Philipp von Zesen
Adriatische Rosemund

Auf-trahgs-schrift

[3] Auf-trahgs-schrift.

Denen Hohch- und wohl-ädelen, gesträngen und fästen Herren,
Hern Dionisen und Hern Mattias,
Palbizki, Gebrüdern, auf Nemiz und Warbelow Erbsassen, u.a.m.
seinen hohch-geehrten Herren, und grohsgünstigen, träu-liben fräunden, überreichet

Di Adriatische Rosemund, zum stähts-währenden andänken ihres unwürdigen Diners, Ritterhold von Blauen.

[*2b]


Meine Herren,


Wan di aufkeumende fräundschaft träu- und deutsch-gesünneter gemühter zu früchten gedeien sol, so tuht man nicht bässer, als daß si man mit den kräftigen stärk- und frucht-wassern einer sonderlichen libes-bezeugung gleich=sam begühsse, und si solcher gestalt zum fölligen wachstuhme fähig machche. Dan gleich wi ein lihblicher Rosen-stok, wan der Himmel seiner wahr-nümmet, und ihn bald mit einem sanften rägen, bald mit einem kühlen taue bei schwulem wetter befeuchtet, bald widerüm mit einem lihblichen sonnen-blikke begnadiget, ih mehr und mehr zunümmet, und seine fröliche blumen gleichsam zur dankbahrkeit gen Himmel erhöbet; so tuht auch [*3a] eine träu-gemeinte brüderliche freundschaft, welche gleiches falls, [3] ih-mehr si erräget und ermundtert würd, ih-mehr und mehr zunümmet, und sich in ihren grund-pfälen befästiget.

Solches nuhn, meine hohch=geehrte, vihl-günstige Herren, hab' ich auch beobachten wollen, und di hohe fräundschaft (welche ich mich aller dinge unwürdig schäzze) mit einer sonderlichen dihnst- und libes-bezeugung erwidern; indähm ich nähmlich gegenwärtiges bühchlein unter ihrem belihbten namen und fräund=gesünneter verträtung der gelährten und verständigen wält aus-färtige. Aber indässen, daß ich ihnen einige erwiderung ihrer gunst und freundschaft zu leisten gedänke, so mus ich si zugleich [*3b] noch mehr bemühen, und mich zu ihren dihnsten vihl verpflüchtlicher machchen, als ich schohn bin; indähm ich ihnen ein solches jung-fräulein zu verträten anbefähle, welches noch zur zeit fremd und unbekant ist, und bei unserem hohch-deutschen Frauen=zimmer gärn in kundschaft gerahten wolte. Es ist di über-irdische Rosemund, di nicht alein aus hohem bluht' entsprossen, sondern auch durch ihre angebohrne geschikligkeit und zihr zu solchem namen gelanget ist, daß man si mehr ein ängel- als mänschen=bild zu nännen pfläget; Es ist nichts irdisches und vergängliches an ihr als der hinfällige leib, welcher doch nichts däs zu weniger seiner schöhnheit und ahrtigen bewägung halben auch fast [*4a] götlich scheinet, und billich nimmer-mehr vergähen solte. Dise Schöne nümmet, auf mein guht=befünden und einrahten, ihre zu=flucht zu ihnen, und flöhet si gleich=sam an, daß si ihre dihnste däm hohch-deutschen Frauen-zimmer (welches meinen Herren, ihrer hohen geschikligkeit wägen, sehr geneugt und günstig ist) auf zu tragen geruhen wollen. Dan si hat das gute vertrauen, daß si ihr eine solche billige bitte nicht versagen wärden; und ich selbst, fohr mein teil, kan nicht sähen, wahrüm ich zweifäln solte, indähm ich wohl weus, daß si einem Frauen-zimmer, welches nicht so gahr machiavellisch-wältsälig ist, auch nicht di geringsten ehren-dihnste versagen können. Im-fal si sich aber durch dise schwachchen wor-[*4b]te ja nicht wolten bewägen lahssen, so würd si doch, allem verhoffen nahch, di schöhnheit dises götlichen mänschen-kindes verzükken, und in solcher verzükkung zu ihrem [4] wüllen aufmundtern, wo si nicht gahr steinerne gemühter und demantine härzen haben.

Kein mänsch ist ihmahls ein solcher unmänsch' und wüterich gewäsen, daß er sich fohr einem solchen lihblichen blizze nicht hätte entsäzzen sollen. Kein mänsch ist ihmahls so hart und eingezogen gewäsen, daß ihn eine solche Schöne nicht hätte verzükken und zu ihren ehren-dihnsten bewägen können: wan si nuhr ihren höhflichen und lihblichen räden das gehöhr auf einen augen-blik vergönnen wärden, so würd sich gewüs ihr gemüht bald gerühret [*5a] befünden, und diser Schönen nichts versagen können.

Si dürfen sich auch im übrigen nicht befahren, daß si das hohch-deutsche Frauen-zimmer übel entfangen würd, wan si eine aus-länderin verträhten und mit sich in ihre geselschaft führen wärden; dan si würd gewüslich ihren fleis, si zu vergnügen, nimmer-mehr sparen, und sich zu ihrer ergäzzung und lust so zu bekwähmen wüssen, daß sich auch ihre Landes-fräundinnen selbst gegen si dankbahrlich erzeugen wärden.

Was aber meine wenigkeit betrüft, so versichcher' ich meine Herren mit wahren worten, daß si mich, solche gunst und ehren=bezeugung zu erwidern, zu ihren dihnsten allezeit bereit und wül-[*5b]färtig befünden wärden; wi ich mich dan schohn fohrlängst in geheim ihnen so verpflüchtlich gehalten habe, daß ich anders nichts gewäsen bin, wi auch noch hinführ sein wärde, als


Meiner hohch-geehrten Herren

Rein-wurf, den 30.
tahg des häu-mahndes
däs 1645. Jahres.
träu-ergäbener,
stähts-wül-färtiger
Diner
R.D.B.
[*6a]
[5]

Dem vernünftigen Läser

Dem vernünftigen Läser.

Weil bis anhähr der verschmähete Lihb-reiz fast keinen Deutschen hat ermundtern können, daß er seinem mund fohr der wält, von Libe zu räden, und der fäder, von ihrer kraft zu schreiben, verhingen hätte; so hat sich der arme knabe meisten-teils in Spanien, Wälschland und Frankreich aufhalten müssen. Nuhnmehr aber befündet er sich auch mit dem krige bei uns so eingenistelt, daß ich aus unserem Trauer-schau-spihle wohl sagen mahg:


Ja selbsten di kalten Hohch-deutschen
darf keiner zur lust
mehr schlagen und peutschen;
das liben ist ihnen von selbsten bewust.
Der hizzige, spizzige, wüzzige knabe,
das ippige, fiprige, kliprige kind,
so gihrig gesünnt,
bringt ändlich di tapfersten Helden zum grabe,
zum grabe, da könige,
da grohsse, da wenige
fohr töhdlichen schmärzen mit röhtlichen härzen,
in libe,
in brännender Libe
stähn traurig und trübe, u.a.m.

Jah der Hohch-deutschen ohren begünnen nuhn-mehr auch hurtig zu wärden, und hören gärn von der Libe, weil ihnen selbige durch übersäzzung der spanischen und wälschen Libes-geschichte so gänge gemacht sein, daß si von ihrer gebuhrts-ahrt und wohl-anständigen ernst-haftigkeit schihr abweichen dürften, wan man also fortfahren solte. Drüm, weil allen dingen ein rüchtiges zihl sol gesäzt sein, und unsere sprache durch solche lihbliche, und den ohren und augen an-nähmliche sachchen bäster mahssen kan erhoben und ausgearbeitet wärden; so halt' ich [*6b] daführ, daß es wohl das bäste wäre, wan man was eignes schribe, und der fremden sprachen bücher nicht so gahr häuffig verdeutschte, sonderlich, weil in den meisten weder kraft noch saft ist, und nuhr ein weit-schweiffiges, unabgemässenes geplauder in sich halten. Solches aber müst' auch nicht alzu geil und alzu weichlich sein, sondern bisweilen, wo es sich leiden wolte, mit einer lihblichen ernsthaftigkeit vermischet, damit wihr nicht so gahr aus der ahrt schlügen, und den ernsthaften wohlstand verlihssen.

Es ist weder einem Deutschen nahchteilig, noch einem Kristen zur sünde zu rächnen, wan er sich mit einer keuschen libes-beschreibung belustiget; aber solches alles zu gewüsser zeit. Das Feuer der blühenden Jugend erräget ofter-mahls sehr ahrtige [6] gedanken, di zwahr ihr, aber keinem Greisen, dessen feuer schohn verbloschen ist, wohl-anständig sein. wohrnahch einem Jünglinge verlanget, daführ träget ein alter grau-bahrt schäu und ekel. es wül ihm auch nicht gebühren, seine gedanken so weit von den gräbern ab zu länken. Di Lib' erfortert ein frisch- und lustiges gemühte; drüm kan si in keinem alt- und erkalteten, in keinem trähg- und verdrossenen härzen haften.

Wer wül uns dan nuhn verdänken, wan wihr auch (weil wihr noch jung sein, und das libes-feuer unter der linken brust in follem süden entsünden) ein und das andere keusche libesgetichte schreiben; sonderlich wan es von uns begähret würd, und wihr der kluhg-sünnigen Adelmund, welche dise gegenwärtige von uns erheischet hat, zu wüllen läben. Di Jugend flühet mit der zeit hin; also flühen auch di gedanken nahch ihrem alter zu, und begünnen sich auf ernsthaftere dinge zu länken. Wihr wärden auch ohne zweifäl hihrmit beschlühssen, und unsern pfahd-trätern disen hulprich-sanften Lust-wandel eröfnet hinterlahssen.


Gehabe dich wohl!

[*7a] [7]

An seinen lihben Bruder

An seinen lihben Bruder,
Ritterhold von Blauen.
als Er di Adriatische Rosemund
häraus gab.

Wol-ädeler Her, liber Bruder.


Di ehrsten bogen von deiner ädlen Rosemund hab' ich entfangen, und durch-geläsen. Es wäre wahrlich schade, wan so ein schönes und libes wärk, däs-gleichen noch kein Deutscher verfasset hat, hätte sollen verschwigen und ungeläsen in der fünsternüs ligen bleiben. Ich sag' es kurz und rund, daß keiner ihmahls di gebährden und beschaffenheiten unserer leiber so eigendlich und so läbhaft hat abbilden können, als du. Dan,


Mein Bruder, deine schrift ist anders nichts als läben,

als geist und sele selbst. was du uns hast gegäben

fohrhin ans tage-lücht, ist alles ruhmes währt,

und würd von ihderman mit gihrigkeit begährt.

Dis aber gäht weit fohr, dis buhch von ROSEMVNDE,

Dis al-sol-komne buhch, das uns zu aller stunde

erfrölicht und ergäzt; das solche räden führt,

dadurch ein höhfling recht und wohl würd aus-gezihrt.

Wi ahrtlich kanstu nuhr den sün der Libe bilden,

das wäsen, gähn und tuhn mit farben schöhn vergülden!

der augen raschen gang, wan si in ihrer gluht

und schön'sten flamme sein; der Libe wankel-muht,

stäht eigendlich alhihr. Di ROSEMVNDE läbet

selb-selbst in disem Buhch', und in däm läsen schwäbet [*7b]

fohr augen, als ein bild, das gähn und räden kan;

dahr-über sich entsäzt und wundert ihderman.


Ja, mein Bruder, es hat mich dises wunderwürdige Bild so verzükt gemacht, oder vihlmehr deine geschikligkeit, daß ich mich in deiner schrift nicht sat genug läsen kan.

Weil dan nuhn dises ädle wärk so glüklich aus deiner fäder häraus gekwollen ist, ei liber! so lahs uns, doch das übrige von deinen schriften auch sähen, damit du dihr di ganze wält verpflüchten mögest; gleich wi du [8] mich schohn ganz verpflüchtet hältst, dehrgestalt, daß ich ewig bin und verbleibe,


Mein Bruder,

Grüningen, den 6. tahg
des Häu-mahndes,
1645.
Dein träuer diner so
lang' ich heisse
H.L.v.L.
Der Aemsige.
[1]
[9]

Ehrstes Buhch

Der Adriatischen ROSEMVND
Ehrstes Buhch.

Hat man ihmahls di Sonne betrühbt, und den Nordohst ahtem-lohs gesähen, so ist es gewüslich damahls gewäsen, als sich Markhold von seiner Rosemund scheiden und zu schiffe nahch Frank-reich begäben solte: Dan di Sonne, welche nuhn ehrst aus ihrem morgen-zimmer härführ brahch, wan si ja dises traute Zwei noch mit einem blikke besähligen wolte; so täht si es nuhr dahrüm, daß si di trähnen diser Mänsch-göttin an sich zühen, und ihr güldnes gesicht aus mit-leiden entfärben möchte.

Der Nord-ohst wolte zugleich Ihm und Ihr gehorchen: Ihm zu gefallen hätt' er gärne stärker gewehet, und Ihr zu libe lihß er sich ändlich durch ihre klähgliche seufzer, fohr denen er sein sausen verschweigen muste, zu rükke halten. Markhold aber begahb sich nichts däs-zu weniger, nahchdehm er seine unvergleichliche Rosemund mit einem kusse gesägnet hatte, zu schiffe, dässen sägel ungefüllet üm den Mast härüm flatterten; so, daß dise un=entfündliche dinge vihl entfündlicher wahrden, und mehr mit-leidens mit den trähnen seiner Träuen hatten, als er selbsten.

Di arm-sälige Rosemund, welche fohr grohssem wehleiden kaum hauchen konte, hatte sich äben unter einen Palmbaum, nicht färn von däm unbarm=härzigen uhrwäsen, welches si dises liben Schazzes entsäzte, nidergelahssen. Si verlihß ihm kein auge, so lange si noch das schif erblikken, und fohr [2] trähnen, welche di augen gemach und gemach benebelten, sähen konte. Si baht den Nord-ohst, er solte sich doch lägen, und das schüf dem Sühd-west, ihr zu gefallen, über-gäben, damit es wider zu rükke kähren müste.

Dises ihr flöhen ward zwahr halb und halb erhöret, und dem Markhold durch eine plözlich-sausende stimme des Nord-ohsts, dehr sich solcher gestalt seiner stille wägen gleichsam entschuldigen wolte, zu erkännen gegäben: ihdoch must' es geschiden sein; dan, hatte gleich der Nord-ost ein solches mit-leiden mit Ihr, so kahm doch ändlich der Nord [10] selbsten dahrzu, und wahr üm so vihl däs=zu unbarmhärziger: er blihs mit follem munde di sägel an, und trihb das schüf innerhalb wenig tagen nahch der Flandrischen gränze, und von dahr nahch Engel-land und Bulonge zu. Markhold sahe sich nuhn-mehr von seiner Rosemund weit entfärnet, und begunte si algemächlich zu betauren. Er geriht auch hihr-über in eine solche schwährmühtigkeit, daß er sich, üm etwas frischere Luft und ergäzligkeit zu schöpfen, auf di höhe däs schüffes begäben muste.

Es begunte gleich abend zu wärden, und auf der Se wahr eine solche lihbliche wind-stille, daß si wägen ihrer äbene und der blaulichten farbe däs wassers, einem flachchen fälde gleich schine. Di sonne lihß sich auch mit etlichen strahlen, welche, wi=wohl si gleichsam von den an-sich-gezogenen trähnen seiner Rosemund noch etwas erblasset, doch gleichwohl nicht unanmuhtig an zu schauen waren, auf däm wasser erblikken. Markhold belustigte sich nicht wenig mit diser annähmlichen stille, und hatte nuhn seine schwähr-mühtigkeit mehren teiles aus der acht geschlagen.

Nahch-dähm er aber also seinem gesichte, sich vergnühglich zu erlustigen, eine guhte weile verhän-[3–4]get hatte, und gleich widerüm in seine Kammer gähen wolte; so lihssen sich auf der Se fünf ungeheure Braun-fische sähen, welche üm ihre schiffe härüm spileten, und seinen leuten, aus furcht eines instähenden ungewitters, nicht wenig erschröklich führ=kahmen. Es wahr auch über das der Mahnd am himmel wi feuer an zu sähen, welches ihm nichts guhtes schwahnen lihß.

Das härz begunte zu zittern, der ganze leib böbete, so erschröklich kahmen ihm alle dise zeuchen führ. Er gedachte bei sich selbst, ach! wehr nuhn noch auf der Amstel wäre, so könt' ich noch geruhig in dem schohsse der träuen Rosemund mein läben fristen; da ich izund in dem schohsse däs wilden Mehres, welches mihr augen-bliklich den tohd fohr augen stället, in furcht und zittern ligen muß. Ach! verzeuhe mihr, schöne Rosemund, verzeuhe mihr, du götliches Mänschen-kind, daß ich dihr so ungehohrsam gewäsen[11] bin, und mich, damit ich nuhr dihr dein Läben mit däm meinigen verkürzern möchte, auf dises grausame uhrwäsen, begäben habe. Gärne wolt' ich stärben, wan Du nuhr läben soltest. aber, weil ich weus, daß mein tohd der deinige ist; und wo ich ja in diser fluht untergähen solte, du deinen untergang selbst in der fluht deiner eignen trähnen suchen würdest; so muß ich billich, Dihr zu libe, bedacht sein, wi ich mein Läben, das deinige zu fristen, rätten wül.

Mitten in disen gedanken (als er sich schohn hin=unter in das schüf begäben hatte) erhuhb sich ein grohsser sturm, daß man nicht anders vermeinte, si würden alle vergähen müssen. Markhold vergahß über disem uhrplözlichen unwetter fohr angst und entsäzzen aller seiner gedanken, und kahm fast gahr aus ihm selbst. Er lahg als im traume, und es wahr fast nichts entfündliches mehr an ihm. Solcher gestalt bracht' er di ganze nacht zu; bis [5] sich ändlich des morgens dises ungewitter stillete, und di sonne si widerüm mit anmuhtigen blikken zu grühssen begunte. Markhold erhohlte sich wider, und wahr gleichsam wi gahr von neuem gebohren; er erblikte den Gnaden- hafen in der nähe, und lühf mit follem sägel zur Sänen ein.

Dis ist der lihbliche flus, dehr so manche mänsch=göttin erzilet, bei dessen strande di hold-säligen Franzinnen di Deutschen gäste mit leut-säligkeit entfangen. Ich weus, wohl, daß ihnen di ankunft unseres Markhold's, als eines, dehr auch von träu=deutschem geblüht' entsprossen ist, nicht wenig erfräulich wahr. Si hatten vernommen, wi ihn di ädlen Deutschinnen, di lihblichen Muld- und Elbinnen, ja di unvergleichliche Adriatinne selbst, so höhchlich gelibet; drüm begegneten si ihm mit däs=zu höhflichern und züchtigern gebährden, sich ihm auch an-nähmlich zu machchen. Aber der träu-beständige Markhold wust' in seinem härzen von keiner andern, als von der alein-einig-hold-säligen Rosemund. Di er nuhn-mehr in der fremd', als er si nicht mehr sahe, vihl häftiger als zufohren libete. Dan es ist gewüs, daß eine träu-befästigte Libe di härzen, ih weiter si dem leibe nahch von einander getrännet sein, ih fäster verbündet.

