zu stillen. Der Himmel / sagte er / ist freilich gerecht. Er hat es so wohl geschikt / daß erJosefs leben in seine beschirmung genommen.

Das sage / das klage ich eben / fuhr Ruhen fort /daß ihr ihm das leben genommen. So verstund er diese reden; weil er / aus übermäßiger entzükkung seiner sinnen / sie nicht recht hören. Doch bekahm er endlich seinen verstand ie mehr und mehr wieder. Er kahm wieder zu sich selbst. Und da vernam er erst recht / daß Josef noch lebete. Da sahe er das geld /darvor ihn seine Brüder verkauft. Das verfluchte er. Das verspiehe er. Aber was wolte er tuhn. Es war geschehen. Er war verkauft. Das zeichen sahe er vor augen. Darüm sagte er: besser verkauft / als ermordet. Nun habe ich noch diesen trost: Gott ist getreu. Verlesset schon den Josef sein ungetreues Gebrüder; so wird doch der Himmel ihn nicht verlaßen. Aber womit bedekken wir indessen diesen häslichen schandflek vor der ehrbaren welt? Womit trösten wir unsern alten Vater? Der wird sich todt grähmen / wan er erfähret / daß ihr seinen Sohn verkauft. Hierauf stiegen ihnen allen die trähnen ins gesichte. Sie wündschten es ungeschehen. Aber wündsche seind winde; und fliegen mit den winden darvon. Dieser wundsch nützte weniger / als nichts. Niemand war damit geholfen.

Nachdem sie lange genug gekårmet / und sich nun müde gehärmet hatten / vermeinten sie / es sei besser den Vater in ein kurtzes hertzleid / als in eine ewige bekümmernüs [78] zu bringen. Sie beschlossen / ihn / aufDans einrahten / zu bereden / Josef sei todt. Er sei von den wilden tieren zerrissen. So / vermeinten sie /würde er eher zu trauren aufhören / als wan sie gerade zusagten / daß sie ihn zum leibeignen verkauft: dadurch sie sich zugleich in eine ewige schande stürtzten. Und darüm verwundeten sie erstlich dem Persischen leuffer / darauf Josef geritten / die schenkel; damit man vermeinen solte / die wölfe hetten ihn also zerbissen. Hierauf führeten sie ihn bei nachtzeit nach ihres Vaters hofe zu. Nicht weit darvon liessen sie ihn lauffen / und aus begierde zum futter / seinen stal suchen. Und also liessen sie dieses pferd ihrem Vater die erste zeitung vom tode seines Sohnes bringen.

Auf den morgen schlachteten sie einen ziegenbok. In desselben bluht tunkten sie den bunten rok ihres Bruders; nachdem sie ihn zerrissen. Und also schikten sie ihn / mit Isaschar und Sebulon / zum Vater. Sebulon sprach: Ach! Vater / diesen bluhtigen rok haben wir gefunden. Siehe zu / ob du ihn kennest.Jakob kennete ihn alsobald / und antwortete: es ist meines Sohnes rok. Ein böses tier hat ihn gefressen. Ein reissendes tier hat ihn zerrissen. Ach! Josef! Josef! wo seind nun deine Treume? O ihr betrüglichen treume! O ihr Himmel! warüm habet ihre meine deutungen vereitelen / und meine hofnung vernichtigen laßen? Mit diesen erbärmlichen worten / drükke er den Rok an seine brust. Er küssete das bluht so hertzlich / als wan es seines Sohnes eigenes bluht gewesen. Und also ward Jakob vergolten / was er an seinem Vater Isaak verschuldet. Er hatte ihn mitEsaus / seines liebsten Sohnes / Rokke betrogen. Nun musten ihn seine Söhne wieder mit seines liebsten Sohnes Josefs Rokke betrügen. Die schmertzen / welche dieser traurige Vater über einen so unglüklichen todesfal seines so lieben [79] Sohnes empfand / können mit keinen gedanken erreichet / viel weniger mit einiger feder beschrieben werden. Er zerris seine kleider. Er legte einen trauersak üm seine lenden; und beweinete seinen Sohn lange zeit. Es kahmen zwar alle seine Söhne / und Töchter / ihn zu trösten. Aber er wolte sich nicht trösten laßen. Ach! sprach er: ich werde mit leide zu meinem Sohne / in die grube / hinunterfahren. Ja er stellete sich so gar erbärmlich an /daß es ein stählernes / ein demantenes hertz zum mitleiden bewegen muste. Wie es nun nach meinem wegzuge weiter abgelauffen / weis ich nicht. Aber das weis ich wohl / daß man vom unglüklichen Josef keine einige zeitung / so lange er ist verkauffet gewesen / bekommen.

Die Königliche Fürstin war / durch diese erzehlung / überaus vergnügt. Ja sie hette wohl eine gantze nacht zugehöret. Sie fragte den Jüngling vielmahls: ob er vom Josef gantz nichts mehr wüste? Sie wolte gern alles erfahren. Alles wolte sie wissen. Als er aber sagte / daß ihm nichts mehr bewust sei; da lies sie ihn wieder von sich: und verboht ihm / bei verlust seines lebens / daß er sich gegen niemand solte verlauten laßen / warüm sie ihn entbohten / oder was er ihr vom Josef erzehlet. Er solte reinen mund halten. Er solte auch des Josefs nicht einmahl erwähnen. Und hiermit begab sich der Ebreer wieder hinunter in die küche.

So bald er weg war / brach die Fürstin gegen ihre Kammerjungfrau alsobald mit diesen worten heraus:Josef wird gewislich / sagte sie / derselbe Fremdling sein / davon die Götter gesprochen. Er wird derselbe sein / der so volgewaltig über Egipten sol herschen. Ich höre es aus allen ümstånden. Er ist es / dem Asse nat werden sol. Er ist es / in dessen armen sie ruhen sol. Er wird es sein / und kein ander. Das weis ich. Das wündsche ich. Das hoffe ich: ja das gleube ich gantz gewis. [80] Zur glüklichen stunde ist dieser Jüngling hier angelanget: der mir alle begäbnüsse des Josefs erzehlet. Ja zur glüklichen stunde habt ihr den Josef selbsten gesprochen: der euch den Ausspruch der Götter so deutlich erklähret. Dieser tag ist mir ein glüklicher tag. Dieser abend ist mir ein glüklicher abend: da mir die Götter beides so wunderbahrer weise geoffenbahret: da ich so viel wunders erfahren /so viel seltzames gehöret. An diesen abend wil ich gedenken / so lange ich lebe. Und wolten die Götter /daß ich den abend auch so glüklich erleben möchte /da Assenat in Josefs armen sol ruhen. Was vor freude würde wohl ich empfinden / ein so schönes / ein so edeles / ein so liebes Paar gepaaret zu sehen. Anders ist es nicht: es mus geschehen. Der himmel hat es also verhänget. Die Götter haben es also beschlossen. Und darüm wollen wir dem verhängnüsse / mit stilschweigen / zusehen. Mit stilschweigen laßet uns die erfüllung dieses Göttlichen rahtschlusses erwarten. Wir können nichts tuhn / als schweigen / und der zeit erwarten. Darüm / wan ihr gefraget werdet / was ich mit diesem Ebreischen Jünglinge geredet; so gebet kurtzen bescheid: daß ihr nichts darüm wüstet; daß ich in meinem geheimen beizimmer allein mit ihm gesprochen; daß ihr es nicht angehöret. Ich wil wohl wissen / was ich tuhn sol. Niemand wird etwas aus meinem munde erfahren: auch Assenat selbst nicht; wiewohl ich sie liebe / als meine seele. Und eben üm dieser liebe willen / wil ichs vor ihr verschweigen: doch gleichwohl auch die erste sein / die ihr alles erzehlen wird. Aber ich mus zuvor die zeit ersehen / da es ihr zu wissen dienet.

Hiermit stund die Königliche Fürst in auf / sich entkleiden zu laßen. Die Kammerjungfrau verrichtete diesen dienst: und schied endlich wohlvergnüget von ihr. Wohlvergnüget ging sie in ihre schlafkammer: da sie / eh ihr der schlaf die augen zuschlos / alles / was sie den [81] vergangenen tag gehöret / überdachte. Und in diesen gedanken begab sie sich zur ruhe. Der schlummer überfiel sie: aber das hertz blieb wakker. Die gantze nacht durch spieleten ihre gedanken. Die einbildung stellete ihr den schönen Leibeignen bald so /bald anders vor. Bald sahe sie die Assenat in seinen armen. Bald erblikte sie ihn im Königlichen staht. Eben dasselbe widerfuhr auch der Königlichen Fürstin. Und üm die morgenstunde hatte eine iede einen sonderlichen traum.

Nitokris treumete: daß sie einen schönen und jungen Stier zehn tage lang in Potifars hofe sahe / und darbei ein junges schneeweisses Fährsichen; welche sich beide sehr freundlich gegen einander gehabten. Darzu kahm endlich eine junge Hindin: welche anfangs dem Stiere schmeuchelte; aber ihn / als er ihr nicht auch schmeuchlen wolte / zuletzt in ein fünsteres loch stieß. Darinnen blieb er drei tage lang / bis ihn ein Krokodil wieder heraus gezogen: da dan der Stier eben auch als in einen Krokodil verändert schien.

Aber Semesse hatte diesen träum. Es kahm ihr vor / als wan sie einen fremden Vogel / nicht wuste sie in was vor einem hause / gesehen. Dieser Vogel war überaus schön von farbe / und sahe fast aus / als ein Habicht. In einem bauer saß ein junges Egiptisches Störchlein; welches er sehr lieb hatte / und oft vor den bauer flog / mit ihm zu spielen. Aber der bauer war rund ümher zu / und die tühre so wohl verwahret /daß er nicht hinein konte. Auch ward sie einer jungen Henne gewahr. Diese ging anfänglich von ferne üm den Habicht herüm. Darnach kahm sie ihm immer näher und näher. Endlich bewiese sie ihm etliche liebeszeichen mit pikken. Der Habicht [82] aber kehrete sich an nichts. Er stellete sich / als verstünde er nicht / was sie meinete. Alda befand sich auch ein alter Hahn. Wan dieser aus seinem Hühnerhause herfür traht /verlies die Henne den Habicht. Doch kahm sie straks wieder / so bald der Hahn den rükken gewendet. Sie klukkerte / sie kürrete rund üm den Habicht herüm. Sie pikte ihm erst nach den pfoten / und dan nach dem schnabel. Endlich / als er unbeweglich / und ihr lieblen gleichsam zu verschmähen schien / ergrif sie ihn mit dem schnabel bei den federn. Er aber ris sich loß /und flohe darvon. Eben kahm der alte Hahn wieder herfür. Dem lief die Henne / mit des Habichts federn im schnabel / straks entgegen. Eine guhte weile klukkerten sie miteinander. Ohne zweifel gab die Henne dem Hahne zu verstehen / daß ihr der Habicht gewalt zufügen wollen. Dan der Hahn stellete sich /nach langem geklukkere / gantz ergrimmet an. Der kam / der zuvor bleich gewesen / war nunmehr gantz feuerroht. In solchem erboßten wesen lief er dem Habichte nach / und jagte sich so lange mit ihm herüm /bis er ihn in ein kellerloch getrieben. Vor diesem loche hielt der Hahn drei stunden langschildwache; damit der Habicht nicht darvon kähme. Aber ein Leue jagte den Hahn vor dem loche weg; und erlösete also den Habicht / der sich in einen Adler zu verändern schien / aus seiner gefängnüs.

Kaum hatte sich Semesse aus ihrem bette erhoben /als sie schon nach der Nitokris zimmer zueilete / ihr diesen wunderseltzamen Traum zu erzehlen. Aber die Fürstin kahm ihr zuvor. Ach! Semesse / Semesse! schriehe sie auf / so bald sie die Jungfer erblikte. Ach! höret doch / was ich vor einen wunderlichen traum [83] gehabt. Und eben damit begunte sie ihn zu erzehlen. Als er geendiget war / da erzehlte die Kammerjungfrau den ihrigen auch. Beide stunden über diese beiden treume bestürtzt. Eine lange weile waren sie sprachloß. Die Fürstin brach endlich in diese worte aus. Es seind / sagte sie / einerlei treume. Sie zielen auf einerlei selbstände. Doch der eurige ist dunkeler / als der meinige. In diesem finde ich den ort / und die zeit / da seine bedeutung sol erfüllet werden. in eurem aber nicht. Ich sahe alles in Potifars hofe geschehen: und zwar in zehen tagen; darauf noch drei tage folgeten. Damit war alles zum ende. Ohne zweifel wird Assenat mit im spiele sein: wo nicht auch Josef. Ohne zweifel werden die dreizehen tage dreizehen jahre bedeuten. Assenat ist itzund achtjährig / aber nach dreizehen jahren wird sie im ein und zwanzigsten sein. Dieses jahr ist eben dasselbe / das ihr die Götter /durch ihren Ausspruch / zu ihrer vermählung mit dem fremden Herrn bestimmet. Was ich gestern aus der deutung des Göttlichen ausspruchs / und aus der erzehlung des Ebreers vom Josef / geschlossen; dasselbe wird ohne zweifel durch diesen meinen träum bekräftiget. Ja daß dieser mein traum gewislich wird wahr werden / schliesse ich daraus: weil der eurige auf eben dasselbe zielet; zumahl weil wir beide treume an einem morgen / und zu gleicher zeit gehabt.

Wen sol aber / fing die Kammerjungfrau an / derStier / und das Fährsichen / mit der Hindin; ja was sol es / daß der Stier in einen Krokodil sich verändert / bedeuten? Der Stier / den ich sahe / und euerHabicht bedeuten einerlei: so auch mein Fährsichen / und eure junge Egiptische Störchin; meine Hindin / und eure Henne / ja mein Krokodil / und euer Leue des gleichen. Aber auf wen sie eigendlich zielen / und was es bedeutet / daß mein Stier in einem [84] Krokodil /und euer Habicht in einen Adler verändert worden /weis ich nicht zu sagen. Auch weis ich nicht / worauf euer alter Hahn / des gleichen ich in meinem traume nicht finde / zielen sol. Ja was sol ich sagen? Diese beiden treume seind mir viel zu wunderlich / und meinem verstande viel zu hoch. Wir müssen einen andern Traumdeuter suchen. Aber wo sollen wir ihn finden? Niemand wird hierzu geschikter sein / als Josef. Darüm kleidet euch straks an. Machet euch flugs färtig / und gehet zu ihm. Erzehlet ihm alle beide treume von stüklein zu stüklein. Aber in dem meinigen lasset Potifars hof / und die zeit der zehen / und drei tage weg: weil uns beides schon klahr genug ist / also daß wir keinen ausleger darzu bedürfen.

Semesse volbrachte diesen befehl alsobald. Josef stund eben in der tühre / da sie ankahm: Und die Jungfrauen / zusamt der Mutter / hatten sich in derIsis Götzenhaus begeben / ihren Götzendienst zu verrichten. Daher war sie froh / daß sie so eine gewündschte gelegenheit angetroffen / den Josef allein zu sprechen. Sie grüßete ihn sehr freundlich: und er unterlies auch nicht / ihr mit eben so freundlichem gegengrusse zu begegnen. Nach wenigen wortgeprängen diente sie ihm straks an / daß sie / ihrer Fürstin wegen / was geheimes mit ihm zu reden hette. Hierauf führete sie Josef in den saal: da sie dan ihre worte straks also anbrachte. Meine Fürstin / sagte sie / hat in der nächstverwichenen nacht einen Traum gehabt; und ich selbst zwar einen andern / doch einen solchen / der jenem in allen stükken fast gleich ist. Weil nun diese zwee gleiche treume / die uns beiden / auch in gleicher zeit / ja in einer stunde / zugleich aufgestoßen / was sonderliches bedeuten werden; so habe ich / auf meiner Fürstin befehl / die kühnheit gebrauchen müssen / ihn üm eine gründliche auslegung derselben an zu langen. Hierdurch wird er nicht allein [85] die königliche Fürstin / die ihm ohne dis schon sehr hoch gewogen / zur höchsten gnade / sondern auch mich selbsten zur höchsten wilfärtigkeit verpflichten.

Josef begunte seinen kleinen verstand in dergleichen dingen straks vor zu wenden. Er entschuldigte sich aufs höchste. Er suchte die allerersinlichsten ausflüchte. Er wiese sie zu den Priestern / die darinnen weit mehr geübet weren / als er. Ja er schlug die Kaldeer vor / derer tägliches handwerk es sei / dergleichen geheimnüsse zu ergründen. Aber ie mehr er ausflüchte suchte / ie mehr sie zuflüchte fand. Je mehr er seinen verstand verkleinerte / ie grösser sie ihn machte. Ja / sagte sie / seine gestrige erklährung des Göttlichen ausspruches ist so unvergleichlich guht und so fürtreflich gewesen / daß wir / in einer so schweeren und wüchtigen sache / zu niemand anders / als allein zu ihm / unsere zuflucht nehmen. Kein Priester / kein Kaldeer / ja niemand im gantzen Egipten hat eine so gründliche / eine so volkommene erklährung über gemelten Ausspruch tuhn können / als er. Und eben darüm haben wir auch von niemand / als allein von ihm / dergleichen auslegung unserer treume zu gewarten.

Weil nun Josef sahe / daß alle seine einwendungen nichts verfingen; so entschlos er sich endlich die Semesse / so viel ihm müglich / zu vergnügen. Ich vermärke wohl / sagte er / daß ich gestern meinen vorwitz / aus unwitz / alzubloß gegeben. Ich vernehme wohl / daß meine alzumilde vermessenheit ihre einbildung überteubet. Dan ich sehe / daß sie mich vor denselben helt / der ich nicht bin. Ich befinde / daß sie meinen verstand hoher schätzet / als er gelten kan. Ja ich spühre / daß sie mit gewalt von mir zu wissen begehret / was ich nicht weis. Darüm / solcher ihrer einbildung zu liebeln / mus ich noch vermessener werden. Ihr zu gefallen werde ich gezwungen in einer angefangenen verwägenheit / die ich [86] sonst vor einen fehler schätze / zu verharren. Ja was wil ich sagen? Das gebot der königlichen Fürstin ist mein spohren. Und so mus ich / ob ich schon sonsten nicht wolte. Hier steht der befehl. Dem mus sich mein wille unterwerfen. Kan ich nicht tähtig / so mus ich doch willig gehorchen. Und dieser so willige gehorsam wird die verwegenheit meiner taht entschuldigen; ja selbst der königliche befehl meinen fehler bedekken. Wan es ihr dan beliebt / so laße sie mich vernehmen / was sie getreumet.

Hieraus erzehlete die Kammerjungfrau ihre Treume / wie es ihr die Fürstin befohlen. So bald sie ausgeredet / fing Josef an. Beide Treume / sprach er / seind einerlei / wie sie sagt: und daher üm so viel leichter aus zu legen. Dan einer erklähret den andern. Auch was dem andern fehlet / ergäntzet der andere. Derschöne junge Stier / bedeutet einen schönen Jüngling: das junge Fährsichen / eine sehr zahrte Jungfrau / die noch nicht volkömlich erwachsen: dieHindin / eine schöne hurtige Frau. Diese Frau wird in den Jüngling sich verlieben. Sie wird ihn strählen; aber er wird sie nicht achten. Und weil er ihr keine gegenliebe bezeiget; wird sie ihn / aus zorne / verfolgen / ja gar ins gefängnüs bringen. Daß aber ein Krokodil den Stier aus dem fünsteren loche erlöset / und der Stier darnach selbst als in einen Krokodil verändert geschienen; solches bedeutet / daß ein Egiptischer König den Jüngling aus dem gefängnüsse loß / und gleichsam zum Könige in Egipten machen werde. Dan der Krokodil ist der Egiptischen Könige sinbild: welche sich auch selbst Faraonen / das ist Krokodillen / zu nennen pflegen.

In dem ihrigen bedeutet der fremde Vogel / der wie ein Habicht aussahe / eben auch einen Jüngling / der fremde oder ausländisch / und schön / auch [87] eines feurigen / ja fast Göttlichen verstandes / nach der eigenschaft des Habichts / sein wird: die junge Egiptische Störchin / eine noch junge Jungfrau / die in Egipten gebohren: der wohl verwahrte Vogelbauer / darinnen diese Störchin gesessen / ein Kloster / oder sonsten etwas / darinnen sie / in genauer verwahrung / erzogen wird: die junge Henne / einejunge Hausfrau; welche dem Jünglinge zuerst von ferne / darnach in der nähe ihre liebe wird blikken laßen: der alte Hahn / einen alten Ehman; in dessen gegenwart die junge Frau nicht wird dürfen märken laßen / daß sie den Jüngling liebet. In seinem abwesen aber wird sie ihm üm so viel mehr liebeszeichen erweisen. Ja / weil er weder mit liebesblikken / noch mit lieblenden worten zur gegenliebe zu bewegen ist /wird sie ihn endlich gar mit gewalt darzu ziehen wollen / ihren willen zu volbringen. Er aber wird ihr entspringen. Hierauf wird die Frau den Jüngling bei ihrem alten Ehliebsten / aus übermäßigem zorne wegen ihrer verschmähung / fälschlich anklagen / und ihn bewegen / daß er den Jüngling gefänglich wird setzen laßen: welches durch das jagen ins kellerloch angedeutet wird. Daß aber ein Leue / als ein königliches tier / den Hahn vor dem loche wegtreibet / und den fremden Vogel / der sich darnach gleichsam in einen Adler / der auch ein königlicher vogel ist / verändert; solches bedeutet / daß ein König den Jüngling erlösen / und in den königlichen stand erhöben wird.

Wan man nun diese beiden Treume / deren der eine den andern / wie ich gesagt / sehr ahrtig erklähret /zusammenhelt; so kommet diese volkommene bedeutung heraus. Nähmlich es wird sich irgendwo ein junger und schöner Ausländer / welcher / gleichwie der Göttliche und der Sonne geheiligte Habicht / eines feurigen geistes ist / mit einem schönen noch [88] unmanbahrem Egiptischen Jungfreulein / das man in scharfer aufsicht und genauer bewahrung / vielleicht in einem Kloster / erziehet / zusammen aufhalten; und dieses Jungfreulein lieben / auch ihrer gegenliebe geniessen. Es wird aber eine Ehfrau / die schöne / jung / und munter / auch desselben ortes / da jene zween sich befinden / gebieterin ist / darzwischen kommen / und in den Jüngling sich verlieben. Anfangs wird sie scheu tragen / ihm solche liebe zu offenbahren: und darüm zuerst von ferne ihm liebeln; darnach immer näher und näher kommen / ihn strählen / ja selbst küssen: bis sie endlich / wan sie ihre liebe verschmähen siehet / ihn mit gewalt zur unkeuschheit zu ziehen sich unterfangen wird. Er aber wird ihr entreissen: und dadurch wird sich ihre liebe in zorn verändern. Dieser zorn wird sie bewegen / den Jüngling bei ihrem Ehherrn fälschlich zu bezüchtigen: welcher ihn unschuldig ins gefängnüs werfen / und genau bewahren wird. Den Jüngling aber wird endlich ein Egipitscher König nicht allein aus dem gefängnüsse erlösen / sondern ihn auch gar in den Königsstand erhöben.

Josef hatte diese Treume zwar sehr klüglich und gründlich ausgedeutet. Aber er wuste gleichwohl nicht / daß sie ihn selbsten so nahe angingen / und daß der junge Stier und der fremde Vogel auf ihn zieleten. Er wuste nicht / daß das junge Fährsichen und die junge Egiptische Störchin die lieblichschöne Assenat sei: derer Göttlichen ausspruch er gestern eben so deutlich erklähret. Doch würde er es ohne zweifel /wan man ihm in der Nitokris Traume nicht die zwei fürnehmsten stükke verschwiegen / errahten haben. Dan da hette er des Potifars haus / und die zeit der vermählung der [89] Assenat / als auch der erhöhung des Fremdlings in den Königsstaht / wie sie beiderseits von den Göttern bestimt war / unschweer gefunden. Weil nun dieses alles / und noch darzu Josefs eigene Treume die Königliche Fürstin wuste; so gab ihr ihre scharfsinnigkeit und stähtiges überwegen dieser desJosefs traumdeutung sehr wunderliche gedanken ein. Den gantzen tag betrachtete sie so wohl die treume selbsten / als derselben deutung. Semesse muste ihrJosefs worte wohl hundert mahl wiederhohlen. Ein iedes legte sie auf die wageschahle ihres verstandes. Ein iedes deutwort schien ihr eine sonderliche verborgenheit zu begreiffen. Und also verstund sie wohl etwas: aber lange nicht alles.

Inmittels kahm der abend herbei. Nitokris war eben aufgestanden zur tafel zu gehen / als man plötzlich an ihre tühre klopfete. Ein reitender Bohte war von Heliopel angelanget. Dieser brachte von der Assenat folgendes


Schreiben an die lieb- und hold-seelige

Semesse.


Ihr liebstes brieflein empfange ich eben itzund. Nichts gebe ich zur antwort / als einen unsterblichen dank. Diesen verspreche ich mit hertz und feder. Es seind zwar stumme gelübde: doch wird sie die rede meines mundes bald bekräftigen. Mein mund wird es ihr selbsten ins ohr / ja ins hertze sprechen / wie dankbar ich zu sterben gesonnen. Sie eile nur bald / mir ihre gegenwart zu gönnen. Ich verlange darnach. Ja ich verlange / die volkommene Erklährung des [90] [92]Götterspruches aus ihrem munde zu hören. Ist es müglich / so finde sie sich morgen ein. Morgen erwarte ich ihrer. Drüm seume sie nicht. Inmittels wil ich gleichwohl /daß sie meinen Traum wisse: damit ich bei ihrer überkunft / desselben deutung erfahre. Diesen morgen / da ich kaum halb schlummerte / deuchtete mich in meines Herrn Vaters Hofe zu sein. Alda sahe ich ein fremdes schloßweisses tierlein; welches man ein Härmlein nente. Dieses wolte meine Stiefmutter mit schlamme besudeln. Aber es war so behände / daß sie es nicht erwischen konte. Letzlich bekahm sie es bei dem ende des schwantzes / und wolte es mit gewalt in den koht drükken. Aber das Härmlein ris so gewaltig / daß es ihr nur einen flausch haare in der hand lies /und darvon flohe. Darüber erzůrnete sich meine Stiefmutter dermaßen / daß sie das liebliche tierlein in ein fas einspünden lies. Aber ein Leue sties mit dem kopfe dem fasse den bodem ein. Da kahm das Härmlein heraus gesprungen / und ward dem Leuen gantz gleich. Hermit verlies mich der schlaf. Sie sehe zu /daß sie bei dem schönen Leibeignen die deutung erfahre. Sie vergesse es ja nicht. Bringt sie mir diese mit / wird sie mir üm so viel angenehmer sein. Ich werde ihr / und ihm danken / so lange ich ahteme. Die Königliche Fürstin sei hertzlich gegrüßet. Morgen sol Sie auch ein brieflein von mir empfangen. Unterdessen befähle ich sie den Göttern.

Assenat.


Dieses schreiben verursachte / daß Nitokris von der tafel blieb. Semesse muste es ihr wohl zehn mahl vorlesen; sonderlich des Freuleins Traum: welcher die [92] deutung der ihrigen / mit denen er fast gantz überein kahm / noch mehr bekräftigte. Es war zwar zimlich spähte. Gleichwohl schikte die Fürstin ihre Semesse straks zum Josef. Noch diesen abend wolte sie die deutung wissen: welche fast auf eben den schlag ausfiel / als der ersten zwee treume. Nur ward daß reinweisse Härmlein / das / seiner angebohrnen ahrt nach / sein reines fel durchaus nicht besudeln wil / auf einen eben so keuschen / als schönen fremden Jüngling aus gedeutet.

Weil nun Assenat so gar sehr nach der Semesse verlangte / so färtigte sie die Fürstin noch diesen abend ab; damit sie mit dem frühesten morgen aufsein möchte. Sie legte ihr fast alle worte in den mund. Sie befahl ihr alles / was sie reden / und nicht reden solte. Auch geboht sie ihr / auf alle gebehrden des Freuleins / wan sie ihr dieses oder jenes erzehlete / achtung zu geben; als auch auf alle ihre worte. Die solte sie fleissig anmärken / eigendlich behalten / und ja nicht vergessen; damit man aus beiden der Assenat verborgneste gedanken ergründen könte. Dan die Fürstin war begierig alles zu wissen / auch was in des Freuleins hertzen verhohlen lag: welches / wie sie wohl wuste /seine meiste gedanken verschwieg / und als ein heiligtuhm / heimlich bewahrete. Und hiermit wündschte sie ihr glük auf die reise.

Drittes Buch

[93] Drittes Buch.

Sefira brante noch. Das feuer / das vor etlichen tagen der schöne Leibeigne in ihrem hertzen angezündet /war noch nicht verloschen. Darüm trug sie verlangen zu wissen / wo er were. Darüm bemühete sie sich /ihn aus zu kundschaffen. In alle würtshäuser schikte sie ihre diener. An allen orten vernahm sie / wo er geblieben. Etliche wochen lang lies sie ihn suchen. Endlich erfuhr sie / daß ein Memfischer Kaufman ihn bewahrete. Nicht lange konte sie ruhen. Straks muste sie fort. Sie setzte sich auf ihre prächtigste kutsche. Eben so prächtig muste der nachtrab sein. In solcher pracht lies sie sich sehen. In solcher herligkeit fuhr sie darnachzu. Gantz langsam musten die pferde gehen.

Recht gegen dem schönen Leibeignen über wohnete ein Bildhauer. Vor dessen tühre hielt sie stil. Sie begehrete seine Kunst zu besichtigen. Man muste ihr ein Bild nach dem andern vor den wagen zur schaue bringen. Aber es war ihr nicht zu tuhn / diese leblosen Bilder zu sehen. Josef lag ihr im hertzen. Dessen lebendiges bild begehrte sie zu schauen. Aber diese augenweide bekahm sie vor das mahl nicht. Der schöne Leibeigne war nirgend zu erblikken. Ihre hofnung zerschmoltz. Ihr verlangen war vergebens. Vergebens war ihr anschlag: ümsonst ihr prächtiger aufzug. Und also muste sie unverrichteter sachen wieder nach hause.

Des folgenden tages kahm sie noch viel prächtiger aufgezogen. [94] [96]Sie saß zwar in eben demselben wagen: welcher von lauterem silber und golde flinkerte / und von drei schneeweissen Pferden gezogen ward. Aber ihr schmuk und ihre kleidung war viel köstlicher / als des vorigen tages. Die demanten / die perlen / die rubiene / damit sie ihren leib gezieret / waren unschätzbar. Die kleider von weisser seide / mit güldenen rosen und liljen durchwürket / gaben einen herlichen glantz von sich. Vor der brust / welche sich mit zwee lieblichen schneehügeln erhub / trug sie einen busch rohter und weisser Rosen. Aller dieser zierraht machte ihren schönen leib noch viel schöner. Und also saß sie auf ihrem wagen anders nicht / als eine Alsgöttin der liebe. Rund ümher lieffen die leibdiener / auf das zierlichste gekleidet.

Dieser ungewöhnliche schmuk der Sefira lokkete die einwohner in allen gassen / da sie durchhin fuhr /vor die tühren. Die Jungfrauen im hause des schönen Leibeigenen warden auch lüstern diese so köstlich geschmükte Fürstin zu sehen. Josef hatte zwar keine lust einige schöne Frau an zu blikken. Er flohe sie vielmehr. Er verbarg sich vor ihren augen: damit ihr üppiger anblik ihn nicht verunruhigte. Gleichwohl lies er sich itzund von seinen Hausjungfrauen bereden mit vor die tühre zu trähten. Eben kahm die Fürstin an. Eben hielt sie vor dem Bildhauer stil. Straks lies sie die augen auf den Josef fallen. Straks veränderte sich ihr gantzes wesen. Die röhte ihrer wangen verblich. Die rede ihres mundes entwich. Die bewegung aller ihrer glieder verging. Ja es war fast nichts bewegliches mehr an ihr / als das auge. Dieses rollete im heupte herüm / als eine unruhe am uhrwerke. Es schos lauter flinkernde strahlen. Alle blikke waren strükke. Ein einiger traf tausend hertzen. Ein einiger machte tausend schmertzen. Sie lies zwar den Bildhauer rufen mit ihm zu reden. Aber ihre rede war verwürret / [96] ihre worte gebrochen / ihre stimme gehämmet.

Als sie nun eine halbe stunde alda verharret / fuhr sie wieder fort. So bald sie auf ihr Schlos gelanget /erzehlte sie dem Potifar: daß ein Kaufman in der stadt / durch den dienst eines Ebreischen Jünglinges /auch nur in wenig tagen am reichtuhme sehr zugenommen. Aber der ruf ginge / daß man ihn diebischer weise aus Kanaan entführet. Darüm strafet / sagte sie / diese böse taht. Tuht dem Jünglinge recht. Nehmt ihn zu eurem Hofmeister. Ich weis / der Ebreische Gott wird uns seegnen. Ja ich weis / daß der himlische seegen bei ihm ist. Was er tuht / das gelinget. Was er anfänget / volendet er mit lauter glükke. Dieses glük können wir haben / wan wir es nur annehmen. Es stehet bei euch. Wan ihr wollet / werden wir glüklich sein: wir werden geseegnet sein: unser reichtuhm wird sich mehren.

Potifar achtete zuerst diese worte wenig. Er schob es von einem tage zum andern auf. Und dieses zaudern machte seine Gemahlin gantz ungedültig. Weil sie nun ohn unterlaß anhielt; so befahl er endlich den Kaufman vor gerichte zu fordern. So bald er erschienen / sprach Potifar zu ihm: Wie komt ihr darzu / daß ihr in das Ebreische land reiset / den Eltern ihre kinder zu stehlen / und verkauft sie darnach vor Leibeigne? Der Kaufman fiel nieder auf sein angesicht / und baht üm gnade. Mein Herr / sagte er / wessen er mich bezüchtiget / darvon weis ich gantz nichts. Ich weis mich unschuldig / und rein in meinem gewissen. Das verhelt sich nicht also / fuhr Potifar fort. Wie komt ihr dan an den Ebreischen Jüngling / den ihr in eurem hause habet? Der Kaufman antwortete: die Ismaeler haben ihn in meiner verwahrung gelaßen / bis sie wiederkommen ihn ab zu hohlen. Aber Potifar gleubte ihm nicht; und befahl ihn zu steupen. Unterdessen lies er [97] auch den Josef hohlen. Den fragte er: Bistu frei /oder leibeigen? Josef antwortete: Ich bin ein Leibeigner. Der Fürst fragte weiter: Wessen Leibeigner bistu? Josef gab wieder zur antwort: der Ismaeler. Wie bistu dan ein Leibeigener worden? fuhr der Fürst fort. Josef gab ihm zu verstehen: daß ihn die Ismaeler im Kananeischen lande gekauft. Potifar aber wolte auch dieses nicht gleuben. Darüm befahl er den Josef gefänglich zu bewahren / bis die Ismaeler wiederkähmen.

So bald aber Sefira erfuhr / daß Potifar den schönen Leibeignen gefänglich eingezogen / sprach sie zu ihm: warüm setzt ihr einen gestohlenen Freien gefangen? Es were besser / daß man den edelen Jüngling loß liesse / und euch geisselte. Warüm nehmt ihr ihn nicht lieber zu eurem Haushalter? Der Fürst antwortete: es ist bei den Egiptern nicht gebreuchlich / eines andern guht / ohne bewiesene rechtmäßige uhrsache /weg zu nehmen. Und also muste Josef gefässelt bleiben: nachdem er drei mohnden / und fünf tage bei dem Kaufmanne gewesen. Auch brachte er in solchem elende noch vier und zwanzig tage zu / ehe die Ismaelischen Kaufleute wieder kahmen / und ihn loß machten. Diese hatten gehöret / daß Jakob sein Vater üm Josefs willen sehr betrübt sei. Darüm sprachen sie zu ihm: warüm habt ihr uns gesagt / daß ihr ein Leibeigener weret? da doch euer Vater ein mächtiger Man ist in Kanaan; dem es sehr zu hertzen gehet /daß ihr verkauft seid. Josef hette gern geweinet. Aber er enthielt sich. Und damit er seine Brüder nicht beschämete / gab er zur antwort: man hat euch unrecht berichtet: ich bin ein Leibeigener.

Hierauf berieten sich die Kaufleute / wo sie ihren Leibeignen am besten verkauffen solten; damit es sein Vater nicht erführe. Dan sie fürchteten sich vorJakob. Sie befahreten / er möchte sich an ihnen rächen. [98] Sie wusten / daß er groß geachtet war vor Gott und Menschen. Unterdessen hielt Sefira bei ihrem Ehherrn stark an / daß er den schönen Leibeignen kauffen solte. Dan ich höre / sagte sie / daß sie ihn wieder verhandeln wollen. Potifar schikte straks hin /und lies fragen: wie hoch sie ihn hielten? Weil er aber zu teuer war / zerschlug sich der kauf. So bald es Sefira verstund / sandte sie selbst einen andern ihn zu kauffen; mit befehl / daß er kein geld ansehen solte. Dieser kaufte ihn vor achtzig goldgülden: wiewohl er seine Fürstin berichtete / er hette hundert gegeben. Und also gelangte Josef in Potifars schlos.

Sefira hatte nunmehr ihren wundsch erlanget. Niemand war froher / als sie. Niemand war vergnügter /als sie. Josef muste straks auf das schönste gekleidet sein: nicht als ein Leibeigener. Als ein Hofjunker muste er gehen. Alle neue trachten / die am Königlichen hofe aufkahmen / muste er haben. Auch brachte sie bei ihrem Herren so viel zu wege / daß er ihn nicht als einen Leibeignen / sondern als einen Freien zu halten befahl. Und Josef selbsten wuste sich bei dem Fürsten so beliebt zu machen / daß er ihn endlich anders nicht / als seinen eignen Sohn / liebete. Er bestelte ihn zum Hofmeister. Er befahl ihm das gebiet über alle seine Leibeigene. Ja er setzte ihn zuletzt gar über sein gantzes haus. Damit er aber zu solcher bestallung üm so viel geschikter were: so lies er ihn auch in aller Egiptischen weisheit unterrichten. Man muste ihm die geheime Bilderschrift eröfnen: darinnen alle Wissenschaften und Künste verborgen lagen. Man muste ihm alles zeigen / was sonsten niemand / als den Priestern / zu wissen vergönnet. Und also kahm Josef in kurtzem so weit / daß er sich nicht entziehen durfte mit den allergelehrtesten im gantzen Egipten an zu binden. Ja nicht allein dieses / sondern auch seine sonderliche guhtahrtigkeit / [99] und angebohrne fürtrefliche geschikligkeit brachte ihn in großes ansehen. Seine liebseelige freundligkeit gewan iedermans liebe. Seine holdreiche bescheidenheit lokte iederman zur gunst. Um seiner demuht willen ward er von iederman geehret. Ja er zog durch seine Tugenden aller gemühter an sich. Selbst die allerhärtesten hertzen warden ihm gewogen. Selbst die allerrausten Menschen wardem ihm geneugt. Selbst die allerunbändigsten Leibeigenen machte er zahm. Sie tähten alles / was er wolte. Sein wink war ihr befehl. Man war sonst gewohnet die Leibeignen mit schlägen zur arbeit zu treiben. Aber hier war es nicht nöhtig. Josefs liebreiche ermahnung richtete mehr aus / als alle schärfe. Eines seiner guhten worte galt mehr / als sonst tausend flüche / ja tausend schläge.

Dieses alles sahe die verliebte Sefira. Und darüm ward sie ie mehr und mehr verliebt. Auch gab sie diese liebe dem Josef / durch tausend verliebte blikke / gnugsam zu verstehen. Anfangs sahe sie ihn von ferne mit spielenden augen an. Dan näher durfte sie nicht kommen. Schaam und furcht / die zwei grösten hindernüsse der liebe / stunden ihr im wege. Sie schähmete sich mit worten ihre liebe zu entdekken. Die blödigkeit ihrer achtzehenjährigen jugend hielt sie zurük. Sie fürchtete sich vor ihrem Ehliebsten. Sie befahrete sich / ihre leute möchten es märken. Und also wuste sie keinen raht. Ob sie schon ihrem Josef von weitem so viel hertzentzükkende blikke gab; ob sie ihm schon von ferne so manche liebes seuftzer zuschikte: so trafen doch alle diese feurige liebesbohten nur ein kaltes hertz an. Josef wolte ihre stumme bohtschaft nicht verstehen / ob er sie schon verstund. Seine gebuhrtsahrt blieb im glük und unglük unverändert. Seine Tugend behielt er / wie sie ihm angebohren. Hingegen wuchs ihre liebe ie länger ie mehr. Ihr hertz brante liechterloh. Es stund in vollen [100] flammen. Diese konte sie nicht länger ertragen. Unmüglich war es sie zu verbärgen. Ausdrüklich durfte sie dem Josef nichts anmuhten. Sie war noch zu blöde. Sie schähmete sich ihr anliegen heraus zu sagen. Zudem fürchtete sie sich auch / sie möchte es so grob machen / daß es ihr gesinde märkte / ja ihr Ehherr selbsten gewahr würde. Und darüm erdachte sie diesen liebesrank. Erstlich wolte sie / durch die allerersinlichsten liebesbezeugungen / in ihrem Ehliebsten ein so festes vertrauen zu ihrer tugend erwekken / daß er nachmahls nichts böses / wie böse sie es auch machte /von ihr argwähnen könte. Man sie dieses vorteil gewonnen; so wolte sie hernach trachten auch den Josef zu gewinnen. Solches könte sie alsdan üm so viel sicherer tuhn. Fragte er nicht nach ihren guhten worten; so müste er wohl ihrem befehle gehorchen.

Also bekahm Potifar die küsse / die allein aufJosef zieleten. Also genos er die liebe / die einem andern zugedacht war. Dan Sefira lies ihm itzund mehr liebeszeichen blikken / als sie iemahls zu tuhn vermeinet. Und damit sie solches üm so viel anmuhtiger tähte: so nahm sie der zeit wahr / wan sie gegen denJosef am heftigsten entzündet war. Wan sie die grösten liebesschmertzen fühlete / hertzete sie den Potifar am allermeisten. Wan Josef ihr hertz am meisten besaß / nahm sie den Potifar am hertzlichsten in den arm. Solcher gestalt stahl sie dem Potifar das hertz. Durch diese scheinliebe betöhrete / ja bezauberte sie ihn so gar / daß er sie vor die allerehrlichste fraue hielt / die der erdbodem iemahls erblikket.

Als nun Sefira sahe / daß ihr dieser listgrif so wohl gelungen; so vermeinte sie ihr gewündschtes endziel eben so glüklich zu erreichen. Ihren Ehherrn hatte sie in den schlaf gewieget: sein mistrauen aus dem wege geschaffet: seine eifersucht gedämpfet. Und also war[101] sie seinetwegen gantz sicher. Nun trachtete sie auch die liebe / die Josef in ihrem hertzen erreget / mit dem rechten laabsaale zu sättigen. Und zu dem ende kahm sie von der ferne zur nähe: von den liebesblikken /und seufzern zum küssen. Des nachts ging sie vor sein bette / als wan sie ihn hette besuchen wollen. Sie stellete sich / weil sie kinderloß war / als wan sie ihn vor ihren sohn hielte. Unter dem scheine ümhälsete sie ihn. Sie hertzte ihn / als eine Mutter.

Josef dachte noch kein arges. Vielmehr hatte er mitleiden mit ihr. Er baht Gott / daß er ihr einen Sohn gebe. Ja er bemühete sich einige Artzneien zu finden /welche der Frauen fruchtbahrkeit befördern. Er nahm die wurtzel vom Knabenkraude. Die dürrete er / und sties sie klein. Hierzu mängete er noch andere artzneimittel / die zum Kinderzeugen dienlich. Als sie nun wiederkahm / ihm ihre mütterliche liebe / wie sie sich stellete / zu beweisen; da gab er ihr diese Artznei. Er wiese ihr auch zugleich das Knabenkraut / samt der wurtzel. Diese wurtzel / sagte er / ist das fürnehmste /das ich zu hiesiger Artznei genommen. Sie ist sonderlich guht zum Kinderzeugen: zuvoraus wan man ein Knäblein begehret. Die euserliche gestalt der wurtzel zeiget es an. Dan die Natur hat vielen Kreutern / auch andern gewächsen ein solches euserliches kenzeichen gegeben. Darbei kan man zur stunde sehen / wozu sie guht seind. Er hatte noch zwei andere kreuter mit aus dem garten genommen. Diese lagen eben vor seinem bette. Sie sehe hier / sagte er: Dieses kraut hat eine wurtzel / wie ein hertz gebildet. Darüm ist sie auch vor alle krankheiten des hertzens guht. Darüm würd es auch Hertzwurtz genennet. Und hier liegt noch ein anderes; welches Zahnkraut heisset: weil es bluhmen / als zähne gebildet / träget; und daher auch vor die zufälle der zähne dienet.

Ich habe gesehen / redete Josef ferner / daß sie über [102] [104]ihre unfruchtbarkeit betrübt ist. Sie wird / nächst der hülfe Gottes / den ich fleissig darüm bitten wil /wohl befruchtet werden. Sie habe nur einen guhten muht. Sie traure nicht. Sie brauche dieses mittel. Sie wird mit einem jungen Herrlein erfreuet werden / ehe sie sich dessen versiehet. Ach! fing sie ihm das wort auf / wo solte diese freude herkommen? Woher sol ich ein Söhnlein gebähren? Mein Herr ist ein alter / beinah sechzigjähriger Fürst. Das Kinderzeugen ist ihm vergangen: die lust selbsten darzu. Von ihm ist nichts zu hoffen. Kan man von heerlingen wohl weinbeere pflükken? Kan man aus leerem strohe wohl Korn dräschen? Es ist alles üm sonst. Meine Frau sei getrost /fing Josef hierauf an. Sie verzweifle nicht. Beides /das ihrem Herren vergangen / wird sich wohl wieder finden. Sie rufe nur eifrig zu Gott / und brauche darbei dieses mittel.

Eben als Josef diese worte redete / ward eine tühre über seiner schlafkammer eröfnet. Das geknarre höreten sie gantz eigendlich. Darzu vernahmen sie einen schleichenden gang. Dieses verursachte / daß die Fürstin / mit der Artznei / eilend aus der Kammer lief. Ja sie lies selbst das licht stehen / und lief im dunkelen. Dan sie befahrete sich / sie möchte verrahten werden. Man kan ihm leichtlich einbilden / mit was vor gedanken sie vom Josef geschieden. Wir wollen ihre verrähter nicht sein. Wer alhier ihre reden / die sie demJosef zur antwort gegeben / lieset / wird sie selbsten unschweer errahten.

Mitlerweile erfuhr Nitokris / daß Potifar denJosef ins gefängnüs geworfen / und hernach gar gekauft. Nun sahe sie den schönen Leibeigenen in Potifars Schlosse. Sie sahe ihn bei einer jungen wohllüstigen Fraue. Darüber schöpfte sie seltzame gedanken. Hier / dachte sie / wird es auf die bedeutung unserer treume ausdrehen. Hier haben wir nun den jungen Stier [104] und den fremden Vogel / das Fährsichen und die junge Störchin / mit der Hindin und jungen Henne / samt dem alten Hahne / beisammen. Hier wird nun der Assenat Stiefmutter das reinweisse Härmlein zu besudeln trachten. Hier ist der ort der Schauburg. Hier seind die Schauspieler schon alle beieinander. Nun wird das Schauspiel beginnen. Es wird langsam gespielet; und der anfang mit freuden gemacht werden. Das mittel nach dem ende zu wird traurig; aber das ende selbst sehr erfreulich und glüklich sein. So lange mus es währen / bis Assenat recht volkömlich wird erwachsen sein. Also hat es der Himmel versehen. Die Götter haben es also beschlossen.

Eben als Nitokris in diesen gedanken fortfahren wolte / ward sie / durch ein hastiges klopfen an ihres Zimmers tühre / gestöhret. Semesse kahm ihr an zu dienen / daß der schöne Leibeigene da sei / sie zu sprechen. Geschwinde sprang die Fürstin auf. Geschwinde lief sie fort / die tühre selbsten zu eröfnen. So bald sie den Josef erblikte / reichte sie ihm die hand zu / und zog ihn also in ihr zimmer. O ein seltzamer / doch lieber Gast! waren ihre erste worte. Und hierauf boht sie ihm straks / mit eigener hand / einen stuhl sich nieder zu laßen. Aber Josef neugte sich zur erden nieder. Er weigerte sich diese unhöfligkeit zu begehen. Und Nitokris lies nicht nach. Nicht eher wolte sie ein wort hören / er hette sich dan zuvor gesetzet. So wil ichs dan tuhn / fing er an / nur ihrer Hoheit befehle zu gehorchen. Sonsten hette ich meine bohtschaft lieber auf den kniehen / wie es mir alhier geziemen wil / verrichtet.

Als sie sich nun beide niedergelaßen / fragte die Königliche Fürstin alsobald / was er guhtes brächte?Josef gab zur antwort / daß ihn seine gnädige Fürstin abgesandt / Ihrer Königlichen Hoheit derselben untertähnige pflicht an zu melden / und darbei zu vernehmen / [105] ob es Ihr gelegen kähme einen besuch auf ein halbes stündlein von ihr zu empfangen. Der Nitokris gegenantwort war diese. Man seine Fürstin /sagte sie / belieben träget / ihre Dienerin derselben ansprache zu würdigen; so mag sie solches wohl unangemeldet tuhn. Ihr besuch komt mir niemahls ungelegen. Ich bin zu ihren diensten allezeit bereit. Dieses kan er ihr / mit anbietung meiner gegenpflicht / aus meinem eigenen munde vermelden. Hierbei bleibt es. So gesagt / so getahn.

Auf diese worte erhub sich Josef seinen abschied zu nehmen. Aber Nitokris wolte ihn nicht laßen. Nein / nein! sagte sie / er mus so bald nicht von mir eilen. Das glük seiner gegenwart zu geniessen / hat uns / ich weis nicht was vor ein unglük / misgönnet. Der himmel boht uns dasselbe zwar erst an: aber es ist nunmehr in seiner Fürstin / meiner Frau Muhme / schoß gefallen. Diese hat ihn ja sonsten allezeit vor ihren augen. Darüm wird und kan sie ja nicht schähl sehen /wan ich ihr seine so liebe gegenwart nur auf ein vierteilstündleinentziehe. Eine so stachlichte rede beantwortete Josef anders nicht / als mit einer keuschen röhte / die auf seinen wangen plötzlich herfürbrach. Die Königliche Fürstin erblikte diese stumme antwort alsobald. Darüm trachtete sie ihn aus der stillen schaam in ein munteres wesen zu setzen. Vorerst bedankte sie sich vor die mühwaltung / die er / in auslegung der neulichen Treume / ihrentwegen auf sich genommen. Sie priese seinen so fürtreflichen verstand in dergleichen dingen. Sie boht ihm ihre gnade so volkömlich an / als sie ein mensch iemahls von ihr zu hoffen. Ja er solte das einige augenmärk aller ihrer gunst sein. Das sagte sie ihm mit hertz und munde zu. Das beteuerte sie mit einem hohe eide. Darnach fragte sie: wie es ihm bei Fürst Potifarn gefiele?

Josef gab zur antwort: Ich kan nicht anders sagen /als wohl. Er helt mich nicht allein vor keinen Leibeigenen / [106] wie Ihre Hoheit siehet; sondern auch selbst als seinen leiblichen Sohn. Wie könte ichs besser wündschen? Was könte ich mehr begehren? Und so bin ich in meinem unglükke glüklich. Ich bin ein Leibeigener / und doch auch keiner. Ich lebe frei. Ich habe mehr zu gebieten / als mir gebohten wird. Ja hierbei habe ich itzund noch dieses glük / daß ihre Hoheit meine wenigkeit so hoch ehret / und so hoch erhöbet / daß mir meine bewuste unwürdigkeit eine schaamröhte darüber ins gesichte treibet. Das tuht eine Fürstin / die so hoch gebohren ist / daß sie unter allen Egiptischen Fürstinnen den vorzug besitzet. Die Königliche Fürstin selbsten / die der Himmel erkohren den Egiptischen Reichsstab zu führen / erweiset mir diese hohe gnade. Ja was noch mehr ist / diese hohe und große Fürstin erniedrigt und verkleinert sich selbsten so gar / daß sie mir / da ich doch nur ein elender Leibeigener bin / bei ihrem Königlichen eide / verspricht ihre gantze gunst über mich unwürdigen aus zu schütten. Und also bin ich nicht allein glüklich bei meinem Herrn; sondern auch bei andern / über mein verdienst. Ich bin glüklich innerhalb hauses. Glüklich bin ich ausserhalb. Wie solte mir dan dieser mein itziger zustand / den das glük allenthalben ümgiebet / nicht gefallen? Aber wie solche so über die maße hohe gnade üm ihre Hoheit ich elender Leibeigner verdienet /weis ich nicht. Noch viel weniger weis ich in meinem armen vermügen einen dank zu finden; dadurch ich solches / in untertähnigster gehorsamkeit / der gebühr nach erkennen könte.

Josef wolte fortreden. Aber Nitokris fing ihm das wort auf. Die ehre / sagte sie / die ich ihm erweise /ist schlecht. Die gunst / die ich ihm angelobet / ist eben so unschätzbar: weil ich sie ihm nicht erzeigen kan / wie ich von hertzen wündsche. Zudem verdienet seine geschikligkeit viel mehr. Seine Tugend ist mehr ehre währt. [107] Sie überwäget aller menschen gunst. Und ich weis gewis / weil er sich selbsten so gar erniedriget / daß ihn die Götter aufs höchste erhöhen werden. Wer sich selbst erhöhet / wird erniedriget. Wer sich selbst erniedriget / wird erhöhet. Das ist ein unveränderliches gesetze des Himmels. Die Demuht hat einen güldenen bodem. Sie blühet immerdar. Sie bringet immerdar früchte. Wer diese tugend liebet und håget /der wird ihrer früchte geniessen. Es kan ihm nicht fehlen. Er mus endlich steigen. Ist es nicht heute / so ist es morgen. So hat es der Himmel beschlossen. Dieser schlus stehet fest. Er stehet in den härtesten marmel gegraben. Der finger des allerhöchsten Gottes hat ihn selbst darein geetzet. Hingegen hat der Hochmuht einen bleiernen grund. Ja dieser grund stehet auf einem sumfichten bodem. Er blühet zwar auch eine weile. Aber seine blühten fallen plötzlich ab. Dan verwehet sie der wind. Der regen vereitelt sie. Die früchte / die er träget seind nichts: ja weniger / als nichts; weil das unzeitige abfallen der blüßen ihren wachstuhm hämmet. Daher ist es / daß der hochmühtige so plötzlich vergehet. Wan er vermeinet am gewissesten zu stehen / fället er über einen hauffen / ja versinket in dem tiefsten mohrast des Höllischen abgrundes. Und also ist der Demuht das steigen / dem Hochmuhte das fallen bestimmet. Jene ziehet der Himmel / und diesen der Abgrund zu sich. Und ob schon der Hochmuht auch nach dem Himmel zusteiget / ja über alle Himmel hin zu steigen sich vermisset; so wird er doch / in solcher seiner vermessenheit /uhrplötzlich herunter gestürtzet. Rasch fället er zu bodem. Geschwinde verschlinget ihn die tiefe. Da findet er sein ewiges grab. Da verbürget ihn die gruft der vergessenheit für und für.

Die königliche Fürstin wolte den schlus dieser worte auf den Josef ziehen. Auch wündschte er selbsten / daß [108] er ihr länger zuhören möchte. So wohl gefielen ihm ihre reden. Dis war seines hertzens lust und freude. Aber Semesse müßigte sie darvon ab. Sie überreichte ihr einen brief von der unvergleichlichenAssenat. Und diesen Nahmen nennete sie / daß ihnJosef hörete: den sie zugleich seitwärts anblikte. Zur stunde brach Nitokris den brief auf. Josef aber begehrte erlaubnüs seinen abschied zu nehmen: den er auch bekahm. Und die Fürstin ging mit ihm bis an die treppe. Ja sie befahl der Semesse ihn hinunter / bis auf den schlosplatz / zu begleiten. Im hinabgehen rief sie noch hinter dem Josef her / daß er nicht vergessen solte sie oft zu besuchen. Aber dieses besuchen ward ihm bald verbohten. Dan Sefira hatte ihn itzund /durch einen sonderlichen kützel getrieben / zur Nitokris geschikt. Sie wolte ihr nur sehen laßen / daß der schöne Leibeigne nunmehr in ihren händen sei. Nitokris solte wissen / daß Sefira glüklicher sei / als sie /und der gantze Königliche hof. Aber hinfort ward ihm keine bohtschaft mehr an das Königliche Frauenzimmer befohlen. Ja Sefira war so eifersüchtig / daß er sich / wan sie von ihren Freundinnen besucht ward /kaum durfte sehen laßen.

So bald Josef zurük kahm / fragte seine Fürstin scharf nach / was die Königliche Fürstin mit ihm geredet. Er aber sagte ihr nichts mehr / als was zu sagen dienete. Nur allein priese er ihre ausbündige höfligkeit. Er lobte ihre große demuht. Hierzu fügte er / daß sie ihm weit mehrehre angetahn / als er würdig. Er hette sie gern noch weitleuftiger gerühmet. Aber er muste mit ihrem ruhme kärklicher verfahren / als er gesonnen. Weiter durfte er sich nicht herauslaßen /aus furcht / er möchte seine Fürstin zur schählsichtigkeit erwekken. Sefira stellete sich euserlich / als wan ihr das lob / das er der Nitokris / wiewohl sehr spahrsam / und weit unter ihren verdienst /zugeschrieben / sehr wohl gefiele. Aber [109] im hertzen dachte sie viel anders. Und in solchen gedanken begab sie sich nach hofe.

Mitlerweile verrichtete Josef seine geschäfte. Er trieb das gesinde zur arbeit: besichtigte den neuen Gartenbau: täht anordnung / wie die felder solten abgemässen / und eingeteilet werden. Zu dem ende nahm er die mässchnuhr selbsten zur hand. Recht in der mitte ordnete er einen runten Kreus an. Da lies er acht besondere felder / auch in die runte herüm / von gleicher grösse machen; fast eben auf die weise / wie der Egipter Glüksrad pflegt abgebildet zu sein. In iedes feldes mitte ward dasselbe bild / das alda im gemelten Glüks- oder Wahrsager-kreuse stehet / aus weissem marmel gehauen / auf einen steinern fuß gesetzt: aber in des gantzen Kreuses mitte das bild der feuchtigkeit / der Nielgötze Kanopus / in gestalt eines wassersprühenden dikbeuchichten Kruges / mit eines menschen angesichte obenauf. Zur rechten hand des Kreuses solte Momft / der Fluhtgötze / stehen: zur linken aber Omft / der Ebbegötze. Weiter hin ward Osiris / und Isis / ein iedes in ein besonderes feld / gestellet. Jener solte die Sonne / und diese die Erde abbilden. Voran solte Orus / das sinbild des fruchtbahren gewitters / und der wächter Anubis stehen. Noch andere dergleichen bilder warden / auf Potifars befehl / hier und dar in die gartenbette gesetzt. Unter denen war auch die so genente Zahara / oderSahare: welche die Egipter als eine Göttin der Schönheit und Liebe ehreten. Ohne zweifel zieleten sie damit auf Abrahams Fraue / die wunderschöneSara: darein sich ehmahls der Egiptische König Tautis verliebte. Alle diese bilder warden von den künstlichsten Bildhauern aus schneeweissem marmel auf das schönste gehauen. Josef ordnete sie alle / wie und wo sie stehen solten. Auch lies er hier und dar allerhand Lustbeume setzen. Nähmlich Zitronen- und Granaten-beume / [110] [112]Goldäpfel- und Balsam-beume / Sant-und Dattel-beume / als auch Mirten und schwartze Zimtbeume / derer blüßen einen lieblichen geruch von sich geben. Von den Dattelbeumen lies er zwee und zwee / nähmlich ein Weiblein und Mänlein / bei einander setzen / und beider zakken zusammenflechten: dan sonsten bringen sie keine frucht. Die Egiptische Feigenbeume / die Brustbeerenbeume / und dergleichen mehr warden längst den Lustgängen hin gepflantzet.

Mit dieser gartenarbeit lieffen etliche wochen hin.Josef wendete seinen müglichsten fleis an alles aufs beste zu bestellen; damit sein Herr lust und nutzen /er aber lob und ehre darvon hette. In solcher zeit war er gar wenig auf dem schlosse. Und wan er schon dahin kahm / seiner andern geschäfte wahr zu nehmen / hatte er seine gedanken doch meist im garten gelaßen. Also muste Sefira / in aller dieser zeit / seiner gegenwart missen. Also konte sie seines angenehmen gespräches sehr selten geniessen. Und ob er schon des nachts auf dem schlosse schlief: so durfte sie sich doch nicht mehr erkühnen vor sein bette zu kommen. Sie muste sich vor den Leibeignen fürchten / welche über seiner Kammer schlieffen. Das neuliche knarren der tühre hatte sie schüchtern gemacht. Sie fürchtete /man möchte sie beschleichen. Sie befahrete das gesinde in argwahn / und sich in verdacht und böse nachrede zu bringen. Bei so beschaffener sache wuste sie keinen raht ihre liebe zu vergnügen. Ihrem Ehherrn allein noch länger üm den mund zu gehen / war ihr alzu verdrieslich. Sie lies sich bedünken / daß sie ihn schon genug gewonnen. Sie urteilte / daß sie ihm das mistrauen / das er etwan aus ihrem ümgange mit dem Josef / hette schöpfen können / nun gantz benommen. Doch gleichwohl durfte sie die angefangene scheinliebe nicht sinken laßen. Gefährlich war es so plötzlich nach der rechten scheibe zu zielen / und der ersten den rükken zu kehren.

[112] In so seltzamen zustande befand sich diese verliebte Fürstin lange zeit / ja etliche jahre / ehe sie gelegenheit finden konte / oder nehmen durfte / dem Josef ihre liebe offenhertzig zu entdekken. Mitlerweile gelangete der neuangelegte Garten zu seiner volkommenheit. Potifar trug belieben ein gastmahl darinnen an zu stellen. Hierauf warden die fürnehmsten Herren des Reichs geladen. Diese fanden sich ein. Sie machten sich lustig. Sie waren guhter dinge. Potifar selbst war so fröhlich / als ihn Josef noch nie gesehen. Und mitten in dieser fröligkeit erzehlte er seinen Gästen /was ihm Josef gefrommet. Er priese seine geschikligkeit. Er lobte seinen verstand. Er erhub seine tugenden bis an den himmel. Ja / sagte er / ich habe meinen Josef so lieb / und darf mich auf ihn so wohl verlaßen / daß ich ihm mein gantzes haus anvertraue. Ich laße ihn mit dem meinigen walten und schalten / wie er wil. Ich bekümmere mich üm nichts. Ich esse nur /und trinke. Ich gehe sorgloß schlafen. Ich stehe sorgloß wieder auf. Er allein träget sorge vor uns alle. Und darüm wündsche ich nichts mehr / als daß ich ihm seine große treue wohl belohnen möchte. Were meine liebe Tochter und einige Erbin Assenat erwachsen; so solte er / mit ihr / alles des überschwänglichen seegens / den er mir zugebracht / geniessen. Er / und kein ander solte ihr vermählet werden. Er / und kein ander / solte ihrer liebe / vor die unvergleichliche treue / die er mir erweiset / geniessen.

Josef hörete von ferne alle diese worte. Er sahe das dankbahre gemüht seines Herrn: welches ihm als ein spohren war / in seinem fleisse fort zu fahren. War er vorhin fleissig gewesen / so ward er es itzund noch tausendmahl mehr. Alle seine sinnen und gedanken richtete er dahin / daß er nur seinem Herrn gefallen möchte. Er bemühete sich einig und allein seine gnade zu behalten. Ja er strebete darnach mit allen kräften /sie noch [113] immer zu vermehren. Fast kein tag ging vorbei / da er nicht was neues ersan / zu seines Herrn frommen. Und darzu kahm so ein reicher seegen vom Himmel / daß Potifars schätze wuchsen über allen reichtuhm der Egiptischen Fürsten.

Wie sehr nun Josef trachtete seines Herrn nutzen und wohlstand zu suchen; so wenig schien er sich üm seiner Fürstin innerliches leiden zu bekümmern. Ja ie mehr sie sich bei ihm zu zu tuhn begunte / ie fremder er ward. Je mehr ihre liebe sich näherte / ie abkehriger sie ihn verspührete. Alle ihre mit lauter liebe erfüllete blikke konten keinen einigen gegenblik erwerben. Und also kahmen diese stumme reden vor eines tauben und zugleich blinden tühre. Ob auch schon / nach den flammen dieser blikke / der feuerkwalm ihrer hertzensseufzer aus dem munde herfür brach; so konte doch diese hertzbrünstige gluht eben so wenig / als der blitz ihrer augen / sein hertz entzünden. Ja ob schon ihre seufzer mit einem hellen knalle loß schossen; so ging doch dieser knal zu einem ohre hinein /zum andern wieder heraus. Der weg nach Josefs hertzen zu war ihm verleget. Da hinunter vermochte kein seufzer zu dringen. Alle stürme waren vor dieser burg vergebens.

Weil nun diese stumme und undeutliche sprache nichts verfing; so entschlos sich Sefira ihr anliegen deutlicher heraus zu sprechen. Sie entschlos sich /endlich das hertz zu nehmen / mit ausdrüklichen worten den Josef an zu reden. Sie entschlos sich / frei heraus zu sagen / was ihr fehlete. Das wil ich tuhn /sagte sie. Ja das mus ich tuhn; weil ich ihn so einfältig im liebeshandel befinde / daß er nicht einmahl weis / was liebeszeichen seind. Man mus ihm / an stat der fruchtlosen zeichen / die liebe selbst in den mund geben. Hier sehe ich kein anderes mittel. Hier ist kein ander raht. Und nach dieser entschliessung wartete sie nur auf die [114] zeit / da Fürst Potifar etwan in des Königes geschäften verreisen müste. Alsdan gedachte sie ihr lange gewündschtes ziel gewislich zu erreichen. Mitlerweile ging sie / ihrer gewohnheit nach / etliche mahl in die badstube. Da saß sie so lange / bis sie durchwarm geworden. Hierauf bestrich sie ihr angesicht / samt dem brüsten und dem halse / mit trahne vom Balsambaume gantz dikke. Mit diesem anstriche blieb sie noch eine guhte stunde sitzen; damit die kraft des balsams durch die haut / sie rein und klahr zu machen / auch vor runtzeln zu bewahren / hindringen möchte. Ja sie kahm nicht eher aus der badstube /als bis der balsam gantz eingetruknet. Auch wusch sie ihn nicht eher ab / als nach drei tagen. Da überstrich sie erst die haut mit öhle von bittern mandeln. Darnach wusch sie sich sehr oft auf ieden tag mit bohnenwasser. Dieses schmünken wiederhohlete sie so oft /bis sie schön und hübsch genug zu sein vermeinte.

Als nun diese gemelte zeit herzugenahet / legte sie straks ihren besten schmuk an. Sie wusch ihr angesicht / samt den händen / mit vielerhand wohlrüchenden Wassern. Auch lies sie die tafel dekken / und allerhand eingemachte köstliche lekkerbislein / zusamt den edlesten getränken / aufsetzen. Nachdem sie sich vor dieser tafel niedergelaßen / befahl sie dem Josef an zu melden / daß er ihr aufwarten solte. Unterdessen schikte sie alle Kammermägdlein von sich. Eine iede muste an ihre gewöhnliche arbeit gehen. Josef gehorchte ihrem befehle zur stunde. Er traht zu ihr hinein / und ward überaus freundlich empfangen. Ihr tuht sehr wohl / sagte sie / daß ihr so bald kommet / mir die zeit zu verkürtzen. Und dieses sprach sie mit halbgebrochenen worten. Auch ward sie bald blas / bald roht; und schwieg hiermit eine guhte weile stil. Josef märkte hieraus zur stunde / wie hoch es an der zeit sei. Aber er stellete sich / als märkte er nichts. [115] Er ging an den schenktisch: nahm eine Egiptische Bohnenschahle in gold eingefasset / und schenkte sie vol melohnenwassers / mit zukker versüßet. Diese überreichte er der Fürstin mit tieffer ehrerbietigkeit.

Indessen hatte sich Sefira erhohlet. Ach! sprach sie / wie wohl wird mir dieser trunk schmäkken / den ich von meines liebsten Sohnes hand empfange! Josef neugte sich zur erde nieder / und sagte: wo solte mir dieses glük herkommen / daß ich armer Leibeigner einer so fürtreflichen Fürstin Sohn sein solte? Was Leibeigner? fing sie ihm das wort auf. Ich habe euch nie vor einen Leibeigenen erkant: aber wohl mich schon längst vor die eurige. Und das bin ich auch noch in der taht. Wan ich nun euch meinen Sohn nenne / so tuhe ich noch zu wenig. Ich achte euch mehr als meinen Sohn. Josef beantwortete diese reden allein mit stilschweigen / und neugte sich abermahl.Sefira fuhr weiter fort. Ich sehe / daß ihr noch gantz einfältig in der liebe seid. Ich spühre / daß ihr meine liebesblikke / ja selbst man ich sie schon mit hertzlichen seufzern beseele / nicht verstehet. Schon etliche jahre her habe ich euch diese liebeszeichen genug blikken laßen. Aber ich habe gantz keine würkung von ihnen in eurer seelen gespühret. Darüm mus ich von den zeichen zu den worten und werken selst kommen. Ich mus euch versichern / daß ich / eine Fürstin /die über euch gebieten solte / mich euch zu eigen gegeben. Ja ich mus euch auflöhen / und flöhe euch itzund an / mit meinen schmertzen / die ihr selbsten in meinem hertzen erreget / ein mitleiden zu haben. Von euch bitte ich ihre linderung / und hoffe sie zu erbitten. Und hiermit lieffen ihr die trähnen mildiglich über die wangen. Hiermit erseufzete sie so sehr / daß sie kein wort mehr machen konte.

Josef stund hierüber bestürtzt. Er wuste zu erst nicht was er tuhn solte. Und also befanden sie sich alle beide [116] eine guhte zeit als erstummet. Endlich brach er aus in diese worte. Es tuht mir im hertzen weh / daß meine gnädige Frau so gar böse gedanken von ihrem getreuesten diener zu haben sich verlauten lesset. Ich vermeinte / daß ich Ihr / und meinem Fürsten / denen ich nun etliche jahr her so redlich gedienet / meine treue genug bezeuget hette. Aber nun sehe ich / daß man an solcher meiner treue zweifelt. Nun märke ich / daß man sie / auf eine so gar gefährliche weise / zu bewähren vorhat. Ich kan hieraus anders nicht schliessen / alß daß sie mich bei meinem Herrn schwartz zu machen gesonnen. Aber ach! womit habe ich doch dieses / daß sie meine treue so verfolget /verdienet? Wie ist mir dan meine gnädigste Fürstin zu einer so erschröklichen feindin worden? Was habe ich ihr dan zu leide getahn? Worinnen habe ich mich verbrochen? Kan ich mit meinem bluhte solches verbrechen aussühnen; so wil ichs williglich hingeben.

Die Fürstin hatte keines weges vermuhtet / daßJosef den sin ihrer reden so gar verdrehen würde. Ehe hette sie sich des einfals der himlischen feste / als dieser antwort / versehen. Ach! mein Josef / fing sie an /woher solte mir das kommen / daß ich euch zu versuchen trachtete? Habt ihr dan nicht gesehen / wie gnädig ich euch allezeit gewesen / und wie hertzlich guht ichs mit euch gemeinet? Ihr wisset sehr wohl / daß ich euch nur darüm vor so eine große anzahl geldes erkauft / daß ihr bei uns in ehren leben soltet? Auch ist euch nicht unbewust / daß ich meinen Herrn bewogen / euch nicht als einen Leibeignen / sondern als einen Hofmeister / ja gar als einen Sohn zu halten. Und hierzu solt ihr noch dieses wissen / daß ich meinem Herrn bloß üm eurentwillen / bisher solche ungemeine liebe bewiesen. Darüm laßet ja diesen argwahn in eurem hertzen sich nicht bewurtzeln. Gleubet hingegen gewis / daß ich euch treulich liebe. Ja gleubet sicherlich / daß diese meine reden aus [117] keinem falschen hertzen / euch etwan hinterlistig zu bewähren / entsprossen. Ich habe sie darüm so offenhertzig ausgelaßen / damit ich euch zu einiger gegenliebe bewegen möchte. Und hiermit ströhmeten die trähnen wiederüm über ihr gantzes angesicht hin.

Josef fing abermahl an zu klagen. Ach! sagte er /wie mag doch meine gnädige Fürstin so höhnisch mit mir spotten? Meinet sie dan / daß meine einfalt so tum sei / ihr ein zu bilden / daß sie mich liebet? Meinet sie / ich werde gleuben / daß es ihr ernst sei / mich zur gegenliebe zu bewegen? Ach nein! ach nein! Ich sehe sie so from / so treu / und ehrlich an / daß ich sünde tähte / wan ich ihre schertzworte so verkehrt ausdeutete. Und wan sie auch schon dasselbe / was ich vor schertz aufnehme / mit gantzem ernste meinete; so werde ich doch nimmermehr die gedanken bekommen zu gleuben / daß es wahr sei. Gott wird mich darvor bewahren. Ja viel weniger werde ich dahin verfallen / die treue / die ich meinem Herrn zu leisten schuldig / auf einigerlei weise zu kränken.

Bei diesen letzten worten / lies sich die Fürstin bedünken / daß sich iemand vor der tühre bewegte. Darüm hies sie den Josef eilend / durch ihr schlafzimmer / seinen abtrit nehmen. Auch hatten sie ihre gedanken nicht betrogen. Die Königliche Fürstin war eben darvor angelanget sie zu besuchen / als sie demJosef ihre liebe zu verstehen gegeben. Die tühre hatte sie offen / und nicht mehr als das prunktuch darvor hängen gefunden. Daher waren ihr alle worte / so wohl der Fürstin / als des Josefs / zu ohren gekommen. Sefira saß noch eine weile stil. Aber als sie sahe / daß sich auch das prunktuch bewegete / ging sie darnachzu. Eben kahm Nitokris hinein geträhten. Auf diesen so unvermuhteten anblik erschrak die Fürstin. Und Nitokris fragte sie alsobald: warüm sie so erschrokken aussehe? auch wo der schöne Leibeigene geblieben? So hat sie dan / fing [118] Sefira hierauf an /unsere reden gehöhret? Ja freilch / antwortete Nitokris. Aber was gedenkt die Frau Muhme / daß sie ihres liebsten Diener mit so unziemlicher liebe begegnet? der doch so ehrlich ist / daß er sie / wie ich verstanden / so bescheidentlich ab zu leinen gedenket. Wie komt sie doch zu solcher tohrheit / daraus ihr /und unserm geschlechte anders nichts / als ein schändliches brandmärk / zugefüget wird. Sie sehe wohl zu / was sie tuht. Und gewislich! ich wil sie nimmermehr vor meine Muhme halten / so fern sie mir nicht angelobet von solcher töhrichten liebe ab zu stehen.

Sefira beantwortete diese reden anders nicht / als mit weinen und seuftzen. Ja sie weinete so bitterlich /daß Nitokris / aus hertzlichem mitleiden / sie tröstete. Ach! sprach sie / liebste Frau Muhme / ich komme nicht zu euch / euer hertz zu verunruhigen. Habet nur guhten muht. Handelt vernünftig. Laßet die Tugend euer ziel sein. Es wird sich alles wohl schikken. Hierauf fiel sie auf ein anderes lustigers gespräche. Aber Sefira saß allezeit betrübt. Keine lust / noch freude konte bei ihr verfangen. Endlich baht sie die Königliche Fürstin / niemand zu sagen / was sie gehöhret. Daran darf sie nicht zweifeln / antwortete Nitokris. Sie ist meine Muhme. Ihre ehre ist meine ehre: und ihre schande meine schande. Alles / was ihr zust ößet / geht mich mit an. Ich würde teil haben an ihrer unehre / imfal dieses auskähme. Darüm werde ich wohl so klug sein zu schweigen. Und hiermit nahm sie ihren abschied.

So bald die Königliche Fürstin weg war / fing Sefira jämmerlich an zu klagen. Ach! sagte sie / ach! ich elende! ich trostlose! bin ich nun so unglüklich / daßNitokris meine liebe wissen mus? O grimmiges verhängnis! O unglükseelige Liebe / die ich häge! OJosef! Josef! in was vor einen jammer versetzet mich deine schönheit? Ich bitte dich / und du bist nicht zu erbitten. [119] Ich flöhe dich an / und du erhörest mich nicht. Ich falle dir zu fuße / und du richtest mich nicht auf. Du lessest mich liegen in schmaach und verachtung. Ist es wohl müglich / daß in einem so schönen leibe so ein grausames hertze verborgen? Ist es wohl müglich / daß mir derselbe / dessen leben und tod in meiner gewalt stehet / mir seine liebe verweigern darf? Vielleicht kützelstu dich noch darmit / daß du deine Gebieterin höhnest? Vielleicht ist es deine lust /daß du mit mir spottest? O unmenschlicher Wühterich! o grausamer Hänker! Doch was sage ich! was klage ich über dich? Du hast keine schuld. Du bist so unmenschlich / so grimmig / so erschröklich nicht. Der argwahn / der zwischen mir und dir einstehet /verhindert unserer beider vergnügung. Dieser giebet dir solche seltzame gedanken ein. Dieser macht dich furchtsam und schüchtern. Doch ich verhoffe noch dis übel aus dem wege geschaft zu sehen.

Unterdessen hatte die Königliche Fürstin den guhten Josef beklagt. Nun hatte sie selbsten erfahren /wie sich ihre und der Assenat Treume zu erfüllen angefangen. Sie wündschte wohl tausendmahl / daß der ausgang schon vor handen. Sie hatte vor diesem denJosef / seiner unvergleichlichen schönheit und geschikligkeit wegen / geliebet. Nun liebte sie ihn /wegen seiner tugend / noch viel mehr. Diese war ihr /aus seinen reden zur Sefira / auch so unvergleichlich vorgekommen / daß sie sich darüber nicht genug verwundern konte. Ja sie konte kaum gleuben / daß er /als ein Leibeigner / durch seiner Gebieterin so seltene schönheit / und so gar freundliches ansuchen / zur gegenliebe nicht zu bewegen gewesen. Gleichwohl war es gewis. Ihr eigenes ohr konte solches bezeugen. Und darüm hielt sie den Josef in allem so volkommen /daß sie zweifelte / ob in der gantzen welt seines gleichen zu finden. Sie erhub ihn über alle sterblichen: und schätzte die Assenat mehr als glüklich; weil [120] so ein köstlicher schatz ihr dermahleins solte zu eigen werden.

Eine zeit darnach fing Sefira ihr altes Lied wieder an. Sie bestürmte das keusche hertz Josefs aufs neue. Sie gab ihm ihr begehren noch deutlicher zu verstehen. Ach! sagte sie / ist dan euer hertz so gar hart und unbeweglich / daß es mit meinen schmertzen kein einiges mitleiden haben kan? Ist es dan lauter demant? Ist es dan lauter stahl? Oder ist es von der ahrt der grimmigen tiere? Einen demant kan man mit boksbluhte / wie man saget / bearbeiten. Das stahl wird durch das feuer schmeidig: und das wildeste und grimmigste tier mit guhten worten gezähmet. Aber bei euch verfangen keine worte / wie guht und freundlich sie seind. Das feuer der liebe / wie heftig es flakkert /kan euch nicht entzünden. Meine trähnen / wie heuffig sie fliessen / können euch nicht erweichen. Meine seuftzer / wie jämmerlich sie ächtzen / können euch nicht bewegen. Ich elende! ich trübseelige! was sol ich beginnen?

Hierauf stund sie eine weile / als entzükt. Sie sprach kein wort. Sie bewegte sich auch nicht. Endlich fing sie plötzlich wieder an. Neulich klagtet ihr über mich / als wan ich euch versuchen wolte / als wan ich euch in meines Herrn ungnade zu bringen trachtete. Aber es waren nur nichtige ausflüchte. Ach! liebster Josef / ich versichere euch / ja ich schwöre euch bei den höchsten Göttern / daß ich euch wahrhaftig liebe / daß ich euch hertzlich meine. Eure schönheit / eure tugend liebe ich über alles / was in der welt ist. Diese seind es / die mir meine schmertzen verursachen / ach! die aller erschröklichsten schmertzen! die allerunerträglichsten schmertzen! Und darüm bitte ich / ja ich flöhe euch an / mir / durch einige gegenliebe / lindrung zu schaffen. Sonst mus ich sterben. Ich sehe sonst keine andere auskunft / wo ich eurer liebe nicht geniesse. Und hiermit sank sie in ohnmacht zur erde nieder.

[121] Josef erschrak über diesen plötzlichen zufal. Er hette gern das gesinde gerufen. Aber er durfte nicht. Auch konte er nicht; so sehr hämmete der schrik seine zunge. Darüm hub er die Fürstin allein auf / und setzte sie gemächlich in einen ruhestuhl nieder. Da kahm sie über eine weile wieder zu sich selbst. Und als sie den Josef erblikte / der ihr mit der hand ein stärkwasser im schnupftuche vor die nasenlöcher hielt; da sprach sie mit schwächlicher und böbender stimme: Ist noch so viel liebe / und so viel mitleidens bei euch? Aber ach! warüm sucht ihr mir das leben wieder zu bringen / das schon verflogen war? Wisset ihr nicht / daß ihr zugleich meine schmertzen wiederbringet / die mit dem leben verschwunden? Mir war wohl: warüm liesset ihr mich nicht also bleiben? Ihr suchet mich doch nur aufs neue zu peinigen. Ihr erneuert doch nur meine angst / an stat daß ihr sie lindern soltet: welches anders nicht / als durch eine hertzliche gegenliebe / geschehen mag. Aber darzu kan ich euch nicht bewegen. Und es scheinet / als wan eure grausamkeit und meine liebe üm die wette streiten / zu sehen / welche die andere vertilgen kan.

Auf diese worte fing endlich Josef auch an. Wie schöpfet doch meine gnädige Frau von mir so gar böse gedanken? Leiste ich ihr dan nicht allen möglichsten gehohrsam? Bin ich ihr nicht zugetahn mit euserster treue? Erweise ich ihr dan nicht alle untertähnigste liebe? Ja ich versichere sie / daß ich sie über alles liebe / selbst so weit / als mir immermehr geziemet. Weiter kan sich diese liebe nicht erstrekken. Die treue / die ich ihren Ehliebsten bezeugen mus / lesset ein mehres nicht zu. Ein mehres kan und wird sie auch selbsten nicht suchen. Ich wil mehr sagen. Ein kind kan seine Mutter / unter derer hertzen es gelegen / höher nicht lieben / als ich sie liebe. Ja diese liebe steiget so hoch / daß ich auch mein leben vor sie laßen wolte. Mein bluht wolte ich vor sie vergiessen.[122] Was wil sie dan mehr von mir haben? Warum schreibet sie mir dan eine solche grausamkeit zu? Warüm bildet sie ihr ein / daß ich sie / indem ich ihr leben zu laben gedenke / nur zu peinigen gesonnen? daß ich sie nur darüm erhalten wolte / damit ich ihre schmertzen erhielte? Ach! ich bitte / sie entschlage sich solches argwahns. Sie schöpfe von mir andere gedanken. Sie befriedige sich selbst. Sie stille ihr unruhiges hertz.

Ach! fing ihm Sefira das wort auf / wie sol ich mein hertz stillen? Womit sol ichs befriedigen / wan ihr es noch immer mehr und mehr verunruhiget? Ich selbst kan es nicht tuhn. Es stehet allein in eurer macht. Wan ihr nur meinen willen volbringt / so ist mir geholfen. Tuht ihr das; so solt ihr über mich und alles das meinige herschen. Scheuet ihr etwan meinen Ehherrn? Befahret ihr euch / daß ihr dadurch bei ihm in verdacht kommen werdet? Ach! ich versichere euch / daß er weder von mir / noch von euch etwas böses gedenken kan. Und wan ihm von uns schon etwas zu ohren kähme; so wird er es doch nicht gleuben. Ich habe diesen dingen schon vorgebauet. Ich kenne alle seine gedanken. Ja ich weis sein hertz.

Josef suchte sie mit gelindigkeit auf einen andern weg zu bringen. Er ermahnte sie von ihrem bösen vornehmen abzustehen. Er erinnerte sie ihrer pflicht und ihrer treue / die sie ihrem Ehliebsten geschwohren. Er baht / sie möchte behertzigen / in was vor erschrökliche sünde sie beide sich stürtzten / im fal er ihren begierden gehorchete. Er mahlte ihr die strafe des Allerhöchsten / die darauf erfolgen würde / aufs greulichste vor. Er bildete ihr das böse gewissen / das sie hernach fort und fort nagen würde / zum allerabscheulichsten ab. Ja er machte ihr die hölle so heis / daß sie anfing bitterlich zu weinen. Und also schien sie sich zur reue zu lenken. Also schien sie leidwesen zu haben über ihre sündige gedanken. Hierüber [123] über war Josef sehr erfreuet. Und als sie von ihm geschieden / rief er inbrünstig zu Gott / daß er sie bei dieser reue erhalten möchte. Auch lies sie ihn eine zeit lang zu frieden. Eine guhte weile währete diese stille. Aber endlich begunte der sturm viel heftiger / als zuvor. Uhrplötzlich erhub sich ein erschrökliches unwetter. Unversehens kahmen lauter donner / und lauter blitze auf den unglükseeligen Josef zugeschossen.

Weil nun Sefira sahe / daß ihr die guhten worte nichts geholfen; so entschlos sie sich mit der schärfe zu verfahren. Und in solcher entschliessung entboht sie den Josef. Ihr Herr war eben mit den Könige ausgeritten. Ihrem Frauenzimmer hatte sie erleubet sich im garten zu erlustigen. Und also befand sie sich in ihrem zimmer gantz allein. Josef märkte / straks im ersten eintritte / was die glokke geschlagen. Er sahe es ihr an den augen an / daß zorn und liebe in ihrem hertzen stritten. Er fragte / mit tiefster ehrerbietigkeit: was sie ihm zu befehlen hette? Ich befehle dir / antwortete sie mit harter stimme / daß du mich hinfort /als deine Gebieterin / ehrest. Ich gebiete dir meinen worten gehorsam zu sein. Ja ich wil / daß mein wille geschehe. Diese worte klungen dem Josef / als ein donner / in seine ohren. Lieber hette er gewündscht /daß man ihn in der Wolfskuhle verhungern laßen / als daß er alhier von dieser Fraue / die seiner keuscheit das verderben dreuete / so heftig solte bestürmet werden. Was bildestu dir ein / fuhr sie fort / daß du dich wider deine Fraue so sperrest / ja ihr so gar schimpflich begegnest? Weistu nicht / daß dein leben und tod in meiner macht stehet? Wan ich nur winke / bistu ein todter mensch.

Josef wuste nicht / ob er schweigen / oder antworten solte. Er sahe zween gegeneinander streitende feinde vor seinen augen. Diese waren Zorn und Liebe: welche ihm alle beide den untergang dreueten; jener des lebens / und diese der keuschheit. Davon muste er eines [124] wehlen. Wolte er leben / so muste er lieben. Wolte er dem Zorne entfliehen / so muste er der Liebe sich unterwerfen. Wolte er aber der Liebe entrinnen /so muste er / auf gnade und ungnade / dem Zorne / ja dem tode selbst sich ergeben. Er wehlete dan lieber das letzte. Er wolte lieber hundertmahl den tod leiden / als einmahl in unkeusche liebe bewilligen. Ja er wolte lieber seine Keuschheit / als sein Leben / erhalten. Und darüm versuchte er noch einmahl mit glimpfe sich aus diesem liebesgarne zu wüklen. Ich weis nicht / sagte er / ob es meiner gnädigen Frauen ernst ist / mich mit so harten worten zu erschrökken; oder ob sie nur ihre kurtzweile mit ihrem Diener zu haben gesonnen. Zudem kan ich nicht verstehen / was sie meinet / und was vor einen gehohrsam sie von mir erfordert.

Seht! seht! rief Sefira überlaut / wie er sich so albern stellet. Habe ichs dir nicht deutlich genug gesagt? Mein wille ist / daß du mich liebest. Mein befehl ist / daß du diesen willen erfüllest. Mein gebot ist / daß du meine so hertzliche liebe / die deine Tugend in mir entzündet / mit gleicher gegenliebe vergeltest.

Weil es dan nun meine Tugend ist / fing ihr Josef das wort auf / warüm Sie mich liebet. Ei wohlan! so bitte ich untertähnig / daß sie mich nicht veranlaße /solche zu verlieren. Dieser verlust würde ja anders nichts tuhn / als mich ihrer liebe unwürdig machen. Sie würde / ja müste alsdan aufhören mich zu lieben. An stat der liebe würde mich ihr has verfolgen. Sie würde meine feindin werden. Ja sie würde denselben /der das ziel ihrer liebe / die Tugend / verschertzet /weder sehen / noch hören wollen. Was were ihr dan mit solchem meinem zweifachen verluste gedienet?

Sefira / die sich also selbst ins netze gebracht /konte nicht weiter fort. Sie schwieg stokstille. Sie fand hierauf keine antwort. Aller vorteil war ihr abgeschnitten. [125] Und dieses schmertzte sie dermaßen / daß sie abermahl in ohnmacht fiel. Die augen warden star. Der mund erblassete. Ja das gantze angesicht war als mit einer todtenfarbe bestrichen. Josef rief von stunden an ihre Stahtsjungfrauen. Diese kahmen eilend herzu gelauffen. Sie schnühreten die Fürstin auf /damit sie luft bekähme. Und als sie ein wenig wieder zu sich selbst gekommen / begehrte sie nach bette. Alhier war es / da sie auf allerhand listgriffe bedacht war / den Josef zu überlistigen. Alhier suchte sie allerhand schlingen und strükke hervor / ihn zu überschnällen.

Nachdem nun Sefira weder mit liebes- noch dreuworten etwas ausrichten können; so versuchte sie ihr heil noch auf eine andere weise. Sie stellete sich /als wan sie im Worte Gottes unterrichtet zu werden begehrte. Und darüm priese sie zuerst Josefs Tugend und Gottesfurcht aufs höchste. Sie rühmete sein edles gemühte: welches von allen lastern so weit entfernet /als die sonne von der erde. Ihr habet getahn / sagte sie zu ihm / was die Tugend gebietet; indem ihr mich meiner ehpflicht erinnert. Ihr habet gebähten / was euch eure Gottesfurcht befohlen; indem ihr bahtet euch bei eurer tugend zu laßen. Mit diesen und dergleichen reden machte sie gleichsam ein vorspiel. Darnach kahm sie zur sache selbst. Wie sol ich aber /fuhr sie fort / unterdessen meine schmertzen stillen? Wer wird meine liebe vergnügen? Darüm ach! liebster Josef / weil ihr mich so sehr verwundet / so tödtet mich doch nicht gar. Es würde fürwahr keine tugend sein / eine schwache Fraue zu tödten. Imfal ihr meinen willen tuht / so wil ich meine Götzen verlaßen. Ich wil eurem Gotte dienen. Ja ich wil darzu auch meinen Ehherrn selbsten bereden. Und also wollen wir nach dem Gesetze eures Gottes leben.

Josef aber gab ihr zur antwort: daß dieselben / die[126] in unkeuschheit lebeten / Gott nicht dienen könten. Gott sei ein reines Wesen / und wolte mit reiner seele geehret sein. Er hette kein gefallen an denen / die sich mit Ehbruche beflekten. Darüm / wan Sefira seinem Gotte dienen wolte / müste sie ihr Ehbette rein und unbeflekt bewahren. Wolte sie nach dem Gesetze seines Gottes leben / so müste sie sich aller ehbrecherischen liebe gantz entschlagen. Diese worte gefielen ihr auch nicht. Sie trieben ihr gemüht auf seltzame gedanken. Ja sie verursachten sie zu einer sehr fremden entschlüßung.

Wohlan dan / sagte sie / weil uns meine Ehpflicht im wege stehet; so wil ich gelegenheit suchen / mich von derselben loß zu machen. Wolt oder dürft ihr keinen Ehbruch begehen; so wil ich auf mittel bedacht sein / meinen Ehherrn aus dem wege zu reumen. Solches kan heimlich geschehen. Kein schlag / kein stoß sol es verrichten. Ich wil keinen öffendlichen mord begehen. Ich wil ihm keine wunde zufügen: welche man sehen könte; welche die taht verriete. Nein /nein! ich wil behuhtsam handeln. Fürsichtig wil ich verfahren. Niemand sol es märken. Ein einiger gifttrank kan alles verrichten. So bleiben wir ausser verdacht. Und alsdan wil ich euch zur ehe nehmen. Alsdan solt ihr mein Ehgemahl sein. Alsdan können wir /ohne Ehbruch / unsere liebe vergnügen.

Auf diese reden zerris Josef sein kleid. Er stund gantz bestürtzt. Ein iedes wort schien ihm schon eine mordpfrieme zu sein. Ach! sprach er / Sie schäme sich doch vor Gott und den heiligen Engeln / solche verzweifelte worte zu reden. Sie verzweifele doch nicht so gar. Sie ergebe sich doch dem bösen nicht so gantz. Sie fürchte den HERrn. Sie bändige die unbändigkeit ihrer begierden: und begehe solch- eine böse taht nicht. Fürwahr! imfal Sie von diesem vorsatze nicht abstehet; [127] so wil ich ihre boßheit offenbahren. Ich mus es tuhn. Mein gewissen dringet und zwinget mich darzu. Und also muste sich Sefira vor demJosef fürchten. Sie durfte ihm in langer zeit nichts mehr von ihrer liebe sagen. Ach! sprach sie bei sich selbst / hat mich dan Josefs schönheit verwunden müssen / daß seine grausamkeit mich tödtete? Hat ihn dan der Himmel darüm mit so fürtreflichen Tugenden gezieret / damit man seiner Schönheit nicht geniessen könte? Worzu dienet ein schöner Apfel / der zu essen verbohten? Zu nichts anders / als daß er den mund wässericht / die zunge lüstern / und das hertz vol schmertzen machet. Ach weh mir! daß ich so unglüklich gewesen den Josef zu sehen. Ach ich armseelige! wer wird mich noch aus dieser angst erlösen? Ach ich armseelige! wer wird sich über mich erbarmen?

Weil nun Sefira sich ihrer liebe gegen den Josef nicht kühnlich mehr durfte verlauten laßen; so suchte sie ihn gleichwohl auf eine andere weise zu gewinnen. Sie schikte ihm allerlei geschenke. Alles / was köstlich und schön war / muste Josef haben. Auch sandte sie ihm die lieblichsten speisen. Aber ein Engel warnete ihn / darvon nicht zu essen. Dieser reichte ihm ein messer in einer schüssel zu. Daraus verstundJosef / daß man seiner seelen heimlich nachstellete. Und darüm aß er nichts von ihrer speise. Er trunk nichts von ihrem tranke. Dan beide waren mit Taturensaamen / ihn verliebt zu machen / vermischt.

Sefira ward es endlich gewahr / daß er von ihrer speise nichts genossen. Darüm setzte sie ihn deswegen zur rede. Josef antwortete: sie war mit dem tode erfüllet. Gott hat es mir / durch seinen Engel / geoffenbahret. Und ich habe sie / zur überzeugung ihrer boßheit / aufgehoben. Ich habe sie bewahret; damit Sie / durch dieselbe / zur reue bewogen würde. Nun sol sie [128] sehen / daß demjenigen / der mit keuschem und reinem hertzen Gott dienet / die arglistigkeit der boßhaftigen kein übels zu zu fügen vermag. Und hiermit nahm er die speise / und aß sie in ihrer gegenwart. Der Gott meiner Väter / sagte er / wird mich bewahren. Abrahams Engel wird mich beschirmen.

Als sie solches sahe / fiel sie auf ihr angesicht zur erde nieder. Sie weinete bitterlich: und sagte demJosef zu / daß sie solches nicht mehr tuhn solte. Aber ihr hertz brante gleichwohl immerfort. Die unliebe lies ihr keine ruhe. Sie weinte / sie seuftzete tag und nacht. Sie aß / noch trank nichts. Dieses alles machte sie so ungestalt / daß ihr Ehherr sie fragte: warüm sie so kläglich aussehe? warüm sie das heupt so hängen liesse? Ach! gab sie zur antwort / mein hertz tuht mir weh. Ich bin so mat / daß ich kaum ahtemen kan. Potifar trug ein hertzliches mitleiden mit ihr. Er trug sorge vor sie; wiewohl sie nicht krank war.

Nicht lange darnach erhub sich abermahl ein sturm. Sefira kahm / im abwesen ihres Ehliebsten / zumJosef. Ach! sagte sie / ich verschmachte vor wehleiden; oder ich mus sterben. Ich wil mir selbst der angst abhelfen. Ich kan / noch mag sie nicht länger vertragen. Ich mus mich ertränken. Oder ich wil vom schlosse herunter springen / den hals zu brechen; wo ihr meine begierden nicht volbringet. Josef sahe wohl / daß sie der Höllische geist besaß; daß ein Geist des abgrundes sie in die euserste verzweifelung gestürtzt. Darüm rief er ihrentwegen zu Gott. Darüm trachtete er ihr diesen mismuht zu benehmen. Ach! sagte er /warüm ist sie doch so gar entstellet? Warüm gebährdet sie sich so sehr übel? Wie lest sie die sünde so gewaltig über sich herschen? Wie lest sie ihren bösen begierden den zügel so gar lang? Welcher böser Engel gibt ihr diese gedanken ein / ihr selbst das leben zu nehmen? Sie gedenke doch / wan Sie [129] dieses volbrächte / wie Sechon / ihres Liebsten Beischläferin / ihr gedächtnüs vom erdbodem vertilgen würde.

Aus diesen reden begunte Sefira einigen trost zu schöpfen. Nuhn sehe ich / sagte sie / daß Josef dieSefira aus seinem hertzen nicht gantz verwiesen. Nun märke ich / Daß ich noch in euren gedanken schwebe. Nun spühre ich / daß ihr meiner nicht so gar vergessen. Nun habe ich guhte hofnung / daß ich endlich meinen willen werde erfüllet sehen. Josef aber meinte es viel anders. Sein gantzer vorsatz war sie von einem so bösen vornehmen gantz ab zu lenken. Er trachtete nach nichts anders / als ihre kranke vernunft zu heilen. Und darüm seuftzete er denselben gantzen tag und die folgende gantze nacht zu seinem Gotte. Er baht / mit weinenden augen / daß doch endlich einmahl diese Egiptische Fraue von ihrer blinden sucht möchte erlöset werden.

Nicht lange darnach beging man eines der höchsten Egiptischen Feste. Man feierte das gedächtnüs der Abgöttin Isis: welche / nach ihren gewähnten götlichen vielen verrichtungen und eigenschaften / so vielerlei zunahmen führete. Die Priester lieffen / in lang-weissen leinen rökken / auf den gassen herüm. Sie beweineten den ermordeten Osiris. Sie heuleten / sie klagten / sie schrien sehr jämmerlich. Sie schlugen vor die brust. Sie hieben und peitschten sich wund. Etliche trugen des hundeköpfichten Anubis götzenbild auf dem heupte; und in der rechten hand einen Fiechtenzweig; in der linken aber einen Seewermuhtstrauch. Andere schlugen die Pauken / bliesen in die Krumphörner / spieleten mit dem heiligen helklingendem Schällenbügel / und auf andern bei ihnen gewöhnlichen Spielzeugen. Nach volendeten feiergeprängen vermumten und verkleideten sich die Priester / auf mancherlei weise / wie die Fastnachtsspieler. Etliche gingen gekleidet als die Jäger [130] [132]andere wie die Waldgötzen; wieder andere gleich den Alsgöttinnen der Freien künste / und so fort. Etliche trugen der Isis götzenbild / andere den schwartzweissen Götzenochsen / des Osiris sinbild / noch andere desOrus / wieder andere des Apis / und des Harpokrates abgöttische bilder herüm. Hierauf kahmen allerhand Sänger und Seitenspieler / mit den heiligen Schällenspielen / trummeln / pfeiffen und andern Klingspielen. Zu allerletzt trug einer die Weltkugel in der hand / mit wunderseltzamen gebährden. Diesem Priesterlichen aufzuge folgete der gemeine man schwarmsweise durcheinander. Etliche trugen Kannen / Fruchthörner / Spiegel / Kämme / Leuchten / Lampen / und dergleichen zeug: andere Eppichtrauben /und allerhand Kräntze.

Weil nun Potifar diesen heiligen festgeprängen mit beiwohnen muste / so nahm Sefira der gelegenheit wahr. Sie lies ihr zimmer / ihr bette / ja ihren leib /gleichsam als hette sie es dem hohen festtage zu ehren getahn / aufs lieblichste und zierlichste schmükken. Der bodem / die tafeln / und bänke waren mit allerhand wohlriechenden wassern bespränget; auch mit Rosenblättern / mit blüßen von Goldäpfel- Zitronen-schwartzen Zimmet- und Tatur-beumen / und andern lichriechenden bluhmen / als auch kreutern bestreuet: welches nicht allein mit einem anmuhtigen geruche die luft erfüllete / sondern auch mit einer sonderlichen lust die augen ergetzte. Die vorhänge des bettes waren von weisser seide / mit güldenen bluhmen durchwürkt / und voran mit rosenfärbigen bändern recht zierlich aufgebunden. In diesem so köstlichen bette lag Sefira / als eine zweite Alsgöttin der Schönheit und Liebe. Ihr gantzer leib / den sie mit wohlriechenden wassern gewaschen / und mit köstlichen salben / auch Ossarmilche / alle flekker zu vertreiben / bestrichen / war gantz nakkend. [132] Nur hatte sie eine rosenrohte seidene dekke bis an die brust darüber gedekt. Und diese war so zahrt und so dünne / daß ihre schneeweisse liljenhaut gantz eigendlich durchhin blinkte. Um die ärme trug sie nach oben zu zwo köstliche mit demanten versetzte güldene spangen: aber unten nach den händen zu sehr kostbare Perlenschnüre. Dergleichen Perlenschnuhr hing auch üm den hals / bis auf das milchmeer der schloßweissen brüste: welche sich im ahtemhohlen / wällenweise erhuben / und mit diesen seemuscheltöchtern gleichsam spieleten. Mitten über das heupt war auch eine solche Perlenschnur geschlagen: und vor derselben nach der stirne zu ein köstliches prunkstükke von demanten / in gold eingefasset /zu sehen. An beiden ohren hingen zwo sehr große Perlen.

Als nun alles solcher gestalt auf das herlichste und wohllüstigste ausgeschmükket war / und diese wohllüstige Fürstin in solchem lieblichen schmukke zu bette lag; dadurch sie auch in stählernes hertz zur liebe bewegen können: da lies sie den Josef zu sich rufen: da vermeinete sie ihn / durch alle diese wohllüstige augenweide / in ihr liebes garn / oder auf ihren liebeskloben zu lokken: da gedachte sie das beste lok-aß / und die rechte beitze gefunden zu haben / ihn endlich einmahl zu berükken. Josef gehorchte zwar ihrem befehle: aber mit großem unwillen. Dan er wuste wohl / was er vor einen tantz würde tantzen müssen. Er wuste wohl / was er für einen harten streit würde angehen můssen: davor ihm albereit grausete /ja der angstschweis fast ausbrach. Darüm / eh er hinein traht / rief er zuvor seinen Gott hertz / inbrünstig an / ihn dermaßen zu stärken / daß er seinen feind tapfer bekämpfen / und heldenmühtig überwinden möchte. Und hierauf begab er sich in das Fürstliche zimmer. Er näherte sich / wiewohl mit niedergeschlagenen schaamhaftigen blikken / dem Fürstlichen bette. Er [133] neugte sich / seiner gewohnheit nach / auf das allerdemühtigste; und fragte / was der Fürstin ihm zu befehlen beliebte?

Sefira stellete sich erstlich an / als were sie noch sehr unbas. Darüm gab sie ihm auch zur antwort: daß sie vermeinet hette was auf zu stehen / und sich auf den saal zu begeben den heiligen Festgeprängen zu zu sehen: darzu sie seiner hülfe benöhtiget. Aber sie märkte nun / daß es ihre schwachheit noch nicht zulaßen wolte. Doch könte er ihr gleichwohl ein weilichen geselschaft halten. Vielleicht möchte sie sich bald etwas stärker befinden. Hiermit wiese sie nach dem stuhle zu / der vor dem bette / recht gegen ihrem angesichte über / stund / an zu zeigen / daß er sich setzen solte. Und solches täht sie nur darüm / damit sie ihn /und er sie / recht in die augen bekähme.

Josef hatte eben / weil man der Isis fest feierte /den Egiptern zu gefallen / sein köstlichstes kleid anlegen müssen. Dieses gab nicht allein seiner schönheit einen helleren glantz; sondern auch der Sefira liebesgluht eine grössere kraft. Und darüm blikte sie ihn üm so viel öfter und verzükter an; wiewohl sie ihren anschlag / ihn nicht straks schüchtern zu machen / eine lange weile verbarg. Seine blikke solten sich zuvor mit den ihrigen vereinbahren. Sie solten von ihrer ausbündigen schönheit / die so bloß und nakkend vor seinen augen lag / zuvor feuer ziehen / sein kaltes hertz in den brand zu helfen / oder es zum wenigsten lüstern zu machen. Und zu dem ende spielete sie mit den blitzen ihrer liebesreitzenden augen fort und fort auf ihn zu. Auch bewegte sie vielmahls ihren obersten leib dermaßen / daß der zweifache schneehügel ihres füllig-schönen Busems / über der dekke / gantz enblößet zu liegen kahm. Hier sahe man die rechten lokvogel der liebe; die sich / mit so lieblicher / wiewohl stummer stimme / die weisheit selbsten zu betöhren bemüheten.

[134] Welcher Mensch hette wohl diese so lieblich entblößte schönheit / ohne verzükkung / anschauen können? Welcher mensch / der diese so schönen augen /diese so blühenden wangen / diesen so lieblichen rosenmund / ja dieses so zierlich gebildete angesicht ansehen sollen / hette wohl unbewegt und unverliebt bleiben können? Ja wen hette so ein schöner und noch darzu so schön ausgeschmükter und in lauter wohllust entblößter leib nicht zur höchsten liebe bewegen sollen? Man kan ihm leichtlich einbilden / daß Josef / bei diesem anblikke / nicht unangefochten geblieben. Er war noch in seiner besten jugend. Sein sechs- und zwanzigstes jahr war kaum zum ende. Er bestund eben / als andere menschen / aus fleisch und bluhte. Er hatte eben die gemühtsbewegungen / als andere. Aber gleichwohl schien er mehr ein meister über seine jugend / über sein fleisch und bluht / ja über alle seine gemühtstriften und begierden zu sein / als sonst alle sterblichen. Und ob er schon / aus schuldiger ehrerbietigkeit / die augen von seiner Fürstin nicht ab /noch ihr den rükken zu-kehren durfte; so blieb er gleichwohl / allen liebes-anlokkungen / allen bewegungen seines hertzens / ja dem fleisch und bluhte zu trotz / in seiner tugend beständig.

Eine guhte stunde hatte Josef alhier die anstürmenden flammen der liebe vertragen. Es schien gefährlich zu sein den streit länger zu wagen. Sein verstand riet ihm zur flucht. Er trug sorge vor seine keuscheit. Er befahrte sich / daß der feind von aussen endlich mit voller gewalt in sein hertz dringen / und alda seine eigene untertahnen / seine feinde zu werden / aufwügeln möchte. Diese / fürchtete er / möchten alsdan von innen heftiger stürmen / als der feind von aussen; ja ihn endlich wohl gar überwältigen. Darüm wolte er diesen so heftigen einheimischen krieg nicht erwarten. Er wolte fliehen / ehe dieser selbstreit ihn gäntzlich zu boden würfe. Und also erkühnte er sich seinen abtrit zu nehmen / mit [135] vorwenden seine geschäfte zu verrichten. Aber es war vergebens. Eine junge Katze pfleget mit der Maus zu spielen / so lange sie stille liegt: wan sie sich aber bewegt / tappet sie mit der pfote zu / und scharret sie nach sich; ja wan sie gar entlauffen wil / giebet sie ihr einen bis / und frisset sie endlich gantz auf. Der Leue / wan er einen Menschen in seiner gewalt hat / und er sich nur stille helt / tuht ihm kein leid: so bald er aber fliehen wil / zerreisset er ihn zur stunde. Eben also täht Sefira. Eben nach dieser katzen- und leuen-ahrt spielete sie alhier mit unserem Josef. So lange er stille saß / täht sie ihm kein böses. Sie strählte ihn nur. Sie liebelte ihm nur. Aber so bald er aufstund seinen abtrit zu nehmen; da fing sie erst an ihn zu fassen: da begunte sie erst zu zu tasten. Was? sagte sie / wolt ihr mich nun alle verlaßen? Wolt ihr nun alle von mir lauffen. Ach! mein liebster Josef / wie seid ihr so gar neidisch / mir den bloßen anblik eurer schönheit nicht länger zu gönnen? Mag ich dan nun / in meinem unglük / auch nicht einmahl so glükseelig sein / euer liebliches angesicht nach genügen zu sehen?