[12] Als er nuhn in di prächtige haubt-stat Parihs kahm, da der annoch-blühende Delfihn, der königliche Fürst, seinen hohf hihlt, und gleich den Königlichen namen entfüng; so ward er von den färtigen Säninnen mit träflicher anmuht gewülkommet. Si libelten ihm mit zitternder und halb-lisplender stimme; si begähreten seiner kundschaft und seines gesprähches; si erzeugten ihm di höchsten ehren=dihnste: doch konten ihn dise Schönen mit so vihl tausendkünstlerischen libes-reizungen nicht bewägen. Dan Rosemund wahr sein einiges Al; Rosemund wahr sein einiger trohst; und ihr gedächt-[6]nüs wahr sein lahbsahl. Täht' er etwa führ der stat seinen lust-wandel, und sahe di Parisinnen in den heissen Sommer-tagen zum bade fahren, welche sich mit solchen sachchen, di nicht das härz, sondern den geilen leib, verschönern, geschmünket hatten; so gedacht' er bei sich selbst, daß di mild-gühtige Zeuge=mutter seiner Rosemund alle dise schöhnheiten, di er alhihr durch kunst und angestrichene farbe zu wäge gebracht sahe, überflühssig verlihen hätte. Nichts kahm ihm lihblicher führ als Rosemund, weil er si zum liben so lihblich gebohren zu sein schäzte: Nichts kahm ihm erfräulicher führ, weil si ein krankes härz zu erfräuen, so fräudig wahr gezeuget; nichts kahm ihm läbendiger führ, weil si eine halb-erstorbene Sele läbendig zu machchen, so lähbhaft wahr geschaffen: ja Rosemund wahr seine libe, seine fräud' und sein läben: Nichts wahr ihm an-nähmlicher zuhöhren, als diser ädle name: Rosemund, Rosemund wahr gleichsam mit demantinen buhchstaben in sein gedächtnüs eingebildet, daß er ihrer nimmermehr vergässen solte.

Er hatte sich nuhn nichts mehr zu getröhsten, als eines brifes, durch welchen er schriftlich mit ihr räden konte. Das schreiben, welches er von Ruahn ab, seiner glüklichen über-kunft wägen, schohn führ etlichen wochchen an si abgähen lahssen, hatte si durch ein kleines brihflein eilend beantwortet, welches ihm von einem knaben noch bei spätem abend eingehändiget ward. Si baht ihn üm einen aus=führlichen berücht wägen des ablaufs seiner reise; si begährete mit solchem eifer seine gesundheit zu wüssen, und flöhet' ihn gleichsam dahrüm mit solchen härz-bewähglichen[13] worten an, daß er gezwungen ward si noch selbigen abänd zu vergnügen. Er schrihb fast di ganze nacht durch, unangesähen, daß er di vergangene, einer geselschaft zu gefallen, auch schlahf-lohs zu-gebracht hatte; verfasste seine gan-[7]ze reis' in einen gesang, und schikt' ihn straks des andern morgens, näbenst andern schreiben, fort.

In dässen lihß seine Rosemund alle post-tage bei dem Antorfischen Bohten nahch seinen schreiben fragen. Si hatte so ein grohsses verlangen, seine gegen-antwort zu vernähmen, daß si sich kaum zu friden gäben konte. Ihr einiger wundsch wahr seine wohlfahrt zu wüssen. Si begährte nichts mehr auf der ganzen wält, und baht auch üm nichts mehr, als üm sein wohl-ergähen. wi oft fihl si nider auf ihre knihe, und flöhete zu Got, daß er ihn gesund erhalten, und in guhtem fride wider zu rükke bringen wolte.

Mitten in diser ihrer ungedultigen hofnung warden ihr seine antworts-schreiben überlüfert; dahrüber si so höhchlich erfräuet ward, daß si selbige fohr fräuden kaum erbrächchen konte. Das sigel wahr schohn gelöset, als si sich ehrst erinnerte, daß si selbige noch nicht geküsset hätte. welches si dan so häftig verdros, daß si sich führ schahm und un=wüllen entfärbete, gleichsam als wan es ihmand gesähen hätte, dehr Si dahrüber bestrahffen würde. ändlich aber, nahch-dähm si ihr versähen vihl=fältig erstattet hatte, so eröfnete si den ümschlahg, und fand straks obenauf ligen disen


Des Markholds Reise-gesang

an di über-irdische

Rosemund:

auf di weise,

Wi sol der Libes-strük, u.a.m.

i.
Als Markhold sich einmahl am blanken Sähnen-strande,
(so weit von Rosemund) in einsamkeit befande; [8]
da sang er bei sich selbst ein solches langes Lihd,
das er ihr zu-gesahgt, indähm er von Ihr schihd.
ii.
Zeit daß ich von euch bin, ihr lihbsten Amstelinnen,
ihr Jungfern bei der Mas', ihr andern hold-göttinnen,
[14]
und ihr auch bei der Lech; so sag' ich ohne schäu,
daß eure Rosemund noch kräftig in mihr sei.
iii.
Bin ich entnüchtert nicht, so bin ich doch enthärzet,
weil eure Rosemund mit meinem härzen schärzet
nahch ihres härzens lust. Di hälft' ist gahr gewüs,
ja wo nicht ganz, bei Ihr. o welch ein ris ist dis.
iv.
O sühsse zauberung! Si ist mihr zwahr entlägen;
ihr mund ist weit von mihr; doch kan er mich bewägen
durch lauter bilder-wärk, und gihbt mihr solches ein,
daß ich mit wüllen mus ihr leibgeschwohrner sein. [9]
v.
Fünf sünnen hatt' ich fohr; izt sein si mihr gemindert,
ihr mund entzüht den Schmak: mein Rüchen würd gehindert:
ihr aug' entäuget mich; ihr süngen macht mich taub:
mein fühlen nümmt si wäg. o welch ein sühsser raub!
vi.
Kein ässen schmäkket mihr: kein balsam mich erkwikket:
kein garten lacht mich an: kein seiten-spihl entzükket
und macht mein ohr betäubt: Entfündung spühr' ich nicht.
Hand, Mund, Nas', Aug' und Ohr sein ihrer lust verpflücht.
vii.
Ich dänke noch dahran, wi bei däm lätsten küssen
auf ihrer seufzer kraft di meine folgen müssen;
di Amstel weuß es wohl, als welche stille stund,
da ich den Abschihd nahm von meiner Rosemund.
viii.
Di Mase weuß es auch, wi ungärn ich gezogen [10]
und mich ent-färnt von ihr, vertraut däs Mehres wogen,
als welches rund üm mich di blauen wällen schluhg,
und mich nahch Frankreich zu (so färne!) von ihr truhg.
ix.
Es weuß es Röhtelgau, da ich acht folle wochchen
di reise wohl erwohg, eh wihr sein aufgebrochchen.
es weuß es auch der Brihl, wi ich sechs tage lang
im mehres munde lahg (so lange!) stärbe-krank.
x.
Der leib güng zwahr zur Se, doch blihb das härz zu rükke:
di kühne Magd von Dort lös't ihr geschüz und stükke,
[15]
und gahb uns einen wink. Wihr lühffen se-wärts ein,
doch kont' ich nirgends nicht als bei der Amstel sein.
xi.
Di schiffe lühffen fort di wätte mit den winden,
wi ein verlihbter schwahn, wan er nicht bald kan sünden [11]
di schwähnin, di er suhcht. Der Nord pfif sägel ein,
so, daß es mihr gedaucht der Lihbsten klage sein.
xii.
Der himmel wust' es wohl. Der Nord-ost blihs ganz sachte,
üm daß er mich alda noch mehr verzühen machte.
zwe tage güngen hin, eh ich von Se-land kahm,
und meine reise fort, nahch dihr, o Flandern, nahm.
xiii.
Tühn-kirchen sah' ich stähn; drauf kährt ich ihm den rükken,
kahm auf Bulonge zu, wo Kales sich lihß blikken,
der Franzen gränze-stat: wo gegen über lahg
der Kant von Engel-land. dis wahr der dritte tahg.
xiv.
Der abend kahm hähr-an! di Se stund still' und äben;
es hatten unser schif fünf Braune fisch um-gäben,
di spihlten auf der fluht; das solt' ein Zeuchen sein [12]
des drauf-erfolgten sturms. Der muht wahr zimlich klein.
xv.
Man sah das nacht-lücht auch ganz feuer-roht aufgähen,
di stärne ganz betrühbt in stiller Stille stähen.
o dacht' ich, Rosemund, dein raht wahr alzu guht;
fohr deinen schohs hab' ich den schohs der wilden fluht.
xvi.
Ihr wind' erbarmt euch doch! und kan ich euch nicht stillen,
dehn man Neptuhn benahmt; so schohnt üm ihret wüllen,
daß ich nicht in der Se aufgäbe meinen geist,
und si in eigner fluht der zähren folge leist'.
xvii.
Ihr himmel kan ich dan nicht eure gunst erwärben;
ist euch so wohl gedihnt mit unsrer beider stärben?
lahsst fahren euren grim; züht euren ein-flus ein,
daß Rosemund und ich euch können dankbahr sein.[13]
xviii.
So tühf erseufzt' ich stähts. Der Nord zohg aus dem grunde
den starken hauch, und blihs mit ausgehohltem munde
[16]
das schwachche wasser-haus bald himmel-hohch empohr,
bald auf den abgrund hin, daß ich mich ganz verlohr.
xix.
So güng di nacht fohrbei; an di ich wül gedänken,
so lange sonn' und mahnd an ihrem bogen hänken.
Es wahr nuhn hoher tahg, wir sahen Tipen stähn,
und lihssen unser schif von dahr zur Sähne gähn.
xx.
Als nuhn der fünfte tahg uns guhte zeitung brachte,
daß alles stille sei (di winde blisen sachte)
so lühffen wihr ganz froh zum Gnaden-hafen ein,
nahch Hohn-flöhr immer zu, bei klahrem sonnen-schein.
xxi.
Wihr lihssen uns alda aus frohe Land an-säzzen, [14]
das halb-erstorbne härz mit äpfel-must zu lätsen,
dehr diser Fölker trank. Der Nord-man sazt' uns führ
ein frisches Kirschen-ohbst mit seinem Malvasihr.
xxii.
Was frohe lust wahr da! Das dorf wahr schöhn geziret
mit gassen durch und durch von laub-wärk aufgeführet:
di bäume sahe man in gleicher ordnung stähn,
und üm den ganzen Plaz vihl schöne gänge gähn.
xxiii.
Wihr kahmen auf das fäld, das ganz fol weizen stunde,
mit gängen auch versähn; da gleich in einem grunde
ein höltsern Ritter kahm, sein libes Lihb entfüng,
und mit dämselben fort ins grühne Grühne güng.
xxiv.
Was dacht' ich armer wohl! wi wahr mihr da zu härzen!
ach! ach! o noch einmahl ach! möchte das nicht schmärzen, [15]
wan ich mit troknem mund' und nassen augen hihr
ein solches sähen mus; ach! wo ist meine Zihr?
xxv.
O ädle Rosemund, o schöhnste von den Schönen,
von dehr Lustinne selbst ihr schöhn-sein mus entlähnen:
wo? (ich bö-böbre schohn, di glider zittern mihr,
der kalte schweiß brücht aus) wo bist-du meine Zihr?
xxvi.
Wo bis-wo bist-du-du, ach o du aus-erwählte,
di mich in gegenwart ehmahls ganz näu besehlte,
[17]
und nuhn entsehlen kan. weil ich dich sähe nicht,
so nachtet's üm und üm, o du mein Sonnen-licht.
xxvii.
Dis seufzt' ich bei mihr selbst; dis wahr mein heimlich klagen
bis in di dömmerung, ja das mich muste nagen,
bis Föbus wider traht auf seine güldne bahn. [16]
wihr lihssen unser schif, und reiseten fohran.
xxviii.
Dis wahr der sechste tahg. Drauf sein wihr angeländet
des abänds zu Ruahn, so manche schiffe sändet
nahch dihr, o Mase, zu. Zwe tage blihb ich da,
bis ich den elften auch Parihs in Frank-reich sah.
xxix.
Das ädele Parihs, ja das noch ädler wäre
und stölzer, als es ist, wans würdig währ der Ehre,
dich, o du mänsch-göttin, zu sähn in deiner zihr,
das grühsst' ich zwahr erfräut, doch auch betrühbt von Dihr.
xxx.
Hihr läb' ich noch zur zeit inzwüschen leid und fräude:
in leiden, weil ich dich mit widerwüllen meide;
in fräude, weil ich säh', daß dihr sich keine gleicht,
wi schöhn si auch mahg sein, und fast mein zihl erreicht.
xxxi.
Nuhn schlühss' ich meinen mund, dehr deinen ruhm zu süngen [17]
so färtig ist gemacht, dehm alles muß gelüngen,
wan du ihm winkest nuhr, und dehr auf dein gebot
izt sprücht, izt wider schweigt. nuhn läb' in deinem Got!

Wiwohl si nuhn dises Lihd mit sonderlichem fleiss' und grohsser bedachtsamkeit durch-geläsen hatte, so lihß si sich doch mit däm einigen mahle noch nicht begnügen, sondern wolt' es noch eins übersähen, damit si dasjenige, was si vihlleicht noch nicht rächt eingenommen hätte, foländ begreiffen möchte. Weil si aber seinen brihf noch nihmahls geläsen hatte, so wolte si gleichwohl auch gärne zufohr dessen inhalt wüssen; drüm erbrahch si das sigel, entfaltet' ihn, und las' also dises


[18] Des Markholds

Antworts-schreiben

an di unvergleichliche

ROSEMVND.


Wohl-ädel-gebohrne, tugend-folkomene,


meine in ehren hohch-währte, treu-geneugte Jungfrau; Nahchdähm es nicht gnug ist, däm schreiben meiner Schönen gnüge zu tuhn, sondern auch höhchst nöhtig erachtet würd, mein gewüssen der schwären bürde eines näulich-geleisteten schwuhres zu [18] entlädigen; so überschikk' ich ihr dasjenige, welches, wan es Si, seiner gering-schäzzigkeit wägen, nicht vergnügen kan, doch zum wenigsten mich entbürden würd. Si schau' es nuhr, o leutsälige, wo si es nicht läsen mahg, mit fräundlichen augen an, und lahss' Ihr auch den blohssen wüllen ihres Träuen an stat der vergnügung dinen. Ich habe wohl gewust, daß dises lihd nih-mand, befohraus ihr, als einem so kluhg=sünnigen überirdischen Mänschen-bilde nicht sonderlich gefallen könte; dahähr ich dan auch lange zeit zweifäl-schlüssig gewäsen bin, ob ichs aushändigen solte, oder unter meinen verworfenen schreibereien den würmen zur speise ligen lahssen: weil ich aber dagegen auch widerum wußte, daß Si zur geduld und sanftmuht gleichsam gebohren wäre, so bekahm ich widerüm einen muht; und habe mich also, nahch meiner guhten zuversicht, einer gnädigen verzeuhung zu getröhsten. Inmittels bin ich ihres verständigen uhrteils; und wo nicht einer scharfen, doch gelinden strahffe, gewärtig. Si hat nichts mehr zu tuhn, als ihrem diner zu winken, so würd er sich ihr zu gehorsamen, entweder zu schweigen, oder zu räden wül-färtig gebrauchen lahssen. Aber mit was führ dank sol ich meiner [19] Jungfrauen begegnen, daß Si führ ihren Diner so eine träue führ-sorge träget, und seine gesundheit so härzlich zu wüssen begähret! mit was führ dank sol ich erkännen, daß si ihr alle seine verrüchtungen so träulich angelägen sein lässet? nichts mehr weuß ich zu tuhn, als mich, dehr ich Si, meines erleidlichen zustandes wägen, schohn anderwärts berüchtet habe, zu beklagen, daß ich mich meiner Schönen und ihrer Jungfer Schwäster (welcher Si unbeschwäret meinen freundlichen gruhß und ehren=dihnste vermälden wolle) beraubet sähen muß, und ihnen nahch gebühr nicht beiwäsend aufwarten mahg; dan ich begähre nichts mehr, als daß ich nuhr von mihr mit rächt schreiben möchte, wi daß ich sei


meiner Jungfrauen

aller-demühtigster und
ganz-ergäbener Ehren-diner
Markhold.
[20]

[19] Rosemund befand sich, nahch verläsung dises schreibens, fohr verwunderung und fräuden zu=gleich bestürzt. Di verfassung schihn, dehm ehrsten anblikke nahch, schihr was fremde zu sein führ Si; so, daß si nicht gewüß wußte, ob es auch an si geschriben wäre, oder ob es nicht vihlmehr an ihre Jungfer Schwäster lautete. Si kährt es üm und wider üm, und suhcht' auf allen änden, ob sie einige kän-zeuchen, zu bekräftigung ihrer meinung, fünden möchte. Si lase di überschrift, da fand si ihren namen; doch gleichwohl blihb si auf ihrer gefassten meinung, und gedacht', es möchten vihl=leicht di schreiben, aus über-eilung, verwächselt, und di überschriften unrächt anfgeschriben sein. Di ansprahche kahm ihr nicht führ, als wan si unter verlihbten geschähe, oder aus einem solchen härzen hährrührete; gleichwohl wahr es di antwort auf ihr schreiben. Si wolte muht-mahssen, als wan ein anderer ihr brihflein auf-gefangen, und es dehrgestalt beantwortet hätte; aber gleich-wohl sahe si ihres Markholds eigne hand: Zu dähm, so bezeugt' es auch das sigel, in welchem zwei härzen (da aus däm einen ein Rosen-stok, aus däm andern ein Palmbaum mit der frucht härführ wuchssen) mit kätten zusammen-gefässelt stunden: das sigel, sag' ich, welches si beide zum zeuchen ihrer ewigen träue zu führen pflägten.

Di guhte Rosemund befand sich zwischen furcht und hofnung; dan ob si sich schohn fürchtete, daß sich nicht etwan eine ausländerin in ihre ställe ein=gedrungen hätte, und Si vihlleicht durch solche entlägenheit, di si beider-seits däs anschauens beraubete, nicht auch aus seinem härzen vertilget wäre; so konte si doch gleichwohl noch einige hofnung schöpfen, wan si erwohg, daß er sich in seinem schreiben noch ihren Geträuen benännte; wan si behärzte, wi fräund-sählig er ihr begegnete, und wi [21] di libe, ob er si schohn nicht an den tahg gäbe, doch gleichwohl unter solchen härz-drüngenden räden verborgen lähge.

Diser wahn gefihl ihr abermahl nicht; dan der libeseifer brachte si, nach seinem alten gebrauch, auf tausendterlei gedanken. Si hihlt es nuhr führ eine angefärbte scheinlibelung, di er gegen ihder=man, da doch sein härz weit anders gedächte, wohl zu gebrauchen wüste. In solchen [20] unruhigen gedanken begahb si sich an den tage-leuchter ihres zimmers, welcher gegen westen güng, und vermeint' alda was mundterer zu wärden: alein es wahr ümsonst; di Einbildung ställt' ihr den unschuldigen Markhold in den armen einer fremden führ, und si sahe ihn, doch nuhr mit den gedanken; dan mänschliche augen wahren zu schwach durch so vihl bärg' und büssche zu sähen; Si sah' ihn, sag' ich, ümarmet, und in libes-anföchtung: Si sah' ihn fräudig und traurig zugleich. Ja si macht ihr solche wunder-seltsame gedanken, daß si dahr-über wohl gahr in eine blöhd-sünnigkeit gerahten wäre, wo es nicht Adelmund, di von disen sachchen noch ganz nichts wuste, durch ihre dahrzwüschen-kunft verhindert hätte.

Rosemund bemühte sich, so bald si ihrer Fräundin gewahr ward, ihren schmärzen zu verbärgen, damit si ihr di uhrsachche nicht sagen dürfte: dan si wuste wohl, daß Adelmund des Markholds grohsse Gönnerin wahr, und nihmahls nichts ungebührliches von ihm zu gedänken, ich schweige, zu räden pflägte: drüm ging si ihr von stunden an entgegen, und entfing si mit solchen fräudigen gebährden, welches si allezeit so meisterlich tuhn konte, gleich=sam in lachchendem muhte, als wan si ganz von keinem anligen wüste, und hatte den brihf, dehr alle dise unruhe bei ihr veruhrsachte, führ dem tage=leuchter, dessen flügel si widerum zu-gemacht hatte, [22] aus furcht ligen lahssen: dan si kont' ihn nicht so bald, daß es ihre Fräundin nicht wäre gewahr worden, hinein nähmen.

Adelmund aber, welche sehr kluhg und bedacht=sam in allen ihren sachchen handelte, unangesähen, daß si noch überaus jung wahr, sahe wohl an ihren wangen, welche gleichsam mit blut-färbigen streiffen über-mahlet wahren, daß si geweinet hatte, und sich nuhr, ihre traurigkeit zu verbärgen, so fräudig ställte. Si lihs ihr anfangs nichts märken, daß si einige traurigkeit an ihr verspürete, und fing straks von andern lustigen sachchen an zu räden. Meine libe Rosemund, sagte si, ich bin sehr erfräuet, daß ihr Her Vater so glüklich wider nahch hause gelanget ist: dan er wahr gleich damahls von einer gefährlichen reise, da man sein schif feindlich bestürmet hatte, wider an heim [21] kommen. Ich bin izund in der stat gewäsen, fuhr si fort, ihn zu besuchen, da hab' ich gesähen, was er ihr und der Stilmuht ihrer Jungfer schwäster, fohr köstliche sachchen an ädelgesteine und seidenen wahren mit-gebracht hat; mihr selbst hat er ein stükke sammt und atlas, ohne mein verdihnst, und disen über-köstlichen Demant-ring, zur verehrung gegäben, daß ich nicht weus, wi ichs erwidern sol.

Als sie nuhn vermärkte, daß Rosemund ihren unmuht in etwas mochte vergässen haben, so huhb si algemach von dem Markhold an zu räden, dessen schreiben si äben entfangen hatte. Auch hab' ich mich (fuhr si unter andern weiter fort) nicht wenig zu erfräuen, daß so ein liber Freund, als Markhold ist, seinem wündschen und begähren nahch, so glüklich gewäsen ist, und seine reise nuhnmehr bis nahch Parihs folbracht hat.

Uber disen namen Parihs erseufzete di guhte Rosemund, schwihg still', und sahe nahch dem tage-leuchter zu, fohr dehm si sein schreiben ligen gelahs-[23]sen hatte. Adelmund aber, di nuhn leichtlich märken konte, üm welche zeit es wäre, und wo si der floh gebissen hätte, erdachte zur stund' einen rank, oder, damit ichs deutlicher gäbe, eine höfliche Lügen, damit si di Rosemund befridigen möchte: Ja ich bin noch mehr erfräuet, rädete si weiter, daß er, laut seines an mich getahnen schreibens, in kurzer zeit wider zu rük kommen würd.

Was! fing ihr Rosemund das wort auf, und sahe si mit flinkernden augen an, sol er in kurzer zeit widerkommen? ich kan es fast nicht gläuben, doch der Jungfer und ihm nichts zu nahe gerädet; er würde mihr sonder zweifäl, so er es nuhr im sünn' hätte, solche hofnung auch gemacht haben. Ja freilich, sagt' Adelmund, er würd si mit seiner Anwäsenheit bald wider erfräuen; und indähm si dises rädete, so neugete si sich nahch ihr zu, und sah' ihr unter das gesichte, di mahl-zeuchen ihrer trähnen wahr zu nähmen, als wan si solches nicht schohn fohrhin gesähen hätte; wohrüber sich Rosemund entfärbete, und di augen fohr schahm nider-wärts schluhg. O! fing Adelmund an, meine Jungfer, wahrüm wül si ihr weh-leid führ mihr verbärgen, und wahrüm hat si ihr, mihr zum führ-schein, [22] eine so fröhliche gestalt angenommen, da doch di märk=mahl der trähnen ihr weinen und innerliches härz=leid verrahten.

Rosemund wolt' es anfangs nicht gestähen; ändlich aber, als si ihr so vihl zu gemühte führete, wi aus einer blohssen einbildung und irrigen gedanken so ein grohsses unheil erwachsen, und wi dämselben durch guhten raht einer träuen Fräundin könte fohrgebauet wärden; so lihs si sich beräden, und erzählte der Adelmund ihr ganzes anligen; si wolt' ihr auch sein schreiben selbst läsen lahssen, aber der wind hatte solches schohn fohr dem tage-leuchter wäg-gewehet. [24–25].

Was sagt nuhn unsere Rosemund, di armsälige, dahrzu, welche ehrst rächt armsälig würd, indähm si ihres geträuen Markholds schreiben so schändlich verschärzet hat. Da stähet sie verstummet, anfangs führ schahm und unwüllen erröhtet, nahchmahls verblasset, wi eine rose, di auch im anfang roht, härnach blas, und ändlich gahr verwälket dahin fället.

Kom Markhold deiner Schönen zu hülffe; kom und tröhste si; labe si und stärke si; dan si liget in ohnmacht, si vergähet wi eine rose, di der Nord bestürmet; wi di Sonne, wan es nachtet. ach! schaue di arme! wi si kaum noch ein wenig röchchelt! nichts läbet mehr an ihr als das härze, welches un=aufhöhrlich klopffet und puffet, dässen kraft und würkung auch der Schlahg unter der linken hand entfündet, dehn es fohr libe mit solcher ungestühmigkeit schlagen machchet.

Aber Markhold ist alzu weit entfärnet; drüm kom du, lihb-sälige Adelmund; trit aus mitleiden härzu, und rätte deine Fräundin, eile zu hälfen, Du hast hohe zeit. Dan wan Du ihr läben rättest, so würstu zugleich deinen Lands-man den Markhold, dessen läben an däm ihrigen hanget, aus den banden des todes erlösen. stärke ihren geist mit kraft-wasser, daß er sich wider erhohle; nüm den schlahg-balsam und bestreiche dijenige, di das läben deines Fräundes fristen sol.

Als sich nuhn Rosemund durch hülfe ihrer Fräundin algemach wider zu besünnen begunte, so kährte si ihr gesicht [23] also ligend nahch dem tage-leuchter gegen Westen zu (dan auf zu stähen wahr si noch zu macht-lohs) und rädete mit schwachcher sprache dise halb-zerbrochchene wort: ach! ach! verzeuhe mihr mein härzlihbster, daß ich solch-ein ädles pfand so unachtsam verwahret habe: ach! ich habe mich an dihr verbrochchen; du bist gerächter als ich; [26] wi wül ich das immermehr fohr dihr verantworten? dises ist vihlleicht di strahffe meines arg-wahnes, und di rachche deiner unschuld! wohl! ich kan nichts mehr tuhn, als dich üm verzeuhung bitten!

Hihrmit erhuhb si sich, stund auf, und schauete zum tage-leuchter hinunter, ob si irgend des brifes im garten könte ansichtig wärden. Als si nuhn nichts ersähen konte, so lühf si selbst hinab und suhchte mit allem fleis, aber da wahr kein brihf fohrhanden. Si kahm wider hinauf in ihr Zimmer, und huhb bitterlich an zu weinen, ahs noch trank nichts, und lägte sich also, nahchdähm ihr Adelmund guhte nacht gegäben hatte, zu bette.

Da lahg nuhn di arm-sälige in so vihl hunderterlei gedanken, daß si auch di ganze nacht schlahf=lohs durchbrachte; und des morgens, als der himmel kaum zu grauen, und der tahg härführ zu blikken begunte, ihr bette verlihs, und sich in ihr inneres bei-zimmer begahb, in wüllens ihres Markholds fohrige schreiben, und alle lider, di er an si, und seine Fräunde verfasset hatte, durch zu sähen; damit si beides seine zuneugung gegen si auf das genaueste beobachten, und dan auch di verdrühsliche zeit versühssen möchte.

Nahchdähm si nuhn nahch gewohnheit ihr morgen-gebäht verrüchtet, und etliche haubt-stükke aus der heiligen schrift (in welcher si sich, wi-wohl es sonst ihren Glaubensgenossen verboten ist, gleich=wohl auf einrahten der Adelmund fleissig zu üben pflägte) in hohchdeutscher Sprache mit sonderlicher andacht geläsen hatte: so nahm si ihr prunk=lädichen, welches von fohren-holz, und gahr zihrlich mit golde beschlagen war, dahrinnen si ihres Markholds geschribene sachchen, als ein Heilig=tuhm verwahret hatte. So bald si solches eröfnet, und das Sünnen-bild, welches si sonst, wi ich schohn erinnert, auf ihren pitschaften zu [24] führen pflägten, [27] erblikket hatte; da nähmlich zwei härzen mit güldnen Ketten zu-sammen gefässelt stunden, und aus däm einen ein rosen-stok härführ-spros, näbenst einer häl-flammenden gluht, di auf der einen seite nahch däm andern zu, aus welchem ein palmbaum mit der frucht in di höhe wuchß, härführ schluhg, und di zweige zwahr entstahk, doch nicht versehrete; mit diser losung:


Keine Last sonder Lust.


So bald si, sag' ich, solches ihr Sünnen-bild erblikte, so huhb si an zu seufzen, und sagte mit lauter stimme; jah es ist wohl wahr, daß keine lust ohne last ist; und wan nuhr auch ändlich diser Sünnen-spruch, Auf last komt lust, darauf folgete, so könte sich ein härz noch wohl mit fräuden, wi ein palmbaum, der aufgelägten bürde wider-säzzen, und seine beiden hügel wider alles unglük mit gewalt auf-rüchten.

Als si solches gerädet hatte, so nahm si di brife häraus, und sahe straks zu öberst härführ blikken dises


Des Markholds

Abschihds-lihd

An seinen stand-fästen, geträuen

Felsen-sohn,

Hern zur Ehren-burg, u.a.m.

i.
Felsen-sohn, mein andres Ich,
sei geruhig meinen Brüdern
zu zu hören wülliglich;
di mich mit belihbten Lidern
heute grühssen; da ich mahg
feiren meinen nahmens-tahg. [28]
ii.
Heute, da des himmels zihr
sich zu kleiden wahr geflissen,
schrihb mein Deutschmuht hähr zu mihr,
ja mein Bornman fühgt zu wüssen,
wi er dise ganze nacht,
und noch izund, lider macht.
[25] iii.
Eines schikt mihr jener zu,
diser kömmt auch an zu paren;
wo doch aber bleibestu?
hält dich etwan bei den hahren
Deine, di Dich von mihr trännt,
und sich deine Fürstin nännt.
iv.
Adelmund ist auch schohn hihr,
jah ihr bruder würd bald kommen;
schau', es fählet nuhr an Dihr;
Du hast mihr di lust benommen,
dahrüm daß du dich entzühst,
und der Fräunde lust nicht sihst.
v.
Aber du hast andre lust,
di Dihr tahg und nacht würd bleiben,
wi Dihr selbsten ist bewust,
und mihr zeugt des Lihbholds schreiben;
Lihbhold schreibt es kurz und rund,
wohl! so bleibt mihr Rosemund. [29]
vi.
Ich erfräue mich mit Dihr,
und weil wihr uns brüder nännen,
so wird Deine Lihbste mihr,
hoff' ich, gänzlich auch vergönnen,
daß ich selbe disen tahg
meine schwäster nännen mahg.
vii.
dan ich trünk' ihr wohl-ergähn
bei der Amstel in dem reihen;
Lachmund lässt es auch nicht stähn,
mus sich selbsten mit mir fräuen;
Brunschweig schikt uns ädles bihr,
Zerbst ist selbsten auch alhihr.
viii.
Rosemund mein einigs Al,
meine Fromme, meine Schöne,
mein Erhöben und mein Fal,
macht mihr izt ein solch getöhne,
jah si würd mihr mund und hand
gäben als ein Libes-pfand.
[26] ix.
Izt gäh' ich zu lätst mit ihr
bei den blanken Amstelinnen,
unter ihrer linden zihr;
dan, (o schmärz!) ich mus von hinnen,
jah von hinnen mus ich zühn,
und mein eignes glükke flühn. [30]
x.
Ein verhängnüs träkt mich fort,
o däm ungemänschten Tihre!
daß ich disen ädlen ohrt,
ach! o schmärz! o leid! verlühre:
aber was! es muß so sein,
mein gemüht zwüngt helfenbein.
xi.
Weich- und weiblich-sein gezihmt
einer Jungfer und den Weibern;
aber dehr sich mänlich rühmt,
muß nicht kläben an den leibern,
di nahch ehr und ruhm nicht gähn,
und im schwachchen Volke stähn.
xii.
Sol ich dan so führ und führ
bei der aller-lihbsten ligen,
und nicht kommen führ di tühr,
jah mich gleichsam knächtisch bügen?
ach! das wül mihr gahr nicht ein;
ich kan nicht guht weibisch sein.
xiii.
Bin ich gleich nicht was ich bin,
sol ich gleich di gunst verlühren,
doch behalt' ich meinen sün,
lahsse mich kein schmäuchlen rühren:
schöhnheit hält mich ganz nicht auf,
tugend gäht doch ihren lauf. [31]
xiv.
Ehre bleibt mihr, oder nichts;
reisen mus ich, oder stärben:
doch di kraft däs nahch-gerüchts
lässt ohn dis mich nicht verdärben:
meine starke Tichterei
macht mich fohr dem tode frei.
[27] xv.
Tohd, was unterstähstu dich,
wültu unsre ros' ent-röhten?
wültu, Neid, vergiften mich?
nein. ihr könt uns nimmer töhdten:
wüsst ihr nicht, daß ins gemein
alle Tichter himlisch sein.
xvi.
Dise helden gähn härführ,
führen nichts als Ehren-zeuchen:
dinte, fäder und papihr
wärden eurer macht nicht weichen;
dan ihr himlisches gemüht
schreibet kein vergänglichs lihd.
xvii.
Dis, mein ädler Felsen-sohn
haben wihr zum hohen lohne;
dis tuht unser klahrer tohn,
daß wihr stähn fohr Föbus trohne,
sähn bekränzt den stäten Mei,
wüssen nicht was stärben sei. [32]
xviii.
Dis macht mich der fräuden sol,
dis erräget mein Gemühte;
daß ich sünge, wi ich sol,
wan mein innerlichs geblühte
sich erhizt mit himmels-kraft,
daß es nichts, was stärblich, schafft.
xix.
Lätslich, weil ich jah mus zühn,
und den wüllen nicht kan zäumen,
ei so sol und wül ich ihn
selbst beförtern ohne säumen.
Drüm befähl' ich dich dem Hern,
und mich Dihr, o Fräunde kern!
xx.
Kern der Fräunde, di mihr sein
ihmahls auf der wält verpflüchtet,
mein vertrauter ohne schein,
dehr mich schwachchen auf gerüchtet,
Dihr befähl ich auch zu lätst,
was ich bei Dihr ein-gesäzt.
[28] xxi.
Meinen schaz befähl ich Dihr,
dehr mihr ehmahls hat gegäben
meinen bästen schmuk und zihr,
jah ein unvergänglichs läben,
daß ich nuhn im klugen Sün
himlisch und nicht irdisch bin.

[33]

Nahch verläsung dises begunte Rosemund wider einen muht zu schöpfen, und las' auch di andern schriften alle durch; aus welchen si vihl anzeugungen seiner härzlichen libe gegen si unschwähr erkännen konte. Unter andern fand sich auch ein gebundenes schreiben, welches er fohr disem an seine Frau Mutter hatte abgähen lahssen; Si überlühf es auch, damit si ja sähen möchte, ob er etwan in seinem Vaterlande an eine andere verbunden wäre, di er sonder zweifäl dahrinnen seiner Frau Mutter fohr seinem Abreisen anbefählen würde. Sähet, so verdächtig ist di eifrige Libe, und so argwähnisch ist unsere Rosemund! Es wahr aber ohn-gefähr auf dise weise verfasset.


Des Markholds

Ticht-schreiben

an seine Frau Mutter

Di Himmelshulde,

u.a.m.


Ein wohl-behärztes härz, ein aufgewäkter Sün,

ein muht, der Feuer fühlt, würfft alles seit-wärts hin,

was blöde-sein uns heisst. Er lässt ihm nicht genügen

in seiner Mutter schohs sein läbelang zu ligen,

wo sich di tugend nicht, wi sonst, vermehren kan;

nümmt seine schanz' in acht; mus ofters ein Tiran [34]

däs mutter-härzens sein. Züht aus, wo lust und tugend

den wakren muht hin-führt im länzen seiner jugend.

Es mus ihm Se und wind kein schräkken jagen ein,

wo anders sein gemüht und härz wül tapfer sein,

nicht weibisch und verzahgt. Drüm lahsst euch dis nicht schmärzen,

Frau mutter, wan es gleich ein wenig gäht zu härzen,

daß ich izt weiter züh. dänkt, daß di tugend nicht

so trög und las kan sein. si waget sich ans licht.

wan gleich der wider-stand, das unglük, si wül schräkken,

wan gleich ein härz-magnet si wül zu-rükke träkken;

so eilt si doch hindurch, bis si gewonnen hat,

vergnüget wider-kömt, und ist der fräuden sat.

[29]

Ich zühe zwahr von euch; doch wül ich euch vergnügen,

und mich zu eurer Lust bald widerum verfügen:

würd nicht alsdan di lust und fräude gröhsser sein, [35]

di keinen ekel führt, als di, so stähts gemein?

Ei lähbt in-dässen wohl! di zeit würd bald verflühssen,

und meine widerkunft das leid mit lust versühssen.


Euer gehohrsamster träu-liber
Sohn
Markhold.

Als si nuhn gahr nichts unter allen seinen Schreibereien fünden konte, das ihrer libe nahchteilig sein möchte, so suhchte si noch in den untersten schaube-kästlein, dahrinnen fand si dises


Einsprahch-getichte.

der Gold-apfel rädet.


Di Eris truhg mich feil am blanken Amstel-strande,

Das alte Murmel-tihr, bis sich das Glükke fühgt' [36]

und Paris mich bekahm, als er fuhr ab vom Lande,

und länkte sich dahin, wo Lihb' und Weusheit lihgt,

wo Reichtuhm ruht und schlähfft. Di dreie von den Schönen,

di dreie so di wält beherschen üm und üm.