Josef schlug / auf diesen ersten anfal / die augen nieder / und antwortete nichts. Und darüm fuhr die Fürstin in ihrer rede fort. Wolt ihr nun / sagte sie /nicht einmahl mit mir reden? Bin ich nun keiner antwort mehr währt? Wisset ihr nicht / daß ihr dadurch meiner gühte / meiner liebe / ja meiner demuht unverantwortlicher weise misbrauchet? Wisset ihr nicht /daß ich eure Gebieterin bin / der ihr zu gehohrsamen verpflichtet? Wisset ihr nicht / daß ihr mein Leibeigener seid / und ich macht habe euch frei zu laßen / und glükseelig zu machen / oder aber zu strafen / ja selbst zu tödten / wie und wan es mir beliebet? Das weis ich alles sehr wohl / fing ihr Josef das wort auf. Aber wie und was ich meiner gnädigen Fürstin antworten solte /wuste ich nicht; nachdem sie abermahl anfing mit mir zu schertzen. Was [136] schertzen? fiel sie ihm in die rede. Es war mein gantzer ernst. Um so viel weniger konte ich antworten / fuhr Josef fort. Were ihr ansuchen meiner tugend gemäß / ich hette so lange nicht geschwiegen. Ja mit dem werke selbst wolte ich straks geantwortet haben. Aber die Tugend geboht mir zu schweigen; weil ich doch nicht antworten konte / wie meine gnädige Fürstin wündschte.

Sefira schwieg auf diese reden eine guhte weile stil. Endlich fing sie wieder an. Ist dan der Gehorsam / sagte sie / nicht auch eine Tugend? Und diesen seid ihr / als mein Leibeigner / mir zu leisten schuldig. Aber eure halsstarrigkeit verhindert euch solche den Leibeignen so gantz eigene tugend zu erfüllen. Und weil ihr euch verhindern laßet / macht ihr die tugend zum laster / und das laster zur tugend. Der Gehohrsam ist freilich eine tugend / antwortete Josef. Aber er mus zuförderst Gotte geschehen: und dan erst den Menschen. Befielet ein Mensch etwas / das wider Gottes gebot ist; so heist es man mus Gott mehr gehorchen / als den Menschen. Wan meiner gnädigen Gebieterin befehl nicht wider Gottes gebot lieffe; so were es mir freilich vor eine untugend und vor ein strafbahres laster zu zu rechnen / wan ich ihr nicht gehorchte. Aber nun ist es keine untugend; weil sie begehret und gebietet / was Gott verbietet. Und darüm kan sie meine weigerung wider Gottes gebot zu sündigen / oder meine halsstarrigkeit / wie es ihr zu teuffen beliebet / kein laster nennen. Es ist vielmehr eine tugend / die den nahmen der Beständigkeit im gehorsame Gottes verdienet.

Die Fürstin hatte ihr eingebildet / daß sie den Josef nunmehr so listiglich und so feste bestrükket / daß er sich nicht heraus wükkeln könte. Aber sie befand sich in ihrer einbildung gantz betrogen. Der vogel / den sie gefangen zu haben vermeinte / ris ihre falstrükke plötzlich in zwei. Ihr vom eisendrahte gewähnter garnsak ward [137] zum spingewebe. Der wind blies ihn in flükken. Josefs ahtem hauchte ihn voneinander. Der blitz des Göttlichen gebots versängte ihn gar. Als sie nun sahe / daß sie mit diesem einwurfe nichts ausgerichtet; so trachtete sie die Tugend selbst zu vereitelen / und aus dem wege zu reumen. Ach! liebster Josef /sagte sie / was wolt ihr euch doch so viel auf die Tugend verlassen? Sie ist doch nur ein eiteles nichts /ein eingebildeter wahn / ein bloßes spiegelfechten. Kan dieses so gar nichtige ding euch wohl der leibeigenschaft entschlagen / wie ich kan? Kan es euch wohl befördern / und zu ehren helfen / als ich; wan ihr meinen willen volziehet? Ja wird euch eure Tugend wohl beschirmen / wan sich / eurer hartnäkkigkeit wegen / meine liebe in einen has veränderte / und ich bewogen würde mich erschröklich an euch zu rächen? Würde sie euch wohl aus dem feuer meines zornes erretten? Ich versichere euch / daß sie mehr / als alzuunmächtig sein würde. Darüm / mein liebster Engel / nehmet der gelegenheit wahr / die euch itzund von sich selbst in die hände fället. Verschertzt das glükke nicht / das euch itzund angebohten wird. Laßet uns in wohllust unsere jugend ergetzen. Laßet uns liebe mit liebe vergelten. Wir seind allein. Niemand siehet es. Niemand wird uns verrahten.

Der verrähter schläfet / noch schlummert nicht /fing ihr Josef das wort auf. Unser gewissen würde uns verrahten / ja noch darzu erschröklich foltern. Gott / der alle dinge siehet / auch selbst unsers hertzens gedanken weis / würde es sehen. Die Engel / so wohl böse / als guhte / seind bei und üm uns her: die würden uns anklagen. Darüm haben wir uns wohl vor zu sehen / was wir tuhn. Ich weis sehr wohl / was meine gnädige Fürstin vor eine macht über mich hat. Aber darneben ist mir auch nicht unbewust / daß Gott noch mehr macht über uns alle habe: und daß sie keine macht hat mir ein [138] haar zu krümmen / wofern es ihr Gott nicht zulesset. Solte sich dan ihre Liebe in einen Zorn verändern; so wisse sie / daß mir solcher zorn lieber sein wird / als diese sündliche Liebe /damit sie meine Keuschheit verfolget. Ob sie mir auch schon das leben / durch den allerschröklichsten tod nehmen solte; so würde ich doch darbei ein unbeflektes gewissen behalten. Ich würde froh sein / daß ich meinem Herrn treulich gedienet; daß ich mich an ihm / durch besudelung seines ehbettes / nicht vergriffen. Im übrigen weis ich auch sehr wohl / daß die Tugend in der welt augen ein verächtliches nichtiges ding ist. Aber darneben weis ich auch / daß sie vor Gottes augen üm so viel mehr in achtung kommet. Und gesetzt daß sie mir selbst / in weltlichen dingen / nichts nützen solte; so nützet sie doch meinem Herrn / weil sie mir gebietet / und mich antreibet ihm in allem getreu zu sein. Und diese treue wil ich nicht kränken /noch kränken lassen / weil ich ahtemen kan. Ich wil meinem Gotte / und nach ihm / meinem Fürsten getreu verbleiben bis in den tod. Davon sol mich weder freund / noch feind ab zu ziehen vermögen. Davon sol mich weder liebe / noch has / noch etwas / das in der gantzen welt ist / abwendig machen. Ja nichts sol meinen vorsatz / meinen schlus ändern. Dieser schlus stehet so fest / daß ihn ihre gedreuete rache nicht ümstoßen / noch ihr allergrimmigster zorn versetzen kan. Und dis ist das lied vom ende.

Weil nun Sefira sahe / daß sie weder mit lieblenden / noch dreuenden worten / auch mit allen ihren liebesreitzenden gebehrden / und allen ihren aufs anmuhtigste ausgeschmükten schönheiten nicht das geringste gewinnen konte; so entschlos sie sich zu allerletzt den Josef mit gewalt zu ihrem bösen vorsatze zu ziehen. Und zu dem ende lies sie eine Zitrone vom bette fallen. Diese nahm Josef auf / und reichte sie ihr zu. Aber sie erwischte ihn bei dem rokke / ihn aufs bette zu ziehen. [139] Auch baht sie ihn mit den allerbeweglichsten worten: Er solte sie doch endlich einmahl ihre lust büßen laßen. Ja diese worte vermischete sie mit seufzen und trähnen. Josef aber lies den Rok in ihrer hand / lief zum zimmer hinaus / und flohe darvon. Und also behielt der erkaufte sein freies gemüht: der geliebte enthielt sich der liebe: der gebähtene ward nicht erbähten; und der ergriffene lies sich nicht halten.

Straks machte Sefira ein solches erschrökliches geschrei / daß ihre Stahtsjungfrauen und Kammermägdlein zugelauffen kahmen. Diese entsetzten sich aus der maßen über ihrer Fürstin so abscheuliche gestalt. Kurtz zuvor war sie ihnen vorgekommen / als eine Alsgöttin der liebe. Nun sahe sie aus als eine leibliche Teufelin. Der Zorn / der has / die rachgier blitzten ihr aus den augen. Lauter donnerschläge / lauter blitze gingen aus ihrem munde. Ein flammender dampf stieg aus ihrer nase. Ihre blikke waren feurige strahlen: ihre worte zerschmetternde donnerkeule. Ihr haar hing gantz zerzauset über die zerkratzten wangen. Sie tobete / sie rasete / sie wühtete / sie fluchete / ja sie stellete sich so ungebährdig / daß die Jungfern genug zu tuhn hatten sie wieder zu besänftigen.

So bald diese halbtolle Fürstin ein wenig wieder zu ihr selbst gekommen / fing sie an ihren Herrn selbst zu beschuldigen. Sehet! sagte sie / Er hat uns diesen Ebreischen knecht herein gebracht / daß er uns zu schanden mache. Er kahm zu mir in mein zimmer /und wolte mich nohtzüchtigen. Ich rief aber überlaut. Da flohe er darvon / und lies mir seinen Rok in der hand. Eben diese worte sprach sie auch zu ihrem Herrn / so bald er zu hause kahm. Ja / fügte sie hinzu / sehet doch nur / wie mich der ehrvergessene schelm /der ehbrecherische hund zugerichtet / als ich mich zur wehre stellete. Und hiermit wiese sie ihm auch den Rok; den sie zum zeugnüsse [140] [142]behalten. Endlich schlos sie mit diesen worten: Ich habe meine ehre gerettet /wie ihr sehet. Nun möget ihr vor die eurige eisern; und ihn / den undankbaren / den treulosen / gebührlich abstrafen.

Der guhte Potifar ward über diesen so plötzlichen unfal über die maße bestürtzt. Er hatte dem Josef so sehr viel guhtes zugetrauet. Er hatte seine tugend /seine keuschheit / seine frömmigkeit allezeit so hoch gerühmet. Ja er hatte auf seine treue gantze schlösser gebauet. Nun erfuhr er das widerspiel selbst aus dem munde seiner Gemahlin. Diejenige / die ihn vor diesem so manches mahl gepriesen / klagte ihn nun selbsten an. Er sahe den Rok / als ein zeichen der wahrheit / vor seinen augen. Er sahe seine Liebste so gar entstellet / und so sehr übel zugerichtet. Und also konte er anfangs anders nicht gedenken / als daß es wahr sei / was ihm so gantz unvermuhtlich zu ohren kahm. Er ward gezwungen / alle diese beschuldigungen zu gleuben. Doch gleichwohl konte er sich noch nicht entschlüßen den Josef / nach dieses verbrechens beschaffenheit / so straks zu strafen. Er konte es über sein hertz nicht bringen. Zorn und Liebe kämpften hart widereinander. Der zorn wolte durchaus haben /er solte ihn vertilgen. Die liebe dagegen riet ihm / gemach zu verfahren. Er hatte zuvor keinen einigen tadel am Josef befunden. Und darüm hatte er ihn von hertzen geliebet. Ja er hatte ihn so hoch geliebet / daß er ihm alles das seinige anvertrauet; daß er ihn anders nicht gehalten / als seinen Sohn; und was noch mehr ist / ihm seine einige Erbin und liebste Tochter Assenat / in seinem hertzen / zur Gemahlin versprochen.

Diese so hertzliche liebe konte der zorn nicht so gar verhindern / daß sie den Potifar nachmahls nicht überredet vom Josef ein bessers zu gleuben / als man ihm vorbrachte. Ja er vermochte ihm keinesweges ein zu [142] bilden / daß die sache so groß sei / als man sie machte. Er muhtmaßete / es müste ein misverstand darhinter sein. Er gedachte / die krankheit seiner Gemahlin hette ihr vielleicht diese böse gedanken eingegeben. Und in solchen gedanken entschlos er sich denJosef so hart nicht ab zu strafen / als ihm sein erster zorn gerahten. Damit er aber seine Gemahlin einiger maßen vergnügte / so befahl er ihn ins gefängnüs zu bringen / da des Königs gefangene lagen. Darinnen möchte er so lange liegen / bis man des verbrechens beschaffenheit gründlich entdekket.

Vierdes Buch

[143] Vierdes Buch.

Assenat hatte inzwischen fast alles erfahren / was sich mit dem schönen Leibeignen begeben. Sie wuste / daß ihn ihr Vater von den Ismaelern gekauft. Sie wuste / daß er ihm fast zehen jahr gedienet. Sie wuste / daß ihn Potifar über sein gantzes Haus gesetzet; daß er ihm alles das seinige anvertrauet: daß er /durch Josefs getreuen fleis und fürtreflichen verstand im haushalten / an reichtühmern über alle maße zugenommen. Ja ihr war unverborgen / daß ihr Vater ihn deswegen überaus geliebet / und anders nicht gehalten / als seinen leiblichen Sohn. Auch war ihr aus Potifars eigenem schreiben / und aus seinem munde selbst bekant / wie hoch er ihn iederzeit gepriesen. Darüm konte sie ihr nicht einbilden / woher sich das blat so gar plötzlich ümgekehret. Sie konte nicht begreiffen / woher es kähme / daß Potifar ihn in das gefängnüs geworfen: davon der ruf schon zu Heliopel erschollen. Ihre verwunderung über eine so uhrplötzkiche veränderung zwang sie nach zu forschen. Sie vernahm ein gemummel unter dem volke / daß Josef unschuldig sei. Und dieses verursachte sie noch mehr die wahrheit zu ergründen. Man wolte damit nicht recht heraus. Man redete in der stille darvon. Und einer sagte dis / der andere das. Endlich bekahm sie ein schreiben von der Königlichen Fürstin. Diese schrieb zwar anders nichts / als daß ihr Vater den Schönen Leibeigenen in haft bestellet; weil ihre Stiefmutter ihn bezüchtiget / er hette [144] ihr unzucht angemuhtet. Gleichwohl muhtmaßete die klugsinnige Fürstin /daß hinter diesem handel was anders müste verborgen liegen.

Als nun Assenat hierüber auf so mancherlei gedanken gerahten; so geriet sie endlich auch auf ihren Traum; den sie vor etlichen jahren von einem Härmlein das ihre Stiefmutter in den schlam drükken wollen / und hernach in ein fas einsperren laßen / gehabt. Der Nitokris eben gemeltes schreiben veruhrsachte /daß Assenat den schönen Leibeignen vor dasselbe Härmlein hielt. Auch urteilete sie aus den ümständen des traumes / daß das heimliche gemurmel der leute von Josefs unschuld wahr sein müste. Darüm schrieb sie an ihre Frau Mutter Toote. Erstlich berichtete sie ihr alles / was sie von Josefs gefänglicher haft erfahren. Darnach erzehlte sie ihr den oberwähnten Traum von stüklein zu stüklein: und fügte ihre eigene erklährung darzu. Endlich begehrte sie zu wissen / was ihre Frau Mutter von solcher begäbnus / und von ihrem Traume vor ein urteil fällete.

Eben hatte Toote diesen brief empfangen / als Nitokris / sie zu besuchen / ankahm. Nachdem sie ihn nun beide gelesen / fielen mancherlei fremde reden vor. Nitokris erzehlete / was sie einesmahls / mit eigenen ohren / vor der Sefira zimmertühre gehöret. Da Sefira dem Josef selbsten unzucht angemuhtet; aber eine abschlägige und gantz scharfe antwort bekommen. Auch fügte sie hinzu: daß sie nachmahls diese geule Fürstin selbst ermahnet / von so bösen begierden abzustehen: und wo sie solches nicht tähte / wolte sie sich ihrer geselschaft entziehen / und sie nicht mehr vor ihre Muhme halten. Auch habe ich / sagte sie / alles dieses heute früh dem Potifar selbsten / im vertrauen / zu erkennen gegeben: damit er Josefs unschuld sehen / und ihn nicht etwan fälschlich anklagen möchte. Es ist guht / [145] und ein großes glük vor denJosef / daß ihn der Fürst in das Königliche gefängnüs legen laßen: da er nunmehr des Königs gefangener ist; und weder Sefira / noch Fürst Potifar selbsten macht über ihn haben. Da wird ihn die Fürstin wohl müssen zu frieden laßen. Von dannen wird sie ihn nun nicht mehr heraus bekommen. Davor wil ich selbst sorge tragen; auch verschaffen / daß man ihn nicht als einen gefangenen halten sol. Es wird sich alles wohl schikken. Nach etlichen anderen reden stund Nitokris auf /und nahm ihren abschied. Auch baht sie die FürstinToote reinen mund zu halten; damit alles / was sie des Josefs wegen miteinander vertraulich gesprochen / unter der Rose möchte geredet sein. Sie solte sich dessen bei leibe gegen niemand verlauten laßen. Niemand solte etwas davon wissen.

Mitlerweile hatte der verdrus / die ungeduld / der zorn / die liebe und alle dergleichen heftige gemühtstriften durcheinander und widereinander / in der Sefira hertzen / dermaßen gestritten / daß sie todtkrank zu bette lag. Nitokris ging sie ebenmäßig besuchen / zu sehen / wie sie sich itzund anstellen würde. Ach! sagte sie / hertzliebste Frau Muhme / ich habe ein hertzliches mitleiden mit ihr; weil ich vernehme /daß sie etliche wochen nacheinander bettlägerig gewesen. Und darüm bin ich anher kommen zu sehen / wie es mit ihrer Krankheit beschaffen.

Meine Krankheit / fing Sefira an / hatte zuerst nicht viel zu bedeuten. Aber der Ebreische Leibeigne hat mich unlängst so heftig erzürnet / daß ich itzund fast in den letzten zügen liege. Hat sie der schöne Ebreer erzürnet? fing ihr Nitokris das wort auf. Das kan ich nimmermehr gleuben. Wie solte die hertzliche liebe sich so plötzlich in eine so widerwärtige gemühtsbewegung verändern? Sie mag es gleuben /oder nicht / antwortete [146] Sefira: es ist also. Und so muste es sein. Weil man mir verübelen wolte / daß ich ihn liebte; so muste ich ihn hassen. Sie selbsten sagte mir neulich ins gesichte: ich müste von solcher liebe abstehen / wan sie meine Freundin und Muhme bleiben solte. Und solches habe ich nun getahn. Ihre freundschaft war mir lieber / als seine liebe. Aber hiervon ist nichts mehr zu sagen. Was geschehen ist /das ist geschehen: und zwar Ihr zu gefallen. Darüm laßet uns diese sache nicht mehr berühren. Weil nunNitokris sahe / daß ihrer Muhme dergleichen reden verdrüßlich fielen; so begunte sie ein anderes gespräche; wiewohl sie es auch nicht lang machte. Dan ihre einige sorge war zu verschaffen / daß Josef bei seinem neuen Würte ehrlich möchte gehalten werden. Darüm eilete sie wieder nach der Königlichen burg.

Mit den Königlichen Gefängnüssen war es dazumahl in Egipten fast eben also beschaffen / als mit den Zuchtheusern in Europe. Die Königlichen gefangene / wan sie arm waren / musten ihre kost und kleider mit schweerer arbeit verdienen. Waren sie aber reich / so ward ihnen ein großes kostgeld abgenommen: und dan gingen sie müßig. Beides trug der Schatzkammer des Königes / als auch dem Gefängnüs meister ein großes jahrgeld ein. Und darüm warden wenig Verbrecher mit dem Tode gestraft. Alle musten in dergleichen gefängnüsse tantzen. Und ihre rechtssachen schob man auf die lange harrebank; damit der genos üm so viel grösser wäre. Weil nun Nitokris wohl wuste / daß Josef unter die zahl der armen gefangenen würde gerechnet / und mit harter arbeit belegt werden; so schikte sie dem Gefängnüsmeister /durch einen unbekanten menschen / eine zimliche anzahl geldes. Darbei fügte sie diesen Befehlbrief.

Dem Königlichen Gefängnüsmeister wird [147] hiermit ernstlich befohlen den gefangenen Josef / Fürst Potifars gewesenen Diener / aller arbeit zu entschlagen; und ihn mit an seine tafel zu setzen / auch sonsten so ehrlich zu halten / daß gemelter Gefangener oder iemand anders seinetwegen sich dermahleins nicht zu beschweeren habe. Und imfal der Gefängnüsmeister /dem deswegen dieses beigefügte geld geschikt wird /sich möchte gelüsten laßen diesem befehle nicht in allem gehohrsamlich nachzukommen; so sol er wissen / daß er sich wider das Königliche Haus verbrechen /und sein leben deswegen in unvermeidlicher gefahr stehen werde. Wie nun ihm mehrgemelter befehl gnädigst erteilet wird; so wird er es ihm angelegen sein laßen demselben untertähnigst nachzuleben / und keinem / auch nicht einem menschen dessen öfnung zu tuhn.

Diesem befehle gehorchte der Gefängnüsmeister alsobald. Von stunden an ward Josef entfesselt. Flugs ward er aller arbeit überhoben. Straks zog er ihn an seine tafel. Ja er gewan ihn endlich so lieb / daß er ihn allen andern gefangenen vorzog. Und solches täht er nicht allein dem gemelten befehle zu gehohrsamen /sondern auch aus eigener bewegung. Er sahe Josefs große tugend. Er erblikte seinen fürtreflichen verstand. Er verwunderte sich über seine unvergleichliche geschikligkeit: und darüm übergab er ihm auch selbst das gebiete über alle gefangene; also daß er sich keines dinges mehr annahm. Was Josef täht /war wohl getahn. Was er hies / das muste geschehen. Alle gefangene musten seinem befehle gehorchen. Alles stund in seiner hand: und was er anfing / da gab der HErr glük zu. Also war er in seinem unglükke glüklich: in seinem gefängnüsse frei: in seiner knechtschaft ein gebieter. Ja er hatte alhier so viel ledige stunden / daß er sich in der Sterndeuterei [148] unverhindert üben konte. Zu dem ende ging er viel üm mit einem gefangenen Kaldeer. Den entschlug er auch von seiner arbeit; damit er die geheimnüsse dieser Kunst von ihm üm so viel besser erfahren könte. In kurtzer zeit gelangte er darinnen so weit / daß er aus dem stande des Gestirnes in seiner gebuhrtsstunde das gantze glük und unglük seines Lebens ersahe. Er sahe / was ihm vormahls begegnet; was ihm itzund begegnete; und was ihm noch künftig begegnen würde. Er sahe /daß er über zwei jahr auf eine hohe staffel der ehren würde erhoben werden. Auch untersuchte er den sternstand in der gebuhrtsstunde seines Vaters / die ihm noch wohl bewust war. Darinnen befand er / daßJakob kurtzkünftig in ein fremdes land ziehen solte; und alda würde er sterben.

Solchergestalt übte sich Josef in dieser Kunst / die verborgenheiten der Sternschrift zu erforschen / tag und nacht. Dieses große Buch der Natur war ihm nun nicht mehr dunkel zu lesen. Sein scharfsinniger verstand drung fast durch alle desselben geheimnüsse hin. Jedoch war er in dieser sache so abergleubisch nicht / als die Kaldeer. Er machte daraus keine nohtwendigkeit / wie sie. Er wuste zwar / daß Gott die Natur geschaffen / und daß Er ihren lauf eingerichtet. Aber er wuste auch / daß es in seiner macht stünde /sie / zusamt ihrem lauffe / zu ändern: welches Er gleichwohl ohne hochwüchtige ursachen niemahls tähte. Er wuste / daß das Sternbuch anders nicht / als Gottes Warn- und zeichen-buch sei: dadurch Er zugleich den Menschen seine Almacht / so wohl im zorne das unglük / als in der gühte das glük kommen zu laßen / vor augen gestellet: daß Er nähmlich / wan sie in ihren fünden verharreten / böses / und wan sie darvon abstünden / guhtes tuhn könte; aber nicht alzeit wolte: indem Er das angezeigte oder versprochene guhte / wan sie böses tähten / so wohl als das [149] gedreuete böse / wan sie hingegen guhtes tähten / nicht tuhn wolte. Er wuste / daß Gott den menschen hierdurch nur vor unglük zu warnen / und ihm das künftige glük und unglük anzuzeigen / nicht aber gewis zuzufügen gesonnen: ja daß Er / durch die unglükszeichen / ihn zur reue / und / durch die glükszeichen / zur dankbarkeit zu lokken trachtete. Und darüm gleubteJosef keinesweges / daß es nohtwendig geschehen müste / was das Gestirn andeutete. Er gleubte viel mehr / daß es in des Schöpfers macht stünde / dieses /wan es Ihm beliebete / doch nicht ohne erhöbliche ursachen / zu ändern: nachdem Er sehen würde / wie sich der Mensch anliesse / und in seinem wandel guht / oder böse verharrete. Ja er gleubte / daß Gott dem Gestirne keine macht über den Menschen zu herrschen eingepflantzet: sondern Ihm solche macht selbsten vorbehalten; und über das gestirn / auch über ihr angedeutetes glük oder unglük zugleich herschete. Und dieses beides veränderte Er / nachdem er urteilete / daß es dem Menschen ersprieslich.

Also verlies sich Josef auf sein instehendes durch das gestirn angedeutetes glük keinesweges so fest /daß er ihm einbildete / es müste also geschehen. Sondern er verlies sich auf Gott allein: der es ihm durch diese sternzeichen zwar angedeutet / aber gleichwohl solche andeutung gantz anders könte ausfallen laßen; imfal er sich solches glükkes selbst unwürdig machte / oder dasselbe durch achtloßheit oder sonst verschertzete. Ein König oder Fürst giebt manchem seiner untertahnen ein zeichen seiner gnade / und verspricht ihm dadurch ein großes glük: aber er wil auch haben /daß er sich der würklichen gnade / und des glükkes /das er ihm verspricht / würdig mache; und daß er selbst darnach ringe: weil keinem eine gebrahtene taube von sich selbst in den mund flieget. Dan wan er solche gnade / durch übeles verhalten / oder unachtsamkeit / verschertzet; so verändert [150] [152]der Fürst seine gnade in ungnade / und lesset ihm das angezeigte oder versprochene glük keinesweges widerfahren. Auch dreuet ein Fürst seinem untertahnen oftmahls eine strafe: wan aber der untertahner sich bessert / so reuet es den Fürsten / und lest die strafe nicht ergehen.

Eben also tuht Gott / wan Er uns / durch die Sternschrift / auch sonsten etwan ein glük verspricht / oder ein unglük dreuet. Dreuet Er ein unglük; so wil Er nicht / daß der Mensch die Sterne / oder das unglük /das Er durch die sterne dreuet / sondern Gott selbst fürchten / und mit bußfärtigem leben und gebäht Ihm in die dreu- und straf-ruhte fallen sol. Ja Er wil / daß der Mensch über solches zeichen nicht verzagen /noch ihm gewis einbilden / daß es also ergehen müsse; sondern daß er das instehende unglük mit tapferem muhte / und mit vorsichtigem handel und wandel ableinen und vermeiden sol. Und eben darüm offenbahret Gott demselben / den Er liebet / solches unglük; und zeigt es auch allen zuvor / durch die sternschrift / an: doch giebt Er nicht allen den verstand sie zu verstehen. Verspricht Er ihm aber ein glük; so wil Er nicht / daß der Mensch meinen sol / er habe es schon in den händen / und sich mehr darauf verlaßen /als auf Gott: sondern Er wil / daß der Mensch solches / durch inbrünstiges gebäht / tugendhaften wandel /und seine eigene geschikligkeit zugleich / zu befördern trachte / und sich dessen würdig mache.

Mit diesem rühmlichen zeitvertreibe brachte Josef seine müßigen stunden zu. Und darbei vergaß er alles seines leides. Aber Sefira lag inzwischen in den allergrösten schmertzen. Die liebe / der zorn / die rache /der eifer / die reue / die furcht / und alle dergleichen Seelen- oder vielmehr Höllen-gespenster ängstigten sie dermaßen / daß sie immer schwächer und schwächer ward. Josef hatte im anfange / in einem finstern loche / dessen einiges [152] fenster in ihrem hof ausging /gesessen. Alhier hatte sie sich bei nächtlicher weile vielmahls finden laßen / einen versuch zu tuhn / ob sie den gefangenen Josef nicht itzund bewegen könte. Sie hatte ihm angebohten / ihn aus diesem loche zu erlösen / so bald er nur angelobte ihren willen zu volbringen. Aber Josef liebte seine fessel und bande mehr / als eine solche freiheit / die er durch den verlust seiner keuschheit erlangen solte. Nicht einen einigen trieb / der darnach zu wolte / empfand er in seiner seele. Und also stellete sie dem Keuschen Josef selbst in seinem gefängnüsse nach. Aber die treue vorsorge der liebreichen Nitokris benahm ihr diesen weg. Sie rettete den Josef aus diesem loche. Und hiermit hatteSefira alle ihre hofnung verlohren. Hiermit veränderte sich ihre Liebeskrankheit in eine rechte Leibeskrankheit. Ja sie ward so krank / daß die Aertzte an ihrem leben zu zweifeln begunten.

Als nun Sefira sahe / daß ihr ende vor handen / so dachte sie auf mittel den Josef aus dem wege zu reumen; damit er ja keiner andern zu teil würde. Ihre eifersucht trieb sie so weit / daß sie beschlos / ihm einen gifttrank beibringen zu laßen. Solchen giftigen anschlag entdekte sie ihrer Kammerjungfrau. Aber diese war viel zu ehrlich solches schandstükke zu verschweigen. Viel weniger wolte sie damit zu schaffen haben. Sie offenbahrte es der Nitokris. Diese schrieb an den Gefängnüsmeister straks einen Brief; welcher also lautete:

Diejenige hand / welche neulich den Königlichen Gefängnüsmeister gewürdiget an ihn zu schreiben /befielet ihm noch einmahl den Josef wohl in acht zu nehmen. Auch wird ihm in geheim berichtet / daß man vorhat gemelten Gefangenen mit gifte zu tödten. Darüm wil ich / daß er zur stunde gewarnet / und wohl bewahret [153] werde. Wan es aber der Gefängnüsmeister verseumet / und solche schändliche mordtaht volzogen würde; so sol des ermordeten unschuldiges bluht von seinen händen gefördert werden. Ja der Königliche Hof selbsten wird ihn zur verantwortung ziehen.

Dieses alles täht die königliche Fürstin der schönen Assenat zu liebe: wiewohl sie ihr selbsten noch zur zeit nicht das geringste märken lies. Semesse bestelte den brief auch so heimlich / daß niemand erfuhr / wo er herkähme. Josef selbsten konte nicht errahten / wer so treulich vor ihn sorgete. Darüm dankte er Gott /der die hertzen lenkte sich über ihn zu erbarmen. Auch baht er hertzinniglich solche so große wohltaht tausendfältig zu vergälten. Und also warden alle derSefira anschläge vereitelt. Alle ihre giftige ränke gingen den kräbsgang. Gott sorgete vor Josef. Der Höchste nahm sich seiner an.

Potifar hatte bisher mit der Anklage wider denJosef verzügert. Und wiewohl Sefira tag und nacht üm rache gerufen / so bekahm sie doch nur eine leere vertröstung. Er täht gantz nichts zur sache. Die worte der Nitokris lagen ihm stähts im sinne. Und daraus konte er unschweer schliessen / daß diese sache / wan er sie viel rührete / ihm und seiner Gemahlin mehr schimpfes / als ehre / bringen würde. Gleichwohl muste dem Josef die Uhrsache seiner gefängnüs schriftlich eingehändiget werden. Das erforderte der Egipter Gesetz. Es war eine alte gewohnheit. Und darüm befahl er eine solche Schrift auszusetzen. Aber der Sefira plötzlicher tod veruhrsachte / daß sie nicht eingehändiget ward. Also blieb die gantze sache stekken.

Etliche wochen nach der Sefira ableiben starb auch der Ertzbischof von Heliopel. In dessen stelle warPotifar schon erwehlet. Diese muste straks besetzt sein. [154] Darüm brach er eilend auf / und zog nach Heli opel. Gern hette er den Josef aus dem Gefängnüsse erlöset. Gern hette er ihn wieder gehabt. Gern hette er ihn wieder in sein amt gesetzt. Aber er durfte nicht. Er befahrete / es möchte ihm / und seiner verstorbenen Gemahlin zur schande gereichen. Darüm schwieg er itzund gantz stil. Er erwähnte des Josefs mit keinem worte. Gleichwohl vergaß er seiner nicht. Seine tugenden spieleten stähts in seinen sinnen. Doch lies er sich dessen nichts märken. Er gedachte: mit der zeit wird es sich alles wohl schikken.

Straks hierauf versündigten sich wider den König zween seiner Kämmerer / der Mundschenke / und der Oberste der Bäkker. Jener hatte sich im einschenken des weinbechers versehen: und dieser sehr viel des Königlichen getreidichs veruntrauet. Der König ward über sie sehr zornig / sonderlich über den Obersten der Bäkker. Gleichwohl musten sie beide fort. Es half kein vorbitten. Beide warf man ins gefängnüs / daJosef gefangen lag. Doch weil sie so vornehme Beamten waren / lies man sie ehrlich bewürten. Josef ward bestellet ihnen aufzuwarten. Fleissig versahe er diese bestallung. Mit allen diensten ging er ihnen zur hand. Sie hatten nunmehr etliche tage gesessen / als sie Josef auf einen morgen sehr traurig fand. Zur stunde fragte er: was ihnen fehlete? Der Mundschenke gab zur antwort: uns hat heunte etwas getreumet / und wir haben niemand / der es uns ausleget. Das auslegen / fuhr Josef fort / gehöret Gott zu: doch laßet höhren / was es ist. Der Mundschenke fing an: Ich sahe vor mir einen Weinstok stehen. Der hatte drei Reben. Er grühnete tapfer. Erblühete / und trug früchte. Endlich warden seine trauben reif. Und ich hatte des Königs Becher in der hand. Darein drükte ich den [155] saft der weinbeeren aus: und reichte ihn dem Könige zu. Der Könige zu. Der König nahm ihn / und trank.

Dieses ist ein guhter traum / fing Josef hierauf an.Die drei Reben seind drei tage. Uber drei tage wird der König sein heupt erhöhen. Er wird ihn wieder an sein amt stellen. Ihm wird er den Becher wieder zureichen / wie zuvor. Aber er gedenke meiner / wan es ihm wohl gehet; und tuhe barmhertzigkeit an mir. Er vergesse nicht den König zu erinnern / daß er mich aus dieser haft erlöse. Dan ich bin aus dem lande der Ebreer heimlich gestohlen. Darzu habe ich alhier nichts strafwürdiges getahn: und gleichwohl hat man mich gegangen gesetzt.

Als der oberste Bäkkereiverwalter hörete / daß seines Mitgefangenen Traum so eine guhte deutung bekahm; so erzehlete er seinen traum gleichesfals. Ich treumete / sagte er / daß ich auf meinem heupte drei weisse Körbe trüge. Im obersten Korbe lag allerhand Gebakkenes vor den König. Aber die vogel fraßen aus dem korbe auf meinem heupte. Josef antwortete: ich wolte ihm auch gern was guhtes gönnen: aber bis ist des Traumes bedeutung. Die drei Körbe seind drei tage. Nach drei tagen wird der König ihm sein heupt erhöben: er wird ihn an den galgen hänken. Und alsdan werden die vogel auf seinem Kopfe sitzen / und sein fleisch fressen.

Am dritten tage darnach beging der König seinen Jahrstag. Ein herliches gastmahl hatte er angestellet. Darzu waren alle seine Beamten geladen. Und da erhub er das heupt des Obersten Mundschenkens: als auch des Obersten Verwalters der Bäkkerei. Den Obersten Mundschenken setzte er wieder in sein schenkamt. Aber den Obersten der Bäkker lies er / als einen des diebstals überwiesenen / an den galgen knüpfen. [156] Und also begegnete beiden / wie Josef ihre treume gedeutet. Aber der oberste Mundschenke vergaß des Josefs / und gedachte nicht mehr weder seines dienstes / noch der auslegung seines traumes. So gehet es gemeiniglich bei Hofe. Die hofluft hat diese ahrt / daß sie das gedächtnüs der wohltahten in einem hut verzehret / oder doch zum wenigsten benebelt. Kaum hatte sie der Mundschenke eingesogen / da fühlete er ihre würkung schon; und lies also den unschuldigen Josef in seiner gefangenschaft noch zwei jahre verzappeln.

Aber die aufrichtige Nitokris war weit anders gesinnet. Sie war zwar bei hofe gebohren; und mitten im hofwesen erzogen. Gleichwohl hatte die schärfe der hofluft die lauterkeit ihres redlichen hertzens keinesweges verletzen oder benebeln können. Der Assenat zu liebe hette sie den Josef gern erlöset. Sefira war zwar todt. Josefs einige verfolgerin war den weg aller welt gegangen. Die stund ihr nicht mehr im wege. Bei dem Könige / ihrem Herrn Vater / vermochte sie sehr viel. Es were nur üm ein wort zu tuhn gewesen. Doch gleichwohl durfte sie es nicht wagen. Der wohlstand wolte es nicht zulaßen. Sie befahrete sich eines übelen nachklangs; wan sie sich des Josefs so eifrig und so öffendlich annehme: wan sie demselben / den ihre Muhme bezüchtiget / als wan er ihre ehre zu kränken sich unterwunden / das Wort redete. Und eben darüm war sie heftig bekümmert. Sie trug ein großes mitleiden mit ihm. Ja es schmertzte sie über alle maßen /daß eine so unvergleichliche schönheit im gefängnüsse veralten solte. Noch mehr betauerte sie seine himlische Tugenden / daß sie ihre strahlen nicht vor der gantzen welt solten leuchten laßen. Aber was wolte sie tuhn? Sie muste einer füglichern gelegenheit erwarten. Unterdessen konte der Sefira beschuldigung in vergessenheit gerahten. [157] Mit der zeit konten die Rosen wohl blühen. Ja sie stunden auch endlich in voller blühte / und gaben der Nitokris anlaß sie zu pflükken.

Nach zwei jahren beging der König wieder sein Jahrsfest. Und dieses ward viel herlicher gefeiert / als alle die vorigen iemahls. Die fürnehmsten Fürsten des Reichs kahmen nach Memfis / dem Könige glük zu wündschen. Ja selbst der Adel aus den fürnehmsten ländern legte diese schuldigkeit ab. In der stadt kribbelte und wibbelte alles von menschen. Die Königliche Burg war erfüllet mit Fürsten. Auch kahm das fürnehmste Frauenzimmer des gantzen Egiptens der Königin aufzuwarten. Alles hüpfte vor freuden. Wo man hinsahe / war lauter lust. Ja es schien / als wan sich alle lust und alle freude aus der gantzen welt itzund in Memfis zusammengefunden. In allen gassen klungen die trummeln. Fast in allen Heusern sungen die sänger. Schier aus allen fenstern halleten die trompeten. Beinah aus allen tühren schalleten die Krumphörner. Ja die lieblichschallenden Klingelspiele erfülleten die gantze stadt. Die Jungfrauen tantzeten bei dreien. Bei drei mahl dreien führeten sie den reihen. Die Jünglinge sprungen. Die schalmeien klungen. Das jauchzen / das frohlokken / das glükrufen hatte kein ende. So lange Memfis gestanden / war ein so fröhlicher Mei nicht erschienen. So eine fröhliche Rosenzeit hatte man nie gesehen.

Die Aernte war eben vor der tühre. Der König bekahm lust die Felder zu besehen. Alle Fürsten setzten sich zu pferde / ihn zu begleiten. Der Adel folgte hauffenweise. Die Königin selbst erschien / bei dieser feldlust / auf einem gantz güldenem wagen. Die Königliche Fürstin Nitokris hatte sie allein bei ihr sitzen. Das andere Frauenzimmer folgete. Eine Fürstin war immer köstlicher / als die andere: eine Jungfrau immer geschmükter / [158] [160]als die andere: ein Wagen immer prächtiger / als der andere. Der schmuk / die pracht / die freude zogen / mit dieser lustfahrt /gleichsam aus der stadt. Aber nach zwo stunden kehrete alles wieder zurük. Der gantze schwalk begleitete den König bis in die Burg. Alda stunden die tafeln schon gedekt: die speisen bereitet: die Mahrschälke färtig den gästen des Königes ihre stellen anzuweisen. Es war eben mittag / als die speisen aufgetragen warden. Und von der zeit an blieb man sitzen bis gegen den abend. Da erhub sich der König. Da stunden die Fürsten auf. Da ward der gantze Adel rege. Noch eine zeit lang ergetzte man sich stehende. Man hörete den Kunstsängern und Meisterspielern zu. Teils spracheten miteinander. Teils trunken miteinander. Endlich ward ein stilschweigen / durch die Mahrschälke / gebohten. Und damit traht der Reichskantzler hervor. Dieser täht eine kurtzbündige rede. Er dankte / im nahmen des Königes / der gantzen Versamlung / daß sie / seine lust zu vermehren / mit ihrer gegenwart dieses Königliche Fest zieren wollen. Er dankte ihnen allen / daß sie / dem Könige zu liebe / auf sein ausgeschriebenes Gebuhrtsmahl erscheinen wollen. Endlich dankte er auch den Göttern / daß sie diesen fröhlichen tag den König gesund erleben laßen. Ja er baht sie zugleich / daß sie ihn denselben / bei eben solcher gesundheit / noch lange erleben liessen. Hierauf rief einieder: Lange lebe der König! Und mit diesem zurufe schieden sie alle voneinander.

Also nahm dieser erste tag des Königlichen Festes sein gewündschtes ende. Also war dieser erste freudentag mit vollen freuden volzogen. Und also begab sich der König wohlvergnüget und wohlbelustiget zur ruhe. Auch ruhete er die gantze nacht durch / nach eignem wundsche. Er schlief gantz sanfte bis an den liechten morgen. Da bekahm er einen wunderlichen Traum: [160] darüber er wakker ward. Aber er schlief straks wieder ein: und treumete noch einen andern / der viel wunderlicher schien; wiewohl er dem ersten nicht ungleich war.

Diese zween Treume / sonderlich weil sie so straks und in einer stunde aufeinander gefolget / machten dem Könige sehr fremde gedanken. Er bekümmerte sich darüber den gantzen morgen. Er war überaus unruhig in seinem geiste. Ja er konte nicht ruhen / er hette dan zuvor ihre deutung erfahren. Und darüm lies er von stunden an alle Wahrsager / und alle Weisen zusammenrufen. Straks musten sie kommen. Flugs solten sie solche treume auslegen. Geschwinde wolte der König die deutung wissen. Er erzehlete sie zwar von stükken zu stükken: und sie sonnen ihnen auch eifrig nach. Aber Gott benahm ihnen alle ihre weisheit. Der HERR entzog ihnen allen ihren verstand. Sie trahten zwar zusammen. Sie trugen alle ihre weisheit zusammen. Sie brachten alle ihre Traumbücher zusammen. Sie suchten / sie forscheten / sie berahtfragten sich untereinander. Aber sie konten nichts finden / sie konten nichts erforschen / ja sie sahen keinen raht diese treume zu deuten.

Es fielen auch unter ihnen allerhand streitreden vor. Der eine teil wolte behaupten / daß es rechte bedeutende treume weren: sonderlich weil sie der König in der frühstunde / da die speisen im magen schon gantz vertauet gewesen / und derselben dünste keine schweermühtige einbildungen mehr würken können /gehabt hette. Gleichwohl konten sie keinesweges errahten / was sie bedeuteten. Die meisten aber stunden in der meinung / daß es keine bedeutende oder vorspielende / sondern nur nachspielende treume weren. Der König / sagten sie / hette sich gestern auf dem selbe erlustiget. Da hette er das Vieh in den Niel und wieder heraus steigen gesehen. Da hette er die Kornähren auf ihren hälmern erblikket. Das beides were ihm die nacht darauf / im [161] schlafe / wieder vorgekommen. Dergleichen bilder hette ihm die einbildung vorgestellet. Diese hette mit demselben / was sie den vorigen tag gefasset / bloß allein ihr spiel gehabt. Und darüm bedeuteten diese treume / weil die einbildung von den Göttern selbsten darzu nicht were getrieben worden / nichts sonderliches.

Eben als diese letzten ihrer meinung erörterung vorbrachten / war noch ein alter Kaldeer hinein gekommen. Der befestigte solche meinung auch. Unter andern sagte er: daß diese Treume / als auch alle die andern / die aus den tagsgedanken herrühreten / nichts anders weren / als der nachklang der seiten / wan man sie aufhöhrete zu schlagen; welcher vom schlage gleichsam zurükprallete / und / wan dieser nachliesse / noch eine zeitlang währete. Zudem / fuhr er fort /pflegen dergleichen Treume / die bloß allein aus der übermäßigsten der vier Feuchtigkeiten des menschlichen leibes entstehen / eben so wenig zu bedeuten. Nähmlich wan die Flüssigen von wassern / sumpfen / schifbrüchen / vom ertrünken / und auf halten im fliehen; die Bluhtreichen von gastmahlen / lustigen wiesen / vogeln / vom flügen / als auch vomsing- und seitenspiele; die Vergalten vom feuer /vom fechten / streiten / und morden; dieSchwartzvergalten von schwartzen und traurigen dingen / von gräbern / Mohren / Teufeln / und dem tode / treumen. Weil nun im Könige die Galle / und dan die Flüsse am meisten herschen: so ist es nicht fremde / daß ihn im traume gedeuchtet / als wan eine Kuh oder Ahre die andere verschlungen; wie auch als wan die Kühe aus dem wasser weren gestiegen.

Der König hörete dieses alles mit an. Er märkte auf alle ihre worte. Aber als er sahe / daß aus ihren so unterschiedlichen streit-reden nicht die geringste deutung seiner treume folgete; da ward er sehr ungedultig. Auch märkte er / daß dieselben / welche sie vor bedeutende [162] Treume hielten / mit ihrer deutung nicht heraus wolten. Dan weil der König eine Kuh und eine Ahre die andere verschlingen gesehen / so urteilten sie / daß es nichts guhtes bedeutete. Sie stunden und zauderten / und durften nichts sagen. Zuvor hatten die Traumdeuter / in auslegung der Königlichen treume /gemeiniglich geschmeuchelt. Sie hatten den Königen nichts / als künftige glükseeligkeit / verkündiget. Und hierdurch hatten sie getrachtet ihre gunst und gnade zu gewinnen. Aber alhier wolte das schmeucheln keine stat finden. Diese Treume schienen ihnen alzuböse. Sie befahreten sich / wan sie schmeuchelten /daß der unglükliche ausfal sie bald beschämen würde. Schmeuchelten sie aber nicht / und sagten die wahrheit frei heraus; so hetten sie anders nichts / als des Königes ungnade zu vermuhten. Und darüm wolten sie lieber schweigen / als eines von beiden zu tuhn sich erkühnen; weil sie sich / samt ihrer kunst / durch jenes so wohl / als dieses / in gefahr stürtzen konten. Das war bei ihnen so fest beschlossen / daß der König weder mit guhten / noch dreuworten / nicht das geringste erlangen konte. Und ob er schön befahl / sie solten die runte wahrheit nur ungescheuet heraussagen / es möchte guht / oder böse sein; so blieben sie doch bei ihrem schlusse.

Es war niemahls erhöret / so lange ein König in Egipten geherschet / daß ein Königlicher Traum nicht hette können gedeutet werden. Egipten hatte die fülle solcher Leute / welche so färtig in der Traumdeuterei waren / daß ihnen sonst kein traum zu schweer oder zu dunkel fiel. Gleichwohl fand sich alhier nicht einer. Nicht einer durfte das hertz nehmen / diese zween treume zu deuten. Und hierüber ward nicht allein der König / sondern auch die gantze versamlung der Reichsstände zum höchsten bestürtzt. Diese waren auch entbohten / ihr guhtdünken zu sagen. Es betraf des Reichs wohlfahrt. [163] Dem gantzen Egiptischen Stahl war daran gelegen / daß die Königlichen Treume recht gründlich ausgeleget würden. Einer dachte dis / der andere das. Einer gab diesen / der andere jenen raht. Aber aus allen diesen rahtschlägen ward kein endschlus. Niemand wuste / wie man in dieser wüchtigen sache verfahren solte. Endlich ward den Wahrsagern und Traumdeutern ein tag zur bedenkzeit gegeben. Ja der König befahl ihnen ausdrüklich / daß sie vor ihm /bei verlust ihres lebens / ohne die deutung seiner treume nicht erscheinen solten. Und hiermit wanderten sie hin.

Nitokris lag eben im fenster / als die Egiptischen Weisen und Traumdeuter vom Könige kahmen. Sie sahe / wie heftig sie untereinander stritten. Sie märkte es aus ihren gebährden / daß etwas sonderliches müste vor handen sein. Geschwinde schikte sie hin zu erfahren / was es were. Sie bekahm bescheid / daß der König in der vergangenen nachnacht zween unterschiedliche Treume gehabt: darüber er sehr entstellet sei. Er hette deswegen alle Kaldeer / samt den Egiptischen Traumdeutern / entbohten. Aber keiner wüste sie auszulegen. Niemand von allen hette einigen bescheid gegeben. Selbst die Reichsstände weren deswegen überaus bestürtzt. Der König hette sie versamlet / ihr rahtsbedenken einzuziehen. Aber da sei kein raht zu finden.

Nun sahe Nitokris die zeit gebohren / da sie denJosef erlösen könte. Nun sahe sie die endliche erfüllung ihres und der Semesse traumes vor der tühre. Nun war es keine zeit mehr zu schlafen. Vor drei tagen hatte sie dem Josef in geheim ein stükke geldes / mit einem köstlichen seidenem zeuge zum kleide /geschikt. Darbei hatte sie schriftlich erinnert / daß er solches / kleid aufs zierlichste und zur stunde solte verfärtigen laßen. In zwee tagen würde der König seinen Jahrstag feiren. Da möchte gelegenheit vorfallen den Josef zu erlösen. [164] Darüm / wan er entbohten würde / solte er in diesem neuen kleide erscheinen.

Also hatte Nitokris schon in vorraht sorge getragen gegen diese zeit. Und das kahm auch itzund sehr wohl zu statten. Ihr vorsatz war / den König straks zu besuchen. Straks wolte sie ihn des Josefs geschikligkeit offenbahren. Aber es konte nicht sein. Die Reichsstände waren bei ihrem Herrn Vater versamlet. Er hielt mit ihnen raht über seine Treume. Darüm wolte es ihr / als einem Frauenzimmer / nicht gebühren / bei so einer großen versamlung der Herren / den König anzusprechen. Ja es wolte ihr / als einer Tochter / nicht geziemen / den Vater in seinen so wüchtigen geschäften durch ihre gegenwart / zu stöhren. Gleichwohl hette sie dem Josef gern geholfen. Die gelegenheit darzu war da. Sie hatte sie in den händen. Es war nicht rahtsam lange zu zaudern. Sie befahrete sich / sie möchte ihr entschlüpfen. Endlich entschlos sie sich bei dem Könige schriftlich deswegen einzukommen. Es muste gewagt sein. Eher konte sie nicht ruhen. Und in dieser entschliessung entwarf sie folgendes


Schreiben an den König / ihren

Herrn Vater.


Hertzhochgeliebter / Höchst geehrter Herr Vater /

Ich bin sein Kind. Ich bin seine Tochter. Ein Kind ist mehr / als andere / verpflichtet seinem Vater zu dienen. Eine Tochter ist vor allen verbunden / dem /der ihr das leben gegeben / mit ihrem leben zu helfen. Doch hier wird so viel nicht erheischet. Ein guhter raht kan es [165] alles schlichten. Ich habe verstanden / daß der Herr Vater betrübt sei über seine Treume. Darüm mus Denselben ich / als seine Tochter / trösten. Ich habe vernommen / daß Er ungedultig sei; weil keiner von allen Traumdeutern sie auszulegen weis. Darüm erfordert meine kindespflicht / Ihn aus solcher ungeduld / durch einen guhten raht / zu reissen. Der Herr Vater betrübe sich nicht. Er bekümmere sich nicht. Er laße nur allen unmuht fahren. Wan sonst niemand raht weis seine treume zu deuten; so weis ichs. Ich weis raht. Und darüm wird es mir verhoffentlich nicht verübelt werden / daß den Herrn Vater / in seinen geschäften / mit dieser schrift zu stöhren / ich mich erkühne. Aber ich wil ihn / ohne weiteren ümschweif /entdekken. Derselbe edele Ebreer / welcher vor zwölf jahren dem Herrn Vater von den Ismaelern verehret ward / und eine zeit her Fürst Potifars Hofmeister gewesen / weis aller treume dunkelen verstand aus dem grunde zu erklähren. Ja er weis nicht allein dieses. Er weis auch aus dem gestirne alles zu sagen / was künftig geschehen sol. Selbst die Aussprüche der Götter seind ihm unverborgen. Alle ihre heimligkeiten seind ihm offenbahr. Ich rede darvon aus eigener erfahrenheit. Itzund befindet er sich / wiewohl gantz unschuldig / unter den Königlichen gefangenen. Wan es dem Herrn Vater beliebt / kan er ihn alda abhohlen laßen. Ich weis gewis / Er wird mehr vergnügung von ihm bekommen / als ich sagen kan. Sein fürtreflicher Verstand / ja mehr als menschliche Weisheit wird sich selbsten genug dartuhn. Und dieses ist der raht / den ich weis. Dis ist der raht / den Ihm / Hertzhochgeliebter Herr Vater / ausgetrenester [166] Kindespflicht hat endekken wollen

Desselben gehohrsamste Tochter

Nitokris.


Dieses Schreiben schikte sie alsobald dem Könige zu. Aber eh es ankahm / hatte dem rahte der Nitokris der Oberste Mundschenke schon den weg gebahnet. Dieser / nachdem er des Königes so wohl / als der Reichsfürsten bestürtzung vernommen / begehrte gehöhret zu werden. Es ward ihm zugestanden. Er traht auf; und redete den König also an. Gnädigster König / sagte er / itzund gedenke ich an mein ehmahliges verbrechen. Itzund erinnere ich mich des zorns /den der König dazumahl auf seine knechte geworfen. Itzund fället mir ein / was mir und dem obersten Bäkkereiverwalter damahls / im gefängnüsse / begegnet. Wir hatten in einer nacht einieder einen sonderlichen Traum. Des morgens waren wir deswegen beide betrübt. Einieder verlangte desselben deutung zu wissen. Aber wir hatten keinen ausleger. Da kahm Josef /ein edler Jüngling aus dem Geschlechte der Ebreer /der des Gefängnüsmeisters diener war / zu uns hinein. Dieser legte uns unsere treume von stunden an aus. Und wie er sie deutete / so ist es ergangen. Ich kahm wieder an mein Schenkamt: und jener an den Galgen.

Also war der Königlichen Fürstin der Königliche Mundschenke zuvorkommen. Und als der König sahe / daß das Schreiben seiner Freulein Tochter des Mundschenkens worte bekräftigte; da vergaß er alles seines kummers. Alle seine traurigkeit verlohr sich. Er hatte ihm zuerst vorgenommen diesen gantzen tag zu fasten. Aber nun ward er anders sinnes; [167] gleichsam als wan er schon vorher wüste / daß ihm Josef was guhtes anzeigen würde. Nun befahl er die tafeln zu dekken; und allen seinen gästen anzusagen / daß sie sich eilend zu des Königes gastmahle wieder einstelleten. Auch hatte er dem Obersten Mundschenken straks befohlen / daß er selbsten geschwinde hingehen solte / den Josef zu hohlen. Diesem befehle gehorchte der Oberste Mundschenke zur stunde. Doch schikte er seinen diener zuvor hin den Josef anzudeuten / daß er sich gefast machte / wan er abgehohlet würde / straks vor dem Könige zu erscheinen.

Niemand war froher / als Josef / da er diese fr \liche zeitung bekahm. Seine freude war nicht auszusprechen. Keine feder konte sie beschreiben. Er machte sich flugs färtig. Er wusch sich. Er reinigte sich. Er badete sich. Auch lies er das erste mahl seinen bahrt hutzen. Und solches täht er alles nach der Egipter gewohnheit / wan sie vor ihren Königen erscheinen sollen. Endlich zog er sein neues kleid an: darzu er den seidenen zeug / nicht wuste er von wem / geschikt bekommen. Also stund nun Josef bereit; und wartete mit schmertzlichem verlangen auf seine erlösung.

Indessen kahm der oberste Mundschenke selbst an / ihn abzuhohlen. Er saß auf einer köstlichen Kutsche / mit vielen dienern begleitet. Josef muste sich neben ihn setzen. Und also fuhren sie beide nach der Königlichen Burg zu. So bald sie alda angelanget / wardJosef straks in den Königlichen saal geführet. Der König stund eben mitten unter den Reichsfürsten / als er hineintraht. Diese verwunderten sich alle / ja der König selbsten über seine herliche schönheit. Sie verwunderten sich über sein ansähnliches wesen. Alle sahen seine edele gestalt gleich als bestürtzt an: sonderlich als er sich / mit so höflichen und wohlanständigen gebährden / zu neugen wuste. Der Reichskantzler aber winkte ihm / [168] was näher herbei zu trähten.Josef gehorchte: und jener sprach ihn also an. Lieber Jüngling / sagte er / wir haben erfahren / daß dir die Götter verstand und weisheit gegeben die Treume zu deuten. Weil ich nun auch zween Treume gehabt /derer bedeutung mir niemand sagen kan; so haben wir dich hohlen laßen / solche von dir / in des Königes gegenwart / zu vernehmen. Wirstu recht zutreffen /solstu nicht allein deine freiheit / sondern auch sonsten eine sonderliche Königliche gnade darvontragen. Josef neugte sich zur erde nieder / und antwortete: Das stehet in meiner macht nicht. Gleichwohl kan mein Herr / was er getreumet / erzehlen: und Gott wird ihm guhtes ankündigen.

Hierauf erzehlete der Reichskantzler den ersten Traum. Mir treumete / sagte er / als wan ich an einem Wasser stünde. Und aus diesem wasser sahe ich sieben schöne und wohlleibichte Kühe an das land steigen. Diese blieben alda in der weide des grases gehen. Darnach sahe ich noch andere sieben Kühe /welche gantz häslich und mager / aus eben demselben wasser aufsteigen. Diese trahten neben jene / an das ufer des wassers; und fraßen sie auf: doch blieben sie mager und dürre / wie vorhin. Hierüber entsetzte ich mich dermaßen / daß ich erwachte. Aber ich schlief straks wieder ein: und da sties mir noch einander traum auf. Ich sahe sieben dikke und volle Kornahren auf einem halme wachsen: darnach noch andere sieben dünne und versängte neben jenen aufgehen. Und diese sieben magere Ahren verschlungen die ersten sieben. Das seind meine beiden treume / derer auslegung ich zu wissen verlange.

So bald der Reichskantzler ausgeredet / fing Josef an. Mein Herr / sagte er / ist mir erleubet die wahrheit [169] zu sagen? und wil er es nicht übel vermärken? Der Reichskantzler gab ihm erleubnüs: und Josef fuhr fort. So sage ich dan / sprach er / daß diese Treume seine eigene Treume nicht seind. Alle ümstände zeigen es an / daß sie ein König in Egipten getreumet. Dan Gott verkündiget hierdurch einem Egiptischen Könige / was unter seiner herrschaft geschehen sol. Und solches tuht er darüm / damit er wisse / was er künftig tuhn und laßen sol / sein Reich / samt den untertahnen / glüklich zu beherschen / und im erbaulichen wohlstande zu erhalten.

Woher weistu das / fing der Reichskantzler wieder an / daß diese Treume Königliche Treume seind? Aus den ümständen / antwortete Josef; wie ich schon gesagt. Und die ümstände seind diese. Durch das Wasser / darbei der Treumende gestanden / verstehe ich den Niel: der die Wohlfahrt und herrligkeit des gantzen Egiptens bedeutet; weil es von ihm allein seine fruchtbarkeit zu gewarten. Daß aber der Treumende bei dem Niele gestanden: dadurch verstehe ich sein gebiet über den Niel / und zugleich über das gantzeEgipten. Wem nun ein solcher Traum getreumet / der mus nohtwendig ein Egiptischer König entweder schon sein / oder doch bald werden. Hiermit gab der König dem Reichskantzler einen wink / daß er mit dem Josef in das nächste beizimmer abträhten solte: welches auch alsbald geschahe. Und der König selbst folgete / mit dem Reichs-schatzmeister / ihnen straks nach.

Sobald diese beide zu jenen hinein geträhten / fing der König zum Josef an. Du hast recht geurteilet /daß die erzehlten Treume ein König in Egipten getreumet. Ich bin es selbst / dem sie begegnet. Darüm eröfne mir ihre bedeutung. Josef neugte sich gegen den König zur erde nieder. Großmächtigster König /sagte er / beide Treume bedeuten einerlei. Die sieben[170] [172] schöne und fette Kühe oder Ochsen / seind sieben fruchtbahre oder wohlfeile jahre. Die sieben guhte und volle Ahren gleiches fals. Aber die sieben magere und häsliche Ochsen oder Kühe seind sieben unfruchtbahre und teure jahre. Die sieben leere und dürre Ahren ebenmäßig. Hierdurch wird dem Könige angezeiget / daß im gantzen Egipten sieben reiche Jahre kommen; und straks auf diese / sieben magere Hungersjahre folgen werden / in welchen man aller fülle der vorigen sieben fetten jahre vergessen / und die teurung das land verzehren wird. Alsdan wird aller vorraht / den man in den sieben fruchtbahren jahren gesamlet / aufgehen; und es wird dannoch teuer sein und bleiben. Und dieses bedeuten die sieben magere Ochsen / und die sieben dürre Ahren; welche die sieben fette Ochsen / und Ahren verschlungen / und gleichwohl so mager geblieben / daß man es nicht gemärket / daß sie die fetten gefressen. Daß aber der König diese zween einerlei treume straks aufeinander gehabt hat / dasselbe bedeutet / daß es Gott gar gewis und eilend tuhn werde.

Hierauf fragte der König: Warüm haben dan die fetten / und mageren Ochsen eben aus dem Niele steigen müssen? Darüm / gab Josef zur antwort: weil derNiel dem Egiptischen lande seine fruchtbarkeit und fettigkeit / wan er sich hoch genug ergeust; oder aber seine unfruchtbarkeit und magerheit / wan er nicht hoch genug / oder alzuübermäßig hoch aufleuft / veruhrsachet. Der König fragte ferner: wie sol man ihm aber tuhn / daß die Teurung in den sieben unfruchtbaren jahren nicht alzusehr überhand nehme / und meine untertahnen vor hunger nicht gantz verschmachten? Hierzu weis ich keinen besseren raht / antworteteJosef / als daß der König sich nach einem weisen und verständigem Manne ümtuhe / und ihn über das gantze Egipten [172] setze. Dieser könte dan auch Amtleute verordnen in allen ländern; und / durch dieselben / den fünften teil aller früchte in den reichen jahren einsamlen / und gegen die künftigen hungersjahre bewahren laßen. Und zu dem ende müsten Königliche Kornheuser gebauet werden: da man das Getreidich / zum vorrahte der länder und städte / aufschütten; und in der folgenden teuren zeit den nohtleidenden / zu ihrem aufenthalt / und nutze des Königes / verkauffen könne. Auf diese weise würde nicht allein die wohlfahrt der untertahnen / in so gar böser zeit / erhalten; sondern auch die Königliche macht und herligkeit selbsten üm ein märkliches vermehret / und zu höherer glükseeligkeit erhoben werden.

Diese rede gefiel dem Könige überaus wohl. Auch konten sie seine Beamten nicht genug preisen. Josef muste noch ein wenig im Beizimmer verziehen; und der König begab sich / mit dem Reichskantzler und Reichsschatzmeister / wieder in den saal. Sein fröhliches wesen zeigte genug an / daß ihn Josefs erklährung über seine treume satsam vergnüget. Er erzehlete allen anwesenden Fürsten die klugen reden des Josefs. Er rühmete seinen fürtreflichen verstand. Er lobete seine unvergleichliche geschikligkeit in stahtsfachen. Er erhub seine große fürsichtigkeit /seine weit aussehenden anschläge. Alles / alles / was er redete / war anders nichts / als den Josef zu preisen. Ja / sagte er endlich / wie könten wir einen solchen Man finden / in dem der Geist Gottes ist? Wem könten wir solches hohe werk / darzu mir Josef gerahten / auszuführen besser anvertrauen / als demJosef selbsten? Wohlan dan! laßet ihn straks herkommen.

Mitlerweile war Fürst Potifar / der neue Helioplische Ertzbischof / auch angelanget; und hatte alle reden des Königes mit angehöret. Er war verwundert über das plötzliche glük des Josefs: der nunmehr aus einem [173] Leibeignen ein Freigelaßener / aus einem Gefangenen ein Liebling des Königes worden. Ja er ward noch mehr verwundert / als er den Josef selbsten herein trähten sahe: als er sahe / daß er mitten unter die Reichsfürsten gestellet ward: als er hörete / daß ihn der König also anredete. Lieber Josef / so sprach ihn der König an / wir haben deinen verstand gesehen. Wir haben deine weisheit vernommen. Deine fähigkeit in der Stahtskunde ist uns nunmehr nicht unbekant. Und weil dir Gott alles / was wir aus deinem munde gehöret / hat kund getahn / halten wir niemand so verständig und weise / als dich. Du wirst die stelle desselben / den du uns zu suchen gerahten / am besten verträhten können. Und darüm setze ich dich itzund über mein Haus. Ja ich setze dich über das gantze Egipten. Alles übergebe ich deiner macht. Nur des Königlichen Stuhles und Nahmens wil ich höher sein. Deinem worte sollen alle meine Völker gehorchen. Hier stehen die Fürsten des Reichs dein gebot zu vernehmen. Siehe! ich bin Farao: ohne deinen willen sol niemand im gantzen Reiche seine hand / oder seinen fuß regen.

Josef neugte sich hierauf gantz demühtig zur erde nieder. Er bedankte sich untertähnigst vor die hohe Königliche gnade. Er bedankte sich vor die aufgetragene hohe würde. Er erkante das guhte vertrauen / daß der König zu seiner wenigkeit gnädigst geschöpfet. Er versicherte ihn seines gehohrfams / und seines getreuen fleisses / so wohl in des Königes / als Reichsgeschäften. Ja / sagte er / ich verhoffe / durch meine treue / allen ein gnügen zu tuhn. Und hiermit wündschten ihm alle Reichsfürsten glük. Jederman war erfreuet. Potifar selbsten / der bisher stil geschwiegen / bezeugete nunmehr auch eine gantz übermäßige freude. Er war froh / [174] daß er die ehre hatte /denselben / der sein Hofemeister gewesen / in einen so hohen ehrenstand erhoben zu sehen. Ja niemand schien so vergnüget / als er. Niemand euserte seine freude mehr / als er. Mitten in solcher algemeinen freude begunte man / auf befehl des Königs / die süßen seitenspiele zu rühren Darnach blies man auch die trompeten. Die trummeln warden geschlagen. Und dieser freudentohn erhub sich so hoch / daß die gantze Burg widertöhnete. Ja das jauchzen / das frohlokken /das freudengeschrei / daß sich mit diesem tohne vermischete / machte ihn so groß / daß ihm die Burg viel zu änge ward. Er barst in die stadt aus / und drang durch alle ihre gassen hin.

Indessen hatte man das gastmahl wieder bereitet. Der König lies sich am obersten ende / unter einem himmel / nieder: und Josef muste / weil der Königliche Fürst / aus unbäsligkeit / nicht zugegen war / auf seinen befehl / allein neben ihm sitzen. Hierauf verfügten sich auch alle Reichsfürsten / und der gantze Adel an ihre stellen. Ein wenig darnach kahm die Königin / mit einer großen mänge Frauenzimmers / in den saal geträhten. Da erhuben sich die Fürsten; und blieben so lange stehen / bis das Frauenzimmer seine stellen genommen. Der Herren tafeln stunden auf der rechten seite des saals: und des Frauenzimmers auf der linken. Zuoberst saß die Königin / und ein wenig von ihr ab die Königliche Fürstin Nitokris / unter einem himmel. Und also saß Nitokris an der Königin tafel in eben der stelle / darinnen Josef bei dem Könige sich niedergelaßen. Der Ertzbischof Potifar war unter allen Fürsten / der dem Könige am nächsten saß. Eben also war auch seine Gemahlin Toote / derAssenat Frau Mutter / der Königin / unter allen Fürstinnen / die nächste.

Niemand unter dem gantzen Frauenzimmer wuste von Josefs Erhöhung. Darüm waren sie alle verwundert / [175] als sie diesen neuen Gast neben dem Könige sitzen sahen. Selbst die Königin konte nicht begreiffen /was es bedeutete. Etliche urteileten / er müste aus Königlichem bluhte entsprossen sein. Andere gedachten was anders. Der Nitokris allein kahm es nicht fremde vor. Sie wuste / was sie getreumet. Sie wuste / was die Fürstin Assenat / und was Semesse vor treume gehabt. Sie wuste Josefs eigene erklährung des Götterspruches wegen der Assenat erziehung. Ja ihr war noch nicht entfallen / was sie vor etlichen jahren einen Ebreer von Josefs eigenen treumen erzehlen gehöhret. Und darüm urteilete sie straks / daß das jenige / was die Götter über den Josef beschlossen / itzund erfüllet zu werden anfinge. Ja sie begunte ihm / in ihrem hertzen / schon glük zu wündschen. Sie dankte den Göttern / daß sie den tag erlebet den anfang seiner herrligkeit [176] zu sehen. Auch wündschte sie wohl tausendmahl die Assenat zugegen; damit sie das verstoßene Härmlein nunmehr wahrhaftig in einen Königlichen Leuen verändert sehen möchte.

Mitten in diesen wunderseltzamen gedanken kahmen zwee Königliche Heerolden in den saal. Diese teileten so wohl an des Frauenzimmers / als an der Herren tafeln / einen Freudengesang aus. Dadurch eröfnete der Königliche Dichtmeister dem Frauenzimmer erst die augen. Nun sahen sie auf Josefs heupte die Egiptische Krohne. Nun erblikten sie den Egiptischen Reichsstab in seiner hand. Ja was ihnen bisher unsichtbar gewesen / das ward itzund ihren augen entdekket. Was sie bisher nicht verstanden / dessen verstand kahm ihnen itzund in die hände. Die Königin selbst lase dieses Freudenlied mit lauter stimme.

Grundstimme


Oberstimme.


[177]
Dem neuerkohrnen Egiptischem
Schaltkönige Josef
Glükzu!

Schönes Reich der Schällenbügel /
schwinge deine beiden flügel
im den Niel was weiter aus.
Laß die zunge lieblich singen;
laß die süßen schällen klingen:
weil sich freuet Farons Haus.
Unlängst dreute dir der Himmel /
durch ein schröklichs zorngetümmel:
aber itzund hat er dir
einen Heiland auserkohren /
der zu deinem trost gebohren.
Kom / und schaue seine zier.
Kom / und schaue / wie er sitzet /
wie Er / als die Sonne / blitzet
unter deiner Fürsten schaar.
Kom / und grüße diese Sonne /
deiner Länder lust und wonne.
Wündsch' Ihm tausend guhter jahr.
Wündsch' Ihm tausend freudenblikke:
wündsch' Ihm tausendfaches glükke.
Errif / auf! was zauderstu?
[178]
Auf! dein mangel ist ersetzet.
Küsse Den / der dich ergetzet.
Ruf' / ei! rufe laut / glükzu!
Josef! rufe / Josef lebe!
Ja der treue Himmel gebe /
daß er lebe / dir zum heil:
Er / der deines heils Erhalter /
Er / der deines glüks Verwalter /
Er / dein bestes freudenteil.
Mach' Ihm dan auch wieder freude.
Schikk' Ihm zu / in weisser seide /
eine schöne Heilandin:
daß dein Heiland sich ergetze /
seinen mund mit ihrem netze /
und erfrische seinen sin.
Zwischen dessen werd' ich dichten /
Ihm ein Brautlied zuzurichten.
Das sol / in dein Klingelspiel /
meine frohe zunge singen.
Laß es nur baldbald gelingen.
Baldbald! was verziehstu viel?

Hierauf trahten auch die Meistersänger herfür. Diese sungen / auf befehl des Königes / das gantze Lied / mit heller stimme. Ja sie musten es darnach noch einmahl wiederhohlen; und die Klingel- und seiten-spiele darunter gehen. Dieser liebliche tohn machte die zuhöhrer dermaßen verzükt / daß sie des essens und trinkens vergaßen. Ja das gantze Frauenzimmer war als erstarret. [179] Alle Fürstinnen / alle Freulein und Jungfrauen sassen unbeweglich. Sie saßen / als die Bilder; daran sich nichts mehr / dan die augen / durch ein inwendiges kunstwerk / beweget. Allein ihre augen bewegten sich. Diese spieleten / diese rolleten in ihren höhlen herüm / als ein geschwindes uhrwerk. Sie funkelten / sie feuerten: sie warfen ihre strahlen ohn unterlaß auf den schönen Josef. Dem schikten sie tausend liebliche blikke zu: ja tausend wündsche zugleich. Ein iedes Freulein wündschte wohl tausendmahl dieselbe Heilandin zu sein / die in Josefs armen ruhen solte. Es war kein wunder. Josef war ohne das schöhn: und seine schönheit übertraf alle Menschenkinder. Aber nuhn schien er tausendmahl schöner; weil er / als ein EgiptischerNebenkönig / in der schönsten herligkeit saß. Sie sahen ihn nun nicht mehr an / als einen Fremden / als einen gast in Egipten: sondern als einen eingebohrnen Fürsten. Ja als einen Beherscher des gantzen Egiptens sahen sie ihn an. Ich wil mehr sagen: alle Freulein / alle Jungfrauen / auch die Frauen selbsten sahen ihn an als einen / der über alle ihre hertzen herschete. Ihm / gedachten sie /weren sie zu huldigen schuldig. Ihm / gedachten sie /weren sie ihre frohndienste zu leisten verpflichtet. Ihm / gedachten sie / weren sie ihre schatzung der liebe zu geben verbunden. Und also konten sie ihre verliebte augen an der majestätischen schönheit des Josefs nicht genug sättigen. Were die Fürstin Assenat gegenwärtig gewesen; ich gleube gewis / es würde ohne schählsichtigkeit nicht abgelauffen sein. Hette sie diese spielenden blikke / die alle auf Josefs herliche schönheit zuspieleten / erblikket; sie würde ihnen gewis mit liebseifrenden blikken begegnet haben.

Aber Josef lies sich nichts anfechten. Er stellete sich / als würde er dessen nicht gewahr. Er sahe sich kaum einmahl üm. Kaum lies er sein auge auf etwas anders [180] fliegen / als auf den König / und die Reichsfürsten / die in der nähe saßen. Kaum führete er andere reden / als von stahtssachen. Und diese alle waren ernsthaftig; doch darbei auch überaus freundlich und holdseelig. Eben also waren auch seine gebährden. Er sprach nicht ein wort / das nicht zuvor als auf der goldwage abgewogen zu sein schien. Und also waren alle seine worte anders nicht / als kletten / die in der zuhörenden hertzen hängen blieben. Zu zeiten / wan er sie eine weile / mit einem ernsthaften fürstlichem wesen / ausgesprochen / lächelte er ein wenig darzu. Doch dieses täht er niemahls zur unzeit: auch nie zu viel. Der König / der ein klugsinniger Fürst war /märkte auf alles genau. Er konte nichts finden / das den geringsten tadel verdienete. Josef wuste sein gantzes wesen / alle seine gebährden / und alle seine worte so ahrtig zu mäßigen / daß ihm iederman mit verwunderung zusahe / mit bestürtzung zuhörete.

Ist dergleichen fällen pflegt sich sonst der Neid gemeiniglich mit einzumischen. Aber alhier schien dieses laster gleich als gantz verbannet. Es war ein großes wunder. Wunder war es gewis / daß den Josef nicht einer beneidete. Den Josef / sage ich; der als eine Sonne der Tugenden / als ein Licht der Schönheiten herfürleuchtete: dessen Verstandes strahlen den nebel der unwissenheit zertrieben: dem die Ehre höfelte / die Herrligkeit liebelte. Man pfleget sonsten zu sagen: wo Tugend wohnet / wo Verstand hauset / wo Schönheit sich findet / wo Ehre sich hin verfüget; da bläset und speiet der Neid sein gift aus. Aber alhier allein war diese sage falsch. Hier war gantz kein Neid zu finden. Dis untier hatte sich in diesem klahren Spiegel der Tugend / der Weisheit und Schönheit /gleich als ein Basiliske / wie es schien / albereit zuHebron blind gespiegelt / ja gar zu tode geblasen. Jederman sahe den Josef mit günstigen [181] augen an. Der Misgunst Unke war / aus allen hertzen / in seinen mistpfuhl verwiesen. Josef ward von iederman gelobet / geliebet / begünstiget. Niemand hatte nur die gedanken ihn zu tadeln / zu hassen / oder ungünstig anzublikken.

In solcher vergnügung auf allen seiten ward diese herliche mahlzeit volbracht. Der König / samt allen Fürsten / und dem gantzen Adel / exhub sich zuerst. Darnach folgete die Königin / mit allen Fürstinnen /und dem gantzen Frauenzimmer. Die Herren hielten dem Könige / auf dem Tafelsaale / noch eine zeit lang geselschaft. Aber die Königin nahm / mit dem Frauenzimmer / ihren abtrit. Weil sie nun alda / wo bei dem Könige Josef stund / vorbei musten; so rieffen sie dem neuerkohrnen Schaltkönige / im vorübergehen / alle nach der reihe glük zu! Josef bedankte sich gegen eine iede mit der allertiefsten ehrerbietigkeit. Nicht lange darnach schieden die Herren auch voneinander.

Vor den Josef hatte man auf der Burg zwei köstliche Zimmer zubereitet. Dahin führete ihn der König selbsten. Und als sie alda ein wenig sprache gehalten / gingen sie beide zur Königin. Sachte befahl der König die tühre zu eröfnen. Leise trahten sie hinein. Unversehens überrascheten sie das Frauenzimmer. Niemand ward ihrer gewahr / als da der König redete. Die Königliche Fürstin Nitokris war die erste / die den Josef erblikte. Straks gab sie der Frau Mutter einen wink / daß der neue Schaltkönig vorhanden. Die Königin wendete sich nach ihm zu / ihn wilkommen zu heissen. Geschwinde hastete sich Josef ihr entgegen / die zugereichte hand zu küssen. Kurtz / doch anmuhtig waren die ersten höfligkeiten auf beiden teilen. Josef traht wieder in etwas zurük. Aber die Königliche Fürstin gab ihm / durch entblößung ihrer hand und bewegung ihrer füße / ein zeichen / daß sie ihn ebenmäßig empfangen wolte. Eilend [182] näherte er sich abermahl / ihrem herzutritte zuvorzukommen. Noch etliche Fürstliche Freulein / die auf der Burg übernachten solten / begegneten ihm mit gleicher höfligkeit. Es war schon zimlich späte. Josefs bescheidenheit wolte nicht gestatten dem Frauenzimmer länger verdrüßlich zu fallen. Darüm nahm er / nach einem kurtzen gespräche / gebührender maßen abschied.

Die Edelknaben leuchteten dem Josef / auf befehl des Königes / nach seinem zimmer zu. Davor fand er schon eine Königliche bedienung. Er fand schon seine Kammerdiener / seine eigene Edelknaben / seine eigene Lakkeien. Das war eine plötzliche veränderung. Vor zehen oder zwölf stunden war er noch ein Gefangner / ein Leibeigner / ein dienstbohte: er lag in einem betrübten gefängnüsse; er saß in einem dunkelen gewölbe; er muste tuhn / was der Gefängnüsmeister ihn hies. Itzund aber war er ein Freier / ein Fürst /ja ein Gebieter über das gantze Egipten. Er befand sich auf einer königlichen Burg / in einem lustigen zimmer. Er hatte seine leibwache / seine leibdiener. Die musten sein gebot ausrichten. Ja er hatte selbst die macht den Fürsten zu befehlen. Jederman muste seinen worten gehorchen.

Das zimmer / darinnen Josef schlafen solte / hatte eine lustige aussicht in den Königlichen garten / und nach dem Niele zu. Das andere hatte seine aussicht auf den schlosplatz. Beider schmuk war königlich. Die mauren rund ümher sahe man mit überaus köstlichen prunktüchern behänget: und diese von reiner seide mit golde durchwürket. Der bodem war von weissem marmel / und ebenmäßig mit prunktüchern beleget: die dekke mit zedernholtze übertäfelt / und über und über dichte vergüldet. Doch den währt des goldes und des holtzes übertraf die köstligkeit der kunst bei weitem. Das schnitz- und bild-werk / da die gantze Egiptische weisheit [183] alhier ihre sämtliche kraft /in ausbildung ihres verborgenen sinnes / angewendet /war eben so unschätzbar / als wunderwürdig. Das Bette stund als ein Königliches gezelt aufgeschlagen /und auf das prächtigste geschmükket. Die seulen waren von dem reinsten und weissestem elfenbeine auf das zierlichste gedrehet: die ümhänge von klahrer weisser seide / mit silbernem bluhmwerke durchwürket. Eben eine solche dekke war auch über das bette geschlagen. Alhier begab sich Josef endlich zur ruhe.

In der ersten morgenwache erschienen ihm im schlafe zwölf Hirsche. Diese warden endlich zu neunen / und in den Ländern zerstreuer. Auch sahe er aus seines Bruders Judah nachkommen eine Jungfrau / in reine weisse seide gekleidet / herfärgehen. Diese gebahr ein unbeflektes Lam. Zur linken hand des Lammes stund ein Leue. Und alle Tiere streubeten sich wider ihn / und fielen ihn an. Das Lam aber überwand sie / und traht sie alle unter die füße. Und über ihm erfreueten sich die Engel / die Menschen / und das gantze Erdreich.

Mitten in socher algemeinen freude ward Josef wakker / und dachte diesem Gesichte nach. Er sahe wohl / daß es erst in den letzten zeiten erfüllet; und aus dem Stamme Judah der längst verheissene Heiland der Welt solte gebohren werden. Nun sahe er dem Weibessamen entgegen / welcher der Schlange den kopf zerträhten solte. Mitten in solchen gedanken erhub er sich aus seiner ruhe. So bald er rege ward /kahm einer von seinen Kammerdienern hinein. Der brachte ihm / auf befehl des Königes / ein überaus köstliches Kleid / mit allem zugehöre. Auch ward ihm straks darauf eine Königliche Befehlschrift an den Schatzmeister des Königes eingereichet. Durch diese war ihm vergönnet / so viel [184] viel gelder / als er zu seiner ausrüstung / auch sonsten bedurfte / aus der Königlichen Schatzkammer zu höben.

Unterdessen trug der König verlangen den Josef zu sprechen / ehe die Reichsfürsten ankähmen. Darüm schikte er einen seiner Kammerherren hin ihm anzudienen / daß er seiner wartete. Josef gehorchte zur stunde. Straks ging er hin die antwort selbsten zu bringen. Der König stund eben in der tühre seines zimmers / da er ankahm: und zog ihn bei der hand hinein. Sehr freundlich sprach er ihn an. Aus der maßen liebseelig empfing er ihn. Nach etlichen gewechselten grusreden / fing er straks wieder an von seinen gestrigen Treumen zu sprechen. Die deutung lag ihm noch immer im sinne. Bald fragte er dieses /bald jenes: und Josef gab ihm auf alles bescheid. Unter andern begehrte er zu wissen / wan die sieben fruchtbaren Jahre beginnen solten? Josef gab zur antwort: er vermeinte / daß sich das erste schon begonnen. Nun wohlan! fuhr der König fort: so müssen wir dan anstalt machen / daß unser vorhaben mit dem ersten seinen anfang gewinne. Mein Jahrsfest habe ich beschlossen erst über sechs tage zu endigen. Und dan solt ihr den Landständen / und Reichsfürsten / als auch der gantzen Ritterschaft / und dem gantzen Egiptischem Volke / mit öffendlichen geprängen / vorgestellet werden. Unterdessen wil ich verschaffen / daß gegen die zeit alles färtig sei. Ich wil euch eine sonderliche Königliche Hofstat zuordnen. Ich wil haben /daß ihr auf das prächtigste aufziehet. So mus es sein. Einen solchen staht müsset ihr führen: damit mein Volk euch fürchte; damit es euch gehorche.

Josef bedankte sich auf das allerdemühtigste vor die so gar hohe gnade / die der König ihm anzutuhn beliebete. Er bedankte sich vor die so gar große Königliche vorsorge sein ansehen und seine ehre zu erhöben. Auch fügte er darbei: daß er dem Könige hierinnen nicht an [185] oder ab-rahten wolte. Er unterwürfe sich seinem willen gantz und gar. Seinem guhtdünken sei er bereit zu folgen: seinem befehle verbunden zu gehorchen: seinem winke selbsten sei er schuldig auf das untertähnigste nachzuleben.

Eben als Josef dieses redete / kahm ein Edelknabe dem Könige anzudienen / daß die Reichsstände versamlet weren. Hierauf fragte der König den Josef: ob ihm beliebte mit in die Rahtsversamlung zu gehen?Josef antwortete: dis stelle ich in des Königes belieben. Wer was dünkt euch? fuhr der König fort: sehet ihr es vor guht an? Ich darf mich zwar nicht unterfangen / redete Josef weiter / dem Könige vorzuschreiben: aber auf seinen befehl mus ich mich erkühnen zu sagen / das es vor dieses mahl sich so wohl nicht fügen wil. Ich bin nun noch als ein fremder. Ich bin in meinem gnädigst aufgetragenem Reichsgebiete noch nicht bestähtiget. Wan aber dieses geschehen ist; alsdan wird es sich besser schikken. Itzund möchte mir solches verübelt werden. Man möchte es so deuten /als wan ich gebietsüchtig were / und das gebiet vor der zeit suchte. Dieses ist mein geringfügiges guhtdünken. Doch des Königes mus vorgehen. So könt ihr euch inmittelst / fing hierauf der König an /im garten erlustigen. Wan es zeit zur tafel ist / wird man es euch schon anmelden. Und hiermit begab sich der König in den Rahtssaal: Josef aber hinunter in den Garten.

Semesse lag eben in ihrem zimmerfenster / das nach dem garten zuging / als Josef hineinkahm. Straks lief sie zur Königlichen Fürstin / ihr solches anzumelden. Diese seumete sich nicht lange. Eine so gewündschte gelegenheit / ihn allein zu sprechen /wolte sie nicht schlüpfen laßen. Eilend ging sie hinunter. Niemand folgte ihr / als Semesse. Eben unter einem schattenreichen laubergange traf sie den Josef an. Da konte sie niemand [186] [188]sehen. Da konten sie frei und ungehindert sprache halten. Sobald sie Josef erblikte / ging er zu ihr zu. Nach erwiesenen höfligkeiten gegeneinander / fing Nitokris straks an zu fragen: wie es ihm im gefängnüsse gegangen? Ob er auch Mangel gelitten? Ob man ihn auch ehrlich gehalten? Als nun Josef geantwortet: daß es ihm im gefängnüsse besser gegangen / als bei Fürst Potifarn: da fing die Fürstin an zu lächlen. Wie so? fragte sie ferner. Er hatte ja alda ungezweifelt mehr lust / sonderlich bei einer so schönen und holdseeligen Fraue. Die Fraue war guht / fing Josef hierauf an: aber ich war dannoch unglüklich. Ihre guhtheit konte mir wenig helfen.

Weil nun Nitokris sahe / daß Josef sich nicht herauslaßen wolte / und diese reden ihm nur verdrüßlich fielen: so führete sie seine gedanken wieder ins gefängnüs. Aber / fragte sie / wie stellete sich der Gefängnüsmeister gegen ihn an? Sehr wohl / antworteteJosef: und ich bin von ihm gehalten worden / als wan ich sein sohn gewesen. Das pflegt er sonst nicht zu tuhn / fuhr die Fürstin fort: darüm bin ich verwundert. Vielleicht hat er einen guhten Freund gehabt / der sein Wort geredet. Vielleicht ist iemand gewesen / der ihm zu liebe dem Gefängnüsmeister solche guhtheit belohnet.

Aus diesen verblühmten reden muhtmaßete Josef von stunden an / daß es die Königliche Fürstin sein müste / die ihn dem Gefängnüsmeister so hoch anbefohlen. Darüm gab er zur antwort: Ja freilich habe ich solches einem großen Freunde zu danken; der große barmhertzigkeit an mir erwiesen: der dem Gefängnüsmeister alles / was er mir guhtes getahn / reichlich bezahlet. Bezahlet! fing ihm die Fürstin das wort auf. Hat ihm dan iemand geld geschikt? Ja freilich / antwortete Josef / ihm / und mir. Und das kleid / das ich gestern anhatte / habe ich demselben / ja noch viel mehr / ebenmäßig zu [188] danken. Aber was ist doch das vor ein Freund? fuhr die Fürstin fort. Bis auf diese stunde / antwortete Josef / habe ich ihm / nur als einem unbekanten / gedanket: aber nunmehr lebe ich der hofnung ihm bald / als einem bekanten / zu danken. Warüm solte er dieses erst itzund tuhn können? fragte Nitokris abermahl. Weil ich den Freund oder die Freundin / antwortete Josef / erst itzund / aus ihren worten / kennen lerne. So meinet er dan / daß ichs selbsten sein sol? gab Nitokris zur gegenantwort. In alwege / antwortete Josef wieder. Und hiermit brach er aus in diese worte. Vorlängst habe ich gewündscht / sagte er / diese barmhertzige Seele zu kennen. Tausendmahl habe ich begehrt das treuhertzige hertz zu wissen / daß sich meiner so getreulich angenommen. Aber es hat mir nicht widerfahren können. Diese stunde allein bat es mir geoffenbahret. Ihr leutseeliger mund hat sich selbsten verrahten. Keinen tag meines lebens schätze ich so glüklich / als diesen: der mich so glükseelig gemacht / daß ich dieselbe mildtähtige hand / die mir so hohe gnade erwiesen / in alleruntertähnigster dankbarkeit zu küssen vermag. Ach! wie sol ich solche so treue gunst / solche mehr als gnädige barmhertzigkeit erwiedern? Mein bluht ist zu wenig darzu: mein vermögen zu arm. Ich werde Ihr schuldner bleiben müssen / so lange ich ahteme: iedoch ein dankbarer schuldener / der sein leben zu pfande setzet / zum zeichen / daß er gern bezahlen wolte / wan er könte.

Aber woher weis er / daß ich seinetwegen dem Gefängnüsmeister solte geld geschikt haben? fiel ihm die Fürstin in die rede. Daß er geld bekommen / antwortete Josef / mich ehrlich zu halten; das hat er mir selbst gesagt / auch die beigefügten briefe gewiesen. Aber weder [189] ich / noch er konten dazumahl errahten /von wem solche überschwänglich große wohltaht kähme. Und nun bin ich begierig zu wissen / was doch Meine allergnädigste Fürstin bewogen / mir unverdientem so gar große gnade zu erweisen? Vor mich selbst / antwortete Nitokris / habe ichs nicht getahn. Eine Fürstin / die er noch nie gesehen / aber ausser allem zweifel bald wird sehen / und mehr als mich kennen lernen / hat mich hierzu bewogen. Was von mir geschehen ist / ist alles ihr zu liebe geschehen. Darüm ist er gantz nicht verbunden mir zu danken. Der dank gebühret ihr. Ihr allein ist er verpflichtet zu danken.

Eben als die Königliche Fürstin diese worte redete / höreten sie zur tafel blasen. Und darüm nahm sie straks ihren abschied. Josef aber blieb noch eine kleine weile im garten. Darnach begab er sich auch in sein zimmer. Alhier verzog er so lange / bis ihm angesagt ward zum Könige zu kommen. Mit großer ehrerbietigkeit begegneten ihm alle Fürsten. Sobald sie ihn erblikten / machten sie raum. Sie trahten eilend von einander in zwo reihen; damit er ungehindert hindurch könte. Nach geschehenen ehrenbezeugungen zu beiden seiten / setzte man sich straks zur tafel. Einieder Fürst nahm seine stelle / da er des vorigen tages gesässen. Und Josef lies sich neben dem Könige nieder. Die lust / die freude / die ergetzligkeit schienen täglich zuzunehmen. Auch wuchs die unterliche liebe der Fürsten mehr und mehr an. Die hertzliche vetrauligkeit ward immer grösser und grösser / so lange dieses Freudenmahl währete. Die vergnügung / die der König hieraus schöpfte / kan keine feder beschreiben. Keine zunge vermag sie auszusprechen. Ja keine gedanken können sie fassen. Er selbsten war so fröhlich. Er erzeigte sich so lustig / daß sich iederman verwunderte. Und diesem vorgänger folgeten alle seine gäste. Nicht einer verderbete das spiel. Die traurigkeit[190] schien gantz verbannet: die unlust verwiesen: die schweermühtigkeit verjaget.

Dieser algemeinen lust der Fürsten gab des Frauenzimmers fröhligkeit nichts zuvor. Die Fürstliche Gemahlinnen schritten selbst über die schranken ihrer achtbarkeit; welche sie sonsten so genau zu bewahren pflegen. Die Freulein und Jungfrauen vergaßen ihrer strengen eingezogenheit. Ihrer sonst angebohrnen blödigkeit / und gewöhnlichen sitsamkeit / gaben sie vor dieses mahl uhrlaub. Das kind der zucht / die edele Schaamhaftigkeit / milterten und mäßigten sie dermaßen / daß sie so übermäßig nicht züchteten / so aus der weise nicht prunkten / so ohne schertzspiele nicht ernsteten; wie sie sonsten zuweilen gewohnet. Die gemeinsamheit / die offenhertzigkeit / die freimühtigkeit / die sprachsamkeit / die ausgelaßenheit zur lust und ergetzung hatten das stöltzeln / das prängeln / samt dem alzuernsthaftigen niedergeschlagenem wesen /verdrungen. Ihre augen liebelten. Ihre wangen lächelten. Ihre stirnen spieleten. Ihr mund entschlos sich. Ihre zunge ward gelöste. Und also lies sich das gantze antlitz aus in ein fröhliches anmuhtiges wesen. Ja der gantze leib saß / wo er saß / und stund / wo er stund /in einer freudigen ungezwungenen bewegung.

In solcher unterlich einpärigen lust und freude kahm der achte und letzte tag des Königlichen Jahrfestes herbei. Josef begunte der hofluft / als nunmehr ein hofman von sechs tagen / alhand zu gewohnen. Bisher war er noch zimlich eingezogen und stille gewesen. Er hatte wenig geredet / noch weniger geschertzet. Aber itzund fing er an dreister zu werden. Itzund machte er sich erst bekant. Itzund lies er so ein freudiges und so munters wesen blikken / daß er mehr / als iemahls zuvor / die augen dieser Fürstlichen versamlung auf sich zog. Sobald er in den Saal traht / redete er / mit einer sonderlichen [191] wohlanständigkeit /bald diesen / bald jenen Fürsten an. Und diese reden waren meistenteils mit einem anmuhtigen schertze vermischt. Er gedachte: ende guht / alles guht. Er wolte dis Fest / das er mit stille beginnen helfen / mit freuden schliessen. Und darüm erzeigte er sich auch so lustig / und so fröhlich / als wan ihn kein unglük iemahls betroffen. Hatte man ihn vor diesem gerühmet / so erhub man ihn itzund bis an den himmel. Alle hertzen hingen ihm an. Alle gemühter waren ihm gewogen. Der König selbsten hatte ein solches wohlgefallen an ihm / daß er überlaut sagte: dis sei der lustigste tag von allen / weil sich Josef so lustig erzeigte. Ja es schien / als wan er / durch solche seine fröhligkeit / die gantze fröhliche versamlung noch fröhlicher gemacht.

Ohngefähr drei stunden hatte man tafel gehalten. Der Nachtisch ward aufgetragen. Allerlei Zukkergebakkenes / allerlei eingemachte früchte / allerlei obst /allerlei schaugerichte / und allerlei lekkerspeisen warden aufgesetzt. Die tafeln stunden schon gleich als bedekt mit güldenen schüsseln vol dergleichen lekkerkost. In dem augenblikke war es / da sich der König plötzlich erhub. Plötzlich stund er auf / und befahl dem Josef / und allen Fürsten ihm zu folgen. Jederman war hierüber verwundert. Niemand wuste / was es bedeuten solte. Alle stunden im zweifel. Endlich ging der König nach der Königin zu. Diese zog er /bei der hand / von der tafel: und winkte dem Josef /daß er die Königliche Fürstin nehmen solte. Das täht er auch alsobald mit der allerhöflichsten ehrerbietigkeit. Hierauf ward den andern Herren befohlen dergleichen zu tuhn. Einieder geselte sich zu einer aus dem Frauenzimmer. Und also stunden sie alle gepaaret. Die Kunstspieler musten spielen / und die Meistersänger singen. Noch konte niemand aussinnen /was der König zu tuhn gesonnen. [192] Die meisten gedachten / man würde einen Reientantz tuhn sollen. Aber der König befahl die tühre zu öfnen: und die sänger / samt den spielern / musten forttråhten. Alle gingen zur tühre hinaus. Der König / mit der Königin gepaaret / folgete: und ihm die gantze gepaarte versamlung. Endlich gelangte man in den Königlichen Lustgarten. Da hielt diese lustige geselschaft einen ümgang. Dis geschahe mit sehr langsamen tritte. Zuweilen stund man auch ein wenig stil / das gesicht was mehr zu ergetzen.

An der überseite des Gartens war eine schöne wasserkunst in etlichen marmelsteinernen Bildern verborgen. Diese Bilder stunden in einer langen reihe längst dem gange hin. Eben als der König und Josef hier vorbei waren / fingen die Bilder an ihre kunst zu beweisen. Etliche sehr dünne wasserstrahlen kahmen ihnen plötzlich aus den augen / und aus dem munde /ja selbst aus den ohren und brüsten geschossen. Dadurch bekahmen die vorübergehenden ein unversehenes bad. Als sie nun von oben also befeuchtet waren; da sprangen und rieselten auch von unten / aus der erde selbst / etliche zahrte wasserstrahlen in die höhe. Und dieses geschahe allein auf der seite / da das Frauenzimmer ging: welches / so bald es die kalten wasserstrahlen / unter den rökken / auf der bloßen haut fühlete / mit dem wasser als üm die wette zu springen und zu hüpfeln begunte. Darüber erhub sich ein großes gelächter. Der König befahl den Kunstspielern lustig aufzuspielen. Diese Schönen solten nach dem tohne tantzen. Nach dem hohen und niedrigem / nach dem langsamen und geschwindem klange solten sie ihre füße bewegen.

Nach dieser kurtzweile begaben sie sich alle wieder in den Saal. Ein ieder setzte sich in seine stelle. Der Nachtisch ward vorgedienet. Die bächer gingen rund herüm. Die gesundheit des Königes und des neuen[193] Schaltköniges ward stehende getrunken. Man wündschte ihnen beiden glük. Man rief / durch den gantzen saal: Lange lebe der König! Nefrem lebe gesund! Lange lebe der Schaltkönig! Josef lebe gesund! Dieses freudige zurufen hatte fast kein ende. Den gantzen abend erklungen diese glükswündsche / unter dem schalle der trompeten. Sie höreten nicht eher auf / als bis der König sich erhub. Sie liessen nicht eher nach / als bis die gantze geselschaft bereit stund zu scheiden. Und in diesem augenblikke traht ein Heerold auf. Der rief durch den gantzen Saal aus. Auf des Königs befehl / solten sich morgen früh alle Fürsten und Stände des Reichs auf dem Reichssaale versamlen. Die gantze Ritterschaft solte sich einfinden / der bestätigung des neuen Schaltköniges beizuwohnen. Hiermit schieden die Fürsten voneinander. Hiermit beschlos man das Königliche Jahrsfest. Hiermit nahm dieses freudenmahl sein gewündschtes ende.

Fünftes Buch

[194] Fünftes Buch.

Die sonne hatte mit ihren herfürbrechenden strahlen den Niel zu erleuchten kaum begonnen: kaum hatte sie desselben stille fluht zu vergülden angefangen: kaum hatte sich ihr liebliches antlitz über die spitzen des gebürges erhoben; als ein großes freudengetöhne die gantze königliche stadt Memfis erfüllete. Die Trompeten warden geblasen; die trummeln gerühret; die schällenspiele beweget; die zinken beseelet; die zittern geschlagen / und andere seitenspiele gespielet. Die Reichsstände warden rege. Die Ritterschaft erhub sich. Mit einem großen geschleppe zogen sie nach der Burg zu. Einieder war aufs köstlichste gezieret / aufs prächtigste geschmükket. In diesem herlichen gepränge trahten sie in den Reichssaal. Da war der König /mit den Reichsrähten / schon zugegen. Er saß aus einem köstlichen Reichsstuhle / von hintenzu mit seinen Kammerherren und Hofjunkern ümringet. Auf der rechten hand hatte sich der Heliopelsche Ertzbischof /mit dem Reichskantzler / und Reichsschatzmeister /niedergelaßen: und auf der linken die Reichsrähte.

Als sie nun alle beisammen waren / stund der Reichskantzler auf / und täht / im nahmen des Königes / an die Reichsstände eine kurtzbündige rede. Darinnen gab er ihnen den willen des Königes zu verstehen / auch warüm er sie entbohten. Und diese rede beschlos er mit zwo fragen: erstlich / ob sie alle gesonnen weren den Josef vor ihren Schaltkönig zu erkennen? darnach / ob sie ihm [195] huldigen wolten? Des Reichskantzlers rede beantwortete der Reichsstände Worthalter eben so kurtzbündig: und sie selbsten rieffen auf die zwo vorgestellte fragen einmündig ja.

Auf dieses so willige jawort erhub sich / auf befehl des Königes / der Ertzbischof / samt dem Reichskantzler und Reichsschatzmeister / als auch allen Reichsrähten / den Josef zu hohlen. Nicht lange darnach brachten sie ihn geführet. Ein Hofmahrschalk ging allein voran; und Josef / zwischen dem Ertzbischoffe und dem Reichskantzler / hernach: denen alle die übrigen folgeten. Sobald sie vor den König gelanget / begaben sie sich alle wieder in ihre stellen. Und Josef blieb allein / nachdem er sich auf das allerehrbietigste geneuget / vor dem Reichsstuhle stehen. Der König gab ihm einen wink / daß er nähern solte. Er gehorchte zur stunde / und traht dichte vor die stufen des Reichsstuhls. Darauf wiederhohlete der König fast alle worte / die er vor sechs tagen zu ihm geredet / als er ihn zum Schaltkönige erwehlet. Josef neugte sich abermahl zur erden nieder / und als er sahe / daß der König sich bewegte aufzustehen / stieg er bis auf die oberste stufe des Reichsstuhls / und fiel alda nieder auf seine kniehe.

Hierauf zog der König seinen Siegelring vom finger / und stekte ihn auf Josefs finger. Darnach nahm er auch eine güldene Kette / die er am halse trug; und hing sie üm Josefs hals. Unten an diese Kette war ein Brustpfennig / darauf ein Elefant gepräget stund / angegliedert. Der Elefant solte die Königliche Majästäht / die sich / wie der Elefant / vor niemand neuget / bezeichnen. Hiermit übergebe ich euch / sagte der König / alle gewalt über das gantze Egipten. Ich bin Farao: ohne euren willen sol niemand im gantzen Reiche / seine hand / oder seinen fuß regen. Alles sol euch / und ihr niemand / untertahn [196] [198]sein. Ich heisse Farao: und ihr solt Zafnat Paaneach / das ist Heiland der Welt / genennet werden. Wir haben ein solches vertrauen zu euch / daß wir es unnöhtig achten / uns / durch den eid der treue / euch zu verbinden. Ja wir zweiflen keines weges / ihr werdet ohne das / eurer weisheit nach / so zu herschen wissen / daß es uns nimmermehr gereuen wird euch zu unsrem Mitherscher erkohren zu haben.

Hiernach boht der König dem Josef die hand / und richtete ihn / mit einem hertzlichen glükswundsche /wieder auf. Er hingegen neugte sich gegen den König dreimahl zu erde nieder; und bedankte sich vor die hohe gnade / vor das guhte vertrauen / und den hertzlichen wundsch des Königes / in alleruntertähnigster niedrigkeit. Inzwischen stunden der Ertzbischof und der Reichskantzler auf / und führeten den neuen Schaltkönig auf einen besonderen Reichsstuhl. Diesen hatte man / zur linken seite des Königlichen Reichsstuhls / auf ein etwas erhobenes gestelle gesetzt / und mit den allerköstlichsten prunktüchern ausgezieret. Sobald sich Josef alhier niedergelaßen / setzte ihm der Ertzbischof eine königliche Krohne / welche der Reichsschatzmeister auf einem weissen seidenem küssen nachtrug / auf das heupt. Hierauf gab ihm der Reichskantzler auch den Reichsstab / dessen spitze mit einem Storche / und das unterende mit einer klaue vom Fluspferde gezieret / der ebenmäßig durch einen Reichsraht nachgetragen ward / in die hand: und der Ertzbischof sprach endlich über ihn / der gewohnheit nach / den seegen.

Nach volendeten diesen Kröhnungsgeprängen /deutete der Reichskantzler den Egiptischen Reichs ständen und der gantzen Ritterschaft / durch eine zierliche / doch kurtze rede / die huldigung an. Sobald er ausgeredet / ward ihnen der Eid ihrer gehohrsamkeit vorgelesen; und [198] sie bekräftigten denselben mit aufgerekten fingern. Der König hatte zwar anstalt machen laßen / daß Josef / straks nach der Kröhnung / durch die gassen der stadt Memfis solte geführet werden /dem Volke seinen neuen Schaltkönig zu zeigen. Aber die helfte dieses tages war schon verlauffen. Der mit tag war herbei genahet; und die tafeln zum Kröhnungsmahle albereit gedekket. Darüm ward solches gepränge bis auf den künftigen morgen verschoben: und das neugierige Volk bekahm vor dieses mahl seinen neuen Gebieter nicht zu sehen. Vor dieses mahl muste es sein großes verlangen mit geduld speisen: ein solches verlangen demselben glük zu wündschen / von dessen wunderlichen glüksfällen der ruf überal / durch die gantze stadt / erschollen.

Mitlerweile ward das übrige des tages in voller lust zugebracht. Und diese lust üm so viel angenehmer zu machen / hatte der König / im Burggarten / eine große Läube längst der mauer hin aufrichten laßen. Alhier gab der schatten eine kühle luft / das auf den bodem gestreuete bluhmenwerk einen anmuhtigen geruch /und der lust garten selbst ein liebliches aussehen. Hierunter ward das Kröhnunsgmahl gehalten. Hier ergetzte sich der König: und mit ihm der ausbund des gantzen Egiptischen Adels. Hier saß Josef nunmehr in voller herligkeit / und freude. Alles seines vorigen elendes / und alles seines leides hatte er vergessen. An stat seiner leibeigenschaft / hatte er das gebiet eines so mächtigen Königreichs in seinen händen. An stat seiner vorigen schmaach und verachtung / ward er itzund mit kniebeugen geehret. An stat des knechtischen nahmens / führete er itzund einen königlichen; und ward ein Heiland der welt genennet. An stat des Rokkes / den ihm die Ehbrecherin vom halse gerissen / hatte ihn der König in reine weisse seide gekleidet. An stat der eisernen ketten seines gefängnüsses / trug er eine güldene: an stat des [199] knechtischen fesselringes /einen Königlichen Siegelring / zur bekräftigung seiner macht. An stat des zeichens der Leibeignen / führete er einen Königsstab in der hand / und einen Königskrantz auf dem heupte. An stat des schlammichten Stokhauses / hatte er eine Königliche wohnung. Ja alles / was er zuvor elendes gehabt / war nunmehr in lauter herligkeit verändert. So herlich ward ihm seine Gottesfurcht belohnet / seine Tugend bezahlet / seine Keuschheit vergolten.

Auf den morgen ward des Königes zweiter Stahtswagen färtig gemacht. Dieser blinkte von lauter golde. Vier schneeweisse pferde zogen ihn. Der pferdeschmuk schimmerte von köstlichen steinen. Auf diesem prächtigen wagen fuhr Josef durch die fürnehmsten gassen der stadt. Zween Heerolden / aus den ältesten des Heers erlesen / ritten vor ihm her / in goldgestikten köstlichen rökken: und vor diesen vier Trompeter. So oft der Stahtswagen vor einen marktplatz / oder an eine neue gasse kahm; da bliesen die Trompeter / und die Heerolden rieffen mit lauter stimme vor dem Josef aus: Dis ist der junge Königliche Vater; dis ist der junge Vater des Reichs. Hinter dem Stahtswagen her ritten etliche Hofjunkern des Schaltköniges auf köstlichen Arabischen und Persischen pferden. Alle waren auf das köstlichste gezieret. Zu beiden seiten des wagens lieffen die Edelknaben /die Kammerdiener / die Lakkeien / in überaus zierlicher leibestracht. Die Menschen lagen in den fenstern / stunden auf den tåchern / warteten in den tühren /lieffen und drångeten sich auf den gassen. Alle verlangeten den neuen Schaltkönig zu sehen. Wo Josef vorüberfuhr / da hörete man ein großes freudengeschrei. Das frohlokken / das jauchzen / das glükzu / das lebe lange hatte kein ende. Ob er schon lange vorbei war /so klung doch der nachruf immer hinter ihm her. Man rief ohn unterlaß / so lange man den Stahtswagen [200] erblikken konte. Ja viele streueten Palmenzweige vor ihm her: andere vielerlei bluhmen. Damit lagen alle straßen bedekt / wo er durchhinfuhr.