Es ward üm mich ein zank; da teilte, dis zu söhnen,

der Paris mich in drei, und stillte zank und grim.

Aus einem warden drei, und wider eins aus dreien;

ich eines habe nuhn den dreien gnug getahn:

was meint ihr was ich bin? Es mus sich alles fräuen

in diser einigkeit, und frölich stimmen an:


Runde kugeln lauffen färn;

güldne farbe bländet gärn,

glükkes-fügung tuht also,

macht uns unversähens fro.


Hihr-über stund si, und besan sich eine lange zeit, was dises fohr dreie sein möchten, di er hihr-innen anrädete. Aendlich erinnerte si sich, daß er kurz fohr seinem Abreisen einen Gold-apfel von einem Fräunde, dehr ihn [30] bei einer alten Frauen gekaufft, zur verehrung bekommen, und selbigen nahch=mahls unter si dreie, nähmlich, unter Rosemund, Stil-muht und Adelmund aus-geteilet hätte. Ja [37] si kont' überal, wo si nuhr suhchte, nichts fünden, das ihn möchte verdächtig machchen; doch gleichwohl wolte si däs schreibens, welches si nuhn noch ein=mahl zu suchen hinunter in den garten ging, nicht vergässen.

Si suhcht' eine guhte weile dahrnahch, und als si es ändlich im Wasser-graben ligen sahe, so stihg si eilend und ganz erfräuet hinunter, und trihb es mit einem Indischen Rohrstabe, welchen si äben zu dähm ände mit sich genommen hatte, nahch dem rande zu, daß si es erreichen konte. Si trüknet' es wider bei der Sonnen; aber di dinte wahr durch di angezogene feuchtigkeit so sehr zerflossen, daß man di schrift kaum läsen konte: gleichwohl schlos si es unter di andern mit ein, und verwahrt' es so eigendlich, damit si sich jah nicht färner verbrächchen möchte.

Es gingen zwe oder drei tage fohrbei, ehe si sich zur antwort entschlühssen konte, und in diser zeit hatte si wohl so vihl tausendterlei einfälle, ja so vihl als zeitblikke dahrinnen waren, daß es unmühglich wäre, si alle zu erzählen. Bald wolte si sich, der Wält ganz ab zu stärben, in den heiligen stand begäben, und in einem Jungfer-zwünger ihr Läben schlühssen; bald wahrd si sünnes ein gelühbde zu tuhn, daß si sich nimmermehr verehligen wolte; ändlich entschlos si sich das schähffer-läben zu erwählen, damit si, im fal ihr Markhold durch seine kurz=künftige wider-kunft seine unschuld bezeugen würde, einen solchen stand (welches si in den fohrigen beiden nicht tuhn könte) wider verlahssen, und ihm durch ihren abfal jah keinen fuhg und uhrsachche zu seinem verdärben gäben möchte.

Als si nuhn disen schluß bei ihr befästiget hatte, und nuhnmehr ein leichtes sommerkleid, von schähl= oder stärbeblauem zerhauenem atlas, mit einem rose-farben seidenen futter, wi di Schähfferinnen zu [38] tragen pflägen, an zu lägen gesonnen wahr; so wolte si gleichwohl ihrem Markholde zufohr, in dehmjenigen stande, dahrinnen er si gelahssen hatte, noch einmahl schreiben; befahl also ihrer kammerdinerin fäder und dinte zu bringen, und begahb [31] sich in ihr geheimes zimmer ganz aleine, damit si in ihren gedanken nihmand verstöhren möchte.

Nuhn wollen wihr unsere Rosemund in ihrer andacht lahssen, und uns unterdässen nahch Parihs zu ihrem Markhold begäben; da wihr ihn gleich in einer lustigen geselschaft fünden wärden. Er weus nichts von dem unwillen seiner Rosemund, ist lustig und trünkt auf ihre gesundheit. Di zeit kömt nuhnmehr wider härbei, da er ihre antworts=schreiben entfangen sol, aber si verweilen sich was lange; doch gleichwohl hat er keine mis-hofnung.

Er gerät ohn gefähr, als er mit einem führnähmen Hern sol lust-wandeln fahren, unter etliche Franzinnen, di ihm dan mit solcher ehr-erbütigkeit begegnen, daß er sich, unangesähen wi unwüllig er über dis sein verhängnüs ward, eine guhte weile bei ihnen auf-halten mus. Si machchen ihm aller=hand kurz-weile, und beweisen sich so lihb-sälig, daß er ändlich gezwungen würd, sich auch (seine schuldigkeit zu beobachten, ob es gleich nicht aller-dinge von härzen gähet) lustig zu erzeugen.

Unter disen befündet sich äben eine gelährte Jungfrau, derer brust-tuhch ohngefähr auf-gesprungen ist: und als si dässen gewahr würd, so begähret si von däm andern Frauenzimmer eine stäk=nahtel. Markhold aber, dehr ihr am nähesten sizt, und sich ändlich, weil es jah nicht anders sein kan, zur lust bekwähmet, über-reicht ihr eine. Si entfähet selbige mit tühffer dankbahrkeit, und in-dähm daß si unter-einander kurzweilen, und allerhand lächcherliche schümpfräden führbringen, verlätst si sich unversähens an einem fin-[39–40]ger, und macht sich bluht-rünstig. Hihrüber fähet di eine zu lachchen an, und sagte, daß di nahtel aus des Lihb-reizzes bogen gemacht sei, dahähr habe si di alte würkung des Bogens und der pfeile, welche den mänschen solche bitter-sühsse wunden zu-fügen könten, behalten, und an ihr gleichfals bewisen. Di eine spilet auch ein geticht' in ihrer mutter-sprache dahr-auf: und Markhold wül sich solchem gärn mit einem andern wider-säzzen, und das wider=spihl erweisen, wo er nuhr ihrer sprache so vihl mächtig sein könte: gleichwohl unterlässt er nicht solches in lateinischer zunge, doch nahch der hohch=deutschen Tichterahrt, [32] zu tuhn; dehrgleichen man im lateinischen noch nihmahls gesähen: dan er wens wohl, daß di eine, und sonderlich di verwundete, der lateinischen sprache kündig ist. Was er gegen-spilet, ist dises


Drei-säzzige Lihd.

nach der hohch-deutschen tichter-ahrt.

1.
Hanc acum dicitis, o Nymfæ, me fecisse
ex arcu Gnydii? sed negat hoc submissè
Magnetis spiritus in vestro sanguine,
qui multùm læsus est, cùm traxit hanc ad se.
2.
O dulcis punctio! est talis vis in cute?
sit hoc ex sanguinis magneticâ virtute?
quæ acum deperit & ambit protinus.
ô attractiva vis, quam cuncti sensimus!
3.
Non solùm trahitis hanc acum, o puellœ,
sed trahitis & cor; & animaæ tenellæ
vim vestram sentiunt; imò vos spiritus
attrahitis ad vos. quid, quæso, fortius?

[41]

Solcher gestalt brachte Markhold disen Lust=wandel mit den Parisinnen zu, und täht nichts im geringsten, das ihn bei seiner Rosemund verkleinern oder verdächtig machchen könte.

Nachdähm nuhn diser lust-wal verrüchtet, und si sämtlich von der Kutschen abgesässen wahren, so nahm Markhold von diser lustigen geselschaft, ohne sonderliches wort-gepränge, seinen abschihd: und kahm noch selbigen abend zu seinem träu-liben Wahrmund von der Tannen. Diser hohch-erfahrne und grund-gelährte Fräund, dehr sich der grohß-mächtigen Deutschinnen, durch aus-arbeitung ihrer Helden-sprache, so träflich verdihnt gemacht hat, unterhihlt ihn mit einem zwahr lustigen und doch auch nüzlichem gespräche, eine gute zeit: bis er ändlich von einem seiner lands-leute, dehr ihm zugleich ein schreiben von seiner Rosemund über-lüferte, abgefordert wahrd.

[33] Nihmahls ist kein mänsch wehr erfräuet gewäsen, als Markhold; nihmahls hat sich ein Fräund dank wülliger erzeuget, als er gegen den lüferer dises ädlen schazzes, den träuen Härz-währt. Nih-mahls haben brüder einander so vihl vertrauet, als dise zwei mänschen-bilder; welche beides ihre gebuhrt- und landes-ahrt, das glükk' und di zuneugung in so ein fästes band der ungefärbeten fräund=schaft verknüpfet hatte. Markhold nahm abschihd von dem rädlichen deutschen härzen, dem Wahr=mund von der Tannen, und begahb sich mit seinem liben Härz-währt nahch hause.

Als sie nuhn beide in des Markholds zimmer aleine waren, so erbrahch er den brihf, säzte sich zum tage-leuchter aleine, in dässen daß sich sein Fräund bei dem tische nidergelahssen hatte, und befand ihn folgender gestalt verfasset. [42]


Der Rosemund

Schreiben

an den Markhold.


Mein Her,


ich weus nicht, ob ich mich bedanken darf, oder ob ich vihl-mehr seinen irtuhm bestrahffen sol, daß er ihm hat beliben lahssen eine solche verehrung mihr, als einem dehrselbigen unwürdig-erachteten mänschen-bilde, zu übersänden. Ich hihlte si hohch und währt, und könte si nicht tadeln, wan nuhr di an- und namenschrift nicht verwächselt, und si der wahren besizzerin zu-geschriben wäre. Er hat seiner dinerin versprochchen di verfassung seiner reise zu überschikkten, welches er auch getahn: doch gleichwohl ist si nicht vergnüget, sondern, er verzeuhe meinem fräfäl, vihlmehr beleidiget: indähm er dasjenige, was er vihlleicht seiner härz-allerlihbsten zu über-schikken entworfen hat, ihr, als einer solchen hohen libes-bezeugung unwürdigen, gleichsam zu hohn und spot einhändigen lahssen. Aeben dasjenige würd di seinige selbsten tuhn, so anders meine muht-maßung wahr ist, daß er ihr dasselbige, was er vihlleicht meiner wenigkeit zu gefallen [43] verfasset hat, aus einem irtuhm zu-geschriben.

Bei solcher gestaltnüs nuhn, hab' ich dis inligende reiselihd, damit ich mich an der Seinigen, durch fohr-behaltung ihres eigen-tuhms, nicht verbrächchen möchte, wider-üm an seine uhrställe lüfern wollen. Bedanke mich doch auch nichts däs zu weniger zum höhchsten, daß mein Her gleichwohl den sün gehabt hat, seiner Dinerin zu wül-fahren, mit dähm erbühten, daß ich solches durch mühglichste dihnst-leistung, wo mein Her mihr nuhr mit einem winke gebüten würd, gehohrsamlich erwidern wül: ja, im [34] fal mihr solches aus schwachheit oder andern hinternüssen zu fol-bringen nicht gestattet würde, so hab' ich doch das verlangen, und solt' es gleich wider seinen wüllen geschähen, mit taht und namen zuverbleiben,


Mein Her,

Seine alein-träu-eifrige

und härz-verpflüchtete Dinerin, so

lang ich bin und heisse

Rosemund.

[44]


Markhold erseufzete vihlmahls über disen brihf, und entfärbete sein gesichte so mannigmahl, nahchdähm er ihm bald vihl, bald wenig verhihsse. Der libes-verdacht und di furcht, als zwo unfähl=bahre würkungen einer standfästen libe, welches ihm Rosemund alles beides zu verstähen gahb, veruhrsachten zugleich fräud' und schmärzen. Er las' es über und wider-über; besahe den anfang und das ände. Wahr der eingang hart, und das mittel untertähnig, so wahr doch der schlus sehr kläglich und sehr härz-entfündlich. Das ganze schreiben kahm ihm nicht führ, als wan es von so liber hand geschriben wäre; dan si rädet' ihn fast nicht anders an, als in furcht, und gleichsam als einen strängen gebüter, dehm si untertähnig wäre; sonderlich wan er das mittel, nahch dem aus-gange zu, betrachtete: doch gleichwohl gahb ihm der Schlus noch einige hofnung, und erinnert' ihn seines fohrigen brifes, dahrinnen er si nicht als seine Lihbste, sondern nuhr alein, als sonst eine von seinen träuen Fräundinnen angerädet hätte: welches er dan blohs zu dähm ände getahn, damit nih=mand, so er etwan in andere hände gerahten würde, ihre heimliche verbündnüs verstähen möchte.

Das wider-eingehändigte lihd, welches er indässen, daß er den brihf las', in den tage-leuchter geläget hatte, sahe er auf eine seite mit unwüllen an, und dräuete solches ins feuer zu wärfen. Weil er ihm aber bedünken lihs, daß es fohr solchem seinen harten anblikke gleichsam wi ein diner (dehr seine bohtschaFt nicht rächt bestället hat, und unverrüchteter sachchen wider zu seinem Hern gelanget ist) führ furcht erzitterte, so nahm er aus mit-leiden dises unschüldige [35] und gleichsam verschmähete lihdlein, und schlos es bei seite, damit es ihm nicht mehr härze-leid veruhrsachte. [45]

Also stund der guhte Markhold eine guhte zeit zwischen furcht und hofnung; und sahe wohl, daß er si, wo nicht erzürnet, doch gleichwohl arg-wähnisch und schähl-sichtig gemacht, üm daß er si in seinem lätsten schreiben nicht austrüklich seine Lihbste genännet hätte.

Es kahm ihm sehr befremdet führ, daß äben si, als ein so hohch-verständiges und wüzziges Frauen=zimmer, ja dehr di lang-mühtigkeit, geduld und höhfligkeit gleichsam angebohren waren, wider dise ihre gebuhrts-ahrt, ihm solch-einen heimlichen stück gäben konte; einen solchen stück, dehr ihn so häftig schmärzte. Aber er stälte sich gleichwohl bald zu friden, wan er in betrachtung zohg, daß si hihrdurch ihre eifrige Libe, di si zu ihm trüge, blikken lihsse, und daß nicht si, sondern di häftigkeit ihrer Libes=anföchtung, ihre fäder geführet hätte. Er kont' ihr üm so vihl däs zu mehr verzeuhen, weil er un=schwähr vermärkte, daß di Libe, der grausame Sählen-wühterich, dises angestiftet hätte; und ihr ein höheres Lohb zu-schreiben, weil dises di unverwärflichen märk-zeuchen ihrer unverfälschten träue wären.

Nachdähm er sich also eine guhte zeit mit disen gedanken überworfen hatte, so ward sein lihbster Härz-währt, dehm di zeit auch was lang fallen wolte, gezwungen, ihn anzusprächchen. Er fragt' ihn, ob etwan seiner Lihbsten ein unglük begegnet, und ob si irgend krank wäre, oder ob si sonst etwas geschriben hätte, welches ihn zu diser angst-mühtigkeit veruhrsachte?

Der guhte Markhold schwihg eine lange zeit stok-stille; dan er hatte sich in seinen gedanken so sehr vertühffet, daß er nicht eigendlich hörete, was sein Fräund sagte; weil ihn aber Härz-währt so inständig an-sahe, so besann' er sich ändlich, und gab doch nichts mehr als einen tühf-gehohlten seufzer zur antwort. [46]

Diser seufzer, welcher ohne zweifäl aus däm innern härzen härführ drang, verändert' ihn in einem augenblikke dehr-mahssen, daß sein gantzer Leib, dehr fohrmahls, mit allen seinen glihd-mahssen gleichsam erstarret stund, widerüm [36] räge ward. Er bewägte di adern, di seine star-steiffen augen gleich=sam wi eine unruhe widerüm treiben machten; und trihb über sich di innerliche wärme, di sein tohdten=bleiches angesichte widerüm erröhtete.

In solcher jähligen veränderung kahm er wider zu sich selbst, und fing an folgender gestalt zu räden: ja freilich, sagt' er und seufzete, es ist wohl ein rächtes unglük, oder vihlmehr ein solcher unfal, welchen ihr eigner mis-verstand, und meine guht-gemeinte, alzu gnaue bedachtsamkeit veruhrsachchet hat. Mein Fräund (fuhr er fort) kan nicht gläuben, wi sehr mich dises schreiben verunruhiget, jah was es mihr führ angst und schmärzen machchet: und weil ich weus, daß er mein träuester Fräund ist, so kan ich wohl leiden, daß er alles dasjenige, welches dise meine schwähr=mühtigkeit veruhrsachchet, wüssen mahg. Hihr=mit über-reicht' er ihm das schreiben seiner Rosemund, und baht, daß er solches selbst läsen solte. Härzwährt aber wolt' es anfangs nicht an-nähmen, mit führ-wändung, daß ihm solches nuhr al=ein zu läsen gebührete: Ihdoch, weil Markhold nicht nahchlahssen wolte, so lihs er sich noch ändlich dahrzu bewägen, und las' es zwei-mahl durch.

Als er nuhn solches wohl betrachtet hatte, so fing er an das häubt zu schütteln, und sprahch mit lächlendem munde; Ich läse wi ich wül, so fünd' ich nichts als libe, ja eine solche inbrünstige eiferige libe, di ich gleichsam in meiner einbildung führ heiliger furcht (daß ich also räden mahg) zittern sähe. Ihdoch, weil ich nicht weus, wi es mit ih-[47]rer beiden libe bewandt ist, und wi nahe si mit einander vereiniget sein, so wül ich mich nicht unter-stähen, fol-kömlich dahrvon zu uhrteilen. Sonsten, meinem wenigen verstande nahch, fünd' ich nichts als lauter härzbrächchende räden, di auch einen fremden, dehr si nicht einmahl kännet, zum mit-leiden zwüngen. Anfangs gihbt si ihm zwahr einen heimlichen verweis, aber ich schwöre, nahch anleitung des schlusses, daß Si solches mündlich nicht würde tuhn können: und wo si es jah ändlich über ihr härze bringen könte, so würden solches gewüslich nuhr halbe worte sein. Si wül sich wohl was fremde gegen ihn ställen, wan es nuhr di Libe gestatten wolte. Alles, [37] gahb Markhold zur antwort, wäre noch wohl, wan si nuhr das lihdlein, welches ich ihr zu ehren verfasset habe, mit dank angenommen und nicht so gahr verschmähet hätte.

Das ist eines so kluhg-sünnigen Frauen-zimmers ahrt (fing Härz-währt widerüm an) daß es dasjenige verwürfet, das es doch höhchlich begähret, und wan man es bei däm lüchte besähen wül, so befündet man, daß es dahrdurch seinen Lihbsten an seiner stand-fästigkeit nuhr bewähren wül. Wiwohl ich mich sonsten (fuhr er fort) üm anderer leute heimligkeiten wenig bekümmere, so bringt mich doch meine führwüzzigkeit dahin, daß ich gleichwohl gärne wüssen möchte, wi und durch was führ mittel mein Fräund mit diser himlischen Rosemund in solche vertrauliche kund=schaft gerahten ist; nahchdähm ich seine eingezogene blödigkeit känne, und dahrnäben wol weus, daß das wälsche Frauen-zimmer, es sei auch wo es wolle, sich mit däm mans-folke, wi das unsrige zu tuhn pfläget, gahr nicht gemeine macht; jah sich kaum ein mahl auf der strahssen erblikken lässet? [48]

Ich muß gestähen, mein lihbster Härz-währt, (gahb Markhold zur antwort) daß solches ohne sonderliches verhängnüs nicht geschähen ist; ihdoch mus ich auch bekännen, daß es vihlmehr ein an-fang unserer künftigen unglüksähligkeit, als wohl=eingebildeten glüksähligkeit gewäsen ist. Damit ich aber meinem Fräunde di ganze begähbnüs mit allen ihren ümständen, und ohn einiges mänschen dahrzwischen-kunft, in geheim erzählen möge, so wollen wihr zufohr di förder-tühre verrügeln lahssen.

Als nuhn solches geschähen wahr, so nähert' er sich zu seinem Härz-währt', und huhb folgender gestalt an zu räden.


Di Begähbnüsse

des Markholds

und

der Rosemund.


Es würd sich mein Fräund ohne zweifäl noch wohl zu besünnen wüssen, daß Adel-währt ein tapferer und aufgewäkter Jüngling in dem Erz-schreine der lihblichen Salahnen eine sonderliche fräundschaft mit mihr gepflogen, [38] und nahch dehrselben zeit im kriges-wäsen sein heil versuchet hat; da ihm dan das glükke so günstig gewäsen ist, daß er straks Walt-haubt-man worden, und nahch einer ritterlichen Siges-eroberung auch in einem vihrteil jahre eines Haupt-mans plaz beträten, bis er ändlich in einem jahre dahrnahch, als er sich in einer Schlacht so tapfer gehalten hatte, gahr zum Schalt-obersten ist gemacht worden. Diser Schalt-oberster Adel-währt nuhn ist di haubt=uhrsachche, und seine Lihbste das mittel, dadurch ich mit der überirdischen Rosemund in kundschaft ge-[49]rahten bin. Dan es begahb sich, daß er ohn-gefähr fohr dreien jahren (nachdähm sich eine Schlesische von Adel, di lihb-sählige Adelmund, eine Jungfrau von vihr-zehen jahren, mit ihm in eh-gelübnüs eingelahssen hatte) zu Strahsburg mit einem führnähmen Hern von Venedig bekant ward, welcher sich üm gewüsser uhrsachchen wüllen mit seinem ganzen Hause fohr etlichen jahren aus Wälschland in das Hohchdeutsche Reich begäben hatte, und äben dazumahl seine zwo töchter mit der Frau Mutter nahch Holland zu-schikken wolte.

Als er nuhn solches von dem Sünnebald (also hihs diser Venedische Her) vernommen hatte, so gahb er ihm zu verstähen, daß er auch gesonnen wäre seine Lihbste in kurzen nahch Holland zu sänden, so lange, bis der Krihg in Hohch-deutschland ein wenig nahch-lihsse, oder er nuhr gelägenheit bekommen möchte, ab zu danken; dan izund (sagt' er) wär' es nicht rahtsam, daß er sich mit ihr trauen lihsse, da er noch in bestallung, und si auch selbsten noch ein wenig zu jung wäre. Weil aber weder er, noch si, ganz keine bekanten daselbst hätten, so bäht' er ihn, er wolle si doch in geselschaft seiner beiden töchter auf eine zeit zu läben vergönnen, damit si sich unterdäs mit einem und dem andern Hohch=deutschen, so sich daselbsten aufhihlten, möchte bekant machchen, und durch dises mittel führ sich und ihre Jungfer Schwäster, di ihr härnahch auch folgen würde, einen bekwämen aufenthalt bekommen.

Der Sünnebald wahr solches sehr wohl zu friden, und baht ihn noch dahrzu, er wolle doch mit seiner Lihbsten nicht lange säumen; dan es wär' ihm sehr lihb, wan seine töchter, di nuhn-mehr der hohch-deutschen sprache ganz [39] kündig wären, eine solche ahdliche Jungfrau, di nicht alein von hohch-[50]deutscher ankunft, sondern auch eines so liben Fräundes härz-lihbste wäre, zur gespihlin haben könten; und er solte versichchert sein (fuhr er fort) daß er si nicht als eine Fräundin, sondern gahr als seine leibliche tochter halten wolte.

Nahchdähm sich nuhn Adelwährt solches guhten anerbühtens wägen gegen ihn zum höhflichsten bedanket hatte, so schrihb er alsbald an seine Lihbste, und baht, si möchte sich zur reise nahch Holland gefast halten; dan er hätte schohn einen gewündschten Auf-enthalt fohr si angetroffen. Aber es verzohg sich noch eine zimliche zeit, indähm ihnen bald dise, bald jene ungelägenheit auf-stühs; dehrgestalt, daß si ehrst über ein jahr dahin gelangte.

Indässen nuhn, daß sich Adelmund bei disen Venedischen Jungfrauen auf-hihlt, so hatt' ich mich auch in Holland zu begäben, in wüllens, von dahr nahch Frankreich zu gähen; und es waren kaum drei wochchen verflossen, als ich schohn nach Engel-land zohg, von dahr ich mich aber bald wider zu rük machte. Meine gedanken waren noch ganz nicht in Holland zu bleiben, ob es schohn mit meiner reise nahch Frankreich so bald, als ich wohl gemeinet hätte, nicht glükken wolte. Ich ward sünnes mich nahch Preussen zu zu wänden, und dahrnach auch das benachbahrte Polen zu besähen; wi ich dan auch schohn einen schiffer däshalben besprochchen hatte, und mich in zween tagen auf di fahrt zu begäben gesonnen wahr. Aber es konte nicht sein; dan das Verhängnüs zohg mich zurükke, daß ich noch ein ganzes jahr in Holland verbleiben muste.

Aber ach! was hat mihr solcher verzug nuhr fohr ein unglük veruhrsachchet! vihl bässer wär' es gewäsen, daß ich auf der Se mein läben gelahssen, als durch dasselbige di armsälige Rosemund in weh-leiden, und mich aus mit-leiden in jammer versäzt hätte. Dan ich hatte mich noch kein hal-[51]bes jahr bei den Amstelinnen aufgehalten, als mein träuer Adel-währt, zu seiner Lihbsten glükke, und der Meinigen verdärben, in erfahrung kommen wahr, daß ich mich in Holland begäben hätte. Er fühgte solches seiner Adelmund also-bald zu wüssen, und lihs [40] dahrnäben ein schreiben an mich ab-gähen, welches mihr auch bald eingehändiget ward. Er befahl mihr seine Lihbste: Er erinnerte mich der alten schuhl-fräundschaft, und meiner pflücht, di ich ihm fohr dehr zeit geleistet hatte; er betauerte sich selbst, daß er mich nicht gegenwärtig dahrüm anlangen könte: er verpflüchte sich, mihr widerüm alle mühglichste dihnste zu leisten, wo ich di jenigen, di ich ihm schuldig wäre, nuhr seiner Lihbsten ab zu zahlen geruhen würde. Jah sein schreiben wahr so härz-entzükkend und so durchs-drüngend, daß ich mich beides aus Libe gegen ihn, und aus begihrde, di ahdliche Braut, di fräundsälige Adelmund, zu sähen, nicht lange säumete seiner Härz-allerlihbsten auf zu warten.

Als ich nuhn in ihr haus kahm, so ward ich straks von einer zohffen in ein zimmer begleitet, da si sich ganz aleine befand. Ich entfing si mit einem ehr-erbühtigen hand-kusse, und gahb ihr meine fräude wägen ihres glüklichen wohl-standes zu verstähen, näbenst einer demühtigen pflücht-leistung, daß ich di ehre haben möchte, ihr, als meines brüderlichen Fräundes, des Adelwährts Härz=lihbsten, nahch meiner wenigkeit auf zu dinen. Si nahm dises mein erbüten mit einer sonderlichen höhfligkeit an, und versichcherte mich kräftiglich, daß ich der erwiderung solcher angebotenen dihnste nuhr also gedänken solte, gleich wi si bedacht wäre, sich mihr durch allen ihren mühglichsten fleis ins künftige annähmlich zu machchen. [52]

Dise wort-gepränge währeten eine guhte zeit; dan hatt' ich das meinige eingeworfen, so brachte si straks andere gegen-würfe; wolt' ich dehr lätste sein, so begährte si äben dasselbige, dehrgestalt daß ich ändlich gezwungen ward, diser kluhg=sünnigen Jungfrau gewonnen zu gäben.

Dises nuhn wahr unsere ehrste zu-sammen=kunft, bei welcher, wi auch bei der andern und dritten, ich noch ein ruhiges härze behihlt; aber di vihrte begunte mich algemach zu verunruhigen. Dan als ich schohn ein vihrteil jahr mit ihr ümgegangen wahr, und allezeit das glükke gehabt hatte, si ganz aleine zu sprächen, so, daß ich auch zeit-hähr keines mänschen, als der mägd', in ihrem hause wahr ansichtig worden: so begahb es sich lätslich, daß ich [41] mich einsmahls wider meine gewohnheit etwas lange bei ihr verweilet hatte, und zur tafel gebliben wahr; dehrgestalt, daß wihr uns nahch gehaltener mahlzeit ein wenig in den Lust-garten hinunter machten.

Di Adelmund führete mich aus ihrem Zimmer durch einen grohssen Sahl, welcher mit wälschen blau-weissen vihr-ekkigen steinen gepflastert, und an den wänden ringst härum mit allerhand überaus künstlichen gemälden geziret wahr; von dannen kahmen wihr durch einen verborgenen schnäkken-gang, oder wändel-träppe hinunter auf di hinterste fal-brükke, welche nahch dem grohssen garten zu-ging. Auf selbiger brükken nuhn hihlt ich mich ein wenig auf, da=mit ich das schöne gebäu von hinten-zu auch betrachten möchte.

Indähm ich aber also in meinen gedanken stähe, so erhäbet sich über däm tohre, auf einem da=mahls mit grühnen tüchern behangenen lust=gange, ein überaus lihbliches lauten-spihl, welches mich gleichsam gahr entzükte. Ich erhuhb [53] mein gesicht, und sahe mich auf allen ekken dahr=nahch üm, ich wuste nicht ob ich bezaubert, oder ob ich mein gesicht verlohren hätte, weil ich keinen einigen mänschen ersähen konte. Aendlich höret' ich auch ein' überaus-lihbliche stimme, di so klahr, so hälle, so zahrt, so rein und so träflich wahr, daß ich dehrgleichen alle di tage meines läbens nicht gehöret habe.

Als ich nuhn disem anmuhtigen Wül-kommen (dan, wi ich här-nahchmahls erfahren habe, di jüngste Jungfrau, di götliche Rosemund, hatte mihr solches zu ehren gespilet) eine guhte weile mit verwunderung zu-gehöret hatte, so gahb mihr Adelmund, welche schohn fohran gegangen wahr, einen wink, und führete mich in den garten, da wihr zu einem überaus-schönen Lust- und sprüng-brunnen gelangten.

Ob disem so überaus-künstlichen wärke ward ich abermahl sehr verwundert. Wi kan es mühglich sein (fing ich an) daß dises rächt zugähet? sein dise Als-göttinnen läbendig, di sich alhihr spihl=weise baden, oder hab' ich meine vernunft verlohren? si sein steinern, und gleichwohl rägen si di hände, di arme, di beine, ja fast alle glider! Ich muß auch wahrlich bekännen, daß es ein rechtes kunststükke wahr.

[42] Der Brunnen an sich selbst, wahr von gälblichtem Marmel, di Als-göttinnen, derer dreie oben auf, halb entblöhsset, und halb mit wasser bedäkket, in einem ringel mit aneinander-haltenden händen stunden, waren von schne-weissem marmel, so zahrt und so künstlich gehauen, daß man auch alle di kleinesten äderlein sähen konte: aus den brüsten und aus dem munde kahmen solche lihbliche wasser-strahlen härführ gesprungen, di sich im erhöben, von einander gaben, und in der mitten über dem brunnen schränks-weise über und durch einan-[54]der schossen; welches ein solches anmuhtiges aus=sähen und ein solches lihbliches geräusche machte, daß es einem das gehöhr und das gesichte beides zugleich entzükte.

Ich vermeinte nicht anders, als wan ich mitten unter disem wasser-spihle di laute noch schlagen, und di himlische stimme, di ich nuhr näulich über däm tohre vernommen hatte, süngen hörete. Auf dem obersten rande des brunnens sahssen sechs Leuen von Korintischem kupfer halb-geschwöllet und halb zohticht, welche mit den klauen ein-ihder ein bäkken von mor gen-ländischem albaster, durchscheinend wi kristal, und auf das künstlichste mit bluhmwärk geziret, unter sich hihlten, und dahrmit das wasser, das aus ihrem munde geriselt kahm, auf-fingen.

Der stein-wähg üm den brunnen härüm wahr von weiss- und schwarzem marmel; di lähnen von kupfernem bluhm- und laub-wärke, di den fluhr üm=schlossen. üm dise gegend ringst härüm wahr eine sehr hoh' und dük-bewachsene Sommer-laube, in welcher man allenthalben auf und abgähen konte, daß einen nihmand sähen, auch di sonne nicht zum geringsten bescheinen mochte.

Auf der andern seite der lust-laube waren aller=hand bluhmen zu sähen. da stunden so vihl manch=färbige tulpen, daß man si nicht alle zählen konte: etliche waren so weis wi der schne; etliche roht, braun und gälbe; etliche mit tausendterlei schönen farben vermischet, daß es mit lust und verwunderung an zu sähen wahr.

Es wahr nuhn schihr eine stunde verlauffen, als wihr alle dise schöne sachchen, von denen man wohl ein ganzes buhch verfassen könte, gesähen hatten. Adelmund boht mir [43] di hand, daß ich si widerüm auf ihr zimmer begleiten solte, dehrgestalt, daß wihr disen überaus-künstlichen, und wunderschönen Lust=garten verlihssen. [55]

Es kan nuhn wohl sein, wi ich nahch der zeit aus der Rosemund räden selbst halb und halb vernommen habe, daß ich dises Venedischen Hern Töchtern in solchem Lustwandel etlicher mahssen belihblich fohrkommen bin, daß si vihlleicht meiner gesel- und kundschaft auch haben genühssen, oder doch nuhr ohn gefähr di Adelmund besuchen wollen: Dan als wihr uns widerüm auf ihr zimmer begäben hatten, und ich gleich meinen abschihd nähmen wolte, so kahm der Jüngsten kammer-jungfer, und sagte der Adelmund an, daß si di Jungfrauen, so es ihr gelägen wäre, besuchen wolten.

Als ich solches hörete, so wolt' ich meinen abschihd mit gewalt nähmen, und bemühete mich so vihl als ich immer konte, disem instähenden blizz' aus dem wäge zu weichen. Alein Adelmund wolte mich nicht gähen lahssen. Mein! sagte si, ist er nuhn so schüchtern? wül er dan unseres Frauen-zimmer nicht auch sähen? wahrlich, weil ihm ihr süng- und seiten-spihl so wohl-gefallen hat, so wül ich ihn versichchern, daß si ihm selbst, teils wägen ihrer anmuhtigen Fräundligkeit und hold-säligen gebährden, teils auch wägen ihrer über-irdischen schöhnheit über alle mahssen gefallen wärden: jah ich dörfte schihr sagen, daß er dehrgleichen sein lähb-tage nicht gesähen hat; sein lähb=tage hat er nicht gesähen, das weus ich wohl, was es in Wälschland führ schöne weibes-bilder gibet. Indähm si solches sagte, ward di tühr' eröfnet, und si kahmen alle beide, mit zwo Dinerinnen begleitet, zu uns hinein geträten.

Adelmund entfing si mit höhflichen gebährden, und ich gleichesfalls mit tühffer ehr-erbütigkeit. Es warden uns vihr bänke ringel-weise gesäzt, dehrgestalt, daß ich gegen der Rosemund (also hihs di jüngste) und Adelmund gegen der Stilmuht (welche di älteste wahr) über zu sizzen kahmen. [56]

Ich habe zeitdähm wohl tausendmahl mit verwunderung dahran gedacht, und wan ich noch izund dahran gedänke, so deuchtet mich, als wan ich fohr dem blizze der hälflammenden [44] augen meiner Schönen noch erzitterte. Dan, mein Fräund, ich stund gleich gegen der tühren über, da dise wunder-schöne Bliz-kinder gleichsam härein geflammet kahmen; gleich hatt' ich di augen auf das fräudige gesichte der Rosemund gewändet, als si mich im härein träten mit solchen blikken entfing, di sich mit den meinigen vereinbahrten und si gleichsam widerüm zurükke triben. Ich weus nicht zu sagen, und solt' ich gleich stärben, wi mihr damahls zu muhte wahr; es kahm mihr nicht anders führ, als wan di wunder-kräftige strahlen ihrer häl-funklenden augen di meinigen zerbrochchen, oder mich durch einen solchen überirdischen schein gahr entäuget hätten. Auch nahchmahls, als wihr uns sämtlich nider-gesäzt hatten, verlihs si mihr fast kein auge dehrgestalt daß si, wan meine blikke den ihrigen zu zeiten begegneten, ganz verwürret ward, und ihre in den meinigen verirrete augen ohn' unterlahs flinkern lihs.

Ich märkte wohl aus ihren tühffen gedanken, di ihr auch nicht zu-lihssen nuhr etliche wenig worte zu machchen, daß si sich straks in dem ehrsten anblikke solcher gestalt vertühffet hätte. Dan ehe si noch här=ein geträten wahr, und ehe si mihr einen solchen lihblichen blik gegäben hatte, so hatte si ein rächt fräudiges und lähbhaftes gesichte: so bald si mich aber nuhr ein einiges mahl angeblikket hatte, so hatte der hoch=deutsche Lihb-reiz mit dem Wälschen schohn brüder=schaft gemacht, und wahr nuhnmehr meister im felde, dehr-gestalt, daß di guhte Rosemund durch-aus verändert ward. Di fräudige gestalt wahr in eine tühffe schwähr-mühtigkeit verwandelt; di gebährden waren nicht mehr so räg' und so färtig als fohrhin; si vergahs fast ihrer selbst; und sahs in solcher tühf-[57]sünnigkeit, daß auch Adelmund zu mihr sagte, als si nuhn wider hinaus waren, daß es si sehr wunder nähme, wahrüm si izund so schwähr-mühtig gewäsen wäre, da si doch solches ihrer Jungfer schwäster, welche sonst von gebuhrt etwas blöd' und stil-mühtig, oftmahls verwisen hätte. Dis wahr also meine oder vihl mehr der über-mänschlichen Rosemund ehrste niderlage; dan, wi ich meinem Fräund' oft=mahls gesagt habe, ich bin mehr aus mit-leiden, als aus innerlicher[45] begihr, zu ihrer libe bewogen worden; und ich habe dises schöne Wunder mehrmahls mit entzükkung und gleichsam mit einer heiligen furcht angeschauet, als in meinem härzen mit libe verehret, weil ich si zu meiner libe vihl zu hohch schäzte.

Wan ich wüste, daß ich meinem Fräunde nicht alzu lange verdrühslich wäre, so hätt' ich wohl im sünn', ihm das zimmer der Adelmund, als das Feld unserer Niderlage, zu beschreiben. Gahr nicht, mein Fräund (fihl ihm der Härz-währt in di räde) und solt' es sich gleich bis an den morgen verzühen, so wolt' ich ihm doch mit lust zuhören; und im fal ich mich jah so lange verspätigen würde, daß ich nicht könte nahch hause gelangen, so würd es meinem Fräunde, wi ich verhoffe, nicht mis-fallen, wan ich ihn üm ein nacht-läger begrühssen müste.