Es war nun hoher mittag. Eben machte die sonne den kürtzesten schatten / als Josef wieder nach der Burg zu kehrete. Unterdessen hörete doch die freude des volkes nicht auf. Wer nur etwas vermochte / der hatte seine nachbaren und freunde zu gaste. Man teilete den armen reichlich aus; ja etliche liessen sie speisen. Diese algemeine freude währete bis in die sinkende nacht. Alle reden / die man hörete / waren vomJosef. Sein lob erklung durch die gantze stadt. Eines ieden mund war vol seines ruhmes. Sie priesen seine fürtrefliche schönheit / sein überaus leutseeliges wesen. Die ihn niemahls reden gehöret / urteileten dannoch von seiner so volkommenen Tugend aus den Augen: die als zween unbetrügliche verrähter des hertzens weren. Sein gantzes Angesicht / sagten sie /da man die Seele / als auf einem öffentlichen markte /mit den euserlichen dingen handeln siehet / zeigt es genug an / was vor edle schätze sein hertz verbürget. Wir seind glüklich / daß wir einen solchen / den die Götter so volkommen geschaffen / über uns herschen sehen. Das gantze Egipten hat ein großes von ihm zu hoffen. Wir alle haben dem Himmel nicht genug zu danken. An diesen und mehr dergleichen reden war des volkes vergnügung gnugsam zu spühren. Ja sie bezeugten / durch ihre milde gastfreiheit / und große freude / mehr als genug / daß die worte mit dem hertzen übereinstimmeten.

Noch zween tage blieb Josef auf der Burg. Innerhalb dieser zeit redete er mit dem Könige von allem /was des Reichs wohlfahrt betraf. Fort und fort waren sie beieinander. Alles / was Josef riet / ward beliebet. Seine rahtschläge hatten ein weites aussehen. Sie gingen durch die instehenden sieben reichen jahre / [201] bis in die sieben Mageren. Er erwug alles / was zu tuhn stünde / mit reiffem vorbedacht. Alle seine anschläge zieleten fürnähmlich auf zwei dinge: den König groß /und die Untertahnen wohlfahrend zu machen. Und darüm entschlos er sich das gantze Egipten zu besehen. Die beschaffenheit der Königlichen herschaft war ihm nunmehr aus dem munde des Königes selbsten bekant. Er hatte deswegen schon alles genau untersuchet; auch albereit mittel gefunden / sie in einen besseren stand zu bringen. Aber solches recht auszuführen / muste er nohtwendig die gelegenheit aller Länder besichtigen. Und dieses muste mit ehestem geschehen; damit er seine schlüsse darnach anlegen könte. So zog er dan auf den dritten tag aus. Der erste zug ging auf Heliopel zu.

Diese schöne Stadt lag auf einem hohen schutte / in einer anmuhtigen aue des landes Gessen / zwischen zween ärmen des Niels: zu welcher man / durch einen verborgenen gang unter der erden und dem Niele hin /von Memfis gelangen konte. Die Ebreer nennen sieOn; die Griechen aber Heliopel / das ist Sonnenstadt; und die Araber Betsames / Sonnenhaus / oder Ainsemes / Sonnenauge. Und diese drei letzte nahmen führete sie vom Sonnenspiegel / welcher alda im Götzenhause der Sonne gefunden ward / und es mit seinen strahlen den gantzen tag durch erleuchtete. Egipten hatte keine ältere stadt / als diese. Mizraim /des Noah enkel / und Hams zweiter sohn / der erste Egiptische König nach der Sündfluht / hatte sie gebauet. Alhier hat er seinen Königlichen sitz gehabt: als auch nach ihm sein sohn Mesramutisis; und nach diesem der dreimahl große Hermes / der Sonnenseulen erfinder / und uhrhöber der heiligen Bilderschrift / ja der gantzen Egiptischen weisheit. Und also war dieser Hermes der dritte Egiptische König nach der Sündfluht. [202] Er war derselbe Merkuhr / den die Egipter Tot / und Ftar / das ist den Gott der Götter / die Fönizier Taut / die Araber Idris / die EbreerHador / das ist einen fürtreflichen Vernunftfechter / nenten. Ja er war in dieser ersten Königlichen und Priesterlichen Egiptischen Stadt der erste Priester. Er war derselbe / der / zu Abrahams zeiten / die Egiptische Priesterschaft gestiftet. Er war derselbe / der den grund geleget zum Heliopelschen Ertzbischoftuhme. Einer von dessen nachsassen im Priestertuhme war itzund Fürst Potifar: den die Ebreer einen großen Weltweisen / als auch einen Vorsteher der Gelehrtheit und des götzendienstes der Sonne nennen. Diesen /als seinen ehmahligen Herrn / wolte Josef besuchen. Ein Hofjunker muste voran reiten / dem Ertzbischoffe solches anzumelden.

Sobald der Heliopelsche Ertzbischof Josefs ankunft verstanden; da lies er alles / was er nöhtig achtete / einen so großen Gast auf das herlichste zu bewürten / alsobald zuschikken. Auch befahl er seine Freulein Tochter / die Fürstin Assenat / von der Sonnenburg zu hohlen. Diese hatte bis auf gegenwärtige stunde noch niemahls einiges Mansbild gesehen. Und darüm war sie schüchtern vor allen mansbildern. Ja sie verachtete sie schier alle. Und dieses wolte ihr /fast als eine hofart und vermässenheit / zugemässen werden. Sonsten war sie in allen dingen den Ebreischen Töchtern gleich / und überaus guhtahrtig / auch so schön / daß sie vor die schönste des gantzen Reichs gehalten ward. Als sie nun ankahm / gab ihr der Ertzbischof alsobald Josefs ankunft zu erkennen.Josef / sagte er / der Starke Gottes / wird zu uns kommen: und ich habe beschlossen / dich mit ihm zu vermählen. Sie aber gab eine weigerliche antwort: dan ihr war noch zur zeit unbekant / daß der König ihn zum Herscher über das gantze Egipten [203] gesetzet. Nein / nein! rief sie überlaut: ich wil keinem Gefangenem oder Leibeigenem / aber wohl einem Königlichen Fürsten vermählet sein. Und indem sie also redeten /kahm einer von den tohrwächtern dem Ertzbischoffe anzumelden / daß der Schaltkönig schon in der schlosgasse sei. Als Assenat diese zeitung hörete / da eilete sie geschwinde nach ihrer Burg zu. Gleichwohl trieb sie ihre neugierigkeit so weit / daß sie lüstern ward den Josef zu sehen. Und darüm blieb sie oben über dem Burgtohre / in einem fenster / stehen.

Unterdessen ging der Ertzbischof / mit seiner Gemahlin Toote / dem Josef entgegen / bis vor das Schlostohr. Da empfingen sie ihn mit der allertiefsten ehrerbietigkeit. Und er begab sich / samt seinem gantzen gefolge / in den vorhof: dessen tohre zur stunde wieder geschlossen / und mit einer stärkeren wache versehen warden. Josef saß auf dem zweiten Stahtswagen des Königes / welcher mit golde gantz überzogen / und mit überaus künstlichem bildwerke gezieret. Vier schneeweisse Pferde / derer zeume /gebis und schnallen von dichtem golde / mit edelen steinen ausgesetzt / zogen diesen wagen. Er selbsten war gekleidet in reine weisse seide; und darüber trug er einen sammeten Rok mit golde sehr zierlich gestikt. Auf seinem heupte stund eine güldene Krohne / mit zwölf köstlichen steinen / darüber zwölf sterne zu sehen / versetzet. In der hand hielt er einen güldenen Reichsstab / und einen Oehlzweig / samt der frucht. Vier Edelknaben gingen auf ieder seite des wagens. Ihre langen über die schultern fliegende haarlokken waren zierlich vergüldet / und eben so zierlich gekrüllet. Ihre kleider waren von schneeweisser seide / mit güldenen bohrten verbrähmet. In der rechten hand trugen sie einen wurfspies / und in der linken einen schild / überzogen mit golde. Der vor- und nach-trab war nicht weniger köstlich und prächtig.

[204] In dieser pracht und herligkeit erblikte die junge Fürstin Assenat den Josef. Sie sahe seine himlische schönheit: und war betrübt über die worte / welche sie kurtz zuvor gesprochen. Ach! sagte sie / sehet! die Sonne vom himmel ist auf ihrem wagen zu uns kommen. Ich wuste nicht / daß Josef Gottes Sohn were. Dan keiner unter allen Menschen hat eine solche schönheit können zeugen. Keiner Frauen leib hat ein solches Licht können gebähren. Mit kläglicher stimme sprach sie diese worte. Mit bereuenden seufzern klagte sie ihre vorige unbesonnenheit an. Mit traurigem wesen ging sie nach ihrem zimmer zu. Nicht ein wort kahm mehr aus ihrem munde. Sie war gleich als entzükt: und in solcher entzükkung setzte sie sich auf ihr bette.

Unterdessen begab sich Josef von dem wagen / und ging / mit dem Ertzbischoffe Potifar / in sein schlos. Straks wusch man ihm / nach der Egiptischen weise /die füße. Und er fragte mit gebietender stimme: was ist das vor ein Weibesbild / das über dem burgtohre im fenster lag? daß man sie straks aus diesem Schlosse schaffe. Dan er befahrete / sie möchte ihm auch /wie viel andere getahn / mit geschenken verdrüßlich fallen: die er doch mit unwillen von sich warf. Aber der Ertzbischof gab ihm zur antwort: Mein Herr /sagte er / es ist meine Tochter / die alle Mansbilder fliehet. Auch hat sie zuvor niemahls einiges Mansbild gesehen / als uns an diesem heutigen tage. Doch wan es Meinem Herrn beliebt / so sol sie kommen ihn zu grüßen. Josef gedachte bei sich selbst / wan sie alles mansvolk fliehet / so wird sie mich auch wohl zu frieden laßen. Und darüm sagte er zum Ertzbischoffe: wan eure Tochter ein solches Freulein ist / so habe ich sie lieb / als were sie meine Gemahlin. Sobald die Mutter dieses vernahm / lief sie eilend auf die Burg ihre Tochter zu hohlen. Und sie brachte sie in den saal / und stellete sie vor Josefs angesicht. [205] Da geboht ihr der Vater / und sagte: Meine Tochter / grüße deinen Bruder / der alle fremde Frauen hasset / gleichwie du alle Männer. Und Assenat neugte sich mit sehr zierlichen und schaamhaftigen gebährden / und sprach: Gegrüßet sei der Geseegnete des allerhöchsten Gottes. Darauf antwortete Josef / und sagte: Gott / der alle dinge lebendig machet / seegene Sie. Und Potifar befahl seiner Tochter ferner / daß sie den Josef küssen solte. Aber als sie sich solches zu tuhn näherte; da strekte Josef seine hand aus / berührete ihre brust /und sagte: Demselben / der dem lebendigen Gotte dienet / und isset das broht des lebens / und trinket den trank der unsterbligkeit / geziemet nicht / daß er eine fremde mit seinem munde berühre. Es geziemet ihm nicht den mund einer solchen zu küssen / welche die stummen und gehöhrlosen Abgötter küsset / und isset der Götzen broht / und trinket / aus den bächern der Abgötterei / den trank des todes und der fünsternüs /und schmieret sich mit öhle der unreinigkeit.

Als nun Assenat Josefs reden hörete / und sich gleichsam verschmähet sahe; da ward sie von hertzen betrübt. Sie weinete bitterlich. Die trähnen schossen /als zwee schmertzenströhme / mildiglich aus den augen. Ja es fehlete wenig / daß sie / vor übermäßigen schmertzen / nicht gar in ohnmacht niedersunk. Josef hatte zwar nicht gern mit dem Frauenzimmer zu tuhn. Kaum gönnete er ihnen / daß sie ihn ansehen mochten. Er befahrete sich stähts / daß dadurch der spiegel seiner keuschheit verdunkelt würde. Ja noch weniger lies er zu / daß sie ihn anrühreten. Daß eine Fraue den Einwohner des Paradieses aus seiner herligkeit gestoßen / lag ihm stähts im sinne. Darüm flohe er den ümgang mit Weibesbildern / als eine anstekkende seuche. Gleichwohl bewegte ihn Assenat zum mitleiden. Ihr betrübtes / doch zugleich allerholdseeligstes und schaamhaftiges [206] [208]wesen zog ihn zur barmhertzigkeit. Hatte er sich von ihr kurtz zuvor nicht wollen küssen oder berühren laßen; so rührete er sie itzund selbsten an. Er legte seine hand auf ihr heupt / und seegnete sie. Und Assenat erfreuen sich über seinem seegen in ihrem hertzen dermaßen / daß sie vor großen freuden krank ward. Sie ging hin / und neugte sich auf ihr bette. Da überdachte sie alle worte des Josefs. Da beherzigte sie alle seine reden. Diese würkten in ihr ein hertzliches leidwesen / eine recht bußfärtige reue. Hertzlich bereuete sie ihr abgöttisches wesen. Von hertzen war es ihr leid / daß sie bisher den leblosen Abgöttern gedienet. Sie verleugnete sie alle: und erkante den wahren lebendigen Gott.

Unterdessen machte sich Josef fröhlich. Er aß und trank. Und nach gehaltener tafel / täht er / mit dem Ertzbischoffe / einen lustwandel: da er zugleich die gelegenheit und fürnehmsten gebeue der Stadt besichtigte. Unter andern besahe er die fürtrefliche Sonnenspitze / welche die allererste war / die man in der gantzen welt gesehen. Mizraim der erste Egiptische König nach der sündfluht / hatte dieselbe / auf Hermes Trismegists angeben / zu bauen beschlossen; aber sein Sohn und Nachsas Mesramutisis volzogen. Dieses geschahe üm das 2213 jahr nach erschaffung der welt / und vor der heilgebuhrt um das 1840. Vom erfinder derselben / dem itzt genenten Hermes /haben die noch heutiges tages in Deutschland und anderwärts befindliche Irmenseulen oder Hermesseulen ihren nahmen.

Weil nun Josef sahe / daß diese Sonnenseule aus einem sonderlichen und gantz ungemeinem Marmelsteine bestund; so fragte er den Ertzbischof: woher dieser Marmel kähme? Er antwortete: der Erfinder der Sonnenspitzen / mein vorfahr Hermes Trismegist /oder Tot / wie wir ihn eigendlich nennen / hat ihn aus dem gebürge gegen der stadt Tebe über brechen laßen: [208] und von dannen wird er noch itzund zu allen Egiptischen Sonnenspitzen gehohlet. Kein ander wird zu denselben iemahls gebrauchet / als dieser. Daß aber der Erfinder darzu eben diesen Marmel erlesen /hat er nicht ohne sonderliche uhrsachen getahn. Er hatte beschlossen die Feuerspitzen / welche man bisher allein den Menschen zum gedächtnüsse gebauet /in eine andere gestalt zu verändern / die zu seinem vorsatze geschikter were. Dieser vorsatz war / daß die Strahlen der Sonne / wie des Feuers durch jene / hierdurch solten abgebildet; und ihr / der Sonne selbsten /solche Spitzen geheiliget; auch ein sin an denselben /durch eine verborgene Bilderschrift / entworfen werden. Daher hat er diese neuerfundene Spitzen auchSonnenspitzen / oder vielmehr Sonnenfinger genennet: und sie schlänker und gerader in die höhe führen laßen; damit solche heilige Schrift daran üm so viel besser könte gelesen werden. Weil er nun sahe / daß die Sonne / der diese Spitzen / wie jene den Menschen / zu ehren solten gestiftet sein / ihre herschaft über die vier Uhrwesen am allermeisten ausübete; so hat er auch / zum baue derselben / einen vierfärbigen Stein /der das geheimnüs solcher vierfachen Herschaft der Sonne abbildete / erkohren. Dan dieser Tebische Marmel / desgleichen sonst nirgend gefunden wird / hat gleichsam zur grundfarbe eine goldgläntzende röhte: welche bald mit Kristal- oder ametisthellen / bald mit aschgrauen oder wasserfärbigen / bald mit schwartzen flekkern durchschäkkert und eingespränkeit ist. Die gold- oder feuer-rohte farbe sol das Feuer; die durchscheinenden Kristalflekker die Lust; die graublauen oder wassergrauen das Wasser; und die schwartzen oder grauschwartzen die Erde bedeuten.

Wie groß aber / fragte Josef weiter / und wie hoch werden diese Sonnenspitzen gemeiniglich aufgeführet; und was wird eigendlich vor ein maß im aufbaue derselben [209] beobachtet? Die kleinesten Sonnenspitzen /antwortete der Ertzbischof / seind zehen oder zwölf füße / die grösten hundert / ja wohl hundert und vierzig hoch. Auch seind sie nicht alle gleich vierekkicht /das ist an ihren seiten nicht alle von einerlei breite. Wan eine ihrer vier seiten unten am grundsatze drei ellen breit ist; so ist die gantze Seule / vom untersten grundsatze an / bis an den obersten grundsatz der aufgesetzten oder abgestumpften spitze / dreissig ellen hoch. Und also befindet sie sich allezeit zehn mahl so hoch / als eine seite des untersten grundsatzes breit ist. Die seite aber des obersten grundsatzes der abgestumpften spitze ist allemahl üm das dritte teil schmähler / als die breite an des untersten grundsatzes seite. Darüm / wan die seite unten am grundsatze drei ellen breit ist / mus dieselbe unter dem übersatze der abgestumpften spitze nur eine elle breit; und die höhe der aufgesetzten oder abgestumpften spitze eben so hoch sein / als die seite des untersten grundsatzes breit ist. Wie nun diese Sonnenseulen oder Sonnenspitzen von unten auf bis an den obersten güpfel zwar algemach schlänker und schlänker werden / aber nicht gantz gerade spitzzu lauffen / sondern oben eine abgestumpfte spitze bekommen; so lauffen hingegen dieFeuerspitzen / oder / wie man sie von ihrem nachmahligen gebrauche eigendlich nennen kan / dieGrabspitzen von ihrem viel breiterem grundsatze nach oben zu / mit allen ihren ekken und seiten / in einem gantz geraden lauffe hin / bis in das euserste der spitze. Und was vor ein unterscheid ist zwischen den Sonnenstrahlen / und Feuerstrahlen; ein solcher ist auch zwischen den Sonnen- und Feuer- oder Grabspitzen: indem diese viel plumper und dikker / ja viel schieffer; jene aber viel schmähler / schlänker / und dünner / ja mehr aufgerichteter zu stehen pflegen.

Nachdem sich Josef im besichtigen dieser uhralten Stadt / daher alle Egiptische weisheit entsprungen /[210] und fast alle andere völker sie gehohlet / bei zwo stunden belustiget; da begab er sich wieder auf das Ertzbischofliche schlos. Alhier verzog er noch ein halbes stündlein: welches mit allerhand gelehrten reden zugebracht ward. Darnach nahm er seinen abschied. Der Ertzbischof nöhtigte ihn zwar bei ihm zu übernachten. Aber so bitseelig konte er nicht sein.Josef reisete weg. Gleichwohl verhies er über acht tage wiederzukommen. Seine reise ging auf die stadtTanis zu: welche die Ebreer Zoan nennen. Diese hatte Mizraim ebenmäßig erbauet. Auch ward sie nach der zeit der Egiptischen Könige Sitz: da Moses so viel wunderwerke verrichtete.

Unterdessen legte Assenat ein schwartzes trauerkleid an: und warf alle Götzenbilder zum fenster hinaus / welches nach dem mittage zuging. Auch bestreuete sie ihr heupt mit asche / lag auf den kniehen /fastete / und weinete sieben tage nacheinander. In aller dieser zeit hörete sie nicht auf zu bähten. Sie bähtete den lebendigen Gott an / den Gott Josefs. Sie flöhete / sie seufzete tag und nacht; und lies nicht nach / als bis sie der Höchste erhöret. Sie ward auch in warheit erhöret: und die herligkeit Gottes erschien ihr.

Auf den achten tag sahe Assenat / in der morgendömmerung / zum fenster hinaus / nach dem aufgange zu. Da erblikte sie den morgenstern: und neben ihm täht sich der himmel auf. Plötzlich erschien ein großes mächtiges Licht. Das sahe sie; und fiel in die asche nieder / auf ihr angesicht. Mitlerweile lies sich ein Man vom himmel hernieder. Der stund bei ihrem heupte. Er rief sie bei ihrem nahmen. Aber aus furcht konte sie nicht antworten. Er rief zum andern mahle: Assenat / Assenat. Da ermunterte sie sich /und antwortete: Herr hier bin ich: sage mir / wer du bist? Ich bin ein Fürst / gab er zur antwort / des Hauses Gottes / und ein Herzog der Heerschaaren des HERrn. Stehe auf / [211] und trit auf deine füße; damit ich mit dir rede. Assenat richtete sich auf. Sie sahe den Man an: und er war Josef gantz gleich. Er war eben gekleidet / wie Josef. Eben einen solchen Reichsstab hatte er in der hand. Eben eine solche Krohne trug er auf dem heupte. Aber sein angesicht war / als der blitz. Seine augen strahleten / wie die Sonne. Und seine haare gläntzeten und schimmerten / als feuerflammen. Assenat erschrak über diesen anblik. Sie fürchtete sich / und fiel wieder auf ihr angesicht. Der Engel aber tröstete sie / und richtete sie auf. Lege dein trauerkleid ab / sagte er. Tuhe das gürtel deiner buße weg: und den sak deiner reue von deinen lenden. Wasche den staub ab von deinem heupte. Reinige dein angesicht / und deine hände mit dem lebendigen wasser / und lege deinen schmuk und zierraht an; damit ich mit dir rede.

Hierauf ging Assenat eilend hin / in ihre kammer. Eilend legte sie ihren besten schmuk an; und kahm wieder zum Engel. Da befahl ihr der Engel / daß sie ihr heupt entblößen / und den schleier ablegen solte. Dan du bist / sagte er / ein Freulein. Eine Jungfrau bistu. Darüm sei stark / und freue dich / o Jungfrau Assenat. Dein gebäht ist erhöret. Deine seufzer seind durch die wolken gedrungen. Dein Nahme stehet schon in das Buch des lebens geschrieben. Daraus sol et nimmermehr vertilget werden. Von diesem tage an solstu / als eine gantz erneuerte und lebendig gemachte / das geseegnete Broht des lebens essen / und den Trank der unvergängligkeit trinken: ja mit dem heiligen öhle solstu gesalbet werden. Heute ist dir Josef zum Breutigam gegeben. Und hinfort solstu Vielzuflucht heissen. Dan deine Bußfärtigkeit hat dich bei dem Allerhöchsten versühnet. Nun hat Er dir seine gnade geschenket. Du bist eine Tochter des Allerhöchsten / eine fröhliche / eine fort und fort lachende /und eine züchtige Jungfrau.

[212] Also war Assenat nunmehr bekleidet mit weissem sammet der Heiligkeit. Sie war angetahn mit reiner seide der Gottseeligkeit. Im ungefärbtem atlasse der Keuschheit schimmerte sie / als eine liebliche Lilje. Im purper der Schaamhaftigkeit blühete sie / als eine anmuhtige Rose. In allen Jungfreulichen Tugenden grühnete sie / als ein lustiger Lorbeerbaum; und wuchs auf / als eine herliche Zeder. Ja sie war volkommen schön / als Sara; gantz holdseelig / als Rebekka; überaus lieblich / als Rahel. Und in solchem herlichen schmukke gefiel sie Gott / und ihrem Breutigam.

Die freude / welche diese junge Fürstin über solcher fröhlichen bohtschaft empfand / war unaussprechlich. Auch freuete sie sich in wahrheit nicht ümsonst. Die höchste gnade des Allerhöchsten war ihr verkündiget. Der Himmel stund ihr offen: im Buche des lebens ihr nahme: die lebensspeise vor sie bereitet. Die salbung mit dem Oehle der heiligkeit war ihr versprochen: Josef zum Breutigam geschenket. Nichts konte sie mehr wündschen. Sie war in die volle glükseeligkeit versetzet. Die zeitliche und ewige hatte sie beisammen. Und darüm trug sie verlangen dessen nahmen zu wissen / der ihr alle diese glükseeligkeit verkündigte. Sie fragte den Engel / wie er hiesse? Er aber gab zur antwort: mein Nahme stehet mit dem finger Gottes in das Buch des Allerhöchsten geschrieben; und alle dinge / die in demselben buche stehen / seind nicht auszusprechen. Auch ist es keinem sterblichen Menschen nütz solches zu hören /oder zu sehen.

Hierauf hielt Assenat den Engel bei dem saume seines Rokkes. Ach! sprach sie / habe ich gnade für deinen augen gefunden / so setze dich ein wenig auf mein bette / darauf noch kein Mansbild gesessen. Ich wil unterdessen hingehen / und dir die tafel bereiten. Und der Engel sagte / daß sie es mit der hast tuhn solte. Hierauf [213] setzte sie ihm alsobald eine neue tafel vor: und etwas brohtes / und weines / mit köstlichen gewürtzen / darauf. Der Engel begehrte auch einen Honigfladen. Und als sie betrübet stund / weil sie keinen hatte: da sagte er / daß sie in ihrer speisekammer /auf dem anrichttische / zusehen solte. Als sie nun hinging zu sehen / da fand sie einen schönen Fladen /vom allerreinesten honige; der so weis war / als der schnee / und gantz lieblich schmäkte. Diesen trug sie dem Engel vor / und sagte: Ach! Herr / ich habe gantz keinen Fladen gehabt: aber mit deinem heiligen munde hastu es gesprochen; und es ist also geschehen. Darüm ist auch sein geschmak eben so süße / als der ahtem deines mundes.

Der Engel erfreuete sich inzwischen über der Assenat hohem verstande. Auch hub er seine hand auf /und legte sie auf ihr heupt. Seelig bistu / sagte er / O Assenat / die du die Abgötter verlaßen / und an den lebendigen Gott gegleubet hast. Darüm solstu / und alle dieselben / die / mit hertzlicher reue / sich zu dem HERRn bekehren / von diesem Fladen essen; den die Bienen des Paradieses Gottes von seinen edlen Rosen gemacht haben. Darvon essen alle Engel Gottes: und alle / die darvon essen / werden in ewigkeit nicht sterben. Und er brach ein stükke vom Fladen / und aß darvon. Das übrige stekte er in der Assenat mund /und sagte zu ihr: nun hastu das Broht des lebens gegessen / und bist mit dem Oehle der heiligkeit gesalbet. Von diesem tage an solstu gantz erneuert und gesund werden. Du solst eine Hofstat sein aller derselben / welche zum Nahmen des almächtigen Gottes /des Königes der ewigkeit / ihre zuflucht nehmen. Hierauf rührete er den Fladen an / da das stükke war abgebrochen: und er ward wieder gantz. Straks rührete er ihn / mit dem eusersten des fingers / noch einmahl an: und der strich seines fingers ward zu bluhte.Assenat war verwundert / als sie solches [214] sahe. Ja sie verwunderte sich noch vielmehr / als sie gewahr ward / daß sich ein gantzer schwarm Bienen darinnen bewegte: welche so weis waren / als der schnee / und flügel hatten / als sammet / mit vielerlei farben. Diese Bienen flogen alle zusammen üm die junge Fürstin her / und machten einen Honigfladen in ihrer hand. Endlich geboht ihnen der Engel / daß sie wieder in ihr vaterland kehren solten; und sie flogen / nach dem morgen zu / ins Paradies. Darnach rührete der Engel den Fladen zum driten mahl an: und ein feuer ging von der tafel auf / welches den Fladen verzehrete; die tafel aber blieb unbeschädiget: und der rauch dieses feuers roch über alle maße lieblich.

Bisher war Assenat gantz allein bei dem Engel gewesen. Aber itzund wündschte sie / daß ihre Stahtsjungfrauen seiner angenehmen geselschaft auch geniessen möchten. Ach! sagte sie / Herr / ich habe sieben Jungfrauen / welche mit mir in einer nacht gebohren / und mit mir auch auferzogen seind. Könte ich doch so bitseelig sein / daß sie möchten geseegnet werden / gleich als ich. Der Engel gewährete sie ihrer bitte: und als die Jungfrauen hineingeträhten waren /seegnete er sie / und sprach: Der allerhöchste Gott seegne euch / und laße euch werden zu sieben Seulen der Stat der zuflucht. Hierauf befahl er / daß die tafel wieder aufgehoben würde: und sobald solches geschehen war / verschwand er vor ihren augen.

Nicht wenig verwundert war Assenat. Nicht wenig bestürtzt machte sie diese begäbnüs. Ihr Frauenzimmer erschrak. Es geriet in eine plötzliche furcht. Furcht und zittern überfiel sie. Nicht wusten sie / wie ihnen geschahe. Inmittels erhub sich unversehens ein schal der trompeten. Assenat schikte geschwinde hin zu vernehmen / was es were. Man brachte bericht /der Schaltkönig sei vor dem tohre. Straks lief sie hinab. Flugs [215] eilete sie dem Josef entgegen. Er zog eben in den vorhof ein / als sie ihn erblikte. Sie nahete sich hastig. Sie traht vor den wagen / und grüßete ihn mit tiefster ehrerbietigkeit. Sie erzehlete ihm alles /was sich begeben. Sie sagte ihm alle worte des Engels. Nicht eines ward verschwiegen. Und Josef erwog sie in seinem hertzen. Aber er lies sich nicht märken / was er bei ihm beschlossen. Er schwieg stil. Doch ermahnte er sie in ihrer Gottesfurcht zu verharren.

Nach gehaltenem mittagsmahle brach Josef eilend auf / und zog wieder nach Memfis. Unterwegens begegnete ihm die Königliche Fürstin Nitokris. Diese reisete nach Heliopel / die Assenat zu besuchen. Beide Stahtswagen hielten stil. Josef stieg ab / und ging nach der Fürstin zu / seine schuldigkeit abzulegen. Nach geschehenen grüssen / fragte sie zur stunde: ob er die Fürstin Assenat gesehen? und wie es ihr ginge? Eben diesen morgen / gab er zur antwort /habe ich die ehre gehabt sie zu sprechen: und ich weis nicht anders / als daß es ihr wohl gehet. Das hat er vor ein großes glük zu schätzen / fing die Fürstin hierauf an: dan sie zu sprechen ist keinem Herrn iemahls widerfahren. Es ist ein sehr guhtes zeichen /und ein vorspiel / daß er derselbe Fremdling sein wird / der in ihren armen schlafen sol. Ja er ist es selbsten /auf den der Göttliche Ausspruch schon vor zwanzig jahren gezielet. Nun sehe ich desselben erfüllung vor der tühre. Ja nun stehet es allein bei ihm / daß er ihr bald die tühre eröfne. Bei ihm allein stehet es / uns einen fröhlichen tag zu machen. Darüm was er tuhn wil / daß tuhe er bald. Mich selbsten verlanget darnach.

Ich märke wohl / antwortete Josef / daß die Königliche Fürstin mit ihrem diener zu schertzen gesonnen. Ich schertze keinesweges / fiel ihm Nitokris in die rede. Es ist mein lauter ernst. Und schon vor zehen oder [216] zwölf jahren habe ich die gedanken gehabt / daß er derselbe sei / der künftig der Fürstin Assenat solte vermählet werden. Und hierzu hat mich veruhrsachet die Aussprache der Götter / die er dazumahl selbsten erklährete. Ja die drei Treume / die er / auf mein ansuchen / gedeutet / haben mich darinnen bekräftiget. Alles ist nunmehr erfüllet / bis auf dis einige / daß er in der schönen Assenat armen ruhen sol. Er untersuche die sache selbsten. Er denke ihr selbsten nach. Ich weis / er wird es anders nicht befinden. Und keine andere / als die liebseelige Assenat / ist dieselbe Fürstin / der zu liebe ich ihm alle die gunst erwiesen / die er iemahls von mir genossen. Sie ist dieselbe / die ich meinete / als ich neulich im Burggarten mit ihm redete. Mehr weis ich nun nichts zu sagen / als ihm und ihr glük zu wündschen. Und hiermit nahm sie plötzlich ihren abscheid / damit sie vor abende nach Heliopel gelangen möchte.

Als nun Josef zu Memfis angelanget / da begab er sich straks zum Könige. Erstlich erzehlte er ihm / was er verrichtet. Darnach täht er etliche vorschläge / wie man das Getreidich / in den schon angefangenen reichen jahren / solte zum vorraht einsamlen. Delta oder Unter-Egipten hatte er nunmehr meist besichtiget. Dieser Nordwinkel bestund fürnehmlich in drei teilen. Darüm war er gesonnen auch drei Kornverwalter alda zu verordnen. Hierzu schlug er den Sohn des Kaufmannes / bei dem er gewohnet / eh er zu Fürst Potifarn kahm / und dan zween seiner gewesenen Mitgefangenen vor. Auch solten ihnen noch fünf andere Unterverwalter zugefüget werden. Diese alle wählete er aus den besten und treuesten / die ihm bekant waren. Sonderlich sahe er auf dieselben / von denen er ehmahls guhtes genossen. Und solche beförderte er vor allen andern / wozu sie geschikt waren. So dankbar war sein hertz / daß er nicht eines vergaß. Der König lies ihm alles gefallen. [217] Was er taht / war wohl getahn. Was er sagte / das galt. Er setzte ein / er setzte ab /nach eigener wilkühr. Alles stund in seiner macht.

Nach abgehandelten Reichsgeschäften / kahmJosef endlich auf seine eigene. Er hatte nunmehr beinahe das dreissigste jahr überschritten. Auch solte er nun seine eigene haus- oder hof-haltung führen. Darzu war ihm eine Gehülfin nöhtig. Es war zeit zur heurraht zu schreiten. Die gelegenheit boht sich selbsten an. Die Fürstin Assenat schien darzu von Gott versehen. Ihr einundzwanzigstes jahr hatte sie erreichet. Ob sie schon keine Ebreerin war / so war sie doch den Ebreischen Töchtern gleich. Zudem hatte sie / aus Göttlichem antriebe / den Ebreischen Gottesdienst ümhälset. Ja es schien / als wan sie zu Josefs Gemahlin gebohren. Es schien / als wan sie darzu albereit in ihrer gebuhrt erkohren. Es schien / daß sie darzu so sonderlich erzogen. Kein Frauenzimmer fand sich im gantzen Egipten / das sich zum Josef so wohl schikte / als Assenat. Keine stund ihm so wohl an /als sie. Und also entschlos er sich den König selbsten darüm anzusprechen. Er wartete nicht lange. Straks täht er ihm seinen schlus kund. Straks brachte er sein begehren an. Zur stunde ward es gebilliget: ohne verzug bewilliget. Der König schikte flugs hin / die Fürstin Assenat selbsten zu hohlen. Er befahl den Ertzbischof / samt seiner Gemahlin / mitzubringen. Eilend solten sie kommen. Der wille des Königes litte keinen verzug. Er verlangte fast mehr diese neue Braut zu sehen / als Josef selbsten.

Mitlerweile hatte die Königliche Fürstin den weg glat gebahnet. Sie hatte der schönen Assenat des Josefs herkommen entdekt. Sie hatte ihr alle seine glüksfälle geoffenbahret. Sie hatte ihr der Semesse Traum / samt dem ihrigen / erzehlet. Alle erklährungen / alle gedanken / die sie darüber gehabt /hatte sie ihr eröfnet [218] Nichts / ja gar nichts hatte sie ihr verschwiegen. Und also sahe Assenat augenscheinlich / daß der Himmel sie schon vorlängst zur Gemahlin des Josefs bestimmet. Ja ausser dem / was ihr der Engel geoffenbahret / sahe sie aus diesen erzehlungen / daß die zeit ihrer vermählung vor handen. Darüm dankte sie dem Himmel für seine so treue vorsorge. Darüm machte sie sich ie mehr und mehr bereit / ihr verhingenes glük dankbarlich anzunehmen.

Als nun die Königlichen Abgefärtigten ankahmen /die Assenat / samt ihrem Herrn Vater und ihrer Frau Mutter / zu hohlen; da muhtmaßete sie zur stunde /daß der Allerhöchste seinen schlus über sie zu volziehen vorhette. Sie konte anders nicht tuhn / als die Göttliche schikkung annehmen / und dem Königlichen befehle gehorchen. Sie zog alsobald mit. Des morgens sehr früh brach man auf. Die Königlichen Abgeordneten / als auch der Ertzbischof / samt seiner Gemahlin / fuhren voraus. Die Fürstin Assenat folgete. Bei ihr saß die Königliche Fürstin Nitokris. Straks hinter diesen zwo Fürstinnen kahm Semesse /mit den sieben Stahtsjungfrauen der Assenat / auf vier sonderlichen kutschen. Eben so viel kutschen hatten auch die Kammermägdlein. Eine schöne reiterei von drei hundert köpfen machte den nachschwalk.

Sobald sie bei Hofe angelangten / ward der Ertzbischof / samt seiner Gemahlin und Freulein Tochter / vor den König geführet. Dieser empfing sie überaus freundlich / sonderlich die Fürstin Assenat: die er anders nicht / als seine Tochter / nennete. Nach abgelegten wenigen höfligkeiten / redete er den Ertzbischof also an: Ich habe gegenwärtige seine Tochter / sobald sie gebohren war / vor meine und des Reichs Tochter angenommen. Und darüm bin ich verpflichtet / sie zu versorgen. Ich bin verbunden / [219] auf ihre wohlfahrt bedache zu sein. Besser aber kan und weis ich solches nicht zu tuhn / als durch eine guhte vermählung. Des Egiptischen Reichs SchaltkönigJosef / den ich gleichmäßig vor meinen Sohn erkenne / träget belieben zu ihr. Und daher bin ich hertzlich erfreuet. Auch wündschet nun mein hertz nichts mehr / als daß ihr belieben mit dem seinigen übereinstimme. Ja ich hofe gewis / ihr Ja werde dem seinigen begegnen. Und in solcher hofnung / bin ich bereit /Sie mit Ihm zu vermählen. Aus meiner hand sol Er Sie / als meine eigene Tochter / empfangen. Ich wil /daß sie meine untertahnen vor ihre Schaltkönigin erkennen. Und mit diesem meinem willen / zweifle ich nicht / werde sich der wille ihrer leiblichen Eltern vereinbahren.

Der Ertzbischof bedankte sich gegen den König zum alleruntertähnigsten. Er bedankte sich vor die hohe Königliche gnade; vor die treue Väterliche vorsorge; ja vor das allergühtigste hertz / das er seinem gantzen Hause zuzutragen so gar gnädig geruhete. Auch übergab er ihm seine Tochter gantz und gar /mit ihr / nach seinem allergnädigsten willen / zu walten und zu schalten. Hierauf wendete sich der König nach der Fürstin Assenat zu. Meine Tochter / sagte er / ich habe das guhte vertrauen zu ihr / es werde meine gefaste hofnung auf ihrer seine nicht vergebens sein. Weil nun das Freulein / mit schaamhaftigen blikken / die augen niederschlug / und keine antwort gab; so fragte der König: wessen habe ich mich dan nun zu meiner Tochter zu versehen? Mein dankbahres hertz / antwortete sie / habe ich Seiner Majestäht schon vorlängst / in alleruntertähnigster gehorsamkeit / zu eigen gegeben; und eben also übergebe ichs itzund aufs neue. So wil dan meine Tochter /fuhr der König fort / daß ich Sie mit [220] dem Schaltkönige vermähle? Mein wille hat hier keine wahl / gabAssenat zur antwort; weil er dem willen Seiner Majestäht gantz untergeben ist / so daß er auch Seinem winke gehorchen mus. Gehorchen mus / fing der König das wort auf: das ist mein wille nicht. Sondern ich wil / daß sie willig / und nicht gezwungen ihr Jawort von sich gebe. Wie es der allerhöchste Gott schikket / fuhr das Freulein weiter fort / und es der König mittelt / damit bin ich zu frieden. Beides nehme ich willig an; weil ich wohl weis / daß es zu meinem aufnehmen gereichet. Wie solte ich der Göttlichen schikkung / und dem Königlichen willen / die beide so guht seind / widerstreben? Es sei ferne von mir auch nur die gedanken zu haben.

Weil nun der König sahe / daß Assenat von seinem vorschlage nicht abgeneugt were; so lies er den Schaltkönig hohlen. Dieser erschien alsobald. Sehr freundlich empfing er seinen künftigen Vater / seine künftige Mutter / seine künftige Gemahlin. Auf allen seiten offenbahrte sich die freude. Die liebe / die sich bisher verborgen gehalten / euserte sich itzund mit voller kraft. Josef selbsten konte sie nicht länger verhehlen. Man erblikte sie aus allen seinen gebährden. Alle seine worte gaben sie genug zu verstehen. Es war mit lust anzusehen / wie er der Assenat so liebseelig begegnete: und sie wieder ihn so holdseelig anblikte. Der König märkte / daß seine gegenwart die liebe /sich recht zu eusern / verhinderte. Darüm sagte er zum Ertzbischoffe: daß er gesonnen sei ein lust gänglein im Burggarten zu tuhn; und wan es ihm beliebte /so könte er ihm / mit seiner Gemahlin / geselschaft leisten. Hierauf ging er straks nach der tühre zu / und der Ertzbischof / samt seiner Gemahlin / folgete.Josef nahm die Assenat bei der hand / in willens die geselschaft mit zu halten. Aber der König winkte ihm / daß er bleiben solte. Wir drei / sagte [221] er / haben etwas heimlichs miteinander zu reden / daß sie beide nicht wissen sollen. Und vielleicht wollen sie zwei dergleichen tuhn / da der dritte zu viel ist. Darüm können sie hier allein bleiben: und wir wollen auch allein unsern lustwandel verrichten. Bald wird es zeit sein das abendmahl zu halten. Dan wollen wir wiederkommen / und uns miteinander ergetzen.

Also blieb Josef mit der Fürstin Assenat im Königlichen zimmer. Die gespräche / die sie in geheim hielten / wollen wir nicht offenbahren. Was alhier unter der Rose geredet worden / gebühret uns nicht nachzuschwatzen. Doch wollen wir dieses sagen / daß der unterliche liebesvergleich in einem stündlein volkömlich getroffen worden. Dan sobald der König /mit seiner geselschaft / wiederkahm / und lächlende fragte: ob sie nunmehr eins weren? da gab ihm Josef zur anwort: Eins ist in alwege besser / als zwei. Darüm haben wir uns bemühet / dieses zwei in Eins zu bringen. Und das ist auch glüklich geschehen. O eine himlische rechenkunst / die aus zweien Eins ma chet! rief der König überlaut. Lange müsse dieses Eins währen! Lange müsse diese Vereinigung tauren! Lange müsse dieses vereinbahrte Paar leben! Der Himmel müsse es seegnen! Ihm müsse kein böses begegnen! Alles müsse zum besten gedeien.

Wie nun solche Vereinigung in geheim geschlossen war; so ward sie noch diesen abend / in gegenwart des Königes / der Königin / und beider hochfürstlichen Eltern des Freuleins Assenat / ja des gantzen Königlichen Frauenzimmers / und aller Hofbedienten /durch ein öffentliches Verlöbnüs volzogen. Und also bekahm Josef seines gewesenen Herrn Tochter zur Gemahlin; und mit ihr / zum Brautschatze / sechzig tausend güldene krohnen. So herlich ward ihm seine Tugend belohnet / so reichlich seine Keuschheit vergolten. Ja so köstliche / [222] [224]so fürtrefliche / so schöne früchte trug ihm seine Gottesfurcht. Assenat war die schönste / die Tugendvolkomneste / und / nächst der Königlichen Fürstin Nitokris / die allerfürnehmste junge Fürstin des gantzen Egiptens. Eine so fürtrefliche Braut ward dem Josef zu teile. Ein so edeler schatz muste die bitterkeit seines gelittenen elendes versüßen. Aus dem Hause / da man ihm die meiste schmaach zugefüget / ward er mit ehren gekröhnet /mit freuden erfüllet / mit wohllust gesättiget. Jederman war / mit ihm / erfreuet. Jederman wündschte den neuen Breuten glük. Unter dem getöhne der klingspiele / unter dem schalle der trompeten / erhub sich /durch den gantzen saal / ein fröhlicher zuruf. Und dieser währete so lange / bis die spähte nacht sie zu scheiden nöhtigte.

Auf den morgen ward der tag zum Beilager bestimmet. Inzwischen solte alles darzu auf des Königes kosten / färtig gemacht werden. Inzwischen wolte Josef das Ober- und Mittel-Egipten durchreisen. Alda wolte er gleich also / wie er im Unter-Egipten getahn / zur einsamlung des getreidichs anstalt machen. Nach dieser entschliessung begab sich der Ertzbischof /samt seiner gemahlin und Freulein Tochter / wieder nach Heliopel. Der Schaltkönig begleitete sie: und als man daselbsten angelanget / besahe er zugleich die heilige Sonnenburg / die zwanzigjährige wohnung der schönen Assenat.

Diese Burg lag recht vor dem Ertzbischoflichen Schlosse / rundherüm mit Lust-Baum- und andern gärten / als auch einer starken und hohen mauer ümgeben. Zwei tohre gingen in den hof des gemelten Schlosses / und eben so viel nach der stadt zu: jene gegen morgen und mittag / diese gegen abend und mitternacht. Auf der Morgenseite lag der Lustgarten: auf der mittagsseite der Baumgarten: auf der abendseite der Küchengarten; [224] und auf der nordseite der Tiergarten. Der Lustgarten war mit vielerhand bluhmen und andern fremden gewächsen bepflantzet. Hier schimmerten die Rosen. Hier blinkten die Liljen. Hier lachten die Narzissen und Hiazinten. Hier blüheten die Tatuhrstauden / und das wohlriechendeMoschkraut. Hier grühneten die heiligen Kreuter und pflantzen; die Seewärmuht / das Efeu: die heiligen stauden und beume; der Rundbaum / der Lorbeerbaum / der Magenbaum / und andere dergleichen. Hier wuchs das Knabenkraut / dieHertzwurtz / der Augentrost / das Zahnkraut; derer euserliche gestalt ihre innerliche kraft und würkung anzeigete. Hier stund auch das wunderseltzameSurnag; dessen wurtzeln / durch ihre entjungfernde manskraft / das zahrte Frauenzimmer verscheuchet. Von den andern beumen / stauden / pflantzen / kreutern und bluhmen / die sich alhier befanden / wollen wir nichts melden.

Der Baumgarten war mit vielerhand Beumen reihenweise besetzet. Diese alle stunden schnuhrgerade /in unterschiedlichen schichten: in der ersten / Goldäpfelbeume / Zitronenbeume / Granahtäpfelbeume / Feigenbeume; in der zweiten / Zipressenbeume / Mirtenbeume / Sant- oder Hartzbeume /Karneb- oder Horn-beume / daran dasJohannesbroht wächset; in der dritten / die Musenbeume / die Wollenbeume / Atlenbeume / Lablab-oder Bonenbeume / Alkannen; in der vierden /Schwartze Zimmet- oder Schohtenbeume / Sebe sten- oder / Brustbeeren-beume / Dattelnbeume /derer mänlein man mit den weiblein aneinander geflochten / Tamarinden- oder Sonnenbeume / Balsambeume / und so fort.

Der Küchengarten war mit allerhand Egiptischen Kohl-muß- und andern Küchen-kreutern beflantzet:[225] welche man so wohl roh / als gekocht / und eingemacht zur speise gebrauchte. Hier wuchsen die berühmten Egiptischen Bohnen. Hier stund das Egiptische Pappelnkraut oder Bammia: dessen vielekkichte flaschenfrucht ein angenehmes essen verschafte. Sonderlich befand sich alhier der Egiptische Kohl in großer mänge: dessen vertust die Kinder Israels in der Wüste mit schmertzen bejammerten. Darzu kahmen allerhand ahrten der Melonen / und eine große anzahl kreuter / und anderer früchte / die man alle zur speise zu nützen pflegte.

Der Tiergarten war mit allerhand Egiptischen geheiligten Tieren versehen; welche sie als Götter zu ehren pflegten: als Krokodillen / Katzen / Hunde /Bökke / Widder / Bähre / Wölfe / Leuen / und dergleichen. Sonderlich aber ward alhier der Götzen /ochse / der schwartz war und weis geflekkert / in einem stalle sehr heilig gehalten: als auch der Babian / der dem Abgotte Serapis geheiliget / und zur erfindung des Wasseruhrs anlaß gegeben. Gleichesfals sahe man alda / in einem Vogelhause / mancherlei Egiptische geheiligte Vogel; als den Habicht / den Eib oder Egiptischen Storch / den Adler / den Sonnenvogel / und dergleichen mehr. Im vorhofe stund auf der rechten hand ein Springbrun lebendiges wassers /welches in einen großen steinernen trog geschossen kahm. Hiermit pflegte man die gärte zu wässern / auf das ihre gewächse bekleiben möchten.

Mitten in diesem weiten ümfange lag die Burg selbsten / mit zehen großen zimmern und sählern versehen. Im ersten hatten die algemeinen Egiptischen güldenen und silbernen Abgötter / denen die FürstinAssenat täglich gedienet / gestanden. Der bodem war mit glatten vierekkichten marmelstükken belegt; die mauren rund herüm mit edlen steinen geschmükt; und die seulen [226] von lauterem golde. Im andern ward der Fürstin Kleiderschmuk / Geschmeide / Tafelzierraht /Gold- und silber-werk / samt den Prunktüchern / verwahret. Im dritten hatten sich allerhand Götzen des Landes befunden; da die Fürstin ihr gebäht täglich verrichtet. Im vierden / welches sehr groß / und mit drei großen fenstern nach dem morgen / mittage / und mitternacht zu versehn war / wohnete die Fürstin Assenat selbsten. Hierinnen stund ein gantz güldenes bette / mit sammet / und allerhand seidenem zeuge gezieret. In den übrigen gemächern befand sich der Assenat Frauenzimmer. Diese alle waren mit köstlichen prunktüchern behangen / und mit anderem schmukke überflüßig versehen.

Als nun Josef alhier alles besehen / und sich / mit seiner Assenat / ein wenig ergetzt hatte; da nahm er seinen abschied / die Länder durchzureisen. Der Ertzbischof begleitete ihn bis an den Sonnenbrun /der nicht weit von Heliopel gelegen. Diesen brunnen halten etliche vor denselben / in dessen wasser die Jungfraumutter Marie des Kindleins Jesus wündeln gewaschen / als sie nach der zeit / mit ihm / vor dem Könige Herodes in Egipten geflohen / und sich in dieser gegend verborgen gehalten. Auch zeiget man noch itzund alda / bei dem Flekken Matarea / einen alten Egiptischen Feigenbaum / welcher hohl und auf der einen seite voneinander geborsten. In diesem Baume sol sich gemelte Jungfrau Marie / mit dem Heilkinde / vor ihren verfolgern einige tage lang verborgen haben. Etliche fügen hinzu / daß gemelter Feigenbaum eben dazumahl voneinander geborsten; und als die Mutter / mit dem Kindlein / sich darein verstekt gehabt / wieder zusammengeschlossen worden /so lange bis die verfolger vorbei gewesen: da er sich aufs neue geöfnet / und mit solcher öfnung bis aus den heutigen tag stehen geblieben.

Und also besichtigte Josef zum allerersten diese schöne [227] gegend des landes Gessen; die er nachmahls vor seinen Vater und seine Brüder / sie zu bewohnen /erlesen. Hierauf reisete er nach Bubast: da der götzendienst der Katzen und Hunde fürnehmlich im schwange. Bei den Ebreern heisset es Pileset; bei den itzigen Egiptern Azut oder Aziot. Nach dieser stadt zu warden ehmahls alle Katzen / die in Egipten starben / eingesaltzen geschikt; und alda / gleichwie dieHabichte zu Butis / mit heiligen geprängen begraben. Von dannen ging die reise ferner fort in die andern städte des Mittel-Egiptens. Endlich zog er auch in das Ober-Egipten; dessen hauptstadt das prächtigeTebe / der nachmahlige Königliche sitz / war. Diese Stadt ist ehmahls so gewaltig groß gewesen / daß sie mit hundert tohren geprahlet. Als er nun alles besichtiget / und überal anstalt gemacht das getreidich einzusamlen / auch hierzu königliche Kornheuser zu bauen befohlen; da begab er sich wieder nach Memfis.

Acht tage vor der bestimten zeit des Beilagers kahm Josef in dieser königlichen stadt an. Eben hatte sich die Fürstin Assenat alda auch eingefunden / die Königliche Fürstin zu besuchen. Eben stunden diese beide Fürstinnen im fenster / als der Schaltkönig zum Burgtohre hineinfuhr. Niemand war froher / als Assenat / da sie ihren Breutigam erblikte. Kaum konte sie sich halten / daß sie ihm nicht straks entgegen lief. Kaum konte sie so lange warten / bis er selbsten kahm seine schuldigkeit bei seiner Braut abzulegen. Das glük wolte beiden so wohl / daß der König eben vor die stadt geritten. Und also gab dessen abwesen ihnen gelegenheit einander üm so viel eher wilkommen zu heissen. Dieses geschahe mit den höchsten freudenbezeugungen. Niemahls hat die Morgensonne den Erdkreus lieblicher gegrüßet / als beiderseits grüsse waren. Die holdseeligen reden / die anmuhtigen blikke spieleten durcheinander. [228] Diese zeigeten an /was jene nicht durften. Die freudigen bewegungen des hertzens euserten sich durch die augen / die eignen werkzeuge der Liebe. War die zunge blöde / so waren diese des zukühner.

Mitlerweile kahm der König an. Unversehens überraschete er dieses liebe Paar. Unvermuhtlich traht er zum zimmer hinein. Zur stunde ward ein stilschweigen. Josef eilete ihm straks entgegen / die Königliche hand zu küssen. Da veränderte sich der schertz in ernst; der liebeshandel in stahtsgeschäfte. Der Schaltkönig erzehlte den verlauf seiner reise. Seine verrichtungen täht er kund. Der König billigte sie alle. Alles / was Josef angeordnet / gefiel ihm über die maße. Die Kornverwalter waren nunmehr durch das gantze Egipten bestellet. Hierüber solten auch Oberaufseher verordnet werden. Derer sieben / vermeinte Josef /würden genug sein. Nähmlich drei im Ober-Egipten; und so viel im Unter-Egipten; aber im Mittel-Egipten nur einer; weil er alda selbsten zugegen / und neben diesem die aufsicht zu haben vermöchte. Die wahl dieser sieben hohen Beamten übergab er dem Könige: und der König ihm wieder. Darbei blieb es. Auf dem Schaltkönige solte alles beruhen. Alle solten ihre ämter und befehle nur aus Josefs hand empfangen.

Weil nun des Königes wille war / das Josef alles allein nach seinem eigenen guhtdünken / bestellen solte; so machte er seinen eigenen Hofmeister zum Oberaufseher im Mittel-Egipten. Die übrigen sochse wählete er / auf erleubnüs des Königes / aus den Königlichen Höflingen. Diese alle waren aus dem fürnehmsten Egiptischem Adel entsprossen / und darbei noch unverehligt. Nach geschehener wahl / baht Josef den König ihm zu erleuben / daß er auf den abend seine Braut / samt ihrem Frauenzimmer / und den erwehlten Oberaufsehern / im königlichen Lustgarten bewürten möchte. Alles [229] ward ihm zugestanden; und darzu dem Küchenmeister befohlen / daß er solches Mahl auf das herlichste zurichten liesse. Hierauf ging der König zu seiner Gemahlin / den Josef bei seiner Liebsten allein zu laßen. Auch ward gemelten sechs Höflingen angesagt; daß sie diesen abend des Schaltköniges gäste sein solten; und über eine stunde in der Fürstin Assenat zimmer sich einfinden. Diese / welche von ihren neuen Bestallungen noch nichts wüsten / waren überaus verwundert. Sie konten ihnen nicht einbilden / woher ihnen solche ehre kähme.

Nach verlauf der angesagten zeit erschienen die eingeladenen / auf das prächtigste gekleidet. Der Schaltkönig empfing sie alle sehr freundlich. Auch zeigete er ihnen alsobald an / mit was vor Bestallungen er sie versehen. Sie bedankten sich auf das untertähnigste vor solche so hohe gnade. Einieder gelobte mit mund und hertzen an / seinem befehle getreulich nachzukommen. Der Fürstin Assenat sieben Stahts jungfrauen kahmen eben zum zimmer hinein geträhten / die Fürstin zur tafel zu begleiten. Und hiermit erhub sich der Schaltkönig / und nahm seine Liebste bei der hand. Auch befahl er seinem Hofmeister / und den andern sechs Oberaufsehern dergleichen zu tuhn. Einieder solte vor sich eine Jungfrau erwehlen; und also gepaaret ihm folgen. Sobald sie in den garten gelanget / lies sich Josef / mit seiner Braut / bei der tafel nieder: und die gäste folgeten ihm / wie sie gegangen / zu paaren. Jederman war fröhlich. Josef selbsten hatte seine sonderliche lust an dieser bunten reihe. Er fragte das Frauenzimmer: ob ihnen diese gepaarte geselschaft nicht besser anstünde / als ihr bisher geführtes einsames leben? Termuhtis / darzu sich sein Hofmeister gesellet / gab offenhertzig zur antwort: sie wündschte vor ihr teil so gepaaret zu bleiben. Sie sol es auch bleiben / fing ihr Josef das wort [230] auf: und ich zweifle nicht / es werde ihrem gatten eben also belieben. Es kan mir nichts besser belieben / fing der Hofmeister hierauf an: und ich bin mit meiner gattin mehr als wohl zu frieden. Hierauf rieffen sie beiden alle glükzu: und der Schaltkönig fragte die übrigen / ob sie auch also gesonnen? Weil nun keine von den Jungfrauen einige antwort gab; so antworteten endlich die sechs Höflinge alle zugleich / sie wündschten nichts liebers / als fort und fort so gegattet zu leben: auch fügten sie hinzu / daß sie nicht zweifelten / ihre gattinnen würden dergleichen wündschen; weil sie ihr ja mit stilschweigen andeuteten.

Alle diese sieben Jungfrauen waren aus der maße schön. Sie waren alle aus den fürtreflichsten Adlichen geschlechtern entsprossen. Und wie sie der schönheit / und dem stande / alle gleich waren / so waren sie es auch in der schönheit. Keine hatte sich weder hier /noch dar einigen vorzug anzumaßen: so gleichmäßig jung / schön / und edel waren sie alle. Und eben darüm war einieder gatte mit seiner gewehlten gattin über die maße vergnüget. Keiner misgönnete dem andern sein teil. Einieder bildete ihm ein / er hette die schönste gewehlet. Der Schaltkönig sprach endlich das letzte wort aus. Weil ich dan sehe / sagte er / daß sie sämtlich gepaaret sein / und bleiben wollen; so wündsche ich ihnen allen den himlischen seegen. Ja ich wil / daß mein trautag ihr trautag sei. Ich wil / daß meine freude die ihrige vermehre. Das wil ich; damit meine lust üm so viel volkommener sei / wan ich / mit meiner traue / die ihrige volziehen sehe.

Mitlerweile war der ruf von diesem neuen Liebeshandel vor des Königes ohren gelanget. Er saß noch /über der tafel. Aber aus neugierigkeit / solche gepaarte sieben in ihrer vollen lust zu sehen / stund er eher auf / als er gewohnet. Unvermuhtlich traht er in den garten. Die Königin hatte er an der rechten / und die Königliche [231] Fürstin an der linken hand. Also nahete er der Sommerlaube / darunter alle diese Breute saßen. Eben waren sie in ihrer besten lust / als er sie überraschete. Zur stunde bewegte sich alles. Allesamt stunden sie auf / des Königes gegenwart zu ehren. Der Schaltkönig Josef und die Fürstin Assenat trahten von ihrer stelle / dem Könige sie zu übergeben. Aber er winkte ihnen / daß sie bleiben solten. Wir kommen nicht / sagte er / sie in ihrer lust zu stöhren; sondern den neuen Breuten glük zu wündschen. Auf diese worte neugten sie sich alle mit tiefster ehrerbietigkeit. Mein Hof / fuhr der König fort / hat heute von großem glükke zu sagen; weil er sechzehen Breute beieinander schauet. Das ist nie erhöhret / so lange diese Burg gestanden. Aber woher komt uns ein so plötzliches und so seltenes glük? Ohne zweifel haben wir es der Fürstin Assenat zu danken. Hiermit ging er von ihnen / nach dem hintersten ende des gartens zu; damit er sie in ihrer freude nicht stöhrete.

Unterdessen setzten sich alle diese Verlobten noch einen augenblik nieder. Nicht mehr als einmahl ward herüm getrunken / und dem Frauenzimmer noch etwas vom nachtische vorgedienet. Darnach erhub sich der Schaltkönig / mit der Fürstin / So tähten auch alle seine Gäste. Er nahm seine Liebste bei der hand / sich zum Könige zu begeben: und die neuen Oberaufseher / samt ihren Breuten / folgeten ihm nach. Also gingen sie gepaaret nach hinten zu; da der könig / samt seiner Gemahlin und Freulein Tochter / unter einem laubergange saß. Alda ersetzten sie sich mit allerhand kurtzweiligen gesprächen. Allerhand schertzreden fielen vor. Allerhand lustspiele warden begonnen. Aber Niemand schien lustiger zu sein / als der König. Er schertzte fort und fort. Fort und fort erwähnte er des unvermuhteten glükkes / das heute seinem Hofe zugestoßen. Dieser abend / sagte er / sei würdig / daß ihn der höchste der Götter auf seiner [232] Amme fel mit güldenen buchstaben anzeichnete; daß dessen gedächtnüs im himlischen Ertzschreine verwahret würde.

Es war nunmehr sehr späte. Es nachtete auf dem gantzen obersten weltkreuse. Der fünstere schatten hatte die helfte der erdkugel ümgeben. Doch machten ihn die fünkelnden sterne liechte. Der aufgehende mohn zertrieb ihn. Der Kanohpstern schimmerte von ferne. Er winkte durch die stille luft den Verliebten ein zeichen zu geben / daß sie scheiden solten. Es war hohe zeit die nachtruhe zu nehmen / und die ermüdeten glieder / durch den schlaf / zu erfrischen. Der König begab sich endlich aus dem garten. Die gantze geselschaft folgete bis vor der Königin zimmer. Alda geseegnete sie der König. Bei der Fürstin Assenat schieden sie zuletzt alle voneinander. Einieder ging an seinen ort / und begab sich wohlvergnüget zur ruhe.

Auf den andern tag bekahm Josef lust die nächstgelegenen Grabspitzen zu besichtigen. Der König selbst zog mit. Die Königin / samt dem gantzen Königlichen Frauenzimmer / folgete. Die Fürstin Assenat hielt ihnen geselschaft. Der erste zug ging auf die zwo ältesten zu: welche Schur / Schahaluaks Sohn /vor der Sündfluht / auf der abendseite des Niels gebauet. Andere melden / daß Enoch die eine gestiftet: und darein alle seine gühter / und bücher / auch was er sonst köstliches gehabt / geschaffet; weil er gewust / daß die Erde / mit wasserfluhten / kurtzkünftig überschwämmet werden solte. Eine iede dieser Grab- oder Feuer-spitzen war vierekkicht / gantz glat / und drei hundert und siebenzehen ellen hoch / auch vierhundert und sechzig auf allen vier seiten breit. Man hatte sie so stark / so fürsichtig / und so auf die währe gebauet / daß sie weder vom erdböben / noch von den heftigsten sturmwinden den geringsten schaden leiden konten. Alle und iede steine / [233] damit man sie in die höhe geführet / waren zwo ellen hoch / und fünfe lang. Inwändig befanden sich sieben gemächer: welche man nach den sieben Schweifsternen genennet. In ieden gemache stund ein güldener Götze. Der eine wiese mit der hand nach dem munde / und hielt ein buch vor der stirne. Wan iemand nach ihm zutraht / täht er den mund auf. In diesem lag ein schlüssel an einer kette. Die ostliche Grabspitze solte König Schurids / die westliche seines Bruders Hugits begräbnüs sein. Aber die Sabeer melden / daß in der einen Agatemon / das ist Set / und in der andern Hermes / das istEnoch / und Elmalum / mit dem Zab / des Hermes Sohne / begraben sei.

Hierauf besahe man auch die Grabspitzen undGrabhöhlen auf der morgenseite des Niels / vor der stadt Memfis. Alda befand sich der grund weit und breit gantz steinicht und felsicht; wiewohl er mit sande anderthalben fuß hoch bedekt war. In und durch diesen steinichten grund hin waren die Grabhöhlen /mit ihren untererdischen gängen / gehauen: und auf demselben stunden die ungeheuer-großen gewaltigen Grabspitzen. Diese waren nicht aus steinen des grundes / darauf sie stunden / gebauet; sondern aus andern / die man von anderwärts her / mit großer mühe /darzu gehohlet. Und darüm hat man sich üm so viel weniger zu verwundern / wan wir lesen: daß man mit dem baue der grösten Grabspitze wohl zwanzig jahre zugebracht / ja wohl dreihundert tausend menschen /in währender zeit / fort und fort daran arbeiten laßen. In diesen Grabspitzen stunden die Leichen der Egiptischen Könige / und anderer fürnehmen Herren: und in den steinernen Grabhöhlen unter der erde der andern Einwohner. So heilig und sorgfältig bewahreten die Egipter aller ihrer Abgestorbenen leiber; damit sie vor der gewalttähtigkeit des feuers / des wassers / und der luft ewig befreihet [234] blieben. Ja sie salbeten sie auch überdas / wider die verwäsung / mit allerhand kräftigen artzneien / ehe sie in gemelte Grabspitzen oder Grabgewölbe beigesetzt warden. Und darzu spahreten sie keine kosten.

Mit verwunderung war es zu sehen / wie solche Grabhöhlen so weit unter der erde hingingen. Eine war immer grösser und köstlicher / als die andere: und von einer zur andern konte man allezeit durch schmahl ausgehauene gänge gelangen. Dieser höhlen und gänge sahe man so viel; auch lieffen sie so krum und so wunderseltzam in- und durch-einander herüm /daß sie anders nicht / als ein Irgarten zu sein schienen. Sie erstrekten sich nicht allein bis unter die Stadt / derer meistes teil auf diesen Grabgewölben stund; sondern auch / unter der Sandsee hin / selbst bis an das Ammonische und Serapische Götzenhaus in der Sarkischen wüste. Und dieses kahm den Priestern sehr wohl zu statten; weil sie ohne einiges ungemach / vermittelst dieser höhlen / von beiderseits örtern zusammenkommen konten. Dan sonsten hetten sie / im reisen über der Sandsee hin / nicht allein der heftigen Sonnenhitze / sondern auch dem überaus verdrüslichen sandstaube unterworfen sein müssen: darunter die reisenden vielmahls / wan es ein wenig stürmet /erstükt / und mit sak- und pakke begraben werden. Gemeiniglich waren solche Gewölbe funfzehen / oder zwanzig füße lang / und eben so breit; dergestalt daß sie recht vierekkicht lagen. Auch stunden in den selben gemeiniglich vier reihen tafeln / aus eben demselben steine gehauen. Jede tafel war ohngefähr fünf füße lang / drittehalben breit / und einen hoch. Hierauf pflegte man die Leichen / in höltzernen / auch wohl steinernen särgen / zu setzen. An den seitenmauren sahe man etliche Bilder der Egiptischen Beschirmgötzen in einer länglichrunten tafel / mit vorwärtsgebükten gesichtern / ihre aufsicht über die leichen anzudeuten / ausgehauen. [235] Dergleichen Beschirmgötze stund auch oben am hauptende / auf den sarg geschnitzt oder gehauen: wiewohl auf etlichen /an desselben stat / des Verstorbenen bildnüs gesehen ward. Am fußende stund vielmahls ein Habicht / und mitten auf der dekke des sarges eine verborgene bilderschrift; welche gemeiniglich auf die beschirmung des Leichnams zielete.

Meistenteils war der todtenkasten / darinnen eine Fraue lag / oben auch als eine Fraue / und darinnen ein Mansbild lag / auch als ein Mansbild gestaltet. Auf etlichen Frauensärgen sahe man der Abgöttin Isis bild / mit den sinbildern der sechs Gottheiten / welche das böse vertreiben solten: als den Orus / in gestalt eines knabens; den Anubis / mit einem hundeskopfe; die Nefte / welche die Egiptische Venus sein solte /als ein kniekendes Frauenbild; den Babian oder Kinozefal / als einen affen; den Osiris / in gestalt eines Habichts; und Arueris / mit einem strükke / wie auch alle die andern / die gewalt der gegenstreitenden machten zu binden; damit sie die Seele des abgestorbenen üm so viel ungehinderter nach den sieben himmelskreusen zuführen möchten. Die Isis hatte einen zierlich gestikten schleier üm den kopf / dessen enden auf die schultern hingen: und vor der brust sieben ahrtig gestikte schweiffe / welche die sieben Himmelskreuse bedeuteten. Zwischen iedem der ersten drei schweiffe stunden zween von den gemelten sechs Gottheiten: und ein Frauenbild mit ausgestrekten armen in der mitte; welche in ieder hand eine schlagfeder / mit einem dreifachen flügel / hielt / und die Egiptische Jinx / das ist das Göttliche ebenbild / darnach alles geschaffen worden / bedeutete. Sonsten war gemelte Isis mit einem zahrten netze überzogen.

Die Leichen selbst / welche gebalsemet in diesen särgen lagen / waren mit dünnem leinwand oder seidenem [236] [238]zeuge / das man mit wachse / peche und einer kreidichten pappe steif und tauerhaftig gemacht / zierlich und dichte bewunden. Und auf diesen gepapten wündeln stund gemeiniglich des Abgestorbenen bild /mit unvergänglichen farben / gemahlet: welches die kenzeichen ihres Götzendienstes / mit den früchten /die man den Götzen zu weihen pfleget / in den händen hielt. Auch sahe man alda unterschiedliche vielfärbige bänder / mit flinkerndem zeuge bestreuet / schweifsweise über die wündeln hin gezogen oder zusammengehäftet. Zwischen diesen schweiffen oder kreusen befanden sich vielerhand heilige bildzeichen; die alle ihre sonderliche bedeutungen hatten.

Auf eben dieselbe weise waren auch die meistenSerapen oder Beschirmgötzlein / welche man an die wündeln der Leichen / sie vor den bösen geistern zu beschirmen / fest genähet / gewündelt / und mit verborgenen sinbildern gezieret. Diese bestunden an sich selbsten aus gebakkenem tohne / und hatten die länge eines fingers / auch wohl einer hand. Etliche waren gebildet als eine Frau / andere als ein Man. Gemeiniglich hatten sie eben dieselbe bilderschrift vor der brust / als die Leiche selbsten: und diese kahm meistenteils auf folgenden sin aus: Der Beschirmgott / durch geheiligte gaben / und angenehme dienste bewogen /gönne dieser Leiche das leben / und führe sie in die Himlischen kreuse. Oder aber also: Der Geist dieses leibes / durch das leben der gnädigen und vorsehenden Gottheit beseeliget / sol durch das anbähten der Stäbe des Orus / der die jahre be herschet / nach dem himmel zu fliegen. Neben gemelten Schirmgötzlein lagen auch zu weilen mit im sarge etliche papierne Rollen / mit Egiptischen Sinbildern bemahlet. Darauf stund das Leicher gepränge / oder vielmehr die abbildung der Götzen / welche man darinnen [238] der Leiche / auf heiligen bahren / nachgetragen. Dan die Egipter hatten die gewohnheit /wan sie ihrer verstorbenen begräbnüsse / sonderlich der Könige / Priester / oder anderer vornehmen leute /hielten / daß sie ihnen die Bilder der fürnehmsten Abgötter / in eben der ordnung / als in den ümgängen der hohen festtage gebreuchlich / nachtragen ließen. Und hierdurch wähneten sie / wan ihre Götzen sie solchergestalt gleichsam mit zu grabe begleiteten / daß sie ihre Seelen üm so viel eher in die seelige wohnung führen / und vor aller gewalt der gegenstrebenden bösen Geister vertähtigen würden. Ja eben dasselbe augenmärk hatten sie auch / wan sie die gemelten rollen / mit den bildnüssen solcher Abgötter bemahlet /zu den leichen in die särge legten.

In einer Grabspitze sahen sie auch etliche Todtengefäße / darinnen man die Leichen der Königlichen Kinder gelegt hatte. Diese waren länglichtrund / über dem fuße dikbeuchicht / und warden nach dem halse zu immer schmähler und schmähler. Etliche hatten oben auf des Kanopus angesicht / andere einen Habichtskopf stehen. Rund ümher waren sie mit Egiptischen Sinbildern reihenweise gezieret. Bei diesen Leichengefäßen / als auch in etlichen Grabgewölben unter der erde / fanden sie zugleich ewigbrennende Lichter oder Lampen. Diese Lampen waren von gekochter kreide zubereitet. Teils hatten die gestalt eines hundes / teils eines Menschen / teils eines habichts /teils eines stiers / auch wohl einer schlange. Etliche brauten mit drei / andere mit vier / auch wohl mit acht / ja zwölf daachten. Die daachte waren von unverbrenlichem steinichtem flachse: welche mit Steinöhl oder Jüdenpeche / durch verborgene röhren / die man aus den öhl- oder pechbrunnen in die Lampen geleitet / fort und fort befeuchtet und getränket warden.

Mit solchen ewigen Lichtern wolte man die unsterbligkeit [239] der Seele bezeichnen; auch zugleich die unsterblich gewähnten Gottheiten der Egipter darnachzu ziehen / die Leiche zu beschirmen / und die Seele / durch ihre stähtige gegenwart / zu verherlichen. Dan weil die Egiptischen Weisemeister sahen /daß die eigenschaft des Lichtes oder Feuers den Göttlichen würkungen sehr gleich war; so hielten sie das Feuer vor ein solches sichtbahres zeichen der Gottheit / welches sie / durch eine verborgene kraft / lüstern machte das Licht mit ihrer gegenwart stähts zu beseeligen. Ja sie wähneten / wan ihre Gottheiten also bei diesen lichtern stähts zugegen weren / daß sie der Verstorbenen Seelen / damit sie in keine leiber der unvernünftigen Tiere führen / da sie elendiglich leben müsten / bewahren würden. Eben zu dem ende wendeten sie auch so viel kosten an / ihre Leichen durch balsemen unverwäselich / und ihre Grabstätten unvergänglich zu machen; damit die Seelen / imfal sie nicht in den Himmel / oder in andere Menschliche leiber gelangten / gleichwohl in oder bei dem gräbern so lange verbleiben möchten / bis sie nach verlauf der sieben tausend jahre wieder in ihre eigene leiber kehreten. Dan sie hielten darvor / daß die Seelen der Menschen / wan sie gottloß gelebet / so lange üm die gräber herüm schwärmeten / bis sie eines andern Menschen / oder auch wohl Viehes leib angetroffen /dahinein zu fahren; sonderlich wan der Leichnam / ihr altes wohnhaus / verwäset / und die Gottheiten von dannen weggewichen.

Nachdem man nun diese Grabstätten wohl besichtiget / da zog man weiter fort / nach dem Märischen Irhofe zu. Dieses große weit ümfangene gebeu bestund in drei tausend und fünfhundert heusern / also daß es eine große stadt zu sein schien. Alda hatten alle Egiptische Götzen ihre Heiligtühmer: darinnen unterschiedliche Grabspitzen von vierzig ellen stunden. Auch [240] befand sich eine Grabspitze von vierzig schritten am eusersten ende des gantzen baues. Diese war mit großen ausgehauenen bildern allerlei tiere gezieret; und hatte einen gang unter der erden hin. Im eingange gelangte man in so viel und so lange irgänge; welche so wunderlich und so krum herüm durcheinander lieffen / daß sich niemand / ohne geleitsman / weder hinein / noch heraus zu finden vermochte. Der gantze bau war in zwölf unterschiedliche Höfe geteilet. Hier lagen / in sehr prächtigen gewölben unter der erde / zwölf Könige / die diesen Irhof gebauet / als auch die heiligen Krokodillen begraben. In allen diesen Höfen befanden sich sehr hohe köstliche sähler; und üm die plätze herüm überaus prächtige gänge /derer tächer auf porfiersteinernen bildseulen ruheten. Etliche bildeten die Götzen ab / andere die Könige: wieder andere hatten die gestalt der ungeheuren Riesen / und dergleichen Wundergeschöpfe. Wan etliche tühren aufgetahn warden / hörete man ein heftiges donnern. Auch tähten sich etliche der Götzenheuser von sich selbsten auf / sobald das feuer auf der brandhöhe flammete: wan es aber verloschen / sprangen sie plötzlich wieder zu.

Inmittelst nahete die bestimte zeit zum Beilager des Schaltköniges herbei. Man verfügte sich wieder nachMemfis. Da war eben der Königliche Fürst von Libien angelanget. Aber er gab sich nicht kund. Man wuste anders nicht / als daß er ein Edelgesteinhändler were. Davor wolte er auch gehalten sein. Hierdurch bekahm er gelegenheit die Königliche Fürstin zu sprechen. Etliche mahl kahm er zu ihr / seine wahren sehen zu laßen. Allezeit brachte er was sonderliches /was neues / was köstlichers. Endlich lies er ihr eine sehr köstliche Perlenschnuhr zur schaue. Sie fragte /was sie gelten solte? Er gab zur antwort: er hofte mehr darvor in zu bekommen / als sie wählt sei. Die Königliche Fürstin [241] fragte wieder: wie sie das verstehen solte? und er antwortete: einer Liebhaberin ist nichts zu teuer. Sie besahe die Perlen. Sie befand sie überaus rein / überaus klahr. Nicht eine konte sie finden / daran der geringste tadel zu spühren. Sie waren groß. Sie hatten einen schönenglantz. Ihre recht runte glätte stund ihr wunderwohl an. Diese Perlen / gedachte sie bei sich selbst / mus ich haben / und solten sie auch noch so viel kosten. Darüm behielt sie die Schnuhr bei sich / sie den König sehen zu laßen: und befahl dem verkeuffer auf den folgenden morgen wiederzukommen. Er sagte ja: aber der nicht wiederkahm / war er. In etlichen tagen lies er sich nicht blikken. Ob schon die Königliche Fürstin hin und wieder nach ihm vernehmen lies / so war er doch nirgend zu finden.

Josef hatte nunmehr alles bestellet / was zu seinem Trautage nöhtig. Die eingeladenen gäste begunten algemach anzukommen. Der Ertzbischof / samt seiner Gemahlin / war schon vorhanden. Der gantze Hof machte sich bereit gegen künftigen morgen. Alles Frauenzimmer verlangte die schöne Braut / in ihrem köstlichen brautschmukke / zu sehen. Nicht weniger trugen verlangen ihre Stahtsjungfrauen dieser liebseeligsten Fürstin geselschaft zu leisten. Sie zehleten alle stunden / ja alle zeitblikke. Auf den abend versuchten die Kunstspieler und Meistersänger die Brautlieder /welche bei der traue solten erschallen. Dis war ein vorspiel der instehenden freude. Und hiermit erreichte dieser letzte hofnungstag sein lang gewündschtes ende.

Sechstes Buch

[242] Sechstes Buch.

Die Sonne hatte sich über das Arabische gebürge schon vor zwo stunden erhoben. Mit überaus lieblichen strahlen blikte sie die Stadt Memfis an. Der klahre tag / die heitere Luft reitzeten alle Menschen zur freude. Assenat stund schon in ihrem köstlichen Brautschmukke. Ihr kleid war von reiner weisser seide / mit silbernen bluhmen / aus denen die schönsten demanten schimmerten / durchwürkt. Ein güldenes Kröhnlein / mit demanten und perlen versetzt / strahlete von ihrem heupte: und eine Rose von demanten vor ihrer brust. Eine dreifache Perlenschnuhr hing üm ihren hals / und üm beide hände: auch ein Ohrengehänke mit einer großen Perle zu beiden seiten des heuptes.

In diesem herlichen zierahte fiel Assenat nieder auf ihre kniehe. Ihr gebäht stürtzte sie aus zum HERRN aller herren. Zum allerhöchsten Gotte flöhete sie. Den baht sie mit hertzinbrünstigen seuftzern / daß er zu ihrer vorstehenden Ehe gedeihen und seegen verleihen möchte. Ohngefähr eine vierteilstunde hatte sie sich in dieser andacht befunden / als die Königin / mit der Königlichen Fürstin / ankahm / die Hochfürstliche Braut zur traue zu führen. Vierzehen Kammer- und Stahtsjungfrauen folgeten. Diese waren bestimmet die andern sieben Breute / der Fürstin Assenat Stahtsjungfrauen / gleichergestalt zu begleiten. Die ordnung ward gemacht: die glieder geschlossen. Je drei und drei folgeten nacheinander.

[243] Indessen hatte sich der König mit dem Reichskantzler / auch in des Schaltköniges zimmer verfüget /ihn ebenmäßig zu begleiten. Der Königliche Fürst /der sonst / neben dem Könige / den Breutigam führen sollen / lag noch krank zu bette. Darüm muste der Reichskantzler seine stelle versehen. Vierzehen der fürnehmsten Hofbedienten gelangten zugleich an / den sieben Oberaufsehern eben dasselbe zu erweisen. Alle waren auf das herlichste / und der Schaltkönigliche Breutigam gleicher weise / wie seine Braut / gekleidet. Auch trug er auf dem heupte eine güldene Krohne / die mit ausgesetzten edelen steinen flinkerte. Eben waren sie in den Trausaal geträhten / als das gepränge der hochfürstlichen Braut / mit den andern sieben Breuten / ankahm.

Ein Ebreischer Jüngling / den der Schaltkönig etliche tage vorher in seinen dienst genommen / fühlete einen sonderlichen trieb zur Dichtkunst. Fürnehmlich hatte er sich geübt in den Hürtengedichten / der Ebreer eigenen erfindung. Diese pflegten unter andern /wan sie im heissen mittage / unter dem schatten der beume / bei ihren heerden ruheten / ein Schattenliedlein von ihrer liebe zu spielen. Ein solches hatte gemelter Jüngling der Hochfürstlichen Braut zu ehren verfasset. Und dieses ward im eintritte derselben in den Trausaal / erstlich auf Ebreisch / darnach in Egiptischer sprache gesungen. Die Klingel- und seiten-spiele gingen darunter. Den Egiptern war es was neues / was seltzames. Nie hatten sie so ein anmuhtiges Liedlein gehöret. Daher stunden alle zuhörer entzükt. Alle ihre sinne warden ihnen gleichsam entraft. Aber was verziehen wir den versuch zu tuhn /solches mit einer Hochdeutschen zunge nachzusingen. Wir wollen es wagen. Und so singen wir dan verhochdeutscht / der schönen Assenat zum heiligen gedächtnüsse / solches


[244] [246]Grund- oder unter-stimme.



Hoch- oder Ober-stimme.


[246] Schattenliedlein.

So gehet und stehet die Schönste der Schönen /
die Heerden zu höhnen:
die hochweis am Bache zu Hebron geschwämmet /
seuberlich / reinlich / und zierlich gekämmet.
Seht! wie sie blinket.
und blinkende winket.
So mus scheinen
Lieb' im reinen.
[247]
Die Schäflein / die unter den Rosen sich weiden /
in grühnenden heiden /
beschähmet ihr sanftes und stilles gemühte /
selbsten in ihrer noch zährtlichen blühte.
Alles ist stille /
das wesen / der wille.
Sanftes lieben
mus man üben.
Die Schäfelein folgen dem Hürten getreulich.
So folget auch freilich
die treue Braut ihrem treueifrigem Gatten /
unter den schatten / der Liebe zu statten /
unter den schatten /
auf grühnenden matten.
Treu' im lieben
mus man üben.
Da kommet die Treue / die Frömste der Frommen.
Wir sehen sie kommen.
Sie kommet zur Traue / zu eigen ihr leben
ihrem geliebeten Josef zu geben:
den Sie zum lieben /
durch treue / getrieben.
Treu verblieben
mehrt das lieben.
Nun füge dich / trautes Paar / ehlich zusammen /
zu nehren die flammen.
Auf Josef! auf Assenat! schauet! von oben
hat sich der seegen des Himmels erhoben.
[248]
Ehliches lieben /
das treulich geblieben /
nimt die Krohne
hin / zum lohne.

Nachdem man dieses Schatten- oder Schäferliedlein gesungen und gespielet / da ward alles gantz stil; und die Traue durch den Ertzbischof selbst verrichtet. Dieser gab zuerst den Schaltkönig mit seiner Freulein Tochter zusammen: darnach auch die andern sieben Breute. Nach geschehener einseegnung / wündschten ihnen alle anwesenden glük. Und dieses geschahe unter dem lieblichen getöhne der seitenspiele / unter dem fröhlichen halle der trompeten und krumphörner; welcher die gantze Burg erfüllete. Straks hierauf begab man sich in den Tafelsaal / da schon alles zu einem köstlichen Brautmahle bereitet stund.

Sieben tage lang währete diese freude. Der König spahrete keine kosten. Alles war auf das prächtigste angestellet / auf das herlichste zugerüstet. Alles muste mehr als königlich zugehen. Es gebrach nichts am zierrahte / der zu einem so prächtigen Beilager erfordert ward. Es fehlete nichts an köstlichen speisen. Allerlei getränke ward aufgeschaffet. Allerlei Kunstspieler / mit den besten Sängern / die man finden konte /musten diese freude vermehren. Jederman war fröhlich. Alle lust / die man erdenken konte / ward verübet.

Drei tage hatten die Herren an besondern tafeln allein gesessen: und das Frauenzimmer auch allein. Aber am vierden bekahm der König lust eine bunte reihe zu sehen. Jede Braut ward ihrem Breutigam zur seite gesetzt: und das übrige Frauenzimmer unter die andern Herren verteilet. Eben als man diese bunte reihe zu machen begonnen / ward dem Könige bericht getahn / der Libische Königliche Fürst sei zugegen. Dieser stund mitten unter den zuschauern; und vermeinte / niemand [249] würde ihn kennen. Aber einer von den Höflingen / der sich in Libien aufgehalten / ward dessen von ohngefähr gewahr. Er ward dem Könige heimlich gewiesen. Unvermärkt ging er nach ihm zu. Die zuschauer wichen zurük. So täht auch der Libier. Aber der König ergrif ihn bei der hand. Solchen gästen / sagte er / gebühret eine andere stelle. Wir seind erfreuet den Libischen Fürsten zu sehen. Noch mehr werden wir uns freuen / wan dessen gegenwart unser Brautmahl zieren wird. Der Libier neugte sich mit tiefster ehrerbietigkeit. Er trachtete sich zu entschuldigen. Aber der König wolte von keiner entschuldigung wissen. Er zog ihn nach der tafel zu / und fügte ihn neben seine Freulein tochter Nitokris. Diese ward bestürtzt / als sie den Libier sahe. Noch wuste sie nicht / wer er were. Noch sahe sie ihn vor denjenigen an /davor er sich selbsten ausgegeben. Darüm konte sie ihr nicht einbilden / warüm ihn ihr Herr Vater so hoch ehrete. Eben trug sie die Perlenschnuhr / die er ihr neulich gelaßen. Daher erröhtete sie sich / daß sie dieselbe noch nicht bezahlet. Ihr erstes wort / das sie sprach / war ein verweis; weil er die bezahlung nicht gefordert. Der Libier antwortete: die Perlenschnuhr sei in guhter hand: seine bezahlung werde wohl folgen.

Mitlerweile eröfnete der König dem Schaltkönige /wer dieser neue gast sei. Sonst niemand muste es wissen; auch die Königin selbst nicht. Und darüm warfen sie alle die augen auf ihn; sonderlich als er mit der Königlichen Fürstin vertraulicher ümzugehen sich erkühnete / als sie meineten ihm zu geziemen. Diese war sonst überaus leutseelig. Gleichwohl nahm sie solche kühnheit nicht aller dinge wohl auf. Aber sie lies sich nichts märken. Ehrete ihn der König / so konte sie anders nicht tuhn / als sich auch ehrerbietig zu erweisen. Und diese der Fürstin ehrerbietigkeit veruhrsachte noch mehr verwunderung. Wunderliche gedanken schöpften sie alle. [250] Jederman verlangte das ende zu sehen. Jederman wündschte zu wissen / was den König bewogen diesen Libier so hoch zu würdigen. Nach einer guhten weile stund der König plötzlich auf. So stehende trunk er dem Schaltkönige die gesundheit des Königlichen Fürstens aus Libien zu. Der Schaltkönig erhub sich gleichergestalt. So täht auch der Libier / mit tiefster ehrerbietigkeit. War man zuvor verwundert gewesen / daß der König diesen Libier so hoch geehret; so war man es itzund noch viel mehr / da er eine solche gesundheit anfing. Niemand konte begreiffen zu was ende. Man geriet in die gedanken / dieser Libier were vielleicht ein Gesanter aus Libien. Dan keiner bildete ihm ein / daß er der Königliche Fürst selbsten sei: auch Nitokris nicht. In solchen zweifelhaftigen gedanken warden sie diesen gantzen tag gelassen. So schied man auch voneinander. Inmittels hatte der König befohlen seinen schönsten Stahtswagen anzuspannen. Hiermit ward der Libier / durch etliche Höflinge begleitet / in sein würtshaus gebracht. Diese Höflinge beschenkte er alle mit köstlichen güldenen ketten. Der Königliche Kutscher bekahm zweihundert goldgülden. Wunderlich kahm ihnen diese große freigebigkeit vor. Solche ungewöhnliche geschenke veruhrsachten allerhand gedanken. Noch denselben abend bekahm die königliche Fürstin dieses alles zu wissen. Auch wolte sie bei ihrem Herrn Vater sich erkundigen / wer dieser Libier sei. Er aber gab ihr keinen andern bescheid / als daß sie sich bis auf den morgen gedulden solte; da würde sie es selbst sehen. Diese worte machten sie zimlich unruhig. Nun begunte sie ihn höher zu halten / als einen Edelgesteinhändler; auch höher / als einen Gesanten. Nun betrachtete sie erst sein wesen / seine gebährden / seine geschikligkeit. Alles kahm ihr höher und edeler vor / als eines solchen / der nicht aus Königlichem bluht entsprossen. Und mit solcher betrachtung brachte [251] sie die gantze zeit zu / bis sie endlich der schlaf überfiel.

Auf den morgen entboht der König den Reichskantzler und Reichsschatzmeister zu sich. Diesen eröfnete er erst itzund / daß sein gestriger Gast der Königliche Fürst aus Libien sei. Sechs Königliche Stahtswagen warden färtig gemacht ihn wieder auf die Burg zu hohlen. Der Reichskantzler und Reichsschatzmeister warden darzu befehlicht. Alle Höflinge musten zu pferde. Alle waren auf das herlichste und prächtigste ausgerüstet / eben als solten sie noch einen Breutigam einhohlen. In solcher pracht gelangten sie vor das würtshaus des Libiers. Da fanden sie den königlichen Fürsten / mit einem hauffen des Libischen Adels ümringet. Diese hatten sich bisher in der stadt hier und dar unbekant aufgehalten / eben wie ihr Fürst. Aber itzund waren sie alhier / auf seinen befehl / alle zusammengekommen. Alle sahe man auf das prächtigste bekleidet: darzu auch die diener. Der Königliche Fürst selbsten trug ein überaus köstliches und zierliches sommerkleid von zahrtem seidenen zeuge / mit golde durchwürkt. So bald er die Abgesanten erblikte / eilte er ihnen entgegen. Sehr freundlich empfing er sie. Der Reichskantzler führete das wort. Er ersuchte den Libier / im nahmen des Schaltköniglichen Breutigams und der Braut / auf ihrem beilager / samt seinem bei sich habendem Adel / zu erscheinen. Sehr höflich nahm er dis anbringen / sehr fröhlich dieses ersuchen an. Zur stunde begab sich iederman entweder zu wagen / oder zu pferde. Die Königlichen Höflinge ritten voran. Darauf folgeten der Reichskantzler und Reichsschatzmeister / samt etlichen Bedienten des Libiers / auf fünf Stahtswägen. Endlich kahm der Königliche Fürst selbsten im prächtigsten Stahtswagen des Königes: den eine große mänge leibwärter ümgab. Den nachtrab hatten etlicheLibier zu pferde / die das gantze gepränge beschlossen.

[252] Die Königliche Fürstin stund eben im fenster / da der königliche Fürst ankahm. Der König selbsten ging ihm / mit dem Schaltkönige / und etlichen Fürsten / bis fast an das tohr entgegen. Straks schwang sich der Libier vom wagen / als er den König erblikte. Mit ungemeinen freudenbezeugungen empfingen sie sich untereinander. Die Königliche Fürstin sahe dieses alles mit großer verwunderung an. Nun zweifelte sie nicht / daß dieser Libier weit mehr sei / als sie gewähnet. Darüm war es ihr lieb / daß sie ihm des vorigen tages höflicher begegnet / als ihr wille gewesen.

Mitlerweile begaben sich alle diese Herrn in den Tafelsaal: da sie das Brautmahl schon wieder bereitet fanden. Nicht lange darnach kahm das Frauenzimmer auch an. Dem Könige beliebte wiederüm eine bunte reihe zu machen. Nichts liebers wündschte der Libier. Nichts angenehmers konte ihm widerfahren / als bei der Königlichen Fürstin zu sitzen. Diese hatte nunmehr wind bekommen / daß er der Königliche Libische Fürst sei. Darüm baht sie ihn / so bald sie gelegenheit bekahm / ihr nicht zu verübeln / daß sie ihm bisher nicht nach seinem Stande begegnet. Sie wendete ihre unwissenheit vor: die solte ihrer unhöfligkeit dekmantel sein. Er antwortete: daß sie gantz nicht nöhtig hette einige entschuldigung einzuwenden. Sie hette ihm mehr ehre erwiesen / als er würdig sei; auch selbsten dazumahl / da er / als ein Edelgesteinhändler / die gnade gehabt sie zu sprechen Uber diesem worte Edelgesteinhändler fing die Fürstin an zu lächlen. Aber / sagte sie / ich bin noch in seiner schuld. Wan und womit sol ich seine Perlenschnuhr bezahlen? Die bezahlung / gab der Fürst zur antwort / ist schon geschehen. Ich habe einen solchen schätz darvor erlanget / der mir lieber ist / als die gantze Welt. Nitokris erröhtete sich hierüber / und wuste so straks nicht /was sie zur wiederantwort geben solte.

[253] In zwischen trunk man dem Libischen Königlichem Fürsten die gesundheit der Neugetrauten zu. Und hiermit ward alles rege. Die kunstsänger hatten bisher geschwiegen; aber nun erhuben sie ihre stimmen. Die seitenspiele klungen darunter: und wan diese nachliessen / erschalleten die trompeten. Hierdurch ward die freude gleichsam wakker / der geist zur lust ermuntert / und die gantze geselschaft fröhlich. Der Schaltkönig selbsten war ihr vorgänger. Seine liebeAssenat half ihm getreulich. Beide waren an diesem tage so lustig / als sie noch niemahls gewesen. Und hiermit zogen sie aller augen auf sich. Jederman sahe dieses liebe / dieses schöne / dieses fröhliche paar an: doch niemand mehr / als der Libische Fürst. Dieser konte sich über die Fürstliche Braut nicht genug verwundern. Seine sonderliche lust hatte er an ihren blikken / die ihrem Breutigam so gar lieblich begegneten. Ihr so gar holdseeliges wesen / ihre so gar anmuhtige gebährden / ja ihre gantze so schöne leibesgestalt betrachtete er mit sonderlicher aufmärkung. Er betrachtete alle ihre reden / alle ihre worte; davon nicht eines ohne sonderlichen nachdruk ausgesprochen ward. Aber nichts gefiel ihm an unserer Braut so wohl / als daß sie ihrem Breutigam so liebseelig zu begegnen wuste. Und dadurch machte sie ihm den mund wässericht. Dadurch mehrete sie sein verlangen / dergleichen teilhaftig zu werden. Auch entschlos er sich diesen augenblik / straks auf den folgenden morgen sein vorhaben zu volziehen. Und zu dem ende ersuchte er den König / im scheiden / daß er ihm gegen künftigen tag eine stunde zu bestimmen belieben liesse; da er ihm in geheim aufzuwarten gesonnen.

Weil nun der König hierzu den folgenden gantzen vormittag benennet / so befahl er auf den morgen sehr früh alles färtig zu machen / den Königlichen Fürsten zu hohlen. Alle Herren / und alle Höflinge / die des vorigen [254] tages die einhohlung getahn / begaben sich itzund wieder / in eben demselben gepränge / vor die behausung des Libiers. Dieser seumete sich nicht lange. Straks machte er sich / mit allen seinen leuten /nach der Burg zu. Der König empfing ihn mitten auf dem platze / und führete ihn straks in den Burggarten. Zwischen dessen hielten der Reichskantzler und der Reichsschatzmeister den Libischen Höflingen im Reichssaale geselschaft. Nach unterschiedlichen höflichen wortgeprängen / gab der Libier die uhrsache seiner ankunft in Egipten zu verstehen. Darneben zeigte er mit kurtzbündigen worworten an: daß seine liebe auf die Königliche Fürstin Nitokris gefallen; daß er verhofte / der Himmel hette sie zu seiner Gemahlin versehen: daher were er entschlossen / weil er selbsten gegenwärtig sei / auch selbsten / mit eigenem munde / seine werbung anzubringen. Er wolte nicht viel ümschweiffe gebrauchen. Darüm ersuchte er den König mit kurtzen / wiewohl hertzlich gemeinten worten / ihm / in solcher sache / diese bitseeligkeit zu gönnen / daß er nicht traurig von seinem angesichte scheiden dürfte. Die Königliche Fürstin / seine Freulein Tochter / darüm er ihn demühtigst anlangete /hielte er so gühtig / daß sie sein ansuchen nicht ausschlagen würde. Und an des Königes gunst und zuneugung trüge er gantz keinen zweifel; dergestalt /daß er gewis vertrauete die freiheit bald zu erlangen /ihn seinen Vater / und sich selbsten desselben gehorsamsten Sohn zu nennen.

Der König bedankte sich vor die guhte zuneugung /die er zu seiner Tochter trüge. Er bedankte sich vor die hohe ehre / damit er sein Haus zu würdigen gesonnen. Ja er schätzte sich glükseelig / von einem so fürtreflichem Fürsten Vater genennet zu werden. Weil er aber in solcher sache / darzu vor allen dingen der wille seiner Tochter erfordert würde / den endschlus nicht [255] machen könte; so wolte er ihn zuvörderst vor diese festung / sie zu gewinnen / gewiesen haben. Eben als der König diese worte redete / kahm zu guhtem glükke die Königliche Fürstin in den laubergang / da sie saßen. Sie ging / in tieffen gedanken /eine guhte weile fort. Und also ward sie ihrer nicht eher gewahr / als bis sie gantz nahe zu ihnen gelangte. So bald sie des Libischen Fürstens ansichtig ward /kehrete sie eilend zurük. Aber der König rief; sie solte stand halten. Und hiermit erhuben sie sich / ihr entgegen zu gehen. Ist meine Tochter / redete sie der König an / nun so schüchtern worden / daß sie vor Menschen fliehet? Hier siehet sie vor ihren augen zwee / die ihr alle liebe zu erzeigen gebohren. Der eine ist ihr Vater: der andere / wan es den Göttern beliebet / ihr künftiges Ehgemahl.

Auf diese worte traht der Fürstin die schaamröhte so stark insgesichte / daß sie sich gantz entfärbete. Das antlitz schlug sie züchtiglich nieder. Die blödigkeit / die eingezogenheit / die sitsamkeit mischeten sich alle zusammen unter ihre stille gebährden. Die schaam schlos ihre lippen dermaßen / daß sie schier zu keiner bewegung zu bringen. Der mund vermochte kein wort zu machen. Die augen stunden in ihren höhlen gantz stil / und kaum halb offen. Wan ein Mahler die Schaamhaftigkeit abbilden wollen / so hette er es eigendlicher nicht tuhn können / als nach diesem so niedergeschlagenem wesen. Eine guhte weile blieb sie so schaamhaftig stehen. Eine guhte weile durfte sie nicht aufblikken / weder nach dem Könige / noch dem Königlichen Fürsten zu. Endlich begunte sie ihrer was mächtig zu werden. Endlich erhub sich ein bliklein / erst nachdem Könige / und dan nach dem Libier. Den blikken folgete die sprache; wiewohl sehr schwach / und halb gebrochen. Sie begunte sich zu entschuldigen. Sie wendete vor / daß ihr nicht [256] [258]geziemen wollen / sie in ihrem gespräche zu stöhren. Das sei die uhrsache / warüm sie so straks ihren zurüktrit genommen.

Der König fuhr in seiner rede fort. Meine Tochter / sagte er / stöhret uns in unserem gespräche nicht. Dan was wir geredet / mag sie alles wohl hören. Ja es ist ihr nöhtig / daß sie es höret. Sie mus es nohtwendig wissen. Ihr selbsten ist zum höchsten daran gelegen. Der Königliche Fürst aus Libien hat mich zu seinem Vater / und Sie zu seiner Gemahlin ausersehen. Dis ist es / das er mir geoffenbahret. Davon haben wir itzund sprache gehalten. Nun liegt es allein an meiner Tochter sich zu erklähren. Ihr wille wird der meinige sein: ihr ja mein ja / ihr nein mein nein. Hierüber erröhtete sich Nitokris abermahl. Abermahl ward ihre zunge gehämmet. Sie schwieg stil. Sie antwortete nichts. Der König wendete sich nach dem Libier zu. Wer schweigt / der bewilliget / sagte er lächlende. Dis pflegt / gab der Fürst zur antwort / zuvoraus bei dem Frauenzimmer / gemeiniglich wahr zu sein. Darüm wil ich hoffen / daß es sich alhier auch nicht anders verhalte. Und hiermit traht er ein wenig seitwärts /Vater und Tochter allein zu laßen.

Hertzliebste Tochter / fing der König wieder an /ihr seid es / vor die ich die meiste sorge trage. Die sorge des Reichs habe ich dem Schaltkönige übergeben. Nun gehet mir eure wohlfahrt allein zu hertzen. Nun trachte ich allein euch glükseelig zu machen. Die gelegenheit darzu stößet uns itzund auf. Der Libische Fürst ist euch mit liebe zugetahn. Er verlanget nach eurer gegenliebe. Er träget belieben / durch seine vermählung / euch zur Königin in Libien zu machen. Grössere glükseeligkeit habet ihr nicht zu hoffen. Ich würdsche [258] vor mein teil nichts mehr / als euch hierzu geneugt zu sehen. Eure bewilligung wird die meinige fein. Die Libische Krohne ist so edel / daß sie nicht auszuschlagen. Ist euer wille dem meinigen gleich / so wird sie bald auf eurem heupte gläntzen. Dieser glantz wird Egipten erfreuen. Ich selbsten werde darüber zum höchsten froh sein. Wan ich dieses sehe /wil ich mit freuden sterben. Wohlan dan! erklähret euch bald. Sagt an / was euch dünket.

Die Königliche Fürstin stund noch in etwas im zweifel. Gleichwohl gab sie so viel zu verstehen / daß sie geneugter sei eine solche Krohne anzunehmen / als abzuschlagen. Der Herr Vater / sagte sie / kennet mein gemüht. Er weis meinen kindlichen gehohrsam. Er weis / wie mein wille dem seinigen iederzeit unterworfen gewesen. Und das sol er auch itzund sein; sonderlich in einer so hochwichtigen sache / da mein verstand seiner weisheit weichet. Ich stelle alles in sein belieben. Seinem winke wil ich folgen: seinem befehle gehorchen: seinen schlus guht heissen. Ja alles /was er gebietet / wil ich gehohrsamlich volbringen. Dis ist mein vorsatz: und der wird es auch bleiben /so lange ich ahteme. So gebet ihr dan / fing der König hierauf an / mir die gantze sache über? Ja freilich /gab sie zur antwort. Der Herr Vater verstehet alles besser / als ich. Darzu bin ich versichert / daß er mir nichts übels weder gönnen / noch rahten wird. Und hiermit nahm sie ihren abtrit nach ihrem zimmer zu; der König aber verfügte sich hin zu einem springbrunnen / bei dem der Libische Fürst sich niedergelaßen.

Ist die zeitung guht? rief der Fürst dem Könige fragende entgegen. Ja / antwortete dieser: morgen früh /wan es ihm beliebet / kan er einen Abgesanten an unsern [259] Hof schikken / und öffendlich üm meine Tochter wärben laßen. Unterdessen wollen wir uns berahten. Der wohlstand wil das seinige auch haben. Drei stunden vor dem mittagsmahle sollen sich meine Rähte versamlen. In derer gegenwart kan die sache vorgetragen werden. Ich selbsten wil die antwort tuhn. Hierauf hat er sich zu verlaßen. Der Königliche Fürst war über eine so guhte entschlüßung zum höchsten erfreuet. Zum höchsten bedankte er sich deswegen gegen den König. In tiefster demuht verpflichtete er sich ihm / mit seinem gantzen vermögen. Indessen nahete die tafelzeit herbei. Der König begab sich / mit dem Libier / auf den tafelsaal. Da war der Schaltkönig eben angelanget. Ein hauffen Adels stund üm ihn her. Straks kahm auch der Reichskantzler an / samt des Libiers Hofbedienten. Der König zog den Schaltkönig auf die seite. Er führete ihn an ein fenster. Da offenbahrte er ihm des Libiers anbringen / sich rahtes zu erhohlen. Dem Schaltkönige stund alles über die maße wohl an. Auf dieser Ehstiftung / sagte er von stunden an / beruhet des gantzen Egiptens wohlfahrt. Die Libier haben viel mächtige Bundsgenossen. Sie silbsten besitzen eine gewaltige macht. Sie grentzen an unser Reich. Wan wir / vermittelst der Königlichen Fürstin / uns mit ihnen vereinigen; so werden zugleich alle ihre Bundsverwanten mit uns vereiniget. Welcher feind wird uns dan anfallen dürfen? Welche macht wird uns dan bestürmen dürfen? Die vereinigung die ser zwo mächtigen benachbahrten Krohnen wird allen ein schrökken einjagen. Jederman wird Egipten fürchten. Unser Staht wird aufs herlichste blühen. Wir werden in gewündschtem friede leben. Unser ansehen wird groß / unsere wohlfahrt vermehret / unsere macht geehret werden. [260] Die Gewaltigsten der Welt werden unsere freundschaft suchen. Ja / was noch das allerfürnehmste ist / die Königliche macht kan / durch dieses mittel / zur höchsten freiheit gelangen. Der König kan hierdurch über das gantze Egipten das freie volgewaltige gebiete bekömmen. Dan wird er sagen können / dessen sich noch kein König vor ihm unterstehen dürfen: dis wil ich / dis gebiete ich; so mus es geschehen.

Eben als der Schaltkönig diese worte geredet /kahm der Hofmahrschalk ihnen anzudienen / die speisen weren schon aufgetragen. Straks trahten sie nach der tafel zu. Von stunden an ward alles rege. Einieder bekleidete seine gewöhnliche stelle. Zuerst schwieg iederman. Alles war stil. Aber auf diese stille brach die fröhligkeit jähligen herfür. Der Libier war der erste / der sich lustig erzeigte. Dem folgete die gantze geselschaft. Das Frauenzimmer selbsten vergaß sein züchten. Die eingezogenheit ward verbannet: die lust beliebet; alle freude verübet. Und also ward dieser tag der fröhlichste von allen den vorigen des gantzen Beilagers.

Aber der folgende gab ihm nichts zuvor. Ja er war derselbe / der ihn weit übertraf. An jenem blieb die fröhligkeit / gleich als eingeschlossen / in der Burg. Aber an diesem brach sie aus in die Stadt / auf das ümliegende land / ja endlich gar durch das gantzeEgipten. Die vermählung der Königlichen Fürstin mit dem Libier blieb nicht lange verschwiegen. Kaum hatten die Libischen Abgesanten das jawort weg / da der ruf es schon überal ausbreitete. Was vor freude dieser ruf veruhrsachte / kan keine feder beschreiben. Das frohlokken / das jauchzen / das freudengeschrei klung durch alle gassen der gantzen Stadt Memfis. Selbst / die ohren des Libiers warden darvon vol. Als er nun auf die Burg fuhr / da rief iederman glükzu! Selbst [261] die kleinen kinder / die noch nicht sprechen konten / lalleten aus den fenstern. Ja das fröhliche zurufen hatte alhier fast kein ende. Es währete noch / als der Libier schon längst in der Burg war.

Dieser tag war der letzte des Schaltköniglichen Beilagers. An diesem tage warden die Brautnahmen verwechselt. Nun hörete Josef auf Breutigam genennet zu werden. Nun übergab er diesen Nahmen demLibier. Heute ward Assenat eine Fraue. Heute wardNitokris eine Braut. Also machte das ende des einen Beilagers den anfang zum andern. Die Königliche Fürstin ward dem Libier versprochen: das Ehverlöbnüs geschlossen: der Trautag bestimmet; und den neuen Breuten glükgewündschet. Und hiermit lief dieser tag mit vollen freuden zum ende.