Was bedarf es solcher räden (huhb Markhold an) ist es nicht wahr, daß Fräunde, brüder, lihbsten ein algemeines guht unter einander besizzen sollen? ei warüm hoffet er dan noch vihl, ich wül nicht sagen zweifält, an dähm, was solche gemeinschaft betrüfft. Er hat guhte macht, sich däs meinigen, nahch seinem beliben, an zu mahssen, äben also, wi ich mit däm seinigen zu tuhn pfläge.

Weil es dan nuhn meinem Fräunde belihbt, daß ich ihm unsere wal-stat entwärfen sol, so hab' ich ihm nichts mehr zu beschreiben, als di überaus-schöne gemälder, welche in disem zimmer zu sähen wa-[58]ren: dan, das übrige, was an flader-wärk, schniz=bluhm-und laub-wärk an simsen, tüchern, tage-leuchtern und balken; jah was an köstlichen prunk=tüchern und däkken zu sähen wahr, halt' ich führ un=nöhtig zu erzählen, weil es fast überal in andern führnähmen gebäuen auch zu fünden ist. Ihdoch mus ich noch zufohr eines prunk-leuchters, welcher unter andern vihr kleinern mitten im zimmer hing, gedänken. Dan er kan nicht gläuben, was dises führ ein schönes wunder-wärk ist, führnähmlich, wan man ihn üm und üm mit brännenden lüchtern bestäkket sihet.

Der leuchter an sich selbst mit alle seinem zu=gehöhr wahr von messing, stark vergüldet, und überal mit schniz- und bluhm-wärk ausgeziret. Mitten in disem leuchter stund [46] di Königin der Libe Lustinne, mit einem flämlenden härzen in der hand, und üm si härüm schwäbeten zwölf Libeskinder, mit rosen-kränzen auf den häubtern, in der luft, di alle brännende wachs-lüchter in den händen hihlten, und so ahrtig geordnet wahren, daß si di Libinne ganz ümringeten. In den augen diser Libes-kinder, und der Lustinnen selbst, wahr ein kleiner flammender tahcht, welcher durch seine gluht den Libes-reizzerlein di augen bewähglich machte: in dem halb-eröfneten munde gleichesfalls branten zwei kleine lüchterlein, deren über-sich-steigender dampf das gesichte der Lust=kinder so ahrtlich benebelte, und di kleinen gold-hährlein, welche durch den rauch so lihblich härführ blikten, bewägte, daß es rächt mit lust an zu sähen wahr. Unter disen zwölfen schwäbete noch ein kleiner gleichsam erzürneter Lihb-reiz, dessen flügel von güldenen und silbernen schupen, mit einem gespanneten bogen, welchen er über sich nahch den brännenden lüchtern zu-hihlt, gleichsam [59–60] als wan er di flammen aus-schühssen wolte; mit diser beigeschribenen Losung: alles verkährt.

Oben über disem prunk-leuchter, an der däkke, wahr ein grohsses rundtes gemälde zu sähen, in welchem Heldreich mit der Libinne auf däm bette, in einem zahrten güldnen näzze, nakkend gefangen lagen, und von der Sonnen, welche ihre strahlen mit fleis auf si zu-warf, gleichsam verrahten und angegäben warden. Der Libinnen Ehman, der besudelte Schmid, Gluht-fang, stund von färne bei seinem Ambohs, krazte sich mit der linken im kopfe, in meinung di hörner, di ihm Held-reich auf-gesäzt hatte, lohs zu wärden, und lihs fohr angst den hammer aus der hand auf seinen schohn-gelähmeten fuhs fallen. Auf der andern seite stunden di Als-götter und Als-göttinnen, welche di beiden verstrükten gleichsam aus zu lachchen schinen.

Ich kan nicht sagen, wi träflich, wi wäsendlich, wi selblich dises wunder-gemälde gemacht wahr; dan Gluhtfang lihs seinen unwüllen und verdruß, daß er der ehrste Heinrich oder Horn-träger sein müste, aus däm gesichte so selblich härführ blikken, daß man kaum gläuben konte, daß es nuhr ein blohsses gemälde wäre.

Wan man sich von disem prunk-leuchter gegen abend, [47] nahch dem feuer-herde zu-wändete, so erblikte man oben über dem simse der feuer-mauer zwei schöne Sünnen-bilder näben einander. Das eine wahr ein häl-flammendes feuer, welches nahch einem brännenden wachs-lüchte zu-schluhg, welches ein Frauen-zimmer, damit es nicht gahr verschmälzen solte, zwahr zu rätten gedachte, aber doch wägen der grohssen gluht däs feuers nicht dahrzu dorfte; mit diser überschrift, Ardo d'appresso & da longhi mi struggo. unten stunden dise wort; von innen und von aussen, mit etlichen des Heinsius Hol=ländischen reimen. [61]


Tvvee vieren krenken my seer svvaerlik myne sinnen;

het een niet verr van my, het ander is van binnen.

Het vier, dat binnen is, daer vvord' ik van verbrandt,

het vier, dat buyten is, dat helpt my ook van kant.

Het vier, dat binnen is, dat moet ik altydt lyden,

het vier, dat buyten is, dat komt my ook bestryden.

de helft is vvel by my, daervan ik gae te niet;

dus lyd' ik in myn hert een vriendelik verdriet.


In däm gemälde drinnen stunden dise beiden glihdlinge rächt unter der Jungfrau.

Das Ab-sein macht mein härz von färne fast zerrünnen,

das bei-sein, o wi weh! verzährt es ganz von innen.


Das andere wahr widerum ein häl-strahlendes windlücht, üm dässen flammen di mükken härüm flohen, derer etliche di flügel verbrandt hatten, und härab auf den boden filen; etlich gahr in der flammen verzähret wahrden. Oben stund diser Sünnen=spruch:Cosi de ben amar porto tormento; unten aber: lust bringt verlust, mit disen zweien ticht-glidern. [62]


Di mükke fleugt so lang' üm dise gluht,

bis si ihr selbst den bittern tohd antuht.


Bei dem tische der Adelmund hing eine grohsse tahffel, in welcher auf einer seiten ein ungestühmer flus di felsen härab geschossen kahm, welcher mit seinem wasser-schaume so selblich entworfen wahr, daß man wohl hätte schwören mögen, daß er sich rächt eigendlich härab wälzte. Hihr zeugte sich auch der wasser-vater, Schwim-ahrt, mit seinem [48] schilfichten haubte, und mit seinem ungeheuren kruge, aus welchem das wasser hauffen-weise här=aus gebrauset kahm. Auf der andern seite wahr eine wildnüs und ein-öde, dahrinnen allerhand bäume stunden, unter welchen ein ganzer hauffen abschäulicher wald-männer, und lauter reissende tihre, als bähren, leuen, greiffen, lind-würme, un=geheure schlangen, und unzählich vihl ungezifer zu sähen wahr: über und auf denselben sahe man nichts als schwarze raben, stohs-vogel, geier, eulen, krähen und falken, di sich mit einander bissen; dehr=gestalt, daß dise abbildung in den gemühtern der anschauenden gleichsam ein zittern und entsäzzen erwäkte. Es wahr in däm ganzen gemälde nichts als furcht und schrökken zu sähen, wi wohl es sonst beides in der nähe und im verschühssen so überaus künstlich gemahlet wahr: ohn alein in der mitten stund ein dikker dorn-hak, auf welchem eine wunderlihbliche rose, ungläublicher gröhsse, härführ blikte. Dise wahr auch di einige lust und lihbligkeit däs ganzen gemäldes: dan si wahr so lihblich, so roht, und so eigendlich entworfen, daß man schihr lust bekahm, dahrnahch zu greiffen. Oben auf stunden dise wort;Anche tra le spine nascon le rose. Dornen tragen auch rosen.

Näben disem gemälde sahe man wider ein anderes, welches ihm an gröhsse gleich wahr, dahr-in-[63]nen di traurige üm-gestaltnüs des weidmans bei däm bade der Jahgt-jungfrauen der weidinne entworfen wahr, mit disem spruchche:


Zu führ-wüzzig,

macht zorn-hizzig.


Gegen disen beiden über hing di gebuhrt der Lustinne oder (wi si dannenhähr di Grichen nännen) Schauminne, welche aus dem salz-schaume däs Mehres gebohren wahr; mit disem des Sidons sechslinge:


Egressam nuper Venerem de marmoris undis

adspice, præclari nobile Apellis opus.

Exprimit æquoream manibus de crinibus undam,

è longis spumas exprimit illa comis.

Hac visâ, Pallas sic cum Junone locuta est;

de formâ Veneri cedere jure decet.


[49] Hihr-näben stunden auch dise hohch-deutsche.

Di Lustinne rädet selbst.

i.
Aus däm Mehre bin ich kommen,
aus däs bitren salzes kraft
hab' ich dises sein gewonnen;
dässen schaum an meinen lokken
wi gefrohrne wasser-flokken
annoch haft.
ii.
Meinen krum-gekrüllten hahren
hat di wild-erbohste Se
(wi di hohlen wällen waren)
gleiche krümmen eingetrükket,
da des schaumes silber blikket
in di höh. [64]
iii.
Als Kluginn' und Himmelinne
dis mein bildnüs sahen hihr,
sprachen si; es kan Schauminne,
ja Schauminne kan mit rächte
schahm-roht machchen ihr geschlächte
durch di Zihr.

Dises wahr so träflich-künstlich gemacht, und so anmuhtig, daß man bekännen mußte, daß der Mahler noch den Apelles selbst, von welchem er di erfündung dises gemäldes entlähnet hatte, weit übertroffen.

Näben disem zur rächten hing di Deutsche Lustinne, di Freie, Istevons, des vihrden Königes der Deutschen Ehgemahl, in einem blau-angelauffenen halben harnisch, mit vergüldeten schupen. In der rächten hand hihlt si den königlichen Reichs=stahb, und das ritterliche schwärt zugleich: in der linken ein härze, dahr-aus unauf-höhrlich feuer=flämlein härführ-blizzelten. mit dem rächten fühsse traht si auf einen Löwen, und mit dem linken auf einen Lindwurm. Aus ihrem gesichte blikte so ein fräund-sähliger schein, und zugleich ein durchdrüngendes ernst-haftes wäsen härführ; Fohr ihrem Reichs-stuhle lahg ein grohsses Volk auf den knihen, das Si als eine irdische Göttin verehrete.

[50] In einer andern Tafel näben der Lustinne, wahr ein wunder-schönes Nacht-stükke, dahrinnen bei Mahndes-scheine zwo Als-göttinnen, di Himmelinne mit der Kluginne, di eine des Himmels, di andere der Künst' und des Kriges sich mit einander zu beklagen schinen; dise wahr auf Amazonisch gekleidet, hatt' einen vergüldeten sturm-huht aufgesäzt, und führte einen versilberten Spähr in der hand, auf welchen si sich gleichsam mit däm haubte [65] gelähnet hatte: Jene wahr angetahn mit einem güldnen stükke, und hatt' einen Königs-kranz auf däm häubte, und einen güldnen Reichs-stahb in der hand. Hinter ihr etwas im verschühssen, stund ihr königlicher Ehren-wagen, führ welchem zwe pfauen gespannet waren. Auf der einen seite ging von färne in einer sehr grohssen Stat, di man wägen der entlägenheit nicht wohl erkännen konte, ein grohsser dampf auf, durch welchen man hihr und dahr etliche flammen auf-steigen sahe. welches wohl führ das aller-künstlichste in disem ganzen gemälde zu halten wahr.

Auf den andern beiden seiten, über, näben und gegen der tühre däs Zimmers über, waren noch vihl über-aus-schöne Landschaften, nacht-stükke und schif-fahrten entworfen, welche, so ich si alle mit einander erzählen wolte, unsere übrige zeit al=eine hinnähmen würden.

Aus disem allen kont' ich unschwähr vermärken, daß der Venedische Her Sinnebald di Adelmund hohch und währt hihlt; dan es war fast kein Zimmer im ganzen hause so köstlich ausgeziret, als das ihrige, ausgenommen der Sahl fohr ihrem zimmer, dahr-auf noch vihl-mehr und köstlichere sachchen zu sähen waren.

Dis wahr also di walstat unserer niderlage; dis wahr das feld, das si und mich in solches verdärben gesäzzet hat. Hihr hat si sich ihrer freiheit guhtwüllig begäben, und hihr hab' ich si solcher, wiwohl un=wüssend und wider meinen wüllen beraubet, und zu meiner leib-geschwohrnen gemacht.

Weil ich nuhn dises falles meinen Fräund auch vergnüget habe, und di gestaltnüs däs zimmers der schönen Adelmund kürzlichst entworfen, so hab' ich ihm nichts mehr von disem tage zu sagen, als daß ich mich straks, nahchdähm [51] dise beide Jungfrauen von uns abschihd genommen hatten, wider nahch [66] Amstel-gau gemacht. Ich mus bekännen, daß ich auf solcher kurzen Reise so vihl tausendterlei libes=gedanken hatte, daß ich auch fast nicht wuste, wi ich nahch hause gelangte. Doch gleich-wohl kont' ich mich nicht entschlühssen, solch-ein wunder=mänsch zu liben, unangesähen, daß ich wohl wuste, und wohl versichchert wahr, daß ich von ihr gelibet würde.

Ich hihlt si alzu hohch; mich als einen stärblichen, und Si als eine gütliche. drüm schäzt' ich mich vihl zu geringe mit solch-einem überirdischen mänschen-bilde fräundschaft oder Libe zu pflägen. Ich lihbte si nicht, sondern hihlt si nuhr hohch und währt; und kahmen mihr gleich bisweilen verlihbte gedanken ein, so geschah' es doch nuhr aus mit-leiden. wi? (sprahch ich bei mihr selbst) kan es wohl mühglich sein, daß dich das einzige wunder, das kunst-stükke der zihrligkeit, welches di grohsse Zeuge=mutter der dinge ihmahls härführ gebracht hat, liben sol? du bist jah nicht würdig, daß si dich ein=mahl an-blikken, vihl weniger so lihb-sählig entfangen sol.

Meine Führ-bildung entwarf si mihr mit solchen ihren libes-künstlerischen und blizlenden augen so lähbhaft, und so folkommen, daß ich ändlich nicht wuste, ob mihr dises anbähtens-würdige Sünnen-bild durch eine Zauberische beschwärung führ=gestället würde. Aber nahchdähm ich erkante, daß es nuhr eine blohsse würkung meiner sünnen wäre, so gahb ich mich etlicher mahssen zu friden. Ich besuchete meine bekanten, sprahch den Fräunden zu, und ergäzte mich bei geselschaften so lange, bis ich diser gedanken gahr lohs ward. Ich kahm auch nicht wider hinaus di Adelmund zu besuchen, wi=wohl si mich oft dahrzu an-mahnen lihs; dehr-gestalt, daß si ihrer gespilin schuld mit-entgälten musste. [67]

Aendlich aber, als äben ein hoher feier-tahg begangen ward, gedacht ich bei mihr selbst, und sagte: du hast dich gleichwohl verpflüchtet, der Adelmund, äben als wan es ihr Lihbster selbst wäre, nahch mühgligkeit auf zu warten; wahr-üm kömstu dan deinem versprächchen nicht nahch? mus es dan äben di guhte Adelmund entgälten, was dihr etwan [52] ein' andere zugefüget hat? vihl-leicht hat Rosemund ihren sün geändert, und hat dich damahls nuhr so inständig angesähen, weil es das ehrste mahl gewäsen ist!

Indähm ich mich also mit disen gedanken schluge, kahm äben ein kammer-knabe von der Adel=mund, welcher mich ihret-halben meiner geleisteten pflücht erinnerte. Ich sagt' ihm alsobald, er solte straks hin-gähen, und seiner Jungfrauen, mit vermäldung meiner schuldigkeit, ansagen, daß ich schohn entschlossen gewäsen wäre, meine dihnste bei ihr gegen-wärtig ab zu lägen; und schäzte mich sehr glüksälig, daß ich ihr gleich-wohl noch so vihl zeit gäben können, mich dässen zufohr zu erinnern.

Ich folgte disem abgefärtigten bald nahch, und trahf di Adelmund äben in ihrer einigkeit an; aber es verzohg sich nicht lange, daß wihr also in unserer einsamkeit sprache hihlten. Dan di Jungfern, welche meiner ohne zweifäl schohn waren gewahr worden, lihssen si fragen, ob si ihrer auf ein vihrtel-stündichen abwarten könte?

Adelmund gahb also-bald zur antwort, daß si allezeit bereit wäre, ihnen auf zu warten, und hihlt' es ihr führ eine grohsse ehre, wan si ihrer bei-wäsenheit genühssen könte: und was mich belangte, so verhofte si, daß mihr ihre gesel=schaft auch nicht un-annähmlich sein würde; gestaltsam ich kein sonderlicher Jungfer-feind wäre. Solches sagte si, und lächchelte mich auf eine seite [68] an; aber was ich führ gedanken hatte, und wi mihr zu muhte wahr, wül ich wohl ungesagt lahssen.

Si fragte mich auch, so bald als di Dinerin wihder hinaus wahr, wi mihr näulich ihr Frauen-zimmer gefallen hätte? ob es nuhn nicht wahr wäre, was si mihr zufohr gesagt hätte? Jah, gahb ich zur Antwort, ich mus es gestähen, daß ich sehr wenig solche Jungfrauen gesähen habe; und daß ich zwahr ihres gleichchen in Engel-land, was di farbe der schöhnheit anbelanget, vihl angetroffen, aber gleich-wohl keine gefunden habe, di so wohl und so ahrtig gebährdet wären, als si. Von den tugenden (fuhr ich fort) kan ich noch nicht sagen, nahch=dähm es gahr gefährlich und gahr schwähr ist, ein Frauen-zimmer nahch ihrem äusserlichen scheine fohr tugendhaft zu schäzzen.

[53] Indähm ich dises sagte, so kahm di Stilmuht ganz aleine, in träflicher pracht härein geträten. Wihr entfingen si, und begaben uns sämtlich zu sizzen. Ich sahe mich etliche mahl nahch der tühren üm, und wahr nicht sichcher bei mihr selbst; weil ich führ und führ gedachte, daß mich di Rosemund plözlich über fallen würde. Adelmund vermärkte solches also-bald, und sahe mich an mit lächlendem gesichte, als wolte si sagen; mit diser ist ihm nicht gedinet, er schauet sich vihlleicht nahch einer andern üm. Aber ich gedachte weit anders, und wahr froh, daß sich meine unruhe noch so lange verweilete.