Auf den Morgen entschlos sich der Schaltkönig wieder eine reise zu tuhn. Er hatte vor seinem Beilager zum bau etlicher Frucht- und Korn-heuser anordnung getahn. Nun wolte er sehen / wie das werk von statten ginge. Etliche solten auf die weise der Feuer-spitzen gebauet werden: andere nur schlechthin / als gemeine gebeue. In diesen solte man das Korn von gegenwärtigem / und den zwei nächstkünftigen reichen jahren aufschütten: in jenen die Früchte von den vier letzten; und darbei das Futter vor das vieh zugleich auflegen. Am dritten tage setzte er diese reise fort. Seine liebe Assenat war seine gefährtin. Wo er hin zog / begleitete sie ihn. Assenat konte ohne ihrenJosef / und Josef ohne seine Assenat nicht sein: so lieb hatten sie einander.

Weil nun Josef sahe / daß diese jahre sich so gar überflüßig fruchtbar anliessen / so nahm er nicht allein den fünften teil aller früchte / als des Königes teil / vorweg; sondern er lies auch allen überflus vor bahres geld einkauffen. Ja er geboht bei leibesstrafe / daß nicht das geringste / was der Mensch geniessen könte / vor das [262] Vieh verfüttert / oder sonst unnützlich vertahn würde. Alles muste in des Königes Kornheuser und Scheunen gelüfert werden. Das bezahlete man /nach dem damahligen gemeinen / wiewohl sehr geringem preise / mit königlichen geldern. Und also kahm eine große mänge zusammen. Alle Kornheuser warden erfüllet. Man muste derer immer mehr und mehr bauen.

Die große fruchtbarkeit des landes machte die Egipter übertähtig und verzährtelt. Der überflus bewegte sie zu aller üppigkeit. Die überaus wohlfeile zeit veruhrsachte sie schläferig / faul und hinläßig zu werden. Josef / der alles genau untersuchte / ward dessen straks gewahr. Dem muste / durch heilsame satzungen / bei zeiten vorgebauet werden. Bei zeiten muste man diesem übel steuren. Die fruchtbaren jahre fingen erst rechtan: und gleichwohl nahm solches unheil schon überhand. In den künftigen war noch ein grösseres zu vermuhten. Das schien dem Reiche den untergang zu dreuen. Dieses alles erwog Josef bei sich selbst. Und darüm stiftete er Untersuchungen des lebens. AllenEgipten ward auferlegt / jährlich vor der Obrigkeit zu erscheinen. Einieder solte verpflichtet sein rechenschaft zu tuhn / wie er lebete / was er tähte / womit er sich und die seinigen ernährete. Alles unwesen solte vertilget / aller müßiggang abgeschaffet / alles üppige leben gestrafet werden.

Mitlerweile nahete die bestimte zeit zum Beilager der Königlichen Fürstin herbei. Der Schaltkönig begab sich / mit seiner Gemahlin / wieder nach hofe. Eben kahm der Hochfürstliche Breutigam auch an. Straks folgeten die eingeladenen. Das Beilager nahm seinen anfang / mit ungemeiner pracht. Der Ertzbischof verrichtete die Traue. Jederman erzeigete sich fröhlich. Die freude schien selbsten leibhaftig gegenwärtig zu sein. Sie brach an allen enden herfür. Aus allen winkeln [263] lachte die lust. An allen ekken befand sich lauter ergetzung. Hiermit lieffen sieben tage zum ende. Noch sieben tage letzte sich die Königliche Fürstin. Hierauf ward die heimführung volbracht. Der König begleitete seine Tochter bis an die grentzen des Reichs. So weit zog auch mit der Schaltkönig / samt seiner Gemahlin / und den fürnehmsten Reichsfürsten. Die Königin aber folgete der Königlichen Fürstin bisLibien.

Nach volendeten diesen stahtsgeprängen machte sich der Schaltkönig wieder auf. Bald zog er hier-bald dort-hin. Bald verordnete er dis / bald das. Bald lies er in dieser / bald in jener stadt neue Kornheuser bauen. Und dieses bauen währete so lange / bis die sieben fruchtbare jahre beinah zu ende gelauffen. Ein überaus grosser vorraht ward gesamlet: ein großes geld ausgegeben. Der gemeine man wuste nicht zu was ende. Fremde kahm ihm dieses beginnen vor. Man war der Egiptischen fruchtbarkeit alle jahr gewohnet. Trug das land nicht überfliessig / so gab es doch zur nohtdurft seine früchte. Und darüm gedachte einer dis / der andere das. Josef aber lies sich nichts anfechten. Er fuhr in seinem beginnen fort. Er samlete von jahren zu jahren immer mehr und mehr ein. Er spielete aufs künftige. Er kaufte so viel getreide zusammen / daß alle Kornheuser gedrükt und gerüttelt vol / und alle Königliche Geldkasten ledig warden. Dan des eingesamleten getreides war so über die maße viel / daß man endlich aufhören muste zu zehlen.

Die königlichen Beamten sahen es zuerst mit guhten augen an. Aber zuletzt / als man auch das königliche geschmeide / die köstlichen schatzstükke / ja alles was seltzam und kostbar in den kunstkammern war /antastete; da begunten sie zu murmeln. Seltzame reden fielen vor. Jener sagte dis / dieser das. Jederman war [264] verwundert / daß der König diesem Fremdlinge /diesem neuen Stahtsverpfleger so viel zuliesse. Niemand konte begreiffen / wozu dieser unraht dienen solte. Alle hielten es vor eine tohrheit. Meinet dan dieser Ausländer / sagten etliche / daß der Niel austruknen wird? Wähnet er / daß der Himmel dem lande seine gewöhnliche fruchtbarkeit zu entziehen beschlossen? Andere redeten was anders. Ja ja / sagten etliche spotweise / der König mus auch leute haben / die das geld unter den gemeinen man bringen. Es möchte sonst in den Schatzkammern verschimmeln.

Als nun diese so seltzame reden auf das höchste gekommen / und dem Reiche schon einen schädlichen aufruhr zu dreuen schienen; da kehrete sich das blat uhrplötzlich üm. Die fruchtbarkeit blieb aus. Die wohlfeile zeit verschwand. Im einen jahre blieb der Niel zurük; im andern lief er so übermäßig hoch auf /daß er alles verderbete / alles verwüstete. Keine selber konten bestellet / keine äkker besäet / keine gärte bepflantzet werden. Und also ward nichts eingeärntet. Der mangel entstund an allen orten. Die Teurung überfiel das gantze Egipten. Der hunger nahm zu. Die einwohner verschmachteten. Die noht zwang sie ihren Schaltkönig üm rettung anzustehen. Nunmehr verkehreten sich ihre gedanken. Nun veränderten sich ihre reden. Nun sahen sie / was Josef getahn. Nun märkten sie / wie vorsichtig / wie klüglich er gehandelt. Die ihn vor diesem beschimpfet / priesen nun seine weisheit. Die ihn verspottet / erhuben seine so treue vorsorge himmelhoch. Die ihn verlachet / flöheten ihn an üm gnade. Ja sie nenneten ihn ihren Erhalter / ihren Heiland / ihren Reichsvater.

Aber ehe sich diese teure zeit fand / waren demJosef von seiner lieben Assenat zween Söhne gebohren. Den ersten hies er Manasse: dan Gott / sprach er / hat mich alles meines unglüks / und meines [265] gantzen Väterlichen hauses vergessen laßen. Den andern nennete er Efraim: weil ihn Gott im lande sei nes elendes wachsend gemacht. Hatte er seine Assenat zuvor geliebet / so liebte er sie nun noch tausend mahl mehr. Auch gab ihre liebe der seinigen nichts zuvor. Erstlich liebte sie ihn / daß er sie zur erkäntnüs des waren Gottes gebracht. Dan Josef hatte nicht allein seiner Gemahlin / sondern auch dem Ertzbischoffe ihrem Herrn Vater / die Geheimnüsse der Göttlichen wahrheit geoffenbahret. Dieser verbarg sie in seinem hertzen / als einen köstlichen schatz. Er behielt sie allein vor sich. Er täht sie niemand kund. Es schien auch mehr unnütz / als ersprieslich zu sein /diese heilige Wissenschaft unter das im aberglauben ersoffene völklein zu bringen: zumahl weil es gewohnet war / damit es im gehohrsam verbliebe / nur mit Abgöttereien und falschen Gottesdiensten abgespeiset zu werden. Darnach heuffeten solche liebe diese zwei lieben Ehpfände / die sie von ihrem hertzlieben Josef hatte / noch mehr. Und darzu kahm auch endlich der überschwänglich große reichtuhm; den so wohl ihr /als ihrem Vater / Josefs klüglicher handel veruhrsachte. Dan er hatte vor beiderseits gelber / in der wohlfeilen zeit / eine große mänge getreides eingekauft: und diese bekahmen sie hernach / in der teurung / tausendfach wieder.

Im begin dieser Teurung kahmen alle benachbahrten Völker / die der hunger zum ersten drükte / zum Könige. Darnach erschienen auch die Egipter im Tebischen gebiete. Alle begehrten Korn zu kauffen. Alle rieffen üm Broht. Aber der König wiese sie zum Schaltkönige. Was der euch befielet / sagte er / das tuht. Als nun die teurung durch das gantze Egipten überhand nahm; da täht Josef allenthalben die Kornheuser auf / und lies das getreide verkauffen. Straks lief der ruf hiervon in alle länder. Straks machten sich alle Völker / [266] Korn zu hohlen / nach Egipten. Und also verkaufte Josef iederman getreide. Niemand zog leer weg. Allen fremdlingen ward geholfen. Man sahe niemand an. Der Ausländer galt hier eben so viel / als der Egipter.

Auf einen morgen ward dem Schaltkönige / da er eben mit seinen Söhnen schertzte / angedienet; daß zehen Ebreer ihn zu sprechen begehrten. Das hertz pukte dem Josef straks. Es sagte ihm von stunden an /daß es seine Brüder weren. Eilend täht er sein köstliches stahtskleid an. In solchem königlichen schmukke traht er in den Verhörsaal: da alles von golde / perlen und edelen steinen flinkerte. Eine große mänge diener begleitete ihn. Einieder zog überaus prächtig auf. Und dieses alles geschahe darüm / damit ihn seine Brüder nicht kenneten. Hierauf befahl er sie einzuhohlen. Einer seiner diener verrichtete diesen befehl. Ihre schuhe musten sie ablösen. Und also brachte man sie baarfüßig vor den Schaltkönig. Da ward ihnen gebohten / auf das antlitz nieder zu fallen / und ihn königlich zu ehren. Josef sahe sie rund herüm an. Seine Treume fielen ihm ein. Er kante sie straks. Aber er stellete sich gantz fremde. Ja er redete sie sehr hart an. Woher komt ihr? fragte er durch einen Kaldeischen Tahlmetscher. Sie antworteten auf Kaldeisch: aus dem Lande Kanaan / speise zu kauffen. Ihr seid Kundschaffer / fuhr er fort. Ihr komt zu sehen / wo das Reich offen ist. Nein / mein Herr / antworteten sie abermahl. Seine knechte feind kommen speise zu kauffen. Wir seind alle eines ehrlichen Mannes söhne. Wir seind redlich: und seine knechte seind nie Kundschaffer gewesen. Ihr seid freilich Kundschaffer / wiederholte er seine vorigen worte: ja ihr kommet zu sehen / wo das Reich offen stehet. Wir seine knechte /fuhren sie in ihrer antwort ferner fort / seind zwölf brüder / eines Mannes söhne im lande Kanaan: [267] und der jüngste ist noch bei unsrem Vater; aber einer ist nicht mehr vorhanden.

Josef redete weiter. Das ists / sagte er / ihr seid Kundschaffer. Verrähter seid ihr. Man kan es euch an den gesichtern ansehen. Die augen weisen es aus. Ich wil erfahren / ob ihr wahr redet. Bei dem leben Faraons! ihr solt nicht eher von hier kommen / es komme dan euer jüngster Bruder her. Sendet einen unter euch hin / der ihn hohle. Ihr unterdessen solt meine gefangene sein. Also wil ich eure reden bewähren / ob sie gleichzu treffen / oder nicht. Wird man sie unwahrhaftig befinden / so seid ihr bei dem leben Faraons! Kundschaffer. Hierauf lies er sie allesamt drei tage gefänglich bewahren. Da verwiese Ruben seinen Brüdern / was sie am Josef verübet. Sehet! sprach er /habe ichs nicht lange gesagt / daß euch eure boßheit endlich einmahl würde vergolten werden. Alles dieses habet ihr an eurem unschuldigen Bruder verdienet. Hettet ihr meinem rahte gefolget / so würde dis unglük euch nicht treffen. Uber diesen worten begunten sie alle kleinlaut zu werden. Keiner vermochte nicht ein wort zu sprechen. Kaum rühreten sie sich. Kaum bewegte sich ein glied an ihrem leibe.

Am dritten tage lies sie Josef fragen; ob sie sich bedacht? Da tähten sie alle einen fußfal. Ruben / welcher der behertztere war / weil er ein reines gewissen hatte / führete das wort. Mein Herr / sagte er / wir seind nicht anher kommen / das land zu verkundschaffen. Wir kommen nur / als auf einen freien markt. Und darüm haben wir das vertrauen / man werde uns das recht / das man auch den wildesten Völkern vergönnet / nicht weigern. Doch / imfal mein Herr seinen knechten keinen glauben zustellet / so bitten wir untertähnig / daß er einen seiner leute mitschikke. Wir wollen ihn kostfrei halten: und er wird befinden / daß wir alle eines redlichen Mannes söhne seind. Josef antwortete: wolt ihr denselben [268] betrügen / der den geist der unsterblichen Götter besitzet? Dürft ihr wol so kühne sein / mich zu überzeugen / daß ich irre? Dürft ihr wohl leugnen / was euch so deutlich vor euren stirnen stehet? Ich sage noch / und darbei bleibt es / daß ihr ein großes schelmenstükke entweder schon begangen / oder zu begehen im sinne habet.

Hierauf gab ihnen der Tahlmetscher auch vor sich zu verstehen: daß der Schaltkönig die wahrheit redete. Dan / sagte er / wisset ihr nicht mehr / daß ihr vor zwanzig jahren einer Arabischen Gespanschaft einen schönen Jüngling verkauftet? Ich selbst war mit bei dem kauffe. Ich weis es alles noch sehr wohl. Auch seind mir eure gesichter nicht unbekant. Hieraus allein mus ich gleuben / daß ihr Verrähter / oder zum wenigsten Menschendiebe seid. Darüm hat man sich freilich vor euch wohl zu hühten. Ja darüm kan ich nicht vorbei / solches meinem Herrn anzuzeigen. Dieser Tahlmetscher war eben derselbe Musai / dessen wir droben gedacht. Er war derselbe / der gemelter Gespanschaft hauptman gewesen. Er war derselbe /der den Josef kauffen / und wieder verkauffen helfen. Und durch einen sonderlichen glüksfal war er schon vor etlichen jahren zum Schaltkönige gelanget. Dem dienete er nicht allein als ein Haushalter / sondern auch als ein Tahlmetscher; weil er vielerhand sprachen kündig.

Aus diese reden erblasseten sie alle. Kein glied befand sich an ihrem leibe / das nicht zitterte. Die taht war da. Sie konten es nicht leugnen: wiewohl Ruben mit einem schwuhre beteuerte / daß er weder denMusai / noch die Gespanschaft iemahls gesehen.Josef aber redete weiter: wolt ihr leben / sagte er / so tuht / was ich euch befehle. Seid ihr redlich / so laßt einen von euch in eurem gefängnüsse liegen. Die andern können hinziehen / und heimführen / was man euch verkauffen wird. Aber euren jüngsten Bruder bringet zu mir. Dan wil [269] ich euren worten gleuben /und euch frei kennen / daß ihr nicht sterben müsset. Sie aber sprachen untereinander auf Ebreisch / damit es der Schaltkönig / und Musai nicht verstehen solten: das haben wir verschuldet an unsrem Bruder. Wir sahen die angst seiner seelen / da er uns flöhete; und wir wolten ihn nicht erhören. Darüm komt nun diese trübsaal über uns. Ja Ruben fügte hinzu: ich sagte es euch wohl / sprach er: versündiget euch nicht an dem Knaben. Aber ihr woltet nicht hören. Nun wird sein bluht gefordert. Ach! ich bejammere unsern lieben alten Vater / der durch seiner kinder boßheit so gar sehr betrübet wird.

Sie bildeten ihnen ein / daß sie der Schaltkönig nicht verstünde; weil er / durch einen Tahlmetscher /auf Kaldeisch mit ihnen redete. Aber er verstund es alles. Und darüm wendete er sich von ihnen weg / und weinete bitterlich. Da er nun ausgeweinet hatte / und das wehleiden vorbei war; nahm er den Simeon / weil er die meiste schuld hatte / mitten aus ihnen heraus /und lies ihn vor ihren augen fesseln. Hierauf täht er befehl / daß man ihre säkke mit Korne füllete / und ihr geld darzu stekte / einem ieden sein teil in seinen sak. Auch lies er sie mit zehrung wohl versorgen. Und sie luden das getreidich auf die esel / und zogen von dannen. Unterwegens täht einer seinen sak auf / seinem esel futter zu geben. Da ward er oben im sakke seines geldes gewahr. Sobald die Brüder solches sahen / entfiel ihnen der muht. Sie zitterten vor schrökken; und sprachen untereinander: warüm hat uns Gott das getahn?

Als sie nun heim / ins land Kanaan / kahmen; da erzehleten sie ihrem Vater Jakob alles / was ihnen inEgipten begegnet war. Der man / sagten sie / der des Königes Verweser / und Herscher des Reichs ist / redete sehr hart mit uns. Er hielt uns vor Kundschaffer und verrähter des landes. Wir aber antworteten ihm: daß [270] wir redlich weren / und nie Kundschaffer gewesen; daß wir mit uns zwölfen alle einen Vater hetten; daß einer nicht mehr vorhanden / und der jüngste noch bei unserem Vater sei. Hierauf begehrte der Herscher des Reichs: wir solten einen von uns allen bei ihm laßen / und mit dem getreidich hinziehen unsern jüngsten Bruder zu hohlen. Darbei / sagte er / wil ich märken / daß ihr redlich seid. Und dan wil ich euch euren Bruder wiedergeben: auch möget ihr im Reiche wärben / wo ihr wollet.

Da sie nun die Säkke ausschütteten / fand einieder sein bündlein geldes in seinem sakke. Hierüber erschraken sie / samt ihrem Vater. Ach! sagte Jakob /dieses alles geschiehet mit einem gefährlichen vorsatze / mich aller meiner kinder zu berauben. Josef ist eurenthalben ümkommen. Den Simeon habt ihr ohne zweifel / durch eure unvorsichtigkeit / verschertzet. Und nun wollet ihr den Bemjamin auch hinnehmen. Ja wer weis / ob ich nicht zugleich eurer aller entbähren mus. Es gehet nur alles über mich. Ruben aber suchte seinen Vater zu bereden / daß er den Benjamin mitziehen liesse. Gib ihn nur / sagte er / in meine hand. Ich wil ihn wiederbringen. Und wan ich ihn nicht wiederbringe / so erwürge meine zween söhne. Jakob antwortete: mein Sohn sol nicht mit euch ziehen. Dan sein Bruder ist todt. Er ist nur allein noch übrig. Wan ihm ein unfal auf der reife begegnete / würdet ihr nicht mein graues haar mit hertzeleid in die grube bringen.

Mit der zeit ging das Korn auf. Die teurung ward in Kanaan ie länger ie grösser. Jakob begehrte; daß sie wieder hinziehen solten / was frisches zu kauffen. Aber Judah gab ihm zur antwort: wan du unsern Bruder mitsendest / so wollen wir ziehen. Wo nicht /so ziehen wir auch nicht. Dan der Herscher des Reichs sagte zu uns: ihr solt mein angesicht nicht sehen / es sei dan euer Bruder mit euch. Jakob aber fuhr fort: warüm [271] habt ihr so übel an mir getahn / daß ihr ihm sagtet / ihr hettet noch einen Bruder zu hause? Sie antworteten: der Man forschte so genau nach uns und unsrer freundschaft. Ja er fragte: lebet euer Vater noch? und habt ihr auch noch einen Bruder? Wir gaben ihm bescheid / wie er fragte. Dan wer hette gedacht / daß er uns befehlen würde unsern Bruder mitzubringen? Judah redete weiter. Ach! lieber Vater /sagte er / laß unsern Bruder mit mir ziehen / daß wir uns aufmachen / ehe wir sterben. Wilstu dan / daß wir / üm seinet willen / ja du selbsten / und er zugleich mit uns / vor hunger verschmachten sollen? Wilstu dan / daß auch Simeon wan wir nicht wiederkommen / sol hingerichtet werden? Ei lieber! laß ihn mitreisen / damit wir leben. Ich wil bürge für ihn sein. Von meinen händen soltu ihn fordern. Man ich ihn nicht wiederbringe / und für dein angesicht stelle; so wil ich mein lebenlang die schuld tragen. Hettestu ihn eher mitgelaßen / so weren wir schon wohl zweimahl wiederkommen.

Hierauf entschlos sich Jakob endlich / seinen Benjamin mitzugeben. Mus es dan also sein / sagte er: so tuht es / und nehmet ihn hin. Darzu nehmet auch von des landes besten früchten mit euch. Bringet dem Manne geschenke. Bringet ihm Balsam / Honig / Rosienen / und allerlei Würtze. Bringet ihm Mirren / Datteln / Feigen / und Mandeln; so viel / als ihr in eure säkke zu bringen vermöget. Und also wird er euch üm so viel mehr gnade erweisen. Nehmet auch zum einkauffe des getreides so viel geldes mit / als genug ist: und darzu dasselbe / das ihr in euren säkken gefunden. Der almächtige Gott laße euch barmhertzigkeit finden vor dem Manne / daß ihr euren andern Bruder / mit dem Benjamin / wiederbringet. Nun so ziehet hin im friede. Ich aber mus sein als einer / der aller seiner kinder beraubet ist.

[272] Also machten sich die eilf Söhne Jakobs auf die reise / und kahmen in wenig tagen glüklich zu Memfis an. Eben befand sich Josef bei der überfahrt vor der stadt. Er sahe seine Brüder / mit dem Benjamin: und befahl dem Musai / sie sämtlich auf sein schlos zu führen. Auch fügte er hinzu: daß er solte schlachten / und zurichten laßen: dan sie solten das mittagsmahl mit ihm halten. Als sie nun sahen / daß sie auf das Schaltkönigliche schlos geführet warden / da erschraken sie. Das hertz entfiel ihnen. Ach! sagten sie untereinander / wir werden üm des gelbes willen / das wir in unsern säkken gefunden / hierher gebracht. Man wil uns eines diebstals bezüchtigen. Man wil ein urteil über uns fällen; damit man uns zu leibeignen /samt unsern eseln / behalte. Und darüm redeten sie mit dem Musai vor dem tohre. Mein Herr / sagten sie / wir haben bei euch vor diesem getreide gekauft /aber auf dem rükwege alles geld / das wir darvor gegeben / in unsern säkken wiedergefunden. Nuhn wissen wir nicht / wie es hinein kommen. Darüm bringen wir dasselbe / als auch noch mehr mit uns; alles / was wir gekauft / und noch kauffen würden / richtig zu bezahlen. Der Haushalter aber antwortete: fürchtet euch nicht. Euer geld ist mir worden. Euer Gott und eures Vaters Gott hat euch einen schatz bescheeret in eure säkke. Ich habe die volle bezahlung bekommen.

Hierauf brachte sie Musai in ein Fürstliches zimmer; lies ihnen wasser reichen / die füße zu waschen /und ihren eseln futter geben. Auch führete er ihren bruder Simeon zu ihnen: der sie mit großen freuden empfing. Sie aber gingen hinaus / und eröfneten ihre säkke. Daraus nahmen sie die mitgebrachten früchte /welche dem Schaltkönige solten verehret werden. Von einer ieden ahrt legten sie etwas zur schaue in unterschiedliche schüsseln / dem Schaltkönige / sobald er wieder [273] heim kähme / zu zeigen. Die übrigen warden ordentlicher gepakt / und also die geschenke bereitet.

Auf den mittag begab sich Josef wieder auf sein schlos. Straks lies er seine Brüder vor sich kommen. Diese erschienen mit ihren geschenken / und fielen vor ihm zur erde nieder. Er aber empfing sie überaus freundlich. Von stunden an fragte er nach ihrem Vater. Wie gehet es / sagte er / eurem Vater dem alten / dessen ihr ehmahls gedachtet? Ist er noch bei leben? Sie antworteten: es gehet meines Herrn knechte / unsrem Vater / sehr wohl / auch lebet er noch. Hiermit neugeten sie sich abermahl / und fielen zur erde nieder. Darnach warf Josef das auge auf seinen BruderBenjamin. Ist das / fragte er / euer jüngster Bruder /von dem ihr sagtet? und straks fing er an: Gott sei dir gnädig / mein sohn. Weil ihm nun das hertz gegen seinen Bruder dermaßen entbrante / daß er die trähnen nicht länger halten konte; so machte er sich eilend auf die seite. Eilend entwich er in sein zimmer / und weinete daselbst eine guhte weile.

Endlich / als Josef sein angesicht gewaschen /kahm er wieder / und hielt sich hart. Straks befahl er die tafeln zu dekken / und die speisen aufzutragen. Da kahm seine liebe Assenat auch an: welche noch nicht wuste / daß es seine Brüder weren. Mit derselben begab er sich an eine sonderliche tafel. Gegen dieser über hatte man eine andere vor seine Brüder gedekt: ja noch eine andere vor die Egipter; dan diese durften mit den Ebreern nicht essen / weil es ein greuel war vor ihren augend Alle diese tafeln / ob sie schon unterschiedlich / und mit unterschiedlichen speisen bedienet warden / hielt man gleichwohl vor eine / nähmlich des Schaltköniges tafel Seine Brüder warden ihm recht ins gesicht / und in solcher ordnung ihres alters /wie sie in ihres Vaters hause zu sitzen pflegten / gesetzet. Und hierüber verwunderten [274] sie sich alle. Alle teller / alle schüsseln waren von lauterem golde. Auch trug man ihnen ihre speisen auf von des Schaltköniges tafel selbsten / einem ieden sein teil. Aber demBenjamin ward fünf mahl mehr. Also aßen und tranken sie / und waren guhtes muhtes.

Nach gehaltener tafel befahl Josef seinem Haushalter / daß er ihre säkke mit getreide füllen solte / so viel / als sie fortbringen könten. Auch solte er in geheim eines jeden geld oben in seinen sak legen; inBenjamins aber auch seinen silbernen Trinkbecher darzu. Hiermit machten sie sich des morgens früh auf / und zogen fröhlich darvon. Aber diese freude währete nicht lange. Kaum waren sie eine stunde von der stadt / als sie etliche zwanzig reiter hinter ihnen her eilen sahen. Sie erschraken nicht wenig. Plötzlich überfiel sie die furcht. Ja diese heuffete sich noch mehr / als sie den Musai erblikten / und ihn von ferne rufen höreten: Haltet stil / ihr diebe! haltet stil / ihr leichtfärtigen bösewichter! ihr undankbaren vogel! Als er nun näher hinzukommen; da verwiese er ihnen ihre boßheit. Er bezüchtigte sie des diebstals. Ihr habt / sagte er / meines Herrn Trinkbächer entwendet. Ihr habt ihm den Bächer gestohlen / damit er weissaget. Ist das die dankbarkeit vor seine erwiesene guhttaht. Hat euch euer Vater ausgeschikt denselben zu bestehlen / der euch / üm seinetwillen / so herlich bewürtet? Straks gebt den dieb her / samt dem gestohlnen: wo nicht / so solt ihr alle miteinander angesichts niedergehauen werden.

Warüm ist mein Herr so gar zornig? antworteteRuben. Warüm begegnet er uns mit solchen schmaachreden? Es sei ferne von uns ein solches zu tuhn. Sein Herr hat uns gestern als ehrliche leute befunden / und als liebe gäste gnädig bewürtet. Woher komt nun dieser plötzliche überfal? Fraget ihr noch /woher? fuhr Musai gantz erhitzet fort. Darüm / und daher / weil ihr diebe seid: weil [275] ihr meinen gnädigen Fürsten bestohlen. An den galgen mit solchen buben!Ruben antwortete wieder. Mein Herr sehe zu / was er tuht. Hat er etwas verlohren / so suche er nach / bis er es findet. Unterdessen laße man uns ungeschändet. Wir seind nicht gewohnet des diebstals bezüchtiget zu werden. Wir haben ja das geld / das wir in unsern säkken fanden / wiedergebracht. Wie solten wir dan darzu kommen / silber oder gold zu stehlen aus seines Herrn schlosse? Bei welchem der Bächer / fingJudah gleichfals an / gefunden wird / der sei des todes: und wir alle wollen meines Herrn knechte sein.

Musai war damit zu frieden. Zur stunde suchte er rundherüm des ältesten sakke. Von des ältesten seinem fing er an. Er fuhr nach der reihe fort. Zuletzt kahm er auch an des Jüngsten seinen. Da fand sich endlich der Bächer in Benjamins sakke. Hierauf liestMusai den tähter straks binden / ihn wieder mit sich zurükzuführen. Noch heute / sagte er / sol dieser dieb hängen; damit er morgen nicht auch den König selbsten bestielet. Ihr aber ziehet mit euren fruchten hin. Euch erkennen wir frei. Mit euch haben wir nichts zu schaffen.

Es ist nicht zu beschreiben / wie jämmerlich diese Brüder tähten. Alle zerrissen ihre kleider. Alle kehreten / mit dem Benjamin / nach der Stadt zu. Zur stunde gingen sie auf des Schaltköniges schlos. Da tähten sie einen fußfal. Josef aber sagte zu ihnen: wie habt ihr euch dürfen unterfangen ein solches zu tuhn? Wisset ihr nicht / daß es ein man / als ich bin / errahten könte? Judah fing endlich an / und sagte: ach! mein Herr / was sollen wir reden? oder was sollen wir nicht reden? und womit sollen wir uns rechtfärtigen? Gott hat die missetaht deiner knechte gefunden. Siehe da? wir / und der / bei dem man den Bächer gefunden /seind meines Herrn knechte. Josef aber antwortete: das sei ferne von mir. Der man / bei dem der Bächer gefunden [276] [278]ist / sol mein knecht sein. Ihr aber ziehet hinauf / zu eurem Vater / mit frieden.

Zwischen dessen stunden sie alle miteinander in großer angst. Und diese angst machte ihnen Ruben /durch stähtige stichelworte / noch immer grösser und größer. Unaufhörlich verwiese er ihnen die taht / amJosef begangen. Und solches täht er so überlaut / daß es der Schaltkönig selbst hörete; wiewohl er sich stellete / als verstünde er ihre sprache nicht. Auch rief er etliche mahl: ach Josef! Josef! wie viel seeliger bistu /als wir. Ach! du magst todt / oder lebendig sein / so bistu doch aller dieser schmertzen / die wir üm deines liebsten Bruders willen leiden / überhoben. Dan du siehest es nicht / was wir sehen. Du weist nicht / daß er so unschuldig in ewige dienstbarkeit geräht.

Unter allen aber war niemand mehr bekümmert /als Judah. Niemand war mehr in angst / als er; weil er seinen Vater beredet / daß er den unglüklichenBenjamin mitziehen laßen. Darüm warf er sich auch noch einmahl vor den füßen des Schaltköniges nieder. Mein Herr / sagte er / laße seinen knecht ein wort reden vor seinen ohren. Und sein zorn ergrimme nicht über seinen knecht. Dan Mein Herr ist eben alsFarao. Keiner von uns allen darf wieder in unser vaterland. Keiner darf wieder vor unsern Vater kommen / wo wir unsern Bruder nicht mitbringen. Ich am allermeisten werde die schuld tragen müssen. Darzu habe ich mich verpflichtet. Darzu habe ich mich verpfändet. Dan ich bin es / der unsern Vater beweget / ihn mitzuschikken. Auf meines Herrn befehl habe ich solches getahn. Weil mein Herr sagte / wir solten sein angesicht nicht sehen / wan unser Bruder nicht mitkähme; so muste solches geschehen. Meinem Herrn zu gehohrsamen / muste sein knecht / unser Vater /beredet werden. Und darüm muste ich mich selbsten zum bürgen stellen. Kan ich nun so viel [278] gnade mächtig sein / so behalte mein Herr mich / an meines Bruders stat / zum leibeignen; und laße den Jüngling / mit seinen Brüdern / hinauf ziehen. Dan / ohne ihn / darf ich nach hause nicht kommen. Ich würde den jammer meines Vaters / dessen seele an seines Sohnes seele hänget / sehen müssen. Ich würde sehen müssen / daß er vor großem hertzleide stürbe. Ja ich würde hören müssen / daß ich seine grauen haare mit jammer hinunter in die grube gebracht.

Dieses alles hatte Josef bisher getahn / seine Brüder zu versuchen. Er wolte erfahren / ob sie mit demBenjamin auch so tükkisch handeln würden / als mit ihm. Er wolte wissen / ob sie seinem Bruder eben so wenig liebe zutrügen / als ihm: und ob sie denselben eben so boßhaftig verlaßen wolten / als ihn. Weil er nun mehr liebe bei ihnen befand / als er ihm eingebildet; so brach ihm endlich das hertz. Es ward mürbe: es schmoltz ihm im leibe. Er konte sich länger nicht halten. Er rief; daß iederman von mir hinaus gehe! Als nun kein mensch mehr vor ihm stund / als seine Brüder; da gab er sich ihnen zu erkennen. Da fing er so laut an zu weinen / daß es die Egipter / und das gesinde des Königes höreten. Da sprach er zu seinen Brüdern: Ich bin Josef. Lebet mein Vater noch? Und seine Brüder konten ihm nicht antworten: so erschraken sie vor seinem angesichte. Josef aber fuhr fort: trähtet doch her zu mir / sagte er. Und sie trahten herzu. Da sprach er: ich bin Josef / euer Bruder / den ihr den Ismaelern verkauftet. Nun bekümmert euch deswegen nicht: ja denket nicht / daß ich darüm zürne / weil ihr mich hierher verkauft habt. Dan üm eures lebens willen hat mich Gott für euch hergesandt. Zwei jahr haben wir schon teure zeit gehabt. Nun seind noch fünf jahre vorhanden / daß man weder pflügen /noch ärnten wird. Aber Gott hat mich für euch hergesandt / daß er euch übrig behalte [279] halte auf erden / und euer leben errette / durch eine große errettung. Ja Gott hat es getahn / nicht ihr. Gott hat mich dem Könige zum Vater gesetzt / und zum Herrn über sein gantzes Haus: ja zum Fürsten über das gantze Egipten. Eilet nun / und ziehet hinauf zu meinem Vater. Machet euch straks auf / ihm anzumelden / daß ich noch lebe. Saget ihm / daß mich Gott zum Herrn über das gantze Egipten gesetzt hat. Sprecht zu ihm / das lest dirJosef sagen: kom herab zu mir. Du solt im lande Gessen wohnen / und nahe bei mir sein. Saget zu ihm /daß er / mit seinen Kindern / mit seinen Kindeskindern / und mit seinem kleinen und großem Viehe /herabkomme. Ich wil ihn versorgen; damit er nicht verderbe / mit seinem hause / und allem / was er hat: dan die teurung wird noch fünf jahre währen. Berichtet ihn / daß eure eigene augen / und meines BrudersBenjamins augen selbsten gesehen / daß ich mündlich mit euch geredet. Ja verkündiget meinem Vater alle meine herzligkeit in Egipten / und alles / was ihr gesehen. Eilet / und komt bald hernieder / mit meinem Vater.

Hierauf fiel er seinem Bruder Benjamin üm den hals / und weinete: und Benjamin weinete gleichesfals an seinem halse. Auch küssete er alle seine Brüder / und weinete über sie. Endlich redeten sie miteinander; und warden fröhlich. Niemand aber war fröhlicher / als Benjamin / und Ruben. Eben kahm die liebseelige Assenat auch hinein / ihre Schwäger wilkommen zu heissen. Sie hatte ihre zwei junge Herlein bei der hand: welche ihre Vettern ebenmäßig empfingen. Zum wilkommen verehrete sie iedem Schwager ein Feierkleid; dem Benjamin aber zwei. Es war ihr leid / daß sie ihre freude / aus unkündigkeit der Ebreischen sprache / ihnen nicht mit eigenem munde bezeugen konte. Doch ersetzte solches ihr ältestes Herlein Manasse. [280] Die Dieser war ihr Tahlmetscher: dan er hatte einen eigenen Sprachmeister / der ihn im Ebreischen und Kaldeischen unterwiesen.

Zwischen dessen kahm der ruf auf die Königliche Burg / daß des Schaltköniges Brüder kommen weren. Da erhub sich eine große freude. Es gefiel dem Könige / ja allen seinen leuten so überaus wohl / daß er von stunden an hinschikte / den Schaltkönig zu hohlen. Dieser stund eben dazumahl bei dem Könige in höchsten gnaden; weil er ihm so wohl / als dem gantzen Reiche / so gar großen nutzen schaffete. Dan er erhielt das Reich vor andern Reichen und ländern im höchsten wohlstande. Er errettete die untertahnen vom hunger. Er stiftete höchsterspriesliche Satzungen. Er mehrete die königlichen Schätze. Er erhub die Königliche Macht. Ja er machte den König so reich / und so mächtig / daß er der gewaltigste ward unter allen benachbahrten Königen. Und darüm liebte ihn der König über alle maßen. Er suchte allerhand mittel ihm seine dankbarkeit blikken zu laßen. Keine gelegenheit lies er vorbei / ihm seine so treuen dienste zu belohnen. Fast kein augenblik verging / da er ihm nicht eine neue gnade widerfahren lies. Ja er hatte den Josef schon so reich gemacht / und so hoch erhoben /daß es fast unmüglich war ein mehres zu tuhn.

Weil nun der Königerfahren / daß Josefs Vater noch lebte / und seine Brüder ihm selbst die zeitung gebracht; so lies er auch über diese solche seine gnade gantz überschwänglich gehen. Befehlet euren Brüdern / sagte er zum Josef / daß sie ihre tiere mit des Reichs besten früchten beladen / und hin nach hause ziehen. Auch saget zu ihnen also: nehmet euren Vater / und euer gesinde / und komt zu mir. Ich wil euch gühter geben in Egipten: und ihr sollet das mark der länder essen. Ja gebietet ihnen / und sprechet: nehmet mit euch aus [281] Egipten so viel wägen / als ihr nöhtig habet zu euren Kindern und weibern; und führet sie alle /mit eurem Vater / zu mir. Sehet euren hausraht nicht an. Dan die gühter des gantzen Egiptens sollen euer sein.

Josef täht also / wie der König gesagt hatte. Er verschafte seinen Brüdern wägen; und gab ihnen zehrung mit auf den weg. Auch gab er einem ieden ein Festkleid; dem Benjamin aber fünfte / mit dreihundert silberlingen darzu. Ja er schikte seinem Vater zehen esel mit Egiptischen gühtern / und eben so viel mit getreide beladen. Zudem versorgte er sie mit broht und speisen auf den rükweg. Hierbei gingen auch des Königes geschenke von güldenen und silbernen geschirren / und andern köstlichen sachen: welche zwölf reiter aus den Königlichen Einspännigern begleiten musten. Endlich als alles zum aufbruche färtig war /da befahl Josef seinen brüdern noch zu guhter letzte: sie solten seinem Vater nicht sagen / daß er von ihnen verkauft worden. Dan er fürchtete / Jakob würde sich deswegen über sie entrüsten. Darüm hatte er auch beschlossen / ihn selbsten zu bereden / daß er den wilden tieren entronnen / und den Ismaelern in die hände gerahten: welche ihn in Egipten verkauft hetten.

Also reiseten Josefs Brüder / unter Königlichem geleite / fort / und gelangten in wenig tagen frisch und gesund zu Hebron an. Zur stunde verkündigten sie ihrem Vater: daß Josef noch lebte; und daß er / nach dem Könige / der gröste Herr in Egipten sei. AberJakobs hertz dachte viel anders. Er konte sich gantz nicht bereden ihnen zu gleuben. Doch als sie ihm alle worte des Josefs erzehlet / und er die wagen / samt den geschenken / sahe / die er ihm schikte; da ward sein geist wieder lebendig. Da gedachte er an Josefs Traum / den er von den eilf Sternen / von der Sonne und vom Mohnde / die sich alle dreizehen vor ihm geneuget / gehabt [282] hatte. Da sahe er / daß diese dreizehende zahl / die dreizehen jahre bedeutet / nach welchen Josef zu seiner herligkeit erhoben worden. Dan im siebenzehenden jahre seines alters hatte Josef diesen Traum / und im dreissigsten / nähmlich dreizehen jahre darnach / ward er Schaltkönig: und diese hohe stahtswürde hatte er eben itzund neun jahre besessen. Und darüm sprach Israel: ich habe genug / daß mein Sohn noch lebet. Ich wil hin / und ihn sehen / eh ich sterbe.

Straks ward alles zur reise färtig gemacht. Geschwinde muste sich iederman rüsten. Flugs warden die gühter gepakt / die wägen beladen / die esel belästiget. Eilend lies man die Viehheerden zusammentreiben. In der hast muste alles geschehen. Und also machte sich Jakob alsobald auf / mit allem was er hatte. Aber als er nach Bersaba / bei den Brunnen des Eides / gelanget: da opferte er zuvor dem Gotte seines Vaters Isaaks; damit Er seine reise beglükken / und zugleich auch anzeigen möchte / ob sie vor sein Geschlecht ersprieslich sein würde. Dan er besorgete sich / seine Nachkommen möchten in der Egiptischen wohllüstigen fruchtbarkeit künftig so große lust schöpfen / daß sie alda gar bleiben / und das land Kanaan / das ihnen Gott versprochen / einzunehmen vergessen würden.

Hierauf erschien ihm der HERR des nachtes im gesichte. Jakob / Jakob / rief Er: und Jakob antwortete / hier bin ich. Da sprach der HERR zu ihm: Ich bin Gott / der Gott deines Vaters. Fürchte dich nicht hinab / in Egipten / zu ziehen. Dan daselbst wil ich dich zu einem großen Volke machen. Ich wil mit dir hinab ziehen. Ich wil dich führen: und Josef sol seine hände auf deine augen legen. Dessen Nachkommen werden lange zeit herschen: und aus ihnen wil ich einen Fürsten erwekken: der das versprochene Land mit gewaltiger hand einnehmen / und unter dein Geschlecht austeilen wird.

[283] Straks auf den morgen brach Jakob von Bersaba auf. Seine Söhne führeten ihn / samt ihren Kindern und Weibern / auf den wägen / die der König geschikt hatte. Alles Vieh / und alle habe / die sie in Kanaan erworben hatten / nahmen sie mit: und kahmen also in Egipten / Jakob / und sein Saame mit ihm. Judah eilete mit starken tagereisen voran / dem Josef seines Vaters ankunft zu verkündigen. Straks setzte sich der Schaltkönig / mit seiner Gemahlin / auf seinen wagen / und zog ins land Gessen / seinem Vater entgegen. Sobald er ihn sahe / fiel er ihm üm den hals / und weinete lange an seinem halse. Jakob aber sprach zumJosef: ich wil nun gerne sterben / nachdem ich dein angesicht gesehen. Dan nun bin ich versichert / daß du noch lebest.

Assenat / und alle Egipter verwunderten sich über Jakobs so ansehnliche und gleichsam blühende gestalt. Dan sein altertuhm war noch so schön als eine jugend; seine lippen so roht / sein angesicht so lebendig von farbe / seine augen so klahr und helle / als eines dreissigjährigen Mannes. Auch war er an schultern / kniehen / beinen und seenen so stark / als ein held: und sein haar auf seinem heupte so weis / als der schnee. So weis war auch sein bahrt; der sich bis über die brust recht zierlich ausbreitete. Ja sie verwunderten sich auch über die mänge so wohl / als ansehnligkeit seiner Kinder und Kindeskinder; derer dazumahl /den Ertzvater selbsten mitgerechnet / siebenzig seelen beieinander waren. Assenat empfing den Ertzvater mit überaus großen freudenbezeugungen: und er gab ihr den seegen / und küssete sie.

Mitlerweile reden Josef mit seinen Brüdern / und gab ihnen / unter andern / zu verstehen / daß er dem Könige andienen wolte: sein Vater / mit seinem gantzen Hause / sei angelanget; auch hetten sie alle ihre habe / und alles ihr vieh mitgebracht. Darüm / wan der König [284] sie fordern liesse / und fragte: was ihr tuhn und gewerbe sei? solten sie antworten: daß sie leute weren / die gewohnet mit Vieh ümzugehen / eben wie ihre Väter getahn. Dan er wolte gern / daß sie / im lande Gessen / sämtlich beieinander allein und absonderlich wohnen möchten; weil alle Viehhürten / und die das Vieh schlachteten / den Egiptern / die es vor Götter hielten / ein greuel weren.

Hierauf begab sich Josef straks zum Könige / und sagte ihm solches an. Auch baht er zugleich / daß der König seinen Brüdern / weil sie mit der viehzucht sich nähreten / vergönnen möchte im lande Gessen zu wohnen. Dan alda war eine fette viehweide / eine rechte schmaltzgrube. Alda hatte Josef und Assenat viel eigene liegende gründe. Zudem gehöhrete das gantze land ohne das seiner Gemahlin Vater / als Heliopelschem Ertzbischoffe / zu. Kein besseres und gelegneres hetten sie wündschen können / als dieses; da sie von allen Egiptern abgesondert wohnen / und ihr tuhn und wesen allein haben mochten. Also konte sich kein unwille unter beiden erregen. Also konten sie die Egipter / welche kein vieh mochten schlachten sehen / nicht ärgern.

Straks darnach führete Josef auch fünf seiner jüngsten Brüder zum Könige: welcher sie sehr freundlich empfing. Von stunden an fragte er: was ihre nahrung sei? Sie antworteten: des Königes knechte gehen mit Vieh üm / wie unsere Väter getahn. Wir seind kommen alhier zu wohnen. Dan im lande Kanaan war nichts / als misgewachs / zu finden: und wir hatten kein futter mehr vor unsere heerden: so hart brükten die misjahre das land. Darüm bitten wir untertähnigst / daß der König im lande Gessen seinen knechten zu wohnen vergönne. Hierauf wendete sich der König nach Josef zu. Es ist euer Vater / sagt er / und es seind eure Brüder / die zu euch seind kommen. Das[285] gantze Egipten stehet euch offen. Laßt sie im besten lande wohnen. Laßt sie wohnen im lande Gessen. Wan auch leute unter ihnen zu finden / die ihr wisset /daß sie tüchtig seind; so setzt sie über mein Vieh.

Endlich brachte Josef ebenmäßig seinen Vater hinein / und stellete ihn vor den König. Den seegnete Jakob. Der König aber / welcher über sein hohes /und zugleich geruhiges alter verwundert war / fragte ihn: wie alt er sei? Der Ertzvater antwortete: der jahre meiner walfahrt seind hundert und dreissig. Wenig und böse ist die zeit meines lebens / und langet nicht an die zeit meiner Väter / in ihrer walfahrt. Nach etlichen wenigen reden mehr seegnete Jakob den König abermahl / und nahm seinen abtrit. Josef aber verschafte seinen Brüdern wohnungen am besten orte des landes: nähmlich üm Heliopel herüm; wie der König befohlen. Ja er versorgen seinen Vater / und sein gantzes Haus. Er versorgete seine Brüder / nachdem ein ieder kinder hatte.

Eben damahls ward die Teurung in allen ländern rund herüm ie länger ie grösser. Nirgend war broht zu finden. Egipten und Kanaan verschmachteten vor hunger. Im ersten und itzt verflossenem zweiten misjahre hatte Josef / durch den verkauf des getreides /alles gemüntzte gold und silber aus Egipten und Kanaan zusammengebracht. Nun ging es an das silberwerk. Nun brachte man dem Josef alle silberne und güldene geschirre. Alle ringe / alle edele steine / alle schatzstükke musten herhalten: ja alles was seltzam und köstlich war. In der wohlfeilen zeit hatte der Schaltkönig / zum einkauffe des getreides / vier Einhörner aus der königlichen kunstkammer zu gelde gemacht. Aber ehe vier hungers jahre verlieffen / waren derer zwölfe vor handen. Ja er lösete vor Korn / in den ersten drei teuren jahren / hundert mahl mehr wieder ein / als er in den vorigen [286] wohlfeilen sieben jahren ausgegeben. Dan alle schätze aus Asien und Afriken brachte Josef / durch dieses mittel / in die Schatzkammer des Reichs und des Königes zusammen. Zudem zogen auch viel menschen aus den ümliegenden reichen und ländern / ihr leben zu erhalten / in Egipten.

Also hatte zu der zeit das Egiptische Reich seines gleichen nicht / weder an geldmitteln / noch an macht der manschaft / noch auch an lebensmitteln / in der gantzen welt: welches man / nächst Gott / niemand /als dem einigen Josef / zu danken. Darüm liebte ihn auch iederman. Jederman ehrete ihn / als einen Vater /als einen Heiland und Erhalter des gantzen Egiptens. Es war fast kein haus zu finden / da Fürst Josefs Bildnüs / neben dem Königlichen / nicht hing. Ja sie hetten ihn öffendlich / wie sie es schon heimlich tähten / gar vor einen Gott angebähtet; wo es Josef nicht ernstlich verbohten. Und also war es weit gefehlet / daß ihn einiger Egiptischer Fürst / wie bei andern Höfen gewöhnlich / beneiden sollen. Josef verhielt sich gegen iederman solchergestalt / daß er allen hohen Heuptern allen eifer / und alle misgunst benahm. Sie musten ihn lieben. Anders konten sie nicht tuhn. Josef war derselbe / der alles versorgete. Er war derselbe / der seinen Beschützer beschützte. Er war des Königes Augapfel; der stab / darauf er sich lehnete. Ja er war alles in allen.

Die Mohren und Araber spanneten zusammen. Sie kahmen mit gewafneter hand Egipten zu überfallen. In ihren ländern litte man hunger. Der sahe ihnen aus den augen. Der machte der Araber grausame gestalt noch grausamer; ihr wühtendes hertz noch wühtender; ihre reuberische ahrt / noch reuberischer / noch blutdürstiger. Sie unterstunden sich die Egiptischen Kornheuser zu plündern. Sie unterfingen sich das getreidig wegzurauben. Aber Josef begegnete ihnen [287] mit einer gewaltigen macht. Man schlug sie zum Reiche hinaus. Ihr Feldherr ward gefangen. Den stelte Josef / ohne einiges lösegeld / auf freien fuß. Darzu verehrte er ihm eine zimliche mänge getreides. Darzu vergönte er allen Arabern ein sicheres geleite. Sie mochten frei und ungehindert in Egipten kommen / getreide zu kauffen. Aber nicht mehr als hundert auf ein mahl. Hetten sie kein geld mehr / so möchten sie vieh bringen. Kein lebensvorraht solte ihnen geweigert werden. Durch solche freigebigkeit und vergünstigung /begühtigte Josef diese wilden Völker dermassen / daß sie sich überaus friedlich erzeigten. Ja sie schätzten sich glüklich / daß man ihnen lebensmittel / vor geld oder geldeswähre / zukommen liesse.

Inmittelst wuchs die Teurung immer mehr und mehr an. Die hungersnoht ward ie länger ie grösser. Kein geld / noch andere sachen / die man zu gelde machen konte / getreide zu kauffen / waren mehr vor handen. Die Egipter schrien üm broht. Sollen wir /nun / sagten sie zum Schaltkönige / vor hunger sterben / weil wir kein geld haben? Josef antwortete: schaffet euer vieh her. Da brachten sie das vieh: und er gab ihnen broht üm ihre pferde / schafe / rinder und esel. Also ernährete er sie dasselbe jahr / üm alles vieh / das sie hatten / mit brohte. Da nun dieses vierde jahr üm war / kahmen sie im fünften wieder zu ihm. Wir können / sagten sie / unsrem Herrn nicht verhalten / daß alles geld und alles vieh hin ist zu unsrem Herrn. Nun haben wir für ihn nichts mehr übrig / als nur unsre leiber und unsre felder. Warüm sollen wir sterben für unsrem Herren? Er kauffe uns und unser land / und gebe uns broht und saamen. Wir und unser land wollen dem Könige leibeigen sein: damit wir leben und nicht sterben / auch unser feld nicht veröde. Also kaufte Josef dem Könige das gantze Egipten. Dan die Egipter / weil die [288] hungersnoht so gar groß war / verkauften / einieder / seinen akker. Dergestalt ward das gantze land / mit allen einwohnern / dem Könige eigen. Und Josef teilete das Volk aus in die städte. Aber der Priester feld kaufte er nicht. Die behielten ihre freiheit / und äkker. Dan der König hatte verordnet / daß sie von dem benanten / damit er sie begnadiget / ernähret würden.

Als nun Josef alle Egipter gekauft hatte / da sprach er zu ihnen: heute habe ich euch und euer feld dem Könige zu eigen gekauft. Da habet ihr saamen /und besäet das feld. Von dem gewächse solt ihr den fünften dem Könige geben. Vier teile sollen euer sein. Damit könt ihr euer haus / und eure kinder versorgen. Sie antworteten alle: wan wir nur leben / und gnade finden für unsrem Herren / so wollen wir dem Könige gern leibeigen sein. Also machte Josef ein ewiges gesetz über der Egipter feld: daß der fünfte dem Könige gegeben würde. Aber der Priester feld blieb frei.

Hingegen hatte der Schaltkönig / so lange die teurung währete / die gantze mänge des volkes zu speisen. Das muste er tuhn / wan er diejenigen / die er dem Könige zu leibeignen gekauft / nicht wolte verhungern laßen. Er bestellete dan überal Ausspender der lebensmittel. Durch diese lies er iedem täglich nur so viel reichen / als die nohtdurft erheischete. Davor musten sie zu hofe dienen. Sie musten dem Könige fröhnen. Weil in den noch währenden misjahren der akker nur vergebens bestellet ward; so warden sie zu andern frohndiensten angehalten. Josef lies niemand ledig gehen. Keinem lies er den müßiggang zu. Sie warden zum Baue der Städte / Schlösser / Türne / und anderer gebeue gebrauchet. Teils musten an den Grab- und Sonnen-spitzen helfen. Andere musten Wasserleitungen / und Fischteiche graben. Noch andere die Tämme üm den Niel und vor den äkkern ausbüßen und erhöhern.

[289] Auch lies Josef / nach seiner eignen erfindung / ein Nielsmaß bauen: welches den grösten / kleinsten /und mittelmäßigen anwachs des Niels eigendlich anwiese. Dieses stund am Ufer des flusses. Rund ümher war eine starke steinerne mauer gezogen. Von hier ging man / durch eine steinerne treppe / hinunter an den brunnen: dessen wasser / mit dem Niele / zugleich stieg / und fiel. Mitten in diesem Wasser / das durch röhren aus dem Niele dahin geleitet ward / stund das Nielmaß selbsten. Es war eine lange marmelsteinerne Seule / mit etlichen gewissen zeichen nach oben zu. An denen konte man sehen / wie hoch sich der Niel täglich erhub. Also hielt Josef nicht allein alle Egipter zur arbeit; sondern stiftete ihm auch / durch solche herliche gebeue / ein ewiges gedächtnüs. Ja er zierete dadurch das gantze Egipten.

Endlich fand Josef vor die muhtwilligen faullentzer / und andere verbrecher noch eine andere arbeit. Die ward ihnen zur strafe auferlegt. In den Mohrenländischen Bergen giebt es sehr viel Goldadern: durch welche zu weilen der Niel fället / und den Goldsand abspühlet. Diesen führet er / unter dem andern schlamme / mit sich in Egipten. Aus solchem schlamme lies Josef / mit waschen und reinigen / den goldsand samlen. Der ward hernach gantz klein zu staube gerieben / und in schmältzkrügen geschmoltzen. Auch schikte er ein teil gemelter verbrecher an die Egiptischen grentzen / nach Arabien und demMohrenlande zu. Alda hatte er / im gebürge / befunden / daß durch etliche weisse marmelrotsen hin goldadern lieffen. Diese goldadern musten sie / samt den steinen / aushakken / und in mörseln zum staube stossen: darnach den staub auf breiten marmeltafeln noch kleiner reiben / und dan mit wasser so vielmahls abspühlen / bis sie das gold vom steinichten zeuge gesondert. Endlich ward dieser geriebene und gereinigte goldstaub / [290] mit blei und anderem ertzwerke / in schmältztöpfe / welche man oben mit erde fest vermachte / getahn / und auf einem kohlfeuer geschmoltzen. Und also zeigete Josef den Egiptern / durch die Scheidekunst / auch das goldmachen: darinnen sie sich nach der zeit immer mehr und mehr geübet. Doch hielten sie es so heimlich / daß es andere völker nicht nachtuhn solten.

Eben üm diese zeit / da Josef am allergeschäftigsten war den Egiptern das müßiggehen abzugewöhnen / trug sich was wunderseltzames zu. Der Königliche Fürst sahe die Assenat ohngefähr auf der Königlichen burg wandeln. Er sahe ihre fürtrefliche schönheit. Er erblikte ihr allerliebseeligstes wesen. Zur stunde ward er verliebt. Ein strahl ihrer schönen augen verwundete sein hertz. Dis brante vor liebe. Und diese liebe trieb ihn zu einer fremden entschliessung. Er entschlos sich den Schaltkönig aus dem wege zu reumen / und die Assenat zu ehligen. Dieses vornehmen offenbahrte er dem Gad und Simeon. Er suchte sie zu vermögen / den Josef zu tödten. Eine große mänge goldes und silbers verhieß er ihnen. Darzu solten sie zu großen ämtern befördert werden. Die verheissungen waren groß. Aber ihre brüderliche treue war noch grösser. Sie wolten an ihrem Bruder /dem sie so viel guhtes zu danken / keine verrähter /keine meuchelmörder werden. Sie tähten / als höreten sie nicht. Sie schlugen keine achtung auf seine worte.

Weil nun dieser anschlag dem königlichen Fürsten nicht gelungen / so war er auf einen andern bedacht. Mit list suchte er sie zu gewinnen. Mit lügen vermeinte er zu seinem ziele zu bekommen. Er verfügte sich dan allein zu der Magd söhnen / dem Dan und Gad. Diesen rieb er die ohren. Er gab ihnen zu verstehen: daß ihnen Josef den tod gedreuet. So bald ihr Vater das heupt legte / solten sie hingerichtet werden. Sie weren [291] nur Mägdekinder. Sie hetten ihn den Ismaelern verkauft. Und noch itzund beneideten sie ihn. Darüm wolte er nicht zulaßen / daß sie mit seinen Brüdern erben solten. Dieses alles hette Josef vor den ohren des Königes geredet. Er selbsten were darbei gewesen. Was meinet ihr nun / fuhr der Königliche Fürst fort? was urteilet ihr von diesen reden? Habt ihr nun nicht uhrsache genug eurem untergange bei zeiten vorzukommen? Wan euer Vater todt ist / wird es zu spähte sein. Straks mus es geschehen. Itzund müst ihr den Josef aufreiben. Ich wil euch etliche reiter darzu verschaffen. Morgen wird er / mit seiner Gemahlin /von Heliopel nach Memfis reisen. Unterwegens wartet ihm auf den dienst. Schlaget ihn todt. Nehmet dieAssenat gefangen / und führet sie in den busch. Da wil ich zu euch kommen. Ja ich selbsten wil auch meinen Vater aus dem wege reumen. Zu gleicher zeit wil ichs tuhn. Und dieses mus ich tuhn; weil er demJosef als ein Vater ist: damit er seinen tod nicht rechen könne.

Mit diesen listigen reden liessen sich Dan und Gad fangen. Darzu kahmen noch große verheissungen. Zur stunde entschlossen sie sich. Alsobald griffen sie zur sache. Straks machten sie sich auf. Geschwinde musten ihnen dreissig reiter folgen. In einem busche wolten sie zusammenkommen. Da solte man auf Josef lauren. Unterdessen ging der Königliche Fürst des nachts nach des Königes schlafkammer zu. Da gedachte er seinen Vater hinzurichten. Aber dieser anschlag schlug ihm fehl. Gott bewahrte den König. Die leibwächter wolten ihn nicht hinein laßen. Dem Könige / sagten sie / hat das heupt weh getahn. Nun hat er sich ein wenig zur ruhe begeben. Und wir haben befehl / niemand / auch nicht den Königlichen Fürsten /zu ihm einzulaßen. Das hat er uns ausdrüklich gebohten.

[292] [294]Weil nun der Königliche Fürst alhier nichts schaffen konte / so nahm er funfzig kriegsknechte zu sich. Mit denen eilete er nach dem orte der lauerwache zu; da Gad und Dan in bereitschaft stunden. Eben brach die morgenröhte herfür / als er alda ankahm. Nicht lange darnach nahete sich die Schaltkönigin Assenat. Mit sieben hundert teils reitern / teils fußgängern ward sie begleitet. Straks fiel der Königliche Fürst auf den vortrab an. Unversehens ward er überraschet. Plötzlich erhub sich der streit. Alsobald warden alle /die nicht straks zum gewehre kommen konten / niedergehauen. Benjamin saß eben bei der Schaltkönigin auf ihrem wagen. Dieser sahe den Königlichen Fürsten mit gewalt auf sie zu dringen. Geschwinde spranger aus der kutsche. Hastig nahm er einen stein. Damit schleiderte er dem Fürsten in seine linke seite /und traf ihn so wohl / daß er plötzlich vom pferde stürtzte.

Mitlerweile waren alle der Assenat leute / bis auf einen / niedergemätselt. Der hatte sich mit der flucht gerettet / und dem Simeon und Levi angezeiget / was sich begeben. Straks nahmen diese alle streitbare männer / die bei ihnen waren / mit sich; und eileten /die Schaltkönigin zu retten. Unvermuhtlich fielen sie auf die Straßenschänder zu. Viele schlugen sie todt.Dan lind Gad aber flohen in das Papierschilf / da es am dikkesten stund.

Benjamin / welcher / mit der Schaltkönigin / noch im fliehen begriffen / ward dessen straks gewahr. Zur stunde kante er seine Brüder. Flugs lies er ümkehren. Er fand Simeon und Levi sehr erhitzt / und im vorsatze den Dan und Gad zu tödten. Aber er ward ein friedemacher. Er besänftigte ihren zorn. Er versühnete die Brüder. Der königliche Fürst lag noch auf der schaarmützelstat. Man hub ihn auf. Man wusch und verband seine wunde. Also brachte man ihn zu seinem [294] königlichen Vater. Dem erzehlete man die gantze begäbnüs. Der König strafte die sache nicht. Er dankte ihnen vielmehr / daß sie seines Sohnes geschohnet / und ihn nicht gar todt geschlagen. Gleichwohl starb er auf den dritten tag darnach.

Dieser tod des Königlichen Fürstens ging dem Königlichen Vater so zu hertzen / daß er ihm in kurtzer zeit folgete. Neun und neuntzig jahr alt war er / da er starb. Sein Reich befahl er dem Josef: welcher eben zwölf jahr Schaltkönig gewesen. Dan sein zweiter Königlicher Sohn und künftiger Nachsas / den ihm Gott in seinem hohen alter gegeben / lag itzund noch an seiner Mutter brust. An dessen stat solte Josef so lange herschen / bis er die jahre erreichet gekröhnet zu werden. Dieses verrichtete er auch so treulich / daß man ihn / durch das gantze Egipten / anders nicht nennete / als den Vater des jungen Königes. Ja er wolte rechtschaffen dankbar sein / vor die überschwängliche gunst / die ihm der alte König Nefrem erwiesen. Darüm lies er ihm auch vor der stadt Memfis / eine prächtige Grabspitze bauen. Kaum war Nefrem verblichen / als er hierzu schon anstalt machte. Straks warden die steine gehauen / und herzu geführet. Fast das gantze Egipten muste helfen. Auch war iederman willig. Keinen antreiber hatte man nöhtig. Niemand wolte der letzte sein / mit eigener hand sei nem Könige die letzte schuldigkeit abzustatten. Frisch ging der bau fort. Noch zwei jahre währete der hunger; und fast so lange der stilstand des akkerbaues. Darüm ward solcher bau in so kurtzer zeit weiter gebracht / als man sonst in zwölf jahren tuhn können. Dan als der miswachs aufhörete / stund er meist in seinem vollen wesen.

Nunmehr besänftigte sich der zorn des Himmels. Seine ruhte verschwand. Die misjahre lieffen zum ende. Seine vorige ahrt nahm der Niel wieder an. Bisher [295] hatte er sich / als ein karger stiefvater / erwiesen. Nun ward er üm so viel milder. Recht väterlich erzeigte er sich über Egipten. Reichlich ergos er sich. Reichlich befeuchtete er das lechzende land. Mildiglich tränkte er die dürstigen äkker überfliessig befruchtete er die unfruchtbaren felder. Indessen warJosef schon herüm gezogen. Er hatte zur saatzeit schon anstalt gemacht. Er haue die äkker ausgeteilet: die landgühter des Königes eigenen leuten ausgelehnet; ja alles / was den landbau betraf / durch das gantze Egipten versorget. Diese Land- und lehn-gühter solten sie besitzen und nützen / als ihr eigentuhm. Davor solte dem Könige von den eingeärnteten früchten der fünfte teil jährlich gegeben werden. Und hierdurch ward so wohl den untertahnen / als dem Könige / mäklich geholfen. Diesem / weil er / und alle seine nachkommen zu ewigen zeiten ein großes jährliches einkommen zu hoffen: und jenen / weil sie so unvermuhtlich wieder zu Landgühtern kahmen.

Nach verrichtung so vieler mühseeligen stahtsgeschäfte / zog Josef / mit seiner Assenat /nach Heliopel / sich mit seinem Vater und Schwiegervater eine zeit lang zu ergetzen. Alda nahm er seinen sitz auf der Sonnenburg: die er / seiner Gemahlin zu liebe / schon mit prächtigen gebeuen ergrössert. Auch hatte er nahe darbei den grund gelegt zu einem nicht weniger prächtigem Schuhlbaue. Diesen bau setzte er / durch seine gegenwart / dermaßen fort / daß er in sechs mohnden volendet ward. Inmittels hatte er zu Lehrern albereit die berühmtesten Sternschauer / und in andern künsten erfahrnesten Männer entbohten. Dan er war gesonnen alhier eine Schuhle zu stiften /darinnen die jugend in der großen Lehrkunst solte unterwiesen werden. Auch ging alles nach seinem sinne glüklich fort. Es war keine Kunst / die alhier nicht blühete: keine Wissenschaft / [296] die nicht zu ihrer müglichsten volkommenheit gelangete. Die Maßkunst stieg überaus hoch: die Sternschauerei noch höher. Alle Deutkünste so wohl der hände / gesichter / gestalten und gebährden der Menschen / als des Gestirnes selbsten / warden alhier geübet. Ja man lehrete /wie man aus den zeichen und zügen der euserlichen gestalt die innerliche kraft und beschaffenheit aller geschaffenen dinge erkennen solte. Und also erzog und erzielete diese Schuhle viel fürtrefliche gelehrte Leute. Sie brachte der Gelehrten welt einen überschwänglichen schmuk / einen überaus großen nutzen; und ihrem Stifter einen ewigen nahmen.

Siebendes Buch

[297] Siebendes Buch.

Assenat hatte den schrik / den ihr der Königliche Fürst / durch sein gewalttähtiges beginnen / eingejagt / noch nicht vergessen. Er lag ihr noch in allen gliedern. Ja er hatte sich so eingewurtzelt / daß er sie immer mehr und mehr schwächete. Von der zeit an hatte sie keine recht fröhliche stunde gehabt: wiewohl der Schaltkönig alle mittel / sie zu erlustigen / gesuchet. Auch täht er es noch alle tage / bald durch lustfahrten / bald durch ergetzliche gespreche / bald durch andere kurtzweile. Aber alles half sehr wenig. Ihre lebendige farbe verlohr sich von tage zu tage mehr und mehr. Ihr liebliches angesicht ward immer bleicher und bleicher. Ihre zuvor klahre helleuchtende augen verlohren ihren glaub ie länger ie mehr. Die ehmahls so lieblich / so fröhlich / so anmuhtig spielenden blikke warden immer schwächer und schwächer / immer trauriger und trauriger: ja die gebährden ingesamt allezeit niedergeschlagener. Und also lies es sich mit ihr / wo nicht zum tode / doch zum wenigsten zu einer gefährlichen krankheit an.

Auf einen mittag war Josef / mit seiner lieben Assenat / bei seinem Vater zu gaste. Bei diesem mahle befanden sich auch ihre zween Söhne / Manasse undEfraim: als auch Josefs zwee Brüder / der älteste Ruben / und der jüngste Benjamin. Man trachtete die Assenat auf allerlei weise fröhlich zu machen. Der Ertzvater Jakob selbsten schien seine jugendlichen spiele wieder hervor zu suchen. Allerhand schertzworte lies er [298] [300]er aus. Allerhand kurtzweile stellete er an. Und dieses alles geschahe unter dem lieblichsten getöhne der helklingenden schällen spiele /unter dem anmuhtigsten klange der singenden stimmen. Ja es ging so hertzlich fröhlich / so lieblich lustig / so anmuhtig vertraulich zu / daß es ein halbhimlisches wohlleben zu sein schien. Dadurch vermeinte man die traurige Assenat zu erfröhlichen / ihren unmuht zu vertreiben / ihre schwächligkeit zu erfrischen. Aber wiewohl sie sich fröhlich zu sein zwang / so hatte es doch keinen bestand. Es währete nur eine kleine weile. Plötzlich erblassete sie / als eine leiche. Jähligen ward sie stille. Die lippen warden todtenbleich: die augen halb gebrochen. Der ahtem blieb zurük. Sie sank auf ihres Liebsten schoß nieder. Jederman erschrak. Die lust verschwand. Die sänger schwiegen. Die schällenspiele warden nicht mehr beweget. Die gantze geselschaft ward traurig. Josef strich ihr straks seinen schlagbalsam unter die nase. Der Ertzvater tunkte sein tafeltüchlein in essig / und hielt es ihr vor. Benjamin nahm safran und ein wenig goldes. Damit rieb er inwendig das unterste glied des goldfingers an ihrer linken hand / ihr hertz zu stärken. Hierauf erhohlte sie sich ein wenig. Hierauf kahm sie / aus ihrer ohnmacht / wieder zu sich selbst. Und so bald sie sprechen konte / begehrte sie zu bette.

Zwischen dessen warden zween Aertzte gehohlet. Einer solte das Hertz / der andere das schweere durch schrökken entstellete geblühte genäsen. Dan dazumahl war es bei den Egiptern gebreuchlich / daß ein ieder Artzt nur ein glied des menschlichen leibes artzneien muste. Diese urteileten aus allen ümständen / daß die unbäsligkeit der Schaltkönigin von einem jähligen schrökken herrührete. Hiernach richteten sie auch ihre artzneien. Hiernach ward die gantze genäsung angestellet. In drei tagen brachten sie es so weit / daß sie wieder so viel kräfte [300] bekahm / daß sie gehen und stehen konte. Aber sich in die luft zu wagen /weil es eben winterte / wolten sie ihr nicht rahten. Darüm blieb sie noch acht tage bei dem Schwiegervater / sich was mehr zu erhohlen. Auch erhohlte sie sich / und bekahm ihre kräfte zimlich wieder: aber ihre vorige blühende farbe nicht. Die blieb aussen / so lange sie lebete.

Nach verflossenen acht tagen begab sie sich wieder auf ihre Sonnenburg. Alda trug sie belieben die meiste zeit ihres übrigen lebens zu verschliessen. Josef bemühete sich unterdessen sie zu ergetzen / so viel als er konte. Auch besuchte sie der Ertzbischof / ihr Vater / fast alle tage. Mit dem führete Josef viel reden / die den wahren Gottesdienst betrafen. Unter andern eröfnete er ihm auch den Nahmen Gottes / Jehovah: welchen Er selbst seinem Obergroßvater dem Abraham zum alerersten geoffenbahret. Darneben erklährete er desselben sin und eigendlichen verstand. Dieses gefiel dem Ertzbischoffe so wohl / daß er in das Heliopelsche Götzenhaus der Sonne von stunden an diese worte mit güldenen buchstaben / in Egiptischer sprache / schreiben lies. Ich bin / der da war / der da ist / und der da sein wird: meine dekke hat niemand iemahls aufgedekt. Auch warden sie nachmahls in die meisten Egiptischen Götzenheuser gleichesfals geschrieben. Ja selbst über der Weisheit Götzenbilde /welches anders nicht / als die Isis oder Assenat selbsten / sein solte / lase man / in ihrem Götzenbaue zuSais / folgende überschrift: Ich bin das algemeine Alles / das gewesen ist / das noch ist / und das zukünftig sein wird: meine strahldekke hat kein sterblicher iemahls aufgedekt.

Assenat selbsten / welche nunmehr der Welt schon abgestorben zu sein schien / hatte ihre sonderliche lust in dergleichen gesprächen. Fast von nichts anders / als [301] dem lebendigen Gotte / wolte sie hören In keinen ander / als in Göttlichen dingen / schöpfte sie freude. Schwatzte schon iemand von der Welt / und weltlichen sachen; so gingen doch unterdessen alle ihre gedanken nach dem Himmel und den himlischen dingen zu. Da war ihr gantzes hertz. Dieses ging ihr / mit den ohren / zugleich auf / wan ihr liebster Josef davon zu sprachen begunte. Immerfort reitzte sie ihn darzu an. Fort und fort fragte sie dis und das / bald vom Göttlichen wesen / bald vom zustande der Engel / bald von der freude der Menschen / die sie in jenem leben zu gewarten. Und wan der Schaltkönig seiner reichsgeschäfte wegen verreisen muste; so lies sie ihr unterdessen allezeit etwas aus dem Buche Enochs / welches ihr Jakob verehret / durch ihren Sohn Manasse / vorlesen / und in die Egiptische sprache übersetzen. Ja dieses Buch hatte sie so lieb / daß sie es nachmahls / als es gantz übergesetzt war / selbsten allezeit lase. Und konte sie eine und andere dunkele rede nicht verstehen / so suchte sie bei ihrem Gemahle derselben erklährung.

Zu dieser der Assenat Gottesfurcht / kahm auch eine sonderliche Barmhertzigkeit gegen die nohtdürftigen. Eine große Liebe gegen ihren bedrängten und nohtleidenden nächsten lies sie leuchten. Die hungrigen speisete sie. Die durstigen tränkte sie. Den kranken verschafte sie artzneien. In den sieben hungersjahren ermahnete sie ihren Ehherrn täglich / der armen nicht zu vergessen. Auch warden sie / auf ihr stähtiges anhalten / so wohl versorget / daß kein einiger noht litte. Und noch itzund erhielt sie ihrer viele. Ihre milde hand stund gegen sie allezeit offen. Des Morgens / wan sie aus ihrem bette sich erhoben / fand sich schon eine große mänge vor ihrer tühre. Die pflegte sie ihre gäste zu nennen. Denen teilete sie reichlich mit. Sehr freundlich sprach sie ihnen zu. War iemand von diesen ihren gästen krank / dem erschien [302] sie als eine Aertztin / als eine Heilandin. Mit eigner hand richtete sie die genäßmittel zu. Auch musten ihre Stahtsjungfrauen täglich wasser brennen aus allerhand kreutern. Zu gewissen zeiten / da sie am kräftigsten waren / lies sie dieselben samlen. Hierzu hatte sie ihre sonderliche Kreuterweiber. Die brachten ihr täglich / was sie begehrete. Und also begab sichAssenat / üm der armen kranken willen / auf die Artzneikunst. Darinnen kahm sie in kurtzer zeit zu so hohem verstande / daß sie fast alle krankheiten glüklich genäsete. Dadurch erlangte sie einen großen ruhm durch das gantze Egipten. Ihre Weisheit lobeten alle. Ihren verstand in der Heilkunst erhub man bis an den himmel. Ja es kahm endlich so weit / daß sie der gemeine man / auch schon vor ihrem tode heimlich / und nach demselben öffendlich / vergöttlichte. Man machte sie zu einer Göttin der Weisheit. Man ehrete sie als eine Göttin der Artzneikunst. Man schrieb ihr derselben erfindung zu. Und weil sie zugleich die armen mit brohte versorget / bähtete man sie auch an als eine Frucht- und Zehr-göttin. Alle diese ehre geschahe ihr unter den nahmen Isis.

Mitlerweile hatte der Ertzvater Jakob erfahren /wie seine söhne Dan / und Gad sich an seiner Schwiegertochter verbrochen. Er hatte vernommen /daß sie uhrsache waren an ihrer unbäsligkeit. Er hatte verstanden / daß sie dem Königlichen Fürsten / in seinem bösen anschlage / die hand gebohten: ohne welche zu einer so frefelhaften unterwindung er nie würde gekommen sein. Daher war er über sie zornig. Daher durften sie vor sein angesicht eine lange weile nicht kommen. Er wolte sie vor seine Kinder nicht mehr erkennen. Ja sie solten kein anteil an seiner verlaßenschaft haben. Gantz solten sie ausgestoßen und enterbet sein. Assenat aber besänftigte seinen zorn. Ihre langmühtigkeit [303] war so groß / daß sie ihnen alles vergab. Ihre leidsamheit war so übermäßig / daß sie solches verbrechens auch nicht einmahl wolte gedacht haben. Eine ewige undacht solte zwischen ihr und ihnen sein. Darüm baht sie ihren Schwiegervater /wan er sie lieb hette / als seine Tochter / daß er seinen Söhnen solchen fehler verzeihen wolte / gleichwie sie selbsten ihnen alles verziehen. Er solte keinen has tragen. Er solte an kein böses gedenken. Er solte von nun an die sonne nicht mehr über seinen zorn untergehen laßen. Ja sie lies nicht eher nach / als bis sie ihn begühtiget / und seine Söhne bei ihm ausgesühnet.

Nachdem es diese Liebseelige so weit gebracht hatte; nachdem sie diese versühnung gestiftet: da lies sie sich bedünken / als hette sie alle ihre gesundheit wieder gewonnen. Vor großen freuden befand sie sich auch eine guhte zeit sehr wohl. Eine guhte weile spührete sie keine beschweerung. Alles ihr ungemach schien als verschwunden. Der Schaltkönig war hierüber von hertzen erfreuet; als auch mit ihm der gantze hof. Nie war er milder gewesen gegen die dürftigen. Nie hatte er so reiche armenspenden ausgeteilet / als itzund. Und hierdurch teilete er zugleich den armen seine freude mit. Diese frohlokten. Diese rühmeten seine freigebigkeit. Ja sie wündschten ihm / und seiner Assenat tausend gesunder jahre.

Aber wie nichts unbeständiger ist / als die zeit; so seind auch alle / die in der zeit leben / mit lauter unbeständigkeit ümfangen. Und wie nichts veränderlicher / nichts flüchtiger ist / als die zeit; so ist auch die zeitliche gesundheit / die zeitliche freude / ja alles was zeitlich ist / der flucht und veränderung unterworfen. Wan die freude auf das höchste gekommen / dan mus man denken / daß die traurigkeit bald folgen werde. Man hatte sich über die scheinbare gesundheit der Assenat kaum [304] erfreuet; da ward / durch einen jähligen überfal / solche freude schon gestöhret. Plötzlich fiel sie in eine heftige krankheit. Die hielt so hart an / daß sie innerhalb neun tagen gesund und todt war.

Als nun die Schaltkönigin vermärkte / daß ihr ende herzunahete; da ermahnte sie ihre zween Söhne / ihr vertrauen auf den wahren lebendigen Gott / den Gott ihres Vaters Josefs / zu setzen. Dem solten sie anhangen. Den solten sie lieben und ehren. Der würde ihr schirm und schild sein; und ihnen geben / was ihnen ersprieslich. Auch baht sie ihren lieben Ehherrn / ihre stelle zu verträhten / und nicht nur als ein Vater / sondern auch als eine Mutter / vor ihre Ehpflantzen sorge zu tragen. Endlich nahm sie abscheid von allen / und befahl ihre Seele dem Schöpfer aller dinge. Und also starb die fromme Assenat im einundvierzigsten jahre ihres alters / und im zwanzigsten ihrer ehe; als Josef das funfzigste / Manasse das neunzehende / undEfraim das achtzehende lebensjahr erreichet.

Dieser so frühzeitige hintrit einer so tugendvolkommenen und alles ruhmes würdigen Fürstin veruhrsachte eine große trauer durch das gantze Egipten. Jederman war betrübt. Das gantze Volk vergaß aller seiner freude. Die Armen beweineten ihre Ernährerin. Die Kranken beklagten ihre Aertztin. Die Bedrängten bejammerten ihre Erretterin. Die Angefochtenen betrauerten ihre Beschirmerin. Wo man sich hinwendete / da hörete man ein klägliches kärmen / ein erbärmliches jammern; zuvoraus im Schaltköniglichen Hofe. Das konte man nicht aufhören zu kärmen. Die Stahtsjungfrauen wolten sich kaum trösten laßen; so gar hatte sie der schmertz besessen. Die Höflinge waren als von den kopf geschlagen. Das gantze Hofgesinde ging und wimmerleichte. Ja die zween hinterlaßene junge Herren waren fast aus ihnen selbst über den verlust [305] ihrer Mutter. Der Schaltkönig aber blikte zwar seiner lieben Gemahlin mit überaus traurigen augen nach. Gleichwohl wuste er seine traurigkeit dermaßen zu mässigen / daß sich iederman darüber verwunderte. Er wuste seine schmertzen dermaßen zu verbergen / daß man ihm euserlich kaum einige traurigkeit ansahe. Und was wolte er auch viel trauren über eine so liebe Seele / die der Himmel selbst liebete / ja sie so liebete / daß er sie seiner freude teilhaftig gemacht. So wolte es Gott haben. Das war sein gnädiger wille. Wider den wolte Josef / durch eine alzuübermäßige trauer / nicht murren. Vielmehr unterwarf er ihm seinen willen. Vielmehr war er zu frieden / daß Gott seine Gemahlin aus so vielen trübsaalen gerissen.

Sobald die trauerzeit vorbei war / ward der Assenat Leiche / durch die gewöhnlichen träger / in das Balsemhaus gebracht / gebalsemet zu werden. Den Balsemern befahl man ihren besten fleis zu tuhn. Keine kosten solten sie spahren. Darüm bedung man auch keinen preis. Keine gemahlte Leichenbilder /darnach das balsemen sonsten geschahe / warden gezeiget. Man nahm es an auf das allerköstlichste zu balsemen. Und das ward auch treulich verrichtet. Erstlich zogen sie mit einem krummen eisen / durch die naselöcher / das Gehirn aus dem heupte. Das legten sie in ihren zugerichteten siedendheissen pechbalsam / so lange / bis er sich gantz hinein gezogen. Dieser Pechbalsam war aus Jüdenleime und todtenpeche /mit mirren / hartze vom balsambaume / zimmet und andern dergleichen sachen vermänget / gesotten. Darnach schnitten sie mit einem scharfen Mohrenländischem steine das weiche des leibes voneinander. Das eingeweide nahmen sie heraus. Dieses reinigten sie zuerst / und spühleten es mit Fönizischem weine wohl ab. Darnach bestreueten sie es mit gestoßenen gewürtzen / mit mirren / zimmet und andern [306] wohlriechenden sachen: doch hierzu nahmen sie keinen Weihrauch / als welcher den Göttern geheiliget. Damit fülleten sie auch das hohle des Leibes: und fügten das eingewand wieder hinein. So bald dieses geschehen / legten sie den Leichnam siebenzig tage lang in saltz. Nach verlauf dieser siebenzig tage /ward er gewaschen; und über und über mit seidenen tüchern / wündelweise geschnitten / nachdem man zuvor ein güldenes blech unter die zunge geleget /ümwunden. Hierauf liessen sie ihn in obgemeltem siedendheissem Pechbalsam so lange weichen / bis der balsam sich in die innersten teile des leibes hineingezogen. Und dan ward der Leichnam erst herausgenommen / und bei dem feuer so lange getruknet / bis es alle feuchtigkeit verzehret.

Diese so köstlich gebalsemte Leiche schikte man endlich wieder auf die Sonnenburg. Da ward sie noch mit andern seidenen wündeln ümwunden / und in einen mit dichtem golde überzogenen sark / aus einem Egiptischen feigenbaume gehauen / geleget. Diese wündeln oder vielmehr dekkleider bestrich man mit einer kreidichten pappe / darunter wachs und pech gemänget. Und solches geschahe darüm / damit sie nicht verfaulen / und die heilige Bilderschrift üm so viel eher und fester fassen könten. Auf das oberste dekkleid / das man gantz übergüldete / ward der Assenat Bildnüs / und noch andere bilder der Egiptischen Priesterschrift / mit unvergänglichen farben /gemahlet. Auch schrieb man recht vor ihre brust den Nahmen Gottes Jehovah / mit Ebreischen buchstaben. Auf den sark / der nach unten zu immer schmähler und schmähler gehauen / stund ihr Bildnüs ebenmäßig geschnitten / und mit allerhand farben übermahlet. Vor der brust dieses bildnüsses waren sieben ringweise gezogene striche oder kreuse / mit etlichen kenzeichen der heiligen Bilderschrift aus gezieret / zu sehen. Gemelte schrift kahm auf folgenden sin aus:[307] Der da war / her da ist / und der da sein wird /mache / durch seine Göttliche kraft / die Abgestorbene seelig.

Nachdem nun der Assenat Leichnam wider die verwesung mit balsemen / und mit dem köstlichsten leichenschmukke genug versehen war; da ward sie endlich in ihres Vaters / des Heliopelschen Ertzbischofs / prächtiges Grabmahl / mit gewöhnlichen trauergeprängen / beigesetzt. Die liebe / die ihrJosef in ihrem leben zugetragen / konte er nicht vergessen / so lange er lebete. Darüm vermochte ihn auch niemand zu bereden zur zweiten vermählung zu schreiten. Man schlug ihm zwar diese und jene Fürstin vor. Man suchte ihn / durch gastereien / mit dem schönsten und fürnehmsten Frauenzimmer bekant zu machen. Aber er hatte beschlossen ein einsames leben zu führen. Er hatte den witwenstand erwehlet. Er hatte die keuschheit zu seiner liebsten erlesen. Darbei blieb er beständig. Davon konte niemand ihn abbringen. Hatte er in seiner jugend das Frauenzimmer geflohen; hatte er ihren ümgang vermieden: so täht er es itzund noch vielmehr. Er hielt sich stähts allein / als ein einsamer Turtelteubrich / dem sein Teublein gestorben. Ob er schon in der besten zeit seines lebens war / ob er schon seine beste kraft noch hatte; so war es doch ferne von ihm auf eine andere Gemahlin zu denken. Noch sechzig jahre lebte er nach seiner liebsten Assenat tode. Aber in aller dieser zeit kahmen ihm nicht die geringsten fräuersgedanken in den sin. Er war einig und allein bedacht / Gott und dem Könige zu dienen.

Aber Manasse und Efraim / Josefs söhne / die nunmehr ihre jahre zu erreichen begunten / waren geneugter zur ehe. Sie waren so scheu vor der Liebe nicht. Sie mochten ein schönes Frauenzimmer wohl sehen. Und hierinnen ahrteten sie weder Vater / noch Mutter nach. Es war auch kein wunder. Sie warden erzogen [308] [310]als junge Fürsten. Sie hatten ihr anteil an der herligkeit ihres Vaters. Sie zogen auf in köstlichen kleidern. Sie waren ohne einige sorge. Sie lebten in höchster glükseeligkeit. Sie hatten überal einen freien zutrit. Die schönheit / die ihnen von beiden Eltern angebohren / machte sie beliebt. Die tugend / die geschikligkeit / die liebseeligkeit / die alle ihr eigentuhm waren / brachten sie in gunst. Daher war auch kein Frauenzimmer / das ihnen nicht mit liebesblikken begegnete. Und davor flohen sie keinesweges. Sie waren nicht schüchtern. Sie durften ihnen wohl unter augen trähten.

Asanel / eine einige Tochter und erbin des Reichsschatzmeisters / war dem Manasse mit liebe sehr zugetahn / und er ihr auch nicht weniger. Lange zeit lag diese liebesgluht unter der lodderasche verborgen. Techos / des Reichskantzlers Sohn / kahm endlich darzwischen. Er begunte bei der Asanel auch haken anzuschlagen. Er gab ihr seine liebe zu erkenne: Sie aber wiese ihn ab. Sie gab vor / daß sie ihrem Vater auf seinem todbette versprochen / unverehligt zu bleiben. Daher möchte er seine liebe nur auf eine andere werfen. Bei ihr were nichts auszurichten. Sie hette gäntzlich beschlossen in ewiger keuschheit zu leben. Sie hette ihr festiglich vorgesetzt keinen ihre lebetage zu lieben. Das sei ihr schlus; den wolte sie nicht ümstoßen. Das sei ihr vorsatz; der stünde nimmermehr zu verändern. Techos hörete dieses mit traurigem hertzen an. Er verstumte so gar / das eine guhte weile kein wort aus seinem munde ging. Doch schöpfte er endlich wieder muht. Er hielt abermahl an. Und dieses anhalten währete so lange und mit solcher ungestühmigkeit / bis Asanel ihm endlich geboht nimmermehr wieder vor ihr angesicht zu kommen.

Inzwischen hatte Manasse einen freien zutrit. In dessen gegenwart war Asanel viel anders gesinnet.[310] Viel anders klungen ihre reden. Dem Techos kahm dieses zu ohren. Was wolte er tuhn? Er konte sich nicht rächen. Wider den Schaltköniglichen Fürsten durfte er nichts vornehmen. Das schmertzte ihn am allermeisten. Und dieser schmertz bewog ihn zu einer fremden entschliessung. Er lies sich öffendlich verlauten / ihm das leben zu verkürtzen. Auch schrieb er solches der Asanel selbsten. Dieser brief war so kläglich / und so vol der allertraurigsten reden / daß er sie zum mitleiden bewog. Sie beklagte sein unglük. Sie bejammerte seine schmertzen. Sie hette sie ihm gern benommen. Aber sie fand keinen raht. Endlich offenbahrte sie es dem Manasse. Sie erzehlte die gantze sache. Manasse riet ihr des Techos liebe auf eine andere zu lenken. Aber wie? fragte die Asanel; Manasse gab zur antwort: unter meines Großvaters Jakobs leuten / hat einer eine sehr schöne Tochter / die beweglich schwatzen und meisterlich liebeuglen kan. Diese wil ich / aufs schönste gebutzt / zu ihr senden. Unterdessen kan sie dem Techos einen zutrit vergönnen. Wan er ankömt / lasse sie ihn durch dieses schöne Mägdlein in den saal führen / und eine zeit lang allein unterhalten. Sich selbsten kan sie entschuldigen /daß sie eben fremde leute bei ihr hette: doch wolte sie bald zu ihm kommen. Auch mus man dem Mägdlein eingeben / daß sie sich aufs allerfreundlichste gegen ihn anstelle. Ich weis / sie wird ihn straks verliebt machen. Straks wird sie seine liebe gewinnen.

Asanel nahm diesen vorschlag an. Sie lies dem Techos ihren willen / ihn zu sprechen / zuentbieten. Das schöne Mägdlein ward ihr geschikt. Den verliebtenTachos muste sie empfangen / und / an der Asanel stat / unterhalten. Uberaus lieblich blikte sie ihn an. Aus der maße freundlich waren ihre reden: welche sie mit einem anmuhtigen lächlen vermischte. Einieder[311] blik war ein pfeil: einiedes wort eine angel: einieder lach ein strük. Techos ward auf einmahl verwundet /gefangen / und verstrükt. Hatte ihn Asanel verliebt gemacht / so machte ihn die schöne Ebreerin noch tausendmahl verliebter. Und diese liebe war ihm so süße / daß er der bitterkeit aller seiner schmertzen vergaß. Der verdrus / den ihm Asanel zugefüget / war gantz verschwunden. Ja er wündschte wohl tausendmahl / daß Asanel ihm nimmermehr ihre gegenwart gönte. Und also zog Techos von dieser seine liebe gantz ab / und warf sie auf die schöne Ebreerin.

Als nun Asanel endlich hineinkahm / da war sie zum höchsten verwundert / daß sie ihren Liebhaber so gar plötzlich verändert sahe. Sie wolte sich entschuldigen / daß sie so lange von ihm geblieben. Er aber gab zur antwort: ihm were gleichwohl die zeit nicht lang gefallen. Er habe sich bei der schönen Ebreerin so wohl befunden / daß ihm eine stunde schnäller / als ein augenblik / vergangen. Asanel war froh / daß ihr dieser listgrif so wohl gelungen. Sie war froh / daß sie des Techos auf diese weise loß worden / und zugleich seinen gefasten fremden vorsatz vereitelt. Nun konte sie die liebe / die sie dem Manasse zutrug / sicherer blikken laßen. Nun durfte sie dieselbe so gantz nicht mehr verbergen.

Manasse kahm des andern morgens seiner Asanel aufzuwarten / und zugleich aus ihrem munde zu vernehmen / ob die schöne Ebreerin daß Wild / in ihrem gehäge / gefangen. Seine erste worte / nach erwiesenen höfligkeiten / waren: wie ist gestern der fang gelungen? Seind der Ebreerin pfleile auch mächtig genug gewesen den Hirsch zu fällen? Asanel antwortete: die schöne Ebreerin hat ihr meisterstükke in der jagt dermaßen erwiesen / daß sie billich eine Jagt-und Liebe-göttin zu nennen. Ihr pfeil wuste sie so behände und so gerade zu [312] schiessen / daß sie des Techos hertz recht in die mitte getroffen. Eh ich ankahm / war schon alles geschehen. Techos war gantz verwundet; und die Jägerin sahe / mit müßigen händen /zu / wie sein hertz zappelte / seine augen dreheten /seine hände böbeten. Manasse fragte weiter: wie ist es endlich abgelauffen? Seine Liebste gab zur antwort: sehr wohl. Dan da wir noch ein vierteilstündlein miteinander sprache gehalten / brachte Techos dieselbe / die ihn verwundet / auf seiner kutsche nach hause. Ob sie nun alda seine wunde wird verbunden haben / weis ich nicht.

Eben als sie von dieser jagt redeten / kahm die Jägerin selbst an. Eben traht die schöne Ebreerin in das zimmer. An ihrem goldfinger erblikte Asanel zur stunde den Demantring / den Techos gestern an seinem ohrfinger getragen. Darüber war sie zum höchsten verwundert. Und darüm fragte sie straks: ob man ihr glük wündschen solte? Der schönen Ebreerin stieg / unter einem lieblichen lächlen / eine gelinde /doch anmuhtige röhte ins angesicht. Eben so anmuhtig war auch ihre antwort. Man Sie mich urteilet in dem stande zu sein / sagte sie / daß man mir glük wündschen sol; so habe ich solches glük Ihr allein zu danken. Und eben darüm bin ich auch früher / als Sie begehret / anker kommen. Aber woher urteilet Sie solches? fing sie zu fragen an. Aus dem zeichen an ihrem goldfinger / gab Asanel zur antwort. So sol dieser Ring das zeichen sein? fragte die schöne Ebreerin ferner. Den habe ich schon lange gehabt. Er ist freilich ein unfehlbahres zeichen / antwortete Asanel; ja ein rechtes wahrzeichen. Und eben so lange ist es nicht / als ich ihn den Techos tragen sahe. Aber wie ist er so bald an ihren finger gerahten? Weil nun die schöne Ebreerin sahe / daß Asanel den ring alzuwohl kennete; so wolte sie ihr zugestoßenes glük nicht länger verbergen. Sie beichtete frei heraus / und[313] sagte: daß ihr Techos denselben nur vor einer stunde zugeschikt. Auch wiese sie zugleich sein beigefügtes


Schreiben an die Schönste und liebseeligste der Ebreerinnen.

Mein Schöne

Ihre schönheit / ihre freundseeligkeit / ihre klugsinnigkeit hat mich gefangen. Und ich wil auch gern gefangen bleiben. Zum zeugnüsse dessen schikkeich Ihr eingelegten Ring / mit bitte / ihn günstig anzunehmen. Diese gunst wird mir genug sein / mich zu versichern / daß sie mich eben so treulich meinet / als ich Sie. Die liebe / welche Sie in meinem hertzen angezündet / hat mich zu dieser entschliessung bewogen. Und hierbei kan Sie festiglich gleuben / daß solche liebe beständig sein werde. Dergleichen hoffe ich auch von Ihr. Anders darf ich nicht hoffen. Das gebietet oder verbietet ihre Tugend. Ihre leutseeligkeit lest es nicht zu. Ja ich tähte sünde / wan ich zweifelte. Und also lebe ich vergnügt. Mein hertz ist geruhig: mein gemüht befriedigt. Gegen den abend verhoffe ich die ehre zu haben Sie zu sehen. Ich wolte / daß er schon da were. So sehr verlanget mich nach ihrer gegenwart. Doch ich zweifle nicht mit ehestem den tag zu sehen / welcher der anfang sein wird unserer stähtigen beiwohnung. In dessen bin und verbleibe ich / bis an meinen letzten ahtemzug /

Meiner Schönen

treuergebnester

Techos.


[314] War Asanel über den Ring verwundert gewesen /so war sie es über diesen Brief noch vielmehr. Kaum konte sie ihr einbilden / daß ihn Techos geschrieben. Aber sie kennete seine hand. Darüm muste sie es gleuben. Sehet! sagte sie / wie mächtig die Liebe ist. Sie kan den hochmuht zu bodem schmeissen. Sie kan den trotz bändigen. Techos war vor diesem so hochmühtig / daß er sich über alles erhub: und itzund erniedrigt er sich dermaßen / daß er gleichsam auf den kniehen vor ihr lieget. Er war so trotzig / daß er niemand etwas zuvorgab: und nunmehr hat er sich durch einen blik ihrer schönen augen so gar fesseln laßen /daß er sich willig unter ihr joch bükket. Sie ist in wahrheit glüklich: weil sie so viel vermocht / als das gantze Egiptische Frauenzimmer nicht vermögen konte. Er bildete ihm ein / man müste ihn wohl ohne das lieben. Er gab gewislich nicht viel guhte worte. Er trotzete / ich weis nicht worauf. Er pochete / ich weis nicht womit. Und gleichwohl wolte er geliebet sein. Das habe ich Ihr ja zuvor gesagt / fing Manasse hierauf an. Ich wuste es wohl / daß es also gehen würde. Diese kunst kan gegenwärtige schöne Ebreerin. Diese kraft haben die strahlen ihrer augen. Damit kan sie alles / was gewaltig ist / überwältigen. Also schertzete Manasse: und nach etlichen mehr dergleichen reden / schieden sie voneinander.

Mitlerweile nahete die zeit herbei / daß Jakob sterben solte. Darüm lies er seinen sohn Josef zu sich rufen / ihm zu sagen / wie es mit ihm / nach seinem tode / solte gehalten werden. Habe ich gnade für dir gefunden / sagte er / so lege deine hand unter meine hüfte. Gelobe mir an / daß du die liebe und treue an mir tuhn wollest / mich nicht in Egipten zu begraben. Dan ich wil in Kanaan / bei meinen Vätern / liegen. Da lieget Abraham und Sara. Da ruhet Isaak undRebekka. [315] Da habe ich meine Lea / und meine liebste Rahel hingeleget. Ja selbst Adam / unser algemeiner Vater / und Eva / unserer aller Mutter / liegen alda /zu Hebron / begraben. Da wil ich dan auch liegen. Dahin führe mich aus Egipten / und laß mich in unser erbbegräbnüs setzen. Josef antwortete: ich wil tuhn / wie du gesagt hast. Israel aber sprach weiter: so schwöre mir. Und Josef schwuhr ihm. Da neugte sich Jakob vor Josefs Reichsstabe / und wendete sich zu bähten / nach dem hauptende / nach dem heiligen Lande zu.

Als nun Israel kurtz darnach sehr krank war / da machte sich Josef / mit seinen zwee Söhnen / auf / ihn zu besuchen. Zur stunde sagte man ihm an: siehe! dein sohn Josef komt zu dir. Und Israel machte sich stark / und setzte sich im bette. Der almächtige Gott /sagte er zu Josef / erschien mir zu Lus / im lande Kanaan; und seegnete mich. Siehe! sprach er / Ich wil dich wachsen laßen. Ich wil dich mehren / und zum hauffen Volks machen. Ich wil dieses Land deinem Saamen nach dir ewiglich zu eigen geben. So sollen nun deine zween Söhne / Efraim und Manasse / die dir in Egipten gebohren worden / eh ich hinein kommen / mein sein / gleichwie Ruben und Simeon. Welche du aber nach ihnen zeugest / sollen dein sein; und genennet werden / wie ihre Brüder in ihrem erbteile. Dan da ich aus Mesopotamien kahm / starb mir Rahel zu geschwinde weg / in Kanaan / nicht weit von Efrat; also daß ich keine kinder mehr von ihr bekahm. Und ich begrub sie daselbst am wege beiEfrat / die nun Betlehem heisset.

Nachdem Jakob dieses gesagt hatte / sahe er die Söhne Josefs / und sprach: wer seind diese? dan seine augen waren dunkel worden vor alter / daß er nicht wohl sehen konte. Josef antwortete: es seind meine[316] Söhne / die mir Gott alhier gegeben. Und Jakob sagte: bringe sie her zu mir / daß ich sie seegne. Josef brachte sie zu ihm. Und er küssete und hertzete sie. Siehe! sagte er zu Josef / ich habe dein angesicht gesehen / das ich nicht gemeinet hette. Und Gott hat mich auch deinen Saamen sehen laßen. Hierauf nahm sie Josef von seinem schoße / und neugte sich zur erde gegen sein angesicht. Er nahm sie aber beide /Efraim in seine rechte hand / gegen Israels linke; und Manasse in seine linke hand / gegen Israels rechte; und also stelte er sie vor ihn. Doch strekte Israel seine rechte hand aus / undlegte sie auf Efraims des jüngsten heupt / und seine linke auf Manasses heupt: dergestalt / daß sie kreutzweise zu liegen kahmen. Das täht er wissendlich: dan er wuste wohl / das Manasse der erstgebohrne war. Und er seegnete denJosef / und sprach: Gott / für dem meine Väter /Abraham und Isaak / gewandelt haben / Gott / der mich meine lebetage / bis auf diesen tag / ernähret hat / der Engel / der mich von allem übel erlöset / der seegne die Jünglinge / daß sie nach meinem / und nach meiner Väter / Abrahams / und Isaaks / nahmen genennet werden / daß sie wachsen / und vervielfältiget werden auf erden.

Als aber Josef sahe / daß sein Vater die rechte hand auf Efraims heupt legte / gefiel es ihm übel. Und er nahm seines Vaters rechte hand / sie vonEfraims auf Manasses heupt zu legen. Nicht also /sagte er / mein Vater. Dieser ist der erstgebohrne. Lege deine rechte hand auf sein heupt. Aber sein Vater weigerte sich / und sprach: ich weis es wohl /mein Sohn / ich weis es wohl. Dieser sol auch ein Volk werden / und wird groß sein: aber sein jüngster Bruder wird grösser / als er / ja sein saame ein sehr großes Volk werden. Und also seegnete er sie / und sprach: wer in Israel iemand seegnen wil / der sage: Gott setze dich / wie Efraim und [317] Manasse. Solcher gestalt setzte er Efraim dem Manasse vor. Weiter sprach Jakob zu Josef: siehe! ich sterbe; und Gott wird mit euch sein. Er wird euch wieder in das Land eurer Väter bringen. Ich habe dir ein stükke landes gegeben / ausser deinen Brüdern. Das habe ich / aus der hand der Amoriter / mit meinem bogen und schwerte gewonnen.

Auch lies Jakob alle seine Söhne zusammenrufen. Versamlet euch / sagte er / daß ich euch verkündige /was euch in künftigen zeiten begegnen wird. Komt zu hauffe / und höret zu / ihr Kinder Jakobs. Höret euren Vater Israel. Ruben / mein erster Sohn / du bist meine traft / und meine erste macht / der oberste im opfer / und der oberste im reich. Er fuhr leichtfärtig dahin / wie wasser. Du solt nicht der Oberste sein. Dan du bist auf deines Vaters lager gestiegen. Daselbst hastu / im aufsteigen / mein bette besudelt. Nun folgen die Brüder Simeon / und Levi. Ihre schwerter seind mörderische waffen. Meine Seele komme nicht in ihren raht. Dan in ihrem zorne haben sie den Man erwürget: und in ihrem muhtwillen haben sie den Ochsen verderbet. Verflucht sei ihr zorn / daß er so heftig ist; und ihr grim / daß er so störrisch ist. Ich wil sie zerteilen in Jakob / und zerstreuen in Israel. Judah du bist es. Dich werden deine Brüder loben. Deine hand wird deinen feinden auf dem halse sein. Für dir werden deines Vaters kinder sich neugen.Judah ist ein junger Leue. Du bist hoch kommen /mein Sohn / durch großen sieg. Er hat niedergekniehet / und sich gelagert / wie ein Leue / und wie eine Leuin. Wer wil sich wider ihn auflehnen. Es wird der Reichsstab von Judah nicht entwendet werden / noch ein Meister von seinen füßen / bis der Held kommet. Und demselben werden die Völker anhangen. Er wird sein Füllen an den Weinstok binden / und seiner Eselin [318] [320]sohn an den edelen Reben. Er wird sein kleid im weine waschen / und seinen mantel im weinbeerenbluhte. Seine augen seind röhtlicher / dan wein; und seine zähne weisser / dan milch. Sebulon wird am anfurte des Meers wohnen / und am anfurte der schiffe. Er wird reichen bis an Sidon. Isaschar wird ein beinerner Esel sein / und sich lagern zwischen die grentzen. Und er siehet die ruhe / daß sie guht ist; und das land / daß es lustig ist. Er hat aber seine schultern geneuget zu tragen; und ist ein zinsbahrer knecht worden. Dan wird Richter sein in seinem Volke / wie ein anderes Geschlecht in Israel. Dan wird eine Schlange werden auf dem wege / und eine Natter auf dem steige. Er wird das Pferd in die fersen beissen / daß sein Reiter zurükfalle. HERr / ich warte auf dein heil. Gad gerüstet / wird das heer führen / und wieder herümführen. Vom Aser komt sein fettes Broht: und er wird den Königen zugefallen sein. Naftali ist ein schnäller Hirsch / und giebt schöne rede. Josef wird wachsen. Er wild wachsen / wie an einer kwälle. Die Töchter lauffen auf die mauren den schönen Jüngling zu schauen / in königlicher pracht. Und wiewohl ihn die Schützen zörgen / und wider ihn kriegen / und ihn verfolgen; so bleibet doch sein boge fest / und die ärme seiner hände stark / durch die hände des Mächtigen in Jakob. Aus ihnen seind kommen Hürten und Steine in Israel. Von deines Vaters Gott ist dir geholfen / und von dem Almächtigen bistu geseegnet: mit seegen des himmels von oben herab / mit seegen von der tieffe / die hierunten liegt / mit seegen an brüsten und beuchen. Die seegen deines Vaters gehen stärker /dan die seegen meiner Voreltern / nach wundsche der Hohen in der welt; und sollen kommen auf das heuptJosefs / und auf die scheitel des Nasir unter seinen Brüdern. Benjamin ist ein reissender Wolf. Des [320] morgens wird er den raub fressen; aber des abendes ihn austeilen.

Also seegnete Jakob seine zwölf Söhne / einen ieden mit seinem sonderlichen seegen. Und als er alle diese seegen volbracht hatte / geboht er ihnen und sagte: Ich werde versamlet zu meinem volke. Begrabet mich bei meine Väter / in der höhle auf dem akker Efrons aus den kindern Hets: in der zweifachen höhle / die gegen Mamre lieget / im lande Kanaan; die Abraham taufte / zusamt dem akker / vom Efron aus Hets kindern zum Erbbegräbnüsse. Alda haben sie Abraham begraben / und Sara seine frau. Alda haben sie auch Isaak begraben / samt seiner FraueRebekka. Alda habe ich ebenmäßig die Lea begraben / in der höhle des akkers / der von den kindernHets gekauft ist. Alda wil ich auch daß man mich begraben sol. Als nun Jakob alle diese und andere gebohte mehr an seine kinder volendet hatte / da täht er auf dem bette seine füße zusammen / und verschied /und ward versamlet zu seinem Volke. Josef aber fiel auf seines Vaters angesicht / und weinete über ihm /und küssete ihn. Also starb Jakob / als er siebenzehen jahr in Egipten gewesen / im hundert und siebenundvierzigsten seines alters / und im sechsundfunfzigsten des alters seines Sohns Josefs.

Sobald die ersten trauertage verlauffen / befahlJosef den Aertzten / die ihm bedient waren / seines Vaters Leichnam zu balsemen. Und sie balsemeten ihn vierzig tage lang. Auch beweineten ihn die Egipter siebenzig tage. Nach verlauf dieser zeit redeteJosef mit den Hofbedienten des jungen Königes: der nunmehr das funfzehende jahr erreichet. Mein Vater /sagte er / hat einen eid von mir genommen / als er sterben wolte / daß ich ihn im lande Kanaan / in seinem eigenen Grabmahle / begraben solte. Darüm erweiset mir die freundschaft / [321] und redet mit dem Könige / daß er mich laße. Ich wil hinauf ziehen meinen Vater zu begraben / und wiederkommen. Die Hofbedienten gehorchten ihm alsobald. Und der König gab seinen willen darein. Also zog Josef hinauf seinen Vater zu begraben. Und es begleiteten ihn alle Bedienten des Königes / die fürnehmsten seines Hauses /und die fürnehmsten des gantzen Egiptens. Auch zogen mit ihm / alle seine Leute / alle seine Brüder /und das gesinde seines Vaters. Nur ihre kinder / samt ihrem viehe / liessen sie im lande Gessen. Und also hatte Josef ein überausgroßes heer bei sich.

Da sie nun an die Tenne des Dornbusches kahmen / welche jenseit dem Jordan lieget / hielten sie eine sehr große und bittere klage. Und Josef trug leid über seinen Vater sieben tage. Die Kananeer / des landes einwohner / sahen dieses Leichengepränge bei der Tenne des Dornbusches / und sprachen untereinander; die Egipter halten alda eine große klage. Und daher heisset man den ort der Egipter klage. Hierauf tähten die Kinder Israels / wie er ihnen befohlen hatte; und führeten und begruben ihn in die zweifache Höhle des akkers / den Abraham vom Efron gekauft hatte / mit der Höhle / zum Erbbegräbnüsse.

Nachdem sie nun ihren Vater begraben hatten / trugen die Brüder Josefs scheu mit ihm in Egipten zurükzuziehen. Dan sie fürchteten sich / er würde nunmehr / weil ihr Vater todt sei / alle boßheit / die sie an ihm verübet / rächen. Darüm schikten sie Ruben / als welcher an ihrem verbrechen keine schuld hatte / zu ihm ab. Und durch diesen liessen sie ihm anmelden: dein Vater befahl uns vor seinem tobe / dir seinet wegen zu sagen: lieber! vergib deinen Brüdern ihre missetaht und ihre sünde / damit sie übel an dir getahn haben. So vergib dan nun et lieber! die missetaht uns / den knechten [322] des Gottes deines Vaters: und vergilt uns ja nicht / was wir an dir verschuldet. Rechne uns die schmaach / damit wir dich beleidiget / nicht zu: und laß uns allen deine gnade widerfahren.

Diese worte gingen dem Josef so nahe zu hertzen /daß er bitterlich zu weinen anfing. Ja er ward noch heftiger zum wehleiden beweget / als sie selbsten kahmen / und sich vor ihm auf die kniehe niederwarfen; als er hörete / daß sie sagten: siehe! wir seind deine knechte. Das hertz brach ihm. Sehr freundlich / sehr liebseelig sprach er sie an. Fürchtet euch nicht / sagte er: dan ich bin unter Gott. Ihr gedachtet es böse zu machen: aber Gott gedachte es guht zu machen. Er gedachte es so zu machen / daß er tähte / was er getahn hat zur erhaltung vieler völker; wie itzt am tage ist. Darüm setzet alles misvertrauen bei seile. Gedenket /daß unser seeliger Vater mir meine Söhne genommen / und sie zu seinen Söhnen / und euch zu Brüdern gemacht. Gedenket / daß ich euch hierdurch näher verbunden bin / als zuvor iemahls. Ja gedenket / daß unser Vater dieses unter andern zuförderst darüm getahn / daß ich / nach seinem absterben / eurer aller Vater und eurer aller Versorger sein solte. Und das wil ich auch sein. Nicht allein euer Bruder / sondern auch euer / ja eurer kinder Vater wil ich sein. Ich wil so wohl vor euch / und eure kinder / als meine leiblichen kinder / väterlich sorgen. Das sage ich zu. Das gelobe ich. Das schwöhre ich bei dem Gotte meiner Väter / Abrahams / Isaaks / und Jakobs.

Als Josef zu reden aufhörete / fingen seine Brüder vor freuden an zu weinen; und versprachen ihm allen kindlichen gehohrsam. Ja sie versprachen bei ihm zu leben und zu sterben. Hierauf machten sie sich sämtlich auf. Josef und seine Brüder / und alle / die mit ihm hinauf gezogen waren den Ertzvater zu begraben / wendeten sich wieder nach Egipten. Alda blieb das Haus [323] Israels im lande Gessen wohnen. Und sie wuchsen in Egipten und vermehreten sich über die maße. Josef aber lebete nach seines Vaters absterben noch vierundfunfzig jahr: und als er das neunzigste erreichet / und nunmehr / nach dem letzten willen des verstorbenen Königs Nefrems / an des jungen königlichen Fürstens stat / achtundvierzig geherschet; da setzte er ihn auf den königlichen Reichsstuhl / und übergab ihm die Väterliche Krohne.

Mitler zeit hatte sich Josef der herschaft so getreulich angenommen / daß er des Königreichs wohlstand immer höher und höher gebracht / ja die königliche macht dermaßen erhoben / daß kein König in der Welt war / der so freimächtig herschete / als der Egiptische. Auch sahe er nunmehr seine lieben Söhne /dem Manasse und Benjamin / nach hertzens wundsche vermählet. Ja er sahe Efraims kinder / bis in das dritte glied. Er sahe Machirs / des Sohnes seines erstgebohrnen Manasses / kinder; welche wieder kinder zeugeten auf seinem Schosse.

Aber als Josef nunmehr das hunderte jahr seines alters erreichet; da begunten ihn so wohl / als alle kinder Israels / etliche Rähte des Königes anzufeinden. Der große anwachs der Ebreer war ihnen ein dorn in den augen. Sie konten nicht vertragen / daß ein fremdes Volk in Egipten so mächtig ward. Mit neidischen augen sahen sie ihre wohlfahrt an. Mit allerhand tükkischen anschlägen suchten sie dieselbe zu fällen. Zwei jahre nacheinander rieben sie dem Könige die ohren. Ohn unterlaß trachteten sie ihn wider bis unschuldige Volk aufzureitzen. Josef / sagten sie / ist alt. Er ist ausgemärgelt und unvermögend. Seinen verstand hat er verlohren. Seine weisheit ist ihm entgangen. Ja er ist gantz kindisch worden. Nun ist es zeit sein Volk unterzuträhten. Nun hat der König die[324] beste gelegenheit dasselbe zu zeumen / eh es uns zu mächtig wird. Man mus ihm ein joch üm den hals werfen. Man mus es fröhnen laßen; damit es nicht alzuwohllüstig werde. Man mus ihm den kitzel mit hofediensten vertreiben. Die können dem Könige großen nutzen schaffen. Mit diesen und dergleichen worten hielten sie fort und fort an. Der König aber gab ihnen wenig gehöhr. Nicht das geringste konten sie ausrichten. Ja als sie ihm endlich so gar verdrüßlich fielen /und den Josef so überaus kindisch einbilden wolten: da gab er endlich eine solche antwort / die eben so wohl in ihren ohren nicht klung. Wohlan dan / sagte er / weil ihr den Josef vor so gar kindisch haltet / so laßet uns erfahren / ob es wahr sei. Niemand hat bisher raht gewust die große sumpfichte gegend / im Nieder-Egipten / bei der see zum lande zu machen. Nun wollen wir versuchen / was Josef kindische raht hierinnen vermag.

Hierauf entboht der König den Josef alsobald. Der entbohtene erschien: und als er gefraget ward / ob er raht wüste solches Gesümpfe trukken zu machen? da antwortete er von stunden an / ja. So ziehet dan hin /fuhr der König fort / und tuht euer bestes. Nehmet so viel volkes mit euch / als ihr darzu nöhtig habt. Straks machte sich Josef färtig. Zur stunde lies er 2000 Gräber aufbieten. Und mit diesen fing er das werk an. Erstlich warden drei tieffe gräben nach dem Niele zu gezogen. Darnach lies er hierein das wasser des gantzen Sumpfes / und aus den ümliegenden Pfühlen leiten / und in den Niel lauffen. Innerhalb siebenzig tagen war dieses alles verrichtet / und alles wasser abgezapfet; dergestalt daß die gantze gegend bloß und trukken lag.

Nach volzogener arbeit reisete der König / samt seinen Rähten / darnachzu / das neue land zu besichtigen. Niemand hatte mehr ehre / als der Schaltkönig. Niemand [325] ward mehr gepriesen / als er; wiewohl gegen etlicher Rähte dank / welche nun rechtschaffen beschähmet stunden. Gehet! sagte der König zu ihnen / sehet hier! dieses werk ist kein werk von siebenzig tagen / sondern von tausend: und gleichwohl hat es der Schaltkönig in siebenzig tagen volendet. Nach dieser rede des Königes ward solches neugemachte Land auch Elfium / das ist von tausend tagen / genennet.

Zuvor war der gemelte gantze landstrich ein stünkender dampfichter sumpf gewesen; welcher unter den herümwohnenden Menschen viel böse seuchen veruhrsachet. Nun aber was es ein trukkenes / zum akkerbau geschiktes / und wohnbares land. Zuvor hatte sein fauler schlam anders nichts / als drachen / schlangen / nattern / und dergleichen giftiges ungeziefer / erzielet; welche die luft noch mehr vergifteten. Nun aber begunte er schon mit Menschen bewohnet / und mit allerhand früchten bebauet zu werden. Ja er ist nach der zeit so fruchtbahr worden / daß er mehr getreides getragen / als sonsten fast alle Egiptische länder: auch überdas so gesund und lustig / daß der König / als er diese gegend nachmahls wieder besuchet / mit verwunderung überlaut ausgerufen: sehet! ein teil des himlischen Reichs. Daher sol auch Schagen / da sich solches begeben / bis auf den heutigen tag das Reich Gottes sein genennet worden. Ja es scheinet zugleich / daß / dieser lustigen gelegenheit wegen / die Egiptischen Königlichen Fürsten / nach der zeit zu Safe /welches Josef alda gebauet / ihren hof gehalten.

Nicht allein dieses gemelte Safe / sondern auch mehr andere städte hat Josef alhier gestiftet. Darunter ist dieselbe / welche / nach dem gantzen Landstriche /Elfium oder Fium genennet worden / die fürnehmste. Vor alters sol sie Abid oder Abutich / und Piton /nach einer großen Schlange dieses ortes / die viel menschen [326] und viehes erwürget / und endlich vomHerkules / darunter etliche den Josef verstehen / erleget worden / geheissen haben. In dieser stadt hatJosef sehr viel herliche und große gebeue aufgeführet: auch selbsten sein Grab bauen laßen; wiewohl etliche schreiben / daß dieses zu Nitriote / in einem winkel zwischen zween ärmen des Niels / bei dem SeebusemMeris / gestanden. Den gemelten und andern städten dieses ortes hat er zugleich ein gewisses land und sonderliche grentzen gegeben: welche er alle nach der kunst abgemässen; und hierdurch den Egiptern mit einem das Landmässen gewiesen.

Die ärme des Niels / welche über Alkeir oder dem alten Memfis / nach dem Mohrenlande zu / durch die ehmahls gantz dürren Lantstriche streichen / hatte der Schaltkönig schon zuvor graben laßen / und dadurch dieselben länder auch fruchtbahr gemacht. Und also waren ihm die Egipter nur hiervor zum höchsten verpflichtet. Auch erkenneten sie solches / in der taht /mit der höchsten dankbahrkeit / nicht allein bei seinem leben / sondern auch / ja noch viel mehr / nach seinem tode. Sein Misgönner aber / die ihn in des Königes ungnade zu bringen getrachtet / warden alle /teils durch den schlag / teils durch einen andern überfal / plötzlich hingerükt. Das war der lohn vor ihre undankbahrkeit. Das war die strafe vor ihre boßheit; welche zuletzt allen Neidhämmeln das garaus spielet.

Also trachtete Josef ohn unterlaß / auch selbsten in seinem hohen alter / des Königreichs frommen und nutzen zu suchen. Allezeit erson er was neues. Immerzu erdachte er was sonderliches. Die wohlfahrt des Reichs / das aufnehmen des Königes / die nahrung der Untertahnen behertzigte er mit solchem eifer / daß er alle seine sinnen und gedanken darnachzu lenkte. Den eigennutz kente er nicht. Nur der algemeine war ihm bewust. [327] Er wolte sein amt treulich verwalten. Und das täht er auch redlich. Er war ein solcher getreuer Stahtsman / daß ich zweifle / ob seines gleichen in der gantzen Welt zu finden. Und eben darüm seegnete ihn Gott so überflüßig. Er suchte keinen reichtuhm: gleichwohl kahm er ihm von sich selbst so reichlich in den schoß. Selbst im schlafe fiel er ihm zu. Wan er saß / und sich üm die algemeine wohlfahrt bekümmerte; da trüpfte / da flos / da schos ein güldener regen vom Himmel. Indessen er vor andere sorgete /sorgete der Himmel vor ihn: und belohnete ihm seine treue mit überschwänglichen gühtern.

Wir wollen mehr sagen? Josef war ein rechter Lehrspiegel vor alle Stahtsleute. Er gab ein lehrbild allen Beamten der Könige und Fürsten. Vor diesen edlen Spiegel möchten alle Stahtsleute / alle Amtsleute / alle Befehlshaber krähten / und sich bespiegeln. Hier möchten sie lernen / wie man / durch liebe zur algemeinen wohlfahrt / seine eigene befördert; wie man durch treue reich wird / und aus vermeidung seines eigennutzes gleichwohl einen großen nutzen ziehet. Dan wan sie diesem Spiegel folgen / so wird ihre eigene wohlfahrt / ihr eigener reichtuhm / ihr eigener nutz von sich selbsten blühen. So wird er grühnen /und nicht verwelken. So wird er wachsen / und nicht verschwinden. So wird er bestehen / und nicht vergehen.

Aber darbei müssen sie auch nicht ihre eigene ehre selbst suchen. Und solches werden sie gleichmäßig aus diesem Spiegel sehen. Josef suchte keinen ruhm /keine ehre vor sich. Er trachtete allein treulich / redlich und aufrichtig seinem Nächsten zu dienen. Gleichwohl fiel ihm ein überschwänglich großer ruhm / und eine unvergängliche ehre zu. Hette er in beförderung der algemeinen wohlfahrt seine eigene ehre gesucht; hette er solches nur darüm getahn / damit er gerühmet würde: so weren [328] gewislich seine anschläge /wie weislich und klüglich sie auch ersonnen waren /so wohl nicht gelungen. Auch würden sie ihm nimmermehr zu solcher ehre gediehen sein. Keines weges würde er solchen ruhm vor aller Welt erlanget haben. Und wir selbst würden diesen lobspruch ihm nicht zueignen können. Und also gab Josef in alle seinem tuhn Gott allein die ehre. Aus einfältigem hertzen täht er alles; und was er täht / schrieb er Gott zu. Und darüm ward auch sein tuhn geseegnet. Darüm ging alles so wohl von statten. Darüm fiel ihm auch reichtuhm und ehre zu. Diese waren der lohn seiner so einfältigen treue.

Nach der zeit / da Jakob diese welt geseegnet /waren ihm fast die meisten seiner Söhne schon gefolget. Aber Benjamin und Naftali lebeten noch. Die hatte Josef unter seinen Brüdern sonderlich lieb: diesen / weil ihn Bilha / seiner Mutter magd / auf ihrer hüfte gebohren / und ihn Rahel daher / als ihren eigenen sohn / geliebet: jenen aber am allermeisten / weil er sein einiger leiblicher Bruder war. Beide musten fast stähts üm ihn sein; sonderlich Benjamin. Und hatte er iemand was wüchtiges anzumelden / so wardNaftali ausgeschikt. Dan dieser war geschwinde vom geiste / und rasch auf den füßen. Darüm hatte ihn auch sein Vater zu allerhand bohtschaften gebraucht /ja selbst in seinem letzten willen einem Hirsche verglichen. Hatte Josef einige müßige stunden / so ergetzte er sich mit ihnen in gesprächen von vielerhand dingen. Sonderlich aber hörete er von denen / die sich / in seinem abwesen / unter seinen Brüdern begeben /gern reden. Unter andern erzehlete ihm Naftali auf eine zeit seine treume: darinnen sich Josef allemahl mitbefunden. Und daher hatte Jakob gemuhtmaßet /daß Josef noch lebete.

Im vierzigsten jahre seines alters hatte er folgenden Traum. Er sahe die Oehlberge auf der ost seite der stadt [329] Jerusalem: und die Sonne / samt dem Mohne /stille stehen. Auch hörete er seinen Großvater Isaak zu seinen Brüdern sagen: lauft hin / einieder nach seinem vermögen: dan die Sonne und der Mohn können ergriffen werden. Darauf lieffen sie alle zugleich so stark / als sie konten / darnachzu. Levi ergrif dieSonne; Judah aber den Mohn: und sie warden beide / mit den Lichtern / aufgehoben. Hierauf gab ein Jüngling dem Levi / der gleich als die Sonne gläntzete / zwölf Palmenzweige. Judah aber / der wie derMohn blinkte: hatte zwölf strahlen unter seinen füßen. Beide ergriffen und hielten einander. Darnach sahe er einen Stier mit großen hörnern / und Adlersflügeln auf dem rükken. Dieser stund über dem Erdbodem. Und sie wolten ihn ergreiffen: aber Josef kahm ihnen zuvor / und fing ihn; auch ward er / mit ihm / in die höhe gehoben. Endlich sahe er eine heilige schrift / welche also lautete: die Assirer / Meder /Elamiter / Galater / Kaldeer / und Sirer sollen /durch gefängnüsse / den Reichsstab besitzen.

Sieben mohnde darnach hatte er abermahl einen Traum. Er sahe seinen Vater Jakob / mit allen seinen Söhnen / in der Jammischen see stehen. Und ein Schif / mit getruknetem Fleische beladen / kahm /ohne schiffer und steuerman / mit vollem lauffe gesegelt. Auf diesem schiffe stund geschrieben: dis ist Jakobs schif. Und Jakob sagte zu seinen Söhnen: laßt uns in unser schif gehen. Aber sobald sie in das schif geträhten waren / da erhub sich ein großes unwetter /und der wind stürmete dermaßen / daß alles erkrachte. Hierauf ging Jakob von ihnen / nach dem ruder zu. Der sturm schlug sie von einer seite zur andern / und trieb sie seewärtsein. Das schif ward bald hier / bald dort gegen den grund angeschmissen; und bekahm so große spalten / daß es vol wassers lief. In dieser gefahr flohe Josef in [330] das Boht / das am schiffe hing: und die andern Brüder ergriffen zehen breter. Hierauf hielten sie sich fest / und warden / durch den sturm /einer hierhin / der andere dorthin / voneinander getrieben. Aber Levi zog einen sak an / und baht den HERrn vor sie alle. Sobald nun dieser große sturm gestillet war / gelangte das Boht unbeschädigt zu lande. Und Jakob kahm endlich auch an / also daß sie sich sämtlich erfreueten.

Josef hörete / mit großer aufmärkung / allen diesen und dergleichen erzehlungen zu. Er erwog sie bei sich in seinem hertzen: und sahe wohl / was der Allerhöchste mit Levi und Judah beschlossen. Auch sagte er zu seinen Brüdern: dis seind keine eitele Treume. Gott wil uns dadurch anzeigen / was künftig geschehen sol. Gewislich wird einieder erfüllet werden zu seiner zeit. Und darüm beweiset den Stämmen Levi /und Judah ihre gebührende ehre. Dan aus diesen Stämmen wird das Lam Gottes entsprüßen: durch dessen gnade wird das Heidentuhm / samt Israel /erhalten und seelig werden. Sein Reich wird ein ewiges unvergängliches Reich sein. Aber mein Reich sol in meinen Kindern volendet werden / als eine bewahrung der Aepfel. Dan nach der ärnte wird man es nicht mehr sehen.

Mitlerzeit märkte Josef / daß seine sterbestunde sich alhand zu nahen anfinge. Darüm lies er / bei gesunden tagen / seine Söhne / Manasse und Efraim /samt ihren Kindern / als auch seine Brüder / die noch bei leben waren / zu sich kommen. Die ermahnete er alle / daß sie brüderlich / friedlich / und einträchtig untereinander leben: auch sich beständig an den Gott ihrer Väter / Abrahams / Isaaks und Jakobs / halten / und ihn nicht verlaßen solten. Ja er gab ihnen zugleich zu verstehen: es sei ihm wohl bewust / daß sie /nach seinem tode / von den Egiptern sehr würden geplaget und beängstiget werden. Aber der Allerhöchste würde sie heimsuchen / und [331] aus Egipten in das LandKanaan führen: welches er schon vorlängst ihren Vätern versprochen. Und darüm musten sie ihm / mit einem eide / angeloben / daß sie seinen Leichnam alsdan / wan sie Gott heimsuchte / mit sich hinweg führen wolten. Dan imfal ihr meine Gebeine / sagte er /mit euch führet / so wird Gott / wider die Egipter / im lichte / mit euch sein; und der Teufel / in der fünsternüs / mit den Egiptern. Auch befahl er ihnen zugleich / daß sie ihre Mutter Silpa ebenmäßig mitnehmen /und zur Bilha / nicht weit von seiner Mutter Rahel /begraben solten.

Kurtz hiernach gelangte / von Astarot aus dem lande Uz / ein Bluhtsverwanter des berühmten und mächtigen Jobs / des Fürstens zu Edom / an. Dieser brachte dem Josef eine sehr betrübte zeitung. Er erzehlte ihm / wie Job auf einen tag viererlei sehr grosse unglüksfälle gehabt. Eben an dem tage / sagte er /da seine sieben Söhne / samt seinen drei Töchtern /die er mit euer Schwester Dina gezeuget / in des erstgebohrnen hause saßen / und guhter dinge waren; da kahm ein bohle zum Job / und zeigete ihm an / daß die Sabeer aus dem reichen Arabien die Rinder vom pfluge / samt den Eselinnen aus der weide / weggeraubet / und alle seine Knechte / bis auf ihn / der allein entronnen / todtgeschlagen. Als dieser noch redete /kahm einander / der brachte die zeitung; das feuer Gottes sei vom Himmel gefallen / und hette Schäfer und Schafe verbrant / also daß nur er allein übrig geblieben. Kaum hatte der knabe ausgeredet / da kahm abermahl einander / welcher meinen Vetter mit diesen worten anredete: die Kaldeer / sagte er / kahmen /mit drei hauffen / auf die Kamehle gefallen / nahmen sie weg / und hieben alle Hühter nieder. Ich allein bin darvon gelauffen / damit ich die zeitung brächte. Nährlich waren ihm diese worte aus dem munde / da kahm der vierde. Der brachte die allerbetrübteste [332] zeitung. Ach! sagte er / eure Söhne und Töchter aßen und trunken im hause ihres ältesten Bruders; da kahm ein großer sturmwind aus der Wildnüs / und sties so gewaltig auf die vier ekken des hauses / das es über einen hauffen fiel / und alle menschen erschlug / bis auf mich / der ich allein der gefahr entkommen.

Weil nun dieser fromme Job sich dem Josef nicht allein seiner Schwester Dina wegen / sondern auch von seinem Obergroßvater Abraham her / dessen Bruders Nahors sohn er war / mit bluhtsfreundschaft zugetahn befand; so ging ihm sein unglük sehr nahe zu hertzen. Er erschrak und entsetzte sich so heftig über dieser unvermuhteten zeitung / daß er eine guhte weile kaum reden konte. Ja als er vernahm / daß dem frommen Job des andern tages darauf noch ein fünftes unglük zugestoßen / und sein gantzer leib über und über mit bösen blattern geschlagen worden: da ward er noch vielmehr zum wehleiden bewegt. Ach! sagte er / geschiehet dieses am grühnen holtze / was wird am dürren geschehen? Job ist schlecht und recht; er ist Gottesfürchtig; er meidet das böse: und hierinnen hat er seines gleichen nicht. Gleichwohl hat ihm ein so gar großes unglük begegnen müssen. Gleichwohl ist ihm ein so unerträgliches kreutz aufgelegt worden. Ach! wir arme Menschen / was seind wir? Mus der frömmeste also leiden; was / werde dan ich / und einander / die wir lange so from nicht seind / leiden müssen? Doch was wil ich sagen? Es ist ein zeichen / daß Gott ihn herzlich liebet; weil er ihn so väterlich züchtiget. Dan es ist einmahl gewis / daß wir schweerlich anders / als durch viel trübsaal / und zeitliches leiden / zur ewigen freude gelangen können. So mus es sein. Darzu seind wir in dieser zeitligkeit bestimt. Ich habe das meinige auch erfahren. Meine seelige Liebste hat kreutzes und leidens genug / und ich [333] ihrentwegen /ausgestanden. Meine liebe Assenat. Hier blieb die rede stekken. Weiter konte sie nicht fort. Der schmertz hämmete die zunge. Endlich folgeten die trähnen / welche strohmsweise über die wangen flossen.

Die tafel zum abendessen war schon gedekt. Die speisen warden aufgetragen. Aber den Schaltkönig hatte der schmertz so eingenommen / daß er nicht essen konte. Darüm befahl er seinem Sohne Efraim /und seinem Bruder Benjamin / die eben bei ihm waren / daß sie ihrem angelangten Bluhtsfreunde geselschaft halten solten. Er inzwischen begab sich zu bette / nachdem er gegen seinen gast sich zum besten entschuldiget. Efraim begleitete ihn in sein schlafzimmer: da er ihm / im scheiden / abermahl befahl /dem Gaste zu sagen / daß er auf den morgenden tag ihm selbst geselschaft zu halten verhofte.

Aber Josef / es sei / daß das schrökken über das unglük des Jobs / oder der schmertz über das andenken seiner lieben Assenat ihn übermeistert / brachte die gantze nacht schlafloß zu. Und darbei war er so schwach / daß er kaum luft zu hohlen vermochte. Ja sein hertz befand sich anders nicht / als zwischen zwei bretern eingeklämmet. Er vermeinte zwar als der tag angebrochen / aufzustehen. Aber er war so mat /daß er nicht konte. Seine Leibärtzte warden gehohlet. Diese urteileten von stunden an aus seinem wesen und schlage / daß diese machtloßheit aus einer heftigen gemühtsbewegung herrührete: welche das hertz und heupt verletzet. Darüm verordnete ihm der eine straks etliche Hertzartzneien. Der andere verschrieb ihm einige Hauptmittel die verunruhigten sinnen zu besänftigen / und den schlaf zu erwekken. Diese tähten zwar ihre würkungen / so viel sie in einem alten und schwachem leibe vermochten. Der Schaltkönig fühlete zwar einiger maßen linderung. Das hertzklopfen verlohr sich. Die ohnmächtigkeit lies [334] nach. Der schlaf fand sich wieder. Doch gleichwohl hatte er so viel kräfte nicht / daß er aufstehen konte. Auch vermochte der Magen keine speise anzunehmen.

Zween tage lang blieb er ohne einige nützung der speise liegen. Endlich richtete ihm der Magenartzt auch eine Magenartznei zu. Diese würkke so viel /daß er lust bekahm zuerst ein Hühnersüplein einzuschlurfen: darnach auch vom Hühnlein selbsten zu essen. Doch meist behalf er sich mit Mandelmüsern. Hierdurch bekahm er so viel kräfte / daß er am fünften tage sich aus dem bette erhub / ja selbsten seinem Gaste bei der tafel geselschaft hielt. Aber diese erhohlung der kräfte währete nicht lange. Kaum konte er so lange sitzen / als die mahlzeit währete. Sobald die Tafel aufgehoben war / muste er sich wieder legen. Seine schwächligkeit wolte nicht gestatten länger aufzubleiben.

Der König hatte mitlerweile des Schaltköniges unbåsligkeit zu wissen bekommen. Straks färtigte er den Reichskantzler ab ihn zu besuchen. Und als er verstund / daß gefahr darbei were; da schikte er auch zween seiner Leibärtzte zu ihm. Diese solten zusehen / ob die gefahr so groß sei / als er gehöret. Nach eingezogenem berichte / besuchte er den Kranken selbst. Zwo gantze stunden währete dieser besuch. Der König bezeugte sein hertzliches mitleiden: und Josef seine schuldigste dankbarkeit. Nach volendeten höfligkeiten ward befohlen / daß iederman hinausgehen solte. Hierauf fing der König straks an von Reichsgeschäften zu reden. Allerlei worte / und wiederworte fielen vor. Endlich ersuchte er den Schaltkönig / daß er seinen letzten Willen / entweder selbst / oder durch einen vertrauten / aufsetzte. Dan / sagte er / ihr seid nunmehr hochbejahret. Das alter schwächet eure kräfte. Hierzu ist diese krankheit gestoßen. Leichtlich möchte noch ein anfal darzu kommen / der euch plötzlich aus unsern augen rükte. Darüm ist [335] mein begehren / daß ihr bei zeiten anordnung tuht / wie es nach eurem hintritte / in einem und dem andern / was den Staht und desselben beherschung betrift / sol gehalten werden. Bei euch beruhen alle geheimnüsse des Reichs. Ihr allein habet wissenschaft von den verborgnesten sachen des Stahts. Von euch allein auch haben wir einen guhten raht zu gewarten.

Weil nun Josef dieses alles schon lange versorget /so gab er folgende antwort. Die gantze verfassung /sagte er / ist vorlängst geschehen. Ich selbsten habe sie mit eigener hand aufgesetzt. Und darbei seind etliche Beilagen; die der König / zu seinem nachrichte /vor sich allein und in geheim behalten sol. Gestern habe ich alles meinem Sohne Efraim wohlversiegelt zugestelt. Dem ist auch befehl geschehen / solches dem Könige / so balt meine seele von mir geschieden / in geheim zu überreichen. Der König verlangte sie zu sehen / sonderlich die Beilagen; damit er vomJosef selbsten noch einige erklährungen darübereinziehen könte. Straks ward hingeschikt / sie zu hohlen. Efraim brachte sie selbsten. Der König empfing sie aus seiner hand. Er entsiegelte sie / und lase sie durch. In den Beilagen stunden etliche heimligkeiten des Stahts; sonderlich wie der König sein freimächtiges gebiet erhalten solte. Auch ward darinnen weitleuftig erklähret / durch was mittel und wege Josef die königliche macht zu solcher freiheit gebracht. Alles gefiel dem Könige überaus wohl. Er dankte dem Josef vor seine so getreue vorsorge: welcher auch noch zum überflusse sein gantzes Rahtsbedenken mündlich wiederhohlte / und mit deutlichern reden erklährete. Hierinnen schöpfte der König eine solche vergnügung /daß er auch unersuchet und aus eigenem triebe demJosef die hand zureichte / und mit einem hohen eidschwuhre versprach / daß er solches / nach seinem tode / an seinen Kindern vergelten / und sie befördern / und beschirmen wolte / wo [336] und wan sie seiner beförderung und beschirmung benöhtigt. Der Schaltkönig bedankte sich vor solche hohegnade: als auch / daß der König sich so weit erniedriget / seinen Diener zu besuchen. Und hiermit geseegneten sie einander; und der König begab sich wieder auf die Burg.

Vor dem Schaltköniglichen Schlosse hatte sich indessen eine große mänge volkes versamlet. Niemand wuste / was es bedeutete / daß der König den Josef besuchete / und sich so lange bei ihm verweilete. Der eine urteilete dis / der andere das. Man stekte die köpfe zusammen. Man führete wunderliche reden. Der Schaltkönig hatte sich sonsten fast alle tage auf der Burg befunden. Aber in acht tagen war er alda nicht gesehen: auch nie auf der gasse vernommen. Etliche tage nacheinander waren die Aertzte bei ihm aus- und ein gegangen. Auch hatte man zween königliche Leibärtzte vor etlichen stunden aus seinem Schlosse kommen sehen. Aus allen diesen begäbnüssen muhtmaßeten die meisten / daß ihr Schaltkönig krank sei. Und in solcher muhtmaßung warden sie noch mehr gestärket / als sie den König trauriger / dan er pflegte / wiederkehren sahen. Ja das alberne einfältige volk wolte selbst aus dem langsamen tritte der königlichen Pferde einige traurigkeit schliessen. Sehet doch! sagten etliche / wie die unvornünftigen tiere so traurig gehen / wie sie die köpfe hängen laßen. Gewislich müssen sie es märken / daß der Versorger / der Verpfleger / der Heiland des gantzen Egiptens krank ist. Ja die alten Mütterchen fingen schon an zu weinen. Die kinder folgeten; wiewohl sie nicht wusten warüm. Man sahe ein erbärmliches wesen. Die nicht weineten / seufzeten und ächzeten: und die keines von beiden tähten / gaben gleichwohl / durch ihre hinlässige gebährden / ihre traurigkeit anugsam an den tag. Nunmehr gleubeten alle / daß Josef krank sei: ja etliche gar / daß er schon gestorben. Und diese machten [337] den tod des Schaltköniges straks durch die gantze stadt ruchtbar. Dis gerüchte lief so eilend von hause zu hause / daß es auch endlich selbst in des Manasse schlos drung. Dieser erschrak über alle maße. Ja er geriet dergestalt aus sich selbsten / daß er zuerst nicht wuste / was er tuhn solte.

Mitlerweile kahm Efraim an. Der berichtete / daß eben itzund der König selbsten ihren Vater besuchet. Da fassete Manasse wieder muht. Doch gleichwohl lag ihm dieser falsche ruf so fest in den gedanken /daß er nicht eher ruhen konte / er hette dan seinen Vater selbst gesehen. Geschwinde lies er anspannen. Eilend setzte er sich mit seinem Sohne Machir / der eben bei ihm war / zu wagen. Straks eilete er nach dem kranken Vater zu. Nicht hastig genug konten ihm die pferde gehen. In einem hui gelangte er vor dem schlosse an. Da fand er alles vol menschen. Nicht allein die gassen waren erfüllet / sondern auch die heuser rund herüm. Kaum konte er durch das gedränge hin kommen. Nährlich konte der wagen das tohr erreichen. Manasse verlangte ie mehr und mehr. Des Schaltköniges Leibwächter warden seiner gewahr. Die machten ihm raum / und trieben den drang zurük. Also gelangte er endlich in das schlos. Das erste / das er fragte / war dieses: ob der Vater noch lebte? so zweifelhaftig war er in seinen gedanken.

Als er nun in die kammer traht / da fand er den Schaltkönig sehr schwach. Kaum konte er sich nur etwas aufrichten seinem Sohne die hand zu bieten.Manasse fragte zur stunde: wie es mit seiner krankheit beschaffen? Ach! gab Josef zur antwort / sehr übel. Vor einer halben stunde befand ich mich zimlich wohl. Aber diesen augenblik bin ich so schwach worden / daß ich kaum ahtemen kan. Ich märke wohl /daß sich meine Sterbestunde nahet. Wo ist doch mein Sohn Efraim / und mein Bruder Benjamin? Laßet sie flugs hohlen. Nicht lange darnach erschienen sie beide / samt ihren Kindern. [338] Da wiederhole Josef eben dieselben worte / die er zuvor in seinen gesunden tagen / zu ihnen gesprochen. Auch fügte er noch mehr hinzu. Sonderlich aber ermahnte er sie zur Gottes furcht / und zur unterlichen einigkeit. Endlich gab er allen den seegen: und hiermit strekte er seine füße aus / und verschied so sanfte / daß er ausging / als ein licht. Dieses begab sich im 110 jahre seines alters /im 80 seines Fürstentuhms / im 61 nach seiner liebenAssenat tode / und im 55 nach seines Vaters Jakobs / als er eben 93 jahr in Egipten gewesen.

Straks hierauf warden reitende bohtschaften ausgeschikt den übrigen Kindern Israels zu Heliopel / und im gantzen Lande Gessen / den tod ihres algemeinen Vaters Josefs anzumelden; damit sie ihn gebührender maßen betrauten möchten. Und hierdurch erschol der ruf durch das gantze Egipten. Plötzlich lief er von ländern zu ländern / von städten zu städten / von heusern zu heusern / bis er endlich das gantze Reich erfüllete. Da erhub sich überal ein großes trauren / ein heftiges klagen / ein erbärmliches jammern. Das gantze Israel beweinte den Josef / als seinen Vater / als seinen Ernährer / als seinen Beschirmer. Und die Egipter gaben ihnen nichts zuvor. Sie betraureten ihn sämtlich / als einen Vater ihres Vaterlandes / als einen Erhalter und Vermehrer ihrer Wohlfahrt / als einen Stifter so vieler heilsamer Satzungen. Ja die Armen bejammerten ihn / als ihren Versorger: die Bedrängten / als ihren Nohthelfer / und Erretter: die Bauren als ihren Lehnverpfleger: die Bürger / als ihren Friedeschild: die Stahtsleute / als ihr Auge und Oberheupt: der Adel / als seine Stütze: die Fürsten /als ihre Krohne. Selbst der König betrauerte ihn / als die edleste / die köstlichste Perle / die von seiner Krohne gefallen.

Und also nahm das gantze Egipten / samt dem gantzen Israel / die trauer an. Von hertzen waren sie betrübt. Mildiglich vergossen sie die trähnen. Jederman [339] kärmete. Jung und alt weinete. Selbst die kleinen kinder schienen diesen tod zu bejammern. Es ist auch kein wunder. Josef war ein Herr / dessen Tugenden eben so unvergleichlich / als sein Glük wunderseltsam / gewesen. Er führte / in seiner großen gewalt / ein gantz untadelhaftes leben. Er lies iederman recht und gerechtigkeit widerfahren. In seinem grösten glükke /und höchstem ehrenstande überhub er sich keines weges. Vielmehr war er niedrig und demühtig. Ja er war überaus langmühtig / überaus sanftmühtig / über aus barmhertzig. Er hatte mitleiden gehabt mit allen Egiptern / eben als mit seinen eigenen gliedmaßen. Er hatte ihnen alles guhtes bewiesen. Mit raht und taht hatte er ihnen geholfen. Die algemeine wohlfahrt hatte er über alle maße vermehret: das Reich in geruhigem frieden allezeit erhalten: des Königes macht über alles erhoben; und doch darbei der Untertahnen bestes niemahls verseumet.

Fast auf eben dieselbe weise / wie man die Assenat balsemen laßen / ward Josefs Leiche gebalsemet: auch eben also ausgezieret / und in einen köstlichen sarg geleget. Als dieses alles verrichtet war / folgete das Leichengepränge. Die Leiche ward auf einem gantz versilbertem wagen geführet. Diesen zogen vier pferde / mit einem überzuge von weissem seidenem zeuge / der / über die füße hin / bis auf die erde hing /bekleidet. Hinter dem Leichenwagen her ritte sein Hofmeister / mit einer güldenen Krohne in der hand. Hierauf folgete der Mahrschalk / mit einem Reichsstabe / gleichmäßig zu pferde. Diesem ritte nach ein Kammerjunker mit des Schaltköniges Schwerte. Hierauf kahmen seine zween Söhne / Manasse und Efraim / mit ihren Söhnen: und dan Josefs Brüder / die noch bei leben waren. Auf diese weise ward des Schaltköniges Leiche nach dem Grabmahle zu / das er ihm selbst bauen laßen / geführet / und alda beigesetzt. In eben demselben Grabmahle blieb sie eine lange zeit stehen. Aber endlich ward sie von dannen in die Königliche [340] [342]Schatzkammer gebracht. Dan die Zeuberer und Zeichendeuter hatten dem Könige gerahten / daß er ja zusehen solte / sie wohl zu verwahren. Wan er solches nicht tähte / und Josefs Leichnam aus Egipten tragen liesse; so würden große plagen über die Egipter kommen / ja eine so dikke fünsternüs das gantze Egipten überfallen / daß keiner den andern / selbst bei brennenden lichtern / würde sehen können. Zudem hatte man aus gekundschaffet / daß Josef vor seinem absterben selbst befohlen / seinen Leichnam in das Land Kanaan zu tragen; auch darbei von eben derselben fünsternüs geweissaget.

Nach Josefs seeligem hintritte vermehreten sich die Kinder Israels in kurtzen jahren dermaßen / daß sie in ihren städten / welche sie bisher gehabt / nicht raumes genug fanden zu wohnen. Und darüm muste man noch etliche neue bauen. Ja die Mütter in Israel gaben den Egiptischen nichts zuvor. In einer einigen tracht brachten sie zu weilen vier / sechs / ja acht kinder zur welt. Und diese große fruchtbarkeit veruhrsachte das stähtige trinken des Nielwassers: welches die Aekker und Leiber nicht allein fet / sondern auch so fruchtbahr machte / daß beide so überaus reichlich früchte trugen. Man pfleget den Flüssen sonsten gemeiniglich den nahmen Vater zu geben. Aber keinem scheinet solcher nahme so rechtmäßig und so eigentühmlich zuzukommen / als dem Niele: der so ein reicher fruchtbarer Vater und Erzieler ist nicht allein der Erdgewächse / sondern auch der Menschen / daßEgipten darinnen schier alle Reiche der Welt übertrift. Und eben darüm war auch sein wasser in solchem währte / daß man es iederzeit als was heiliges verwahret / ja als ein sonderbahres geschenk / in ferne länder den Gewaltigsten der Welt zugeschikt. Ich wil mehr sagen / seine große fruchtbarkeit hat auch den alten Egiptern selbsten anlaß gegeben / daß sie ihremNiele / wie wir droben gemeldet / Göttliche ehre angetahn / und so vielerlei ehrennahmen gegeben.

[342] Wir haben schon in etwas berühret / daß die abergleubischen Egipter ihren Josef / da er noch lebete /göttlich geehret: wiewohl in geheim und in der stille; weil er es selbsten so ernstlich verbohten. Aber dieses Verbot schien / nach seinem tode / verjahret zu sein /und nichts mehr zu gälten. Ihre gemühter waren ihm dermaßen zugetahn / daß sie ihn nunmehr öffendlich gantz und gar vor einen Gott aufwarfen. Sie baueten ihm zu ehren Götzenheuser; sonderlich zu Memfis. Ihm zu ehren richteten sie Götzenbilder auf. Diese bähteten sie an. Hiervor fielen sie nieder; und ehrten sie als Götter. Diesem neuen Gotte musten alle die alten Abgötter weichen. Die ehre / ja die nahmen die sie jenen gegeben / eigneten sie nun diesem zu. Er ward der ansehnlichste / der fürnehmste / der höchste unter allen. Damit auch der nahme Josef selbsten üm so viel herlicher und göttlicher schiene / so veränderten sie ihn: sie setzten die buchstaben üm; sie verwechselten sie mit ihren verwanten / und machtenApis daraus. Eben dasselbe tähten sie auch mit dem Nahmen Assenat: den sie so verzwikten und so verwandelten / daß sie nur desselben fürnehmsten grundbuchstaben s behielten / und Isse / darnach Isis daraus machten.

Josef hatte dem Reiche fürnähmlich dreierlei Guhttahten erwiesen. Erstlich hatte er den Königlichen zweifachen Traum gedeutet: an dessen deutung dem gantzen Stahte so sehr viel gelegen. Darnach hatte er einen so heilsamen raht gegeben: und dan alle Egipter so weislich und treulich versorget; indem er ihnen vorraht und lebensmittel verschaffet. Diese dreifache wohltaht abzubilden schien kein füglichers sinbild zu sein / als der Ochse / aus des Königes Traume; als auch die Kornahre / aus eben demselben. Beides hatte ihnen Gott selbst gleichsam vorgeschrieben. Und darüm eigneten sie jenes / nähmlich den Ochsen / dem Josef zu: und dieses / nähmlich die Kornahren / der Assenat / mit dem nahmen Isis. Unter andern war es auch kein wunder / daß [343] beiderlei Götzendienst sich so bald ausbreitete / und solche tieffe wurtzeln in den abgöttischen hertzen der Egipter gewan. Die Assenat war eine Tochter / ja noch darzu eine einige Erbin des algemeinen Egiptischen Ertzbischofs. Und Josef war ihr vermählet. Er war des Ertzbischofs Eidam gewesen. Darzu hatte er der Priesterschaft überaus viel gunst und wohltahten erwiesen. Und eben darüm trieben die Priester / die auch das meiste darbei vermochten / das werk mit gantzer macht fort. Mit allem eifer strebeten sie darnach / so wohl dem Josef / als der Assenat / eine ewige Göttliche ehre zu stiften. Hierzu half auch nicht wenig der alte Ertzbischof selbst: und desselben nahe verwandschaft mit den mächtigsten des Reichs / ja mit dem Könige selbsten.

Es war ohne dis bei den Egiptern der gebrauch /daß sie das gedächtnüs ihrer Wohltähter mit zugeheiligten Sinbildern erhielten. Sie waren gewohnet ihren Nahmen hierdurch zu verewigen / ja zu vergöttlichen /und auf die spähte Nachwelt fortzupflantzen. Und solches geschahe alhier / aus itzt erzehlten uhrsachen /üm so viel mehr / üm so viel eifriger / üm so viel herlicher. Ja üm der Assenat willen / widerfuhr demJosef üm so viel grössere ehre: wiewohl sie üm seinetwillen auch nicht wenig mehr ehre bekahm. Eines half dem andern. Eine uhrsache stärkte die andere. Und also erlangten beide die höchste ehre: welche /wiewohl nur etliche hundertjährige zeiten im götzendienste / nunmehr über die dreitausend dreihundert jahre gewähret / ja noch währen wird / so lange die welt stehet. Mit einem worte: die ehre / der ruhm / das lob des Josefs und der Assenat seind / mitten in der zerstöhrung des Ebreischen und Egiptischen Stahts /geblieben bis hierher / und werden auch bleiben bis alles Irdische sehen wird sein endliches


Ende.

Kurtzbündige Anmärkungen

[344] Kurtzbündige Anmärkungen;

darinnen etliche dunkele örter / und Götzennahmen /die in hiesiger der Assenat Verfassung vorfallen /erklähret; und die Zeugnüsse so wohl der Heiligen

/ als unterschiedlicher anderer Schriften / daraus

dieselbe zusammengeflossen / zu ihrer bewährung

/ angeführet / auch zugleich vieler

widrige meinungen dargetahn

und erwiesen

werden.

[345][347]

Anmärkungen.

Zu des ersten blats ersten zeilen.


Wie man den drei lustigsten und gleichsam vor andern blühenden mittelsten / und straks aufeinander folgenden Mohnden unserer jahre gemeiniglich die drei fürnehmsten Bluhmen zueignet / nähmlich dem fünften die Rosen / dem sechsten die Liljen / dem siebenden die Näglein; weil eine iede dieser Bluhmen in einem / als ihrem eignen / derselben Mohnden am ersten oder meisten zu blühen pfleget: so haben wir auch diese Mohnden selbst / einen ieden / nach seiner zugeeigneten Bluhme / benahmet. Nähmlich den ersten benahmen wir den Rosenmohnd; den Karl der Große den Wonnemohnd / der Sternschauer / nach seinem eigenen Sternzeichen / den Zwillingsmohnd /und die gemeine gewohnheit den Mai- als auch den Blüh- oder Bluhmen-mohnd nennet: den andern denLiljenmohnd; den wir auch anderwärts denSommermohnd / vom beginne des Sommers in demselben / als auch den Kräbsmohnd / vomKräbse / dem so genenten vierden Stern- oder himmels-zeichen des Tierkreuses / welches in dieser mohndzeit die sonne durchlauffet / benahmet: und dan den dritten den Nägleinmohnd; den man auch / nach seinem zugeeigneten Sternzeichen / wie er anders gemeiniglich / vom heumachen in demselben / derHeumohnd heisset / den Leuenmohnd nennen känte. Sonsten führet der mittelste von diesen dreien gemeiniglich den nahmen des Brachmohndes / vom blossen brachen und ümpflügen der äkker / das in diesem mohnde geschiehet. Und wie die Lateiner den nächst [347] vorhergehenden von der Maja / des Merkuhrs mutter / πξὰ τὸ μαίεσϑαι oder vielmehr à Majoribus, das ist den älteren oder mächtigern und grössern /Majus heissen: also heissen sie auch diesen / von der Abgöttin Juno / oder vielmehr von den jüngern oder der jugend / à juvenum sive juniorum honore, Junius; als sagte man der Jugendmohnd / oder derJünglinge mohnd / Juvenum sive juniorum, aut Juventæ deæ mensis. Junonius mensis wird er auch vom Festus / und von andern Junonialis genennet.Juno selbsten sagt bei dem Ovidius / im ersten seiner Jahrbücher:


Nec tamen ignores, vulgique errore traharis:

Junius à nostro nomine nomen habet.


Die uhrsache der also geschehenen benahmung dieser zween mohnden zeiget Makrobius an: nähmlich weil Romulus / der stifter und uhrhöber der stadt Rohm /das Röhmische volk in Aeltere und Jüngere / oder Grössere und Kleinere / damit jene mit raht / und diese mit taht / das ist mit waffen / dem Stahtswesen behülflich weren / geteilet; so habe er nachmahls /diesen zwei teilen zu ehren / gemelten zween Mohnden solche nahmen gegeben. Fluvius Nobilior, schreibt er l. I Saturnal cap. 12, in Fastis Romulum dicit, postquam populum in majores, minoresve seujuniores divisit, ut altera pars consiliis, altera armis rempublicam tueretur, in honorem utriusque partis, hunc Majum, sequentem Junium mensem vocâsse. Daher sagt auch Ovidius an obangezogenem orte:


Junius est Juventum; qui fuit ante, Senum.


Es ist aber das Wort Junius aus Juvenius zusammengezogen; wie Junior aus Juvenior welches von Juvenis, und dieses scheinbahrlich von juvo, das ist ichhelfe / entsprungen. Hiervon schreibet Kristian Bekman in seinen Grundforschungen der Lateinischen[348] sprache also: Sed Juvenis, νεαρὸς unde? Fortè àJuvo – an possis aliunde, in incerto situm. Ut ita Juvenis sit vegetus, promtus ad laborandum, aut juvandum. Unter den Griechen scheinen die Atehner diesen mohnd auch von βαιὸς das ist klein / εκατομβαιὼν genennet zu haben. Bei den Beoziern aber hies er ἱπποδρόμιος, das ist Rosspielmohnd / der mohnd des Roslaufs / darinnen die Renspiele gehalten warden; wie Plutarch bezeuget: bei den Mazedoniern δέσιος, der Bindemohnd / wie Suidas meldet: bei dem Galenus / und Josef dem Jüdischen Geschichtschreiber λωὸς, als sagte man der bessere mohnd /oder der mohnd nach hertzens wundsche; welches wort die Mazedonier ebenmäßig gebrauchten: bei dem Plutarchen κρόνιος, der Saturnsmohnd: bei den Egiptern / wie etliche wollen / παυνὶ; welchen nahmen Ptolomeus / wiewohl andere bayne schreiben /gebrauchet: und bei den Ebreern ןומת.

Wan dieser mohnd / darinnen sich die sonne von ihrer höchsten höhe wieder zurük / nach untenzu / gewendet / und gleichsam kräbsgängig worden / vorbei ist; dan fänget der Niel in Egipten zu wachsen an. Seneca l. 4 quæst. natural. C. 2.: Natura ita disposuit, ut Nilus solstitio æstivo incipiat inundare Ægyptum, & æquinoctio auctumnali desinat.


Zur 5 / 6 / und 7 Zeile.


Durch den Osiris / als welchem die Egipter / unter andern / die gühtigkeit der Sonne zueigneten / verstehen wir auch alhier die Sonne: und durch die Isis das sternzeichen der Jungfrau; darnachzu die Sonne /durch den Leuen / lief / als Josef in Egipten ankahm. Hiervon kan gelesen werden unser Dichterischer Sternhimmel / Cœlum Astronomico-Poëticum, in Virginis signo: Vossius de Idololatr. P. 355.


[349] Zu der 9 zeile des 1 blats.


Memfis / die werkstat der Götter / und fruchtbare mutter der ungeheuren bauwerke / eine sehr berühmete Egiptische hauptstadt / da die Könige eine zeit lang ihren sitz gehabt. Athanasius Kircherius Oedipi Ægypt. Part. I, pag. 26, 27. Ihr eigendlicher Egiptischer nahme war Monf / wie der Ebreer Balmis meldet / oder vielmehr Momf oder Momft; welches / wie es der Araber Abenef erklähret / Gott des wassers /oder das wasser Gottes oder des HERrn bedeutet. Daraus haben nachmahls die Griechen den noch gebreuchlichen nahmen Μέμφις; und die Ebreer ihr Mef oder Mof ףומ, oder Nof ףונ, Ptolomeus schreibet im 5 h. Des 4 b. Nofet) gebildet: bei denen diese stadt sonsten auch Migdol / das ist ein Turn / ja zuweilenMafes / und Mizraim / nach ihrem ersten stifter /heisset. Eben gemelter Kircher meldet / in seiner Egiptischen Landbeschreibung am 27 bl. daß Hams sohn Mizraim sich / mit seinen leuten / nach der sündfluht zum allerersten in diese gegend begeben; und seine gezelte / auf den hügeln üm Memfis herüm / weil das übrige land nach der see zu meistenteils noch unter wasser lag / auf geschlagen. Als aber nach der zeit die ümliegende gegend trukner und wohnbahr worden / habe er alda die erste stadt / die er nach seinem nahmen Mizraim / gleichwie auch endlich den gantzen landstrich / genennet / am ufer des Niels gestiftet. Hierzu fügt er / daß man zuletzt dieser stadt /als man gesehen / daß sie / mit dem ümliegenden lande / durch den Niel / ie länger ie fruchtbarer worden / den nahmen Monft oder Momfta / das ist das wasser Gottes / als wolte man sagen die stadt des wassers Gottes oder des Niels / gegeben. Herodotus bezeuget in seiner Euterpe gleichmäßig / daß der erste Egiptische König Menis oder Μνεῦις, der niemand anders / [350] als Mizraim / ist / gemelte stadtMemfis gebauet. Eben dasselbe schreibet auch Promisius im Ebreischen Wortbuche dem Mizraim zu. Aber Robert Steffan / in seinem Wortbuche der eignen nahmen / nennet ihren stifter Ogdous: welches vielleicht des Mizraims zunahme gewesen. Seine eigene worte seind diese: Memphis, Ægypti urbs, quam Ogdous rex Ægypti condidit, ambitus stadiorum centrum & quinquaginta, urbem omnium Ægypti præclarissimam opportuniori totius ejus oræ loco, ubi Nilus in plures sicissus partes, efficit formamDeltæ. Quo fit, ut tanquam in Nili claustro posita aditum præbeat, prohibeatque ad superiora loca navigantibus, etc. Unde & posteri reges ferè omnes, relictis Thebis, eam sibi regiam delegerunt; ut scribit Diodorus Siculus l. 2. Hodie Alcairum vulgò vocant. Daß aber etliche wollen / Epafus / der Jo sohn /den sie auch vor den Egiptischen Abgott Apis halten /habe die stadt Memfis gebauet / und nach seiner gemahlin / eines Egiptischen Königes tochter / nahmen also genennet; das streitet gantz und gar wider die geschichte der Egipter. Und hiervon kan Herodotus im 2 und 3 b. Eliahn im 10 h. des 11 b. seiner Tieregesch. und Vossius vom uhrsprunge der Abgötterei am 113 / und 215 bl. gelesen werden.

Sabellikus / Postellus / und andere meinen / daß das heutige Alkair / welches itzund des gantzenEgiptens hauptstadt ist / eben dasselbe uhralte Memfis sei. Aber sie irren: weil Memfis und Alkair wohl drei meilen / wie der Ebreer Benjamin in seinem Reisebuche bezeuget / voneinander / und jenes / nach Herodotus und der meisten Alten zeugnüsse / auf der abendsette / dieses aber auf der morgenseite des Niels gelegen. Ja noch mehr irren dieselben / welche das alte Egiptische Babilon / das vom Deltischen ekke nur 14 oder 15000 schritte lag / wie Strabo meldet /dessen verfallene stenhauffen man auch noch itzund auf der ostseite [351] des Niels siehet / mit dem mehrgemelten Memfis vermischen / und vor eine stadt halten wollen: da doch des letzteren verfallene schütte / samt desselben übriggebliebenen Grabspitzen / auf der abendseite des Niels / nach dem rohten Meere zu /recht gegen Alkair über / gesehen werden; auch der aus Memfis verzwikte nahme Menchis / wie Postellus meldet / alda noch itzund zu finden. Dieser Po stellus nennet es / in seinen Morgenländischen Geschichten / Mitzir / Fostat / Nitzrulatik. Mitzir und Missir heisset das heutige Alkair / auch bei den Türken; und bei den Arabern Mizir und Mazar oderMaser / רצמ; auch Massar bei den Armeniern: welche nahmen alle aus Mizraim / oder dieser vielmehr aus jenen gebildet. Bochardus in Phaleg. p. 293. Die Kaldeer aber nennen es Alchabir: daraus Alkair gebildet zu sein scheinet. Doch meldet Marmol / daßAlkair ein Arabisches wort sei / aus elkahira / das ist eine versamlung oder klostergeselschaft. Und andere fügen hinzu / daß diese stadt / welche zuvorMezere oder Mesre geheissen / solchen nahmen von einem darbei gelegenem Schlosse bekommen. Dieses schlos hette ein Stathalter des Königes Mohes nahe darbei wider die feindlichen einfälle gebauet / und nach der Königin nahmen Kairet genennet: dergestalt daß nach der zeit auch die nächstgelegene stadt selbsten denselben nahmen Kairet / der endlich in Kairo oder Alkair verändert worden / bekommen / und ihren alten Mesre algemach verlohren. Auch hat das obgemelte Egiptische Babilon selbsten / wie Strabo meldet / seinen anfang von einem schlosse desselben nahmens / welches die hierher gezogenen Babilonier gestiftet / bekommen. Und wiewohl es mit der zeit zerstöhret worden / so hat sich doch nachmahls die unsern darvon gelegene neue stadt Alkair so weit /nähmlich auf 30 meilen in die runte / wie Beauvau meldet / ausgebreitet / daß sie itzund das alte Babilon in ihrem ümkreuse [352] mitbegreiffet. Daher schreibetBrokard sehr wohl: daß Babilon und Alkair zwo städte weren / aber in eine zusammengefüget. Ja daher wird auch Alkair von etlichen in das alte und neue geteilet. Durch das neue verstehen sie das eigendlich also genente Alkair / welches auch / nacht Marmols und Leons des Afrikers zeugnüsse / eine noch neue und junge stadt ist: durch das alte aber das Egiptische Babilon; davon der Jüdische GeschichtschreiberJosef im 5 h. des 2 b. meldet / daß es Kambises auf des alten Letuspels stelle gebauet. Dieses liegt itzund / wie Belloon und Peter della Valla melden / sehr wüste / und unbemauret; wiewohl ihm Krusius eine mauer von 24 meilen zuschreibet. In einer Kirche alhier / die den Griechischen und Armenischen Kristen zukomt / werden noch itzund in einem gewölbe etliche stüklein von den balken des hauses / darinnen die Jungfraumutter Marie sol gewohnet haben / auf dessen steinhauffen man auch diese Kirche gebauet / gewiesen.

Ob aber üm dieselbe zeit / als Josef in Egipten angelanget / der königliche Hof zu Memfis gewesen /wird von vielen in zweifel gezogen. Dan Dresserus setzet darvor / in seinen tausendjährigen Geschichten am 152 bl. die stadt Tanis / welche er 68 meilen von Hebron abgelegen zu sein schreibet: und Samuel Greiffensohn in seiner Geschicht vom Josef / die Stadt Tehbe; die aber alzuweit nach Mohrenland zu lieget. Robert Steffan in seinem Wortbuche der eigenen nahmen / Dezimator in seinem Schatze der Lateinischen Sprache / und viel andere mehr scheinen auch in der meinung zu sein: daß der Egiptischen Könige Hof eher zu Tehbe gewesen / und von dar erst nach Memfis / von Memfis nachmahls nach Alexandrien / und endlich nach Alkeir verleget worden. Weil aber die Geschicht der Assenat selbsten / welche die Ebreer verfasset / als auch Josefs letzter Wille / denen beiden [353] wir in unserer verfassung am sichersten zu folgen erachtet / bezeugen / daß dazumahl der Königliche Hof zu Memfis gewesen: so haben wir diese stadt billich vor allen andern behalten; zumahl weil sie bei weitem so fern von Heliopel / und demHeiligen lande nicht abgelegen / als Tehbe / und also unsere gantze geschicht wahrscheinlicher wird /wan wir den Königlichen Hof üm dieselbe zeit alhier gewesen zu sein schreiben. Zudem befinden wir / wie es auch die heilige Schrift nicht undeutlich anweiset /daß erst nach Josefs lebezeit / als t Moses aufkommen / die königliche Hofhaltung zu Tanis gewesen. Auch scheinet es / daß sie zu unterschiedlichen mahlen von Memfis weg / und doch wieder dahin verleget worden. Und also kan es wohl sein / daß die Könige /nach Josefs tode / ihren sitz von Memfis nach Tanis / und von dar wieder nach Memfis / ja endlich von hier nach Tehbe versetzet; weil die stadt Tehbe sehr spähte / und fast erst recht berühmt geworden zu sein scheinet / als der ruhm der städte Memfis / und Tanis abzunehmen begonnen.


Zu der 11 / 12 und 13 zeile.


Ehmahls pflegten die Egipter üm diese zeit des jahrs ein trauerfest zu halten / weil sie sahen / daß die Sonne sich von ihrer höchsten höhe / nähmlich aus dem sternzeichen des Kräbses / hinunter nach dem Steinbokke zu begab / und sich daher besorgten / sie würde sich gantz von ihnen entfernen. Achilles Tatius l. περὶ παντὸς, sive de universo: Quondam Ægyptii Solem videntes à Cancro ad Capricornum descendere, & longiores contrahere dies, lungere consueverant; veriti ne paulatim Sol eos relinqueret. Quod tempus incidebat in Jasiorum festum. Simulatque conscendere cœperat, ac dierum spacia producere; tunc albati eoronatique procedebant. [354] Aber nach der zeit haben sie die wahrheit mit mährlein vermischet: dergestalt daß sie itzund fürnähmlich das abwesen des Osiris beweineten; den Isis / ihrem wahne nach / mit großer hertzensangst suchete: wie Plutarch in seinem buche von der Isis und dem Osiris weitleuftig beschreibet.


Zur 18 und 19 zeile.


Durch den Hammelgötzen verstehen wir den alten Libischen Abgott Jupiter Hammon oder Ammon /Αμοῦν, wie ihn die Egipter nennen / das ist / den Sandichten Jupiter; wie es etliche nach dem Griechischen worte ἄμμον, welches sand heisset / erklähren wollen. Dan dieser Abgott sol seinem sohne Osiris /wie Nikolaus Perottus / Higinus aus dem Hermippus / Atenagoras im 5 b. von der liebe / und andere erzehlen / in der Libischen sandichten wüste / als ein Hammel gestaltet / erschienen sein: daher er auch nachmahls als ein Hammel oder Widder / oder mitHammelshörnern abgebildet ward. Wan wir aber diesen Hammon bei dem lichte besehen / so befinden wir / daß er kein ander gewesen / als der alte verfluchte Ham / des Noha sohn / und Mizraims vater / selbsten: den die Libier und Egipter / ja alle Afriker als einen Abgot geehret / und in einem schiffe / zum gedächtnüsse der Sündfluht / so oft sie ihn üm raht fragen wolten / wie Kurtz bezeuget / herüm getragen. Und wer mehr hiervon zu wissen begehret / der kan /in unsrem Dichterischen Sternhimmel / das Sternzeichen des Widders / dahin wir den Leser wollen gewiesen haben / aufschlagen.


Zu der 21 zeile.


Osiris war anders nichts / als des Hams sohn Mizraim oder Misorim / der erste Egiptische König [355] nach der sündfluht. Und unter diesem nahmen / der aus Misorim / durch versetzung der buchstaben / gebildet /wie bei den Heiden / wan sie ihre Wohltähter vergötlichten / gebreuchlich / ehreten die Egipter fürnehmlich die liebreiche Kraft der irdischen und himlischen dinge. Als erstlich die Sonne / so fern sie den liechtlosen Mohn erleuchtet / und das kalte Erdreich erwärmet: darnach den Niel / so fern er / durch seinen überlauf das trukne und durstige land tränket und fruchtbar machet; wie Seldenus erweiset. Und also war Osiris dort eine himlische / hier eine irdische Gottheit; ich wil sagen ein Sonnen- und Flusgötze: den sie ehreten / als andere Völker ihren Apollo oder Föbus /und Bachus oder Liber; indem sie ihm die erfindung des Weinbaues / und Gerstesäens / wie Augustien bezeuget / zuschrieben. Auch scheinet es / daß sie ihm den nahmen Osiris üm so viel lieber gegeben; weil sie gesehen / daß Osir vieläugig / welches sonst der Sone / die sie die einige Gottheit des himels nenten /zugeeignet wird / bedeutet. Dan die Sonne wirst ihre strahlen überal hin / und beschauet gleich als mit vielen augen den gantzen erdkreus / samt der see: daher auch Homerus / im 3 seiner Trojanerin / sie also anredet:


Ἡέλιος ϑ'ὅς πάντ' ἐφορᾷς, κὶ παντ' ἐπακούεις.


Das ist / o Sonne / die du alles siehest / und alles hörest. Und Eschiel sagt in seinem Prometeus; Καὶ

πανόπτην κύκλον ελιου καλῶ. Das ist / ich nenne ihn den Sonnenkreus / der alles siehet. Ja Osiris selbsten gab dem Ziprischen Könige Nikokreon / als er ihn fragte / was er vor ein Gott sei / folgende antwort:


Ειμὶ ϑεὸς, τοιος
μαθειν, οἷον κ᾽ ἀγὼ ἔιπω,
ὀυράνιος κόσμος κεφαλὴ, ὁ ἀσὴρ
ϑάλασσα,
[356]
γαια
μοὶ πόδες εἰσὶ, τὰ δ᾽ οὔατ᾽ ἐν αἰϑέρι κειται,
ομμά τε τηλαυγὲς, λαμπρὸν φάος ηελίοιο.

Das ist / Ich bin ein Gott. Aber ein solcher bin ich / wie ich mich selbst nenne. Die himlische welt ist mein heupt / das gestirn die see / die erde meine füße; aber meine ohren seind im himmel. Ich bin das Auge / das alles siehet / das gläntzende licht der Sonne. Und darüm haben sie auch dem Osiris /so fern er die Sonne bezeichnete / zum sinbilde einen Reichsstab mit einem Auge zugeeignet / der Sonne /die sie auch Jupiters Auge nenten / scharfsichtigkeit und macht / damit sie durch alles hindringet / anzudeuten. Macrob. Saturnal. l. I, c. 21. Pierius Hieroglyphic. p. 332, 545. Natal. Comes l. 2, c. 2. Vossius de Idololatr. Orig. & progressu p. 119, 198, 224, 316, 355, 422, 692, & 710, l. 2. Osiris quatenus naturale, non animale est numen, partim est cœlestis, & idem ac Sol: partim subcœlestis, & idem est achumor potabilis; quails aqua Nilotica. Ja sie nenneten den Osiris / so fern er die Sonne war / auch Sirius / und Sirus; welches sonsten des Hundesterns eigner nahme: wie Diodoor in 1 b. bezeuget. Suidas: Σεὶρ, Σειρὸς ὁ ἥλιος, καὶ Σείριος. Hesichius: Σείριος ὁ ἥλιος, καὶ ὁ τοῦ κίνος ἀσὴρ, das ist / Sirius heist die Sonne / und der Hundestern. Siris ward sonst auch der Niel genennet. Daher sagt Dionisius Afer:


Σιρις ὑπὠ Αιθιόπων κικλήσκεται. ὁι δέ Συήνης
ἐνναέται σρεφθέντι μετ᾽ οὔνομα Νειλον ἔθεντο

das ist / von den Mohren wird er Siris genennet. Aber die Siener haben ihm den nahmen Niel gegeben: vielleicht darüm / weil das wort Νειλος die zahl der 365 Jahrstage begreiffet; als Ν 50, Ε 5, Ι 10, Λ 20, Ο 70, Σ 200.

[357] Sonsten hatte dieser Abgott Osiris bei andern völkern noch überaus viel andere nahmen; welche zum teil Ausonius in seinem 29 kurtzbündigem gedichte folgender gestalt angezogen:


Ogygia me Bacchum vocat,
Osirin Ægyptus putat,
Mystæ Phanacen nominant,
Dionyson Indi existimant,
Romana sacra Liberum,
Arabica gens Adoneum,
Lucaniacus Pantheum.

Die Griechen nenten ihn gemeiniglich Bachus; und die Lateiner / seine fürtrefligkeit anzuzeigen / Liber, das ist Sohn / nähmlich des Jupiters. Beide nahmen haben einerlei bedeutung: und dieser scheinet von jenem entsprossen zu sein. Bachus Βάκχος ist aus שוכ רב Bar-Chus, das ist der Sohn des Chus, dessohns Hams / gebildet. Dieser war Nimrod / desNinus vater / der erste herscher zu Babilon: das bei den Alten des besten Weines wegen berühmet. καιρέας

ἐν Βαβυλῶνι οινον φησὶ γένε

καλούμενον νεκταρ ist / Chæreas autem Babylone Vinum dicit esse, quod Nectar vocant, sagt der von Atehn. Und darüm ist Nimrod / das ist Barchus / vor den erfünder und Abgott des weines gehalten worden. Sonst heisset er auch Belus: daher das Lateinische wort bellum, das ist Krieg / solentsprossen sein: weil dieser Belus oder Nimrod zum allerersten gekrieget / oder vielmehr zum allerersten / wie Higinus im 274 lehrgedichte angezeichnet / im kriege den degen geführet; da die Egipter und alle Afriker zuvor mit prügeln gefochten. Bei den Kaldeern heisset Nimra, ארמנ ein Tiger; welches auf den nahmen Nimrod spielet. Daher warden dem Barchus oder Bachus die Tigerfelle zum[358] kleide / und die Tiger selbsten seinem wagen zugeeignet. Eben also waren Lusus und Lysa, von denen Lusitanien / anders Portugal / sol genennet sein / desBarchus / gefährten; wie Plinius aus dem Varro im I h. des 3 b. fürgiebet. Lusum enim, schreibt er / Liberi patris, ac Lysam cum eo bacchantem, nomen dedisse Lusitaniæ, & Pana præfectum ejus universæ, i.E.Spaniæ. Dieses hat er ohne zweifel aus den mährlein der Fönizier: welchen wohl bekant war / das זול luz bei den Ebreern und Sirern / eben wie Laus bei den Arabern / ein mandelbaum / auch eine mandel heisset; daher sie durch solches gedichte andeuten wollen / wie sehr wohl sich die Mandeln zum Weine schikken. Eupolis sagt / bei dem von Atehn / im 2 buche:


Δίδου μασᾶ
, Ναξἰας ἀμυγδάλας,
ὀινόντε πίνειν Ναξίων ἀπ᾽ ἀμπέλων

das ist / gib zu essen der Naxier Mandeln / darnach schenke Wein von Naxischen weinstökken. Nähmlich weil die bittere Mandeln / welche sonsten auch das luhmichte Nielwasser / zerstoßen und darein geworfen / in einem tage klahr und trinkbar machen /der trunkenheit widerstehen; wie die Aertzte einhällig bekräftigen. Dioskorides schreibet im 1 b. von den mandeln / und Plinius im 8 h. seines 2 b. man sol ihrer fünfe vor dem trunke geniessen. Fast eben dasselbe bezeuget Avizenna im 2 b. von den Mandeln; als auch der von Atehn / und Plutarch / im 1 seiner Fragestükke / mit der geschicht von des Drusus Artzte. Auch wil der Mandelbaum bei dem Weinstokke so gerne stehen / daß man die Mandelbeumlein / wie Teofrast bezeuget / unter die weinstökke zu pflantzen pflegte; weil sie ihnen gantz nicht schädlich / indem sie mit weniger nahrung vergnüget / zeitlich früchte tragen / [359] und wenig schattens von sich geben. Weil nun זול lus bei den Ebreern einen Mandelbaum / mit der frucht zugleich / eben wie das sonst gemeinere דקש saked, bedeutet; so bin ich verwundert / warüm etliche neue übersetzer dieses wort im 37 spr. des 30 h. im buche der Schöpfung / corylus oder Haseln gegeben: da es doch Hieronimus schon vor so langer zeit virg as amygdalinas, das ist Mandelruhten übergesetzet. Es waren auch in alwege Mandelstäbe / welche Jakob streiffenweise schählete / und den schafen in die trinkrennen legte; damit sie bunte / und gestreifte lämlein bringen solten. Aber das wort καρυΐνην, welches die 70 Tahlmetscher alhier gebrauchet / hat sie / nach meiner muhtmaßung / betrogen; weil κάρυον eine hartschahlichte frucht / aber nicht ins besonder eine Haselnus / sondern ins gemein eine iede frucht mit harten schalen / wie die Mandeln auch haben / bedeutet. Zudem haben die 70 Tahlmetscher das wort םידקס sakedim, das sonst eigendlich Mandeln heisset / im 11 spr. des 43 h. aus dem buche der Schöpfung / und im 8 spr. des 8 h. aus dem 4 b. Mos. Auch κάρυα gegeben: welches wir also beileuftig erinnern wollen.

Wer nun dieses / was wir alhier / durch veranlaßung des nahmens Lusus / angeführet / betrachtet /der wird leichtlich sehen können / warüm wir auf denTraupfenning / den der fürtrefliche Künstler Kristof Rudolfs zu Amsterdam verfärtiget / unter anderen /einen Zierkrantz von Weinreben / mit Mandelzweigen durchflochten / abbilden laßen / und in der überschrift Bar-Chus vor Bacchus gesetzet: nähmlich


Bar-Chus amygdalinis Lysæ fit amabilis ulnis.


Nun kommen wir zum nahmen Liber. Also haben die Lateiner den Osiris oder Barchus / nach der redensahrt der Ehreer / zubenahmet: welche die Fürsten םירוה [360] horim, das ist Söhne oder Kinder / eben auf die weise / wie die Spanier ihre Königlichen Fürsten und Fürstinnen / oder des Königes erstgebohrne Söhne und Töchter Hispaniæ Infantes, das ist Kinder von Spanien / zu nennen pflegen. Im 17 spr. des 10 h. im Salomonischen Prediger stehet: Wohl dir land / dessen König ein Sohn ist der םירוה das ist der Kinder / nähmlich der wohlerzogenen / wohlgerahtenen / der Edelen / der Herren / der Helden. Also nennet Esaias im 12 spr. des 34 h. die Babilonischen Fürsten: da der Kaldeer setzt ןיריה ינב beni herin, das ist Söne der Kinder / filios liberorum, sive heroum. Dan hiervon scheinet das wort heros, als auch unserHerr entsprossen zu sein. Und also nennet Metodius den Nimrod nicht unrecht ἀδελφὸν τῶν ἡρώων: gleichwie auch die Lateiner den Barchus Liber, das ist einen Sohn / nähmlich des Hams oder Chus; als welche Herren und Edele mit rechte heissen mochten / weil ihnen ein so großes teil der Welt zum erbe zugefallen.

Wie nun die Egipter den nahmen Osiris / als auchSirius und Sirus oftmahls der Sonne zueigneten / so verstunden zu weilen die Lateiner unter dem nahmenLiber ebenmäßig die Sonne: und also mus er bei hem Virgiel im 1 seiner Feldgedichte verstanden werden /da er spricht:


Vos, ô clarissima mundi
sidera, labentem cœlo quæ ducitis annum,
Liber & alma Ceres.

Ja den nahmen Dionisus / der aus יסב הוהי Jehova Nissi, das ist der HERR mein Panier / wie die überschrift der aufgerichteten Siegeshöhe im 17. h. des 2 buchs Mos. lautet / und aus dem Griechischen worteΔιος, das ist Jupiter / zusammengeflikt scheinet / und [361] eben auch des Osiris oder Barchus zunahme war /findet man gleicher gestalt der Sonne zugeeignet.Eumolp in den gedichten des Weingottes:


Ἀσροφαῆ Διόνυσον, ἐν ἀκτίνεσσι πυρωπόν.


das ist / den erleuchteten Dionisen / den feurigen unter den strahlen. Und Orfeus in seinen Lobgesängen:


Πρῶτος δ᾽ἐς φάος ἤλϑε. Διόνυσος δ᾽ ἐπεκλήτη,
οὕνεκα δινειται κατ᾽ ἀπείρονα μακρὸν ολυμπον.

das ist / er ist zuerst an das licht kommen. Dionisus aber heisset er / weil er üm den großen und langen himmel ümgewältzet wird. Bald darauf fügt eben derselbe hinzu:


Ἥλιος, ὅν Διόνυσον ἐπήκλησιν καλέουσι


das ist / die Sonne / welche sie mit dem zunahmen Dionisen heissen.

Etliche nennen den Osiris auch Omfis; welchesHermeus / bei dem Plutarch / einen Wohltähter erklähret: und die Assirer דחא / das ist Einer; darunter sie gleichmäßig die Sonne verstunden. Dahin hat auch ohne zweifel Esaias / im 17 spr. des 66 h. mit dem worte דחא gesehen. Und dieser nahme komt der Sonne sonderlich zu / eben wie das lateinische Sol von solus, das ist alleineinig; weil sie das einige licht ist / und allein aus sich selbsten leuchtet. Makrobius setzet im 23 h. seines 1 b. der Saturnischen feiertage zwar Adad. Adad, sagt er / nomen dederant. Ejus nominis interpretatio significat unus, das ist / sie haben ihm den nahmen Adad gegeben. Dieses nahmens tahlmetschung heiset Einer. דדא adad aber heisset nicht Einer; sondern דחא achad, oder /nach der Sirer und Kaldeer mundahrt / דח chad. Daher [362] halte ich / daß / durch das abschreiben oder drükken / vor das ח ein ד sei eingeschlichen.

Epifanius / Hieronimus / Tertullian / Ireneus im 24 h. seines 1 b. wider die Ketzer / als auch Skaliger in einem briefe an den Kasaubonus / gedenken eines Abgottes Abraxas: darunter gleichesfals dieSonne verstanden ward. Dieser nahme hat vielen Gelehrten zu schafen gemacht: und niemand hat den rechten uhrsprung ergründen können. Aber ich halte gäntzlich darfür / daß er aus ךרבא abrech, wie der Heerold vor des Josefs stahtswagen ausrufen muste /da man ihn zum Schaltkönige über Egipten gemacht /und in einem öffentlichen gepränge dem Volke sehen lies / gebildet / und dem jüngsten Osiris / das ist demJosef / als ein göttlicher nahme / zugeeignet worden.Hieronimus helt diesen Abraxas mit dem Persischen Sonnengötzen Mitra oder Mitres / welches / wie esSkaliger im 6 buche von der zeit verbesserung erklähret / ein Herr heisset / vor einen und eben denselben Abgott; vielleicht darüm / weil beide nahmen die zahl der jahrstage begreiffen: wiewohl in Μίθρης 365 nach der Perser jahrrechnung / in Αβραξ aber nur die tage des gemeinen jahrs zu finden; als α 1, β 2, ρ 100, α 1, ξ 200. Aber es scheinet / daß dieser Mitres erstlich der Egipter eigener Sonnengötze gewesen: von denen ihn die Persier nachmahls entlehnet. Dan Mitras hies derselbige Egiptische König / der die Sonnenseulen gebauet / und selbst in der Sonnenstadt hof gehalten.

Aber es würde zu lang fallen / wan wir alle zu- und bei- oder ehren-nahmen des Osiris erzehlen und erklähren wolten; welches wir unserem Dichterischen Sternhimmel der sieben Ir- oder schweis-sterne vorspahren: darüm laßet uns in der folge nur allein noch sehen / wie die Egipter diese Osirische Gottheit abgebildet. Weil Osivis oder Mizraim den bau des [363] getreides / der durch Ochsen geschahe / wie wir droben gemeldet / erfunden; so haben ihm die Egipter zuerst den Ochsen / als sein und des Akkerbaues eignes sinbild / geheiliget. Darnach ward auch sein götzenbild zu weilen mit einem gehörnten helme von Ochsenfellen gezieret; und er endlich selbsten unter der gestalt eines Ochsen / ja gar in einem lebendigenOchsen / der schwartz mit weissen flekkern überschäkkert / und im Osirischen heiligtuhme versperret stund / heiliglich geehret. Bos socius hominum in rustico opere, & Cereris minister, das ist /der Ochse ist des Menschen mitgeselle bei dem akkerbau / und der Zehrungsgöttin frohndiener oder tagelöhner / sagt Varro l. 2, R.R. c. 5. Plin. Nat. Histor. l. 8, c. 45. Daher ward auch bei leibesstrafe verbohten die Kinder zu schlachten. Ælian. l. 5. Var. Hist. c. 14. Ja daher war auch der Ochse den Egiptern so heilig / und ein sinbild ihres Osiris. ZuHeliopel hatten sie einen Stier der Sonne / welche sie unter dem nahmen Osiris / wie wir schon genug erwiesen / ehreten / geweihet: auch ward er alda / mit der Sonne zugleich / weil sie beiden die uhrsache des wachstuhms der früchte zuschrieben / göttlich geehret. Diesen Heliopelschen Stier oder Ochsen nenneten sie Mnevs Μνεῦις: und den zu Memfis / der jünger war / und dem jüngsten Osiris / das ist dem Josef / auch der Isis und dem Mohne / wie etliche wollen /oder vielleicht der Assenat / als der jüngsten Isis /geheiliget / Apis und Serapis. Strabo l. 17. Tibullus l. 1, eleg. 7. Herodotus l. 2, 3. Ælianus l. 11. hist. anim. c. 11. Diodorus l. 1, & 3. Plutarchus l. de Iside & Osiride. Ammian. Marcellinus l. 22. Prosper Aquitanicus l. 3 de prædict. c. 38. Rufinus l. 2 hist. Ecclesiast. c. 22, 23. Jul. Maternus. Suidas. Hugo Grotius in Sophomphania. Vossius Idololatr. l. 1, c. 29, & l. 2, p. 501.

[364] Sonsten bildeten sie den Osiris auch ohne gemelten Helm von Ochsenfellen und hörnern ab: zu weilen in einem schiffe / wie den Hammon / aber mit einem Krokodille darunter / der es gleichsam forttrug; zu weilen auf einem tragestuhle / in gestalt eines unbebahrteten Jünglings / mit einer Fuhrmans peitsche in der rechten hand / und mit Kornahren und dem Blitze in der linken: welches alles Ammons oder Jupiters /und des Osiris oder der Sonne vereinbahrte macht anzeigete. Eusebius, Plutarchus de Is. & Osir. Joh. Pierius Hieroglyph. p. 622. Vossius Idololat. p. 355. Und dieses bildes angesicht stelleten sie allezeit gegen den untergang / also daß die Egipter sich nach dem morgen zu wendeten / wan sie es anbähteten: dagegen die Kinder Israels nach dem abende zu gekehret ihren Gottesdienst verrichteten. Ja sie ehreten denMizraim auch überdas hiermit / daß sie nicht allein /nach seinem nahmen / den ersten mohnd im jahre Μεσορὶ nenneten; sondern auch sein sinbild den Ochsen oder Stier / zu seinem ewigen gedächtnüsse / in den himmel setzten. Dan wie sie / seinem Vater dem Ham oder Ammon zu ehren / den Widder zum ersten und fürnehmsten Sternbilde des Tierkreuses machten; so gaben sie auch / dem Mizraim oder Osiris zu ehren /dem Stiere / in eben demselben Tierkreuse / die nächste und zweite stelle. Samuel Bochard. In Phaleg. p. 293. Vossius Idolol. l. 2, p. 501, & l. 1 c. 29, & p. 224.

Daß man aber die alten Egiptischen Könige so gar hoch und heilig geehret / scheinet darüm geschehen zu sein / wie Isokrates in der lobrede des Busiris meinet; damit das gemeine volk üm so viel mehr angetrieben würde den königlichen satzungen und befehlen /als götlichen / zu gehorchen. Auch war dieser gantze Götzendienst der Egipter anders nichts / als eine nachahmung und vergleichung der Natur und alten geschichte. Dan [365] die Egiptischen Priester / die in beiderlei überaus wohl erfahren / märkten auf alles / worinnen die Natur mit den geschichten übereinkahm / und stelleten nach beiden allen ihren götzendienst / und alle ihre heilige gepränge an; dergestalt daß sie /durch einen vermischten götzendienst / der geschehenen dinge gedächtnüs / mit der Natur zugleich / vorstelleten: jenes den verstorbenen Königen zu ehren /und ihren nachgelaßenen befreundten zum troste; dieses aber den anfangenden lehrlingen zum unterrichte /damit sie beides die heiligen Satzungen und die natürlichen Wissenschaften begreiffen möchten; wie Apulejus im letzten seiner Milesischen bücher bezeuget.

Aber hierbei müssen wir auch beileuftig erinnern /daß uns Mizraim mehr ein nahme des volkes / dasHams zweiter sohn gezeuget / als sein eigener / zu sein scheinet. Und also muhtmaßen wir / daß er eigendlich Men oder Menes / wie er sonsten genennet wird / geheissen. In dieser meinung ist auch Bochard in seinem Faleg / da er am 292 bl. also schreibet:Misrajim non est nomen hominis. Id non patitur forma dualis. Itaque cum in Chami filiis secundus censetur Misrajim, nomine Misrajim intellige partem incolarum terræ Misrajim, id est Ægipti. Ja ich halte darfür / daß die Egipter erstlich Misorim / darnach aber / als sie sich in zwei länder oder teile geteilet / Misorajim und zusammengezogen Misrajim seind genennet worden; weil man befindet / wie auchOrosius / im 2 h. des 1 b. seiner geschichte / und Aetikus / in seiner Asischen beschreibung / bezeugen /daß dieses Reich in das Oberste / da der Niel nur einen arm hat / und in das Unterste / da er in viele sich zerteilet / vor alters sei unterschieden worden. Auch wird von Misorim oder Misorajim die einzele zahl Masor oder Mazor רוצמ in der heiligen Schrift oftmahls gefunden. Nähmlich im 2 b. der Könige 19 /24: רוצמ רואי לכ alle Flüsse [366] Masors; und bei dem Esaias 19 / 6: רוצמ יראי וברחו und die flüsse Masors sollen trukken werden; dabei Kimchi anmärket /daß Masor eben so viel sei / als Mizraim. Bei demMicha stehet auch im 7 / 12: von Masor / das ist von Egipten / bis an den flus רהנ דעו, nähmlich Eufrat / da Kanaans grentze ist. Dieses Masor רוצמ heisset ein fester ort / auch wohl ein änger oder schmaler; weil רוצ zusammenängen / und רצschmahl oder änge bedeutet. Beides komt Egipten zu: welches zuerst vor andern Reichen der welt von natur über die maße fest ist; wie Diodor am 18 bl. des 1 b. und am 478 des 5 / als auch Strabo am 819 bl. des 16 b. überflüßig bezeugen: und darnach auch gantz schmahl und änge; weil es von der see ab / bis nach Siene zu / sehr lang / aber gantz nicht breit ist: daher auch Esaias 18 / 2 / die Egipter קשממ יוג ein lang ausgestrektes / oder in die länge gezogenes volk nennet.


Zu des 2 blates 1 zeile.


Isis war des Osiris schwester und gemahlin / eine algemeine Egiptische Abgöttin; welcher man fürnähmlich die erfindung des gebrauchs der Früchte / und dan der Buchstaben / ja der Artzneikunst selbsten / wie Augustien 18 / 4 / von der Stadt Gottes meldet / zuschrieb. Sonsten bezeichnete sie auch die gantze der Sonnen macht unterworfene Natur: da sonderlich derMohn / und die Erde in betrachtung kommen. Daher sagt Eusebius im 6 h. des 1 b. von der vorbereitung der Heilverkündigung / daß Osiris die Sonne / undIsis der Mohn sei. Auch ist sie zugleich die Erde; gleich wie Osiris der Niel und alle trinckbare feuchtigkeit: ja selbsten die Lust; da sie von den [367] Egiptern auch Minerva / wie gemelter Eusebius am obangezogenen orte / im 2. h. des dritten b. bezeuget /genennet ward.

Osiris war allein mänliches geschlechtes: Isis aber beides man und Fraue. Eine fraue war sie / so Fern sie Osiris / das ist die Sonne den Mohn / erleuchtet /und gleichsam schwängert / ja der Niel die Erde befeuchtet und fruchtbar machet: und ein Man / so fern sie als der Mohn betrachtet wird / und also das empfangene licht durch die luft auslesset / und dem wasser so wohl als der erde die kraft zu gebähren giebet: daher auch die Egipter den Mohn die Mutter der Erde nenten. Μητέρα τὴν σελήνην τοῦ κόσμου καλοῦσι, κὶ ῥύσιν ἔχειν ἀρσενόθηλην οιονται, das ist / sie nennen den Mohn eine mutter der welt / und wähnen / daß er beiderlei natur einflus habe: schreibet Plutarch im b. von der Isis. Luna Ægyptiis, sagtVossius von der Abgötterei ursprunge am 422 bl. bifariam consideratur. Primò quatenus lumen accipit à sole, quo modo fæmineæ est virtutis, & Isis dicitur: deinde quatenus lumen per aëra in terras, & aquas diffundit, ad stirpium & animantium generationem; quo pacto jam viri partes sustinet, & Osiridis quoque nomen habet. Jo. Ravisius Textor in Theatro suo, p. 843, 863. Agellius l. 1 Noct. Attic. c. 28. Elias Schedius de Diis Germ. p. 135. Daher sagten etliche unter den Lateinern nicht allein in weiblicher endung Luna, welches aus Lucina, zusammen gezogen scheinet; sondern auch in mänlicher Lunus; wie Spartzian in seinem Karakelle bezeuget. Quia Lunam magis ratione principii activi, ut dignioris, id est masculini, attenderent; quàm passivi, sive fęminei; eò sacerdotes Carreni pro Luna Lunum dicere jusserunt. Vossius de Idolol. l. 2. p. 466, 690, 696. Und also war Isis so wohl / als Osiris / eine himlische und irdische Gottheit: welcher / nach ihren so vielerlei [368] würkungen und eigenschaften / auch vielerlei nahmen / daher sie μυριώνυμα, das ist die Gottheit mit tausend nahmen / hies / zugeeignet worden. Dan wie alle der Heiden mänliche Götzenschaften der einigen Sonne / nach des Makrobius, zeugnüsse im 1 b. zugeeignet warden; so eignete man auch dem einigen Mohne alle / die weibliches geschlächtes waren / zu. Daher sagt Aristoteles / in seinem buche von der Welt: εἷς

ὤν πολυώνυμος ἐσὶ, κατονομαζόμενος τοις πάϑεσι πᾶσιν ἅπερ αυτὸς νεοχμει: das ist /der einige Gott: hat vielerlei nahmen; indem er nach allen seinen würkungen / die er selbsten tuht / genennet wird. Servius in l. 1 Georgic. Virgil. Und also ward die Isis / welche zuvörderst des Mohnes gottheit bezeichnete / Luna oder Lucina, Latona, Juno, Hecate, Proserpina, Diana, Olympias, πολύμορφος δάιμων Ilythia, Lilith, Anaitis, Cabar, Rhamnusia, Pessinuncia, Tellus, Erthum oder Ertha, Rhea, Cybele, Ceres, Multimammea, Minerva, Pallas, Bellona, Venus, Astarte, u.s.f. Genennet.Ammiam. Marcellinus l. 22. Capitolinus in Pertinace & Macrino. Trebellius Pollio in Celso. Augustinus l. 2 de Civit. Dei, c. 9. Turnebus Advers. l. 22, c. 24. Salvianus c. 8 de provid. Dei. Apuleius. Athan Kircher. Panth. Ebreor. c. 16, & c. Diodohr meldet /daß Isis von den Egiptern als eine Göttin der gebuhrt sei geehret worden: daher sie den nahmen Latona, oder Lucina, quòd ejus operâ fœtus in lucem prodeat, bekommen. Katullus:


Tu Lucina dolentibus
Juno dicta puerperis.

Goropius wil auch / am 106 bl. des 5 b. seiner Hermatehne / aus dem Plutarch erweisen / daß durch dieIsis die Göttliche Weisheit verstanden werde; und daß der nahme Isis so viel heisse / als istist. Daß [369] Isis und Zeres einerlei seind / bezeuget Apuleius im 2 b.

Wie hoch diese Isis durch das gantze Egipten sei gehalten worden / ist zuförderst daraus abzunehmen; weil die Egipter sonsten nicht alle einerlei Abgötter ehreten / wie Herodotus in seiner Euterpe meldet /als allein die Isis / und den Osiris: die dem gantzen Egipten / als die höchsten und gühtigsten Gottheiten /gemein waren. Darnach bezeugen es auch unterschiedliche überschriften / die man / ihr zu ehren /hier und dar in ihren heiligtühmern angeschrieben. Nähmlich / Ich Isis bin alles / das da sein wird /das da ist / und gewesen ist; und meinen vorhang hat kein sterblicher iemahls aufgedekt. Fast dergleichen überschrift stund zu Sais im Götzenhause der Minerve / wie Plutarch im buche von der Isis meldet: nähmlich / Ich bin alles / was gewesen ist /was da ist / und was dasein wird: meine flammendekke hat keiner unter den sterblichen iemahls aufgedekt. Und anderwärts befand sich diese:Te, Tibi una, quæ es omnia, Dea ISIS. In etlichen warden ihr auch die ehrennahmen / Königin / Fraue /Herscherin / überwinderin / unüberwindliche /siegsprahlende / fruchtbringende / und dergleichen zugeeignet. Zudem heiligten die Egipter teils dieser ihrer Abgöttin / teils dem Osiris fast alles / was ihnen nutzen beibrachte. Dan ihr war heilig der Hundestern / und ward selbsten nach ihrem nahmen Isis genennet / ja dem Morgensterne vorgezogen: weil der Niel / so bald der Hundestern aufgegangen / zu wachsen anfing; daher sie auch wähneten / daß dieser stern solchen wachstuhm würkte. Porphyrius in Scholiis ad Aratum p. 19 Vossius de Idololatr. p. 226, 498. Auch war ihr heilig das sternzeichen der Jungfrau /wie dem Osiris / oder der Sonne dasselbe des Leuens; und ward auch [370] nach ihr Isis benahmet: weil der Niel / wan die Sonne durch dieses zeichen lief / auf das höchste gestiegen / und die felder zur fruchtbarkeit befeuchtete. Ja der gantze Tierkreus / den die alten Egipter Olimpon nenten / daher sie auch den nahmen Olimpias bekommen / war ihr geweihet. Eusebius in Chronicis l. 1. Langius de annis Christi l. 1, p. 171. Auch kan man hiervon unsern Dichterischen Sternhimmel / im zeichen der Jungfrau / und des Hundegestirnes / lesen.

Wie nun diese Abgöttin so mancherlei nahmen gehabt / so hat man sie auch auf mancherlei weist abgebildet. Zuweilen begrif man in einem bilde fast alle zeichen / die ihre manchfältige macht und auswürkungen andeuteten. Dergleichen seind in den bilderstükken dieses Büchleins hier und dar zu finden. Auf dem tittel wird sie mit vielen brüsten / daher sie auch Multimammea, das ist die Vielbrüstige / heisset / entworfen. Dieses bild war mit verborgenen röhren so künstlich zugerichtet / daß die hitze der angezündeten lichter unter der hohlen schirmdekke über dem heupte / durch solche röhren / die milch / welche unten im bekken stund / straks hinauf in die brüste zog; also daß sie / so lange die lichter branten / stähts mit milche flossen: welche / als kleine strahlen / herunter in das bekken geschossen kahm / und von dar wieder hinauf gezogen ward. Und hierdurch machten die Priester dem gemeinen völklein eine solche blaue dunst vor die augen / daß es anders nicht gleubete /als daß ihre gewähnte große Mutter der Götter solche milch von sich selbsten fliessen liesse. Kircherius Oedipi Ægypt. tom. 2, part. 2, p. 333. Dergleichen zwei gekünstelte Götzenbilder des Osiris und der Isis stunden auch zu Sais. Das Osirische gab Wein / und das Isische Milch von sich / so bald das feuer auf der götzenhöhe angezündet ward: ja ein Trache / [371] wie ein Habicht gestaltet / bewegte sich unterdessen mit einem heftigen zischen. So bald aber das feuer verlosch / stund alles stil. Hero in Automatis. So künstlich und arglistig wusten die Egiptischen Priester das arme volk zu betrügen / und in ihrer abergleubischen gottesfurcht zu erhalten. Sonsten ward mehr gemeldete Isis / wan sie den Mohn allein andeuten wolten /gemeiniglich mit hörnern gebildet; weil der Mohn im ab und zu-nehmen gehörnet / und ihm der Ochse / der ebenmäßig gehörnet / als des Akkerbaues sinbild /gleich so wohl / als der Sonne / geheiliget war / sonderlich zu Memfis; wie Elian in 11 h. des 11 b. seiner Tiergeschichte / Diodor im 1 b. und Plutarch von der Isis und dem Osiris / bezeugen.

Herodotus schreibet in seiner Euterpe: τὸ γὰρ τῆς Ἴσιος ἄγαλμα ἐὸν γυναικήϊον, βούκερών ἐσι, κατάπερ ελληνες τὴν Ἰοῦν γράφουσι, das ist / der Isis Bildseule / welche ein weibesbild ist / hat Ochsenhörner; gleichwie die Griechen die Jo zu bilden pflegen. Diese Jo war Inachs tochter / die er mit desForoneus schwester gezeuget; und wird auch vor die Egiptische Isis / gleichwie ihr sohn Epafus vor den Egiptischen Apis / gehalten: wiewohl es die Egipter bloß vor ein eiteles geschwätze der lügenhaftigen Griechen annehmen; bei denen nichts gemeiner war /als daß sie anderer Völker Abgötter ihnen zueigneten. Daß aber die Egiptische Königin Isis / die mutter des Libischen Herkels / nachdem ihr gemahl / der KönigOsiris / von seinem bruder Tifon ermordet worden /zum Gambriven in Deutschland sei kommen / das Getreidich / welches den menschen zuvor unbekant /unter andern gewächsen gefunden / und solches zu säen / zu mahlen / zu bakken / auch den gebrauch der wolle / des öhls / und des weines gelehrer / und daher von den Schwaben vor eine Göttin gehalten und aufgeworfen worden / bezeuget / samt andern / [372] Aventinus im 1 seiner Bojischen Jahrbücher. Auch schreibet von den reisen der Isis Diodoor aus Sizilien: der in seinem 1 buche folgendes schriftmahl anziehet: Ich Isis bin die Königin dieses Reichs / welche Merkuhr unterwiesen; die solche satzungen gegeben /die niemand aufhöben kan. Ich bin Gottes des jüngsten Saturns erstgebohrne tochter. Ich bin des Königes Osiris gemahlin. Ich bin dieselbe /welche den sterblichen zum allerersten die Früchte gezeiget. Ich bin des Königes Orus mutter. Ich bin dieselbe / die im sterne des Hundes aufgehet. Mir zu ehren ist die stadt Bubast gebauet. Gehabe dich wohl / Egipten meine ernährerin. Gleichesfals sagt Tazitus im buche von den sitten der Deutschen: Pars Svevorum & Isidi sacrificat. Unde causa & origo peregrino sacro, parum comperi; nisi quòd signum ipsum in modum Liburnæ figuratum, docet advectam religionen. Und daß sonderlich zuAugspurg / welches / wie Münster im 3 b. schreibet / unter Schwaben gehöret / der Isis götzendienst im schwange gegangen / bezeuget / neben andern märkzeichen / der Kienapfel oder die Zwirbelnus im wapen dieser stadt; weil der Kien- oder Fiechten-baum der großen Mutter der Götter / das ist der Isis /heilig war. Ja dergleichen anzeigungen des Isischen götzendienstes findet man auch anderwärts so wohl im Nieder- als Hoch-Deutschlande. Eisleben / eine stadt in der Grafschaft Mansfeld / da der DeutscheMoses / der große Luhter / welcher das Deutsche Israel aus der Egiptisch-Röhmischen dienstbarkeit geführet / gebohren worden / hat ihren nahmen zweifels ohne von dieser Isis; als auch das Eisenkraut / Isidis herba. Obgemelter Aventien ziehet im 2 buche seiner Bojischen Jahrgeschichte folgende überschrift an /welche man in [373] Bäuern / als ein hinterlaßenes gedenkmahl der Röhmischen kriegsleute / gefunden.


ISIDI.

MYRIONIMÆ.

SACRUM.

FESINUS. T. IULI.

SUTURNINI. G.P.P.

SERRARI. POSUIT.

FORTUNATUS.

EIUSDEM. SER. T.S.

FACIUNDUM.

CURAVIT.


Eine andere hat man auch im Niederdeutschlande /zum zeichen / daß die Röhmer alda die Isis ebenmäßig geehret / gefunden; und zwar folgende:


ISIDI. SACRUM.

SEX. POMPEJUS. SEX. L. SYRUS.

MIL. LEG. V. AUG. V.S.L.M.


Servius bei dem 8 b. vom Eneas wil / das Isis so viel heisset / als Erde. Isis autem Ægyptiorum linguâterra est, quam Isin esse volunt. Macrob. l. 1. Saturnal. c. 20: Isis cunctâ religione celebratur: quæ est vel terra, vel natura rerum subjacens soli. Hinc est, quòd continuatis uberibus corpus deæ omne densetur; quia vel terræ, vel rerum naturæ alta nutritur universitas. Aber Diodor schreibet / daß Isis so viel gesagt sei als alt; und daß sie diesen nahmen von der alten und ewigen erzielung bekommen. Andere wollen / daß Isis aus dem Ebreischen השא, das ist eine männin oder Jungfrau entspriesset; und daß die Egiptischen Priester damit auf die gebührt unsers Heilandes aus einer Jungfrau / davon sie vielleicht aus dem munde der Ebreer gehöret / ein auge gehabt. Doch hier von genug.


[374] Zur 2 zeile des 2 blats.


Anubis / des Tifons und der Nefte / die des Osiris und der Isis bruder und schwerer waren / einiger sohn / welcher sonst auch Enef oder Knef / wie Kircher /Tisius und andere melden / genennet wird / war ebenmäßig ein Egiptischer Abgott. Man bildete ihn gemeiniglich mit einem hundeskopfe: weil er / als er demOsiris / seinem vetter / im Kriege gedienet / einenHund zum waffenzeichen / oder einen Helm oder sturmhuht vom hundesfelle getragen; oder auch weil er ein Jäger gewesen; oder aber / wie Tisius meinet /weil der Niel bei angebrochenem klahren scheine des Hundesternes / vor den auch Anubis selbsten von etlichen genommen wird / in Egipten sich ergiesset. Daher sagt Lukahn im 8 buche:


Non in templa tuam Romana accepimus Isin,
Semideumque Canem.
und Virgiel im 8 vom Eneas:

Omnigenumque deûm monstra, & latrator Anubis.


Aber wer mehr von der hundeköpfichten gestalt desAnubis zu wissen lust hat / der schlage das 268 und folgende blätter unsers Dichterischen Sternhimmels auf; da wir alles weitleuftig ausgeführet. Etliche / ja die Egipter selbsten / stehen in der meinung / daß dieser Anubis / und Saturn einen und eben denselben Abgott bezeichnen: weil Κύων bei den Griechen einhund heisset. und Saturn so wohl bei den Ebreern /als Ismaelern und Persern / wie Aben Esra bezeuget /Kijun genennet wird. Und darüm haben viele nicht begreiffen können / warüm die 70 Tahlmetscher vor das Ebreische wort ןויכ Kijun / im 26 spr. des 25 hauptst. bei dem Amos / in der Griechischen übersetzung / das Egiptische Ραιφὰν oder Ρεφὰν gesetzet: weil Ρεφὰν oder / [375] wie etliche lesen / Ρεμφὰν; welches wort noch itzund bei den Koptern in Egipten üblich /ein gantz anderer Egiptischer Abgott gewesen / alsAnubis; nähmlich eben derselbe / den andere völkerSaturn genennet. Auch verstehet Plautus selbsten /in einem seiner Schauspiele / durch das wort Ciun nicht den Anubis / sondern den Saturn; wie Samuel Petit im 2 h. des 2. b. seiner Anmärkungen anweiset. Aber die gemelten 70 übersetzer / weil sie in Egipten schrieben / haben das eigentliche alte Egiptische wort lieber gebrauchen wollen; wie es auch der Bluhtzeuge Steffan / im 43 spr. des 7 h. der Apostelgeschichte /behalten: ἀνελάβετε τὴν σκήνην τοὗ Μολὸχ, καὶ ἄσρον τοὗ θεοὗ ὑμῶν Ραιφὰν. Ihr nahmet die hütte des Molochs an / und den Stern eures götzen Refans: das ist / ihr machtet euch den Mars / welcher eben derselbe als der Egiptische Moloch war / und den schweifstern des Saturnus zu Abgöttern.

Sotis / ἡ Σῶϑις, das ist der Hundesstern / oder das Hundegestirn / sonst gemeinglich σεὶριος, Sirius genennet / war gleichesfals ein Egiptischer Abgott: dessen würkung die Egipter den auf- und über-lauf des Niels zuschrieben; wie wir am 252 und 263 bl. unsers Dichterischen Sternhimmels weitleuftig angewiesen. Und darüm gaben sie ihm die nächste stelle nach der Sonne und dem Mohne / dergestalt daß sie ihn allen andern sternen / ja selbst dem Morgensterne vorzogen. Prophyrius in antro Nympharum:Ægiptiis principium anni est, non Aquarius, uti Romanis, sed Cancer. In cancro enim est Sothis, quam Canis sidus Græci dicunt. Neomenia autem ipsis est Sothidis ortus, quæ generationis mundi ducit initium. Ja die Egipter fingen nicht allein ihr Großes jahr / welches aus vier Sonnenjahren bestund / vom aufgange des Sotis oder hundesternes an; sondern nenneten es auch selbst / nach seinem nahmen [376] / dasSotische jahr / annum Sothidis sive Canicularem. Vossius de Idololatr. l. 1, c. 28. Langius de Annis Christi l. 1, p. 224. Nic Caussinus de Symbolica Ægypt. sapient. p. 83. Auch kan hierbei unser Dichterischer Sternhimmel / Coelum Astronomico-poëticum, am 266 bl. gelesen werden. Es ward aber nicht allein der Zungenstern des Hundegestirnes /der dem Osiris / wie der Stirnstern in eben demselben Sternzeichen der Isis / eigentlich geheiliget / absonderlich Sirius genennet; sondern auch das gantze Sternzeichen ingesamt: wie wir am itzt angezogenen orte mit mehrem angezeiget. Und unter diesem nahmen ist auch der Hundestern so wohl bei den Lateinischen / als Griechischen Dichtmeistern nicht wenig bekant.


Virgilius 4 Georgiκῶν:

Jam rapidus torrens sitientes Sirius Indos
ardebat coelo.
Idem:
Præcipueque vigil fervens cùm Sirius ardet.
Et 10 Æneidos:
Non secus ac liquidâ si quando nocte cometæ
sanguinei lugubre rubent, aut Sirius ardor,
ille sitim, morbosque ferens mortalibus ægris,
nascirur.

Hierbei hat Servius angemärket: Sirius stella est in ore Canis, quæ, quantum in ipsa est, pestifera est: sed pro qualitate adjacentium aut vincitur, aut majoribus utitur viribus. Hinc est, quòd, cùm tempore certo oritur, non semper noxia est. Man hat sich aber alhier nicht wenig zu verwundern / daß die Dichtmeister / sonderlich die Lateinischen / den Sirius gemeiniglich / nach des Hundegestirnes boßhaftiger / und nicht liebreicher kraft und eigenschaft / beschrieben: da doch durch diesen nahmen / der sonst alles / was gühtig und liebreich ist / [377] bedeutet / wie wir im mehr gemelten Dichterischem Sternhimmel erwiesen / allein das widerspiel solte verstanden werden.


Statius l. 3. Silvarum:

Acer anhelantes incendit Sirius agros.
Idem:
Illos implacido lethalis Sirius igni.
Lucanus libro 10:
rapidus qua Sirius ignes
exerit.
Valerius Flaccus l. 1:
Sic cùm stabulis, & messibus ingens
ira Deûm, & Calabri populator Sirius arvi
incubuit.
Nonnus:
Μετὰ Σείριον, ἀσέρα Μαίρης,
αἰϑέρος ἀσὸν ἐγώ σε, κὶ ἀσερόεντα τελέασω
ἄγχι κυνὸς πρότερον, σαφυλὴν ἳνα κὶ σὶ κεπαίνης
βότρυος ἐς λιϑείαν ἀκοντίζων σέϑεν αἴγλιυ.

das ist / sagt Osiris oder Bachus zu seinem Hunde /oder vielmehr zum Anubis / oder aber Kaleb / der des Moses / welchen Vossius vor den dritten Osiris helt / getreuer mitgefährte war: ich war dich nach dem Sirius / der Mirjam oder Marien sterne / (danMaira scheinet aus Maria oder Mirjam / dem nahmen der schwerer des Moses / gebildet zu sein) zum bürger des Himmels / und mit vielen sternen / bei dem vördersten Hunde / leuchten machen; damit du die weinbeeren zeitigest / indem du deine strahlen auf die trauben wirfest.


Zur dritten zeile des 2 blats.