Es wahr nuhn fast eine vihrteil-stunde fohr-über, daß ich also zwischen hofnung und furcht geschwäbet hatte, als di tühre plözlich ward aufgetahn. Ich sahe mich üm, da fand ich si eröfnet, gleich-wohl kont' ich keinen einigen mänschen erblikken. es kahm mich ein entsäzzen an, gleichsam als wan ein geist fohrhanden wäre: ich zitterte fohr angst und erblasste, als wan mihr ein grohsses un=glük zu-stünde. Indähm ich also beängstiget wahr, [69] da brahch dises wunder-lücht an, gleichsam wi das lücht der Sonnen, das sich hinter däm gewölke eine zeit-lang verborgen hält, und nahch-mahls uhr-plözlich härfür brücht; wi der bliz, dehr di stärblichen erschräkket, und di augen verlätset. Si kahm in einem solchen glanz' und solcher hoheit härein geträten, daß sich unter uns allen ein grohsses stil=schweigen erhuhb. Es kahm mihr nicht anders führ, als wan izund ein schwäres ungewitter fohrhanden wäre, da auch gemeiniglich eine solche stille fohr=hähr-gähet: es dauchte mich, als wan sich izund das wetter kühlete, als wan lauter blizlende strahlen üm mich härüm schwäbeten. Ich stund im zwei=fäl, und wuste fohr angst nicht, ob ich warten oder flühen solte: ich entfing si, aber mit einem solchen härz-klopfen, daß ich führ der äussersten hizze, di mihr in das gesichte stihg, kaum eines und das andere wort-glihd machchen konte. Ja ich gläube, daß ich ändlich gahr zur ärden gesunken wäre, wo wihr uns nicht straks nider-gelahssen, und ich im sizzen meine kräfte wihder-erholet hätte.

Dises schöne Wunder kahm abermahl gleich gegen mich über zu sizzen, und hatte izund vihl ein frändigers gesichte, [54] als da ich si zum ehrsten mahl sahe. Ihre Jungfer schwäster selbsten, wi ich un=schwähr vermärken konte, hihlt si sehr hohch, und erhuhb gleichsam mit einer stillen verwunderung ihr über-irdisches, durchdrüngendes wäsen. dan es ist gewüs, daß der Neid selbsten an ihr nichts zu tadeln fand.

Ihre gestalt wahr so lähbhaft, so ahrtig und so schöhn, daß si dahrdurch di ganze wält hätte mögen beschähmt machchen wi si dan solches auch an ihrer Jungfer schwäster tähte. Dan, wi ich schohn gesagt habe, si ging über-aus prächtig, und wiwohl beide ganz und gahr einerlei kleider hatten, so hatte sich doch di älteste vihl-mehr häraus gebrochchen, [70] als di jüngste. Diser hüng das hahr zur selben zeit ganz unaufgekünstelt und uneingeflochten bis auf di schultern, und kahm gleichsam wi gekrümte wällen, von sich selbst, in über-aus anmuhtigen falten auf den hals härab geflossen, in solcher über=zihrlichen unachtsamkeit, daß auch jene mit ihrem zu felde geschlagenen hare (welches auf der stirne und auf den bakken eins teils ringel-weise gekrümmet und angekläbet, anders teiles nahch der kunst auf-geflammet, und mit graulechtem staube besträuet wahr) ganz beschähmet ward. Jah Stil=muht hatte sich mit so vihlem golde, perlen und demanten behänget, daß ich alle das köstliche geschmeide alein führ einen träflichen schaz hihlt: Rosemund aber hatte dagegen nichts mehr als einen demant-ring am finger, und an ihdem ohr' ein gehängke von demanten, in gold gefasset, mit einer grohssen perl, härab hängen: üm di hände truhg si zwei schwarze seidene bänder, da si härgegen di älteste mit zwo zimlichen güldnen ketten geziret hatte. Der hals wahr bis auf di brust, di ein wenig erhoben wahr, ganz entblöhsset, ohn' einigen zihrraht, als dehn ihm di Zeuge-mutter gegäben hatte. er wahr weis wi der schne, und an etlichen orten mit einer gelinden röhte vermischt. Das antliz wahr so fräudig, so lihblich und so aufrichtig, und di augen lihssen einen solchen geist und solche lihbligkeit härführ-blikken, daß es unmühglich wahr, si ohne verzükkung an zu schauen. Si wahr muhtig und frisch, und doch dahr-näben sehr schahmhaftig und sehr züchtig: si hatte hohch-an=sähnliche gebährden, und wahr [55] doch nicht hohfärtig, da härgegen ihre Jungfer Schwäster unter einem äusserlichen stillen muhte, und nider-geschlagenen gebährden einen hohch-fahrenden geist, wi ich nahchmahls von der Adelmund verstanden habe, verborgen hatte. [71]

Zu allen disen wundern kahm noch eine unaus=sprächliche holdsäligkeit, daß auch nuhr der einige mund, dehr in ihrem angesichte nicht anders als eine frisch-aufgeblühete rose mit lihblichem morgen=tau befeuchtet, unter den lilien und narzissen här=führ leuchtete, den aller-verstoktesten und lihb-losesten mänschen zur verwunderung, ich wil nicht sagen zur libe, bewägte. Si waren alle beide in viohlbraunen sammet gekleidet, und der unter-rok wahr von silberfarbem atlas, mit güldnen, und das über-kleid mit silbernen spizzen verbrähmet; welche kleidung si gleich damahls zum ehrsten mahl angeläget hatten.

Wiwohl nuhn dise tracht über-aus zihrlich wahr, so muste sich doch Stilmuht (gegen ihre Jungfer Schwäster zu rächnen) gleichsam zum wohlstande zwüngen, da er härgegen der Rosemund angebohren zu sein schine.

Aber was hab' ich mich unterwunden, ein solch-götliches bild mit stärblicher zungen so unschein=bahr und so unäbenbildlich zu entwärfen! Ach! mein Fräund, wan ich ihm di klugen räden, di si damahls mit solchen wohlanständigen und färtigen gebährden so meisterlich verschönern konte, daß man nicht wuste, ob man ehrst das gehöhr oder das gesichte gebrauchen solte, alle mit einander erzählen würde, so müst' er gestähen, daß ich si noch nihmahls nach würden geprisen habe.

Wan si zu räden begunte, so ward also-bald ein stil-schweigen unter uns allen, und ein ihder wahr begihrig zu hören, was dise Schöne führ-bringen würde. Nihmand wolte sich auch unterstähen ihr in di räde zu fallen, wo si nicht ehrst eine guhte zeit stille geschwigen hätte. dehrgestalt, daß si meisten teils das wort führete, wiwohl si solches aus keinem führ-wüzz' oder unbedachtsamkeit tähte: dan si verzohg oft-mahls eine guhte weile, [72] und wolt' uns auch zeit lahssen, das unsrige fohr zu bringen, aber nihmand wahr unter uns allen, dehr si nicht liber gehöret, als selbst gerädet hätte.

[56] Aendlich, als si di hohch-deutsche junge manschaft allen andern Völkerschaften führ-zohg, und ihr so ein träfliches lohb gahb, so ward ich gezwungen, mich mit ihr in einen wort-streit ein zu lahssen. welches ihr dan so über-aus wohl-gefihl, daß si nahch=mahls ihre ganze räde nuhr einig und alein auf mich rüchtete.

Da bekahm si ehrst anlahs, mihr mit so libes=anlokkenden blikken zu begegnen; wi ahrtig konte si nuhr ihre worte drähen; wi künstlich wüste si nuhr selbige auf schrauben zu säzzen, daß ich si auch nihmahls fangen konte. Mit diser kurz-weile brachten wihr etliche stunden zu, dehr-gestalt, daß es nuhnmehr hohe zeit wahr, daß ich von diser lihblichen Geselschaft meinen abschihd nähmen solte.

Ich wahr also der anfänger, dehr dise lust zerstöhren muste, und wändete mich zum aller-ehrsten nahch der Rosemund zu, als dehr ich mit meinem unnüzzen gespräche am meisten ungelägenheit gemacht hatte; ich baht si däswägen üm verzeuhung, mit anerbütung meiner wül-färtigen dihnste, dahr=führ ich nichts mehr begährete, als daß ich di ehr' und gelägenheit bekommen möchte, solche bäster mahssen ins wärk zu rüchten.

Nahch-mahls baht ich auch di Adelmund und di Stilmuht, daß si gleiches falls tuhn wolten; und mihr, wan es ihnen beliben würde, fol-mächtig gebüten; damit ich wüssen möchte, wohrin ich ihren wüllen vergnügen könte, und was sie von meiner wenigkeit erforterten. Ihre höhfliche gegen=würfe machten, daß ich noch lange verzühen muste; jah die wunder-würdige Rosemund gebrauchte sich so vihler höhflichen aus-fluchts-räden, dadurch si mich meiner dihnst' überhöben wolte, daß ich ihr [73] ändlich, wo ich anders nicht gahr bei ihnen verbleiben wolte, das lätste wort lahssen muste.

Nahchdähm ich nuhn dises ädle Drei verlahssen hatte, so begahb ich mich wohl-vergnüget nahch hause, und begunte von dähm Nuhn an di Rosemund vihlmehr ihrer himlischen tugend, als über=irdischen schöhnheit wägen, zu liben; dehr-gestalt, daß ich mich bei weitem nicht mehr so verunruhiget befand, als nahch dem ehrsten an-blikke, [57] und nuhn=mehr mich selbst zu ihrer gunst und Libes-geneugenheit zu beräden begunte.

Mitler zeit entschlos ich mich gänzlich, di reise nahch Frankreich schläunigst fort zu säzzen, und machte alle meine sachchen färtig; dehr-gestalt, daß ich di Adelmund, nahchdähm ich schon bei den Amstelinnen meinen Abschihd genommen hatte, nuhn auch noch zu guter lätste besuchen wolte.

Aber wi bestürzt, wi klein-laut ward si, als si hörete, daß mihr solches ein ernst wäre: und weil si es nicht hintern konte, so hihlt si inständig bei mihr an, daß ich doch nuhr noch etliche tage bei ihr verzühen möchte, damit si noch fohr meinem abreisen einer wüchtigen sachche wägen mit mihr räden könte.

Ich wolte mich anfangs gahr nicht dahrzu verstähen; ihdoch, sagt' ich, wan si mihr izund straks solche wüchtige sachche nuhr mit einem wort' entdäkken würde, so möcht' ich vihlleicht veruhrsachchet wärden ihrethalben noch eine weile zu verwarten: und es möchte wohl so vihl daran gelägen sein, daß ich wägen meiner pflücht-schuldigkeit, di ich ihr geschworen habe, gezwungen würde, meine reise gahr einzuställen: dan si sol sich versichchert halten, daß ich, ihr zu libe, alles zu tuhn, und auf ihr gebot alles zu unterlahssen, immer-fort wüllig sein wärde; nahchdähm ich wohl weus, daß si mihr nichts un=billiges auferlägen, auch nichts, das zu meinem frommen gereichen möchte, verbüten würd. Di [74] Adelmund bedankte sich zum höhflichsten, daß ich ihr nicht alein meine dihnste so eifrig zu leisten gesonnen wäre, sondern auch noch so ein guhtes vertrauen zu ihr trüge.

Nuhn wohlan (sagte si) weil er ein solches härzliches vertrauen zu mihr träget, so wül ich mich üm so vihl däs zu mehr bemühen, wi ich mihr dan schohn führgenommen habe, solches an ihm mit der taht zu bekräftigen, und ihm äben dasjenige sähen zu lahssen, dahraus er unschwähr errahten würd, wi ich nicht alein sein wohlmeinendes an-erbüten mit dank zu erkännen, sondern auch würklich zu erwidern von härzen gesonnen sei. Dan er kan nicht gläuben, was es mihr fohr eine fräude sein solte, [58] wan ich nuhr einige gelägenheit, ihm zu dinen, ersünnen könte. Wolte Got! und er würd es auch wollen, daß nuhr mein führnähmen zur gewündschten ändschaft gelangen möchte. Wi froh wolt' ich sein; welche fröhliche bohtschaft würd' ich meinem Lihbsten zu-schreiben: und wi wohl würd' auch ihm geholfen wärden.

Damit ich aber (fuhr si fort) meinen trauten fräund nicht länger im zweifel vertrühffen lahsse, so gäb' ich ihm zu verstähen, daß ich mihr aus wohl=meinendem gemühte (nahchdähm mich schohn, auf beiden teilen, etliche märkzeuchen eines heimlichen ja-wortes versichchert haben, daß mein unterfangen nicht wärde vergäbens sein) fästiglich führgenommen, ein Eh-verbündnüs zwüschen ihm und Einer aus unserem Frauen-zimmer zu träffen. Aus disen uhr-sachchen nuhn geschihet es, daß ich ihn noch etliche tage alhihr auf zu halten gedänke. Dan er sei versichchert, wan es ihm nuhr selbst belihblich wäre, daß ich keine mühe und keinen fleis sparen wärde; und ich weus gewüs, daß auf der andern seiten mein ansuchen schohn heimlich bewülliget ist.

Dise räden kahmen mihr zimlich fremde führ, und machten mich so verwürret, daß ich eine guhte zeit [75] stille schwihg, und mich gahr auf keine antwort entschlühssen konte. dehrgestalt, daß Adelmund fragte, wi mihr zu muhte wäre? und was ich zur antwort gäbe? ich solte mich nuhr nicht schäuen, meine meinung frei häraus zu sagen: dan es wäre jah noch eine ungeschähene sachche, und wüste nihmand unser führnähmen, als wihr beide.

Ach! meine grohs-geehrte Fräundin (gahb ich ihr zur antwort) wi solt' ich mich dässen erkühnen? wo solten mir dise gedanken hähr-kommen, daß ich so verwägen sein solte, mich in einer unmühglichen sachche zu bemühen. Was, unmühglich fihl si mihr in di räde, und brachte mihr so vilerhand einwürfe, und befästigte ihre meinung mit so vihlen unverwärflichen gründen, daß ich ändlich gezwungen ward, ihren fohrschlahg zu billigen.

Ich mus bekännen, sagt' ich, (nahchdähm ich mich ihrer führ-sorge wägen, di si führ mich trüge, zum höchsten bedanket hatte) daß si mihr leichtlich keine abschlägige [59] antwort gäben möchten, indähm ich wohl weus, wi führteilig si gegen mich gesünnet, und wi wohl si geahrtet sein. Aber eines stähet mihr noch im wäge, welches mich schihr zweifäln macht, daß si nämlich einer andern Lähre zu-getahn sein, und daß ich si däswägen, ohne bewülligung meines Vaters, nicht ehligen darf: dan ihr Vater würd es ihnen ausser allem zweifäl nicht gestatten, daß si ein anderes Glaubens-bekäntnüs annähmen. Drüm solt' es mir ewig leid sein, wan ich solch-ein libes mänsch so kränken solte, und es mit libe gegen mich entzünden, da ich doch wohl wüste, daß es meiner nimmermehr teilhaftig sein könte. Er sei nuhr zu friden (gahb si zur antwort) dis würd sich alles wohl schikken: der Her Vater ist ein wältsäliger man, und würd hihrinnen wohl zu beräden sein. Er sage mihr nuhr kurz und rund, welche ihm am bästen gefallen hat, und welch' er für di seinige schäzzen wolte. Als ich aber hihrauf lange [76] zeit nichts antworten wolte, so fuhr si fort, und sahgte; ich habe straks im anfange, da ich und Rosemund den Hern nicht mehr, als aus däm schreiben meines Lihbsten, kännten (dan wihr hatten ihn beide noch nicht gesähen) aus ihren worten vermärket, daß si sich nuhr däs blohssen lobes wägen, welches ihm mein Lihbster so auf-rüchtig gahb, in ihn verlibet hatte. Härnahch ward ich auch in meiner fohr-gefassten meinung noch mehr bekräftiget, als ich der veränderung ihres gesichtes, ihrer gebährden, und ihres ganzen wäsens, bei ihrer ehrsten zusammenkunft, gewahr ward. Lätslich kont' ich auch in unserer näulichsten, aus seinen gebährden selbst, indähm er sich mit solchem verlangen so oft-mahls nahch der tühren, da si solte härein kommen, ümsahe, unschwähr erachten, daß er ihr auch nicht allerdinge abhold wäre. Jah ihre läfste zu=sammen-sprache, di si mit einander hihlten, gahb ihrer beiden libe, zufohraus di ihrige, gnugsam an den tahg.

So ist es dan nun gewüs, daß Rosemund und Er, einander mit libe heimlich verpflüchtet sein: heimlich, sag' ich, dan ich weus aus so vilen der Rosemund verblühmten räden, daß si ihr härz nuhr alein zu seiner Libe gewihdmet hat. Rosemund sol di-jenige sein, di er wählet (er vergönne [60] mihr, daß ich seine härzens-gedanken ergründen darf) Rosemund ist di-jenige, di sein härz wündschet, di seine augen alein zu sähen begähren, und di dehr=mahleins in seinen armen schlahffen sol.

Dis rädete si in lachchendem muhte, sahe mich an, und schwihg ein wenig stille; weil ich aber in meinen gedanken sehr vertühffet, und noch nicht zu antworten entschlossen wahr, so nahm si mich bei der hand: weil er dan nuhn (sahgte si) mit stil=schweigen sein jah-wort von sich gibet, so wül ich mich noch disen abänd bemühen, den anfang zu [77] meinem führnähmen zu machchen; und was verzühen wihr noch lange, daß wihr uns nicht hinunter in das grühne begäben, indähm uns diser anmuhtige tahg gleichsam dahrzu anlokket.

Hihrmit nahm si ihren flohr, hing ihn über das hahr, und ein wenig führ das angesichte: Si fragte mich auch, ob mihr nicht belihbte den mantel und dägen ab zu lägen; und befahl ihrem kammer=diner, daß er meine sachchen hin-über in das andere zimmer tragen solte, da ich etliche tage meinen auf=enthalt haben würde.

Also gingen wihr den wändel-stein hin-ab, und kahmen durch den hinter-hohf in den garten, da sich di Rosemund mit ihrer lauten ganz aleine befand, und dem sprüngbrunnen zu-sahe. Si hatte sich rächt gegen disem lustbrunnen über auf eine bank von albaster, mit einem rohtsammten küssen belägt, nidergelahssen, und sahs in solchen tühffen gedanken, daß si unserer nicht eher gewahr ward, als bis wihr gahr nahe zu ihr gelangeten.

Si erschrahk über unserer plözlichen ankunft so sehr, daß si sich ganz entfärbete, und nicht wuste, ob si uns entfangen, oder sizzen bleiben solte. Si erhuhb sich gleichsam mit zitternden glidern, und kahm uns zwe oder drei schritt' entgegen. Ich neugte mich, dem wälschen gebrauche nahch, führ ihr zur ärden nider, ihren flügel-rok zu küssen, und baht si üm verzeuhung, daß ich so verwägen sein dürfte, ihre vihlleicht anmuhtige gedanken zu verstöhren. Adelmund trat ihr zur rächten, und ich zur linken, also, daß wihr dise Schöne in der mitten gefasset hatten. Si boht mihr ihre hand, und sahe mich auf di seite mit solchen[61] lihblenden blikken an, daß ich dadurch in wahrheit nicht wenig verwundert wahrd. Dan dis aus-erläsene libeskind hat solch-ein lihbliches, solch-ein fräudiges, solch-ein freundliches und holdsähliges gesichte, daß es [78–79] einen, ich weus nicht wi weit, zu sich lokken solte: jah man konte si nihmahls ohne verzükkung an=schauen, sonderlich wan si di flinkernden augen mit halb-zitterlichen blikken, auf einen zuwarf: da=hähr ich dan einsmahls dise reimen in ihren Geträuen Schähffer lägte.


Zwölfling.