Orus oder Horus / ὧρος, den die Egipter auchKemin nenten / des Osiris und der Isis sohn / [378] war ebenmäßig ein Egiptischer Abgott; welchen sie vor den herscher der zeit oder der jahre / wie aus den überschriften der gebalsemten leichen zu sehen / hielten: wiewohl ihm sonsten eigendlich nur das vierde und letzte teil ihres Gotischen oder großen jahres /wie das erste teil dem Sotis oder dem Hundessterne selbsten / das zweite der Isis / und das dritte dem Osiris / zu beherschen zugeeignet war. Und davor hielten sie ihn / so fern er aus dem himlischen Osiris und der himlichen Isis / das ist aus der Sonne und dem Mohne / gezeuget zu sein verstanden / und der himlische Orus genennet ward. So fern er aber irdisch /und aus dem irdischen Osiris und der irdischen Isis / das ist aus der zusammenfügung des Niels und derErde / gebohren zu sein betrachtet ward; alsdan bezeichnete er so wohl der erde / als der lust fruchtbare gestalt zum wachstuhme der dinge geschikt / das ist das fruchtbahre gewitter / die wolken / den regen / den tau / u.d.g. Daher sagt Vossius vom uhrspr. der Abgötterei am 614 bl. Ex Nili & Isidis concubitu nascitur Orus; nempe subcœlestis; quo indicatur tum aẽris, tum terræ temperies, rebus producendis apta. Und üm dieser milterung der lust willen / scheinet er auch zum teil von den Egiptern mit unter die Artzneigötter gerechnet zu sein: da sie ihn Harpokrates nenten. wie Kircher am 354 bl. des 2. t. seines Egiptisthen Oedipus bezeuget. Ja er ward zu weilen gar vor den Apollo / den Sonnen- und Artznei-götzen /selbst genommen / Macrob. l. 1. Saturn. c. 21. Wie nun dem Orus die Luft gleichsam zugeignet war: so besaß seine mutter Isis die oberste helfte der Erde / so weit sie nähmlich von der sonne erleuchtet wird / und der tag reichet; und seiner mutter schwester Nefte /des Tifons gemahlin / die andere und unterste helfte der Erdkugel / so weit sie die nacht überschattet;Anubis [379] aber / der Nefte sohn / den Kreusendiger /also daß er die oberste und unterste helfte der erde /gleich als ein hund / bewachte / und gleichsam anbällete / wie Plutarch meldet. Isidi teram dedere, sagt auch Vossius / qui horizonte nostro continetur.Nephthyi partem terræ pedibus nostris adversam. Ipsum horizonta Anubidis esse dixerunt: qui filius Typhonis, cuique dedicarunt canem; quòd hemisphærii utriusque custos sit.


Zur 4 zeile des 2 blats.


Kanopus / welches etliche Kanobus / nach dem Griechischen Κάνωβος, schreiben / war des Trojischen Königes Menelaus schifshaupman / aus Lakonien bürtig: wiewohl Aristides solches leugnet / und den Hekateus / der es bejahet / in seiner Rede von den uhrsachen des wachsenden Niels / widerleget; auch darbei füget / daß Kanopus / eine nach gemelten Lakoniers nahmen also genente Egiptische stadt /etliche hundert jahre vor des Menelaus ankunft in Egipten schon diesen nahmen geführet. Daß er aber in gemelter stadt von einem natterstiche gestorben / und begraben worden / bezeugen Strabo im 17 b. undTazitus im 2 seiner Jahrbücher / als auch Sulpitz. Nach seinem tode sol ihm Menelaus / seine große treue zu vergelten / ein Götzenhaus / dessen Eustatius / und Dionisius gedenken / bei dem Kanopischen Nielhafen gestiftet haben. Ja die Egipter selbst haben ihn als einen Wassergötzen geehret / und Neptuhn /wie Steffanus bezeuget / genennet. Sein götzenbild /wie Eusebius in 2 b. seiner Kirchengesch. meldet /ward mit einem überaus dikken bauche / und sehr fettem wanste gebildet; vielleicht darüm / weil der Niel /den man ihm zueignete / fet machte: da doch die Egipter sonst allen ihren Abgöttern eine schlanke gestalt gaben. [380] Dan sie hielten darvor / wie Plutarch bezeuget / daß die schlanke leibesgestalt dem Göttlichen bilde am gleichesten sei. Daher musten auch die Priester gantz nicht fet sein. Das war ihnen ein greuel. Darüm lebten sie so über die maße mäßig / schreibtPorfirius / und Tisius vom Stahtswesen der Egipter. Darüm trunken sie auch das Nielwasser / welches die eigenschaft hat fet zu machen / sehr spahrsam. Ja damit die geheiligten Ochsen / Mnevs / und Apis /nicht fet würden / gab man ihnen kein Nielwasser zu trinken. Wie nun die Egipter mit rohthährichten und blassen Menschen nicht gern ümgingen / so sahen sie auch die fetten wänste nicht gern. Darüm war ihnen auch der König Menis / seines schmeerbauches / und wohllüstigen schlemmerischen lebens wegen / so verhasset / daß sie ihm nicht allein die Sau zum sinbilde gaben / sondern auch selbst eine seule zu Tebe liessen aufrichten / welche mit lauter flüchen wider diesen könig beschrieben; wie bei dem Pierius im 9 b. seiner Egipt. Bilderschriften zu lesen.

Sonsten bildeten die Egipter diesen ihren AbgottKanopus gemeiniglich ab mit einem runten Wasserkruge; welcher einen dikken bauch / und oben auf dem halse des Kanopus kopf stehen hatte. Auch war an demselben ein handgrif / darauf eine zusammengeflochtene Natter / vielleicht darüm / weil den Kanopus eine natter getödtet / sich erhub. Apuleius in ultimo Milesiarum: ejus orificium non altiusculè elevatum, in canalem porrectum, longè rivulo prominebat. Et aliâ parte multum recedens spatiosâ dilatatione adhærebat ansa, quam contorto nodulo supersedebat aspis sqameæ cervicis stricto tumore sublimis. Zu weilen waren diese Krüge glat und ohne schrift / zu weilen mit wunderlichen heiligen schriftzeichen und sinbildern der Egipter gezieret. Weil Känopus ein [381] Schifman / wie gesagt / gewesen / so heiligten ihm die Egipter auch das Sternzeichen des Schiffes; und nenneten nicht allein desselben grössesten stern / der am mittagsruder stehet / sondern auch das schif selbsten nach seinem nahmen; wie wir in unsrem Dichterischen Sternhimmel am 325 bl. berühret. Aber von diesem Abgotte können gelesen werdenStephanus in Κάνωβος; Suidas in Κάνωπος; Rufinus Hist. Eccl. l. 2, c. 26; Petr. Crinitus l. 11. de honesta disciplina; item Vossius Theol. gentil l. 1, c. 31.


Zur 7 und 8 zeile des 2 blats.


Momft / Momphta, Monphta, das ist Gott des wassers / oder Wasser Gottes / wie es Abenefi erklähret / war ein Abgott des wachsenden Niels / incrementi Nilotici præses numen, sagt Kircher im 1 t. seines Egiptischen Oedipus / am 115 bl. Ihm war der Leue heilig: und das Leuengestirn / samt dem Leuenmohnde / stunden unter seinem gebiete. Daher pflegte der Pfaffe dieses Abgottes / wan er dem Niele seinen götzendienst leistete / mit einer Leuenhaut bekleidet zu sein.

Omft / Omphta, war der Abgott des fallenden Niels: daher ihm auch das sternzeichen der Wage /samt dem herbstmohnde / darinnen der Niel fället /geheiliget.


Zur 14 und 15 zeile des 2 blats.


Die Egipter pflegten ihren Götzen wächserne Tafeln /darauf ihre bitte geschrieben stund / an die kniehe zu hängen. Daher sagt Juvenahl:


Propter quæ fas est genua incerare Deorum.


[382] Zur 18 und 19 zeile des 2 blats.

Cyprianus in carmine de Christiano apostatâ:

Mente fremunt, lacerantq; corpus funduntque cruorem.

Lactantius l. 1. Instit. Apulejus l. 8. Metamorph. Herodot l. 2. Clemens Alexandrinus Stromat. l. 6, p. 465, & l. 7, c, 8. Guido Pancirollus rer. memorabil. deperdit. l. 1. Beroald. ad Apuleji l. 11. Miles. Vossius Theol. gentil. p. 203.


Zur 22 und 23 zeile des 2 blats.


Tifon / Typhon, Typhaon, Typhoëus, den die Egipter auch Set / Bebon / und Smi nenneten / des Osiris und der Isis / als auch der Nefte / seiner gemahlin /bruder / ward vor den anfang alles bösen / gleichwieOsiris alles gehalten / gehalten; weil jener ein wühterich / der auch selbst seinen bruder Osiris ermordet /dieser aber ein frommer könig gewesen. Ja sie eigneten jenem alles böse / das in der gantzen Natur war /und diesem alles guhte zu. Und darüm pflegten sie ihm auch / seine wühtende macht zu besänftigen /Esel und rohte Kühe zu opfern: und trugen schwartze kleider. Besiehe hiervon weiter Atanasius Kirchern im 1 t. seines Egipt. Oedipus / in der 2 abteil. am 23 bl. als auch unsern Dichterischen Sternhimmel / am 114 / 253 und 288 bl.


Zur 12 und 13 zeile des 5 blats.


Als Abraham im lande Kanaan / zwischen Betel und Ai / wohnete / überfiel das land eine große teurung. Darüm begab er sich / mit seiner fraue Sara / in das nächstgelegene Egipten: dem / seiner überschwänglichen fruchtbahrkeit wegen / keine misjahre /[383] die man mit recht misjahre nennen konte / bewust waren. Als nun Abraham in Egipten kahm / dieses seind Moses im 12 hauptstükke seines 1 b. eigene worte; da sahen die Egipter das weib / daß es fast schöne war. Und die Fürsten des Farao sahen sie /und preiseten sie für ihm. Da ward sie in des Farao haus gebracht. Und er täht Abraham guhtes üm ihret willen: und er hatte schafe / rinder / esel / knechte und mägde / eselinnen / und kamehle. Aber der HErr plagte Farao mit großen plagen / als auch sein haus / üm Sara Abrahams weibes willen / u.a.m. Diesen Farao oder Egiptischen könig nennet der Araber Abdalla Ben Geled /in seiner erzehlung der Egiptischen könige Tautis: welcher bei andern auch Faunus und Saruch heisset. Seine eigene worte lauten verdeutscht also: Tautiswar derselbe Farao / welcher die Sare des Abrahams Fraue behielt. Diesem folgete seine tochter Hazubah; dan er hatte keinen sohn. Sie war aber die erste Frau / welche über Egipten herschete. Als sie todt war / besaß das Königreich Amhaz Alfa /die tochter Mamums / des sohns Malia: und nach dieser / Alvalid. Sie lebeten eine lange zeit / und vermehreten sich dergestalt / daß sie das gantze Egipten erfülleten. Sie waren aber aus dem stamme des Amaleks / des sohns Luds / des sohns Sems. Und nach Alvalids absterben / herschete nach ihm Alrian. Dieser war dazumahl König / als Josef in Egipten verkauft ward: den er auch / weil er seinen traum an legte / aus dem gefängnüsse zog / und zu den grösten würden in Egiptenerhub. Als Alrian Ben Alvalid gestorben war /besaß nach ihm das Königreich Daran: bei dessen lebezeit Josef / friede sei über ihm / gestorben /u.s.f.

[384] Dieser Tautis aber war kein ander / als der weltbekante wahrhaftig dreimahlgroße Hermes / oder Hermes Trismegist / der gantzen Egiptischen Weisheit springbrun und uhrhöber / ja der erfinder der Sonnenseulen / samt der heiligen Egiptischen Bilderschrift: welchen die Fönizier / wie Eusebius im 7 h. des 1 b. bebezeuget / Taut; die Egipter Tot / auch Ftat / das ist den Gott der Götter / und Hermes; die Araber aber Idris / oder Adris nach dem Ebreischen Hadores / das ist / einen fürtreflichen Vernunftfechter /disputatorem insignem, genennet. Die Araber pflegen zwar alle diese nahmen / in ihren schriften / gemeiniglich dem Enoch zuzueignen; den sie sonst Hanuch /auch zugleich selbst Osiris / nähmlich den allerersten / nennen; wie aus dem Ahmed Ben Josef Eltifasi /Abenefi / Kaab Elchabar zu sehen: welcher letztere / in seinen Sarazenischen Geschichten / unter andern auch dieses schreibet: Es war aber Adris ein schneider / und der erste / der kleider gemacht hat; und so oft er die nahtel durchzog / lobete er Gott / und heiligte Ihn. Dieses bezeuget auch Vasiab / als auchIsmael Schiahin: welcher saget / daß er ihm selbst das erste kleid gemacht / da die menschen zuvor mit tierefellen ümhänget gewesen; ja er habe zum ersten /im wege Gottes / die waffen gebrauchet / und widerKabiels söhne / Kains nachkommen / gestritten; auch zuerst das maß und gewicht erfunden. Ja es scheinet / daß die Araber und Kaldeer alles / was die Griechen und andere vom Osiris geschrieben / demEnoch oder Adris / wie ihn die meisten nennen / zugeeignet. Aber der zweite und rechte Hermes Trismegist / der die ersten Sonnenseulen / üm das 2213 weltjahr / oder üm das 1840 vor der Heilgebuhrt / erfunden / und die Egiptische Priesterschaft gestiftet /war / nach der sündfluht / nicht allein der erste [385] Priester in Egipten / sondern auch der dritte König; der dem Mizraim / und Mesramutisis folgete. Dahin kahm er erst / aus Wälschland / zum Mizraim; dem er / seiner großen weisheit wegen / so lieb war / daß er ihm alle seine heimligkeiten anvertraute / ja ihn zu seinem geheimen Rahte machte. Nach dessen / und dan auch seines sohnes und reichserbens tode / erhub ihn seine weiheit gar auf den Egiptischen reichsstuhl. Und also war er eben dazumahl könig / als Abraham / mit der Sara / vor der teurung in Egiptm flohe. Von ihm bezeugen auch die Ebreer in ihrem Buche / welches קדציכלמ תיב, das ist das Haus Melchisedeks /genennet wird: daß er eine sehr große weisheit desessen; daß er einer aus Kanaans nachkommen gewesen; daß er viel gelehrte Leute erzogen / die nach ihmAdris genennet worden. Eben dasselbe / und noch mehr meldet auch von ihm der Araber Alkandi / bei dem Gelaldien. Aber wir herten des Jüden Abraham Zachuts / der üm das 1502 heiljahr geschrieben /schier vergessen. Dieser nennet / in seinem Buche Juchasim, das ist der Stambeschreibung / den Egiptischen König / der zu Abrahams zeiten geherschet סיטוט Tutis: aber er meldet / daß er der funfzehende nach der sündfluht / und der erste aus dem geschlechte der Kobter gewesen. Saumbeni neunder sohn /schreibt er / hies Tutis. Dieser war der erste Farao /der zu Abrahams zeiten gelebet / und gestorben ist / auch einen kleinen Sohn hinterlaßen. An dessen stat herschete seine mutter Kuria. Nähmlich dieselbe / die der Saren ihre mago Hagar gegeben. Andere wollen / daß Hagar des königs Tauts tochter selbsten gewesen. Jonatan der Kaldeer / indem er das 16 h. des Buchs der schöpfung erklähret / schreibet also: diese Sara hatte eine Egiptische magd / die Agar hies / הערפ תרב eine tochter [386] Faraons: die er ihr zur magd gab / als er üm dessent willen / weil er sie genommen / nach dem worte des HERrn geschlagen ward. Und der Ebreische Schriftmeister Selomo setzet / in seinen Anmärkungen bei diesem orte / hinzu: daß Farao / als er du zeichen gesehen / die üm der Sara willen geschahen / zu seiner tochterAgar gesagt hette: Es ist besser / daß du in diesem hause eine Magd / als in einem andern eine Fraue bist.

Abimelech der könig der Filister / welcher zuGerar hof hielt / lies nach der zeit Saren / weil sie so schöne war / ebenmäßig zu sich hohlen. Und darüm verschlos der HERr alle mütter des hauses Abimelechs so hart / daß keine gebähren konte. Auch erschien Er ihm des nachts im traume / und sprach zu ihm: siehe da! du bist ein man des todes / um des Weibes willen / das du genommen hast: dan sie ist eines Mannes Ehweib. Weil aber Abimelech solches aus einfältigem hertzen getahn / indem er / nachAbrahams und der Saren eigenem berichte / nicht anders wuste / als daß sie mehr nicht / als seine schwester sei / wie sie dan auch vom vater / wiewohl nicht von der mutter / seine schwester war: so bewahrete ihn Gott / daß er nicht wider ihn sündigte; indem er nicht zulies / daß er sie berührete: wie Moses im 20 h. des Buches der schöpfung weitleuftiger hiervon schreibet.

Daß aber diese Sare so überaus schon gewesen /kan überdas auch daraus geschlossen worden / weil die Egipter ihre Abgöttin der schönheit und liebe Zahara oder Sahara genennet: welches wort sie /nach meiner muhtmaßung / nirgend anders her / als aus dem nahmen Sara / gebildet; auch damit keine andere / als des Abrahams Fraue / die wunderschöne Sara / verstanden. Sonsten wird itzund Libien von den einwohnern auf Arabisch Sara oder Zaara oderZahara / das [387] ist eine Wüste oder Einöde / weil es alda viel wüsteneien giebet / genennet: wiewohl die Araber diesen nahmen nur einem teile desselben / das steinicht und kieselicht ist / zu geben pflegen.


Zur 14 / 15 / und 16 zeile des 5 blats.


Die schönheit dieser Rebekka / des Betuels tochter /und Isaaks Ehfraue / giebet Moses im 16 spr. des 24 h. und im 7 spr. 26 h. seines 1 b. gnugsam zu verstehen. Auch erzehlet er im letztgemelten h. was sich mit ihr zu Gerar begeben.


Zur 17 und folgenden zeilen des 5 blats.


Der Rahel / die eine tochter Labans des Bruders derRebekke / und Jakobs Ehfraue war / ausbündige schönheit beschreibet Moses ebenmäßig, im 17 spr. des 29 h. seines 1 buches / zwar kurtz / doch deutlich genug.


Zur 20 und folgenden zeilen des 6 blats.

Hiervon schlage den 18 / 20 / und 30 spr. des itzt angezogenen 29 h. auf.

Zur 5 und folgenden zeilen des 7 blats.

Tahre oder Tarah / Nahors des ersten dieses nahmens sohn / und enkel Sarugs / Abrahams vater /war ein fürtreflicher Bildhauer; wie viel Geschichtschreiber der Ebeeer / Araber und anderer morgenländischen völker bezeugen. Ja er machte nicht allein die Götzenbilder; sondern dienete ihnen / seinen eignen gemächten / auch selbst. Er selbst war es / der am allerersten / nach der sündfluht / und dem Babelschen[388] Turnbaue / den Götzendienst wieder aufgebracht; wieEpifanius bezeuget. Daher wollen ihrer viel urteilen /daß sein sohn Haran / ihm zur strafe / eher sei weggerükt worden / als er: welches zuvor noch niemahls geschehen / als mit dem einigen Abel; den aber nicht Gott / sondern Kain / wegrükte. Und daß er ein Götzendiener gewesen / deutet die heilige Schrift selbsten an / im 24 h. des buchs Josua: welcher alda die Stämme Israels also anredet: Nähmlich / so sagt der HERr / der Gott Israels. eure Väter wohneten vor zeiten jenseit dem wasser / Tarah / Abrahams und Nahors Vater; und dieneten andern Göttern. Da nahm ich euren Vater Abraham jenseit des Wassers / und lies ihn wandern im gantzen lande Kanaans / u.s.f. Die übersetzung der 70 Aeltesten lautet alhier also: πέραν οῦ ποταμοῦ κατώκησαν ὁι πατέρες ὑμῶν ἀπ᾽ ἀρχῆς, ϑάρα ὁ πατὴρ ἀβραὰμ, κὶ ὀ πατὴρ Ναχὼρ, κὶ ἐλάτρόισαν ϑεοις ετέροις. Zudem bezeuget Zedrenus: daß Abraham / als er / im sechzigsten jahre seines alters / seinen vater Tarah vom götzendienste abgemahnet / und nichts ausgerichtet /das Götzenhaus endlich gar angezündet: da dan Haran / Abrahams jüngster bruder / indem er die götzen aus der flamme retten wollen / mit dem götzenbaue zugleich verbrant sei. Was aber für ein götzendienst in Abrahams vaterlande sei im schwänge gegangen / zeiget Moses Ben Majemon in seinem so genenten More Nevochim / im 30 h. des 3 b. weitleuftig an. Unter andern schreibet er / daß man alda das Feuer geehret; und gegleubet / daß keine andere Götter weren / als die Sterne; ja daß man die Sonne vor den grösten unter allen Göttern gehalten /und den Mohn nächst ihr: welcher meinung Abraham widersprochen / und angezeiget / daß einander würker und herscher sei / als die Sonne / u.a.m. Hieraus siehet man / [389] daß Sonne / Mohn / und Sterne nach der sündfluht die allerersten Götter oder vielmehr götzen gewesen: und daß man das griechische wort ϑεὸς, das so viel heisset / als Gott / und vonϑέειν, das ist lauffen / gebildet / ihrer stähtigen bewegung und ewigen lauffes wegen / ihnen am allerersten zugeeignet; dergestalt / daß es von ihnen entsprossen /und nachmahls auch andern sich gar nicht / oder nicht alzeit bewegenden / und bald vergänglichen dingen /die man vergötlichte / gegeben worden. Plato in Cratylo: Φάινοντάι μοι ὁι πρῶτοι τῶν ἀνϑρώπων πξὶ τὴν ελλάδα τούτους μόνους ϑεους ἡγειαϑ

, ὅυσπερ νῦν πολλοι τῶν βαρβάρων, Ἥλιον, κὶ Σελήνην, κὶ Γῆν, κὶ Ἄσρα, κὶ Ὀυρανὸν. Das ist / die Griechenland zuerst bewohnet / scheinen mir die Sonne /den Mohn / die Erde / die Sterne / und den Himmel / wie noch itzund viel Ungriechen tuhn / allein vor Götter gehalten zu haben. Und weil sie sahen / füget er straks darauf hinzu / daß alle diese dinge fort und fort lieffen; so haben sie diesselben von dieser eigenschaft des lauffens / οὗ ϑέειν, das so viel gesagt ist / als götter / genennet. Es ist auch kein wunder / das diese völker / denen der wahrhaftige lebendige Gott unbewust war / die Sterne / ihrer stähtigen bewegung halben / vor götter gehalten; sonderlich aber die Sonne: welche ihnen um aufhöhrlich und so schnäl zu lauffen schien / auch manchem noch scheinet; wiewohl sie ein überaus großer klump / und hundert und sechzig mahl grösser ist / als die Erdkugel / daß sie in einer einigen stunde zehnmahl hundert tausend meilen fort gelauffen zu sein angesehen wird. Aber hiervon kan Ludwich Karrio im 2 b. Laktantz im 5 h. des 2. b. Prudentz auch im 2 b. wider denSimmachus / als auch unser Dichterischer Sternhimmel / am 261 und 262 bl: gelesen werden.


[390] Zur 18 zeile des 7 blats.


Lea / Jakobs Ehfrau / und Josefs Stiefmutter / die des Labans älteste tochter war / hatte ein blödes gesichte / sagt Moses in 17 spr. des 29 h. seines 1 buches. Etliche schreiben / daß sie übersichtig gewesen: andere / sie habe einen stern in den augen gehabt.


Zur 24 und folgenden zeilen des 7 blats.


Von diesen Götzenbildern des Labans schreibetMoses im 30 / 32 / 33 / 34 / 35 spr. des 31 h. und im 2 und 4 spr. des 35 h. seines 1 buches. Die Ebreer nennen sie Terafim; welches etliche aus Serafim gebildet zu sein meinen. Kaussinus gedenket der Terafim auch / in seinen Anmärkung bei dem Horus Apollo / am 110 blatte: aber wie sie alda beschrieben werden / kommen sie mit den Labanischen gantz nicht überein. Seine eigene worte seind diese: Nec dissimiles erant Theraphin, quorum meminit Elias Thesbites in Lexico Ebræo, ad eadem vocem, dirissima prorsus simulachra, & nefariis imbuta superstitionibus. Mactabant quippe puerum primogenitum, cujus caput à corpore revulsum sale & aromatibus condiebant; hinc illi laminam imponebant, eam que immundi spiritus nomine & charactere signatam, mox odore & suffitu, cereisque accensis, venerabantur. Et quamquam hoc secretis parietibus occultabatur scelus, nonnunquam tamen etiam occisorum infantum præsegmina, laminis & bracteis inclusa, superstitiosoque ritu excantata gestabant. Sonsten hatten die Egipter ihre Serapen oder Serapides: welche kleine von steinmälhle gebakkene und mit verborgenen sinbildern beschriebene götzenbilder waren: die sie den Leichen / sie vor aller gewalt [391] der bösen geister zu beschirmen / an ihr todtenkleid fest näheten. Mit diesen Beschirmgötzlein sollen / wie etliche meinen /des Labans Götzenbilder oder Terafim eine und eben dieselbe gestalt gehabt haben. Auch helt sie der große Kircher am 297 bl. seines Eg. Oedip. beide vor einerlei: dem ich zween abrisse von dergleichen Egiptischen Serapen selbsten zugeschikt; die er auch mit in gemeltes buch einverleibet. Der nahme solcherSerapen oder Beschirmgötzlein scheinet vom Egiptischen Ochsengötzen Serapis entsprossen zu sein. Und dieser Ochse sei des Argivischen Königes Apis oder Epafus / der in Egipten gesegelt / und daselbsten gestorben / sinbild gewesen / meinen Klemens von Alexandrien / und Augustien in seinem buche von der stadt Gottes. Aber Suidas / Julius Maternus / Rufinus im 23 h. seines 2 b. der Kirchengesch. der Ebreische Schriftgelehrte / Aben Esra / Hugo Groht in seiner Sofomfania / Vossius von der Abgötterei /im 29 h. des 1 b. auch am 501 bl. des 2 b. und anderswärs mehr / eignen dieses Sinbild dem Josef zu: aus dessen nahmen auch der götzennahme Apis gebildet scheinet. Der letzte schreibet hiervon also: In templo Josepho formatum est simulachrum, ob divisionem frumenti, quo famis tempore subvenit Ægyptiis, etc. Joseph defuncto, instituerunt in honorem ejus templum apud Memphim, in quo bos quasi optimi agricolæ indicium aleretur, habens quædam honoris insignia: qui ex nomine ejus Apis appellatus, etc. Josephi nomen immutârunt in sacris, ut augustius videretur numen, etc. Is honos initio tantùm fuit civilis: propterea eum Joseph admisit. Tamen degeneravit post mortem in divinum, etc. Dieses bekräftigt auch der Araber Abnefi / wan er also schreibt: Und Josef sagte zum Könige; setze mich über den schatz des landes; dan ich wil ein getreuer [392] bewahrer sein. Und der König setzte ihn über alle Körnheuser: auch ward Josef gleich als em könig über das gantze Egipten; und sie nenneten ihn Apis. Dieses wort heisset in Egiptischer sprache so viel als ein Ochse. Also ward auch gemelter Ochse / den man sehr zährtlich hielt / so lange erlebete / genennet. Aber nach seinem tode / da er in einem todtenkasten eingeschossen lag / nennete man ihn Serapis. Diesen nahmen sol man ebenmäßig obgemeltem verstorbnen Könige Apis oder Epafus / oder vielmehr seinem todtenkasten oder sarge / darinnen er lag / weiter mit einer Ochsenhaut überzogen war / gegeben / und ihn göttlich geehret haben: wiewohl hiervon die Egipter nichts wissen wollen. So bald der Götzenochse todt war / suchten sie einen andern / der eben also / wie der abgelebte / schwartz von farbe / und mit weissen flekkern durchspränkelt; und ehreten ihn an des vorigen stelle. Was aber Serapis gesagt sei / davon seind unterschiedliche erklährungen. Etliche wollen / Serapis heisse so viel als Sarapis / das ist der fürst Apis oder Ochse / oder ein fürst des oder der Ochsen: welche dem Könige die sieben fruchtbare jahre verkündiget. Andere sagen / es heisse so viel als σόρος ἄπις oder σοράπις, das ist der kasten des Apis /oder der Ochsenkasten; wie es Plutarch / Luzian /und Varro deuten: dan σόρους heist ein kasten. Wieder andere meinen / es sol so viel gesagt sein / als einKornkasten des Apis / das ist des Ochsen; weilJosef / welcher der letzte Osiris / Apis / und Serapis zugleich ist / auch im 33 h. des 5 b. Moses einemOchsen verglichen wird / das getreide in kasten aufschütten und verwahren / auch in der teurung wieder ausspenden laßen. Dem sei nun wie ihm wolle / so siehet man doch hieraus genug / daß diese blinde heiden nichts gewisses von Gott gewust haben; und daher etliche ihren [393] Osiris / Apis / oder Serapis auf der erde / andere im himmel gesucht / und dieser ihn als einen Menschen / nähmlich / unter andern / als einen schönen Jüngling / mit einem korbe vol getreides / und brohtes auf dem heupte / andere als einen bunten oder schwartzweissen Ochsen abgemahlet / ja einer dieses / ein ander ein anderes sinbild des Osiris und Serapis erdacht.


Zur vorletzten zeile des 10 blats.


Wie derselbe Egiptische könig / unter dessen herschaft Josef in Egipten kommen / geheissen / davon seind vielerlei unterschiedliche meinungen. Die H. Schrift giebet ihm / ihrer gewohnheit nach / nur den bloßen algemeinen königlichen Ehrennahmen Farao: so tuhn auch die meisten Geschichtschreiber. Doch der Araber Abdalla Ben Geled nennet ihn mit dem eigenen absonderlichem nahmen Alrian; dessen worte wir droben bei der 12 zeile des 5 blats angezogen und der Ebreer Abraham Zachut ohne geschlechtswort bloß ןאיר Rian / wan er also schreibet:Hierauf herschete Eman; nach diesem Valid der sohn des Doma; dem sein sohn Rian folgete. Dieser ist Josefs Farao: nach welchem könig ward Maadan / und dan derselbe / der Talma heisset: welcher des Moses / unsers Meisters / über welchem sei friede! Farao ist / und als ein stein in den abgrund versunken. Aber alle diese nahmen / weil sie von der Egiptischen mundahrt so gar abweichen /seind mir / als vielleicht von den Arabern oder Ebreern erdichtete / nicht wenig verdächtig. Eusebius hingegen nennet ihn / dem Maneton zur folge / Amasis; welcher / als er 25 jahre geherschet / dem Chebron die herschaft hinterlaßen: unter welchen Kircher Josefs verkauffung setzet. Samuel Greiffensohn giebt ihm zwar keinen [394] andern nahmen / als den algemeinen Farao. Aber seinen sohn nennet er am 138 bl. in der Geschicht vom Josef / woher weis ich nicht / Tmaus: und schreibet / daß dieser Tmaus /nach seines vaters ableiben / eben solte zum könige gekröhnet werden / als er den Josef aus dem gefängnüsse hohlen laßen seine treume zu deuten: welches wider alle Geschichtschreiber / die ich hiervon gelesen / auch wider der Assenat geschicht / und die Verfassung des letzten willens Josefs selbsten streitet. Andere gedenken auch eines Königes / der zu Josefs zeiten in Egipten geherschet / den sie Konchares heissen. Dieser sol der 25 Egiptische könig / und eben derselbe sein / nach dessen kröhnung im fünften jahre / und nach Mizraim im 700 / das oben erwähnte große Gotische jahr sei eingesetzt und begonnen worden; wie Lange am 222 bl. des 1 b. von den jahren nach der Heilgebuhrt / aus dem Eusebius / anziehet. Weil aber die meisten / auch der Assenat Geschicht selbsten denselben Farao oder König / der damahls herschete / als Josef verkauft ward / Nefrem /oder Nefrem Tomestor nennen; so haben wir lieber dem meisten hauffen folgen / und den nahmen Nefrem in unserer geschicht vor allen andern behalten wollen.


Zur 30 zeile des 17 blats.


Nitokris Νίτωκρις, war des Egiptischen Königes einige Tochter. Eusebius meldet am 21 bl. des 1 seiner Zeitbücher / daß dieser Nahme eben so viel heisse /als Αϑηνᾶ νικηφόρους, das ist Atehne oder Minerve die überwinderin. Und das heisset er auch. Dan Nit oder Neith bedeutete bei den Egiptern eben so viel /als Minerva oder Pallas / das ist / die Alsgöttin der Weisheit; wie Plato / wan er von der stadt Sais / da diese Alsgöttin / als ihre stifterin / geehret [395] ward / und derselben gebiete schreibet / bezeuget: und in der Arabischen sprache / die der Egiptischen sehr nahe verwant ist / heisset רהק Kahara überwinden / und רהק Kahar, sieg / oder überwindung. Daher ist der nahme Alkair das ist / eine überwinderin; weilMuassus diese Stadt im zeichen des Mars / der ein überwinder der Welt ist / erbauet; wie Elmazin am 227 bl. seiner Sarazenischen Geschichte bezeuget. Und also ist der nahme Nitokris aus Nit oder Neit /und kar / als sagte man Nitokaris / oder Nitkaris /zusammengeflossen; und kan besser nicht / als einesieghafte Minerve verdeutschet werden.


Zur 18 und folgenden zeilen des 12 blats.


Der Krokodil ist der Egiptischen Könige sinbild: 1 /weil er Egipten eigen ist / und sonst nirgend / zum wenigsten so groß nicht / gefunden wird; 2 / weil er ein land- und wasser-tier ist / wie Pierius am 69 / und 186 bl. des 2 t. seiner Eg. sinbilder bezeuget / und die Egiptischen Könige auch zu wasser und lande gebieten; 3 / weil er gegen die bösen böse / und gegen die guhten guht und dankbar zu sein pfleget / wie Pierius ebenmäßig am 97 bl. seines 2 t. meldet; 4 / weil er die boßheit anzeiget / wie Diodohr im 1 b. anmärket; 5 /weil er augen hat / die gleichsam aus der tieffe herfür ragen; 6 / weil er des aufganges / und des niederganges sinbild ist / jenes durch itztgemelte aus der tieffe herfür ragende augen / und dieses durch seinen niedergebogenen und unter sich sehenden kopf: dan er istἀυτόκυπτον κὶ κατωφὲς τὸ ζῶον, von natur ein niedersehendes und nach der erde zu gebüktes tier; wie Horus Apollo in seinen Egiptischen Bilderschriften angemärket. Dahin zielet auch Ezechiel im 3 sp. des 29 h. Siehe! Ich wil an dich / Farao / du König in Egipten / [396] du großer Trache (d.i. Krokodil) der du in deinem wasser (im Niele) liegest / u.s.f. und im 2 spr. des 32 h. Du bist als ein Leue unter den Heiden / und als ein Meertrache (Wasser- oder Niel-trache / das ist ein Krokodil / aus der gattung der Trachen oder großen Schlangen) und springest in deinen ströhmen / und trübest das wasser mit deinen füßen (pfohten) und machst seine ströhme luhmicht. Ja eben dahin zielete auch der Keiser August / als er / nachdem er Egipten erobert / eine müntze / mit einer Palme / und einem Krokodil / schlagen lies.

In der Arabischen sprache / davon die Egiptische sehr viel wörter entlehnet / heisset der Krokodil ןוערפ Faraon; von שרפ Faris oder דרפ Farid / das ist absondern; weil er ein gar sonderliches tier / das von der andern ländern der welt gleichsam abgesondert /und. Egipten allein eigen ist. Aus dieser wurtzel entspriesset auch das nenwort דירפ parid oder farid /das ist der Rundbaum / Zizyphus oder lotus, der gar ein sonderlicher baum ist; nicht das Rundkraut /davor es etliche halten: welches wir darüm also nennen / weil alles / wie Jamblich bezeuget / daran rund ist / nähmlich die blätter / samt den bluhmen / und der frucht: dadurch die rundümschweiffende und drehende göttliche bewegung oder würkung des gemüthes angedeutet wird; daher es auch die Egipter ihrem höchsten Abgotte Osiris geheiliget. Dan alles / war rund ist /wird bei ihnen vor göttlich oder der göttlichen natur gleich und gemäß gehalten. Daher trugen auch die Priester rundgeschohrne kolben. Und Empedokles /als er gefragt ward / was Gott sei? antwortete: Er ist ein runter Kreus / dessen mitteltüpfelüberal ist /und der ümschweif oder ümzug nirgend.

Hieraus sehen wir / daß das wort Farao / wie die Egipter vor zeiten etliche ihrer Könige nacheinander /[397] mit diesem algemeinen nahmen / genennet / nichtKönig bedeutet / wie der Geschichtschreiber Josef wil / wan er schreibet: ὁ Φαῥαὼν κατ᾽ Ἀιγυπτίους βασιλέα σημάινει, das ist / Farao heisset bei den Egiptern König. Zudem wan dieses wahr were / so würde die h. Schrift / wie sie vielmals tuht / nicht sagen / der König Farao: welches eine ungereimte zusammenfügung zweier einerlei bedeutenden worte were / so fern Farao vor sich König bedeutete. Aber die Egipter hatten in ihrer sprache gantz ein anderes wort / welches so viel als König bedeutete / wie er /im 1 b. wider den Apion / selbsten bezeuget; da er das wort ὑκσὼς auf griechisch giebet βασιλεις πτιμένας könige hürten: τὸ γὰρ ὑκ᾽ sagt er / κὰτ᾽ ἱερὰν γλῶσσαν βασιλέα σημάινει, dan das wörtlein ὑκ Hük oder Hik heisset in der heiligen sprache könig. Dieses scheinet aus dem Ebreischen קה hok /das ist gesetz / herzustammen: auch wird das wort קקוהמ das sonst eigendlich einen gesetzgeber bedeutet / von den 70 Aeltesten bald ἡγούμενος, das istführer / gebieter / bald βασιλευς d.i. könig / baldἄρχων, das ist / Fürst / gegeben. Ja wir sehen zugleich aus allem / was wir alhier vom Krokodille gemeldet / daß Farao auch nicht so viel gesagt sei alsBaro, das ist Freiherr; wie Dresserus am 155 bl. seiner tausendjährigen Geschicht wähnet. Aber laßet uns hiervon Kr. Bekmans erklährung hören. Pharao, הערפ, schreibt er in seinem Buche vom uhrsprunge der Lateinischen sprache / id est, homo multis privilegiis & immunitatibus gaudens, exemtus jure communi: ex quo sine omni dubio est nobis usitatum Baro, etiam Germanorum assensu. Radix est ערפ, id est,privilegio affecit, liberum redicit, feriatus est, ut liberè & sine jugo, aut absque labore vivat. lnde enim aliquis non ineptè quoque derivet latinum privus; nisi J. Cæsarus Scaligeri etymon malis: item germanicum frei. Literæ enim tanquam [398] teria, & significatio tanquam forma, assentit. Ich mus zwar gestehen /daß man den nahmen Farao sehr wohl vom ebreischen ערפ, para, das ist frei machen / mit freiheit begaben / oder feiern / herleiten könte. Aber dieses stehet uns im wege / daß kein Egiptischer König vorJosefs zeiten / der ihnen zuerst die volle freie macht ihres gebietes zu wege gebracht / also daß sie dan erst frei und an keine gesetze gebunden waren / ein freier herr oder gebieter gewesen: da sie doch schon lange zuvor / ja selbst der erste nach der sündfluht Menis /der Memfis gebauet / das ist Mizraim / wie etliche melden / den nahmen Farao geführet. Jedoch wan man sagte / daß Farao so viel gesagt sei / als ein freigebohrner / das ist ein Sohn oder kind / wie das wort רב, bar, welchs ohne zweifel aus gemelter wurtzel ערפ gebildet / bedeutet; so möchte man es noch wohl gelten laßen: zumahl weil die Edelen oder Fürsten /ihrer fürtrefligkeit wegen / diesen ehrennahmen geführet; wie wir droben bei dem nahmen des Nimrods /Barchus und Liber, erinnert. Und ich halte gäntzlich darvor / daß das wort Baro nirgend anders her / als dem worte רב, bar, gebildet / auch anders nicht / als nach gemelter bei den Morgenländern gewöhnlicher redensahrt / sol verstanden werden.

Also war der nahme Farao bei dem alten Egiptern ein algemeiner ehrennahme der Könige / oder ein nahme der Königlichen würde: eben wie / nach Alexandern / bei eben denselben der nahme Ptolomeus /bei den Filistern der nahme Abimelch / bei den Jüden der nahme Herodes; und noch bei den Persern ist der nahme Sofi / bei den Tartern der nahme Ham oderCham, bei den Sinern der nahme Hoangt / bei den Japanern der nahme Vo oder Dairi / bei den Abissinern oder weissen Mohren der nahme Prestagan /davor man gemeiniglich verdorben Preste Jan, oderPriester [399] Jan saget / bei den völkern im Guineischen Königreiche Kajor / üm das Grühne Ekke herüm /der nahme Burdomel oder Budomel / ja beiden Deutschen / wie ehmahls bei den Röhmern Cæsar oder Augustus, itzund Keiser.

Hierbei müssen wir nohtwendig erinnern / daß etliche Holländer einen groben fehler begehen / wan sie dem Sinischen Großherrn / als auch dem Japaner /und Abissiner den nahmen Keiser zueignen: da sie doch wohl wissen / oder billich wissen solten / daß dieser nahme Keiser oder Cæsar niemand / als allein den Röhmischen oder Röhmisch-Deutschen Weltherren / den sie vom ersten derselben / der das Röhmische Weltreich angefangen / nähmlich Julius Zesarn herhaben / als ein algemeiner erbnahme und als ein erbeigentuhm zukommet; ja daß die Sinischen bei den Sinern selbsten von ihrem dritten erwehltem Großherrn Hoangt / Hoangti / auch die Japanischen Vo oder Dairi / und die Abissinischen Prestagan /das ist rechtgleubig / oder Padescha Prestagan /das heisset ein rechtgleubiger könig / wie es auch in Persischer sprache lautet / eigendlich genennet werden. Dadurch tuhn sie / die Holländer / nicht allein selbst der höheit der Röhmisch-Deutschen Weltherren zu kurtz / indem sie ihren eigenen und vom ersten Römischen Weltherrn angeerbten hohen Ehrennahmen /so gantz wildfremden Herren / die nicht das geringste teil am Röhmischen Weltreiche haben / zuzueigenen sich so unbesonnen erkühnen; sondern sie veranlaßen auch manche Hochdeutschen / nähmlich dieselben /die nicht besser wissen / solcher gestalt zu einer gefährlichen nachfolge: ja sie geben ihren groben unverstand und achtloßheit an den tag / indem sie nicht einmahl acht schlagen / daß kein Lateinischer Schreiber /auch nicht der allertummeste / iemahls den nahmen Cæsar einem andern / als [400] den Römischen oder Röhmisch-Deutschen Weltherren / in seinen schriften gegeben. Eben also haben bisher / mit dem nahmenKeiser / auch alle Hochdeutschen rühmlich getahn: wiewohl der misbrauch bei etlichen neulingen / die es / als was sonderliches / den Holländern abgesehen /schon einzureissen beginnet; und man mir selbst in meiner verhochdeutschung etlicher in niederdeutscher sprache von gemelten fremden Völkern geschriebener Geschichte / mit einer übel gewaschenen hand / die wörter Großkönig oder Großherr in das wort Keiser / ohne meine bewilligung / verändert. Ja was wil ich viel sagen? Solte wohl ein Siner des Sinischen Großherrn eignen algemeinen Ehrennahmen Hoangt /oder ein Japaner der Japanischen Vo oder Dairi / oder ein Abissiner der Abissinischen Prestagan / wan sie in ihrer muttersprache von uns Hochdeutschen schrieben / unsrem Weltherrn oder Keiser zueignen? Ich halte nein. Und eben darüm ist es eine große tohrheit /wan wir unserer Weltherren gantz eigenen Ehrennahmen Keiser so lüderlich wegwerfen / und ihremHoangt / ihrem Vo oder Dairi / und ihrem Prestagan zuschreiben wollen. Ich mus zwar gestehen / daß alhier der nahme König / wie man bisher gemelte große Herren / darunter der Abissiner allein 72 königreiche besitzet / wie Markus Antohn / Sabellikus /und P. Geslin / in seiner heiligen Weltbeschreibung /bezeugen / aus mangelung anderer deutschen wörter /gemeiniglich genennet / viel zu wenig sei. Darüm bin ich auch schon vorlängst bewogen worden andere hochdeutsche wörter / dadurch ihre macht üm so viel besser und eigendlicher angedeutet würde / aus dem brunnen unserer wortreichen sprache zu bilden / oder vielmehr zusammenzufügen. In meiner Helikonischen Hechel ist hiervon ebenmäßig erinnerung geschehen. Wir wollen [401] alhier ein teil derselben wieder hohlen. Die Ehrennahmen Ertzkönig / oder Großkönig / oder auch Großherr / pflege ich denen hohen Heuptern / welche unterschiedliche Könige unter ihrem gebiete haben / und daher nicht schlechthin Könige können genennet werden / zu geben. Das wortErtzkönig habe ich / nach dem schon vorlängst üblichem worte Ertzhertzog; Großkönig / und Großherr / nach dem auch längst gebreuchlichem nahmenGroßfürst / Großhertzog / gebildet. Jenen ehrennahmen / nähmlich Ertzhertzog / pflegen die Oesterreichischen Heupter zu führen; diese aber / nähmlichGroßfürst / der Moskovier / und Großhertzog / der von Florentz. Den Moskovischen oder Russischen Großfürsten pflegen etliche neue Schreiber auchKeiser zu nennen; vielleicht weil er sich selbstenTzar / welches von Cæsar gebildet scheinet / in seiner sprache nennet. Ja viel derselben / unter denen die Holländer die ersten / wollen dem Sinischen Großherren / weil er viel Königreiche besitzt / wie auch dergleichen andern Gewaltigen / den nahmen Keiser ebenmäßig zueignen. Aber wie unrecht solches sei /wissen dieselben / welche wissen / daß der Ehrennahme Cæsar, oder Keiser / welches wir aus jenem gebildet / vom zunahmen des ersten Römischen Weltherrn herrühret / und auf seine Nachfolger fortgepflantzet sei / ja daher keinem andern Gewaltigen von rechtswegen zukomme / als den Römischen Welt herren; davor noch itzund die Deutschen Keiser gehalten werden. In etwas könte es hingehen / wan etliche den Großtürken auch Keiser nennen: weil er das Griechische teil des Römischen Weltreichs besitzt / und daher zum teil ein Nachfolger des ersten Röhmischen Weltherrn ist. Sonst ist es gantz ungereimt /und wider die ehre des Röhmischen Weltreichs gehandelt / wan man so zuplumpet [402] / und den hohen Ehrennahmen / der / aus erwähnten uhrsachen / den Röhmischen Weltherren allein und gantz eigen zukömt /auch andern / die nicht ein dörflein von gemeltem Reiche besitzen / zueignen wil / u.a.m.


Zur 24 zeile des 14 blats.


Die Egipter pflegten ihre gelübde und eidschwühre sonst gemeiniglich bei dem auf dem Filischen Inlande beigesetztem Osiris zu tuhn; wie Vossius am 202 b. vom uhrsprunge und fortgange der Götzenschaft angemärket.


Zur 9 zeile des 16 blats.


Nubien ist ein land in Afriken bei dem Niele / mit Egipten und Libien benachbahrt; dessen einwohner meist Araber seind.


Zur 14 und folgenden zeilen des 16 blats.


Hiervon stehen in Josefs letztem Willen folgende worte: Als wir in Egipten kahmen / zankten und stritten sie sonderlich üm meinet willen / welcher von ihnen mich zum schatze haben solte. Und sie warden miteinander eins / daß ich in Egipten / bei einem Kaufmanne / bleiben solte / welcher ihnen in ihrer handlung bedient war / so lange / bis sie mit ihren kaufwahren wieder zurükkähmen. Und der HERr verschafte / daß mich der Kaufman sehr lieb gewan / und mir sein gantzes haus anvertrauete. Auch machte ihn der HERr sehr glütlich / und seegnete ihn in allem / so lange ich bei ihm war: ja er gab ihm viel goldes und silbers. Und ich wohnte bei ihm drei mohnden und fünf tage.


[403] Zur letzten zeile des 16 blats.


Der wunderstein Bet wird auf dem Berge Alard / der zwischen Nubien und Zinchanke lieget / gefunden. Von diesem schreiben die Araber / daß er dieselben /welche ihn was lange ansehen / stum machet. Auch erzehlen sie / daß Alexander der Große / den sieAskander nennen / von diesen steinen das Schlos der verwunderug bauen laßen: und daß ihm sein Lehrmeister Aristoteles / den sie Arkato Talis nen nen / den raht gegeben; er solte eben so viel leibeigne / als andere leute / solche steine zu hohlen / senden. Die leibeignen solten die steine / mit offenen augen besichtigen und auslesen; seine leute aber mit bedekten augen / darbei stehen / und wan sie vernommen /daß die leibeignen stum worden / die ausgelesenen steine kauffen.


Zur 27 und 28 zeile des 17 blats.


Des Potifars gemahlin / welche den Josef zur unkeuschheit angereitzet / hat weder in der heiligen Schrift / noch in der Assenat Begabnüs / noch auch in Josefs letztem Willen / keinen eignen Nahmen. Samuel Greiffensohn aber nennet sie / in seiner Lebensbeschreibung des Josefs / woher zeigt er nicht an / Saliche: und andere / denen der berühmte RitterJakob Kats / in seinem Selbstreite / und wir ebenmäßig / gefolget / Sefira.


Zur 9 und 10 zeile 18 blats.


Daß die Ismaeler den Josef dem Könige, seine gnade zu erlangen / zum geschenke überreichet / er aber ihn nicht behalten wollen / zeiget S. Greiffensohn [404] / inJosefs Lebensbeschreibung am 61 und folgenden blättern / aus den Arabern / an.


Zur 8 und folgenden zeilen des 21 blats.


Wie Polemon die Augen des gemühts tuhren nennet; so nennet der Prediger das Augesicht des gemühtes gasse / und die Augen die schauer durch die fenster; weil im angesichte sich alle sinne befinden / und die Seele / als auf einem offenen markte /mit den euserlichen dingen handelt und wandelt. Darüm hat auch der Schöpfer den Augen den höchsten sitz / recht vor der sinnenburg / gegeben; damit sie, als von einer hohen warte / üm so viel füglicher üm sich sehn / und eben so füglich gesehen werden könten. Durch jenes führen sie uns / sagt Plato / zur erkåntnüs Gottes; indem wir nähmlich zuvörderst den himmel / und desselben heers so unterschiedliche und wunderliche / doch eben so richtige / als stähtige bewegungen anschauen: durch dieses geben sie unser hertz / samt seinen neugungen und gedanken / kund. Und also erkundigen wir / durch die Augen / was ausser uns / und machen auch / durch eben dieselben /kund / was in uns geschieht. Ja wie sie gemeiniglich die wahrheit eher und besser kund geben / als der Mund; so erkundigen sie auch ein ding viel eher / viel richtiger / viel wahrhaftiger / als die Ohren. Daher ist das sprichwort / das Auge bezeuget / was der mund schweiget: und ὠ τίων πισότεροι ὀφθαλμοὶ, die Augen seind glaube würdiger / als die Ohren. JaPlautus sagt: pluris est oculatus testis unus, quàm decem auriti, ein Augenzeuge gilt mehr / als zehen Ohrenzeugen. Dan vom hörensagen komt manches schlagen. Euripides sagt in seinem Jupiter:


Εις ομματ᾽ οὔνου φωτὸς εἰσφλέψαι γλυκύ:


[405] das ist / es ist süße und lieblich in eines guhten mannes Augen zu schauen. Πολλὰ μὲν ὀφθαλμοὶ των ἀνθροπίνον ἤθων ερμην

ουσι, d.i. die Augen zeigen viel der menschlichen sitten an / sagt Filostratus. Ist das Auge guht / so ist das gemühte guht: und dan bewegt es den anschauer / der auch guht ist /zur Liebe; ja so wird das Griechische sprichwort wahr: ἐκ τοὔ ὁρᾷν γίνεται τὸ ἐρᾷν, Liebe blühet /wo man siehet; oder anschauen würkt trauen. Unser Heiland sagt bei dem Heilverkündiger Matteus im 22 spr. seines 6 hauptstükkes: Das Auge ist des leibes licht. Wan dein Auge einfältig ist / so wird dein gantzer leib liecht sein: wan aber dein Auge ein schalk ist / so wird dein gantzer leib fünster sein. Ἄνδρες ἀγαθοὶ ὀρτῶς βλέπουσι ομμασι, die guhten und frommen sehen gerade aus den augen / seind Xenofons worte im 7 b. das ist / sie sehen aufrichtig und redlich / nicht schalkhaftig / tükkisch und betrügerisch aus: sie laßen aus den Augen blikken /daß ihr gantzer leib vol tugend sei; daß ihren gantzen menschen die tugend erleuchtet / und kein laster verfünstert: ja ihrer Augen einfältige blikke zeigen an /daß sie derselben meister so wohl seind / als der hände. ου μόνον δει τὰς χείρας ἔχειν παρ᾽ ἀυτω, ἀλλὰ κὶ τους ὀφθαλμους, es geziemet sich nicht allein die Hände in seiner macht zu haben / sondern auch die Augen; sagte Isokrates zum Sofokles / als er einen schönen Knaben alzuverliebt lobete; wiePlutarch im leben der zehen Redner bezeuget.


Zur 2 und folgenden zeilen des 22 blats.


Daß Potifar / den Flavius Josef / im 2. b. seiner Jüdischen Geschicht / Petefres nennet / die dritte stelle nach dem Könige besessen / ist aus Josefs [406] letztem Willen zu sehen; da Josef also spricht: als ich hineingebracht war / bähtete ich den Fürsten an /und täht ihm seine gebührliche ehre: dan er war der dritte nach dem Könige im staht / und ein Oberster über alle Geschnittenen. Daß er auch deroberste königliche Küchenmeister gewesen / bezeuget / an itztgemeltem orte / Josef / der ihn einen Fürsten oder Obersten über Faraons küche nennet / ebenmäßig: als auch Josef der Jüdische Geschichtschreiber; wiewohl er nur schlecht hin saget / er sei über Faraons Köche gesetzt gewesen. Ja daß er zu gleich des Obersten Halsrichters bestallung gehabt / melden die Kaldeer: welche ihn einen Meister der getödteten / und einen Fürsten über die Halssachen nennen. Aber Moses nennet ihn im 36 spr. des 37 / und im 1 des 39. h. seines 1 B. des Farao Kämmerer / und Hofmeister; welcher auch gemeiniglich mit über die Küche zu gebieten pfleget: und der Assenat Geschicht straks im anfange / den obersten Hauptman der Ritterschaft Faraons. Etliche sagen / füget sie hinzu / Potifar sei ein oberster Fürst über die Küche gewesen: und das ist der wahrheit auch wohl gleich. Dan bei vielen Völkern ist der Fürsten Vorkoster oder Trank- und speise-koster / das ist Vorschneider / ehrlicher und ansehnlicher / als der Hofmeister. Eben dieselbe Geschicht schreibet auch in der folge dieses:Und Josef kahm in des Heliopelschen Landes grentzen / dessen Landsfürst Potifar war / ein Priester / und Fürst aller Fürsten aus dem Rahte Faraons.

Ob nun der Potifar / der den Josef gekauft / eben derselbe Potifar gewesen / dessen Tochter er ehligte /den Moses einen Priester zu On / und Josef der Geschichtschreiber einen Priester zu Heliopel / welches [407] einerlei ist / nennet; davon sind unterschiedliche meinungen. Hieronimus meinet / in seinen Anmärkungen über das Buch der Schöpfung / daß Josefs Keuffer eben derselbe gewesen / der ihm nachmals seine Tochter vermählet. In dieser meinung stehen ebenmäßig die meisten Ebreer: welche darbei fügen /daß Potifar / aus Göttlicher schikkung / seine månligkeit / weil er den Josef zum misbrauche /nähmlich zum dienste seiner geulheit / gekauffet / verlohren; daher man ihn auch nachmahls zum obersten Priester zu Heliopel erwehlet; welches Amt niemand /als dergleichen Männer / und die von den edlesten entsprossen / bedienen können. In mehrgemelter Geschicht der Assenat seind / unter andern / auch folgende worte zu lesen. Potifar war nicht aus des königes Kammerdienern: dan diese schneidet man sehr jung. Aber die Ebreer melden / daß er den Josef / der so überaus schön war / gesehen / und ihn darüm gekauft / damit er seiner misbrauchte. Doch der HErr bewahrete den Josef / weil er einem Geschnittenen gantz gleich war. Als nun die Egipter sahen / daß Potifar unfruchtbahr zu sein schien; so machten sie ihn / nach ihrer gewohnheit / zum Bischoffe zu Heliopel. Und also ist er viel ehrlicher und ansehnlicher im Priestertuhme gewesen / als er zuvor im weltlichen Fürstenstande war. Hiermit stimmet fast überein Rupertus /im 27 und 32 h. des 8 b. Besiehe ferner / was Salian am 309 / und 321 bl. des 1. t. seiner Jahrgeschichte meldet. Hingegen wil Augustinus / daß des Josefs Schwiegervater ein ander Potifar gewesen / als derselbe / der ihn gekauft. Und dieser meinung pflichten bei Lipomanus / Oleaster / Pererius / als auch mehrgemelter S. Grieffensohn / und Vossius; welcher am 218 bl. vom Götzendienste / unter andern /also schreibet: Asnath [408] filia non carceris Præfecti, nomine רפיטופ; qui Josephum ab Ismaëlitis emerat (nam, ob impudicitiam uxoris perspectissimam, talis hominis filiam meritò fuisset avarsatus) sed Cohen, hoc est Sacerdotis vel potius principis viri sive Præfecti in On, hoc est Heliopoli cui nomen ערפיטופ Potiphera. Alhier wil Vossius damit beweisen / daß Assenat nicht desselben Potifars Tochter gewesen / der den Josef gekauft: weil er erstlich eine solche Gemahlin gehabt / die ihrer unkeuschheit wegen einen so bösen nachklang bekommen; und darnach auch Potifar / jener aber / nähmlich Josefs Schwiegervater /Potifera genennet werde. Aber warüm Josef eben die Tochter desselben / dessen gemahlin ein solches brandmärk hatte / fliehen sollen / kan ich nicht sehen. War die Gemahlin leichtfårtig / das konte weder demPotifar / nach der Assenat zugemässen werden. Zudem war sie nur ihre Stiefmutter / auch schon gestorben / als sich Josef mit der Assenat vermählte: jaAssenat selbsten hatte sie noch nie gesehen; weil sie starks nach ihrer gebuhrt gen Heliopel gebracht / und alda / gleich als in einem Kloster / erzogen ward. Und also konte ihr das übele verhalten ihrer Stief-mutter /in derer gegenwart sie nicht erzogen / keines weges nachteilig sein / wan sie auch schon ihre leibliche mutter gewesen. Was die nahmen Potifar / welchesüberflus oder ein fetter Ochse heissen sol / wie esHeidenius erklähret / und Potifera belanget; diese /wiewohl sie zween unterschiedliche nahmen zu sein scheinen / konte doch gar wohl einer allein führen.Josefs Obergroßvater ward erst Abram / darnachAbraham / und seine Obergroßmutter erst Sarai /darnach Sara genennet; wie Moses im 17 h. des 1 b. bezeuget. Eben also nennet die heilige Schrift den Königlichen Kämmerer und Hofmeister / im 37 und h. des Buchs der Schöpfung / erstlich Potifar; [409] darnach aber / als er Heliopelscher Bischof oder Priester zu On / von dannen er auch bürtig / wie Heidenius meldet / worden / im 41 h. eben desselben buches /zweimahl Potifera. Zudem wird dieser letzte nahme sonsten bei keinem Geschichtschreiber gefunden. JaJosef selbsten bekennet in seinem letzten Willen /daß er seines Herrn Tochter geehliget. Seine eigene worte an seine Söhne und Brüder seind diese: überwäget es wohl; dan ihr sehet vor euren augen /daß ich / üm meiner langmühtigkeit willen / meines Herrn Tochter zur ehe bekommen; und 60000 güldne Krohnen mit ihr / zum brautschatze.


Zur 10 zeile des 24 blats.


Der nahme Assenat oder Asnat / welchen Flavius Josef Asanete / Bochart Askenes oder Ascens schreiben / wird alhier vom Arabischen worte Asna /welches schön heisset / hergeleitet. Im Mittagsteile des Egiptischen Königreichs liegt eine Stadt / welche zuvor Siene genennet ward. Weil aber dieser nahme mit dem Arabischen Worte Zeicha oder Seicha, das ist häslich / fast gleich lautet; so haben ihr nachmahls die Araber / weil sie eine sehr schöne stadt ist / den nahmen Asna gegeben; wie Livius Sanutus in seinem 9 buche bezeuget. Sonsten heisset Asnat auch so viel als eine Heilandin oder Aertztin; oder vielmehr /als sagte man Assa-neit / die Aertztin Minerve / die heilmachende Weisheit. Dan Nit oder Neit ist in der Egiptischen Sprache so viel / als Minerve; wie wir bei dem 17 und am 395 bl. angewiesen.


Zur 3 und folgenden zeilen des 26 blats.


Julius Sirenus schreibet im 18 h. seines 9 b. vom Verhängnüsse: daß die Egipter und Sirer / wan [410] sie den Abgott üm raht fragen wollen / ein Bäkken mit Wasser gefüllet / und darnach den Abgott mit gewissen Worten angerufen: welcher ihnen aus dem Wasser / mit einem häslichen zischen geantwortet. Auch hette er sie im Wasser das bild oder die gestalt des dinges /oder des menschen / darnach sie gefraget / sehen laßen. Sonsten geschahe solches auch durch das Wachs: und dieses ward Ceronomantia, wie jenes λεκονομαντία, genennet. Kircherius Oedipi Ægypt. tom. 2, part. 2, pag. 445.


Zur 29 zeile des 26 blats.


Heliopel / Ἡλιόπωλις oder ἡλίου μητρόπολις, wie sie Arrianus nennet / das ist Sonnenstadt / Solis oppidum, wie sie Plinius im 9 h. des 5 b. und Mela auch im 9 h. des 3 b. benahmen / weichet Mitres / das istMizraim / gebauet / und die Israeler ergrössert / hat von den Griechen diesen nahmen bekommen. Die Ebreer und Kaldeer nennen sie ןוא, On / das ist unrecht; vielleicht darüm / weil Israels Kinder alda so vieles unrecht gelitten; als auch die 70 übersetzer im griechischen / jenen zur folge: Ptolemeus aber Onion: und der Araber Abenefi / wie Simon Seti bezeuget /Ainschems oder Ainsemes / das ist Auge oder brun der sonne; andere Betsames oder Betsemes / das isthaus der sonne. Nomen suum adhuc integrè tuetur; non quidem græcè, sed arabicè, sagt Guilaldien /wie auch Bekahn im 6 b. von Spanien; und der Ebreer Rasse / in seinem so genenten Mikra haggedola / über das 30 h. Ezechiels also: On / die Egiptische stadt / wird in der unebreischen sprache Betsames / oder Ainsemes / das ist Haus oder Auge der sonne genennet. Raldag / und Aben Esra meinen /in ihren Anmärkungen [411] über das 14 h. des buchs Mos. daß On oder Heliopel / und Ramesse / da die Ebreer wohneten / eine stadt gewesen. Und dieses scheinet auch der wahrheit nicht unähnlich zu sein: weil Ramesse dichte bei Heliopel / wie andere bezeugen / gelegen. Aber Heliopel lag im winkel zwischen zwee Nielärmen / und Ramesse auf der andern seite / über dem Niele / nach Kanaan zu. Daher urteile ich / daß nichts mehr / als der euserste schmahle Nielarm / zwischen beiden städten gelegen; und man sie dannenher gleichwohl / weil sie so nahe beieinander gestanden /vor eine stadt gehalten. Auch mus es in solchem verstande angenommen werden / wan etliche schreiben /daß die Kinder Israels Heliopel gebauet / oder vielmehr grösser gebauet und erweitert.

Es scheinet aber / daß beide städte ihren nahmen von der Sonne bekommen / oder vor eine stadt seind gehalten worden; weil man in beiden die Sonne geehret: wiewohl nur in der rechten und alten Sonnenstadt das Götzenhaus der Sonne stund. Von diesem Götzenhause schreibet der Araber Artefi / in selbigem hauptstükke / da er beweiset / daß alles aus einem tüpflein entspriesset / folgender gestalt: Es war aber zu Heliopel das Heiligtuhm der Sonne: und in demselben stunden zwölf Sonnenseulen / welche die zwölf himlischen Zeichen des Tierkreuses / und der Uhrwesen verborgenheiten bedeuteten. Dieses geben / wie sonsten auch alle der Sonne zugeweihete Götzenheuser / stieg mit einer runten mauer in die höhe / und hatte oben ein halbruntes gewölbetes tach / mit vielen löchern durchpohret: also daß dadurch die sonne den gantzen tag / bald durch dieses /bald durch jenes / einen strahl auf des Osirischen oder Serapischen götzenbildes mund in das heiligtuhm hinein schos. Daher vermeinte das einfältige blinde volk[412] das dieses von den Priestern ersonnene betrügliche kunststükke nicht wuste / daß ihr Sonnengötze Osiris / den sie vor die Seele der Sonne hielten / von ihr aus liebe mit stähtigem küssen geehret würde. Ja es kahmen auch zugleich / durch eben dieselben löcher der maur / die strahlen der Sonne fort und fort auf denSonnenspiegel / der recht gegen über hing / herab geschossen / also daß das Heiligtuhm / durch den widerschein / und das zurükprallen der strahlen / den gantzen tag durch erleuchtet ward; wie die Arabischen Geschichtschreiber Abenhakem / Aben Saira / und andere melden. Es waren aber die Egiptischen Götzen-heuser der Sonne darum rund gebauet; weil die Sonne / die Welt / ja Gott / wie die Egipter meineten /selbsten eine runte gestalt hetten. Cornel. à Lapide in Genes. p 684. Ausser diesem Götzenhause der Sonne / befanden sich auch zu Heliopel / unter andern / die zu zwölf Götzenheuser der zwölf Egiptischen Hauptmanschaften; darinnen iede Hauptmanschaft ihren besonderen Tiergötzen ehrete. Zudem hatte man alda viel Schuhlen / und eine große mänge Klöster.Cornel. à Lapide in Genes. p 316. Dresserus Millenar. 3, p. 154.


Zur 28 und folgenden zeilen des 27 blats.


Von dieser Sonnenburg / meldet die Geschicht derAssenat folgendes: Es lag eine Burg bei Potifars hause / welche groß und hoch war. In derselben stund ein Schlos / mit zehen zimmern versehen. Das erste war groß / und aus der maße gezieret; der bodem mir marmel belebt / und die mauren mit edlen steinen ausgesetzt: ja die seulen waren von lauterem golde. Hierinnen stunden die güldenen und silbernen Abgötter der Egipter: denen Assenat täglich dienete. Im andern ward der Assenat zierraht / welcher in golde / silber /edelen steinen / und vielerlei köstlichen prunktüchern bestund / bewahret. Im dritten waren allerhand Götter [413] des Landes; als auch das Bähthaus / da Assenat ihr gebäht alle tage verrichtete. In den übrigen wohneten Jungfrauen / welche überaus schön waren / und der Assenat dieneten. Mit diesen hatte kein Mansbild iemahls gesprochen. Aber in der Assenat zimmer selbsten waren drei fenster: das erste / welches nach dem morgen zu stund / sehr groß: das andere ging nach dem mittage zu / und das dritte gegen mitternacht. Auch befand sich alhier ein güldenes Bette / mit sammet und golde / und mit ausgewürktem leinwand umhängen / ja von aussen mit hiazinten / purpur / und köstlichem zeuge gezieret. Darauf schlief Assenat allein: und kein mansbild hatte darauf iemahls gesessen. Um dieses schlos herüm ging ein großer vorhof /mit einer großen mauer von vierekkichten steinen ümzogen. In denselben Vorhof gelangte man durch vier eiserne Tohre: welche von achtzehen geharnschten männern bewahrt warden. Auf der rechten seite des vorhofs stund ein Brun des lebendigen und sehenden wassers: darneben sich ein ausgehauener stein befand / in welchen das brunnenwasser gelauffen kahm / alle beume / die im vorhofe stunden / zu befeuchten.


Zur 18 und folgenden zeilen des 28 blats.


Von dieser der Assenat spielgeselschaft spricht ihre eben angezogene Geschicht also: Assenat sagte zum Engel; Herr / ich habe sieben Jungfrauen: die seind mit nur auferzogen / und in einer nacht gebohren /u.a.m.


Zur 8 zeile des 30 blats.


Im Afrikschen lande Lime findet man allerhand wunderliche Bildersteine / wie Aben Gezar und Marmol bezeugen. Die Araber nennen sie ins gemein Hagaracht / und die Spanier los Hechizos. Auf oder in diesen steinen hat die natur selbsten bald einen arm /bald einen kopf / bald ein anderes teil des menschlichen leibes / ja zu weilen auch einen gantzen Menschen abgebildet. Man pfleget sie zur zauberei und[414] zum wahrsagen zu gebrauchen. Sonderlich aber helt man dieselben in großem währte / in welchen die gestalt eines volkommenen Menschen abgebildet ist; weil man festiglich gleubet / daß in denselben eine kraft verborgen / der Fürsten und Könige gunst / wan man sie träget / zu gewinnen.


Zur 15 und folgenden zeilen des 33 blats.


Diodor der Sizilier bezeuget im 28 h. des 11 b. es sei in Egipten kein winter: es regne wenig / ja üm Memfis herüm gantz nicht; weil es unweit vom dürren himmelsstriche gelegen: nur bei der see spührete man gegen den winter einigen regen. Hiermit stimmet Plinius überein / wan er in seinem 18 b. schreibet: In Egipten hat man entweder sehr selten regen / oder wohl gar keinen: dan Gott macht durch den überlauf des Niels das erdreich fruchtbar / u.a.m. Besiehe hier von unsern Dichterischen Sternhimmel / am 238 /239 / 252 / 263 bl.


Zur 13 und folgenden zeilen des 35 blats.


Plinius schreibet im 9 h. des 5 b. Der Niel beginner alle jahr / im neuen mohne nach der sonnenwende / zu wachsen; und zwar algemach und spahrsam / so lange die sonne durch den Kräbs leuft; überfliessig aber /wan sie den Leuen durchwandert. Endlich fält er wieder / in der Jungfer / auf eben dieselbe weise / wie er gestiegen. Und Teon am 19 bl. seiner Anmärkungen über den Aratus: Das gantze zeichen des Leuen ist der Sonne geheiliget. Dan da steiget der Niel / und gehet der Hundesstern auf / üm die eilfte stunde. Und von hier beginnet man das jahr / u.a.m. Aber Teon irret / indem er dem beginne des Nilischen wachsens eine gewisse stunde zuschreibet; da man doch befindet / daß der Niel in einem jahre wohl gantze tage [415] früher / im andern spähter wächset / nachdem die witterung ist an denen örtern / da er entspringet. Etliche pflegen den anfang seines auflaufs in den 12 brach-oder liljen-mohndes / und den begin seines falles auf den 14 ärntmohndes / da die Hundestage sich endigen / zu setzen. Andere dagegen setzen beiderlei anfang wohl 14 oder 15 tage spähter: welches auch mit der erfahrung besser übereinstimmet. Gleichwohl trift auch dieser satz so gewis nimmermehr ein / daß er nicht zuweilen auf einen oder zween / ja wohl mehr tage solle verrükt werden; dergestalt daß es nur falsch und vergebens ist eine gewisse stunde setzen wollen. Zudem bezeuget auch die erfahrung / daß zu unsern zeiten der Niel viel spähter das erdreich überschwämmet / auch lange so hoch über den äkkern nicht stehet / wan er schon auf das höchste gestiegen / als er vor etlichen hundert jahren getahn. Die uhrsache dessen ist das durch den jährlich zugeführten schlam immer mehr und mehr erhöhete erdreich. Daher dan itzund der anwachs von sechzehen ellen / der im ärntmohnde sich begiebet / nur die Königlichen äkker überwässert: und der von achtzehen erst die andern. Aber der von zwölfen giebet dem lande gantz keine feuchtigkeit: und der von zwanzigen überschwämmet es alzugewaltig / ja so / daß er die beume auswäschet und das erdreich verwüstet. Wie die Egipter durch einen bewahrten erdkloß erfahren / wan der tau vor dem wachsen des Niels fället / schreibet Prosper Alpinus / Vossius / und andere. Von der länge der zeit aber /in welcher der Niel steiget / seind die Naturkündiger sehr uneins. Herodotus / Diodohr / Marzellus / und andere schreiben ihm 98 / ja wohl 100 tage zu: Aristides fast 4 mohnden. Die meisten aber wollen / daß er 40 tage wachse / und 40 tage falle.


[416] Zu den 2 letzten zeilen des 35 blats.


Plinius in 9 h. des 5 b. Ægyptus duodecim cubitis in altitudinem ascendentis Nili famen sentit; in tredecim etiamnum esurit: quatuordecim cubiti hilaritatem afferunt; quindecim securiratem; sedecim delitias.


Zur 9 und 10 zeile des 36 blats.


Mitten in dem Leuen / oder etwas über die mitte / hat der Niel seine höchste höhe / nähmlich eine solche /als zur fruchtbarkeit genug ist.


Zur 20 und folgenden zeilen des 36 blats.


Eben derselbe Plinius schreibet am itzt angezogenen orte: Sementem faciunt Ægypti sole jam Libram tenente. Und also war im Egipten üm den herbstmohnd keine ärnte / wie in Europe. Dan üm den frühling /sagt Filo der Jüde / im leben des Moses / waren alle früchte der erde und etlicher beume im Jüdischen lande / in Egipten / und Babilonien reif.


Zur 7 und folgenden zeilen des 37 blats.


Lange schreibet an 218 und 223 bl. von den jahren der Heilgebuhrt: Als die weisen in Egipten sahen /daß alda sich etwas zutrug / das man sonsten nirgend iemahls gesehen / nähmlich daß der Niel jährlich sechzehen ellen hoch auflief / und ihr gantzes land wässerte / und dessen uhrsache fleissig nach forschten; so gleubten sie / daß der helleuchtende Hundesstern / der ihnen üm diese zeit / unter dem nahmen Sotis / aufging / dieses große wunderwerk der natur würkte. Und darüm hielten sie ihn vor [417] einen Gott /und begunten auf seine zeit fleissiger achtung zu geben. Ja sie hielten darvor / daß üm diese jahrszeit /da der Hundesstern aufging / die Welt erschaffen worden. Proclus l. 4. in Tim. Platonis: Ægyptii horoscopum mundi fecerunt Cancrum, eo quod lucida Canis cum signo Cancri oriatur. Auch ehreten sie nicht allein den Hundesstern / welchen sie den überlauf des Niels zu würken wähneten / als einen Abgott: sondern auch den Niel selbsten; weil er ihr land fruchtbar machte. Daher sagt Solinus im 35 h. Nilo multas superstitiones, imò ferè divinos honores exhibent. Plinius im 46 h. des 8 b. Vossius aber schreibet / in seinem Buche von der Abgötterei / vom überlauffe des Niels also: Ægyptii quidem habent exitus, ostiaque Nili: Æthiopes autem fontes. Nam ab asperis rupibus, qui Lunæ montes dicuntur, decurrit in Ægyptum, per Æthiopiam. Rex Abyssinorum scribitur Rex Goyome, ubi Nilus orintur, etc, Crescere incipit mox à solstitio circa XV Kal. Quinctil. Cujus causa sunt perpetui imbres juxta circulum æquinoctialem: ubi est hiems, quando æstas est illis, qui sub tropico cancri, & cis eum, habitant. His igitur imbribus septentrionem versus confertim ruentibus, tota inundatur Ægyptus, etc. Fast eben dasselbe von den Nielsbrunnen findet man in der Arabischen Landbeschreibung. Dan sie sagt auch / daß der Niel von den Mohndesbergen seinen uhrsprung / und zehen brunnen / habe. Hierzu füget sie: daß die erde in der fläche / da endlich die zehen Nielsbrunnen zusammenschössen / unten hohl sei: ja das gantze benachbahrte land bei den Mohndesbergen sei unterwaschen. Besiehe hiervon auch unsern Dichterischen Sternhimmel / am 252 bl.


[418] Zu den letzten zwo zeilen des 37 blats.


Hier von kan Atanas Kircher am 59 und folgenden bl. seiner Egiptischen Landbeschreibung / als auchIsaak Vossius / des großen Gerhards sohn / vom uhrsprunge des Niels und anderer flüsse / welche beide dieses alles sehr weitleuftig ausführen / gelesen werden.


Zur 16 und folgenden zeilen des 38 blats.


Die Egiptischen Priester schrieben dem überlauffe des Niels dreierlei uhrsachen zu; daher sie ihrem Nielgötzen auch drei Wasserkrüge / wider der Dichtmeister gewohnheit / die iedem Flusgötzen nur einen geben /zueigneten. Die erste uhrsache war das Egiptische Erdreich selbsten / welches aus seinem eigenen schlunde den Niel mit wasser vermehrete: die andere das Meer; worinnen Eutimenes den Egiptischen Priestern beifiel: die dritte der schlagregen / der üm die zeit des Nielischen überlaufs am mittagsende des Reichs meist zu fallen pflegte, weil alsdan die jahrswinde / wie Demokritus wähnete / die regenwolken darnachzu trieben. Anaxagoras aber legt es auf den schnee / der auf dem morgenländischen gebürge lieget / und gegen die zeit des Nielischen überlaufs schmältzet: und Eforus scheinet die obangezogene erste uhrsache der Egipter zu behaupten wollen; indem er vorgiebt / daß das Egiptische Erdreich bimssteinhaftig und löchericht sei / also daß es den winter durch die feuchtigkeit und nässe einsöge / und des sommers üm die sonnenwende / gleichsam wieder ausschwitzte / und dadurch den Niel schwångerte.Thales einer der sieben Weisen aus Griechenland /wåhnete / daß die jahrswinde den strohm des Niels zurüktrieben / und ihn also zum aufschwällen [419] brächten. Andere / sonderlich die heutigen Naturkündiger /unter denen Odaart Lopes / in seiner beschreibung des Königreichs Kongo / nicht der geringste / schreiben es dem stähtigen und starkem regen zu; welcher gegen Ostern durch das gantze Mohrenland zu fallen beginnet / und fast zwanzig wochen lang anhält. Solche tägliche regen / sagt gemelter Lopes / währen fünf gantze mohnden / vom Ostermohnde bis auf den ärntmohnd. Und dis ist es / darüber Tahles /Eforus / Anaxagoras / Oenopides / Timeus / Eudoxus / Agatarchides / Herodotus / Plutarch / ja fast alle Egiptische Priester und andere ihre k \pfe / etliche tausend jahre nacheinander zerbrochen. Dem sei nun wie ihm wolle / so ist es doch einmahl gewis /daß die schwängerung des Niels fürnehmlich aus gemelten schlagregen zum teile / zum teil auch aus den gewaltigen schneefluhten von den gebürgen / welche dan eigentlich die Hauptbrunnen des Niels machen /entstehet. Und diese Hauptbrunnen hat endlich Peter Pais / dessen worte bei Kirchern zu lesen / im 1618 jahre / darnach so vielen verlanget / entdekket.

Der Sirer Moses Barzefa wil / in seinem buche vom Garten Eden / des Niels uhrsprung gar aus demParadiese herleiten. Dan er sagt: er habe sich von dar unter die erde begeben / und sei darunter / ja selbst unter der see / so lange hingelauffen / bis er endlich in Etiopien wieder heraus gesprungen: da er / mit dem schnee- und regen-wasser vermehret / sich so hoch ergösse. Auch nennen ihn die Etiopier selbsten die Ader des Paradieses / und den brunnen göttlicher wasser / ankaata marat schamatawi: Homerus einen flus / der aus dem Himmel oder Jupiters schoße gefallen: Parmenon von Bizanzden Egiptischen Jupiter: [420] die Arabischen DichterIbunsarid / und Eldeburg giatellarthim, das Leben der erde: und die Egipter selbsten des Osiris arm; auch sagen sie / daß er gleich als eine Mittelader aus des Osiris hertzen flösse: dan sie sahen / daß er von den Zairischen bergen her / die nicht weit vom Mohnes gebürge liegen / durch Egipten in gestalt eines armes schiesset / und nach der see zu sich / als eine hand mit fingern / ausbreitet; indem er oberhalbMemfis fünf ärme bekommet. Ja er ward bei ihnen auch ein nachahmer des Himmels / ἀντίμιμος τοῦ ουρανοῦ, wie Heliodoor im 9 b. schreibet / genennet: weil er / an stat des regens vom himmel / das dürstige erdreich tränket. Daher redet ihn auch Tibullus / im 7 ged. seines 1 b. also an:


Te propter, nullos Tellus tua postulat imbres,
arida nec pluvio supplicat herba Jovi.

Zur 2 und folgenden zeilen des 40 blats.


Der flus Helikon / ελικὼν fliesset in Mazedonien bei der stadt Dium vorüber; und scheinet eben derderselbe zu sein / der bei dem Likofron βεφύρος, bei demPtolemeus φαρύβος, und bei dem Livius im 44 b.Baphyrus heisset: weil Pausanias bezeuget / daß der flus Helikon ebenmäßig βαφύρας genennet werde. Sonsten findet man auch einen flus in Sizilien / der gleichmäßig Helikon / vom Fanellus aber Oliverio, oder Veria vom Leander / genennet wird.


Zur 18 und folgenden zeilen des 54 blats.


Im 12 h. des buches der Schöpfung spricht Gott zuAbraham: Ich wil dich zum großen Volke machen / und dich seegnen. Ich wil dir einen großen nahmen machen: und du solt ein seegen [421] sein. Ich wil seegnen / die dich seegnen / und verfluchen die dich verfluchen. Und in dir solchen geseegnet sein alle Geschlechter auf erden. Im folgenden 17 spr. Abraham hatte schafe / rinder / esel / knechte und mägde / eselinnen und kamehle. Im 2. spr. des 18 h. Abraham aber war sehr reich vom viehe /silber und golde. Im 3 und 4 spr. Lot aber / der mit Abraham zog / hatte auch schaffe / rinder / und hütten. Und das land mochte es nicht ertragen /daß sie beieinander wohneten: dan ihre habe war groß. Im 15 und 16 spr. sagt Gott zu Abraham: Alles land / das du siehest / wil ich dir geben / und deinem saamen ewiglich. Und ich wil deinen Saamen machen / wie den staub auf erden. Im 14 h. eben desselben buchs wird erzehlet: wie Abraham 318 knechte / die in seinem hause gebohren waren /gewafnet / und vier Könige die über fünf andere Könige gesieget / und seinen vetter Lot / gefänglich wegführeten / geschlagen und in die flucht getrieben: auch wie ihm / nach der schlacht / der König von Sodom in das feld sei entgegen gegangen; und Melchisedek /der könig von Salem / broht und wein heraus getragen / und ihn geseegnet. Die große verheissungen /die Gott dem Abraham ferner tuht / ihn / und seine nachkommen überaus gewaltig zu machen / seind im 15 h. auch in etlichen folgenden mehrgemelten buchs weitleuftig zu lesen; sonderlich im 16. Im 23 h. nennen ihn die Kinder des Hets einen Fürsten Gottes unter ihnen. Im 35 / 36 / 37 spr. des 24 h. sagt Abrahams knecht: der HErr hat meinen herrn reichlich geseegnet: und er ist groß worden. Und HErr har ihm schafe und ochsen / silber und gold / knechte und mägde / kamehle und esel gegeben. Darzu hat Sara / meines herrn / weib einen Sohn [422] (Isaak) gebohren meinem herrn: dem hat er alles gegeben / was er besitzt / u.s.f. Von diesem Isaak / Abrahams sohne / lautet der 13 / 14 und 16 spr. des 6 h. also: Und Isaak ward ein großer Man / ging und nahm zu / bis er sehr groß ward: daß er viel guhtes hatte an kleinem und großem viehe / und ein großes gesinde: daß auch Abimelech (der könig) zu ihm sprach: zeuch von uns; dan du bist uns zu mächtig worden. Im folgenden 26 / 28 und 31 spr. komt der könig der Filister selbsten zu Isaak /und lest sich mit ihm in einen bund ein; damit er ihnen keinen schaden tähte. Hieraus sehen wir klährlich / wie mächtig Abraham / Jsaak / undJakob gewesen: welche aus Sems / des Noah sohnes / und aus Ebers / der Sems enkels sohn war / nachkommen / nähmlich aus Faleg / Regu / Serug /Nahor / Tarah / entsprossen; daher sie / und ihre nachkommen / nach dem Eber / mit dem algemeinen nahmen Ebreer genennet worden. Auch kan von Jakobs achtbarkeit / Hedio / Rufinus im 2 h. und Fl. Josef im 2 des 2 b. gelesen werden.


Zur 10 und folgenden zeilen des 55 blats.


Diese gantze erzehlung von Jakobs Ehe / Efrauen /und Kindern findet man im 29 / 30 / und 35 h. des Buchs der schöpfung.


Zur 14 und folgenden zeilen des 55 blats.


Von der Bilha und Silpa sagt Naftali in seinem letzten Willen straks im anfange also: ich bin von Bella geboren: welche Rahel dem Jakob an ihre stat beilegte / mit nicht geringem ruhme vor sich [423] selbsten. Auch gebahr sie mich auf der Rahel hüfte; daher ich den nahmen Nevralim bekahm. Und Rahel hatte mich lieb / weil ich auf ihrer hüfte gebohren. Auch küste sie mich / da ich noch jung war / und sagte vielmahls: Gott laße mich auch deinen bruder / aus eben demselben leibe / daraus du gekommen bist / sehen; und gebe / daß er dir gleich sei: daher ward mir auch Josef in allem nach der Rahel begehren / ähnlich. Bella aber / meine mutter / war des Rohteus / Delboreus bruders / tochter / der Rebekke Kindermuhme; welche mit der Rahel auf einen tag gebohren. Und Rohteus war ein Kaldeer / aus Abrahams geschlechte / ein gottesfürchtiger / freier und edeler man. Diesen kaufte Laban /als er gefangen war; und gab ihm seine bluhtsfreundin Eva zur fraue: welche eine tochter gebahr / die der vater nach dem schlosse darauf er gefangen gelegen /Selfa (Silpa) benahmte. Darnach kahm sie auch mit der Bella nieder / und sagte: mit einer seltsamen begierde eilete meine tochter. Dan so bald sie gebohren war / fiel sie an die drust zu saugen.


Zur 22 und folgenden zeilen des 55 blats.

Die begäbnüs der Dina und des Sichems beschreibet das 34 h. gemelten Buchs.

Zur 2 und folgenden zeilen des 56 blats.

So lange war Sara / Josefs mutter / unfruchtbar / bis alle der Lea ihrer schwester / als auch der zwo Mägde Kinder gebohren waren: und da gebahr sie erst denJosef; wie aus dem 29 und 30 h. mehr gemeldeten Buchs der schöpfung zu sehen.


Zur 15 und vorher- als auch nach-gehenden zeilen des 57 blats.


Flav. Josef. schreibet hiervon im 2 h. des 2 b. seiner Jüdischen geschichte folgender gestalt: der [424] Vater liebte den Josef vor seinen andern kindern / so wohl seiner fürtreflichen leibesgestalt / als der tugenden seines gemühts wegen: dan er war der allerverständtaste. Und diese väterliche liebe machte / daß ihn seine brüder hasseten und neideten. Besiehe zugleich / was S. Greiffensohn / in der Lebensgeschicht des Josefs hiervon weitleuftig schreibet.


Zum ende des 58 / und beginne des 59 blats.


Moses spricht hiervon im 3 und 4 spr. des 37 h. seines 1 b. also: Israel hatte Josef lieber / dan alle seine kinder; darüm daß er ihn im alter gezeuget: und machte ihm einen bunten Rok. Da nun seine brüder sahen / daß ihn ihr Vater lieber hatte /dan alle seine brüder; waren sie ihm feind / und konten ihm kein freundliches wort zusprechen.


Zur 7 und folgenden zeilen des 60 blats.


Von diesem traume des Josefs schreibet Moses / im 2 / 4 / 5 / 6 und 7 apr. Des 37 h. seines 1 b. als auchFlav. Josef an obangezogenem orte. Matth. Dresserus Isag. Histor. millenar. 3, p. 149: Mansit enim (Joseph) domi usque ad annum ætatis 17, audivitque conciones patris, & avi; & didicit. officia œconomica inter fratres suos ex ancillis natos, omissis fratribus reliquis superbis. Hinc mores quoque illius fuerunt modesti prorsus, & ab omni fastu & simulatione remoti. Propter hanc simplicitatem & moderationem charus fuit præ cæteris fratribus patri suo. Nihil enim dissimulabat; nihil insidiosè occultabat: seq quæ viderat à fratibus suis suscipi geri nefariè, ea ad patrem [425] deferebat, non quidem, ut proditor, sed ut filius, Deo & parentibus debitam pietatem & obendietiam præstans. Erat eo nomine charus patri, quòd ex charissima conjuge Rachele natus esset, multis & diuturnis votis expetitus, videlicet anno ætatis Jacobi 91, etc.

Aber alles dieses erklähret Gad / in seinem Letzten willen / unter andern noch deutlicher. Josef / sagt er /hühtete mit uns der heerde / ohngefähr dreissig tagte lang. Weil er aber sehr zahrt und spilde war / so ward er / der großen hitze wegen / krank. Und darüm ging er wieder nach Hebron / zu seinem vater: welcher ihn bei sich behielt; dan er hatte ihn lieb. Josef aber sagte seinem vater / daß die kinder der Bella und Selfa das guht unnützlich durchbrächten und verprasseten / daß es Ruben und Judah nicht wüsten. Dan er hatte gesehen / daß ich ein Lam aus eines bähren rachen / den ich todt schlug / gezogen / und das lam geschlachtet /weil es doch darüber ich betrübt war / nicht länger leben konte. Dasselbe verzehrte ich mit meinen brüdern: und er verriet uns bei dem vater. Solches vertrugen wir so lange / bis er in Egipten verkauft ward. Und der geist des hasses besaß mich so sehr / daß ich den Josef weder sehen / noch hören mochte. Dan er bestrafte uns öffendlich / daß wir das Lam / ohne Judah / gegessen. Auch gleubte der vater alles / was er sagte. Aber nun / meine Kinder / bekenne ich meine sünden: der ich vielmahls den vorsatz gehabt ihn zu tödten. Dan ich hassete ihn mit gantzem hertzen: und trug ihm gantz keine barmhertzigkeit zu. Ja üm seine treume hassete ich ihn dermaßen / daß ich auch trachtete ihn zu tödten / und zu verschlingen / gleichwie ein kalb das graß von der erde verschlinget. Und darüm verkauften wir auch ihn / ich und Judah / den Ismaeleen vor dreissig silberlinge: davon wir zehen diebischer weise behielten / und nicht mehr als zwantzig unsern brüdern wiesen. Ja ich war so geldgeitzig / daß ich ihn üm ein stükke geldes wohl wolte ermordet haben. Aber der Gott unserer väter errettete ihn aus meinen händen / damit ich nichts gottloses volbringen möchte / u.a.m. Dieses habe ich zuletzt erkant / nachdem ich / üm [426] Josefs willen / zur reue getrieben ward / u.a.m. Und darüm / weil meine leber vol ungnade war gegen Josef / bin ich auch ungnädig gepeiniget worden / und habe das urteil / mit großen schmertzen / eilf mohnden lang gefühlet: also daß die zeit meiner strafe / mit der zeit / darinnen ich Josefs verkauffung so hart triebe / gleich sein muste / u.a.m. Ich sprach dem Josef / in gegenwart unsers vaters /freundlich zu: aber so bald ich hinaus war / verdunkelte mir der geist des hasses meinen verstand / und trieb meine seele fort und fort an / ihn umzubringen.


Zur 8 und 11 zeile von untenauf des 60 blats.


Dieses bezeuget Moses im 8 spruche des 37 h. seines 1 b. als auch Flav. Josef / an obangezogenem orte /am 150 bl.


Zur 21 und folgenden zeilen des 62 blats.


Der zweite Traum Josefs wird im 10 spruche des 37 h. des B. der schöpf. erzehlet. Hiervon sagt Flavius Josef also: Gott aber stritte wider ihre (der brüder Josefs) misgunst / und lies dem Josef noch ein anderes gesichte / welches viel wunderlicher war / als das vorige / sehen / u.s.f. Diesen traum erzehlte er / in gegenwart seiner brüder / von denen er kein böses argwähnete / dem Vater / der sich nicht wenig darüber ergetzte; mit bitte / daß er ihn auslegte. Der Vater war auch in wahrheit recht froh / als er die bedeutung des traumes reiflich erwog / und daraus urteilete / daß seinem sohne eine große glükseeligkeit angekündiget würde: als welcher dermahleins so würdig geachtet sein solte / daß ihn so wolhl seine Eltern / als Brüder / anbähten würden. Durch die Sonne und den Mohn verstund er Vater und Mutter; weil der eine [427] alles vermehrete und nährete / die andere den dingen ihre gestalt und kraft einpflantzte: durch die Sterne aber die Brüder; weil die zahl übereinkahm / und sie von der sonne und dem mohne ihre kraft hetten. Und Jakob hat zwar eine solche deutung nicht unweislich gemacht. Aber Josefs brüder warden darüber sehr traurig und unmuhts; nicht anders / als wan irgend einem fremden / und nicht ihrem bruder / solche glükseligkeit angezeiget würde; da sie doch / als seines glüks und geschlechts teilgenossen / alles guhten mit ihm zu geniessen hatten / u.a.m. Moses erzehlet dieses mit gantz kurtzen worten / wan er im 11 spr. des obangeführten h. saget: und seine brüder neideten ihn: aber sein Vater behielt diese worte.


Zur 25 und folgenden zeilen des 63 blats.


Dieses beschreibet Moses wieder gantz kurtz im 12 spruche des 37 h. Flav. Josef aber ein wenig weitleuftiger: sie beschlossen / sagt er / den Jüngling aus den wege zu reumen. Und nach genehmgefundenem schlusse / als das getreide nun eingeärntet war /begaben sie sich / mit dem vieh / auf das Sichemsche feld / welches eine sehr guhte weide hatte / ohne vorbewust des Vaters; und nahmen alda der hürten sorge wahr. Aber als niemand von den heerden kahm / und Jakob keine gewisse zeitung von ihnen hörete; da ward er / seiner söhne wegen / bekümmert / und traurig / also daß er den Josef ausschikte zu sehen / wie es üm seine brüder stunde / und ihm die bohtschaft zu bringen / was sie machten.


[428] Zur 18 zeile des 64 blats.


Der Vater hatte dem Josef einen bunten Rok machen laßen; wie Moses im 3 spr. des 37 h. seines 1 b. anzeiget. Dieses war eine tracht der Königlichen kinder. Samuel sagt auch im 18 spr. der 13 h. seines 2 b. von der Tahmar / des Absalons schwester / welcheAmmon / ihr bruder / genohtzüchtiget / also: Und sie hatte einen bunten Rok an: dan solche Rökke trugen des Königes töchter / wan sie Jungfrauen waren.


Zur 3 zeile des 65 blats.


Diese geschicht von Ismaels ausstoßung / der Abrahams aus seiner magd Hagar sohn war / beschreibet Moses im 21 hauptst. seines 1 buchs.


Zur 4 und folgenden zeilen des 65 blats.


Wie Jakob seinem bruder Esau / der nachmahlsEdom genennet ward / seine erste gebuhrt / durch ein Linsengemüse / abgekauft / beschreibet uns Moses im 25 h. seines 1 b. vom 29 spr. bis zum ende des hauptstükkes. Wie er aber eben demselben Esau seinen seegen hinterlistiglich entwendet / und zugleich seinen Vater Isaak betrogen / meldet Moses gleichesfals im 27 h. des 1 b. Wie er ferner dem Laban seinem Schwiegervater / der ihm das seinige vorenthalten wolte / durch einen sonderlichen listgrif / begegnet /das lesen wir eben auch im Buche der schöpffung fast am ende des 30 h.


Zur 19 zeile des 65 blats.


Daß Ruben / Judah / und Sebulon dem Josef nicht aller dinge abhold gewesen / ja sein leben / [429] als ihn etliche der andern ümzubringen trachteten / zu retten gesuchet / kan nicht allein zum teil aus dem 21 / 22 /26 / 29 / und 30 spruche des 37 h. als auch aus dem 16 / 18 / 32 / 33 / und 34 spr. des 44 h. im Buche der Schöpfung gesehen werden: sondern es bezeugen es auch viele unter den zwölf Ertzvätern / des Jakobs Söhnen / einieder in seinem letzten Willen / noch ausführlicher. Ruben / weil er sich selbsten / aus eingezogenheit / dessen nicht rühmen wil / schweiget zwar darvon gantz stil: aber Simeon bricht aus in diese worte: in der zeit beneidete ich den Josef / weil ihn sein vater lieb hatte / dergestalt / daß ich mir festiglich vorgenommen / ihn zu tödten. Dan der Fürst des irtuhms sante in mein hertz den geist des neides und verblendete mein gemüht und meinen verstand dermaßen / daß ich mich selbst vor meinem vater Jakob nicht scheuete. Aber seiner väter Gott sante seinen Engel / der ihn aus meiner hand errettete. Als ich nach Sichem gegangen war / salbe zu hohlen vor die heerden / und Ruben nach Dot an / da alles / was uns nöhtig / zu bekommen war; hatte ihn Judah / unser bruder / den Ismaelern verkauft. Darüber war Ruben /als er wiederkahm / betrübt: dan er hatte beschlossen ihn seinem Vater unverletzt wiederzubringen. Aber ich ward auf den Judah / weil er ihn lebendig aus unsern händen gelaßen / so ergrimmet / daß ich fünf mohnde lang auf ihn grollete. Und Gott verhinderte mich / daß ich meine hände an ihn nicht legen konte: dan die helfte meiner rechten hand verdorrete / und blieb also bis auf den siebenden tag / u.a.m. Ja Sebulon zeiget solches so wohl vom Ruben und Judah /als von sich selbsten / noch deutlicher und weitleuftiger an / wan er unter andern also spricht: ich wuste nicht / daß ich sündigte / auch dachte ich so weit nicht / als ich / aus unwissenheit / wider den Josef mishandelte: da ich vor meinem Vater verschwieg / was sich mit meinen brüdern begeben; wiewohl ich in geheim sehr weinete. Dan ich fürchtete mich vor meinen brüdern: welche miteinander beschlossen / daß derselbe / der die sache lautbar machen würde / mit dem schwerte solte [430] getödtet werden. Gleichwohl gab ich ihnen / als sie ihn tödten wolten /mit vielem weinen zu verstehen / daß sie diese boßheit nicht begehen solten. Aber Simeon und Gab lieffen auf den Josef zu / ihn zu erwürgen. Da fiel Josef auf sein angesicht / und sagte zu ihnen: O meine brüder / erbarmet euch meiner / erbarmet euch über die glieder unsers Vaters Jakobs; und schlagt doch eure hände an mich nicht / damit ihr kein unschuldiges bluht vergiesset: dan ich habe nichts wider euch mishandelt: und habe ich ja mishandelt / so unterweiset mich / durch eine brüderliche züchtigung; aber legt eure hände nicht an mich. Das bitte ich euch üm der liebe Jakobs unsers vaters willen. Indem er diese worte redete / ward ich dermaßen zum mitleiden bewogen / daß mir meine trähnen hauffenweise über die bakken lieffen; daß mein bluht / ja alle meine glieder erstarreten. Josef weinte / und ich mit ihm. Mein hertz böbete / und meine gebeine zitterten dermaßen / daß ich nicht mehr stehen konte. Als er nun sahe / daß ich mit ihm weinete / und daß sie zugelauffen kähmen /ihn todt zu schlagen; da flohe er hinter mich / und baht üm gnade. Hierauf fing Ruben auch an. Brüder /sagte er / laßet uns ihn nicht tödten: sondern wir wollen ihn in jene grube werfen; die unsere väter gruben /aber kein wasser fanden. Und eben darüm lies Gott kein wasser hinein kommen / damit sie dem Josef zur beschirmung und lebenserrettung dienen solte. Ja er lies es also geschehen / daß sie ihn den Ismaelern verkauften. Auch bewilligte ich in die sünde / am Josef begangen / gantz nicht. Aber Simeon und Gad mit noch andern sechs brüdern / nahmen vor Josef geld /und kauften vor sich / vor ihre weiber / und vor ihre kinder schuhe; und sagten: last es uns nicht unter die füße trähten; dan es ist bluhtgeld vor unsern Bruder. Aber in der unterträhtung laßet uns das unterträhten /das er sagte / er solte über uns herschen: und wir wollen sehen / was seine treume bedeuten und auswürken sollen. Darüm stehet in Enochs Buche geschrieben: denen / die ihren Brüdern keinen saamen erwekken wolten / habe ich aufgeschnallet die schuhe Josefs. Auch warden ihnen / als sie in Egipten kahmen / von Josefs dienern / vor dem tohre / die schuhe entschnaller und abgezogen: und also musten sie den Josef / als den König selbsten / anbähten. [431] Ja sie bähteten ihn nicht allein an / sondern fielen auch schaamroht vor ihm nieder / und warden also in gegenwart der Egipter beschähmet. Zudem höreten die Egipter alles das böse / das wir Josef getahn hatten. Als nun Josef in die grube geworfen war / trugen meine brüder die speisen auf zu essen. Aber ich aß in zwee tagen und zwo nächten nichts; indem ich über den Josef betrübt und mit wehleiden geschlagen war. Auch aß Judah mit ihnen nicht: dan er bewachte die grübe; weil er fürchtete / Simeon und Gab möchten hinlauffen ihn zu tödten. Mitlerweile / indem sie sahen / daß ich nicht aß /stelleten sie mich auch bei die grube / ihn zu bewahren / bis er verkauft war. Und er lag drei tage und drei nächte in der grube. Darnach verkauften sie ihn ungespeiset. Als nun Ruben hörete / daß man ihn / in seinem abwesen / verkauft / ward er sehr ungehalten /und weinete. Ach! sagte er / wie sol ich nun dürfen unter meines vaters augen kommen? Auch nahm er das geld / und wolte den kaufleuten nacheilen: aber er fand niemand. Dan sie hatten die heerstraße verlaßen /und sich stilschweigens seitwärts abgelenket. Und also kostete Ruben in drei tagen kein broht. Darüm ging Dan zu ihm / und sagte: weine nicht / und sei üm den Jüngling nicht traurig. Ich weis wohl / was wir zu unserm Vater Jakob sagen wollen. Wir wollen einen Bok schlachten / und mit desselben bluhte Josefs Rok besprängen. Dan wollen wir hingehen / und zu unsrem vater sprächen: Siehe zu / ob dieser Rok deines Sohnes Josefs Rok sei. Dan sie hatten ihm / da sie ihn verkauffen wolten / den Rok den ihm sein vater gegeben / ausgezogen / und dagegen ein altes zerlumptes kleid von einem Leibeigenen zugeworfen. Simeon /der den Rok zu sich genommen / wolte ihn zuerst nicht hergeben; sondern ihn / aus zorneifer daß Josef noch lebete / und daß er ihn nicht straks getödtet /zerhauen. Aber die brüder stunden alle wider ihn auf /und sagten: warüm wilstu den Rok nicht hergeben /da du doch dieses übel in Israel allein begangen? Hierauf gab er den rok von sich: und sie tähten / wie Dan gesagt hatte / u.a.m. Um dieser uhrsache willen /hat mich der HErr gesegnet / und so gnädig angesehen / daß ich niemahls in einige krankheit fiel; da hingegen alle meine brüder allezeit krunken musten. Auch warden ihre kinder [432] mit krankheit geschlagen / und musten / üm Josefs willen / dahin sterben; weil ihre väter so gar unbarmhertzig mit ihrem Bruder gehandelt. Aber meine kinder / wie ihr wohl wisset / seind allezeit gesund und frisch geblieben. Ja ich war einesmahls am Seeufer in Kanaan ausgefahren vor unsern Vater zu fischen: da ersoffen ihrer viel in der see; aber ich kahm darvon. Dan ich war der erste Mensch / der sich unterfing mit einem schiffe die see zu befahren. Gott gab nur weisheit und verstand darzu. Ich hing den schiffen hinten das rudel an. Ich spannete die segel an den mast. Und also fuhr ich längst dem ufer hin / und fing fische vor meines vaters hausgesinde /bis wir in Egipten kahmen / u.a.m. Als wir in Egipten reiseten / vergolt uns Josef das böse / das wir an ihm begangen / nicht: sondern erbarmte sich unserer / so bald er mich erblikte.


Zur 22 zeile des 65 blats.


Daß Abraham den Ismael seinen sohn / samt der mutter Hagar / aussties / hatte Sara / seine ehfraue /veruhrsachet; wie wir im 5 und 6 spr. des 16 h. und noch mehr im 9 / 10 und folgenden spr. des 21 h. im Buche der schöpfung lesen. Daß auch Rebekke / desIsaaks ehftaue / ihren sohn Jakob beredet und veranlaßet den vater zu betrügen / und den Esau üm seinen väterlichen seegen zu bringen / bezeuget Moses gleichfals / im 27 h. seines 1 b.


Zur 31 und folgenden zeilen des 65 / als auch zur 53. des 68 blats.


Besiehe hiervon den 12 und 17 spr. des 37 h. im Buche der schöpfung: auch was wir droben bei der 25 zeile des 63 bl. aus dem Flav. Josef angemärket.


Zur 6 und folgenden zeilen des 69 und 70 blats.


Hiervon stehet im 18 / 19 / 20 / und folgenden spr. des mehr gemelten 37 h. aus dem Buche der schöpfung [433] zu lesen: als auch droben in unserer Anmärkung bei der 19 zeile des 65 bl.


Zum 70 / 71 / 72 / und 74 blatte.


Was Ruben alhier seine brüder zu besänftigen undJosefs leben zu retten / vorbringet / dasselbe ist fast alles / wiewohl kürtzer verfasset / im 3 hauptst. des 2. b. der Jüdischen Geschichte des Flavius Josefs zu lesen.


Zur 19 und folgenden zeilen des 74 blats.


Hiervon meldet Moses / wiewohl mit sehr kurtzen worten / im 22 spr. des 37 h. seines 1 Buches: aber was weitleuftiger Flav. Josef in seinen Jüdischen geschichten / sonderlich aber Greiffensohn in Josefs Lebens-beschreibung.


Zur 9 und folgenden zeilen des 75 blats.

Dieses findet man im 25 und folgenden spr. des 37 h. aus dem Buche der schöpfung.

Zur 19 und folgenden zeilen des 75 blats.

In der heil. Schrift stehet zwar / im 28 spr. mehrgemelten h. daß Josef vor 20 silberlinge sei verkauft worden: aber Gad bekennet selbsten / in seinem letzten Willen / daß er und Judah / im abwesen der andern brüder / 30 silberlinge / davor Judas auch unsern HERrn und Heiland verkaufte / von den Ismaelern bekommen; wiewohl sie nur 20 bekant gemacht. Seine eigene worte haben wir droben in den Anmärkungen bei der 7 zeile des 60 blattes angeführet. Samuel [434] Greiffensohn / in Josefs Lebensbeschreibung am 30 bl. als auch mehr andere / setzen ebenmäßig dreissig silberlinge; wiewohl Dresser der h. Schrift folget / und eben also nur von 20 meldet: welche er auf 5 Reichstahler unsers geldes rechnet.


Zu den 8 letzten zeilen des 75 blats.


Vom Simeon / welcher / mit den zwee Mägdesöhnen / Dan und Gad / den Josef am meisten verfolgete /handelt Sebulon / in seinem letzten Willen / gantz weitleuftig: dessen worte wir in den Anmärkungen bei der 19 zeile des 65 bl. angeführet; als auch des Simeons eigene / aus seinem letzten Willen / welche der Leser alda nachschlagen kan.


Zum anfange des 76 blats.


Wie leid es nachmahls Josefs brüdern gewesen / daß sie ihn verkauffet / bezeugen ihrer viel in ihrem letzten Willen. Simeon selbsten / nachdem er seine strafe erzehlet / bricht aus in diese worte: ich ward gewahr /und erkante / daß mir solches üm Josefs willen zusties. Ich bereuete meine schuld / und weinete. Ich baht den HERrn / daß er mir meine hand wieder heilete: und ich nahm vor / mich vor aller boßheit / neidsucht / und aller tohrheit zu hühten. Ich bekante / daß ich übels getahn hette vor dem HERrn / und vor unsrem Vater Jakob / am Josef meinem bruder / den ich beneidete / u.a.m. Und mein Vater fragte mich / was mir fehlete / weil ich so traurig sei: Und ich brachte ihm eine lügen vor / und sagte: mein hertz tuht mir weh. Ich war betrübter / als sie alle: dan es war meine schuld / daß Josef verkauft ward. Und als wir in Egipten reiseten / und Josef mich binden lies / als einem kundschaffer; da erkante ich / daß ich nicht unrecht litte: und ich ward deswegen nicht unwillig. Aber Josef war ein aufrichtiger Man / in dem der geist Gottes wohnete. Er war barmhertzig und gnädig [435] / und hatte keine gedanken mir einiges böses zu tuhn; sondern liebte mich / als seine andern brüder. Darüm /meine kinder / scheuet allen hitzigen has und neid /und wandelt in einfältigkeit euer seelen / und mit guhtem hertzen. Nehmet ein beispiel an eures Vaters Bruder: damit Gott euch gnade / herligkeit und seegen widerfahren laße; wie ihr sehet / daß ihm geschehen ist. Niemahls und zu keiner zeit verwiese er uns solches: sondern er hatte uns lieb / als seine eigene seele / ja mehr als seine kinder. Er hat uns groß gemacht /und uns allen reichtuhm / vieh / und früchte mildiglich geschenket / u.a.m. Darüm hatte Josef ein liebliches und schönes angesicht: dan in ihm war keine galle / noch etwas böses. Sein antlitz war rein / und von des geistes gramschaft unbeflekt.

Dan spricht auch zu seinen Kindern / in seinem letzten Willen / fast dergleichen / und zwar unter andern also: ich bekenne euch heute / meine Kinder /daß ich mich in meinem hertzen erfreuete auf den tod Josefs / des guhten und wahrhaftigen Mannes / und mich belustigte in seiner verkauffung; weil ihn unser Vater lieber hatte / als uns. Dan der geist der eifersucht und der aufgeblasenheit sagte zu mir: und du bist ja auch sein sohn. Auch boht nur einer von Belials geistern seine hülfe / und sagte: nim dieses schwert / und tödte damit den Josef; dan wan er todt sein wird / sol dich dem Vater lieb haben. Dieser ist der geist des zornes / der mir riet / daß ich den Josef /wie ein Pardel den bok / verschlingen solte. Aber der Gott meines Vaters Jakobs lies ihn in meine hände nicht kommen / daß ich ihn allein gefunden hette. Auch lies er nicht zu / daß ich diese boßheit verübte; damit zwee Reichsstäbe in Israel solten entbunden und erworben werden / u.a.m. Was Gad ebenmäßig von sich selbsten bezeuget / das haben wir droben in den Anmärkungen bei der 7 zeile des 60 bl. angeführet.


Zur 8 und folgenden zeilen des 78 blats.


Moses erzehlet dieses im 29 und 30 spr. des 37 hauptst. in seinem 1 buche kürtzlich also: Als [436] nun Ruben wieder zur grube kahm / und den Josef darinnen nicht fand: da zerris er sein kleid; und ging zu seinen brüdern / zu denen er sprach: der Jüngling ist nicht da. Wo sol ich hin? Etwas deutlicher / wiewohl auch sehr kurtz spricht hiervon Flavius Josef: Ruben aber kahm bei der nacht / ohne vorbewust seiner brüder / zum brunnen / und wolte den Josef erretten. Weil er ihn nun vergebens rief / argwähnete er / daß er / in seinem abwesen / ümgebracht worden / und beschuldigte damit seine brüder / u.a.m.


Zur 30 und folgenden zeilen des 79 blats.


Jakob hatte seinen Vater Isaak mit seines sohnesEsaus kleidern / die er auf seiner Mutter einrahten angezogen / geteuschet; und ihm also des Vaters seegen / den er dem Esau zu geben gesonnen / abbetrogen. wie Moses im 27 h. seines 1 b. erzehlet.


Zur 29 und 30 zeile des 87 blats.


Vom Krokodil haben wir droben / in den Anmärkungen bei dem 12 blatte / die uhrsachen angeführet /warüm er der Egiptischen Könige sinbild sei; auch darbei angezeiget / daß er von den Arabern farao genennet werde: welche ihn itzund / mit den Egiptischen Jüden / auch Korbi heissen; wie Megister bezeuget.Kircher giebet ihm sonsten in seinem Egiptischen Wortbuche den nahmen Picharouki; und Herodotus meldet / daß ihn die alten Egipter / die üm die stadtElefantine herüm gewohnet / Champse, die Siener aber / wie Strabo aufgezeichnet / Suchus, und die Griechen oder vielmehr Joner Κροκοδειλὸν, ἄπὸ τοῦ δειλαίεσϑαι κροκὸν, weil er den geruch des Safrans [437] scheuet / genennet. Den die Indier Kayman heissen / ist zwar auch von der ahrt der Krokodillen /aber viel kleiner / als die Egiptischen; wiewohl er so stark zubeissen kan / daß er einem menschen mit einem bisse plötzlich den fuß ablöset. Er wird gemeiniglich unter die gattungen der Schlangen gezehlet: welches auch sein schwantz ausweiset / der eben so lang ist als der rumpf; in dessen rükkengrahte man 60 würbelbeine zehlet. Sein lauf ist sehr schnäl: aber des steiffen rükkengrahts wegen / kan er sich übel ümdrehen oder krü en. Wan ihn der hunger / den er vier tage vertragen kan / drükket; so pfleget er zu weinen /wie ein Mensch / die menschen / wie man sagt / anzulokken / damit er sie frefen möge. Daher werden die betrügerischen trähnen Krokodilsträhnen genennet. Wer mehr vom Krokodille zu wissen begehret / der kan den Aldrovand / und Jonstohn von den Tieren aufschlagen.


Zu den drei letzten zeilen des 87 blats.


Den Habicht nennen die Egipter Bai-et / das ist seelen-hertz / oder eine behertzte seele; weil seine feurige natur mit der Seelen natur übereinkommet. Daher ist er auch bei ihnen der Seele sinbild: derer ümschweif / wie die Egipter meinen / das Hertz ist. Daß aber die Seele eine feurige eigenschaft an sich habe /darinnen stimmen / mit den Egiptern / die Griechen und Röhmer überein. Unter den Röhmern sagt Fabius in seiner 10 Rede: Animam flammei vigoris impetum, perennitatem que non ex nostro igne sumentem, sed quo sidera volant, & quo sacri torquentur axes, inde venire, unde rerum omnium auctorem parentemque spiritum ducimus, nec interire, nec ullo mortalitatis affici fato. Sed quoties humani corporis carcerem effregerit, & exonerata membris mortalibus [438] levi se igne lustraverit, petere sedes in astra. Ja es haben etliche dafür gehalten / daß die Seele nicht allein von den sternen ihre feurige eigenschaft schöpfe / sondern auch gar / nach ihrer ausfahrt aus dem menschlichen leibe / wie Aristofanes bezeuget / zum sterne werde. Auch ist der Habicht eben daher der Sonne sinbild; ja Gottes selbsten. Darüm ward der Abgott Osiris bei den Egiptern gemeiniglich / durch einen Habicht /abgebildet; eben wie sonsten durch einen Stier / oderOchsen.


Zur 3 zeile des 88 blats.


Wie der Habicht des Osiris und der Sonne / so war der schwartze Egiptische Strorch oder Eib / Ibis, der Isis / und des Mohnes sinbild; als auch deskrummen Tierkreuses / der unterschiedlichen und mancherlei krümmen wegen / die er mit den füßen und den halse machet: dadurch er auch / unter allen tieren zuvörderst / den Egiptern zur erfindung der zahlen und buchstaben anlaß gegeben; wie Atanasius Kircher in seinem Egiptischen Oedipus weitleuftig ausgeführet. Ja er wird zugleich vor einen erfinder oder angeber der Sprützmittel und des Abspühlers /den wir sonst mit einem undeutschen worte Klistier nennen / gehalten; weil er / wie Plinius 8 / 27 / bezeuget / wan er verstopft oder kränklich ist / mit seinem schnabel das Nielwasser aufnimt / und in das hinterteil / dadurch der unflaht und überschus der speise von ihm gehet / hinein sprützet / solches durch-oder abzuspühlen. Sonsten war dieser Egiptische Storch auch ein sinbild des Hertzens; weil er fast wie ein hertz gestaltet: und daher dem Merkuhr / als dem beherscher des hertzens und der vernunft / heilig; wie Horus Apollo / in seiner 34 Aufgabe der Egiptischen Bilderschriften / angemärket.


[439] Zur 6 und 7 zeile des 93 blats.


Das Härmlein oder Armelein / welches bei den Franzosen hermine, bei den Engländern hermin, bei den Lateinern mus Armeniacus, Ponticus und Alpinus, unter dem gemeinen manne mus armelinus, armelina und harmela, auch sonsten mustela alba, das ist ein weisses Wieselchen / genennet wird / ist ein schneeweisses tierlein / und helt sein fel so rein / daß es lieber sterben / als solches besudeln wil. Und darüm haben wir es auch dem keuschen Josef auf dem ersten Kupfer dieses buches / als ein sinbild seiner keuscheit / zugefüget. Ja darüm hat es auch RitterKats / vor seinem Selbstreite / der gantzen ehrbahren Jugend / als ein feldzeichen / in einem schilde / rund ümher mit einem aufgeworfenen schlamme besetzet /zugeeignet. Darbei unter andern diese reimbände zu lesen:


Ohn ziet in dezen ring een van de netste dieren /

reyn oder zijn gewaat / reyn oder zijn manieren.

Ohn ziet in dezen ring den Witten Armelijn,

genegen uitter arrt om niet besmet te zijn.

Ner slik omvangt het beest: daar is niet uit te raken /

of zijn geprezen bont moet tot den drek genaken.

Doch / mits het reyne dier dit boven al ontsiet /

zoo valtet in de praam voor honger en verdriet.

De keus is wonderscherp. Net moet voorseker sterben:

of anders zal her slik zijn witte vacht bederven.

Siet! wat een reynen aart. Der beest in dezen noot /

gaat met een vast beflutt / en kiest de bleeke doot.

Men sieter even staagh sijn reyne leden mijden /

om / als het nedervalt / niet in het slik re glijden.

Daar leyt het kleine dier ter aarden uitgestrekt /

en geeft zijn leste sucht om niet te zijn bevlekt.


Effendo la propria natura dell´ Armellino di partir prima la morte, per fame & per seto, che imbrattarsi, [440] cercando di fuggire, di non passar per il brutto, per non machiare il candore e la politezza della sua pretiosa pelle. Paul. Jovius Dialog. dell´ Imprese Militari & Amoros. Malo mori, quàm pollui.


Zum 96 / 97 und 98 blatte.


Diese begäbnüs erzehlet Josef selbsten in seinem letzten Willen / mit kurtzen worten / folgender gestalt: in dieser zeit fuhr die vorgemelte Memfische Frau /des Potifars gemahlin / mit einem großen gepränge vor unserem hause über / und warf ihre augen auf mich: dan die Geschnittenen hatten ihr von mir bericht getahn. Und sie sagte zu ihrem Ehherrn: daß ein Kaufman / durch den dienst eines Ebreischen Jünglings / sei reich geworden: von dem der ruf ginge /daß man ihn im Lande Kanaan diebischer weise genommen. Darüm tuht dem Jünglinge recht; und nehmt ihn zu eurem Haushalter oder Hofmeister. Der Ebreische Gott wird euch seegnen und glüklich machen: dan die himlische gnade wohnet ihm bei. Und Potifar gab ihr endlich gehör / entboht den Kaufman zu ihm /und sagte: was komt mir von euch zu obren? Ich höre / daß ihr in der Ebreer land ziehet die Menschen; zu stählen / und verkauffet ihre kinder. Der Kaufman fiel nieder auf sein angesicht / und sagte: Herr / ich bitte üm gnade: doch darvon / dessen ihr mich beschuldiget / weis ich gantz nichts. Potifar fuhr fort / und sagte: wie komt ihr dan an den Ebreischen Jüngling? Der Kaufman antwortete: die Ismaeler haben mir befohlen ihn zu bewahren / bis sie wiederkommen. Potifar aber gleubte ihm nicht / und befahl / ihn zu geisseln. Unterdessen daß man den Kaufman züchtigte / sprach Potifar: laßet den Jüngling herkommen. Und als ich hineingebracht war / bähtete ich den Fürsten an / und täht ihm seine gebührende ehre: dan er war der dritte nach dem könige Farao im staht / ein Oberster über alle Geschnittenen / und hatte eine Gemahlin / auch kinder / und eine Beischläferin. Straks zog er mich auf die seite / und fragte: bistu frei / oder leibeigen? Und ich antwortete: ich bin ein Leibeigner. Darauf fragte er ferner: wessen leibeigner bistu? Ich antwortete; [441] der Ismaeler. Und er fragte wieder: wie bistu dan ihr leibeigner worden? Ich gab zum bescheide: sie haben mich in Kanaan gekauft. Aber er wolte es nicht gleuben und sagte / du hast gelogen. Und darüm lies er mich nakkend geisseln. Dieses sahe seine Gemahlin durch das fenster; und lies ihrem Ehherren sagen: ihr tuht nicht recht / daß ihr einen gestohlenen freien schlaget und züchtiget. Hierauf befahl er mich / weil ich bei meinen worten blieb / gefänglich zu bewahren / bis mein herr wiederkähme. Aber seine Gemahlin sagte zu ihm: warüm setzt ihr doch den edelen Jüngling gefangen? Es were besser daß man ihn loß liesse / und euch geisselte. Sie war lüstern / in ihrer sündlichen lust und begierde / mich zu sehen: aber ich gedachte kein arges. Und Potifar sagte zu ihr: es ist bei den Egiptern nicht ehrlich / daß man eines andern guht / ohne vorbewust und gehörigen beweis /wegnimt. Dieses sprach er von dem Kaufmanne / und von mir: und ich muste gefesselt bleiben. Aber nach 24 tagen kahmen die Ismaeler wieder. Diese weil sie erfahren / daß Jakob mein Vater üm meinetwillen betrübt war / sagten zu mir: warüm habt ihr uns berichtet / daß ihr ein Leibeigner weret? Wir wissen nun sehr wohl / daß euer Vater ein mächtiger Man ist im lande Kanaan. Er betrübet sich in dieser sache / und ist sehr traurig. Ich herre hierauf gern geweinet: aber ich hielt mich hart / damit ich meine brüder nicht beschähmen möchte; und sagte: es ist dem nicht also /ich bin ein Leibeigner. Da berieten sie sich miteinander / wo sie mich am besten verkauffen möchten; damit ich bei ihnen nicht gefunden würde. Dan sie fürchteten sich vor Jakob / und befahreten / er möchte sich an ihnen rechen; weil sie wohl wusten / daß er vor Gott und Menschen groß geachtet were. Hierauf sagte der Kaufman zu ihnen: so erlöset ihn dan aus Potifars urteile. Als sie dieses höreten / begehreten sie mich wieder / und sprachen: daß sie mich üm ein stücke geldes gekauft. Und Potifar lies mich loß.

Alles dieses erzehlet Josef in seinem letzten Willen; welchem ich alhier / als auch sonsten / gefolget. Darüm wundere ich mich / daß Samuel Greiffensohn diese gantze begäbnüs / in Josefs Lebensbeschreibung / so gar anders anführet: und / ich weis nicht woher / [442] den Potifar zu einem Witwer machet; der die Sefira / die er Selicha nennet / und vor derAssenat schwester tochter ausgiebet / erst nach der zeit / als Josef schon lange in seinen diensten gewesen / geehliget. Wer lust hat / der kan das 62 / 63 / 66 / 68 69 / und 80 blat bei gemeltem Greiffensohn aufschlagen.


Zu den ersten 12 zeilen des 99 blats.


Hiervon spricht erst angezogener letzter Wille Josefs ferner also: Aber die Memfische Frau gab ihrem Gemahl ein / daß er mich kauffen solte. Dan ich verstehe / sagte sie / daß sie ihn verkauffen wollen. Und Potifar schikte einen Geschnittenen zu den Ismaelern / zu fragen / wie teuer sie mich hielten. Weil er aber mir ihnen nicht handeln wolte / kehrte er wieder zurük: und sagte zu seiner Frau / daß sie eine alzugroße anzahl geldes vor den Jüngling begehreten. Hierauf färtigte die Frau von stunden an einen andern Geschnittenen ab / mit befehl / daß er mich kauffen solte. Wan sie auch schon / sagte sie / 20 güldene krohnen begehren / so spahre doch kein geld: sondern kauffe den Jüngling / und bringe ihn zu mir. Und er gab 80 goldgülden vor mich: wiewohl er zu seiner Frauen sagte / er hette 100 gegeben. Ich wuste zwar diesen einkauf: aber ich schwieg stil / damit der Geschnittene nicht unterfraget würde.


Zur 13 und folgenden zeilen des 99 blats.


Die gantze übrige geschicht des Josefs und der Sefira erzehlet Moses im 39 h. seines 1 b. bis auf den 21 spr. kurtzbündig: und was weitleuftiger [443] Fl. Josef / der Jüdische Geschichtschreiber / im 3 h. des 2 b. von der älte der Jüden; da er unter andern auch anzeiget / daßPotifar den Josef in den freien künsten unterweisen laßen / und ihn ehrlicher gehalten / als seine andern knechte.


Zum 102 blatte.


Josef sagt in seinem letzten Willen: des morgens früh erwachte ich zu dem HERrn / und weinte üm die Fraue von Memfis; weil sie mich keines weges unangefochten lies. Des nachtes kahm sie zu mir /als hette sie mich besuchen wollen. Und erstlich stellete sie sich / weil sie keinen Sohn hatte / als wolte sie mich vor ihren Sohn halten. Ich aber baht den HERrn / daß er ihr ein gewündschtes Kind bescheeren möchte. In aller dieser zeit ümhälsete sie mich / als ihren Sohn; und ich wuste es nicht.

Das Knabenkraut / dessen wurtzel wie Geulen oder Hoden gebildet / wird von den Griechen ορχις und κύνος ορχις, daher das Lateinische Cynosorchis, das ist Hundesgeulen / covillon de chien, coglion de cane, Testiculus canis, oder Testiculus allein bei dem Dioskorides / sonsten auch Satyrion, weil es zur geulheit antreibet / genennet. Bei den Hochdeutschen hat es den nahmen Knabenkraut; weil es die würkung haben sol / die jenige / die es einnimt / mit einem Knäblein zu befruchten.

Hertzwurtz haben wir von der gestalt seiner wurtzel / und würkung in den Hertzkrankheiten also genennet. Sonsten heisset es bei den Aertzten gemeiniglich Anthora.

Zahnkraut / dentaria bei den Lateinern / hat diese [444] beide nahmen von seiner kraft die zähne guht und vor wehthum zu bewahren; als auch von der gestalt der bluhmen / welche der innerlichen kraft dieses kraudes euserliches kenzeichen ist.


Zur 10 und folgenden zeilen des 110 blats.


Die abbildung dieses achtfeldichten Glüks- oder Wahrsager-rades / welches die heilige Schrift Urim vethumim nennet / findet man bei Kirchern in seinem Egiptischen Oedipus am 472 b. Von den alhier genenten Götzenbildern haben wir droben in den Anmärkungen bei dem 1 / und 2 bl. als auch bei der 12. und 13 zeile des 5 bl. überflüßig gehandelt.


Zur 1 zeile des 112 blats.


Der Balsembaum wächset weder in Egipten / nochSirien von sich selbst / wie Teofrast / Dioskorides /Plinius / Justinus / Strabo / und andere vorgegeben; sondern wird dahin aus dem Glücklichen Arabien /das sein eignes vaterland ist / gebracht / und in die Lustgärte gepflantzet. Dergleichen Balsembeume waren mit unter den geschenken / welche die königin von Saba / die der Salmantische Ebreer / in seinem buche Juchasim / am 136 bl. Nikolaa / und Salomons Gemahlin / die ihm einen sohn David gebohren / Josefus aber Nikaule / und der Nubische Landbeschreiber סיקלב Belkis nennen / dem königeSalomon verehrete; wie Flavius Josef im 8 b. der Jüdischen Geschichte meldet. Die zäklein dieser beume seind hartzhaftig / und kleben / im angreiffen / an die finger. Sie haben einen lieblichen geruch: wiewohl noch mehr die blüßen / derer fünfe / als ein kröhnlein / an einem stiele hängen. Der Balsem / [445] welchen die Aertzte / nach dem Griechischen / gemeiniglich Opobalsamum nennen / trüpfet des sommers aus der aufgeritzten rinde des baums. Zuerst wan er an die luft komt / wird er weislich / darnach grühn / dan goldfärbig / und endlich honiggelbe. Wan er aus den beumen rinnet / reucht er so überaus stark / daß er kopfweh /ja oftmahls nasenbluhten veruhrsachet. Aber dieser widrige geruch wird mit der zeit in einen gantz angenehmen verändert. Fast zu unzehlichen gebrechen und krankheiten wird er gebrauchet / so wohl innerhalb /als ausserhalb des menschlichen leibes. Besiehe auch / was wir am 115 blatte gemeldet.

Der Santbaum / welcher den Pflaumbeumen fast gleich ist / ohne daß er mit scharfen dornen bewachsen / und diese ahrt an sich hat / daß seine blätter mit der sonnen untergange zu / und mit ihrem ausgange wieder auf-gehen / ist eben derselbe baum / daraus das so genente und bei uns sehr gebreuchliche Arabische hartz fliesset: wiewohl etliche fürgeben / daß solches hartz auch von andern / als Pflaum- und Kirschenbeumen / welche doch weder in Egipten / noch in Arabien zu finden / eingesamlet werde.

Der schwartze Zimmetbaum / der von den Lateinern Cassia fistula, und daher von unsern undeutschen Kasselfisteln / von den Arabern aber Sagiar el Selichet, das ist Schohtenbaum / und von den Türken Chai´ar Xamba, das ist schwartze Kassie / genennet wird / ist unserem Wälschen Nusbaume fast gleich / ohne daß er längere blätter hat / und an nüsse stat lange pfeiffen oder schohten träget: die man in der artznei zu vielerhand gebrechen / sonderlich wider die verstopfung des fluhlganges gebrauchet. Die blüßen dieses baumes / welche goldgälbe seind / und fast das gantze jahr durch blühen / rüchen über die maße lieblich / sonderlich in der frühstunde. Daher pflegen auch die [446] Egipter sich unter diesen beumen mit lustwandeln oft zu ergetzen.


Zur 4 und 5 zeile des 112 blats.


Hiervon kan Prosper Alpien in seinem Buche von den Egiptischen Pflantzen / als auch Vesling / in seinen Anmärkungen hierüber gelesen werden.


Zur 7 und folgenden zeilen des 114 blats.


Josef gedachte alhier an diesen spruch. Sæpe familiaritas implicavit, sæpe occasio peccandi voluntatem fecit. Isidorus Solioqu. l. 2. Und Innocens intuitus aspectu fit nocens. Gregorius. Darüm flohe er den ümgang / die gemeinschaft / die gelegenheit / den anblik / ja alles miteinander / das seiner keuscheit schädlich sein konte.


Zur 7 zeile des 115 blats.


Bei dem 112 blatte haben wir den Balsembaum /und den Balsem selbsten / der aus seiner rinde fliesset / auch aus dem grühnen holtze und zakken gekocht wird / welcher aber lange so kräftig nicht ist /beschrieben. Daß aber der Balsem oder trahn des Balsembaumes die kraft habe des Frauenzimmers angesicht schön und hübsch zu machen / auch vor runtzeln und älte zu bewahren / also daß es allezeit jung bleibet; davon schreibet Prosper Alpinus / als auch andere Aertzte.


Zu den letzten 3 zeilen des 115 blats.


Hiervon sagt der Schauspielschreiber Plautus: Qui amore vincuntur, vinctam habent linguam ut non audeant hiscere.


[447] Zu den 3 ersten zeilen des 116 blats.


Die Egiptische Bohne / wird von den Arabern Kulkas, von den Griechen und Lateinern κολοκασία, Colocasia, auch Cyamon, und faba Pharia genennet.Dioscorides. l. 2, c. 99. Plinius l. 21, c. 15: Est in Ægypto nobilissima Colocasia, quam Cyamon alli vocant. Hanc è Nilo metunt. Prosper Alpien / als auch andere geben vor / daß sie in Egipten gantz nicht blühet / aber wohl ausserhalb / in andern ländern; und ziehen auch die uhrsache an: nähmlich weil das Egiptische erdreich alzufet und alzugeul sei; daher sich die wurtzeln so sehr best audeten / vermehreten / und ausbreiteten / daß sie dem gewächse die kraft entzögen /bluhmen und früchte zu tragen. Aber wan dem also were / woher hetten dan die Egipter ihre so genentenBohnenschahlen / oder ihre trinkgefåße aus Bohnenschahlen / daraus sie ihr Niel- und Melohnenwasser zu trinken pflegen? Doch muhtmaßen wir /daß durch die Bohnenschahle ein Bohnenblat müsse verstanden werden; gleichsam als were das blat des Bohnengewächses zur Trinkschahle / das ist zum Trinkbächer / gebeuget und gemacht. Und hierzu veranlaßen uns des Plinius worte / wan er am itzt angezogenem orte schreibet: Ægypti adeò Nili sui dotibus gaudent, ut implexis Colocasiæ foliis in variam speciem vasorum potare grassimum habeant. DaßPlinius alhier die gemelten Bohnenschahlen / odertrinkgefäße aus Egiptischen Bohnenblättern /welche von den Griechen / als dem Nikander / und andern / κιβώρια, und von den Lateinern Ciboria genennet werden / beschreibet und meinet / hat Hadrian Junius im 20 h. des I B. seiner Anmärkungen sehr wohl geurteilet. Κιβώριον aber / oder κιβώτιον sol /nach des Dioskorides erklährung / so viel gesagt sein / als [448] ein kästlein / oder schiflein / kähnlein / darinnen die Egiptische Bohne / mir feuchtem schlamme beschlagen / wan man sie säete / ins wasser gelaßen werde. Sonsten nennet eben derselbe das Egiptische Bohnenblat einen Schinken; weil es so groß und breit / auch der gestalt nach / einem schinken nicht ungleich ist. Daher hat es auch Teofrast mit einemTessalischen huhte verglichen. Horatz gedenket des Egiptischen Trinkbächers aus Bohnenblättern in seinem 7 liebe des 1 b. Ebenmäßig:


Oblivioso lævia Massico
Ciboria exple.

Aus diesen von Bohnenblättern gemachten Trinkgefäßen pflegten die Egipter / die hitzige leber / und den magen zu kühlen / gemeiniglich ihr Melohnenwasser / mit Zukker / auch zu weilen mit Amber /Moskes / und Rosenwasser vermischet / zu trinken. Dieses wasser aber nahmen sie von derselben ahrt ihrer Melohnen / welche Batechia el mavi heisset /und viel grösser und gelber ist / als die Europische Melohne / auch inwendig nichts / als kernen und ein süßes wasser / zu haben pfleget. Sonsten haben sie noch eine andere ahrt / welche sie Abdellavi nennen; und dan eine dritte / die Chajar heisset. Diese ist unangenehm und wässericht vom geschmakke; und ihre kerne kühlen unter allen Melohnenkernen am allermeisten.


Zur 25 und folgenden zeilen des 116 blats.


Unâ hâc in re blanditur ac supplicat, quæ in cæteris imperabat. Pel. ad Demetriadem. Der Jüngling /sagt eben derselbe / ward von seiner Fraue begehrt / doch gleichwohl zu keiner begierde bewegt. Er ward gebähten / und flohe [449] gleichwohl. Das ehrliche Hertz konte / weder durch die kraft der blühenden Jugend / noch durch das große ansehen Derselben / die ihn ansuchte / auf einige weise zur unzucht verleitet werden. Dan ob er schon / nicht allein durch das anlokkende gesicht / sondern auch durch tähtige ümhälsung / von einer Fraue genugsam gereitzet ward; so hat er sie dannoch nicht begehret.


Zur 3 und folgenden zeilen des 119 blats.


Adulterium cum servo sordidius apud veteres apellatum fuit; cùm sola cohabitio cum servo servitute coërceretur. Videbatur enim in servirutem consensisse, quæ servo sese conjunxisset. Tacitus.


Zur 14 und folgenden zeilen des 123 blats.


Josef spricht / in seinem Letzten Willen / also: Wie oft hat mich die Egiptische Frau gedreuet zu tödten. Wie oft hat sie mich / nachdem sie mir viel dampfes angetahn / wieder zu sich holen laßen? Wie oft hat sie mich gedreuet zu tödten / wan ich weigerte mit ihr zu tuhn zu haben? Gleichwohl sagte sie zu mir: ihr solt über mich und alle das meinige herschen; sofern ihr euch mir übergebet / und meinen willen tuht. Ihr solt unser Herr und herscher sein. Aber ich gedachte der worte meines Vaters Jakobs: und ging in meine schlafka er / bähtete den HERrn an / und fastete sieben tage. Doch schien ich in den augen der Egiptischen Fraue so wohl bei leibe / als einer / der in aller wohltust gelebet: dan die üm des HERren willen fasten / bekommen eine angenehme gestalt. Den wein /den ich bekahm / trank ich nicht: und nachdem ich drei tage gefastet hatte / nahm ich meine tägliche kost / und gab sie den armen und kranken / u.a.m. Zuletzt suchte sie mich zur hurerei zu bewegen. Aber so bald ich solches verstund / ward ich betrübet bis in den tod. Und als sie weggegangen [450] war / kahm ich wieder zu mir selbst; und befand mich eine lange zeit betrübt üm ihrer willen. Dan ich sahe ihren betrug den sie im sinne hatte. Und ich ermahnte sie mit den worten des Allerhöchsten / ob ich sie vielleicht bewegen möchte von ihren bösen begierden abzustehen Manchesmahl gab sie mir solche guhte worte / als ein heiliger man. Manches mahl priese sie / doch nicht ohne arglist /meine keuscheit gegen ihren Ehhern. Auch sagte sie so wohl offentlich / als heimlich / zu mir: Scheuet meinen Ehherrn nicht: dan er ist eurer keuscheit so fest versichert / daß er es nicht gleuben wird / imfal man ihm etwas von uns sagte. Um aller dieser dinge willen lag ich auf der erden / angetahn mit einem sakke: und baht den HErrn inbrünstig / daß er mich doch von dieser Egiptischen Fraue erlösete.


Zur 21 und folgenden zeilen des 124 blats.


Flavius Josef schreibet / in seinen Jüdischen Geschichten unter andern also: Josef wolte lieber alles /was leidelich ist / leiden / als ihren willen erfüllen. Und wiewohl einen knecht nicht geziemet sich gegen den willen seiner Fraue zu setzten; so ist doch dieses werk so schändlich / daß man sich dessen billich entschlagen solte. Maluit liber criminis mori, quàm potentiæ criminosæ consortium eligere. Ambrosius l. De Joseph c. 5.


Zur 15 und folgenden zeilen des 126 blats.


Josef spricht hiervon / in seinem Letzten Willen /also: Nachdem sie / durch dieses mittel / nichts erwerben konte / so kahm sie wieder mit anderen reden aufgezogen: nähmlich wie sie Gottes Wort lernen wolte. Indem ihr wollet / sagte sie / daß ich meine Götzen verlaßen sol / so tuht meinen willen. Dan wil ich auch so viel tuhn / daß sie mein Gemahl ebenmäßig verlaßen sol: [451] und also wollen wir nach dem Gesetze Gottes eures HERren wandeln. Darauf gab ich ihr zur antwort: Wie Gott von denen / die in unreinigkeit lebten / nicht könte / noch wolte geehret sein. Auch hette er kein gefallen an denen / die mit Ehbruche sich besudelten. Sie aber schwieg: und begehrte gleichwohl ihr begehren zu volbringen. Ich hingegen fastete / und bähtete; damit mich Gott von ihr erlösen möchte.


Zur 12 und folgenden zeilen des 127 blats.


Hiervon spricht Josef abermahl / in seinem Letzten Willen / folgender gestalt: Wieder auf eine andere zeit sagte sie zu mir: wolt ihr keinen ehbruch begehen / so wil ich meinen Ehherrn tödten: und dan wil ich euch zur ehe nehmen. Als ich dieses vernahm / zerris ich mein kleid / und sprach: Fraue / schähmet euch vor Gott solcher dinge; und fürchtet den HERrn. Tuht ein so böses stükke nicht / noch verzweifelt nicht so gar /daß ihr euch dem bösen so gantz ergebet. Dan so fern ihr nicht ablaßet / wil ich euer boßhaftiges vornehmen offenbahren. Und sie fürchtete / ich möchte ihre boßheit iemand zu erkennen geben / u.a.m. Ornet prudentiam verecundia, quodque præcipuum in fæminis semper fuit, cunctas in te virtutes pudor superet.Hieronimus ad Colant l. 2. Epist. 20. Quod unum habent in malis bonum, perdunt peccandi verecundiam. Seneca l. de vita beata, c. 12. Et Valerius Flaccus:


Heu! non revocabilis unquam
cessit ab ore pudor.

[452] Zur 20 und folgenden zeilen des 128 blats.


Darnach / spricht Josef in seinem letzten Willen weiter / suchte sie mich zu verführen mit geschenken. Sie schikte mir alles / was das hertz ersinnen mochte /was schön und köstlich war zum gebrauche der menschen: und dieses schikte sie mir mit allerhand speisen. Aber als der Geschnittene diese speisen brachte /sahe ich auf / und erblikte einen erschröklichen Man /der mir ein Messer in einer schüssel zureichte. Daraus verstund ich / daß sie meiner seelen nachstellete. Und wan er weg war / weinete ich. Auch aß ich weder itzt /noch sonsten von ihrer speise. Auf einen tag hiernach kahm sie zu mir / und sagte: warüm habt ihr von der speise / die ich euch geschikt / nicht gegessen? Und ich antwortete: darüm daß ihr sie mit dem tode erfüllet. Ja wisset / daß ich mit den Abgöttern keine gemeinschaft abe / noch ihnen diene; sondern dem HERen allein diene. Dieser / der Gott meines Vaters /hat mir / durch seinen Engel / eure boßheit geoffenbahret. Und darüm habe ich die speise bewahret /euch zu bestrafen: ob ihr vielleicht dadurch / wan ihr sie erblikket / zur reue möchtet bewogen werden; oder aber damit ihr sehen möchtet / daß denen / die dem HERen in reiner keuscheit dienen / keine arglist derer / die boßheit würken / schaden / noch einige kraft haben kan. Und ich nahm / und aß sie / in ihrer gegenwart / indem ich sagte: der Gott meiner Väter /und Abrahams Engel wird mich bewahren. Hierauf fiel sie vor mir plat auf ihr angesicht zur erde nieder /und weinete. Und nachdem ich sie aufgehoben hatte /ermahnte und unterrichtete ich sie mit vielen schönen lehren. Auch versprach sie mir dergleichen nicht mehr zu tuhn. Aber sie weinte und seufzete aus dem grunde ihres hertzens: dan es brante vor großer begierde ehbruch mit mir zu begehen. Ihre augen schlug sie nieder auf die erde / und lies das heupt hängen. Als ihr Ehherr solches sahe / fragte er sie: was ist euch? Warüm laßt ihr den kopf hängen? Und sie antwortete: mein hertz tuht mir so weh / daß ich kaum ahtemen kan. Er aber trug sorge vor sie / wiewohl sie nicht krank war.

[453] Auch spricht Ruben / in seinem letzten Willen /hiervon folgende worte: Weil sich Josef von allerlei weibern enthalten und bewahrt hat / ja alle seine gedanken von aller huhrerei und beflekkung gereiniget; so ist er angenehm gewesen bei Gott und Menschen. Fürwahr! die Egiptische Fraue täht ihm viel dampfes an: welche die Zeuberer hohlen lies / und gab ihm betrügliche artzneien. Aber in ihn kahmen keine böse begierden. Darüm hat ihn Gott / der Gott meiner Väter / vor dem sichtbaren und unsichtbarem tode befreiet / u.a.m.

Tatura ist bei den Egiptern eine gattung des Nachschattens / vom Dodoneus Stramonia genennet.Mattiolus meldet / daß dieses kraut dem Nachtschatten welcher sonst Solanus heisset / zwar gleich sei /aber einen geruch habe als Schlaf kraut / opium, mit weissen wohlrüchenden bluhmen / und dunkelbraunen gekerbten blättern. Aus der bluhme komt eine runthafte frucht / mit einer dornichten schahle / wiewohl sie auch zuweilen keine dornen hat: welche von etlichen vor die nus Metel bei dem Avizenne gehalten wird. In dieser frucht lieget ein gelber same / der zuletzt bleich wird; und fast eben die kraft hat / als das Slaf kraut. Dan er machet die menschen tum / tutzig /trunken und sinneloß; ja sie fallen in einen so tieffen schlaf / der wohl drei tage lang währet. Daher pflegen ihn die Egiptischen Straßenreuber den reisenden Kaufleuten / klein zerstoßen / und mit honige vermischt / einzugeben / sie trunken und schlafend zu machen; damit sie ihnen ihr geld und guht abnehmen können. Dergleichen pflegen auch die Huhren in Egipten und Ost-Indien zu tuhn / wan sie einen Jüngling zu ihrem willen zu bringen trachten. Dem geben sie gemelten saamen gemeiniglich im weine zu trinken: darauf er so sinloß wird / daß [454] er nicht weis / was er tuht / oder redet / auch nicht einmahl / wan er wieder zu sich selbst kommen / was er getahn oder geredet.


Zur 19 und folgenden zeilen des 129 blats.


Als ihr Ehherr / seind abermahl Josefs worte / wieder von hause war / bestürmete sie mich aufs neue / und sagte: ich verschmachte dan / oder ich mus sterben. Ich wil mich selbsten erseuffen oder ich wil irgend von oben hinunterspringen / und den hals brechen; wofern ihr mein begehren nicht volbringet. Als ich nun sahe / daß der geist Belials sie besaß / rief ich den HERrn an; und sprach zu ihr: Warüm seid ihr so entstellet / und warüm gebährdet ihr euch so übel? Gedenket doch / ihr verblendete in den sünden / daß Sechon / eures Ehherrn Beischläferin / die euch feind ist / euren kindern manche schläge geben / und euer gedächtnüs von der welt vertilgen wird / im fal ihr euch selbsten das leben nehmet. Hierauf antwortete sie: Nun sehe ich gleichwohl noch / daß ihr meiner nicht gantz vergessen / noch mich aus eurem hertzen verbannet. Es ist mir gnug / das ihr mein und meiner kinder leben beschirmet. Ich habe guhte hofnung / daß ich noch heute bekommen werde / was ich suche. Aber sie erkante nicht / daß ich solches aus der furcht meines Gottes sagte / und nicht üm ihrer willen. Dan imfal sich iemand einigen bösen Gemühts bewegungen und begierden unterwirft / der wird derselben leibeigner und dienstknecht / wie diese gemelte Fraue. Und wan er etwas guhtes höret / weil er von solcher anfechtung überwunden ist; so nimt er dasselbe straks zum vorteil seiner bösen begierden / u.a.m.


Zur 22 und folgenden zeilen des 150 blats.


Guido Panzirol bezeuget / aus dem Plinius / am 26 bl. des 1 b. von den verlohrnen gedenkwürdigen dingen: daß der Egiptischen Priester kleider aus dem allerzährtesten / weichstem / und weissestem leinwande [455] oder baumwollenem zeuge gemacht gewesen; und nicht aus wolle von den tieren. Beroaldus ad Apuleji l. 11. Milesiacor. Daher sagt Ovidius:


Nunc Dea linigerâ colitur celeberrima turbâ.

und Marzial:
Linigeri faciunt calvi, sistrataque turba.
als auch Juvenal:

Qui grege linigero circundatus & grege calvo.


Tertullian nennet / in seinem buche von der Kriegshelden Krohne / des HERrn Kristus Gewand das eigene kleid des Osiris / nähmlich seiner oder der Isis Priester. Daß aber diese Priester das haar nicht allein auf dem heupte / sondern auch über den gantzen leib abgeschohren / damit kein unflaht daran bleiben möchte / bezeuget Herodotus in seiner Euterpe. Daher nennet sie auch Laktantz im 1 b. seiner Unterweis. deglabra pectora: und Marzial pilatam cohortem, einen geschohrnen hauffen.


Nunciat octavam Phariæ sua turba juvencæ,
& pilata redit jamque subituque cohors.

Pilata cohors ist hier in keinem andern verstande gesagt / als eine geschohrne schaar / die aller haare entblößet. Und dieses ist in gemelten Dichtmeisters 6 b. klährlich zu sehen / wan er also spricht:


Exstirpa, mihi crede, pilos de corpore toto;
teque pilare tuas testificare nates.

Daher komt auch das wort expilator, welches eigendlich einen solchen reuber bedeutet / der alles so rein hinweg raubet / daß er auch fast nicht ein härlein an der beraubten leibe übrig lesset.

Seewermuht / welches von den Lateinernabsythium marinum, von den Griechen σερίφιον, oder [456] ἀψύνθιον σερίφιον, nach dem Serifischen Inlande der Egeischen see / da es überflüßig wächset /genennet wird / war der Isis heilig; gleichwie demOsiris der Eppich / und das Rundkraut. Daher ward es auch / mit den Fiechtenzweigen / in den Isischen festgeprängen herüm getragen. Es pfleget eben üm die zeit / wan der Niel wächset / zu blühen.

Die Seitenspiele warden an den heiligen tagen darüm gebraucht / damit / durch derselben süßen klang / das volk zur heiligen andacht bewegt / und von weltlichen gedanken abgehalten würde. Von allen diesen Festgeprängen schreibet Apulejus in seinem 8 und 11 b. weitleuftig.


Zur 16 und folgenden zeilen des 132 blats.


Als nun der heilige Festtag / schreibet Flavius Josef im 3 h. des 2 b. vor handen war / welchen auch die Frauen zu begehen pflegten; da stellete sie sich gegen ihren Ehheren krank / suchte die einsamkeit / und dadurch gelegenheit den Josef zu gewinnen. Und als sie dieselbe gefunden / sprach sie ihn / mit den allerschönsten und süßesten worten / flöhendlich an. Es were zwar / sagte / viel besser gewesen / daß ihr meiner ersten bitte nicht widerstanden / und entweder das ansehen der bittenden / oder die heftigkeit der liebe etwas bei euch gelten laßen; welche mich zwinget zu vergessen / daß ich eure Fraue bin / indem ich euch mit so untertähnigen worten auflöhen mus. Jedoch werdet ihr klug sein / wan ihr euch noch itzund bekwähmet / und also euren vorigen fehler verbessert. Ist es euch auch etwan darüm zu tuhn gewesen / daß ihr aufs neue woltet gebähten sein; so tuhe ich nun dasselbe viel inbrünstiger / als zuvor iemahls. Dan eben darüm habe ich mich krank gemacht / und eure liebe geselschaft aller freude dieses Festes vorgezogen. Oder habt ihr mir vielleicht nicht zugetrauet / daß ichs mit ernste meinete; so könt ihr nunmehr gewis schliessen / daß ich euch nicht betrüglich versuchet /weil ich in solcher meinung beständig verharre.[457] Darüm wehlet entweder die angebohtene wohllust zu gebrauchen / und derselben die euch aufs höchste liebet / zu gehorchen / daraus ihr auch noch grösseren nutzen zu gewarten; oder aber machet euch gefast meinen grimmigen zorn und euserste ungnade / so fern ihr eure gewähnte keuscheit meiner gnade vorziehet / zu vertragen. Und das solt ihr wissen / daß euch diese keuscheit nichts helfen wird / wan ich euch bei meinem Ehherrn angeben werde / daß ihr mich habet nohtzüchtigen wollen. Dan ob ihr schon die wahrheit sagtet / so würde doch Potifar meinen worten mehr gleuben / als den eurigen. Aber Josef konte auf alle diese worte / welche sie noch darzu mit trähnen bezeugete / weder aus mitleiden bewogen / noch aus schrökken gezwungen werden / von seiner vorgesetzten keuscheit abzuweichen. Und also hielt er beständig an diesen so unbilligen anfechtungen zu widerstehen: ja er wolte lieber alles leiden / als des angebohtenen geniessen; indem er wohl wuste / daß er sich der rechtfärtigen strafe teilhaftig machte / so fern er einer Fraue zu gefallen / dergleichen etwas beginge / u.a.m.


Zu den 2 letzten zeilen des 132 blats.


In den Egiptischen sümpfen wächset das kraut / das die Arabischen Aertzte Beid el Ossar, oder schlecht hin Ossar und el Usar nennen / und man auch in Europe / da es in etlichen Kreutergårten zwar grühnet und blühet / aber keine frucht bekomt / zu bringen pfleget. Aus dessen gebrochenen oder angeknikten oder aufgeritzten zakken / und bleichgrühnen jungen blättern leuft eine scharfe und bittere milch; welche von der sonnenhitze zusammenrinnet / und nach der gleicheit mit dem Manna oder zukker / Man und Saccar el Usar genennet wird. Mit dieser Milch pflegen die Egiptischm Jungfrauen ihre haut zu bestreichen /sie schön / klahr / und glat zu machen. Dan sie vertreibet nicht allein die sonnen- oder sommer-sprossen / und andere flekker; sondern sie beisset zugleich das haar aus. Daher pflegt [458] man auch die Tierheute / sie kahl zu machen / in dieser milch einzuweichen. Die bluhmen seind safrahngälbe / und hängen knütschelweise an den güpfeln der zakken / nach der erde zu gebogen. Die frucht siehet fast aus wie ein paar kamehlsbälle: daher auch der nahme Ossar, das ist ein bal / den früchten / mit dem kraude / gegeben wird. Den saamen ümgiebet eine sehr sanfte wolle; welche man zum zunder gebrauchet / auch die betten / und so genenten matratzen damit füllet.


Zu den 6 letzen zeilen des 134 blats.


Auch hat sie / sagt Josef in seinem letzten Willen /vielmahls ehre ärme / brust / und beine entblößet; damit sie mich zur liebe bewegen möchte. Dan es war eine schöne Frau / und wohlausgezieret mich zu betrügen. Aber der HERr bewahrte mich für allen ihren anmuhtungen. Chærea apud Terentium in Eunucho: Ego verò occasionem tam optatam, tam ins per atam amitterem? tum ego pol! verè is essem, cui assimulabar. Aber so gedachte Josef mit nichten.


Zur 10 zeile des 135 blats.


Continens est, qui se continet ab externâ lasciviâ, sed non sine dolore. Intus enim cupiditatum flammis vexatur; sed nolens volens sese continet. Paræus ad c. Genes. 39. & Num. 9.


Zu den 8 letzten zeilen des 136 blats.


In potestate, inquit Imperator, sunt servi dominorum: quæ quidem potestas juris gentium est. Nam apud omnes peræque gentes animatvertere possumus, [459] penes dominos in servos vitæ necisque potestatem fuisse. l. 1. paragr. 1, ff. de his, qui sui, vel alieni juris sunt.


Zur 23 zeile des 138 blats.

Plutharchus Erot. Dulce pomum, ubi custos abest.Ovidius Remed. Amor. 2:
Quisquis amas, loca sola nocent, loca sola caveto.

Solitudo enim est, quæ etiam virum fortem præcipitat in reatum. Petr. Bles. Epist. 9. Et Magda pars peccatorum tollitur, si peccaturis testis assistat. Seneca.


Zur 25 und folgenden zeilen des 138 blats.


Gundige nicht: dan Gott siehet es / die Engel seind darbei / der Teufel wird dich anklagen / dein Gewissen wird zeuge sein / und die hölle deine strafe. Oculum in te intendit suum, qui tuum fecit. Augustinus, de Verbo Dom. Parietibus oculi hominum submoventur. Divinum autem numen nec visceribus submovetur, quo minus totum hominem perspiciat ac norit. Lactantius. Deus totus oculus, quia omnia videt, totus manus, quia omnia operatur; totus pes, quia nbique est. Augustin. sup. Ps. 120. Intra omnia, nec inclusus; extra omnia, nec exclusus. Hildebertus. Solius DEI est in duobus locis, & per totum mundum in eodem momento inveniri. Athanasius q. 26 ad Antioch. Quid prodest non habere conscium, habenti conscientiam. Lactant. l. 6, c. 24, ex Senecâ. Mala conscientia delictorum nostrorum ipsa est testis, etc. Das böse Gewissen ist selbsten unserer sünden zeuge / selbsten unser richter / selbsten unser hänker / selbsten unser gefängnüs. Es klaget uns auch [460] selbsten an / es richtet / verurteilet / und verdammet uns selbsten / sagt Barnard. Conscientia cujusque propria certum est testimonium judicii divini. Richterus Axiom. 48. Darüm sagt unserJosef bei dem Flavius Josef sehr wohl: Satius esse conscientiæ rectè factorum, quàm peccati latebris fidere, das ist / es sei besser sich aus sein guhtes Gewissen / als auf eine ungewisse bedekkung seiner sünden / zu verlaßen.


Zur 9 zeile des 139 blats.


Dan ausser dem / daß den Josef seine Gottesfurcht /welche Barnard die tührhühterin des gemühts nennet / hiervon abhielt; so wuste er auch sehr wohl / daß die Ehbrecher in Egipten / nach Diodohrs zeugnüsse /mit verlust des mänlichen gliedes gestraft warden. Daher sagt Horatz:


Quin etiam illud
accidit, ut quidam testes, caudamque salecem
demeteret ferro.

Zudem war die strafe der Leibeigenen / die einen Ehbruch begangen / bei den Alten noch viel schärfer, wie Aerod. im 19 h. des 8 b. von den Jüdischen sachen bezeuget.


Zum beginne des 140 blats.


Gleichwohl / spricht Josef in seinem letzten Willen /zog sie mich nachmahls mit gewalt bei den kleidern / damit ich sie fleischlich erkennen solte. Und als ich sahe / daß sie mit aller gewalt unsinnig war / indem sie mich bei den kleidern festhielt; da lief ich weg. Und Flavius Josef schreibet hiervon also: Aber sie hielt viel heftiger [461] an: und weil sie mir worten nichts ausrichtete / so schlug sie die hand an den Jüngling / ihn mit gewalt zu ihrem willen zu zwingen. Da sprang Josef / welcher des weibes unbändige ungestühmigkeit nicht länger vertragen wolte / indem er auch seinen rok / daran sie ihn fest hielt: /im stiche lies / zur kammer hinaus. Hierauf beschlos sie / teils weil es sie schmertzete / daß ihr ansuchen abgeschlagen worden / teils auch weil sie sich befahrete / ihr Ehherr möchte ihr böses vorhaben erfahren /den Josef bei zeiten fälschlich anzugeben / und sich also an ihm zu rächen. Dan sie / als eine arglistige frau / gedachte ihm mit der anklage zuvorzukommen. Und darüm saß sie betrübt und entrüstet: auch stellete sie sich / als wan dieser aus vergebens verhofter sättigung ihrer begierden entstandener unmuht ein rechtmäßiger zorneifer wegen ihrer angefochtenen keuscheit sei / u.a.m. Ambrosius lib. de Joseph, c. 5. Magnus vir Joseph, qui venditus, servile nescivit ingenium; adamatus, non adamavit; rogatus, non adquievit; comprehensus, aufugit.

Pel. ad Demetriadem: Concupiscitur à domina Adolescens, nec ad concupiscentiam provocatur: rogatur, & fugit: castum animum nec ætas adolescentiæ permovet, nec diligentis auctoritas: nec aspectu solùm, sed ipso penè complexu, provocatus à fæmina, fæminam non concupivit.


Zur 15 zeile des 140 blats.


Amici, qui sese mereri omnia præsumunt, si quidquam non extorserint, atrociores sunt ipsis quoque hostibus. Aurelius Victor. Aut amat, aut odit Mulier: nihil est tertium. P. Syrus. Sic omne coactum [462] tragicum habet exitum. Baldus addit. neque ab initio c. de Nupt.


Zur 28 und folgenden zeilen des 140 blats.

Scelere velandum est scelus. Seneca in Hippolito.

Zur 21 und folgenden zeilen des 148 blats.

Hiervon schreibet Moses im 39 h. seines ersten buches / in den drei letzten spr. mit kurtzen worten: als auch Josef selbsten straks im anfange seines letzten Willens.


Zum anfange des 193 blats.


Dieses erzehlet Josef in seinem letzten Willen folgender gestalt: als ich also gebunden und gefesselt lag /ward die Egiptische Frau vor schmertzen krank. Und sie stund / und horchte / wie ich den HERrn lobete /und ihm dankte / in der fünsternüs meines gefängnüsses. Dan ich priese meinen Gott mit fröhlicher stimme / und machte seinen ruhm groß; weil Er mich / durch diese gefangenschaft / von der Egiptischen Frauen erlöset. Aber sie fing auch alhier an / mich von neuen zu bestürmen. Wohlan dan / sagte sie / nehmt meinem vorschlag an / und tuht / was ich begehre; so wil ich euch von euren banden befreien / und aus diesem fünstern loche erlösen. Aber so weit konte sie mich nicht bringen / daß ich auch zu tuhn Dan Gott liebet denselben / der in einem dunkelen gefängnisse sitzet / und in reinligkeit fastet / vielmehr / als einen andern / der mit seiner Braut in wohllüsten lebet. Und wan iemand in sauberheit lebet / und begehret ruhm und ehre; so bekomt er sie von dem Allerhöchsten / gleichwie ich sie bekommen habe / so fern es Ihn guht dünket. Ja sie kahm in ihrer krankheit vielmahls vor mein gefängnüs / und wan sie mich bähten hörete / fiel sie mir üm so viel mehr verdrüßlich. Aber so bald ich ihr seufzen vernahm / schwieg ich stil / u.a.m.


[463] Zur 12 und folgenden zeilen des 155 blats.


Hiesige geschicht beschreibet Moses im 40 hauptstükke seines ersten buchs zwar weitleuftig genug /doch gleichwohl setzt er nicht ausdrüklich hinzu /warüm der König seine zween Kämmerer zum gefängnüsse verda et. Aber die Arabischen Geschichte nennen ihre verbrechen mit ausgedrükten worten: als auch mehrgemelter Greiffensohn in Josefs Lebensbeschreibung.


Zur letzten zeile des 160 blats.


Diesen zweifachen Traum des Königes erzehletMoses / im 41 hauptstükke seines 1 buchs / ausführlich: als auch Flavius Josef in seinen Jüdischen Geschichten / und Pierius am 28 bl. seiner heiligen Bilderschriften.


Zur 10 und folgenden zeilen des 162 blats.


Sunt enim Somnia ex diurna cogitatione quasi in fidibus cessantis impulsus extremæ quædam motiones, quæ ex impulsu resultant, eoque cessante adhuc aliquandiu perdurant; inquit Gregor. Nicenus Tract. de opificio hominis c. 13. Wer mehr von den Treumen zu wissen begehret / der kan des Apomasaris /sonderlich aber des Artemidorus Traumbücher / aufschlagen; als auch den Aristoteles in seinem Buche von 1 en Treumen / und unsren Schatz der ungesundheit / im 21 haupst. des 2. B. am 162 bl. u.a.m.


Zur 7 zeile des 167 blats.

Dieses erzehlet Moses / im 9 und folgenden spr. des 41 h. seines 1 buches.
[464] Zu den 3 letzten zeilen des 172 blats.

Alles dieses findet man im 33 und folgenden spr. de 41 haupst. im Buche der Schöpfung.

Zur 5 zeile des 178 blats.

Durch das Reich der Schällenbügel verstehen wir alhier Egipten. Es ist eine rähtslerische redens ahrt /aus dem Esaias genommen: welcher sein 18 hauptstükke also anfänget: שוכ ירהנל רבעמ רשא םיפנכ לצלצ ץרא יוה: das ist / weh dem Lande des Klingels oder der Schällen mit dem rande / Cymbali orarum, id est Sistri, (da die Ifischen Priester mit Klingelspielen oder Schällenbügeln spielen) jenseit den flüssen des Kusischen Arabiens / trans flumina Chus, id estArabiæ Chusææ: welches Bilder (das Heupt des Osiris) in die See sendet / und zwar in gefäßen oder schiffen vom Papierschilfe auf den wassern. Oder kürtzer und eigendlicher: weh dem Reiche / das die Schällenspiele gebrauchet: / und über den Arabischen flüssen lieget: welches seine Götzenbilder in die See sendet / mit seinen schiffen auf den wassern. Dieses ist / nach meinem urteile / die eigendlichste erklährung der worte des Esaias / und derselben verstandes: der auch Hieronimus / in seiner übersetzung ziemlich nahe / ja unter allen übersetzern am nächsten kommet; welche also lautet: terræ Cymbalo alarum, quae est trans flumina Ætiopiæ. Qui mittit in mare legatos, & in vasis papyri super aquas. Das ist / weh dem lande der Schällenflügel /das über den Mohrenländischen flüssen liegt. Der Gesanten in die see schikt / und in fässern vom papierschilfe über den wassern / u.a.m. Aber die siebenzig Tahlmetscher [465] gehen weiter darvon ab / wan sie die gemelten Ebreischen worte der Weissagung in die Griechische sprache folgender gestalt übertragen:ὀυαὶ γῆς πλάων πτερύγων ἐπέκεινα ποταμῶν ἀιϑιοπίας; ὁ ἄποσέλλων ἐν ϑαλάσση ομηρα, κὶ ἐπισολὰς βιβλίνας ἐπάνω τοῦ ὗδατος. Dieses hat der Lateinische übersetzer also gegeben: Væ terræ navium alarum, trans flumina Æthiopiæ. Qui mittit in mari obsides, & epistolas papyraceas super aquam. Das ist / weh dem lande der schiffe mir flügeln oder segeln / über den flüssen des Mohrenlandes: der im meere bürgen oder pfandsleute / oder vielmehr pfände ausschikket / als auch Sendeschreiben vom papierschilfe / über dem wasser. Eben so weit weichet auch der Kaldeische übersetzer oder erklährer vom Ebreischen grund verstande folgender gestalt ab: væ terræ, ad quam veniunt in navibus de terra longinqua, & vela eorum extensa sunt, quasi aquila, quæ volat alis suis; quæ est trans flumina Æthiopiæ. Quæ mittit in aquis nuncios, & in trieribus super faciem aquarum. Das ist / weh dem lande / dahin man aus fernen ländern auf schiffen kommet / und derer segel sich ausbreiten / wie ein Adler / wan er mit seinen flügeln flüget; das über den flüssen des Mohrenlandes ist. Welches in den wassern Bohten aussendet / und in dreirudrichten schiffen über den flächen der wasser. Ja unsere Hochdeutsche übersetzung komt dem eigendlichen sinne des Esaias nicht näher; wan sie also lautet: weh dem lande / das / unter den segeln / im schatten fähret / disseit den wassern des Mohrenlandes: das Botschaften auf dem Meere sendet / und in Rohrschiffen auf den wassern fähret. Hier sehen wir / daß der übersetzer in betrachtung gezogen / daßEsaias im Jüdischen lande geschrieben / und daher Egipten nicht beschreiben können / als ein land [466] über den Mohrenländischen flüssen; weil Mohrenland /nach dem Jüdischen lande zu rechnen / nicht disseit /sondern jenseit Egipten lieget. Darüm hat er auch / ob schon alle vorigen übersetzer das wort jenseit gebraucht / darvor lieber disseit setzen wollen: damit seine übersetzung nicht wider die gelegenheit der länder lauffen möchte. Aber er hette gantz nicht nöhtig gehabt / daß wörtlein jenseit in disseit zu verändern /wan er gewust hette / daß Esaias durch das wort שוכChus, nicht Mohrenland / sondern Arabien / verstanden. Und hierinnen hatten ihn die vorigen übersetzungen / als auch die meinungen der Kirchenväter und anderer verleitet. Dan fast alle alte Schreiber / als Filo / Josefus / Eusebius / Hieronimus / Eustatius / der Verfasser des Alexandrischen Zeitbuches / ja alle Altväter haben das land Kus vor Mohrenland gehalten: auch selbst die alten Ebreer und Araber; den einigen Jonatan ausgenommen / welcher in seiner Erklährung des 6 spr. im 10 hauptst. des buchs der Schöpfung vor das Ebreische שוכ Chus איברע Arabia gesetzet. Und daß diese letzte erklährung besser und wahrhaftiger sei / hat der fürtrefliche Bochart in seinem Faleg am 238 und 239 bl. eben so gelehrt / als weitleuftig / erörtert. Die flüsse aber des Kussischen Arabiens / welches ein teil des glüklichen und steinichten Arabiens ist / und zwischen Egipten und dem Jüdischen lande lieget / seind Besor / der sich in die Mittelländische see ergiesset; der flus Trajan / welcher bei der Heldenstadt in das Rohte meer sich stürtzet; Koris / dessen Herodotus in seiner Talia gedenket / und andere. Nur eines wollen wir noch errinnern: nähmlich daß so vieler / ja fast aller alten irtuhm aus der einigen übersetzung der siebenzig übersetzer entsprossen: welche / weil sie hierinnen geirret / auch nachmahls alle ihre nachfolger irren gemacht.

[467] Das obgemelte Ebreische wort םיפנכ, welches die meisten flügel erklähren / haben wir rand verdeutschet: weil ףנכ überal vor den rand oder das euserste ende eines ieden dinges / so wohl der flüsse und der erde / als der kleider und gebeue / genommen wird. Und also ist ein klingel oder eine zimbel der ränder oder mit rändern םיפנכ לצלצ ein Schällenspiel mit rändern oder mit einem bügel ümgeben: welches die Griechen von σάιομαι, d.i. rütteln / bewegen / σειςρον, die Lateiner sistrum nennen. Dan es ist eine gattung der so genenten Zimbeln: die Esaias alhier billich לצלצ das ist / ein klingendes spielzeug / vom ללצ klingen / tinnire, heisset. Diese Klingelspiele waren von ertz / von silber / auch wohl von golde; wie Apuleius im 11 seiner Verwandlungsbücher bezeuget: und hierinnen von den gemeinen Klingeln oder Zimbeln unterschieden / daß diese rund waren /als ein runter bächer / und als ein blat vom Nabelkraude gestaltet / wie Turnebus aus demSchribonius Largus im 33 h. des 26 b. anweiset; iene aber ei- oder länglich-rund / mit einem rande /daran etliche schällen hingen / und / im bewegen und anschlagen / einen lieblichen klang von sich gaben.Guido Pancirollus l. 1. rer. memorab. deperditar. p. 29. Alexand. ab Alexandro l. 7, c. 8. Demsterus paralipomen. ad Rosini Antiquitat. Rom. c. ult. l. 2.

Von diesem Klingelspiele / cymbalo marginato, id est, sistro, hat Esaias das Egiptische land terram sistratam, gleichwie andere die Egipter / oder vielmehr ihre Priester selbst / sistratam turbam, genennet; weil nähmlich das Schällenspiel oder der Klingelbügel ihr eigenes spielzeug war. Marziahl:


Linigeri fugiunt calvi, sistrataque turba.

Ovidius l. 3 Eleg.

Quid nunc sacra juvant? quid nunc Ægyptia prosunt Sistra.

[468] Idem de Ponto l. 1, Eleg. 1:

Jactantem Phariâ tinnula Sistra manu.

Juvenalis:

Isis & irato feriat mea lumina Sistro.


Dan es war der Isis / als ihr eignes spielzeug / geheiliget / und ward von ihren Priestern / wan sie ihre feiertage begingen / stähts gebrauchet. Daher singt auchTibul / im 3 ged. des 1 buchs:


Quid tua nunc Isis tibi Delia? quid mihi prosunt
illa tuâ toties æra repulsa manu?

Wie nun / bei mehr gemeltem Esaias / des Egiptischen reichs eigene kenzeichen das Klingelspiel / und dessen gelegenheit über den Kusischen oder Kusisch-Arabischen flüssen seind; so schreibet ihm eben derselbe noch ein drittes zu: nähmlich die sendung der Götzenbilder in die see / in papiernen fässern / über den wassern. Alhier geben etliche das Ebreische wort םיריצ Bohten / gesanten / oderbohtschaften / auch briefe; wir aber Bilder oder vielmehr Götzenbilder / vom zeitworte ריצ, das istbilden. Dan also nennet eben derselbe Esaias im 16 spr. des 45 h. die Bildhauer oder Bildschnitzer םיריצ ישרח. Und hierdurch verstehet der Weissager anders nichts / als des Osiris Heupt: welches von den Egiptern zu Alexandrien jährlich in die see geworfen /und von dar in sieben tagen vom Teufel nach Biblus getrieben ward; wie Luzian / in seinem buche von der Sirischen Göttin / bezeuget. Auch melden Zirillus /und Prokopius / in ihren Anmärkungen über denEsaias fast eben dasselbe. Macrobius l. 1 Saturnal.Elias Schedius de Diis Germ. p. 74. Die Papierne fässer / oder Gefäße aus Papierrohre oder Papierschilfe / seind auch anders [469] nichts / als Egiptische schiffe / die man vor alters aus diesem Egiptischen rohrschilfe zu machen pflegte; wie Teofrast / und Plinius bezeugen. Des letzten worte seind diese: Ex ipso papyro navigia texunt, & è libro vela tegetesque.


Zur 6 zeile des 178 blats.


Hier haben wir auf die sehr schmahle länge des Egiptischen Reichs / da der Niel mitten durchhin fliesset /also daß er zu beiden seiten längst hin ein änges zwischen den gebürgen liegendes land / als zween eingezogene flügel / hat / ein auge gehabt. Und dieser schmahlen länge wegen / nennet Esaias in eben diesem itztgemeltem 18 h. die Egipter ךשממ יוג gentem in longitudinem extensam, ein ausgestrektes / und in die länge gezogenes volk: welches / in unserer Hochdeutschen übersetzung / uneigendlich / ein volk / das ausgemässen ist / gegeben wird. Hiervon siehe / was wir droben in den Anmärkungen am 367 bl. gesagt.


Zur 11 zeile des 178 blats.


Mit diesen worten zielen wir auf die königlichen Treume: welche Josef gedeutet / und raht erteilet / wie dem gedreueten übel könte begegnet werden.


Zur letzten zeile des 178 blats.


Errif / also schreibt es Leo der Afriker: welches eben so viel ist / als das Arabische בירלא mit dem vorangefügtem Arabischen geschlechtsworte: das vor dem R anders nicht ausgesprochen wird. Sonst wird es gemeiniglich ohne das geschlechtswort gebraucht /[470] als

oder

, welches in der alten Egiptischen sprache / wie Horus im 7 h. des 1 b. seiner Bilderschriften bezeuget / eine Birne geheissen. Und also ward eigendlich dasselbe teil des Egiptischen Reichs /das itzund den nahmen Delta führet / nach seiner oben zugespitzten / und unten breitlichten gestalt /von den Egiptern genennet; wiewohl man dadurch auch zuweilen das gantze Egipten verstund. Die Ebreer haben daraus בהר Rahab gemacht: und dieses wort wird in der h. Schrift vielmahls ebenmäßig vor das gantze Egipten gebraucht: als im 11 spr. des 89 Harfenliedes / im 9 spr. des 51 h. bei dem Esaias /und bei dem Job im 12 spr. des 26 h. wiewohl es in diesem letzten orte vielleicht in einem gantz andern verstande stehen sol. Sonsten ist auch Errif / welches wir alhier gleichmäßig vor das gantze Egipten genommen / ein nahme der 5 Landschaft oder Reichs hauptmanschaft des Königreiches Fes: welche an die mittelländische see stößet / sehr viel berge begreiffet /und ein rechtes Weinland ist; wiewohl der wein schwartz von farbe.


Zur 1 zeile des 179 blats.


Hiermit haben wir auf den Nahmen Josef anspielen wollen: welcher auf so genente Kabalistische weise /die uhrsachen / warüm ihn Jakob also genennet / anzuzeigen / folgender gestalt entknöhtelt wird:


ףסוי Josef. 'הי Gott
ופסא hat mir benommen
תפס den mangel.
הי Gott
יפסי setze mir hinzu /
ףסומ mit hinzusetzen / einen andern
ףסוי Josef / das ist Sohn.

[471] Zur 12 zeile des 179 blats.


Hiermit haben wir auf den Nahmen Assenat oder Asnat gezielet: welcher schön / und zugleich auch eine Heilandin / Heilmacherin / oder Aertztin heisset: wie auch auf Josefs ehrennahmen / der ihm nachmahls zugeeignet ward.


Zu den 3 letzten zeilen des 181 blats.


Der Basiliske / wan ihm ein spiegel vorgehänget wird / bläset mit seinem giftigen ahtem / indem er sein bildnüs darinnen erblikket / und es vor einen andern Basilisken ansiehet / so stark und so lange darauf zu /den gewähnten Basilisken im spiegel todt zu blasen /bis er sich selben todt bläset: und darüm wird er vor ein sinbild der Neidhämmel gehalten.


Zur 11 und folgenden zeilen des 184 blats.

Diesen Traum erzehlet Josef seinen Söhnen selbst / in seinem Letzten willen.

Zur 18 / 24 / und folgenden zeilen des 196 blats.

Im 41 haupstükke des Buches der Schöpfung / vom 39 spruche bis auf den 43 erzehlet Moses diese begäbnüs mit kurtzen worten: als auch die Geschicht der Assenat / und Josef der Jüdische Geschichtschreiber. Bei gemeltem hauptstükke des Moses kan ebenmäßig Kornelius à Lapide, in seinen Anmärkungen / gelesen werden.

Vom Elefanten / daß er der Könige sinbild gewesen / schreibet Johan Pierius im 2 b. seiner heiligen[472] Bilderschriften am 15 und 16 bl. weitleuftig. Daß er sich nicht neugen oder beugen könne / und keine gelenke in den kniehen habe / wird von etlichen bejahet / von andern verneinet; wie bei dem Aldrovanden /Johnstohn / und andern zu lesen.


Zur 1 und 2 zeile des 198 blats.


הנעפ תנפצ Tsaphnath Paaneach, der Egiptische Ehrennahme des Josefs / den ihm der König im 45 spr. des 41 h. aus dem Buche der Schöpfung giebet / wird auf unterschiedliche weise gelesen / und erklähret. Die siebenzig übersetzer / die ihre übersetzung in Egipten selbst gemacht / schreiben Ψοντονφανὲχ: welchesHieronimus Salvator mundi, das ist Heiland der welt / giebet; andere in großer anzahl / einen Ausleger der geheimnüsse / oder Verkündiger zukünftiger dinge. Viel lesen Zophnath Paneah, auch Saphenath paneach; und wollen das erste wort vom Griechischen σοφὸς, das ist weise / oder ein weiser /herleiten. Aber dazumahl wusten die Egipter von der Griechischen sprache noch nichts. Der seelige Luhter giebt es einen Heimlichen Raht. Doch hiervon kan Amama über das Buch der Schöpfung / als auchKirchers Koptischer Vortrab / im 5 hauptst. undJohan Vikkars über das 105 Harfenlied gelesen werden.


Zur 26 zeile des 198 blats.


Die Reichsstäbe der Egiptischen Könige hatten auf der spitze einen Storch oder Storchskopf / und endigten sich unten mit einer klaue oder einem fuße vom Fluspferde / aus golde oder anderem ertze gemacht; wie Suidas / und des Aristofanes Ausleger [473] /als auch Tisius am 151 bl. und Joh. Pierius am 170 /und 295 bl. melden; weil nun der Storch bei den Egiptern ein sinbild der frömmigkeit und tugend / dasflußpferd aber der boßheit und untugend war; so wolten sie hiermit andeuten / daß dieselben / die den Egiptischen Reichsstab führeten / die Tugend und frömmigkeit erhöben / und ihr folgen; die untugend aber und boßheit mit füßen trähten und unterdrükken solten. Dan wie der Storch seine Eltern so liebet und ehret / daß er sie im alter speiset / ja selbst auf seinen flügeln fortträget; so pfleger das Fluspferd / welchesHippopotamus genennet / und im Niele / auch zu weilen bei demselben auf dem lande gefunden wird /seinen Vater straks in der ersten jugend frefentlich anzufallen / und seine geulheit an der Mutter zu büßen; wie Plinius im 25 h. seines 8 b. und Aristoteles im 7 des 2 b. seiner Tiergeschichte bezeugen. Und dieses beides hat den Egiptischen Priestern zur erfindung beider sinbilder anlaß gegeben. Auch ist Keiser Hadrian eben daher bewogen worden / einen Storch auf seine Müntzen / mit dieser beischrift / Pietas Augusta, bilden zu laßen.


Zur 10 und folgenden zeilen des 200 blats.


Hiervon schreibet Moses also: und (der König) lies ihn auf seinem andern wagen fahren / und vor ihm her ausrufen: der ist des Landes Vater. So hat der seelige Luhter das wort Abrech verdeutschet. Aber Hieronimus giebet es / pater regis tener annis, das ist / der zahrte und junge Vater des Königes: und Onkelus / als auch Salomon Jarchi / undJudah / der jüngere Vater.


[474] Zur 16 zeile des 201 blats.


Daher hat Polemon die Augen / als bohten des Hertzens / des Gemühts tühren genennet: und der Heilverkündiger Matteus saget in seines 6 h. 22 spr. das Auge ist des leibes licht. Wan dein auge einfältig ist / so wird dein gantzer leib liecht sein. Wan aber dein auge ein schalk ist / so wird dein gantzer leib fünster sein. Aber besiehe / was wir hiervon bei der 8 zeile des 21 blats gesagt.


Zur 16 und folgenden zeilen des 202 blats.

Von der Stadt Heliopel haben wir droben bei der 29 zeile des 26 blats schon überflüßig gehandelt.

Das land Gessen / wie es Hieronimus / und nach ihm die meisten nennen / wird von den siebenzig übersetzern γέσεμ, Gesem / von andern Gossen /auch Gosen / denen der seelige Luhter gefolget / und vom Artapan / bei dem Eusebius / Καίσαν, Käsan benahmet. Auch schreibet Benjamin / daß es zu seiner zeit Bulzir Zalbiz geheissen: und etliche wollen /daß es itzund Tebais genennet werde.

Vom Hermes Trismegist haben wir bei der 12 zeile des 5 blats ebenmäßig genug gesprochen.


Zur 11 zeile des 203 blats.


Des Jüdischen Schriftgelehrtens Eliesers worte vomPotifar lauten also: שמש הדבעה םדקמ םוכס לעבו לודג םכח אוהו, hoc est, Philosophus magnus, ac Præses literarum, & cultus Solis, etc.


[475] Zur 20 und folgenden zeilen des 203 blats.


Alles dieses beschreibet die Geschicht der Assenat weitleuftig / und fast mit eben denselben worten /welche wir alhier gebrauchen: ja die gantze begäbnüs / wie sie auf dem 204 und folgenden blättern folget.


Zur 10 zeile des 206 blats.


Hieronimus / im 1 b. wider den Jovian / sagt von dem Weibesvolke also: Mulieris tactus quasi contagiosus est ac venenatus, viroque fugiendus non minus, quàm rabidissimi canis morsus. Und Diogenes urteilete von ihnen / nach seiner weise: Mulier speciosa est templum ædificatum super cloacam.


Zur 28 und folgenden zeilen des 206 blats.


Die Keuschheit ist ein spiegel / der allein durch das anschauen / und anhauchen verdunkelt wird /sagt Egidius. Und Hieronimus schreibet in seinen Briefen: Memento semper, quòd Paradysi colonum de possessione sua Mulier ejecerit.


Zur 24 und 25 zeile des 208 blats.


Daß dieses üm das 2213 weltjahr / nicht lange vor Abrahams tode / geschehen sei / meldet Kircher in seinem Egiptischen Oedipus. Andere setzen es üm das 1840 jahr vor der Heilgebuhrt. Ja fast kein Schreiber komt hierinnen mit dem andern in der jahrzahl überein.


Zum anfange des 109 blats.


Hiervon schreibet Plinius im 8 h. seines 36 B. von den sitten der Egipter: da er zugleich meldet / [476] daßMitres / das ist Mizraim / der in der Sonnenstadt geherschet / oder sein sohn Misramutisis / den die Araber Nakraus nennen / der erste gewesen / der die Sonnenspitzen zu bauen angefangen: und dasselbe sei ihm / durch einen traum / befohlen worden. Aber dieses hat er ohne zweifel nur darüm vorgegeben / damit es / als eine eingebung der Gotter / üm so viel höher geachtet würde. Doch hiervon schreibet der AraberAbenefi viel anders.

Wer von den Sonnenseulen mehr zu wissen begehret / der lese obgemelten Plinius im 8 / 9 und 10 h. des 36 buches; als auch Isidoren im 31 h. des 18 b.Blonden im 1 b. seines wiedererneuerten Rohms; den Polidorus Virgilius im 11 h. des 3 b. von den Erfindern der dinge; den Panzirol im 1 b. von den verlohrnen dingen am 66 / 178 / und 179 bl. die AraberAbulfeda / Artefi / Aben Vaschia / und Kirchern in seinem Werke von den Feuerseulen / als auch im sEgiptischen Oedipus / und in der Pamfilischen Sonnenseule. Diese Seulen waren alle aus Tebischem Marmel: und man lieset nur von einer einigen bei dem Teofrast / die aus vier Smaragden / 40 ellen hoch /aufgeführet gewesen / und in einem Egiptischen Götzenhause des Jupiters gestanden. Plinius im 5 h. des 37 b.


Zur 14 zeile des 209 blats.


Diesen Seulen / welche wir nicht eigendlicher / alsSonnenspitzen / nennen können / wird von den Lateinern / ihrer spitzigen und schlanken gestalt nach /gemeiniglich der uhrsprünglich griechische nahmeObeliscus gegeben; welches so viel heisset als einkleiner Brahtspis. Dan ὀβηλίςκος, veruculum, ist das verkleinerungswort von οβηλος, veru, brahtspis.[477] Sie möchten zwar mit besserem fuge / als so gar große Seulen / große Brahtspisse heissen: aber es scheinet / daß ihnen dieser verkleinerungsnahme zuerst aus scherze gegeben / und darnach also behalten worden. Die Araber nennen sie sonsten Messalet Pharaun, das ist / Faraons spitzen oder nahteln: und die Wälschen / ihnen zur folge / Auguglia; welches wort sie aus dem Lateinischen acus, das ist /eine nahtel / oder etwas / das oben spitzig und scharf ist / gebildet. Daß man sie aber in der Hochdeutschen sprache Nahteln / oder in der Niederdeutschen Naalden / welches eigendlich Nadelen heissen solte / nach der Araber messalet, und der Wälschenaguglia nennen wil / das lesset beider worte uhrsprung und uhrsprüngliche bedeutung in unserer sprache nicht zu. Dan so wohl das Niederdeutsche nadel /oder versetzt naalde / als das Hochdeutsche Nahtel /ist aus naht gebildet / und heisset eigendlich ein werkzeug / damit man eine naht nähet. Was hat nun eine Sonnenspitze mit der naht oder dem nähen zu tuhn / und was vor eine gleicheit hat sie mit einer geöhrten Nahtel / oder einem dinge / damit man nähet. Darüm komt den Sonnenspitzen der nahme Nahtel /zumahl weil diese rund / und jene vierekkicht seind /anders nicht / als gantz uneigendlich / zu: ja noch viel uneigendlicher den Grabspitzen / welche die Holländer auch Grafnaalden nennen; weil diese so gar vierschröhticht plump und dikke seind / daß man sie eher Zaunskaten / oder lieber Trümmel / als nahteln / nennen könte: ja der nahme Zaunstake / oderTrümmel selbst were zu wenig ihre so sehr dikke klumpfichte gestalt damit zu verstehen zu geben. Zudem was haben wir nöhtig ein so gar uneigendliches wort zu suchen / da wir so ein guhtes und eigendliches / nähmlich Spitze / haben: welches zu beiderlei seulen sich überaus wohl schikket; weil es nicht allein ein [478] scharf- und schlank-spitziges / sondern auch ein stumpf- und plump-spitziges ding bedeutet. Besser hat Hermes Trismegist selbsten seinen erfundenen Sonnenseulen den nahmen Sonnenfinger zugeeignet: weil nicht allein die Strahlen der Sonne / sondern auch die Sonnenseulen / die er nach ihnen gebildet / den fingern der gestalt nach besser gleichen: und die sonnenstrahlen seind auch als finger; damit die Sonne gleichsam üm sich greiffet / und ihre herschaft in den vier Uhrwesen ausführet; ja manchem so hart auf den kopf und in die augen tastet / wan er lange darinnen stehet / daß er es eine guhte weile fühlet.


Zur letzten des 2101 und ersten z. des 211 blats.


Hiervon besiehe den Vorbericht unsers Helikonischen Rosentahls / oder des Ertzschreines derDeutschgesinneten Genossenschaft Rosenzunft /am 2 und 3 blatte. Daß Moses in der Egiptischen weisheit sei unterwiesen gewesen / lieset man in der Zwölfbohten Geschicht / im 7 hauptstükke: ja daß er darinnen in kurtzer zeit so zugenommen / daß er alle Egipter / durch scharfsinniges nachdenken / übertroffen / bezeuget Filo der Jüde / als auch Justinus der Weisemeister / in seinem Buche von den Heidnischen fragen / und Klemens im 5 seiner Prunkdekken.


Zur 9 zeile des 211 blats.


Tanis / τάνις, wird bei dem Ezechiel / im 30 h. Tafnis Thaphnis, davor Hieronimus Zohan oder Zoan lieset / und vom Antonius Thanis, vom Egesippus aber Thamna genennet. Dieser stadt wegen findet man so vielerlei meinungen / daß das ende [479] darvon weg ist. Etliche halten es vor des Ptolomeus πελουσιον, Peluse / oder Eliopel / oder Helviopel; Arias Montanus vor Sin / und Libna / derer die heilige Schrift gedenket; Benjamin vor Kaftor bei demAmos im 9 h. andere vor Tenes / und vor Damiate /oder des Steffans ταμίαπς. Aber weil Damiate dichte bei der see lieget / und Tanis nicht / welches von etlichen wohl 100 meilen darvon gesetzt wird; so kan unser Tanis keines weges Damiate sein; ja eben so wenig Heliopel / davor man es auch wil gehalten haben. Stephanus: Τάνις, ἡ πόλις τ᾽ Αιγύπτου, παλουμῶν ὀνομαψομένη Θάφνις, das ist / Tanis ist eine Egiptische stadt / die vor alters Tafnis hies. Zwischen dieser Stadt und Farbete / welche nahe beieinander lagen / war der Kinder Israels heerlager; von dannen sie Moses durch das Rohte Meer führete.


Zur 13 und folgenden zeilen des 211 blats.

Alles dieses findet man in der Assenat Geschicht /welcher wir in allem gefolget.

Zur 22 und 23 zeile des 217 blats.

Delta ist das Mitternächtige teil des Egiptischen Reichs / bei der see gelegen / darüm wir es auch alhier den Nordwinkel genennet. Hiervon besiehe weiter / was wir bei der letzten zeile des 178 blats / auch anderwärts erinnert.


Zur 11 zeile des 222 blats.


Wor alters pflegte man eine Rose über die tische zu hängen / damit einieder / so bald er sie erblikte / [480] eingedenk würde / daß er dasselbe / was er hörete / verschweigen solte. Daher ist uns noch das sprichwort geblieben / wan wir einem guhten freunde etwas sonderliches / das verschwiegen sol bleiben / offenbahren / daß wir zu sagen pflegen: dis sei unter der Rose geredet. Und also ist die Rose ein sinbild der Verschwiegenheit; und zwar darüm / weil sie der Liebe geheiliget; derer tuhn und wesen verschwiegenheit erfordert.


Est Rosa flos Veneris, cujus quo furta laterent,
Harpocrati Matris dona dicavit Amor,
Inde Rosam mensis hospes suspendit amicis,
convivæ ut sub eâ dicta tacenda sciant.

Und eben diese Verschwiegenheit ist eine von den fürnehmsten uhrsachen / warüm einieder Mitgenosse in der Edelen Rosenzunft der Deutschgesinneten die Rosen / oder etwas darvon / in seinem Zunftzeichen führet.


Zu den 3 letzten zeilen des 222 blats.


Erwägt es bei euch selbst / sagt Josef in seinem letzten Willen / ihr sehet vor euren augen / daß ich /üm meiner langmühtigkeit willen / meines Herrn Tochter zur Gemahlin bekommen; und 100 güldene talenten / das seind 60000 güldene krönen /mit ihr. Dan Gott schikte es also / daß meine langmühtigkeit mich beförderte: u darzu gab er mir eine solche schönheit / daß ich war als eine Bluhme über alle / die in Israel schön waren / u.a.m.


Zum 224 blatte.


Daß der König dem Josef sieben tage lang das freudenfest seines Beilagers / mit allem / was [481] darzu erfordert ward / versehen laßen / findet man in der Assenat Geschicht / mit kurtzen worten / folgender gestalt beschrieben. Des andern tages baht Josef den könig / daß er ihm die Assenat zur gemahlin geben solte. Und Farao gab sie ihm / und setzte eine güldene Krohne auf sein häupt / ja richtete ihm sieben tage lang das Beilager aus.

In eben derselben Geschicht findet man auch dieSonnenburg fast eben also / wiewohl viel kürtzer /als wir getahn / beschrieben.


Zum 225 blatte.

Vom kraude Datura haben wir bei der 20 zeile des 128 blats ausfürlich gehandelt.

Bei der stadt Alkeir wachsen auf den feldern zwei Kreuter / welche einander fast ähnlich seind: alsMoschkraut / und das so genente Bammie. Bammie schiesset wohl vier oder fünf ellen hoch auf / und ist an bluhmen und blättern dem Käschen- oder Pappelnkraude zimlich gleich; ohne daß die blätter an langen stielen hängen / grösser / ja fast so groß als Kürbsblätter / und was rauch und haaricht seind; auch die bluhme bleichgälbe / und fünfblättericht ist. Die gantze frucht / welche zu weilen fünf- zu weilen zehn-ekkicht / und den wilden Gurken nicht ungleich /wird von den Egiptern in fleischsuppe gekocht; und der samen auch absonderlich / als bei uns die Erbsen und Bohnen / zur speise zugerichtet. DasMoschkraut nennen die Egipter sonst schlechthinMosch / und desselben saamen Abelmosch; weil es einen geruch hat / wie der Ostindische Moskus oder Muskes / dem auch sein saame / dem geschmak und der farbe nach / gleich ist: und darüm wird hiermit der Moschsaame / den man so [482] überflüßig auch in Egipten selbst nicht hat / als den so genenten IndischenMuskes / verfälschet / und alles vor Moschsaamen verkauft; wiewohl der unterscheid / weil der Muskes seinen lieblichen geruch bald verlieret / mit der zeit erkant ward. Vor etlichen jahren ward mir ein teil solcher Muskeskörner aus Ostindien mitgebracht: welche zwar im anfange / da sie noch frisch waren / einen lieblichen geruch hatten / aber denselben in kurtzer zeit / mit der schwartzgrauen farbe / gantz verlohren /und verblichen. Das Kraut selbsten schiesset auf / wie das itzt gemelte Bammie. Aber die blätter gleichen mehr den blättern des Leusekraudes / und seind über und über mit weislichten haaren besetzt; auch sprüßen die bluhmen zwischen dem stängel und den stielen der blätter herfür. Aus diesen bluhmen werden runte schwärtzlichte heuslein; darinnen kleine bitterhaftige körner von eben derselben farbe sitzen. So wohl das kraut / als der saame / wird zu den Artzneien sehr viel gebraucht; sonderlich vor das aufsteigen der Bährmutter / und die ausgebliebenen Mohndstunden.

Seewärmuht / ist in den Anmärkungen bei dem 150 blatte schon genug beschrieben: da der Leser nachsehen kan.

Efeu oder Ep-heu / welches wir ins gemein Wintergrühn / die Griechen Κιοτὸς, κλύμενος, διονυσία, die Lateiner / Hedera von hærere, wie Festus wil / weil es an den mauren und rinden der beume gleich als fest klebet / und sich anklammert / auch längst denselben in die höhe steiget / darüm es die Niederdeutschen Klimop heissen / als auch grote Veil / die Franzosen aber Lierre, und die Wälschen Hellera, auch Hedera nennen / war dem Osiris geheiliget. Daher hatte es auch in der Egiptischen sprache den nahmen χενόσιρις Chenosiris, das ist Planta Osiridis, des Osiris gewächs [483] oder pflantze; wie Plutarch im buche von der Isis und dem Osiris bezeuget. Und von diesem Egiptischen Nahmen scheinet das wort הנכ channa, oder הנכו vechanna, im 80 Harfenliede /entsprossen zu sein: darüber sonsten die Tahlmetscher ihre köpfe dermaßen zerbrochen / daß man wohl siebnerlei verdeutschungen findet / welche meist alle vom rechten verstande sehr weit abirren. Aber der Heilige Geist hat alhier ein Egiptisches wort gebrauchen willen / anzudeuten / daß er von einem solchen Gewächse oder einer solchen Pflantze handelte / die aus Egipten in das heilige Land versetzet und fortgepflantzet worden. Und also können wir das work הנכ an gemeltem orte anders nicht geben / als Φυνὸν, plantam, ein gewächse / oder eine pflantze; weil es kein Ebreisches / sondern Egiptisches wort ist.

Aber die Egipter hatten nicht allein dieses gewächse dem Osiris / sondern auch die Griechen ihremWein- und Bächergötzen / den Bachus oder Dionisen / darunter Osiris / wie wir droben bei der 18 zeile des 1 blats angemärket / verstanden ward / gewiedmet. Warüm sie solches getahn / wird im ersten teile unseres Schatzes der Ungesundheit / am 46 blatte /angezeiget. Daß aber Plutarch / in seinen Röhmischen Fragen / meinet / daß das Efeu trunken und rasend mache / weil es die rasenden und halbtolsinnigen Götzendienerinnen des Bachus zu essen pflegten; solches kan nicht allein mit demselben / was der gelehrte Atehner im 5 h. seines 15 h. aus dem Griechischen Artzte Filonides / erzehlet / sondern auch mit der erfahrung selbsten widerleget werden. Dan die Alten pflegten anfangs das heupt / wan es vom trunke weh tähte / mit einem schlechten bande zu binden: darnach aber / an des bandes stat / einen Krantz von Efeu darüber zu stülpen; weil dieses kraut zugleich der Trunkenschaft [484] / ja der Raserei selbsten widerstehet; wie Tertullian / von der Kriegskrohne / und Eusebius in seiner Vorbereitung / bezeugen. Und daher haben es auch ohne zweifel die alten Dichtmeister zu ihren kräntzen erwehlet; damit hierdurch ihre sinnen /die vom vielen und scharfem nachdenken erhitzt / und in eine raserei gerahten / möchte besänftiget werden. Aber hiervon kan ebengemelter Schatz der Ungesundheit am 12 blatte des 2 teils gelesen werden. Auch scheinet es / daß die Kräntze und krohnen hiervon ihren uhrsprung gewonnen; und daß der erste Krantz von Efeu gewesen / nicht allein in geselschaften der Zechenden / sondern auch der Dichtmeister /und Helden. Daß ihn die Dichtmeister getragen / meldet Horatz in seinem ersten gedichte von sich selbst /wan er spricht:


Me doctarum Hederæ præmia frontium
Dîs miscent superis.
und Ovidius zielet auch dahin / wan er / im 3 buche seiner Kunst zu lieben / schreibet:
Nunc Hederæ sine honore jacent, operataque doctis
cura vigil Musis, nomen inertis habet.

Nach der zeit hat man auch Mirtenkräntze / Rosenkräntze / Lorbeerkräntze / und dergleichen mehr aufzusätzen pflegen; damit nicht allein das gesicht /sondern auch der geruch möchte ergetzet werden: wiewohl der Dichter Empedokles die Lorbeerkräntze gantz verbieten wil; vielleicht darüm / weil die Lorbeerblätter alzustark riechen / und alzusehr erhitzen.

Der Rundbaum / wird von den Griechen λωτὸς, und von den Lateinern Lotus genennet. Wir aber haben ihm den nahmen Rundbaum / wie auch dem Egiptischen kraude / das auch Lotus genennet wird /den nahmen Rundkraut gegeben; weil an allen beiden [485] alles / nähmlich die Wurtzel / das blat / die bluhme / und die frucht / mit dem Saamen / rund ist / wieJamblich bezeuget. Der baum ist in Afriken sehr gemein / wird fast so groß als ein Birnbaum / und hat solche süße Früchte / die an grösse den Bohnen gleich seind / und wie die Trauben reiffen / daß auch ein Afriksches Land und Volk / dem diese früchte zur stähtigen speise gedienet / darvon den nahmen bekommen. Ja daher wird auch das sprichwort λωτὸν φαγειν, das ist / von der frucht des Rundbaumes essen / von einem solchen gesagt / dem fremde länder so angenehm und süße seind / daß er seines Vaterlandes vergisset. Homerus Odyss. 1. Plinius l. 13, c. 17, & l. 21, c. 17. Theophrastus hist. pl. l. 7, c. 14. Auf gemeltes sprichwort zielet auch Ovidius / wan er in seinem 4 buche schreibet:


Nec degustanti Lotos amara fuit.


als auch Virgiel / wan er diesem baume das wortimpia zueignet / indem er in seiner Müskke / folgender gestalt spricht:


Inter quas impia Lotos,
impia, quæ socios Ithaci mœrentis abegit.

Mit dem worte Ithacus meinet er den Ulisses / welcher in diesem so genenten Inlande herschete / und durch sturm in Afriken angetrieben war; da er so viel verdrusses / und so viel mühe hatte / seine gefährten wieder von dannen wegzubringen. Das holtz von diesem baume ward sehr viel zu den Schalmeien oder Pfeiffen genommen; weil der klang / der aus solchen pfeiffen gehet / überaus hel und lieblich zu sein pfleget. Und daher wird die Schalmeie bei den Orfeus selbsten λωτὸς genennet.


Καὶ ρ᾽ ἡ μὲν λωτους, ἡ δ᾽ ἄυ χέλην ἔκβαλε χειρῶν.


In eben dem verstande brauchet auch das wort λωτὸς Euripides in seiner Fönizerin.

[486] Das Rundkraut wächset in den Egiptischen wassergräben / wie bei uns die Seebluhmen / oder dasSeebluhmenkraut / Nymphæa oder alga palustris, dem es sehr gleich ist / und daher auch Egiptisches Seebluhmen-Kraut genennet wird. Ein ieder stängel / der eben so lang / als das wasser tief ist / hat nur ein blat / welches oben auf dem wasser schwimmet / und sich allezeit nach der Sonne / wie man schreibet / zuwendet: oder aber nur eine bluhme; welche gleichesfals auf dem wasser schwimmet / und wan ihre blätter abgefallen / einen runten knopf bekömt. Die bluhme wird von den Egiptern Arais el nil, das blat aber Biselnil, und die wurtzel Biarum genennet. Die blätter seind rund herüm gekärbet. Sonst kommen sie mit den blättern der weissen Seebluhmen sehr überein: gleichwie auch ihre bluhmen; die einen lieblichen geruch haben / und vor alters zu den Siegeskräntzen genommen warden / wie Heliodor bezeuget. Die Egipter pflegen / in den heissen sommertagen / die stängel / mit den knöpfen / welche süße /saftig / und sehr kühlende seind / zu essen. Auch wird von den knöpfen / und bluhmen ein artzneisaft gepresset / und mit zukker vermänget: den die AraberSarbet nufar nennen / und wider alle innerliche entzündungen gebrauchen. Theophrast. hist. plant. l. 4, c. 10. Herodotus l. 2. Plinius l. 13, c. 17, & I, 22, c. 21. Homerus Iliad. ξ, Odiss. δ. Dioscorides l. 4, c. 111, 112. Athenæus l. 14.

Von den folgenden Kreutern haben wir in den Anmärkungen bei dem 102 blatte gesprochen.

Surnag / ist ein kraut / welches sonst auf der abendseite des berges Atlas heuffig wächset. Dessen wurtzel hat eine sonderliche kraft den Saamen zu vermehren / und die lust zum beischlafen zu erwekken. Ja diese kraft erstrekket sich auch so weit / daß sie die jungen Mägdlein / wan sie nur ihr wasser darauf abschlagen / ihrer Jungferschaft [487] beraubet; und darüm haben wir ihre kraft eine entjungfernde Manskraft genennet. Auch bezeugen die Bergleute alhier / daß ihre Tochter / welche das vieh auf gemeltem gebürge zu hühten pflegen / wan sie ihr wasser auf diese wurtzel gelaßen / nicht nur ihre Jungferschaft verlohren /sondern auch über den gantzen leib aufgeschwollen weren.

Vom Sant-baume / als auch vom Schwartzen Zimmetbaume / und Balsembaume / haben wir bei der 1 zeile des 112 blattes weitleuftig gehandelt.

Karneb oder Karob / das ist Mutter der Hörner. Also nennen die Araber in Egipten denselben baum /darauf das so benahmte Johannesbroht wächset /von der hornhaftigen gestalt dieser früchte. Er könte sonsten auch Schohtenbaum heissen; weil seine früchte anders nicht / als Schohten / seind / und auch also aussehen: und die früchte selbstenJohannesschohten; welche der Teuffer Johannes in der Wüste sol gegessen haben: daher sie auch den nahmen Johannesbroht bekommen. Die Araber gebrauchen von diesem baume anders nicht / als gemelte frucht: daraus sie einen sehr süßen saft ziehen / damit die Schwartzen Zimmetpfeiffen / wan sie noch grühn seind / als auch die Tamarinden / und derIngber / an zukkers oder honigs stat / eingemacht werden. Und weil dieser saft oder honig den leib /eben als das mark der schwartzen Zimmetpfeiffen / zu öfnen pfleget; so nehmen sie ihn auch vielmahls zu den Abspühlern oder Klistieren.

Die Musenbeume / die man / mit der frucht / sonsten schlecht hin Musa oder Maus nennet / wachsen in Egipten / sonderlich aber in Mohrenland / undGuinee / als auch in Sine; in dessen Landbeschreibung dieser Baum ausführlich beschrieben wird.

Der Wollenbaum / den die Araber Gotne el segiar [488] nennen / ist derselbe baum / darauf die Baumwolle wächset. Erstlich bekomt er eine bleichgelbe blüße /mit purpurfärbigen spitzen an den blättern: darnach aus derselben eine grühne frucht oder nus / welche so groß ist / als ein apfel. Aus dieser frucht / so bald ihre schahle sich / im reiffen / öffnet / komt eine schloßweisse wolle / mit dunkelbraunen körnern / gekrochen. Aber diese Wolle oder Baumwolle wächset auch an einem Kraude in Kandien / Zipern / Apulien / und Sirien; welches man Wollenkraut nennet: und wird aus gemelten ländern heuffig in Egipten geführet.

Die Atlenbeume seind den Tamariskenbeumen fast gleich / ohne daß sie viel höher / ja zu weilen so hoch / als ein Eichenbaum / aufschiessen / auch längere und schmählere blätter haben; welche vol grühner haare sitzen. Ihre früchte seind so groß / als eine nus / und anders nicht als Galäpfel.

Lablab / ist ein baum / welcher / mit vielen ranken / wie ein Weinstok / auch eben so hoch aufschiesset /und an gestalt und blättern den Röhmischen Bohnen gantz gleich ist. Zwei mahl im jahre bekomt er blüßen: welche den Röhmischen Bohnenblüßen fast ähnlich; und zu langen und breiten schohten werden / darinnen schwartze und röhtlichte Bohnen / mit dunkelbraunen flekkern / wie die Röhmische Bohnen / sitzen. Und daher haben wir ihn auch Schohten- oderBohnen-baum genennet. Gemelte Bohnen gebrauchen die Egipter zur speise / eben wie wir die unsrigen: als auch zum tranke / den etliche vor den so genenten Koffee-trank halten.

Alkanne / oder Elhanne ist ein vielzakkichter grühnblätterichter baum oder vielmehr hoher strauch: dessen blätter den öhlblättern / und blüßen den Fliederblüßen / welche das Egiptische Frauenzimmer zur lust mit in das bad zu nehmen pfleget / fast gleich seind. Mit [489] den blättern / daraus eine gälbe farbe gemacht wird / treiben die Egipter einen großen kaufhandel. Auch mahlen mit derselben safte die Frauen ein zeichen auf die nägel der finger / gleich als einen halben mohnd: darauf es lange zeit stehen bleibet / eh es vergehet. Ja sie färben mit dem staube der zerstoßenen Blätter / den sie Archenda nennen / und mit wasser befeuchten / ihre hände und füße: welches sie vor eine große schönheit halten.

Die Sebestenbeume / die man auch Brustbeerenbeume nennen könte / weil ihre früchte / welche die Hochdeutschen Artzneihändler zu weilen auch Brustbeeren heissen / vor alle gebrechen der brust dienen /seind zweierlei: wilde / und zahme. Die zahmen tragen grössere Beeren / als die wilden: und werden eher reif. Die blüßen seind weis: und die früchte / die darauf folgen / den kleinen runten pflaumen nicht ungleich; auch haben sie dreiekkichte kerne.

Der Dattelnbaum ist eine gattung der Palmenbeume. Die Araber nennen ihn so wohl / als die frucht / Dachel. Er ist zweierlei geschlechtes: ein Mänlein und Weiblein; welche beide mit den zakken müssen zusammengefüget werden / damit sie einander gleichsam ümarmen und küssen können: sonst tragen die Weiblein keine frucht. Auch pfleget man den staub / der in den hülsen / welche die Araber dux nennen / darinnen die Datteln wachsen / sitzet / auf die zakken der Weiblein / sie fruchtbar zu machen / vielmahls zu streuen; wiewohl Vesling / in seinen Anmärkungen über den Alpien / eine andere uhrsache der fruchtbarkeit dieser beume beibringet. Kein baum giebet so großen nutzen / als dieser. Dan die früchte seind nicht allein eine guhte speise / und zu vielen gebrechen eine artznei; sondern auch das holtz selbsten /mit dem baste / und der rinde / als auch den blättern /wird / im bauen der heuser / und schiffe / [490] auch sonsten / zu vielerhand dingen / gebraucht. Und darüm halten die Araber den baum in solchen ehren / daß sie fast einem ieden teile desselben / und nachdem diese beschaffen / einen sonderlichen nahmen geben. Ein blat nennen sie Zaaf: einen zakken mit datteln / Samarrich: eine junge unreiffe Dattel / Talla; eine was grössere / Nin; eine halb reiffe / Ramich; eine gantz reiffe / Bellan; eine verfaulte / Rotob; und eine getrüknete / Tamar. Ja eben daher ist es kommen / daß man den Sieges-helden die Palmenzweige / als ein zeichen ihrer fürtrefligkeit / zugeeignet. Es ist ein wunder / daß dieser baum / der so gar dünne und kurtze wurtzeln hat / und unten am stam-ende so gar schlank ist / die große last seines heuptes / mit so vielen zakken und früchten / tragen kan / und daß er von den winden nicht ümgeworfen wird. Und dieses hat den Egiptern zu dem wahne / daß er von der luft lebete / anlaß gegeben. Ja wir könten daher auch selbsten anlaß nehmen / diesen Palm- oder Datteln-baum den schmächtigen / doch darbei weisen und vielgeschäftigen Leuten / als ein Sinbild / zuzueignen. In der Griechischen sprache wird seine frucht δάκτυλος, bei demDioskorides / im 67 h. seines 1 b. als auch andern /genennet: und eben daraus scheinet das wort Dattel gebildet zu sein. Sonsten heisset δάκτυλος eigendlichein finger: und nach dem finger / weil sein erstes glied lang / und die zwei letzten kurtz seind / haben die Dichtmeister / bei dem Plutarchen in seinem Buche von der Singekunst / dieselbe gattung der Schritte ihrer Reimbände / derer erstes glied auch lang / und die zwei andern kurtz seind / ebenmäßig δάκτυλος geneñet. Wir geben ihnen / in unsrem Hochdeutschen Helikon / gemeiniglich den nahmen des Dattelschrittes / oder eines Lang-gekürtzten: und den Reim selbsten heissen wir einen Dattel- oder Palmen-reim; ja die gantze [491] Reimahrt / die Datel- oderPalmen-ahrt. Auch wird dieser Reimgattung solcher nahme nicht unbillich zugeeignet: weil sie / unter andern uhrsachen / alle andere Reim-ahrten / eben wie der Datteln- oder Palmen-baum / alle andere beume / übertrift; indem sie viel schweerer zu machen / und /wan sie wohl gemacht worden / die allerzierlichste und fürtreflichste zu sein pfleget. Ja man kan auch dan erst denselben vor einen Dichtmeister halten /wan er sein Meisterstükke mit dieser Datel- oder Palmen-ahrt / indem er sie wohl zu machen weis / erwiesen / und also den Palmenzweig / als ein zeichen seiner fürtrefligkeit / darvon getragen. Aber hiervon kan unser Hochdeutscher Helikon / und unsere Helikonische Leiter / da wir von der Dattel- oder Palmen-ahrt ausführlich handeln / gelesen werden.

Die Damarinden- oder Sonnen-beume werden von den Egiptern Terelside / von den Arabern aberTamarinden / das ist / eine Indische frucht / weil sie aus Indien / in Arabien / und Egipten / gebracht worden / genennet. Wir haben ihnen den nahmen Sonnenbeume gegeben: weil ihre blätter / welche fort und fort grühnen / und den Mirtenblättern gleich seind / sich stähts nach der Sonne zu kehren; auch / mit ihrem untergange / sich schliessen / und mit ihrem aufgange / wieder öfnen. Ja diese blätter bewegen sich / im zuschliessen dermaßen / und gehen mit solcher kraft zusammen / daß sie auch die nächsthängenden schohten mit einklämmen / und nicht eher loß laßen / als bis die sonne wieder aufgehet. Die grühnen Schohten oder früchte dieses baumes / welche eigendlich Tamarinden / das ist Indische früchte / genennet werden / machen die Araber mit Zukker ein; und geniessen sie / wan sie durch wüsteneien / in heissem wetter / reisen / vor den durst und brand. Dan sie treiben alle verbrante feuchtigkeiten / durch den stuhlgang / ab.

[492] Vom Balsambaume haben wir droben in den Anmärkungen bei der 1 zeile des 112 blats / schon genug gesprochen.


Zum 226 blatte.


Die Egiptischen Bohnen seind ebenmäßig in den Anmärkungen bei der 3 zeile des 16 blats gnugsam betrachtet: wie auch Bammia bei dem vorigen 225 blatte.

Von den Egiptischen Melohnen / haben wir in den Anmärkungen zu den 3 ersten zeilen des 116 blats gehandelt.

Der Babian / oder vielmehr Bafian vom baffen und klaffen der hunde / das er nachtuht / deswegen er auch so wohl / als von der gestalt / bei den Griechenκυνοκέφαλος, cynocephalus, das ist Hundeskopf /caniceps, heisset / genennet / ist eine sonderliche gattung der Affen: und daher heisset er auch Cercopitecus; und bei uns Hundesaffe. Luc. in Hermat. Plin. l. 7, & l. 8, c. 54. Angellius l. 9, c. 4. Pancirollus in Nov. repert. p. 406. welcher alhier / unter andern /meldet / wie Hermes Trismegist / oder die Egiptischen Prister / nach dem zwölfmahligem wasser-abschlagen / und eben so vielmahligem baffen und bällen des Bafians in einem tage / indem er solches / so oft eine stunde verlauffen / allezeit wiederhohlet / das Wasseruhr erfunden / wie auch die einteilung des tages in zwölf stunden. Ohne zweifel hat hier von unser wort stunde seinen uhrsprung: weil diese stündliche zeit über / des Bafians wasser / samt seinem gebaffe / gleichsam stil stund; oder aber / weil nachmahls in den wasser- und sand-leuffern / wan eine stunde vorbei war / des wassers oder sandes laufstund / und zu lauffen aufhielt / indem alles wasser /oder aller sand ausgelauffen. [493] Von einem solchenWasseruhre / das / in der Egiptischen stadt Achante / die tage und stunden eines gantzen jahres angezeiget / meldet Pierius in seinem 6 buche von den heiligen Bilderschriften / am 57 und 58 bl. Daß aber derBafian dem Serapis geheiliget gewesen / bezeugetViktorinus / mit dem Tullius. Und Plinius meldet /daß er auch dem Merkuhr zugeweihet worden. Was er vor eine wunderliche gleicheinstimmigkeit mit dem Mohne habe / zeiget Pierius am 56 bl. des gemelten buches an. Von der gestalt und dem gebrauche des Wasseruhrs kan Apuleius / in seinem 3 buche vom güldenen Esel / gelesen werden / als auch in seiner ersten Verantwortungs-schrift / und Wilhelm Budeus ad l. ult. § defensores. ff. de Muneribus.

Der Adeler vom Adel / den er vor allen andern Vogeln besitzet / daher er auch vor ihren könig gehalten wird / also genennet / scheinet darüm von den Lateinern Aquila, als sagte man Acula, benahmet zu sein; weil er ein so gar scharfes gesichte hat / daß er auch mit unverwanten augen in die stärksten sonnenstrahlen hinein sehen kan. Plinius meldet im 3 h. seines 10 b. von sechs ahrten der Adler: als da sind / derBein- oder stein-brecher / Ossifragus oder Ossifraga, welcher der stärkeste und gröste unter allen ist /und darüm also geneñet wird / weil er die beine von der höhe auf den steinen in stükke fallen lesset: derBunte Adler / Heteropus, dessen rechtes bein himmelblau / das linke / mit dem schnabel / dunkelbraun und weislicht / der leib auch dunkelbraun / mit schwartzen flekkern durchschäkkert / gleichwie der hals / samt der brust / das übrige aber schwartz gefärbt: der Entenstoßer oder Entendieb / Aquila Anataria, und Clanga oder Planga: der Flekadler /Aquila nævia, oder Schildkröhtenfresser / welcher die schildkröhten von der höhe herab auf einen [494] stein in zwei fallen lesset. Und durch einen solchen schildkröhtenwurf hat Eschiles / der Trauerschauspiele erfinder / wie Kwintilian bezeuget / sein leben eingebüßet. Dan als er unter dem bloßen himmel bloßes heuptes saß / da warf ihm einer von diesen Adlern /der seine glatze vor einen stein ansahe / im flügen eine Schildkröhte auf das heupt / dergestalt daß es zerschmettert ward; wie Valerius Maximus im 12 h. seines 9 b. erzehlet. Besiehe auch unsere Horazische Sittenlehre / am 64 und 65 bl. des 2 Teiles. DerFischadler / Haliæetus, Aquila marina, welcher der schwächste unter allen: der Weisschwantz / Pygargus, welcher am allerlängsten lebet; weil er sein weiblein selten / und anders nicht / als mit großen schmerzen der augen / besteiget. Welcher unter diesen sechs geschlechtern der Adler den Egiptern sei heilig gewesen / stehet im zweifel. Doch urteilen etliche / daß es der erste / nähmlich der Beinbrecher / als der edleste / guhtahrtigste und stärkeste / sei. Warüm er aber dem Jupiter geheiliget / und unter das Gestirne gesetzt worden / darvon kan unser Dichterischer Sternhim mel am 175 / 176 / 177 und 178 blatte gelesen werden.

Von den übrigen Tieren und Vogeln haben wir schon hier und dar meistenteils erklährung getahn. Darüm wollen wir nur allein noch etwas vom Sonenvogel beibringen. Also nennen wir den vogel Fönix auf Hochdeutsch / gleichwie er auch bei den Lateinern Avis Titania, und Soligena heisset: weil er / durch die aufgehenden sonnenstrahlen / gleichsam wiedergebohren wird / und derselben gläntzende farbe führet; daher er auch Φοίνιξ heisset / und nicht vom baumeFönix / welcher eine gattung der Palmen ist / und /nachdem er verwelket / sich aus sich selbsten verjünget / wie Plinius in 2 h. des 10 b. meinet. Von seinem alter / als auch vom orte / da er sich aufhelt / [495] und dem tode / den er ihm selbst antuht / oder vielmehr seiner verjüngung / seind sehr viel unterschiedliche meinungen: davon unser Dichterischer Sternhimmel / am 311 / 312 und 313 bl. als auch Pierius in seinen heiligen Bilderschriften / am 198 / 199 bl. kan gelesen werden. Unter andern gedenken auch dieses VogelsHieronimus an den Presidius / Klaudian / Tzezes im 5 b. seiner Gesch. Ateneus im 14 b. Filostratus /Herodotus im 2 b. Seneka im 4 Sendeschr. Solinus /Mela / Albertus / Ortel in Titana, Adamantzius /Laktantz / im 10 b. 2. h. Ovidius im 15 seiner Verwandlungsbücher / und im 2 seiner Liebsgedichte / Artemidor von den treumen / Tazitus im 14 seiner Jahrgesch. Aldrovand / und Jonstohn am 152 bl. seiner Tiergesch. Kaussinus / von den Egiptisch. Sinbild. am 71 und 127 bl. Tertullian von der Auferstehung des fleisches. Etliche wollen gleichwohl nicht gestehen oder gleuben / daß iemahls ein solcher Vogel in der welt gewesen / unangesehen daß es so unzehlich viel Schreiber bejahet. Und diese / ob sie schon so unterschiedlich davon schreiben / seind doch in dem alle einhällig / daß der Sonnenvogel sich verjünget oder selbst wiedergebähret. Ja die meisten stimmen auch hierinnen zusammen / daß solches in der Sonnenstadt / das ist zu Heliopel in Egipten /wie die Priester alda selbsten bezeugen / geschehe: wiewohl Ovidius schreibet / daß der alte Sonnenvogel ein nest von vielerhand köstlichen gewürtzen auf einen Palmenbaum mache / und sich darinnen /indem die heissen sonnenstrahlen das gewürtz angezündet / verbrennen laße; ja daß erst darnach derjunge Sonnenvogel / der aus des alten asche gewachsen / solches nest / als des alten grab / und des jungen wiege / nach Heliopel / vor das Götzenhaus der Sonne trage: da der allererste Sonnenvogel [496] / wie der von Atehn meldet / sol entsprossen sein.

Münster ziehet / in seiner Weltbeschreibung /einen Brief des Mohrenländischen Königes von diesem Vogel an den Pabst zu Rohm an; darinnen unter andern diese worte stunden: In unserem Gebiete befindet sich der Vogel Fönix / dessen lebensjahre sich auf 300 erstrekken. Dieser flieget üm das ende seines lebens so hoch gegen den Himmel auf / damit er durch die sonne angezündet werde. Hierauf schwingt er sich wieder herunter in sein nest; da er gantz verbrennet. Aber aus der asche wird ein Wurm gebohren; daraus endlich ein ander solcher Vogel wächset. Man beschreibet ihn so groß als einen Adler / mit goldstrahlenden federn üm den hals herüm / und auf dem übrigen leibe purpurrot; auch mit einem himmelbauen schwantze / welcher mit rosenfärbigen flekkern durchspränkelt / und auf dem heupte mit einer zierlichen federkrohne.


Zur 24 zeile des 227 blats.


Matarea oder Mattaria / welches zwischen einem kleinen Seepfuhle und einem Wassergraben / 7000 schritte von Alkeir / und 250 von Heliopel lieget / ist in den Geschichten / als ein ort / dahin die Jungfrau-Mutter mit dem Heilkinde Jesus / vor dem Wühteriche Herodes geflohen / gnugsam bekant: wie auch der alte Egiptische Feigenbaum alda; welcher nicht sehr hoch ist / aber seine mit vielen reisern bewachsene zakken zimlich weit ausbreitet. Die Egipter nennen ihn Giumez oder Giumes / und die Egiptische Kristen / Tin el Pharaon, das ist Faraons feige: die Griechen aber συκόμορος, als wolten sie sagen Feigen-maulbeerbaum / oder ein Maulbeerbaum [497] mit Feigen; weil der gantze baum / dem stamme / den zakken / früchten / der milch und farbe nach / demFeibaume / mit der gestalt aber und grösse der blätter / dem Maulbeerenbaume gleichet; wiewohl seine blätter dikker seind / und des winters niemahls abfallen. Aber er wächset nicht allein in Egipten / sondern auch im heiligen Lande so heuffig / daß er in der heiligen Sprache nicht in der einzelen / sondern mehrern zahl םיטקש genennet wird. Seine früchte pflegen wir sonst Adams-feigen zu nennen. Eben ein solcher baum war derselbe / darauf Zacheus / bei dem Heilverkündiger Lukas im 19 h. gestiegen / den HERrenKristus zu sehen. Darüm haben die übersetzer / welche das wort συρομοράια an gemeltem orte Maulbeerenbaum gegeben / die rechte ahrt des baumes nicht getroffen. Dan es war gantz kein Maulbeerbaum; weil er dem Feigenbaume bei weitem mehr gliche /als jenem / ja gantz andere früchte / nähmlich Feigen /trug. Diese Feigen seind von innen hohl / auch sonsten an gestalt von den andern gemeinen feigen in etwas unterschieden. Sie wachsen auch nicht / wie jene / oben an den zakken / sondern dicht bei dem stamme: welcher allezeit mus aufgeritzt werden / wan der baum tragen sol; sonst bleibt er unfruchtbar / eben wie jener / daran der HERr Kristus keine Feigen fand / und ihn deswegen verfluchte. Dergleichen beume /welche sehr alt werden / auch / wan ein zweig darvon in die erde gestekt wird / sich bald bewurzeln / und in die höhe schiessen / pflegt man längst den Nielstämmen hin / wie bei uns die Weiden bei den wassergräben / zu pflantzen; damit das erdreich / durch ihre wurtzeln / zusammengehalten / und vom Niele nicht abgespühlet werde. Und eben daher lieset man bei dem berühmten Rechtsgelehrten Ulpian / da er von ausserhalbgewöhnlichen Mistahten handelt / diese satzung: daß niemand [498] sich unterfangen sol einen Egiptischen Feigenbaum auszurotten. Daß aber der uhralte Egiptische Feigenbaum bei Matarea keinen menschen / der in unehren gezeuget ist / unter seinen Zakken sol hingehen laßen / wie etliche schreiben / scheinet nur ein mährlein zu sein. Hierunter gehöhren auch manche erzehlungen vom Sonnenbrunnen; welcher nicht weit darvon lieget / und von denTürken selbst / eben wie gemelter Baum / gleichsam vor heilig gehalten wird.


Zum 128 Blatte.


Bubast / Βούβαςο, lieget / nicht weit von Heliopel /am eusersten arme des Niels / nach Kanaan zu.Ziegler meinet / daß es Vicus Judæorum sei: wie wohl Wissenburg daran zweifelt. Josefus meldet /aus dem Maneton / daß es vor alters Avaris geheissen: welches etliche Castra Judæorum nennen.

Tebe / welches Theodor aus Sizilien sehr herrlich beschrieben / pflegen viele Diospolis / auch wohl Busiris / und die Ebreer No-ammon / oder Ammon-no zu nennen. Etliche wollen es vor eine nicht sehr alteStadt halten. Gleichwohl meldet Kircher / im 1 teile seines Egipt. Oedipus am 85 blatte / daß Misraim ihren grund geleget: und andere / daß Busiris sie gebauet / oder vielmehr ihren bau vermehret / und die stadt erweitert. Homerus nennet sie εκατόμπυλον, das ist eine hundert-tohrige. Auch schreibet Juvenal / in seinem 15 Schimpfgedichte:


Arque vetus Thebe centum jacet obruta portis.


Und diese Tohre sollen alle hängende gewesen sein /wie etliche wollen / also daß die Könige gantze kriegsheere in solcher stille aus und ein geführet / daß es die bürgerschaft nicht einmahl gewahr worden. Andere schreiben [499] / daß es keine hängende Tohre gewesen: sondern hundert unter der stadt hin gantz überwölbete Schwibbogen; dadurch die Könige ihre völker gleichsam unsichtbar aus der stadt / und wieder hinein führen können. Wieder andere halten diese 100 tohre vor so viel fürstliche Schlösser: noch andere vor so viel Prunktühren der Götzenheuser; oder auch Pferdeställe / bei dem Niele / da man in einem ieden 200 pferde gestallet. Von der macht dieser herlichen Stadt sagt Kato bei dem Steffan von Bizantz / daß sie 30300 Dörfer / 700000 Menschen / 3700 morgen landes / und 400 wälsche meilen in ihren länge / begriffen; und Eustatius schreibet dieser länge noch 20 wälsche meilen mehr zu: da doch Strabo im 17 b. welches auch gleublicher / nur 80 zehlet; ja Diodor ihren ümkreus auf 140 ümschränket. Aber hiervon schreibet Bochart / in seinem Faleg am 314 und 315 blate / ausfürlicher. Zu Strabons zeiten lag diese prächtige stadt schon über einen hauffen / und ward nur stükweise bewohnet.


Zur 3 zeile des 229 blats.


Daher ist das Griechische sprichwort: έκ τοῦ ὀρᾷν γίνεϑιμ τὸ ἐᾳν. Und wir sagen fast eben auf den schlag: durch schauen / komt trauen. Ja eben daher gebrauchet der berühmteste Schauspielschreiber unter den Lateinern / vor charissimus, das wort oculissimus, das ist / einer den man nie aus den augen lässet / vor großer liebe; mit einem worte / der Allerliebste. Dan die Augen seind die führer / und zugleich anzeiger der Liebe. Sehr ahrtig spielet Katullus / wan er an seinen Mitbuhler schreibet:


Quinti, si tibi vis oculos debere Catullum,
aut aliud, quod charius est oculis:
[500]
eripere ei noli multò quod charius illi
est oculis, si quid charius est oculis.

Der verstand ist: wan du wilst / daß Katullus dich mehr / als herzlich / lieben sol; so mache ihm dasselbe / das er mehr / als herzlich / liebet / wan man ie etwas mehr / als hertzlich / lieben kan /nicht abwendig. Aber hiervon besiehe / was wir bei der 8 zeile des 21 bl. angemärket.


Zur 1 zeile des 233 blats.


Διφθέρα, diphthera, das ist / ein fel von einem tiere. Also nennet man gemeiniglich des Jupiters Geschichtbuch; darinnen er alles / was geschiehet / aufzuzeichnen gewähnet wird. Wir heissen es alhier seiner Amme fel; weil es vom Pergament aus der ziegen Amalteen felle / welche ihn geseuget / wie die alten Dichtmeister gedichtet / sol gewesen sein. Melchior Guilaldinus, in tractatu de Papyro; Pancirollus l. 2, tit. 13, p. 627. Sonderlich kan hiervon unserDichterischer Sternhimmel am 90 / 91 / 126 / 127 /und 128 bl. gelesen werden; da wir ausführlich erklähret / wer diese Amaltee eigendlich gewesen / und was die alten Dichtmeister darvon gedichtet. Von diesem Felle / oder vielmehr Tagebuche des Jupiters seind unter den Griechen unterschiedliche sprichwörter entstanden. Wan einer etwas / das unbekant / seltzam / oder so alt und verjahret zu sein schien / daß niemand mehr darvon wuste / oder aber was sonderliches sein solte / vorbrachte; so pflegte man gemeiniglich zu sagen: ἀρχαιότερα τερα διοφθέρας λαλεις, du bringest dinge vor / die älterseind / als Jupiters Ziegenfel / das ist / Verzeichnüs. Diesem zur folge haben wir an einen klügelsüchtigen Naseweisen / der ihm mehr zu wissen einbildete / als alle andere Menschen / eines wahls geschrieben:


[501]
Du hast der Amme fel des Jupiters durchschauet.
Das rühmt auch Koridon / der deinen worten trauet.
Doch dünkt mich / daß es nicht in dieses Fel geschehn:
es war ein Hürtenbeltz / darein du hast gesehn.

Dan das wort diphthera heisset bei dem Aristofanes / da er von einem Ziegenhürten redet / und dem Luzian / auch ein lederner oder beltzerner Mutzen /aus Ziegen- oder Schafs-fellen / den die Hürten /Schäfer / und Schäferinnen tragen / rheno, pastoritus, Arnacis Varroni. Daher wird ein Hürte bei dem Pollux διφϑεριτις, und eine Hürtin διφτεριτις genennet. Auch pflegten die alten Griechen von ihrem Jupiter / wan er / nach langem verzuge / iemand böses oder guhtes vergolt / zu sagen: ὁ Ζευς κατειδε χρόνιος ἐις τὰς διφϑέρας, das ist / Jupiter hat endlich einmahl in sein Ziegenfel gesehen. Fast eben dahin zielet auch unser sprichwort: Gott kan uns wohl eine zeit lang unsere zeche borgen; oderdurch die finger sehen. Daß man aber nicht allein vor alten zeiten aus der Tiere felle geschrieben / sondern auch noch itzund; solches bezeuget unser Pergament / welches so viel gesagt ist / als Pergamisches schreibefel. Dan in der berühmten Asischen stadtPergam oder Pergamus / die der fürtrefliche ArtztGalenus / als sein Vaterland / wie Leuenklau schreibet / noch berühmter gemacht / seind nach Varrons und Plinius im 11 h. des 13 b. zeugnüsse / dieSchreibefelle zum ersten erfunden; und nach ihrem nahmen Pergament oder Pergameen / Charta Pergamena, gleichwie das wort Charta selbst von der so benahmten Tirischen stadt / genennet worden. Man schreibet zwar die erfündung des Pergaments demEumenes zu / welcher eben eine solche Bücherei /als Ptolemeus Filadelf / zu Alexandrien in Egipten [502] / angefangen / zu stiften gesonnen: weil aber Josefus in seinen Jüdischen Geschichten meldet / daß Eleasar / der Hohe Priester zu Jerusalem / die Heilige Schrift auf sehr zahrtes Pergament geschrieben / gemeltem Ptolemeus / schon vorher durch die siebenzig übersetzer zugeschikt; so ist wahrscheinlich / daß Eumenes der erste erfinder nicht sei / sondern nur anstalt gemacht / daß das Pergamentmachen eifriger fortgesetzt worden. Zudem seind die meisten bücher in derAlexandrischen Bücherei / welche sich / als sie unter dem Könige Basiliskus verbrante / auf 120000 belieffen / meistenteils auf Pergament geschrieben gewesen. Unter andern war in dieser herlichen Bücherei ein Trachenfel oder Eingeweide von einem Trachen / 120 füße lang: darauf man alle Werke des Homerus / samt der Geschicht der Helden / mit güldenen buchstaben geschrieben; wie Johan Zonaras im 3 teile seiner Jahrbücher aufgezeichnet.


Zur 23 und folgenden zeilen des 233 blats.


Dieses alles findet man bei dem Araber Josef Ben Altifasi / und Ben Salamas / in seinem Garten der Wunder der welt: welcher auch zugleich meldet / daß des Schurs Großvater Schariak / gewesen.


Zur 8 und folgenden zeilen des 234 blats.


Eben derselbe Salamas erzehlet dieses gleichfals an gemeltem orte. Hierbei kn auch Peter Bellonius / da er von den Egiptischen Grabspitzen handelt / gelesen werden; als auch Fürst Radziviel in seinem Reisebuche.


[503] Zum 236 blatte.


Von allen diesen Götzenbildern ist droben / in den Anmärkungen bei dem ersten und andern blatte / auch hier und dar in der folge gehandelt worden. Auch kan hierbei Kirchers Egiptischer Oedipus / da er diese Götzenbilder / mit den heiligen Bilderschriften der Leichen / weitleuftiger erklähret / gelesen werden.


Zum 238 blatte.


Von den Sarapen haben wir ebenmäßig in den Anmärkungen bei der 27 zeile des 7 bl. gnugsame erklährung getahn. Von den Papiernen Rollen / die man in die Särge zu legen pflegte / kan obgemelter Kircher in seinem buche von den Gebalsemten und ausgedürreten Leichen der Egipter gelesen werden. So kan man auch hiervon den Guyterus / in seinem buche von den Geistern / da er unter andern beweiset /daß die Röhmer in den Leichengeprängen den Egiptern fast gantz gefolget / aufschlagen. Niemand aber hat alles / was zu den Egiptischen gebalsemten Leichen gehöret / besser und ausführlicher beschrieben /als gemelter Kircher in seinem Buche von der Egiptischen Bilderschrift; als auch Johan Nardius / in seinen Anmärkungen über den Lukretz / und Peter della Valle.


Zum ende des 239 blats.


Von den ewig brennenden Lichtern / ob sie die Alten zu machen gewust / fallen vielerhand unterschiedliche meinungen vor. Die solches bejahen / führen etliche beispiele zum beweis an: als unter andern das ewig brennende Licht / welches im 1401 jahre / [504] samt desPallas Riesenleichnam / ein bauer / nicht weit vonRohm bei der Tiber / gefunden / mit dieser Grabschrift / welche Volaterran aufgezeichnet:


Filius Evandri PALLAS, quem lancea Turni
militis occidit, mole suâ jacet hîc.

Diese Lampe hatte schon über 2000 jahre gebrant /und brante noch / gegen wind und wasser / bis sie unversehens ein loch bekahm / und die feuchtigkeit heraus lief; da sie straks verlosch. Noch ein anderes ewig brennendes Licht hat man zur zeit Pabst Pauls des dritten / auf dem Appischen wege vor der Stadt Rohm / in des Zizerons Tochter begräbnüsse / gefunden; und darbei diese Grabschrift:


TULLIOLÆ FILIÆ MEÆ.


Den unverbrenlichen steinichten Flachs / davon diese ewigbrennende daachte / welche die Franzosenmenthe sans fin heissen / gemacht waren / nennen die Griechen ἀσβέςινον Asbestinum, welches man vonἂσβεςον, das ist unausleschlich / gebildet. Dieser Flachs ward aus einem eisenfärbigem steine gemacht; wie Plinius im 10 h. des 37 buchs aufgezeichnet. Von etlichen wird der stein ἀμίαντος, amiantus genennet: wiewohl andere jenen von diesem unterscheiden. Ἀμίαντος heisset sonst rein / unbesudelt / unbeflekt. Daher ἀμίαντος λίθος, lapis intemeratus, immaculatus, ein unbeflekter stein. Plinius nennet ihn linum vivum, lebendigen flachs: die Griechen aber ἄσβεςον und ἀσβεςινὸν λίνον, unausleschlichen leinen flachs. Die Hochdeutschen geben ihm vielerlei nahmen: als Federweis / Erdflachs / Salmanderhaar /Katzensilber / Glimmer / Pliant / Asbest / undAmiant. Der stein selbsten wächset auf [505] dem InlandeZipern / ist dem gegrabenen Allaun fast gleich / und wan er ins feuer geworfen wird / bleibt er unverseeret / und rein. Auch hat man ehmahls tücher darvon gemacht; welche / wan sie beschmutzt waren / ausgebrant / und durch das feuer / wie das Leinwand durch das wasser / rein gemacht warden. Plinius l. 36, c. 19. Dioscorides l. 5, c. 119, 148. Georg. Agricola, En celius, etc.


Zum ende des 240 blats.


Dieser Irhof wird Labyrinthus ad Lacum Mæridis genennet / und lag nach Krokodilsstadt zu / wie Herodotus / und Plinius melden: da auch Märis sol begraben liegen. Herodotus teilet ihn in zwölf Höfe /Plinius aber in sechzehen. Hierinnen lag / unter andern / des Simendis oder Ismendis Grabbau / zwee morgen landes lang / und 45 ellen hoch.


Zur 18 und folgenden zeilen des 244 blats.


Daß die Ebreer der Hürtenlieder erfinder gewesen /haben wir in einem Gedichte vor unsrem Salomonischen Geistlichem Hürten-liede / oder Hohem Liede / wie es ins gemein genennet wird / als auch noch mehr in einem unter der HöchstpreiswürdigenDeutschgesinneten Genossenschaft Sendeschreiben / erwiesen. Von den Schatten-liedern / das seind Hürtenlieder unter dem schatten / welche die Wälschen itzund / mit einem neuen nahmen / Madrigalen nennen / hat Kaspar Ziegler / ein Leipziger / im 1653 jahre einen zimlichen Unterricht heraus gegeben. Aber ich wundere mich / daß er schreiben darf: das kleinste Schattenliedlein habe bei den Wälschen weniger nicht / als fünfreimbände / und das längste niemahls mehr als funfzehn; ja er hette nur eines von sechzehen bei Johan Baptist Leonen gesehen. [506] Aber ich finde bei dem Ritter Guarin eines von einundzwanzig reimen / ja ein anderes gar von dreiundzwanzigen / nicht liederweise eingeteilet / sondern in einem zuge hin: und bei eben demselben noch ein anderes mit vielen Sätzen; darinnen ieder satz nur vier reime begreiffet. Gleichwohl wil ich gern gestehen / daß ich diesem Ritterlichen Dichtmeister / und mehr andern der Wälschen / die dergleichen getahn /hierinnen keines weges folgen wolte; sondern das gantze Schattenliedlein / wan es in einem satze bestehet / mit gemeltem Ziegler / viel lieber auf das allerhöchste mit funfzehn reimbänden schliessen. Vor diesem haben die Wälschen vom worte Madrigaal gantz nichts gewüst; sondern dergleichen Schattenliedlein / derer Petrarche selbsten etliche gemacht / zu und nach seiner zeit / nur schlecht hin Canzon ein lied /oder Canzonette ein liedlein genennet. Aber laßet uns hören / was der Königliche Französische Geheimverpfleger und Tahlmetscher / der höchstlöblichenDeutschgesinneten Genossenschaft Mitglied / unter dem Zunftnahmen des Deutschliebenden / P. Bense-dupuis, in seinem Apollo von der Wälschen und Spanischen Dichterei / am 177 / und 178 bl. hiervon schreibet. Le Madrigal, sagt er / peut estre comparé aussi bien, que le Sonnet, àl' Epigramme des Latins & des Grecs, c'est le moindre de tous les Poëmes Liriques: & la seule difference, qu'il y peut avoir entre l'Epigramme, & le Madrigal, est, que le Madrigal se chante, & l'Epigramme non. Je ne trouve point que le mot de Madrigal ait esté connu des Anciens, au moins ay-je pris garde, que dans les vieilles impressions de Petrarque il n'en est de tout point fait de mention: & ceux, qui ont commenté les premiers cét Autheur, se sont contentez d'appeller du nom commun de Chanson, ou du diminutif Chansonette, ce que modernes appellent Madrigal. [507] Bembo mesme en ses Asolans ne luy donne point d'autre nom, non plus qu' Horace n'appelle pas moins Odes, celles de huict vers, que celles, qui en contiennent cinquante. Ainsi cét Autheur au dernier Livre parlant de laChanson, qui fit chantée par cette Damoiselle, qui servoit d'Eschanson à la Reine, la qualifie de Chansonette. Questa Canzonnetta cantò tanta piacevolezza, e con maniere cosi nuove, &c. Et Lodovico Dolce, en son Traité de la Poësie vulgaire, l'allegue puor example des Madrigaux, qui sortent des suiets Rustiques, pour traitter de matieres plus relevées.


Amor la tua virtute
non è dal monde, a da la gente intesa,
che dal viltate offesa
segue suo danno, e fugge sua salute.
Mà se fosser tue lodi conosciute
tra noi, si come là, doue risplende
più del tuo vivo raggio,
dritto camino e saggio
prenderia nostra vita, che no'l prende;
e tornerian con la prima beltade
gli anni de l'oro, e la felice etade.

Lorentz Franzosien von Florentz beschreibet dasSchattenliedlein / daß es eine gattung der Gesänge / oder zusammenfügung der Reimbände sei /welche die Hürten zu singen pflegen. Madrigale, sagt er / una sorte di canzone, o composizion di versi, che solevano cantare i pastori. Und an einem andern orte schreibet eben derselbe: Madrigale o Madrigale, poësia lirica, non soggetta à regola di rime, das ist / das Schattenliedlein ist eine liederdichterei / den gesetzen des reimes nicht unterworfen. Hierzu füget er auf Spanisch: Madrigal villanzico, das ist / das Madrigaal ist ein Feldgesang / ein Gesang / den [508] man auf dem lande oder felde finget: welches eben so viel gesagt ist / als ein Schäferlied /oder Hürtengesang. Also erklähret auch des Spanische wort Villanescas der Herr Isola in einem an mich abgelaßenem schreiben / da er von den Schattenliedern handelt. Villanescas, schreibet er / canzoni, che soglion cantare i contadini, das ist / ein gesang / den die landleute oder bauren zu singen pflegen. Aber ein ander beschreibet das Spanische wort Villanzico, nicht als ein Feld- oder Hürten-lied / sondern als einen Freudengesang auf ein fröhliches fest: una sorta di canzonetta allegra, che si canta in feste d'allegrezza, come per natale, etc. Und bei dem Kornelius Kilian wird es Cantio celerior Italica, sive Musica levicula genennet. Dem sei nun wie ihm wolle / so erscheinet doch aus allen ümständen / daß diese Liederahrt vor alters anders nichts / als eine gattung der Schäfer- oder Hürten-lieder / gewesen; und darnach erst zu allerhand andern vorfällen / als ein kurtzbündiges Sin-gedicht / gebraucht worden. Dan wir sehen augenscheinlich in allen dergleichen alten Liederahrten / daß sie von nichts anders / als von büschen / beumen / wiesen / tählern / weiden /bluhmen / flüssen / bächen / vogeln / schatten / und dergleichen in büschen und auf feldern befindlichen dingen handeln. Aber wir wollen den berühmtenDeutschliebenden noch einmahl hören / was er am 179 bl. seines obgemelten Apollons hiervon urteilet.Les Italiens, schreibet er / l'appellent Madrigale, & par sincope Madriale, du nom Mandra, qui veut dire troupeau, bergerie, loge ou caverne, où les bergers se retirent. Le mot de Mandra est Grec, & signifie caverne: & de là vient, qu'en la primitive Eglise celuy, qui estoit Superieur entre ces anciens Pere Grecs, qui vivoient dans les deserts, & qui n'avoient pour demeure que les autres [509] & les cavernes, qu'ils y pouvoient rencontrer, s'appelloit Archimandrita, c'est à dire, Chef de troupeau. De sorte qu'il nous faut dire, que le Madrigal en son commencement n'estoit autre chose qu'une Chanson pastorale & rustique, que les Bergers chantoient dans leus Bergeries, ou plustost, comme dit Couarruvias autheur Espagnol, dans les Cavernes, où ils se retiroient sur le midy, pour laisser passer la grande chaleur. Et de fait Petrarque en ceux, qu'il nous a laissez, qui sont en fort petit nombre, ne parle que d'eaux, de rivieres, de fontaines, de ruisseaux, deglace, d'arbres, de bois, d'herbes, de fleurs, d'oiseaux, d'ombrages & autres choses champestres, & boscageres. Mais à present l'on s'en peut servir pour toutes sortes de suiet. Et nous pouvons dire des Madrigaux ce, que Cesar Scaliger dit des Epigrammes, Epigrammatum gener a tot sunt, quot rerum, il y a d'autant de sortes de Madrigaux, qu'il y a de sortes de sujets. Et à quelque matiere que le Madrigal puisse estre appliqué, pourveu que le suiet en soit bien pris, que la pointe soit subtile, & sans cette contrainte, que Hugo Grotius condamne ouvertement dans les Epigrammes, nihil potest esse tam fatuum, quàns extortum Epigramma; il sera tousjours de mise, & pourra passer pour bon. Hier siehet man / daß der Deutschliebende das wort Madrigal herleitet vom Griechischen μάνδρα: welches so viel heisset / als ein stal / oder eine bucht des viehes / oder die Hürden / darinnen man die schafe des nachtes einsperret; als auch eine höhle / bei dem Teokritus in seinem 5 Gedichte; ja selbsten ein ort / da der wein /in den Weinbergen / gekeltert wird. Vom worte gal / das dem gemelten μάνδρα, daraus man das ν oder n weggelaßen / zu ende beigefüget wird / erinnert er zwar nichts. Aber ich halte / daß es so viel heissen sol / als ein lied oder gesang / oder vielmehr hal / schal / klang. Dan [510] gallen hat bei den alten Deutschen hallen oder schallen / auch wohl singen und klingen bedeutet: wie das noch itzt übliche niederdeutschegalm / das ist ein hal / oder widerschal / ein zurükprallender klang / und unser Nachtigal / welches so viel heissen sol / als ein Vogel / der des nachtes gallet / hallet / singet / klährlich bezeugen. Und also heisset das wort Madrigal so viel als ein Stal- oderHürden-lied / ein Heerden- oder Hürten-gesang /oder aber ein Höhlenlied; welches die Hürten oder Schäfer bei ihren Hürden oder Heerden in den höhlen gesungen. Wir haben es lieber ein Schattenlied geben wollen; weil es die Hürten / wan sie üm den heissen mittag / vor der sonnenhitze / entweder in den höhlen / oder unter dikbelaubten beumen / unter dem schatten geruhet / zu singen pflegen. Es ist auch nichts fremdes / daß die Wälschen das letzte wortglied gal in Madrigale von den Deutschen entlehnet; weil nicht allein sie / sondern auch die Spanier / ob sie uns schon so fern entlegen / ja noch weit mehr dieFranzosen mit vielen andern wörtern dergleichen getahn. Die Wälschen haben auch das wort gallillo, das ist / ein glöklein / oder auch die Luftröhre im schlunde oder halse / dadurch der hal und klang der stimme gehet oder gemacht wird. Dieses ist nirgend anders her / als aus unserem alten deutschen gallen (daraus auch galm / eben wie aus hallen / hals /und halm / den die Hürten zur pfeiffe gebrauchen /gebildet) entsprossen. Ja eben daher hat das Lateinische wort Gallus, das ist ein Hahn / der durch seinenhällen hal den tag anzeiget / selbsten / und nicht vom alten nahmen der Franzosen Gallus, wie etliche / weil die Hähne zuerst in Frankreich sollen entsprossen /oder in großer mänge / zum fechten oder Hahnenkampfe / erzogen sein / fürgeben / seinen uhrsprung gewonnen. Dan dieser Völker nahme Gallus, oder zuerst des gantzen [511] Reichs / Gallia, ist ohne zweifel vom Hahne / den sie Gallus vom gallen oder hallen genennet / indem er sich alda hauffenweise befunden /entsprungen. Und also heisset Gallia so viel als Hahnenland: gleichwie Spanien Kaninenland / undLusitanien / welches nun Portugal genennet wird / Mandelnland / weil man in jenem viel Kaninen /und in diesem viel Mandelnbeume gefunden / dem uhrsprunge der wörter nach / bedeuten. Dan Spanien hat seinen nahmen nicht vom Waldgötzen Pan / wieSostenes im 13 b. und andere treumen / sondern vom Ebreischen oder Fönizischem worte ןפש saphan, daß ist ein kanien / daraus הינפש Sphanija oder Spania gebildet: und Lusitanien auch nicht vom erdichtetenLusus / wie Plinius / aus dem Varro / im 1 h. des 3 b. meldet / sondern von זול lus, das ist eine Mandel oder ein Mandelbaum / bekommen. Und diese nahmen scheinen ihnen die Fönizier oder Kananeer / als sie von den Kindern Israels aus Kanaan verjagt worden / und sich in diesen ländern niedergelaßen / gegeben zu haben. Mir ist im übrigen auch sehr wohl bekant / daß andere das wort Madrigale lieber vonmadre herleiten wollen / also daß es ihnen so viel sein sol / wie sie schreiben / als Madre della gale, das ist eine Mutter der lieder. Und dieses gefället mir auch nicht übel; weil ein Schattenliedlein in der taht und wahrheit / indem es so klein ist / eine Mutter / das ist ein uhrsprung / begin oder anfang der andern lieder und gesänge genennet werden kan. Dan in dem verstande wird / so wohl im Wälschen / als Spanischen / das wort madre, als auch matrize vielmahls gebraucht: nähmlich madre della stampa, cioè la forma che getta le lettere, o i caratteri, das ist / ein werkzeug / darein die drukbuchstaben gegossen / oder darnach sie gebildet werden: matriz de la emprenta; welches [512] unsere Schriftgiesser / den Wälschen zur folge / auch Matrizen / als wolten sie sagen / die Mutter oder Mütter der Buchstaben /zu heissen plegen. So benahmen wir auch die Muschel / darinnen die Perlen wachsen / oder daraus sie ihren uhrsprung haben / Perlenmutter / wie die Spanier Madreperla, und die Wälschen Madre de perlas, d.i. nacar, o concha de perlas. Madre del rio, Madre del fiume, das ist ein uhrsprung der flüsse /ein spring / ein kwäl / sagen die Spanier und Wälschen gleichfals auf eben den schlag. Von mehr andern erklährungen handelt der Hochgelehrte von Kempen / unter den Deutschgesinten der Unsterbliche / in seinem Berichte von den Schattenliedern oder so genenten Madrigalen. Wie nun die Wälschen diese Schattenliedlein auf so vielerlei weise machen / kan man bei ihren Dichtmeistern sehen: als bei demHieronimus Pret / Sachet / Bokaz / Ariost / Bembus / Bernia / Navager / Tassus / Stiglian / Orsien / Peter Michaeln / und andern; als auch bei der edlen Röhmerin Margareta Kosta / in ihren Liebesbriefen: vor allen aber bei den zween berühmten Rittern /Marin und Guarin / die in dieser Liederahrt auch alle neuen und alten übertreffen. Unter andern findet man bei dem letzten ein so zu nennen zusammenge ketteltes Schattenlied / von 84 Reimzeilen; darinnen die sätze zuweilen 14 / zuweilen 4 / zuweilen 6 / zuweilen 12 / zuweilen 10 Reimbände haben.


Zum 246 / 247 / 248 blatte.


In diesem Schattenliedlein werden die zur Ehlichen Liebe gehörige eigenschaften beschrieben: nähmlich im 1 satze geben wir zu erkennen / daß sie rein /ungefärbt / ohne falschen schein und aller dinge unbeflekt sein mus; gleichwie die reinen [513] Schäflein /die erst aus der schwämme kommen: im 2 / daß siesanfte / lieblich / anmuhtig / und ohne einigen zorneifer / oder andere heftige gemühtsbewegungen sei; gleichwie die sanftmühtigen und gedültigen Schäflein: im 3 / daß sie auf unverfälschter Treue beruhe; indem die Braut ihrem Gatten eben so treulich folget / als die Schäflein ihrem Schäfer: im 4 / daß sie beständig in solcher Treue bleibet; indem sich die Braut endlich mit ihrem Breutigam in liebe und treue der maßen verbindet / daß beider Liebe mehr und mehr zunimt: und im 5 / daß die solcher gestalt reine / sanftmühtige / treue / beständige und endlich vereinbahrte Liebe mit seegen vom Himmel gekröhnet werde / und den höchsten preis / die schönste krohne des ruhmes / darvon trage.


Zur 20 zeile des 262 blats.


Daß Josef die meisten Feuerspitzen in Egipten / zur bewahrung des getreides / bauen laßen / haben viele darvor gehalten: derer meinung auch Nazianzenus beipflichtet / und zugleich saget / daß solches der nahme πυραμὶς selbsten guht hiesse; weil πυρὸς so viel gesagt sei / als weitzen / oder getreide / und daher πυρὸς auch eine Weitzen- oder Korn-scheune bedeute; wie dergleichen gebeue noch itzund von den Egiptern genennet würden. Isidorus l. 15, c. 2. Chassaneus in Catalogo gloriæ mundi part. 12, consid. 75. Pierius l. 39. Hierogl. de Meta. Etymologus. Ful. Solinus. Plinius l. 36, c. 12. Zu Karaffar oder Massar / zwo meilen von Alkeir / findet man noch itzund sieben alte gebeue / welche vor Josefs Kornheuser /wie Beauvau schreibet / gehalten werden.


Zur 32 und folgenden zeilen des 262 blats.


Cornelius à Lapide, in vers. 34, 35, 36 capitis 41 Geneseos: Omnes Ægyptii hoc septennio fertilitatis,[514] jussu regis, compulsi sunt quintam partem frugum suarum vendere Regi, servandam in septennium sterilitatis: aut certè, ut vult Tostatus, durante isto septennio fertilitatis vetuit rex frumentum Ægypto efferri, & exteris vendi. Frumentum scilicet non triturat um, non excussum, ut simul jumentis recondatur suum pabulum, puta stramina, paleæ, etc. ut Philoannotat. Andere wollen / daß dieser fünfte teil / den der König / oder Josef vor den König / vorweg genommen / mit königlichen geldern sei bezahlet worden: wieder andere / daß man ihnen andere mittel und wahren / als holtz aus den königlichen büschen / steine / und dergleichen dinge / darvor gegeben.


Zur 20 zeile des 263 blats.


Hiervon schreibet Herodotus / und andere. Auch haben die Griechen und Röhmer nachmahls / den Egiptern zur folge / dergleichen Untersuchungen des lebens / welche sie Judica Censoria nenten / ebenmäßig angestellet. Pancirollus l. 1. Rer. deperditar. memorab. p. 282. Sonderlich hat Solon die Satzung /dadurch alle Egipter verbunden waren / ihre nahmen bei ihren Reichshauptleuten anzugeben / und zu sagen / wovon sie sich erhielten / bei den Atehnern aufgebracht. Jo. Ravisius Textor in Theatro Historico l. 3, c. 6, de Ægypt. legib. p. 234.


Zum 264 und 265 blatte.


Von dieser des Josefs Korneinsamlung handelt auchGreiffensohn in Josefs Lebensbeschreibung / am 170 / 171 / 172 bl. weitleuftig.


Zur 16 zeile des 226 blats.


Isokrates schreibet / in seiner lobrede des Busiris /die uhrsache des Götzendienstes bei den Egiptern den Königen zu; und meinet / daß er darüm eingesetzt [515] sei / damit das gemeine volk den Königlichen gebohten gehorchen lerne. Thysius in Descript. Ægypti p. 137.


Zur 17 zeile des 267 blats.


Besiehe in der Anmärkung bei der 19 zeile des 65 blats / was Ruben / in seinem Letzten willen / hiervon saget: als auch das 42 heupst. des Buchs der Schöpfung / von den folgenden begäbnüssen.


Zur 13 zeile des 268 blats.


Delrio meinet / daß Josef seine Brüder darüm drei tage im gefängnüsse liegen laßen: damit sie vor das dreifache verbrechen / an ihm begangen / nähmlich weil sie vorgehabt ihn zu tödten / ihn in die grube geworfen / und dan verkauft / drei tage lang büßen möchten. Aber solches könte besser auf die drei tage /so lange sie ihn in der grube liegen und hungern laßen / gedeutet werden.


Zur 17 und 18 zeile des 270 blats.


Daß Josef darüm den Simeon vor allen andern binden laßen / weil er die meiste schuld hatte / daß er zum leibeignen war verkauffet worden / ist des Gennadius / Filo / Teokritus und vieler Altväter meinung. Auch ist solches aus der heiligen Schrift selbsten genug abzunehmen.


Zum 273 und 274 blatte.

Hiervon schreibet Moses vom 16 spruche an / bis an das ende des 43 hauptstükkes seines 1 buches.

[516] Zum 275 / und folgenden zwei blättern.

Dieses wird im 44 haupstükke des Buches der Schöpfung / auch noch weitleuftiger vom Samuel Greiffensohn / in Josefs Lebensbeschreibung am 198 / 199 /und 200 blatte / erklähret.


Zum 279 / und 280 blatte.


Hiesige begäbnüs erzehlet Moses ebenmäßig im 45 hauptstükke des Buchs der Schöpfung; als auchGreiffensohn / und Josef / der Jüdische Geschichtschreiber.


Zum 282 blatte.


Hierbei kan gemelter Greiffensohn am 214 / 215 /216 blatte gelesen werden. Auch kan man Josefs undBenjamins Letzten willen nachsehen / wie Josef seiner Brüder übeltaht / an ihm begangen / allezeit zu vertuschen / und guht zu machen getrachtet.


Zu den drei letzten zeilen des 283 blats.


Dieser Fürst / der das gelobte Land eingenommen /und unter die Kinder Israels ausgeteilet / war Josua /des Nuns sohn / der zuvor Hosea hies / aus dem Stamme Efraims / des sohns Josefs / entsprossen; wie aus dem 13 hauptstükke des 4 buchs Moses zu sehen.


Zum 284 blatte.


Diese beschreibung der leibesgestalt Jakobs findet man in der Assenat Geschicht: da / unter andern /auch von der anzahl der Kinder Israels / die / mit ihrem [517] Vater / in Egipten kahmen / diese worte zu lesen: darüm zog Jakob / durch ein gesicht von Gott gestärkt / mit 66 Seelen in Egipten; also daß ihrer / er / und Josef / mit seinen zwee Söhnen /darzu gerechnet / 70 beieinander waren. Und Jakob war 130 jahr alt / als ihn Josef vor des Königes angesicht brachte. Im andern jahre des Hungers / am 22 tage des zweiten mohndes /kahm Israel / mit seinem gantzen Geschlechte / in Egipten / u.a.m. Hierbei ist zu märken / daß die Geschicht der Assenat / als auch das Buch der Schöpfung / im 46 hauptstükke / da ebenmäßig nur 70 Seelen gezehlet werden / die Seelen der Weiber nicht mitgerechnet / wie die Geschicht der Zwölfbohten / im 14 spr. des 7 hauptst. getahn; da von 75 Seelen meldung geschiehet. Aber Hievon kan Lange in seinem Buche von den Jahren nach der Heilgebuhrt / am 262 blatte gelesen werden.


Zur 6 und 7 zeile des 285 blats.


Bei den worten des 34 spruches am ende des 46 hauptstükkes im Buche der Schöpfung / ןוצ העור לכ םירצט תבעות Alle Schafhürten waren den Egiptern ein greuel / finden sich vielerlei unterschiedliche meinungen. Etliche / unter denen auch einer ist der fürtrefliche Bochart am 374 blatte seines Kanaans /halten darvor / daß die Viehhürten darüm den Egiptern ein greuel gewesen; weil die Fönizischen Hürten / derer sechse 242 jahre / wie Maneton / bei dem Af riker / bezeuget / über sie geherschet / ihre Götzenheuser zerstöhret / ihre städte verbrant / sie selbsten teils erwürget / teils mit harter dienstbarkeit beleget /und allen muhtwillen an ihnen verübet: wie Josef der Jüdische Geschichtschreiber in seinem 1 b. wider [518] denApion meldet; welcher aber der Fönizier begäbnüsse mit den geschichten der Israeler vermischet. Hingegen meinet der Ebreer Rambam / und andere / daß die Egipter darüm die Viehhürten verfluchet / weil sie das Vieh / welches jene vor Götter gehalten / geschlachtet: dan sie hetten durch den Widder denHammon / durch das Kalb den Apis / durch denOchsen den Osiris / durch den Bok den Priapus /als welche sie vor eigene wohnungen dieser Abgötter hielten / geehret; und darüm geweinet / und getrauret /wan eines von diesen Götzentieren gestorben. Ja daher were es kommen / daß die Ebreer diese Tiere zu heiligen Schlachtgaben / und zum tode bestimmet; damit dieser gottlose Gottesdienst / durch einen gantz widerwärtigen / verdammet / vernichtiget / und solcher greuel vertilget / ja die sünde zugleich ausgesühnet würde. Fast eben dasselbe lesen die Ebreer in ihrem Buche Tamtam: da unter andern auch stehet /daß die Ebreer die Leuen / Bähren / Tieger / und dergleichen andere tiere darüm zu ihrem Gottesdienste nicht gebrauchet / weil es die Egipter getahn. Gemelter Rambam füget hinzu: daß die Egipter / aus oberzehlten uhrsachen / das Himlische zeichen den Widder geehret: ja etliche Sabeer selbst die Teufel / weil sie in gestalt eines Widders oder Bokkes erschienen; und daher auch Seirim / das ist Boksgeister genennet: von denen unser Dichterischer Sternhimmel am 53 / 54 und 55 bl. kan gelesen werden.


Zum anfange des 290 blats.


Hiervon meldet die Sarazenische Geschicht von Josefs tahten in Egipten / als auch die Nubische Landbeschreibung: mit denen alle Arabische Geschichtschreiber überinstimmen. Von diesem Nielmaße [519] kan auch Strabo gelesen werden. Ob nun das Nielmaß /das die itzigen Egipter auf dem Nielischen InlandeMichias haben / welches ein Maß heisset / und gegen der alten stadt Milfrulhetich / nicht weit von Alkeir /über gelegen ist / eben dasselbe sei / das Josef gestiftet / darvon laßen wir andere urteilen. Man beschreibet es / daß es ein runtes gebeu / und in der mitte mit einem vierekkichten Wassertroge / der 18 ellen tief /versehen sei: und daß mitten im gemelten Wassertroge eine seule stehe / die eben so hoch / auch in eben so viel ellen geteilet / als der trog tief ist; darein das Nielwasser unter der erde hin / durch eine röhre / geleitet wird. Hierher pflegen alle jahr üm die zeit / wan der Niel zu wachsen beginnet / vom Stahtsrahte etliche Beamten geschikt zu werden: welche den anwachs des Niels besichtigen / und desselben höhe / durch Kinder / mit gelben binden üm das heupt / in der stadt Alkeir ausrufen laßen. Auch pfleget man / unter währendem auflauffe des Niels / so wohl in andern städten / als in Alkeir / durch alle gassen die trummeln zu schlagen / und mit trompeten zu blasen: und gemelte kinder / welche / bei ihrem ausrufe / das volk Gott zu fürchten ermahnen / werden von einem ieden mit geschenken begabet. Besiehe / was Leo der Afriker in seinem 8 teile / als auch Kircher / im Egiptischen Oedipus / hiervon schreibet.


Zur 20 und folgenden zeilen des 290 blats.


Kircherius Oedipi Ægypt. tom. 2, part. 2, pag. 430.Diodorus Siculus l. 3, c. 2. Zu dieser Goldarbeit warden nicht allein alle zum tode verwiesene und andere verbrecher / sondern auch ihre sämtliche bluhtsverwanten / und alle gefangene feinde verdammet.


[520] Zu den ersten 7 zeilen des 291 blats.


Es scheinet daß die Scheidekunst / sonderlich dieselbe / die mit dem Goldmachen eigendlich ümgehet /von den Egiptern entsprossen ist; wie hiervon Panzi rol von den neuen erfindungen / am 313 blatte / Suidas / Libavius / Parazelsus / von dem die Scheidekunst am allerersten Ars spagirica, ᾽πὸτοῦ σπᾶν, &ἀρλείρειν, das ist vom zerteilen oder scheiden / undzusammensamlen / genennet worden / als auch Zedrenus / Petrus Severinus / Tohmas Muffet / Teobald Hogenlande / R. Lullius / Paul Skaliger /Moresinus der Schotte / Fenot / Karrer / Niklaß Mirandulanus / Fernel / Kardanus / Kleopatra /eine Jungfrau von Tafunt / Maria die Jüdin / Rosinus von Alexandrien an seine Schwester Teosebie /Seidel / und viel andre mehr / die von dieser Scheidekunst oder Scheidefügekunst / wie sie nach desTeofrasts meinung könte genennet werden / geschrieben / in ihren büchern bezeugen.


Zum 291 / und folgenden 3 blättern.

Diese gantze begäbnüs wird / in der Assenat Geschicht / weitleuftig erzehlet.

Zum 296 / und 297 blatte.

Dresserus Millenario 3, p. 154: Hoc officii genere functus est (Joseph) annis 80, usque ad finem vitæ, factumque est, ut anni gloriæ sexies superârint annos miseriæ ejus. In tanto enim temporis spacio non solùm Politicâ sapientiâ & auctoritate anteivit omnibus Ægyptiis, sed veram etiam doctrinam de Deo, & artium notitiam atque professionem in ille regno fundavit [521] atque propagavit. Nec dubium est, quin Heliopoli Scholam, in qua Astronomia, & cæteræ artes bonæ explicatæ sunt, constituerit, & immunitatibus magnis ornârit; ex qua Dionysius Areopagita etiam prodiit, etc. In hac Schola, quæ postmodum Iséum dicta, imprimis floruit Mathesis, Astronomia, Astrologia, Phisiognomia, Chiromantia, Ars item de Signaturâ rerum, aliæque ejusmodi artes.


Zur 20 und 21 zeile des 300 blats.


Dieses Mittel pflegt man den Ohnmächtigen zu gebrauchen; weil solcher gestalt die stärkende kraft desGoldes und Safrans / durch die Luft- oder Hertz-äderlein / die unter dem vorletzten finger / der daher auch der Hertzfinger heissen könte / lieget / und von dar nach dem hertzen zu gehet / in das matte und schwache hertz / seine geister zu stärken / geführet wird. Auch pfleget man eben darüm meistenteils einen güldenen Ring an diesem finger / den man deswegen gemeiniglich den Goldfinger nennet / zu tragen; wie Jakob Horst im 5 b. des 3 teils von den verborgenen wundern der Natur / am 182 und 183 bl. bezeuget.


Zur 30 zeile des 300 blats.


Diese Aertzte warden Cephalici, Kopfsärtzte / Cordiaci, Hertzensärtzte / Ophthalmici, Angenärtzte /u.s.f. genennet. Prosper Alpinus lib. de Medicina Ægypt.


Zur 22 zeile des 301 blats.

Hiervon kan Eugubinus / Pierius / und andere gelesen werden.
[522] Zur 26 zeile des 301 blats.

Dieses bezeuget Plutarch / in seinem buche vomOsiris / und der Isis.

Zur andern helfte des 306 blats.

Vom balsemen der Egiptischen Leichen hat Herodotus in seinem zweiten buche / nähmlich in der Euterpe / gantz weitleuftig und ausführlich geschrieben: dem wir auch alhier / was die Fürstlichen Leichen betrift / meistenteils gefolget. Besiehe gleichfals unsere Anmärkung bei dem 238 blatte. Der Arabische ArtztHali hält darvor / daß die Egipter ihre Leichen mit Asfalt / welches wir Jüdenpech nennen / und mitHahrtze vom Balsembaume / das der Artzneihändler Opobalsamum ist / als auch mit Mirren / und dergleichen gewürtzen gebalsemt. Hingegen meinetJohan Nardius / daß sie nichts anders als gemeltesJüdenpech darzu genommen; weil alle gebalsemte Leichen keinen andern geruch hetten / als nach diesem Peche. Asfalt / ἄσφαλτος, welches Suidas vom beraubenden wortteilichen α, und ἄσφαλτος, das ist /mit den füßen bewegt werden / zappeln / aufspringen / herleitet / heisset eigendlich das hahrtz oder pech / welches auf dem Todten meere / das aus den versunkenen städten Sodoma und Gomorra / auf 8 meilen lang / entstanden / und daher ἀσφαλτίτνς, das ist / das Hahrtzmeer / oder das unbewegliche oder todte meer / weil alles darinnen todt ist / genennet wird / zu schwimmen pfleget. Honterus Cosmograph. l. 3:


Jordanusque sacer geminis è fontibus ortus,
tandem Aphaltitæ diris immergitur undis.

Von diesem Jüdenpeche schreibet Dioskorides im[523] 100 h. des 1 b. und Plinius im 15 h. des 3 b. als auch Solinus / Justinus / und Kornelius Tazitus weitleuftig. Auch wollen etliche / daß man zu solchem Jüdenpeche / damit es besser flüßen möchte / den dünnen Babilonischen Jüdenleim genommen: den die Griechen νάφϑα nennen / und Dioskorides im 10 h. des 1 b. als auch Plinius im 105 h. des 2 b. Strabo / im 16 b. und Plutarch / mit mehr andern / beschrieben. Viele halten diesen Jüdenleim vor das so genente Peter- oder stein-öhl; welches in unterschiedlichen Egiptischen ortern / mit gantzen pfuhlen / gefunden wird: daraus es die alten Egipter / durch röhren / unter der erde hin / in ihre ewigbrennende Grablampen geleitet; wie der Araber Schianga / in seinen Geschichten von den gedenkwürdigsten Egiptischen dingen bezeuget. Wan dieses Balsempech also zubereitet war /und die Leichen darinnen eine zeit lang gelegen; so hatte es sich mit solcher kraft selbst in die allerinnersten teile hinein gezogen / ja den gantzen leib dergestalt zusammengezogen / daß er fast halb eingekrümpft / und aus einer mansleiche eine kinderleiche geworden zu sein schien. Daher darf man sich auch nicht verwundern / daß alle solche gebalsemte Leichen / die man heute zu tage findet / von den unwissenden / mehr von Kindern / als erwachsenen Menschen / weil sie alle so klein seind / angesehen werden. Ich selbsten habe eine Hand / die von einem gebalsemten Könige sein sol / und mir vom HerrnJohan Georg Brandauen in meine Kunstkammer verehret worden. Diese scheinet / auch selbsten den knochen nach / so klein / als were sie von einem drei-oder vier-jährigem Kinde. Von gemeltem Jüdenpeche / aus dem Sodom- Gomorrischen Todtenpfuhle /hat mir ebenmäßig der Edele Böhmer / Herr Paul Jahn / Ritter von Malta / unter den höchstlöblichen Deutschgesinneten der Vermehrende / ein [524] stüklein /weil es bei uns sonst sehr selten gefunden wird / vor etlichen jahren zugeschikt. Andere hingegen geben vor / daß solcher also zugerichtete Pechbalsam die kraft allein nicht haben könte die Leiber der menschen unverwäselich zu machen: und daher müsten die Egipter nohtwendig Saltz darunter gemischet haben. Aber ob schon das Saltz die Leiber eine zeit lang vor der verderbligteit bewahret / so verzehret es doch dieselben auch zugleich algemach solcher gestalt / daß sie endlich gantz verschwinden. Und hiervon haben wir ein wahres zeugnüs an einem Leichnam / welcher / wie Baronius in seinen Kirchengeschichten schreibet / in den Saltzbergen zu Saltzburg gefunden worden. Dieser hatte eine schneeweisse haut / und augen /als wan sie lebeten. Auch schien er an allen gliedern noch gantz volkommen / und das haar unverdorben zu sein: ja er war so steif / als ein stake. Aber als er drei tage in der luft gelegen / ward er gantz und gar zu wasser. Und darüm haben die Egipter nur die Leichen der armen und schlechten leute 70 tage lang in saltz geleget: aber zum balsam der fürnehmen gantz kein saltz genommen. Hierbei ist zu märken / daß nach dem einfalle des Persischen Königes Kambises in Egipten / welcher üm das 3430 jahr nach erschaffung der welt geschehen / das Balsamen der leichen / weil der überwinder alle Priester verjagte / und alle dergleichen gewohnheiten abschaffete / gantz aufgehöret. Und darüm seind alle gebalsemte Leichen / welche itzund aus den gräbern üm das alte Memfis herüm aufgegraben werden / vor gemelter zeit gebalsemet.

In Guinale / einem Königreiche des Landes der Schwartzen / auf dem Guineischen bodem / werden die Könige auch gebalsemet; aber ihr eingeweide zuerst vor dem Abgotte verbrant / und dan die Asche darvon wieder in den gebalsemten Leichnam getahn.


[525] Zur 8 zeile des 307 blats.


Ein solches Goldblechlein / welches ein wenig mehr / als zwee Ungrische Dukaten / wüget / findet man noch itzund unter der zunge fast aller vornehmen gebalsemten Leichen / die in Egipten aufgegraben werden. Und darüm pflegen die Araber und andere Völker / die zu unserer zeit in Egipten wohnen / wan sie einige gebalsemte Leichen bekommen / dieselben /aus begierde zum golde / vor dem munde straks aufzubrechen / und das gold heraus zu nehmen.


Zum ende des 315 blats.


Hiervon schreibet Moses / im 29 / und folgenden spr. des 47 h. seines 1 buches / und im 31 und 32 spr. des 49 h.


Zur 2 und 3 zeile des 316 blats.


Daß Adam und Eva / nachdem sie aus dem Paradiese verstoßen worden / sich in Kanaan niedergesetzt /und alda zu Hebron / welche zuvor Kiriat-Arbe /das ist / die stadt der Viere / geheissen / begraben worden / lieset man im Buche Beresit Rabba: dem auch Hieronimus / im Grabspruche der Paule / zum teile gefolget. Und hiervon kan Sixtinus Amama über den 15 spr. des 14 h. aus dem Buche des Josua gelesen werden.


Zur 9 und 10 zeile des 316 blats.


Also erklähren etliche Jakobs letzte worte des 47 h. im Buche der Schöpfung. Und hierüber kan Kornelius à Lapide gelesen worden. Die folgende gantze Geschicht wird ebenmäßig im 48 und 49 h. weitleuftig erzehlet.


Zur 13 zeile des 217 blats.


Tertullian / von der Tauffe / und der Altvater vonDamask / im 12 h. des 4 b. stehen in der meinung [526] /daß diese des Jakobs übereinander geschränkten hände oder ärme das Kreutz unsers Heilandes vorgebildet. Und Rupertus saget: Efraim seind die Heiden / welche durch die kreutzweise übergeschlagenen hände / das ist durch das Kreutz unsers Heilandes /dem sie gegleubet / dem Manasse / das ist den Jüden / seind vorgezogen worden.


Zur 16 zeile des 218 blats.


Hiervon spricht Ruben in seinem Letzen willen / zu seinen Kindern also: Sehet! Ich nehme heute Gott vom himmel zum zeugen / damit ihr nicht wandelt in der unwissenheit der Jugend / und in Huhrerei: darinnen ich mich alzusehr verbrochen / indem ich meines Vaters Ehbette besudelt. Ich sage euch in der wahrheit / daß mich der HERR sehr schlug; daß er mich sieben mohnden lang in meinem eingeweide plagte. Und hette Jakob / mein Vater / den HERrn vor mich nicht gebähten / dan Ersuchte mich zu tödten; so were ich vergangen. Ich war dreissig jahr alt / als ich dieses übel vor dem HERren beging: und war sieben mohnden lang siech; da man anders nicht meinte / als daß ich sterben würde. Aber sieben jahre lang trug ich reue vor dem HERren / mit guhtem hertzen. Ich trunk keinen Wein / noch einigen andern starken trank. Ich aß auch kein Fleisch / noch kostete einige lekkerspeise: sondern weinete und kärmete über meine sünde; weil sie sehr groß war. u.a.m.


Zur 21 zeile des 320 blats.


Also werden von etlichen die letzten worte des 21 spr. im 49 h. des buchs der Schöpfung erklähret. Lipomanus. Cajetanus. Cornel. à Lapide in hunc locum.


[527] Zum ende des 321 blats.

Dieses erzehlet Moses im letzten hauptstükke seines ersten buchs.

Zur 25 zeile des 323 blats.

Josef saget in seinem Letzten willen von seinen Brüdern also: Ich hielt ihre Kinder vor meine kinder; und meine Kinder als ihre diener und leibeignen. Ihre Seele war meine seele: alles ihr weh / mein weh; und alle ihre krankheit / meine krankheit; ja mein land /ihr land; mein raht / ihr raht. Und ich erhub mich unter ihnen nicht / in hofahrt / meiner weltlichen herrligkeit wegen; sondern war unter ihnen / als der geringeste / u.a.m.


Zum anfange des 324 blats.


In der Assenat Geschicht wird gemeldet: daß Josef /nach könig Nefrems tode / 48 jahr / an des königlichen Fürstens stat / geherschet; und ihm dan erst die Krohne aufgesetzt. Das folgende von Josefs Söhnen /und derselben Kindern erzehlet Moses im 50 h. des 1 b.


Zum ende des 324 blats.


Diese geschicht / wie sie auf den nächsten blättern folget / erzehlet / aus dem Ben Abed Hakem / der Araber Gelaldin / in seinem ersten b. von den Egiptischen Königen.


Zur 23 zeile des 326 blats.


Diodor schreibet auch / daß die Egiptischen könige dieses Land ein Geschenk der unsterblichen Götter / andere eine Gabe des Merkuhrs genennet.


[528] Zum ende des 326 blats.


Elphyum oder Phyum liegt an einem kleinen arme des Niels / nicht weit von Munie; welches 180 meilen von Alkeir entfernet. Leo Africanus 8 part. Livius Sanutus, Villamont, Maginus, Guiliam de Tyr, Kircher Oedip. Ægypt. tom. 1, p. 8. Benjamin nent es in seinem Reisebuche πυθὼν; dessen in den Sibillischen Aussprüchen / am 180 bl. erwähnet wird. UndOrtel schreibet / daß es zwoer städte freiheiten und vorrechte gehabt.


Zur 6 zeile des 327 blats.


Zu oder bei Nitriote / schreibet Sanut / sol Josefs Grab / ein altes Gebeu / auf dem ekke von zween ärmen des Niels / noch stehen.


Zur 3 zeile vor dem ende des 329 blats.


Naftali / nachdem er / in seinem letzten willen / seine Treume erzehlet / füget folgende worte hinzu: Da sagte mein Vater / ich halte / daß Josef noch lebet: dan ich sehe / daß ihn der HERr allezeit mit euch zehlet. Und er fuhr weinende fort: Ach! Josef / mein Sohn / du lebest / und ich sehe dich nicht; auch siehestu deinen Vater nicht / u.a.m.


Zur 16 und folgenden zeilen des 331 blats.


Fast eben dieselben worte seind in Josefs Letztem willen zu lesen: als auch die folgenden zu ende dieses 131 / und im anfange des 132 blats. Hierher gehören auch die worte / welche bei Simeons Letztem willen hinten angefüget stehen: Aber Josefs gebeine werden von den Egiptern in des Königes Schatzkammer bewahret. Dan die Zauberer sagten zu ihnen: wan sie Josefs gebeine wegtragen liessen / so würde über das gantze Egipten eine fünsternüs kommen / mit großen plagen / also / daß niemand / auch bei dem lichte selbst / seinen bruder kennen solte.


[529] Zur 12 und folgenden zeilen des 132 blats.


Astarot / da Job seinen sitz gehabt / wird über denJordahn / in das land des halben stammes Manasse /14 meilen von Jerusalem gesetzt. Bis hierher /nähmlich bis an den Jordahn / erstrekte sich / von der stadt Damaskus ab / das land Uz / des sohnesArams. Hieronimus meinet / daß gemelte stadt daher diesen nahmen bekommen / weil man die Abgöttin der schönheit und liebe / welche bei den SirernAstarot / auch Astarte heisset / alda geehret. UndBernhard von Breitenbach schreibet / daß man des Jobs grab den reisenden alda noch zu zeigen pflegte. Viele muhtmaßen / daß Job aus des Esaus nachkommen entsprossen. Aber es scheinet der wahrheit gemäßer zu sein / was Hieronimus / in den Ebreischen fragen / und Luhter / über das Buch der Schöpfung /schreiben: nähmlich daß Job aus dem Uz / der ein sohn Nahors / des bruders Abrahams gewesen / hergestämmet: daher er auch Nahors sohn genennet wird. Und etliche meinen / daß er ein könig in Edom gewesen: andere / daß er Jakobs Tochter / die Dina /geehliget. Von seiner überschwänglich großen wohlfahrt und herligkeit / nach ausgestandenen trübsalen /lieset man bei dem Suidas. Euseb. l. 1. demonstrat. Evang. Dresser. mill. 3. p. 157.


Zur 7 zeile des 339 blats.


Levi sagt zwar in seinem Letzten willen: Josef sei im 118 jahre seines alters gestorben. Aber ich halte / daß es ein drukfehler ist / und daß die druksetzer die nichtigkeit 0 vor eine 8 angesehen. Dan nicht nur Moses /im letzten spruche seines ersten buches / sondern auch alle andere Geschichtschreiber / ja der Assenat Geschicht selbsten / schreiben ihm einhällig nicht mehr als 110 jahre zu. Gemelte der Assenat Geschicht wird mit folgenden worten geschlossen: Und Josef ward in einen sarg gelegt / im 110 jahre seines alters / und im 80 seines [530] Fürstentuhms / von der ersten Verheissung / dem Abraham / auf der straße nach Mesopotamien / getahn / im 287 / und nach Abrahams gebuhrt / von welcher das dritte alter beginnet /im 361 / aber vom anfange der Welt an / im 2309. Und Judas ist bis auf die zeit / da die kinder Israels aus Egipten gingen / nicht bewegt worden. Die andern Brüder seind nach ihrem tode meist alle weggeführet / und zu Hebron begraben; ja darnach wieder zu Sichem. In welchem jahre nach erschaffung der Welt Josef gestorben / seind die Geschichtschreiber nicht einig. Etliche setzen das 2390; aber ich muhtmaße / daß diese zahl versetzt sei / und 2309 heissen sol. Andere zehlen gar das 2399; da vielleicht die erste 9 vor eine 0 eingeschlichen: wieder andere noch anders. Die meisten aber setzen / daß er im 2761 jahre vor der Heilgebuhrt / und im 633 nach der sündfluht gebohren; auch im 1651 ebenmäßig vor der Heilgebuhrt / und im 743 nach der sündfluht gestorben sei. Hiervon hetten wir sehr viel zu sagen: aber weder die zeit / nach der hiesige raum / noch auch des Lesers geduld wil solche weitschweiffigkeit leiden.


Zur ersten helfte des 340 blats.


Hinter Josefs letzten willen findet man folgende worte angefüget: Das gantze Israel / und das gantze Egipten / beweineten ihren Josef / mit einer großen trauer. Dan er war barmhertzig und mitleidende gegen die Egipter / eben als gegens seine eigene gliedmaßen / gewesen: und er täht ihnen alles guhtes. Er war ihnen allezeit zugetahn mit guhtem rahte / und in allen dingen behülflich.


Zur ersten zeile des 342 blats.

Besiehe hiervon die Anmärkung bei der 16 zeile des 331 blats.

Zur 17 zeile des 342 blats.

Dieses bezeugen unterschiedliche Ebreische Ausleger des Buches der Schöpfung. Avizenna bringet [531] viererlei uhrsachen bei / warüm der Niel so fruchtbar sei. Hiervon schreiben auch Galenus / Aristoteles / Plutarch / Johan Pierius / l. 46 Hier. Tit. de tribus Urnis; Joh. Langius Epistol. Medicinal. l. 1, epistol. 31; Alexander ab Alex. l. 14 Genial. dier. c. 17;Pancirollus de Nov. repert. und viel andere. Daher ist es kommen / daß Egipten so überaus volkreich /ja so reich an Städten gewesen. Dan alda zehlet Diodor 18000 fürtrefliche Städte; und zu seiner zeit ohngefähr 1300000 Einwohner / ja vor seiner zeit 1700000. Besiehe was Bochart in seinem Faleg / am 314 bl. hiervon schreibet.


Zum ende des 342 blats.


Die Babilonischen Könige haben das Nielwasser unter ihren schätzen / als was seltsames und sonderbahres / das sie so weit hohlen laßen / bewahret. Ja die Egipter selbsten pflegten es / als ein sonderliches geschenke / in fremde länder zu senden. So schikte es der König Filadelf seiner Tochter Berenize / welche dem Antioch vermählet war / in Sirien zu; wieJohan Lange / an obangezogenem orte / schreibet.


Zur 18 zeile des 343 blats.


Dieses bezeuget Abenesra / Abenefi / und Suidas. Die Arabischen worte des Abenefi lauten in unsrer sprache / also: Und Josef ward gleich als ein König des gantzen Egiptens; und sie nenneten ihn Apis.

Isse / oder / wie das Ebreische lautet / Ischa / השא das ist eine Männin / Fraue / Virago, ist aus שיאIsch, das ist ein Man / vir, gebildet / und heisset hier so viel / als eine Frau der frauen; wie man die fürnehmsten Alsgöttinnen genennet findet. Besiehe unsern Dichterischen Sternhimmel / im Sternzeichen der Jungfrau.


Ende.

Blatweiser

[532] Blatweiser.

A.


Abimelech nimt dem Abraham die Sara /

387
Abissine begreift 72 königreiche / 401. wie desselben Oberherscher genennet wird /
399 / 400

Abrahams macht /
421 / 422

Abraxes / eines abgottes nahme / woher er gebildet / und wem er gegeben worden /
363
Adam und Eva liegen zu Hebron
begraben /
316 / 526

Adler / dessen mancherlei ahrten /
494 / 495

Adris / was es bedeutet / und wer also geheissen /
385

Alkair / eine Egiptische stadt / woher ihr nahme entsprossen / und was er bedeutet / 352 / 396. Ob sie das alte Memfis sei / 351. begreift itzund das alte Babilon /

353
Alkannenbaum /
489
Alrian herschte in Egipten zu Josefs
zeiten /
384 / 394

Amasis ebenmäßig /
394
Amiantstein / wie er auf Hochdeutsch heisset /
505
Angesicht / ein markt der Seele /
201
Apelles / womit er seinem Venusbilde eine volkommene schönheit gegeben /
8

Anubis ein Egiptischer Abgott / 2. wer er gewesen / und warüm man ihn mit einem hundskopfe gebildet /

375


Apis / ein götzennahme / scheinet aus Josef gebildet / 392. was er auf Egiptisch heisset / 393. Unterscheid zwischen Apis / und Serapis / 393. Seine unterschiedliche götzenbilder /

394
Artznei vor die unfruchtbahrkeit / 102; und ohnmacht /
300 / 522

Aertzte der Egipter unterschiedlich /
522
Asbest / und Asfalt / was es ist und
heisset /
505 / 523

Assenat / die jüngste Isis / 364. ob sie desselben Poti fars / der den Josef gekauft / oder eines andern tochter gewesen / 23 / 407 / 408 / 409. wird gebohren / und vom Könige zur tochter angenommen / 23: vom Ertzbischoffe geseegnet / 24: und auf die Sonnenburg gebracht / 28. ihre schönheit und geschikligkeit / 29 / 30 / 31 / 203 / 213 / 224. ihr traum / 92. Siehet den Josef zum ersten mahle / und was sie von ihm geurteilet / 204 / 205. wird durch seine reden bekehrt / 206 / 207. Ein Engel erscheinet / und bringt ihr eine fröhliche bohtschaft / 211 / 212 / 213. Ihr verlöbnüs mit dem Josef / und brautschatz / 222 / 410 / 481: vermählung / und beilager / 243 / 244 / 249. Sie steht in gefahr geraubt zu werden / 291 / 292. ihre unbäsligkeit / 298 / 300; ergetzung in Göttlichen dingen / 301 / 302; große tugend / und kunstgeflissenheit / 302 / 303 / 304. Wird zur Göttin der Weisheit und Artzneikunst gemacht / und unter dem nahmen Isis geehret / 303. Ihr tod / 305. sie wird gebalsemt / 306 / 307: und beigesetzt / 308: ihr nahme in einen götlichen verändert / 343. ihr sinbild / 343. ihres nahmens bedeutung /

410 / 472

Astarot / woher es diesen nahmen habe /
530
Arlenbaum /
489
Augen / verrähter des hertzens / 21 / 201 / 405 / 406: auch führer und anzeiger der liebe /
500
Augspurg / woher es den Kühnapfel im wapen führet /
373
B.

Babian oder Bafian / dem Serapis heilig / gab anlaß zur erfindung des
Wasseruhrs /
226 / 236 / 493 / 494

Babilon / eine alte Egiptische stadt /
351 / 352 / 353

Bachus ist aus Bar Chus gebildet / und war desNimrods bei- oder ehren-nahme / 358. Warüm man vor seinen wagen die Tieger gespannet / 359: und ihn Liber genennet /

358 / 360

Balsemen der Egiptischen leichen /
306 / 307

Balsembaums beschreibung /
115 / 446 / 447

Bammia / ein Egiptisches kraut /
225 / 482

Baro, ein Freiherr / woher es gebildet / und was es eigendlich bedeutet /
399
Basiliske / ein sinbild der Neidhämmel /
472
Bellum, woher es gebildet /
358
Bet, ein stummachender wunderstein /
16 / 404

Bilderstein Hagaracht / was er würket /
414
Bilha / wessen tochter sie gewesen /
424

Brachmonnd / warüm er also genennet werde / und warüm er auch Liljenmohnd heisset / 347. Seine unterscheidliche andere nahmen in andern sprachen /

348 / 349

Brustbeeren- oder Sebesten-baum /
490
Bubast / eine Egiptische stadt /
228 / 499

Bücherei zu Alexandrien /
503
C.

Cæsar oder Keiser / der Röhmischen Weltherren algemeiner ehrennahme / ob er andern dergleichen hohen Heuptern könne gegeben

werden /

400 / 401 / 402 / 403

Charta, woher es also genennet sei /
502
Chebron, ein Egiptischer König zu Josefs zeiten /
394
Chenosiris, ein Egiptisches gewächs /
483
D.

Daran / ein Egiptischer König / unter welchem Josef gestorben /
384

Dattelnbaum wird beschrieben / 490 / 491. trägt keine frucht / wan nicht ein mänlein und weiblein zusammengepflantzet werden /

112 / 225

Dattel- oder Palmen-reime /
491 / 492

Delta / das Egiptische nordteil.
217 / 480

Deutschgesinnete Genossenschaft / warüm sie dieRose zum algemeinen sinbilde gewehlet /
481
Dina / Jakobs tochter / dem Job vermählet /
530
Diogenes / womit er ein schönes weib vergleicht /
476
Dionisus / des Weingötzen zunahme / woher er gebildet /
361
Diphthera, was es sei /
501 / 502

E.

Ebreer haben die Hürtenlieder erfunden / 244 / 506. warüm sie die Ochsen / widder / und bökke geopfert / 519. woher sie also genennet /

423
Efeu / dessen unterschiedliche nahmen / 483. Ob es treumen / und trunken mache /
484

Egipten / wie es die h. Schrift nennet / 366 / 471: und Esaias mit 3 kenzeichen beschreibet / 465 / 469 / 470. woher es so volkreich sei / 342 / 532. hat fast keinen regen: darüm es der Niel befeuchtet und mistet / 33 / 37 / 415. hat einen bimssteinhaftigen grund / 419. seiner einwohner und städte zahl /

532


Egipter / wie sie die h. Schrift nennet / 366 / 367 / 470. ihr Götzendienst / 1 / 2 / 383. dessen uhrsprung / und eigendliche beschaffenheit; auch warüm sie ihre Könige zu göttern gemacht / 365 / 515. hielten alles / was rund ist / vor göttlich / oder der göttlichen natur gleich / 397: und etliche Tiere vor götter / 519. hatten zweierlei Götzenochsen / 364. eigneten allen ihren götzen einen schlanken leib zu / 381. hefteten ihnen wächserne tafeln an die beine / 2 / 282. Hasseten rohtbährtichte und blasse menschen / 381. warüm sie die Hürten verflucht / 285 / 518 / 519. ihre eidschwühre / 403: saatzeit / 417. straften der verbrecher bluhtsverwanten zugleich / 520. wie sie ihre Könige genent / 379 / 398 / 399. derselben nahmen zu und nach Abrahams und Josefs zeiten bei den Arabern / 384. wo diese hof gehalten / 353 / 354. ihrer reichsstäbe gestalt / 198 / 473. ihrer Priester kleider / 455 / 456. ihre h. sinbilder auf särgen und leichen / 236 / 238. wer sie erfunden / 202 / 385. ihr Gotisches oder großes jahr / 376; ward in 4 teile geteilt / 379: wan es eingesetzt worden / 395. Ihrer Frauen fruchtbarkeit / 342. wie diese sich schön und jung gemacht / 115: und die flekker der haut vertrieben / 132. Wie / und warüm so sorgfältig sie ihre todten vor der verwäsung bewahret / 234 / 235. ihrer särge gestalt / 236. ihre ewigbrennende grablichter / 239 / 240. wovor sie das Feuer gehalten /

240


Egiptischer Feigenbaum / darinnen sich Maria / mit dem Heilkinde / verborgen gehalten / 227. seine beschreibung /

497 / 498

Egiptische Bohne / und Bohnenschalen /
448 / 449

Ehbruchs mit einem knechte strafe /
450 / 461

Ehlicher liebe eigenschaften /
513 / 514

Eib / ein Egiptischer storch / der Isis und des Mohnes sinbild / erfindet den Abspühler /
439
Eisleben / wird von der Isis also genent /
373
Eisenkraut Isidis herba,
373
Elefant der königl. majestät sinbild /
196 / 472

Elfium / woher es also genennet sei; und desselben große fruchtbarkeit /
326 / 529

Enef / sonst Anubis / ein Egiptischer
Abgott /
110 / 375

Enoch / wie er von den Arabern genennet wird / 385. Sol der erste Schneider und erste kriegsman gewesen sein; auch das maß / und gewicht erfunden haben / 385. Sein Buch wird der Assenat verehret / 302. seine Feuerspitze /

233 / 234


Epafus / der Jo sohn / ward vor den Egiptischen Apis und Serapis gehalten / 351 / 372 / 392 / 393. Ob er die stadt Memfis gebauet /

351
Errif was es heisset / und vor ein land sei /
470 / 471

Ertzkönig / wonach es gebildet /
402

Esaias / warüm er Egipten das reich der Schällenbügel und die einwohner ein lang ausgestrektes volk nennet / 465 367. Der anfang seines 18 hauptst. wird erklähret /

465 / 466 / 469 / 470

F.

Farao / was es auf Arabisch heisset / 397. War der Egiptischen könige algemeiner nahme / und bedeutete nicht könig / wie der Geschichtschreiber Josef wil /

398 / 399

Feldgesänge der Spanier /
508 / 509

Feuer / ein sichtbahres zeichen der Gottheit /
240

Feuerspitzen / oder Grabseulen / zu welchem ende man sie gebauet / 209 / 262 / 514. Worinnen sie von den Sonnenspitzen unterschiede / 210. Die bei Memfis werden beschrieben.

233 / 234 / 235

Filister / wie sie ihre Könige genennet /
399
Fluspferd / ein sinbild der boßheit /
474
Fönix / oder Sonnenvogel /
495 / 496

Fönix / eine ahrt der Palmenbeume /
495
Fönizier haben vielen ländern nahmen gegeben /
512
Fönizische Hürten herscheten über Egipten /
518
G.

Gal / und Gallen / alte Deutsche wörter /
510 / 511

Gallillo, ein Französisches wort /
511
Gallia, was es eigendlich heisset /
511 / 512

Gallus, ein hahn / ist aus gallen
gebilbet /
511 / 512

Gefängnüsse / wie sie in Egipten beschaffen /
147
Gessen / ein Egiptisches land /
202 / 475

Gewissen / was es sei /
460
Glüks- oder Wahrsager-rad /
110 / 445

Gojam / ein Abissinisches Königreich / da / im landeSakela / die Nielsbrunnen entspringen /
37 / 38

Goldfinger / warüm er also genennet wird /
522
Goldmachen bei den Egiptern / 290 / 291. Ob es von ihnen entsprossen /
521
Gott wird beschrieben / 460. was er sei / nach des Empedokles urteile /
397

Götter / warüm sie bei den Griechen ihren nahmen vom lauffen bekommen / und ϑεοὶ, d. i Leuffer / genennet worden /

390


Götzenbilder der Egipter / welche milch / und wein von sich gaben / 371. warden den leichen nachgetragen / und warüm /

239
Götzendienst des Gestirnes der erste /
390

Grabhöhlen bei Memfis werden beschrieben / 234 / 235 / 236. lieffen unter der Sandsee hin / bis in die Sarkische wüste /

235
Grablichter / welche ewig brennen /
239 / 504 / 505

Grabspitzen werden beschrieben /
210
Großkönigs / oder Großherr / wonach sie gebildet /
402
H.

Habicht wie er von den Egiptern genennet werde / 438. Warüm er der Sonne sinbild sei / 439. Ward zu Butis begraben /

228
Hagar / der Sara magd / sol des Hermes Trismegists tochter gewesen sein /
386 / 387

Halm / und hals / aus hallen gebildet /
511

Haran / des Tahre sohn / war der erste unter den Menschen / die Vor ihren vätern gestorben / und warüm /

389
Härmlein / der Keuscheit sinbild /
440
Helikon / ein flus / schiest unter der
erde hin /
40 / 421

Heliopel / die Egiptische Ertzbischöflliche stadt / wird beschrieben / 202 / 210. wie sie sonst heisset / 411: und woher /

412


Hermes Trismegist / wie ihn die Egipter und Fönizier genennet / 203 / 385. Wan er die Sonnenseulen erfunden / und die Egiptische Priesterschaft gestiftet / 203 / 385. war der dritte Egiptische König nach der sündfluht; und aus Wälschland zum Mizraim kommen /

202 / 203 / 208 / 386

Hertzwurtz / dessen gestalt und würkung /
102 / 225 / 444

Heumohnd / warüm er der Nägleinmohnd heisset /
347
Hundedienst zu Bubast /
228

Hundestern / des Nielischen auflaufs uhrsache / 417 / 418 warüm ihn die Egipter dem Morgensterne vorgezogen /

376
Hürtenlieder / wer sie erfunden /
506
I.

Jakobs ehstand / 55: leibesgestalt / 284 / 517: liebe gegen Josef / 58 / 59: sein betrug am Esau / Laban / und Isaak selbst begangen / 65. Ob er Hasel- oder Mandel-stäbe in die trinkrennen gelegt / 360. wird berichtet / ein wild habe den Josef zerrissen / 79. erfähret / daß er noch lebet / 282. reiset zu ihm / 283 / 284. kömt in Egipten / und bleibt im land Gessen / 284 / 286. mit wie viel Seelen er dahin kommen / 284 / 518. nimt Efraim und Manasse zu Söhnen an / 316. Seegnet sie / 317: als auch seine zwölf Söhne / 318 / 320. was seine übereinander geschränkten hände in der einseegnung bedeutet / 527. Stirbet / 321. wird in Kanaan begraben /

322
Japaner / wie sie ihre Oberheupter nennet /
399
Idris oder Adris ward Enoch / auch Hermes Trismegist genennet /
385
Jinx / das Göttliche ebenbild /
236
Jo / des Inachs tochter / ward von etlichen vor die Egiptische Isis gehalten /
372

Jobs / des Fürsten zu Edom / unglüksfälle / 332 / 333 / 530. Er war Nahors / Abrahams bruders / söhn / und der Dina / Jakobs tochter / vermählet / 333. sein grab /

530
Johannesbroht / woher es also heisset /
488
Johannesbrohts- oder Horn-beume /
225

Josef / Jakobs sohn / der jüngste Osiris / Apis / und Serapis / 54 364 / 392 / 393 / 532. Josefs nahme wird erklähret / 471: als auch sein Stahtsnahme / 198 / 200 / 473 / 474. Sein gantzes geschlecht wird erzehlet / 54 / 55 / 56. Seine große schönheit und geschikligkeit / woher sie entsprossen / 5 / 6 / 7 / 8 / 55 / 56 / 57 / 58. Seine Keuscheit und tugend / 112 / 447 / 449 / 454. Warüm ihn seine brüder gehasset / 57 / 60 / 63 / 425: als auch seine Stiefmutter / 59. Seine treume / 60 / 62 / 184 / 282 / 283 / 425 / 427. Man wirft ihn in die Wolfs- grube / 74 / 431. verkauft ihn vor 30 silberlinge / 75 / 426 / 434. Er komt in Egipten / 1. wird dem Könige geschenkt / 12: aber nicht angenommen / 14 / und warüm / 11 / 19. Wie derselbe könig geheissen / 384 / 394 / 395. Erklähret den Ausspruch der Götter über die Assenat / 41 / 42 / 43: und der Nitokris / und Semesse treume / 87 / 88: als auch der Assenat / 92 / 93: und darnach des Königes / 169 / 170 / 172 / 173. wird auf Potifars befehl gefänglich bewahret / 98 / 441: und seiner gemahlin verkauft / 99 / 443: die sich in ihn verliebt / 94 / 100: ihm sehr zusetzet mit worten / 116 / 117 / 121 / 123: und bedreuungen / 124 / 125 / 450: auch vielerhand ränken / 126 / 127 / 129 / 133 / 134 / 451 / 453 / 457 / 459. Er giebt ihr eine artznei wider die unfruchtbarkeit / 102 / 444: ermahnet und bestraft sie / 123 / 127 / 128 / 129 / 137 / 138 / 139 / 452. wird durch einen Engel gewarnet / 128 / 453: auf anklage der Sefira ins gefängnüs geworfen / 140 / 142 / 143. Da deutet er der königlichen Beamten treume / 155 / 156. wird vom könige daraus erlöset / 168: zum Schaltkönige gemacht / 174 / 196 / 198. Spricht / und seegnet die Assenat / 206 / 208. verlobt sich mit ihr / 222. helt beilagerr / 244 / 249. lest Feuerspitzen zur bewahrung der früchte bauen / 262 / 514. Seine anordnung in den 7 reichen jahren / 262 / 263. Stiftet Untersuchungen des lebens / 263 / 515. Samlet überaus viel getreides ein / 264: darüber fremde urteile fallen / 265. Seine 2 Söne / 265 / 266. Seine Brüder kommen zu ihm; und warüm sie bahrfüßig erscheinen müssen / 267 / 273 / 431. Seine reden zu ihnen / 267 / 268 / 269 / 276 / 278. Warüm er sie 3 tage gefangen gehalten; und den Simeon allein binden laßen / 268 / 270 / 516. Er offenbahrt sich ihnen / 279. entbietet seinen Vater zu sich / 280. Seine guhtahrtigkeit gegen seine brüder / 282 / 323 / 517 / 528. macht den König / durch wiederverkauffung des getreides / überaus reich / 286 / 287; ja die Untertahnen alle leibeigen / 288 / 289 Bauet das Nielmaß; und erfindet vor die faulentzer und verbrecher / indem er die Egipter zugleich das goldmachen lehret / eine sonderliche arbeit / 290 / 291. steht in gefahr / der Assenat wegen / 291 / 292. Der sterbende König befielt ihm das reich / 295. Seine anordnung nach den 7 hungersjahren / 296. Stiftet eine Schuhle zu Heliopel / 296 / 522. Begräbt seinen Vater / 322. übergiebt dem jungen Könige die krohne / 351. wird angefeindet / und verleumdet / 324 / 325. macht einen Sumpf wohn- und fruchtbar / und dadurch seine feinde zu schanden / 325 / 326. Erfindet das Landmässen: und wie er das dürre land fruchtbar gemacht / 327. ist ein treuer Stahtsman / 328. wird krank / 334. Seine verfassung zu des Egiptischen stahts erhaltung / 336. Eröfnet darbei dem Könige sein rahtsbedenken / 336. Stirbet / 339. Sein alter / 530 / 531. sein lob / und leichengepränge / 339 / 340. Sein grab / 327 / 529. warüm man seine Leiche nachmahls in des königs Schatzkammer bewahrt / 342 / 529. wird zum höchsten Gotte gemacht / 343. sein sinbild /

343
Josua / aus Josefs nachkommen entsprossen /
517
Irmenseulen / woher sie also genennet /
208
Isaaks macht / 423. wie er den Esau
betrogen /
65 / 429

Isis eine Egiptische Abgottin / 2 / 349. Wer sie gewesen / und was sie bezeichnet / 367. Ward von den Egiptern Minerve genennet / 368. War Man und Fraue zugleich / 368. warüm man sie die tausendnahmige genennet / 369. Ihre mancherlei nahmen / 369. Was der nahme Isis heisset / 369 / 374 / 532. Wie man sie gebildet / 371 / 372 / 374 / 532. ist in Deutschland gewesen / 372: auch alda geehret worden / und warüm / 372 / 373. Ihre unterschiedliche überschriften / 301 / 370 / 373 / 374. Ihr war die oberste helfte der erde zugeeignet / 379: wie ihrem sohne / Orus / die luft / 380. Die Vielbrüstige / wie ihr bild fort und fort milch aus den brüsten fliessen laßen /

371
Isisches fest / und Priesterümgang wird beschrieben /
130 / 132

Jupiter Hammon / ein Libischer Abgott / wer er gewesen / und warüm man ihn als einen Hammel gebildet / 355: den man ihm zu ehren an den himmel gesetzt /

365
Jupiters geschichtbuch /
501
Jüden / wie sie ihre Könige genennet /
399
Jüdenleim /
524
Jüdenpech /
523 / 524

Junius, warüm er also genennet worden /
348
Juvenis, woher es stammet /
348
K.

Kaiman / eine ahrt der Krokodillen /
438
Kajorer / wie sie ihre Könige nennen /
400

Kanopus / ein Egiptischer Abgott / 2 / 100. Wer er gewesen / 380. wie man ihn abgebildet / 381. Ein stern am himlischen Schiffe /

382
Karl der große / wie er den Meimohnd heisset /
347
Kasselfisteln- oder Schwartzer Zimmet-baum /
446
Katzen werden zu Bubast geehret / und begraben /
228
Keiser / ob dieser nahme auch andern / als den Röhmischen Weltherren / könne
gegeben werden /
400 / 401 / 402

Keuscheit / was sie sei /
476
Kijun / und Saturn / seind einerlei nahmen / 376. Warüm es die 70 übersetzer Refan gegeben /
375
Kiriat-Arbe / was es heisset /
526
Knef / ein Egiptischer Abgott / 2. Wer er gewesen / und wie man ihn gebildet /
375
Knabenkraut / dessen gestalt und
würkung /
102 / 225 / 444

Konchares / ein Egiptischer König zu Josefs zeiten /
395
Königliche algemeine Ehrennahmen unterschiedlicher Völker /
399
Kreuter / derer kraft und würkung an der euserlichen gestalt zu erkennen /
102 / 225

Krohnen / und kräntze / woher sie
entsprungen /
484 / 485

Krokodil / warüm er der Egiptischen Könige sinbild sei / 12 / 87 / 396. warüm er also / und wie er sonst / genennet werde /

437 / 438

Krokodillengräber im Mährischen Irhofe /
241
Krokodilsträhnen /
438
Kuria / eine Egiptische Königin / des Merkuhrs gemahlin / die der Sara ihre Magd Hagar gegeben /
386
Kus oder Chus, was es vor ein land bedeutet /
467
L.

Labans Götzenbilder / ein kunststükke des Tahre / was sie / durch ihre schönheit / gewürket / 7. Die Ebreer nennen sie Terafim: und ob sie mit denSerapen der Egipter einerlei gewesen /

391 / 392

Lablab / ein baum in Afriken /
489
Lea / des Jakobs Ehfrau / worinnen sie von ihrem Geschlechte abgeahrtet /
7 / 391

Lebensuntersuchungen zu Josefs zeiten /
515
Leichen / warüm sie vom balsem einkrümpfen /
524

Leichenbalsemen der Egipter / 306 / 523 / 524: der Guinaler / 525. Ob man saltz darzu genommen; und wan es aufgehöret /

525
Leichengepränge auf papiernen rollen entworffen /
138 / 139

Leichenschmuk der Egipter /
236 / 237

Luna, scheinet aus Lucina zusammengezogen /
368
Lunus vor Luna,
368
Lusitanien / woher es also genennet /
359 / 512

Lusus und Lusa / warüm man sie dem Bachus zu gefährten gegeben /
359
M.

Madrigal, oder Schattenlied /
506 / 507 / 508 / 509

Majus, warüm er also genennet worden /
348
Mandeln machen das Nielwasser klahr und trinkbar / und widerstehen der trunkenheit /
359
Mährischer Irhof wird beschrieben /
240 / 241 / 506

Masor ist so viel / als Egipten /
366 / 367

Matarea / ein ort / dahin Maria / mit dem Heilkinde / vor dem Herodes geflohen /
22 // 497

Matrizen / ein bastartdeutsches wort der Schriftgiesser /
513
Meimohnd / warüm er auch Rosenmohnd heisset /
347
Melohnen / ihre dreierlei ahrten / und nahmen bei den Egiptern /
449
Melohnentrank der Egipter /
449

Memfis / eine Egiptische stadt / 1 / 350. Was sie sonsten vor nahmen geführet / und wer sie gebauet / 350 / 351 / 352. Ob alhier der König hof gehalten / als Josef in Egipten angelanget /

353
Men / oder Menes / des Mizraims eigener nahme /
366
Menelaus der könig von Troja stiftet seinem Schifshauptmanne Kanopus ein Götzenhaus /
380

Menis / ein Egiptischer könig / ward von seinen untertāhnen / weil er so fet war / überaus gehasset /

381
Minerve / wie sie die Egipter genennet /
395
Mitres / eines Abgottes nahme / woher er entsprossen /
363

Mizraim / Hams sohn / der stadt Memfis stifter / und uhrhöber des Egiptischen Königreichs nach der sündfluht / wie er sonsten geheissen /

202 / 350 / 351 / 355 / 366

Mizraim scheinet mehr eines Volkes / als Mannes / nahme zu sein /
366
Moloch war so viel / als Mars /
376
Momft / ein Egiptischer Abgott / 2 / 381. Des wortes bedeutung /
350 / 382

Mohn ward bei den Egiptern als eine Gottheit geehret / 368: unter welcher sie alle andere Weibliche Gottheiten verstunden /

369
Moschkraut /
225 / 482

Moses war in der Egipter weisheit
unterwiesen /
211 / 489

Musenbaum /
488
N.

Nachtigal / was es eigendlich heisset /
511
Naftali / warüm ihn Jakob einem Hirsche verglichen /
329
Nefrem Tomestor / ein Egiptischer könig zu Josefs zeiten / 395. Die uhrsache seines todes /
295

Nefte / der Isis schwester / besaß / nach der Egipter wahne / die unterste helfte der Erdkugel / 379: und ihr sohn / Anubis / den Kreusendiger /

380


Niel / wan / und wie er in Egipten zu wachsen anfänget / 35 / 349 / 415 / 416 / 417. Wie er von den Mohren genennet wird; und warüm ihn die Siener den Niel geheissen / 357. Warüm ihn die Götzenochsen nicht trinken durften; und die Priester nur spaarsam / 381. Seine unterschiedliche höhe bringt unterschiedliche fruchtbarkeit / 35 / 36 / 417. Wan er auf das höchste gestiegen / und wie lange er fället / 36 / 417. Woher er seinen uhrsprung habe; und wie er so jähligen / und in der dürresten zeit so hoch geschwängert werde / 37 / 38 / 40 / 417 / 418 / 419 / 420. Warüm er mit recht Vater zu nennen / 342. Seine fruchtbarkeit / 531. Ward göttlich geehret / 418: und als ein geschenk großen Herrn zugeschikt / 342 / 532. Warüm er itzt das land spähter und so hoch nicht überschwä et / 416. Warüm man ihm drei wasserkrüge zugeeignet / 419 seine ehrennahmen / und gestalt /

420 / 421 /

Nielmaß wird beschrieben /
520
Nikolaa / die königin von Saba / die den Salomon besuchet / wie sie sonst genennet wird /
445
Nimrod / des Ninus vater / warüm er Bachus / oder vielmehr Barchus genennet worden /
358
Nit oder Neit heisset bei den Egiptern so viel / alsPallas / oder Minerve /
395
Nitokris heisset eine sieghafte Minerve /
395 / 396

Nubien / ein land bei dem Niele /
403
O.

Omfis / des Bachus zunahme / was er bedeutet /
362
Omft / ein Egiptischer Abgott /
2 / 382

On / eine Egiptische Stadt / warüm sie also genennet werde / und was der nahme bedeutet / 411. wie auch warüm sie Heliopel / das ist Sonnenstadt / oder Ainsemes und Betsames / das ist Haus und Auge der Sonne / heisset / 202 / 411. Ob sie mitRamesse eine stadt gewesen / 412. Hatte zwölf heiligtühmer der zwölferlei Tiergötzen der Egiptischen Hauptmanschaften /

413
Opobalsamum, was es sei /
523

Orus oder Horus / ein abgott der Egipter / den sie auch Kemin nenten / wer er gewesen / 2 / 238 / 378 / 379: und warüm sie ihn

Harpokrates hiessen /

379


Osiris / ein Egiptischer Abgott / 1 / 349. Wer er gewesen / und woher dieser Nahme gebildet / 355 / 356. Was die Egipter darunter verstanden / 356. Warüm sie ihm einen Reichsstab mit einem auge zugeeignet / 157. Was er sonst vor andere nahmen gehabt / 356 / 357 / 358 / 361 / 362 / 363. Seine sinbilder / und gemälde / 364 / 365. War nur mänliches geschlechtes / 368. ward durch den Habicht abgebildet /

439
Ossar / ein kraut / wozu es guht /
458
P.

Palmen- oder Dattel-reime / werden in der Dichtkunst vor ein Meisterstük gehalten /
492
Papierne Leichenrollen der Egipter /
504
Pergament / woher es also genennet sei /
502
Perser / wie sie ihre Könige nennen /
399

Potifar / was er gewesen / und vor ämter bedienet / 22 / 406 / 407. Zeuget im 5 jahre seiner ehe die Assenat / 23. Fraget den Abgott / wie er sie erziehen sol / 24 / 25. Heiligt sie dem Osiris / und lest sie auf der Sonnenburg / als in einem Kloster / mit sieben adlichen Töchterlein / welche mit ihr in einer nacht gebohren / 27 / 28. Seine gemahlin Sefira kauft den Josef / und er selbst setzt ihn über alles das seinige / 99 / 100. Wirft ihn endlich / auf fälschliche anklage derselben / ins gefängnüs / 143. Wird Ertzbischof zu Heliopel / 154 / 155. Wie ihn die Ebreer genennet / 203. Er erlernete vom Josef die geheimnüsse der göttlichen wahrheit / 266 / 301. Des nahmens Potifar deutung /

409
Pyramis, was es bedeutet /
514
R.

Rahel / Josefs mutter / wird ihrer schönheit nach beschrieben / 5 / 6 / 388: daher auch Jakob 14 jahr üm sie gedienet /

6
Ramesse / ob es Heliopel sei /
412
Rebekka / Josefs Großmutter / was sie durch ihre schönheit veruhrsachet /
5 / 388

Refan war der Egiptische Saturn /
375 / 376

Rian / ein Egiptischer könig zu Josefs zeiten /
394
Röhmer folgeten den Egiptern in den leichengeprängen /
504
Röhmischer Weltherren algemeiner
ehrennahme /
400
Rose / warüm man sie über die tische
gehängt /
480 / 481

Ruben suchet / unter allen brüdern / am allermeisten Josefs leben zu retten / 70 / 72 / 74 / 75 / 76 / 77 / 268. hatte Jakobs ehbette besudelt /

527
Rundbaum / warüm er farid oder
parid heisset /
397 / 485

Rundkraut / 485 / 486 / 487. warüm es des Osiris sinbild war /
397
S.

Sabeer / warüm sie die Teufel geehret /
519
Safe / der Egiptischen königlichen Fürsten sitz /
326
Saliche / Potifars gemahlin /
404
Saltz / ob es die leiber unverwäselich mache /
525
Sandsee /
235
Santbaum /
446

Sara wird / ihrer schönheit wegen / von zwee Königen geliebet / 5. Wie der Egiptische / der sie genommen / geheissen / 384 / 386. Der andere warAbimelech / der Filister könig / 387. Wird von den Egiptern zur Göttin der schönheit gemacht /

110 / 387

Sara oder Zahara wird Libien auf Arabisch genennet / und warüm /
387 / 388

Saturn / ob er eben derselbe sei / als Anubis /
375
Schafhürten / warüm sie den Egiptern ein greuel gewesen /
285 / 518

Schagen / warüm es das Reich Gottes genennet worden /
326 / 528

Schällenbügel / was es vor ein seitenspiel sei /
468
Schattenlieder /
506 / 507 / 508 / 509 / 510 / 511 / 512 / 513

Scheidekunst / wie sie Parazelsus nennet /
521
Schiffe vom papierschilfe /
469 / 470

Schlafkraut / opium,
454
Schlos der verwunderung Alexanders des großen /
404
Schohtenbaum / daran die Johannesschohten / oder das Johannesbroht wächset /
488
Sebestenbaum /
490

Sefira / der Assenat stiefmutter / verliebt sich in den Josef / 94 / 96. Sie kauft ihn / 99. Begegnet ihm mit liebesblikken / die er in den wind schläget / 100. Ihr list grif zu ihrem ziele zu kommen / 101. Giebt ihre liebe was deutlicher kund / und stellet sich / als hielte sie den Josef vor ihren Sohn / 102 / 444. Hierauf bricht sie gar heraus / und eröfnet ihre rechte meinung / 116 / 117 / 118 / 121 / 122 / 123. Auf guhte worte folgen bedreuungen / 124 / 125: auf diese allerlei ränke / 126 / 128 / 129 / 133 / 453 / 456. Sie tuht den vorschlag / ihren Ehherrn aus dem mittel zu reumen / und dan den Josef zu ehligen / 127. Endlich wil sie ihn mit gewalt zur unzucht zwingen; er aber entfliehet / 139 / 140 / 458 / 464. Hierauf bezüchtigt sie ihn fälschlich bei ihrem Herrn / der ihn ins gefängnüs würft / 140 / 141 / 142 / 462. Ja bestürmet ihn selbst im gefängnüsse; und suchet ihn mit gifte zu tödten / 153 / 463. Darüber stürbet sie plötzlich / 154. Wie sie bei andern heisset /

404
Sebulon / der erste schiffer /
433
Seele sol zum sterne werden /
439
Seewärmuht / der Isis heilig /
456 / 457

Serapen der Egipter / was / und wie sie gestalt gewesen / 238 / 391. Ob sie mit den Terafim einerlei gestalt gehabt / und woher das wort Serapides entsprossen /

392
Serapis / der Egiptische Ochsengötze / wird beschrieben; und wessen sinbild er sei /
392 / 393

Silpa / wessen tochter sie gewesen /
424

Simeon feindet / unter allen brüdern / den Josef am meisten an / 65 / 70 / 72. Warüm ihm seine hand verdorret / 75. Warüm Josef eben ihn gefänglich behalten /

270 / 516

Siner / wie sie ihre Beherscher oder Oberheupter genennet /
399
Sirius / der Hundestern / ward von den Egiptern vor einen gott geehret /
376 / 377

Sistrum, was es vor ein seitenspiel sei /
468 / 469

Solon was er vor eine satzung zu Atehn eingeführet /
515

Sonne / die einige Gottheit des himmels / 356. wird unter vielerlei nahmen geehret / 356 / 357 / 358 / 362. Warüm man sie Jupiters Auge genennet / 357: und die Sirer Achad / 362. Ward in einem Ochsen geehret / 364: dessen bild man selbst an den Himmel setzte / 365. wie viel sie grösser ist / als die Erde / 390. Ihr warden alle mänliche Gottheiten zugeeignet /

369
Sonne / Mohn / und Sterne / die ersten Götter /
390

Sonnenspitzen / wer ihr erster stifter sei / 477. wo / wan / von wem / und zu welchem ende sie erfunden worden / 203 / 208 / 209 / 385. Ihre gestalt / ihr zeug / und gantzer bau wird beschrieben / 208 / 209 / 210. wie sie die Griechen / Araber / Wäl schen / Hollände / und ihr erfinder selbst genennet / 477 / 478 / 479. Ob sie Mahteln heissen können / 478. eine aus vier Smaragden /

477
Sonnenburg / der Assenat zwantzigjährige wohnung / wird beschrieben /
224 / 225 / 226 / 227 / 413 / 414

Sonnenbrun / darinnen die Mutter Gottes des Heilkindleins Wündeln gewaschen /
227 / 499

Sonnenheiligtuhm / 412. warüm es rund gewesen /
413
Sotis / ein Egiptischer abgott /
2 / 376

Spanien / woher dieser nahme komt /
359 / 512

Stahtsleute / wie sie sollen beschaffen sein /
328 / 329

Sterndeuterei / wie weit man darinnen gehen sol /
149 / 150

Sternzeichen haben keine macht über den menschen zu herschen /
150
Storch / ein sinbild der frömmigkeit /
474
Stunde / woher es entsprungen /
493
Surnag / ein Wunderkraut des berges
Atlas /
225 / 487

T.

Tahre oder Asar / des Abrahams Vater / ein fürtreflicher Bildhauer / und wiederaufrichter des verfallenen Götzendienstes / 6 / 7 / 388 / 389. Was seine bilder in den anschauenden gewürket / 7. Warüm sein Sohn Haran eher weggerükt worden / als er; und was vor Götzen er gedienet /

389
Talma / der Egiptische König / der im rohten Meere ersoffen /
394
Tamarinden- oder Sonnen-baum /
492
Tanis / eine Egiptische Hauptstadt /
211 / 353 / 354 / 479

Tartern / wie sie ihre Oberherscher nennen /
399
Tatura / was es sei /
454

Tautis / der dritte Egiptische König / der die Sara behielt / wer er gewesen / 384 / 385. Abraham Zachut nennet ihn Tutis / und den 15 König /

386
Tebe / eine Egiptische stadt /
228 / 353 / 499 / 500

Terafim / was sie vor Götzenbilder gewesen /
391
Teufel / warüm man sie Boksgeister genennet /
519

Tifon ein Egiptischer böser Abgott / 2 / 383. War der anfang alles bösen / Wie Osiris alles guhten /

383
Tmaus / ein Egiptischer könig zu Josefs zeiten /
395
Todtengefäße der kinder /
239
Todtes meer / warüm es also heisset /
523
Toote / der Assenat mutter /
34
Tot / oder Taut / wer er gewesen /
385
Trachenfel mit dem gantzen Homerus beschrieben /
503

Treume aus den tagesgedanken / werden dem nachklange der seiten verglichen / 162 / 464. Die aus der übermäßigsten der 4 feuchtigkeiten entstehen / bedeuten nichts / 162. Des Königs / darüber die Egiptischen Traumdeuter ihr urteil fällen / 161 / 162: des Josefs / 60 / 62 / 184: der Nitokris / undSemesse / 82 / 83: der Assenat / 92: des Königlichen Mundschenkens / und Bäkkerei-verwalters / 155 / 156: des Naftali /

329 / 330

Türke / ob ihm der nahme Keiser zukomme /
402
Tzar / des Muskauers Stahtsnahme / woher er gebildet /
402
V.

Verschwiegenheit / ihr sinbild /
481
W.

Wahrsagung aus dem Wasser / und
Wachse /
410 / 411

Wasseruhrs erfindung /
226 / 493 / 494

Welt / wan sie erschaffen worden / der Egipter meinung /
418
Wollenbaum /
488
Wollenkraut /
489
Z

Zacheus / auf was vor einen baum er gestiegen /
498
Zahara / oder Sahare / eine Egiptische Abgöttin der Schönheit und liebe / wer sie gewesen /
110 / 387

Zahnkraut / dessen gestalt und
würkung /
102 / 225 / 444

Zwillingsmohnd ist der Mei /
347

Kupferstiche

  • Titelkupfer

  • Kapitel I, Seite 3.

  • Kapitel I, Seite 13.

  • Kapitel I, Seite 25.

  • Kapitel I, Seite 39.

  • Kapitel II, Seite 47.

  • Kapitel II, Seite 61.

  • Kapitel II, Seite 73.

  • Kapitel II, Seite 91.

  • Kapitel III, Seite 95.

  • Kapitel III, Seite 103.

  • Kapitel III, Seite 111.

  • Kapitel III, Seite 131.

  • Kapitel III, Seite 141.

  • Kapitel IV, Seite 151.

  • Kapitel IV, Seite 159.

  • Kapitel IV, Seite 171.

  • Kapitel IV, Seite 187.

  • Kapitel V, Seite 197.

  • Kapitel V, Seite 207.

  • Kapitel V, Seite 223.

  • Kapitel V, Seite 237.

  • Kapitel VI, Seite 245.

  • Kapitel VI, Seite 257.

  • Kapitel VI, Seite 277.

  • Kapitel VI, Seite 293.

  • Kapitel VII, Seite 299.

  • Kapitel VII, Seite 309.

  • Kapitel VII, Seite 319.

  • Kapitel VII, Seite 341.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

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TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Romane. Assenat. Assenat. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AFA3-C