Halt, libe Rosemund, di Libes-reizerinnen,
di liben augen wäg, sonst schmachten meine sünnen
fohr ihrer libes-gluht, di Lihb-reiz angezündt,
und di Libinne nährt, du bliz- und stärnen-kind.
Ei liber! so es dihr belihblich ist, mein Läben,
so halt mit lihblen in; ich bin dihr jah ergäben,
Ich bin jah dich alein zu liben auserkohrn,
wi du zu liben nuhr so lihblich bist gebohrn.
Lahs aber dehn nicht nahch zu liben, dehr dich libet,
dehr sich aus libe Dihr, o Lihbste, ganz ergibet;
und lahs mich, trautes Lihb, dein lihbster Lihbling sein
dan dich erhöb' ich, lib' ich; lob' ich nuhr alein.

[80]

Solcher gestalt gingen wihr unter dem vihr-ekkichten Lauber-gange eine zeitlang hin und wider, und hatten aller-hand lust-gespräche. Aendlich kamen wihr widerum zum lust-brunnen, unsere gesichter zu ergäzzen, und lihssen uns alle dreie näben einander nider. Di wasser-strahlen wi mich dauchte, stigen immer höher und höher, und ih mehr ich si sahe, ih stärker si riselten. Rosemund nahm ändlich di laute, damit si ihren lihblichen klang mit däm stamrenden gemürmel und lihblichem geräusche däs wassers vermählete.

In-zwischen schwigen wihr andere ganz stille, und ich hörete mit verwunderung zu, wi dise Schöne so lihblich spilete; ich sahe mit verzükkung di färtigkeit der finger, di auf den seiten so ahrtig härüm irreten, und solch' eine lihbliche zusammen-stimmung veruhrsachten.

[62] Als wihr nuhn diser über-irdischen lust auch ein wenig gepflogen hatten, und der abänd algemach härzu kahm, so nahmen wir unseren wähg widerum auf das Haus; da uns di Stilmuht äben begegnete, und ein kleines lust-schiflein hatte lahssen färtig machchen, damit si nahch däm abänd=mahle mit einander möchten lust-wandeln fahren.

Ich wahrd auch mit zu diser lust-fahrt geladen, und kahm äben, ohn einiges mänschen anordnen, bei der Rosemund zu sizzen: ob si nuhn solches selbst mit fleis getahn, oder ob es das glükke sonst also gefüget hatte, kan ich nicht wüssen. dan ich habe si im hinein-steigen unter den andern nicht eher erkännet, als da ich ihr schohn zur seiten sahs. Ich erfräuete mich selbst über disen glüks-fal, und wahr froh, daß ich eine so libe beisizzerin bekommen hatte.

Wihr fuhren auf di Amstel, und bliben daselbsten so lange, bis di abänd-dömmerung führüber wahr. Mitler zeit spilete di Rosemund mit der Stilmuht auf der lauten, und der Adelmund kam-[81]merknabe gahb das seinige mit der pfeiffen dahrzu. bisweilen sungen si alle zugleich, und machten al=so, daß alle Schähffer und Schähfferinnen, so üm di Amstel härüm wohneten, auf beiden seiten härzu geeilet kahmen, und ihren lihblichen stimmen mit flöhten und schalmeien antworteten. wihr hatten damahls eine solche lust unter einander, daß ich meinem fräunde, so es di zeit leiden wolte, vihl da=von erzählen könte.

Als wihr nuhn disen lust-wal verrüchtet hatten, so begahb ich mich, nahchdähm ich zufohr allen dreien guhte nacht gewündschet, und di Rosemund bis fohr ihr schlahfzimmer begleitet hatte, zu bette.

Damit ich aber auch meinen Fräund mit solcher weitläuftigen erzählung nicht färner verunlustige, so wül ich ihm nuhr kürzlich erwähnen, daß ich mich den andern und dritten tahg dahrnahch ganz inne gehalten habe, und daß sich Adelmund straks des andern morgens bei der Rosemund meinet=wägen gleichsam zur frei-wärberin gebrauchen lahssen, welche solches gewärbe mit höhchsten fräuden (aber ich fürchte zu ihrem unglük) entfangen hat; jah daß si auch solches ihrem Hern Vater selbst, welcher den dritten tahg si zu besuchen kahm, zu verstähen gegäben.

[63] Diser alte aufrüchtige Her, wiwohl er mich noch nihmahls gesähen hatte, so lihs er ihm doch solches nichts däs-zu weniger, weil mihr der Adelwährt in seinem schreiben, und di Adelmund selbst mündlich, ein so guhtes zeugnüs gahb, höhchlich gefallen, und fragte di Rosemund in geheim, damit es di älteste Tochter nicht erfahren solte, wässen si sich entschlossen hätte. und ob solches auch mit ihrem wüllen geschähen könte?

Di guhte Rosemund entfärbete sich für schahm, schluhg di augen nider, und wolte nichts antworten. Adelmund aber, welche schohn fohr diser roh-[82]ten tühre gewäsen wahr, entschuldigte si, und sagte, daß si ihre bewülligung mit stil-schweigen von sich gäbe, weil solch-ein alzu lang-wihriges jah=wort nicht wohl von der zungen wolte. Nahch disen worten schluhg Rosemund di augen auf, und sahe dise ihre Führ-sprächcherin so fräund-sälig an, gleichsam als wan si sich gegen si bedanken wolte, daß der Vater ihren sün leichtlich errahten konte. Er hätte gärn mit mihr selbsten auch gerädet, aber ich hatte mich unter-dässen, daß er mit disen beiden Jungfrauen im garten wahr, auf di seite gemacht, damit di Adelmund däs zu mehr zeit haben möchte, diser sachchen einen guhten grund zu lägen.

Nahch-dähm ich nuhn etliche stunden bei einem nahbei-wohnenden Fräunde verzogen hatte, und der Adelmund anbringen folbracht zu sein schäzte, so begahb ich mich, widerum auf des Sinnebalds Hern-haus; und fand ihn gleich mit der Adelmund (welche stähts üm ihn sein muste, wan er hinaus kahm) im tohre stähen. Diser alte Her entfing mich mit solcher leutsäligkeit und solcher ehr-erbütung, daß ich mich höhchlich vermunderte: Er nahm mich in den follen arm, und führete mich also mit der Adelmund in sein inneres Bei-zimmer.

Wihr hatten uns kaum nider-gesäzt, als er schohn anfing, und von däm gewärbe der Adel=mund eine gantze räde hähr-machte: dahr-innen er mihr straks seine tochter zu-sahgte, doch mit dähm bedünge, daß ich mich zufohr verschreiben solte, ehrstlich, daß ich si bei ihrer Lähre lahssen; nahchmahls di töchter, so von ihr gebohren würden, [64] auch dahr=innen erzühen wolte. Lätslich hihlt er mihr auch fohr, daß es bei ihnen nicht gebräuchlich wäre, di jüngste tochter fohr der ältesten aus zu statten; und baht, daß ich mich über dise drei bedüngungen erklähren solte.

Nahch-dähm ich mich nuhn meiner höhfligkeit [83] widerüm gebrauchet, und seiner so rundten zusage wägen aufs bäste bedanket hatte, so gahb ich ihm zur antwort; daß, weil ich mich auf di ehrsten zwo so bald nicht erklären könte, so bäht ich ihn, daß er mihr doch so vihl bedänk-zeit bis auf morgen lahssen wolte, da ich ihm meine gesonnenheit unfähl=bahr entdäkken würde. was aber das lätst' anbeträhffe (fuhr ich fort) so währ' ich gänzlich entschlossen, meine fohr-gefasste meinung, diweil si von Got und däm verhängnüs, keines wäges aber von mihr hähr-rührete, nicht zu ändern: und weil es auch bei mihr nicht stünde, und ich keine andere liben könte, als di-jenige, welche mich fohr so härzlich gelibet hätte, so wolt' ich di heiraht-sachchen vihl-liber gahr fahren lahssen, und unverehligt mein läben schlühssen; als eine andere wider meinen sün und wüllen erköhren.

Ach nicht! mein liber Sohn (fihl mihr der guhte alte Her in di räde) er mus di ehe drüm nicht gahr fahren lahssen, und damit ich an ihrer beider verdärben mit schuld bin, so sei ihm solches verwülliget.

Es fihlen noch allerhand räden führ, di ich nicht all' erzählen kan, weil es nicht weit mehr von mitternacht ist. Ihdoch wül ich noch dises dahrbei fügen, daß ich nähmlich des andern tages mich zwo solcher bedüngungen wägen solcher gestalt erklärete; ehrstlich, daß es mein gewüssen nicht gestatten wolte, mich dässen zu verschreiben: dahrnahch, daß ich aus äben denen uhrsachchen di kinder, es wären nuhn töchter oder söhne, in keiner andern Lähre, als der meinigen auf-erzühen könte: was aber Si, di Rosemund, an-belangte, so wüst' ich selbsten wohl, daß der Gewüssenszwang Got im Himmel nicht angenähm wäre: drüm wolt' ich ihr solches frei=ställen; und wiwohl ich gärn sähe, daß di-jenige, so in meinen armen ruhen solte, auch meines glaubens wäre, so wolt' ich si dännoch keines wäges dahr-zu zwüngen. [84]

[65] In etlichen tagen dahrnahch nahm ich den lätsten abschihd von der ganzen geselschaft, und truhg der Adelmund di sachche träulich auf, daß si selbige, weil si den anfang so glüklich gemacht hätte, auch fol-änd zur glüklichen ändschaft bringen möchte.

Ich wül nicht sagen, wi di tausend-schöhne Rosemund (von welcher ich noch, so lang' ich bei den Masinnen verzohg, etliche belihbte schreiben erhalten habe) bei meinem abzuge so häftig geweinet hat, und wi höhchlich ich si bejammern müssen: dan di zeit gebütet es, und di beschaffen-heit unserer irdischen leiber fortert uns zur nacht-ruhe.

Nahch solcher Erzählung entkleideten sich dise beide vertraueten Fräunde, und begaben sich, nahchdähm si einander guhte nacht gewündschet hatten, nahch bette. Aber es wahr ümsonst, daß Markhold zu schlahffen gedachte; es wahr nuhr vergäbens, daß er an einem solchen orte seine ruhe zu suchen gesünnet wahr, da er nuhr seinen sünnen verhängen muste, selbige vihlmehr zu verstöhren. Dan er lahg di ganze nacht in tausendterlei gedanken, und wünschete mit so häftigem verlangen nahch der fräudigen ankunft des tages. di einbildung wahr di einzige, di seine sünnen bemeisterte, di, an stat daß si ihm di nacht verkürzern solte, si vihlmehr verlängerte, und seine schmärzen von blik zu blik vergröhsserte; dehr-gestalt, daß er in tausend ängsten lahg, und ihm nichts anders einbildete, als daß dise verdrühsliche nacht nimmer-mehr ein ände gewünnen würde.


Aende däs ehrsten Buhchs.

[85] [66]

Anderes Buhch

Der Adriatischen ROSEMVND
anderes Buhch.

Der tahg wahr so bald nicht angebrochchen, als sich Markhold schohn aus seinem lager erhuhb und zum tage=leuchter machte, den brihf seiner Rosemund, dehr ihn dise nacht über so sehr verunruhiget hatte, noch einmahl durch zu läsen. Aber er hatt' ihn kaum angefangen, da er über seinem zimmer solch-ein plözliches gerumpel hörete, dahr-auf ein solcher schwärer fal folgte, davon das ganze haus und er selbsten führ schrökken und entsäzzen zu zittern begunte. Er ging nahch seinem Härz-währt zu, welcher von disem erschröklichen falle schohn erwachchet wahr, und ihn straks frahgte; was dises führ ein gepolter gewäsen wäre, welches er izund gleichsam als im Traume, gehöret hätte?

Markhold, welcher seine furcht und angst-mühtigkeit, führ ihm verbarg, wiwohl er solches führ kein guhtes zeuchen hihlt, gahb ihm zur antwort; daß vihl-leicht di kazzen etwas härunter geworfen hätten, welches so ein grohsses gepulter gegäben. Nein, nein! mein lihbster Markhold (fing Härz=währt an) es mus was anders zu bedeuten haben; es sein nicht kazzen gewäsen, di mihr disen schweis veruhrsachchet haben; hihr-mit huhb er das bett' ein wenig in di höhe; Er sähe hihr (sprahch er) wi das hämde so pfüzzen-trühffend nas ist, wi mein gesicht mit schweis und trähnen über-schwämmet, und der schlahg so ungestühmlich schläget. Hihr-aus kan er leichtlich schlühssen, in was fohr angst ich ge-[86]wäsen bin, und was fohr weh-leiden ich ausgestanden habe, eh ich bin wakker worden. Ich hab' einen traum gehabt, dehr würd mihr wahrlich nichts guhtes bringen, einen solchen traum, als ich di tage meines läbens nihmahls bekommen.


[67] Des Härz-währts traum

oder nacht-gesichte.


Ich sahe einen ungeheuren Leuen mit gewalt auf mich zu-lauffen, welchen ich mit meinem dägen so lang' abhihlt, bis mihr etliche unbekante mänschen zu hülfe kahmen. Ich fochte so tapfer und widerstund ihm mit solchen kräften, daß er mihr ganz nicht zu leibe kommen konte: ich bekahm auch nicht den geringsten schaden, als nuhr einen streich, welchen er mihr mit der pfoten über den arm gahb. Aber dehr-jenige, der sich meiner so träulich an=nahm, und zwüschen mihr und dem Leuen eindrüngen wolte, ward so unfräundlich entfangen, daß er von einem einigen streiche, welchen ihm der Leu' in das gesicht versäzte, zu boden fihl. Als ich nuhn dises sahe, so ward ich noch vihl häftiger ergrimmet als zufohr, und ging mit foller ungestühm auf den Leuen zu, den tohd dises unbekanten Fräundes zu rächchen. Weil aber di andern alle dahr-zwüschen kahmen, und mich von ihm abscheideten, so nahm er ändlich, ehe wihr uns dässen versahen, das reis-aus, und wihr wahren mehr bemühet disem vermundeten hülflich bei zu sprüngen, als dem Leuen nahch zu säzzen.

Da lahg der arme mänsch in seinem bluht', und man spürete nichts mehr an seinem läben, als ein gelindes härz-klopfen. Das gesichte wahr so zerschmettert und so übel zugerüchtet, daß er keinem mänschen mehr ähnlich sahe. Ich fihl über ihn hähr, und huhb bitterlich an zu weinen, daß so ein härz-[87]träuer Fräund, indähm er mihr seine ehrsten fräundes-dihnste leisten wollen, sein läben so schändlich eingebühsset hätte. Ach! sahgt-ich, du wiwohl noch izund unbekanter, doch aller-träuester Fräund, wi weh tuht mihr's, daß ich dihr nicht fohr dises hohe fräund-stükke, danken sol, oder doch zum wenigsten di ehre haben, dich bei läben zu erkännen.

Gleich als ich in solchen ängsten wahr, so erhuhb sich dises erschrökliche gepulter, dehrgestalt daß ich plözlich erwachte, und däs ändes dises traumes nicht fol-änd erwarten konte. Was meinet nuhn mein Fräund (sagt' er färner) sol mihr dises nacht=gesicht' auch was guhtes bedeuten? [68] ich habe keinen muht dahrzu; wahrlich, es schwanet mihr, und ich märk' es daß ein grohsses unglük fohrhanden ist.

Markhold, wi-wohl er über disen traum seines Fräundes noch vihl häftiger erschrokken wahr, so bemühet' er sich doch, ihm solches bäster mahssen aus dem sünne zu räden. Was! fing er an, wül sich mein Fräund einen traum so einnähmen lahssen? wül er solchem bilder-wärke seiner sünnen ein wahr=haftiges läben zu-schreiben? ach nicht! mein Liber. träume bleiben träume, und man kan gahr nicht dahrauf fühssen. Er hat vihl-leicht gestern ein solches gemälde gesähen, welches ihm izund im schlahffe wider führkommen ist; oder, wi ich gänzlich dahrführhalte, es mögen sich seine sünnen von meiner gestrigen langen erzählung so verunruhiget und verwürret befunden haben, daß si also, weil si nicht ruhen können, dehrgleichen wunderliche bilder gewürket haben.

Oh nein! (fihl ihm Härz-währt in di räde) es sein keine blohsse würkungen meiner sünnen! es ist mihr schohn mehr-mahl widerfahren, daß ich träume gehabt habe, di mihr sein alzu wahr worden, sonderlich di morgen-träume, di ich keines wäges verwärffen kan; und solches aus disen erhöhblichen uhrsachchen: [88]

In-dähm er solcher gestalt fort-räden wolte, so klopft' ihmand mit solcher geschwündigkeit, daß si beide fohr schrökken erzitterten, an die tühre. Was gült es, mein Fräund, huhb Härz-währt an, izund wärd' ich mein unglük erfahren. Kaum hatt' er dises gerädet und di tühr eröfnet, da kahm sein kammer-diner härein, gahb ihm ein kleines brihflein, und sagte, daß er solches schohn gestern gahr bei spätem abänd bekommen, und ihn fast di ganze nacht durch gesuhcht hätte: dan der lüferer dässen, hätt' ihm gesagt, daß gahr vihl dahran gelägen wäre. Härz-währt erbrahch es mit zitterlichen händen, und lase disen unmänschlichen


Des Eiferichs

Aus-forterungs-brihf.


Eiferich verkündiget dem Härz-währt seine

äuserste feindliche verfolgung zufohr!


Nahch-dähm ich mich nicht alein von dihr an meinen ehren beleidiget, sondern auch meine härz-allerlihbste schelmischer [69] weise verführet befünde, so wärd' ich von rächts-wägen gezwungen, einen solchen mäuchel-verführer, aus gerächter rachche, führ di klünge zu fortern; und dich allezeit führ den aller-ehr-losesten schelm, dehr unter der Sonnen läben mahg, zu halten, wofärne du dich morgen üm acht uhr, zwischen hihr und Karanton auf jen-seit der Sähne, nicht mit gewafneter und bewährter hand, gegen mich zu verantworten sähen lähssest, und entweder mihr [89] den hals brüchst, oder dich zum wenigsten durch eine tapfere faust der besizzung dises ädlen schazzes würdig machchest. Dis ist der ändliche schlus, dehr keine einige entschuldigung an-nähmen kan: darüm sihe nuhr zu, daß du dich gegen deinen feind, wo du nicht mit dem schelme dahrvon zu flühen gedänkest, muhtig erzeugest.


Eiferich.


Als er dises schreibens inhalt verstanden hatte, so rädet' er gleichsam mit frohem gemühte den Markhold an: Mein Bruder! (sahgt er) diser brihf hat mich meiner unruhe entlädiget, und nuhn wül ich meine unschuld mit höhchsten fräuden verföchten. Es ist hohe zeit, daß ich mich üm einen guten beistand bemühe; dan Eiferich würd meiner schohn warten.

In-mittels (rädet' er seinen Diner an) verschaffe, daß mir eilendes drei pfärde mit reit-puffern wohl-aus-gerüstet wärden: und Er, mein lihbster Bruder, (sahgt' er zum Markhold) sei höhchlich gebähten, mich bis an den ort unserer wahl-stat zu beg'leiten, und mihr beistand zu leisten: dan ich wolte nicht gärn, daß dise händel weiter unter di Leute gebracht würden, sonst könt' ich hihr-zu wohl andere vermögen, daß ich meinen Fräund äben izund, da er sich seiner Lihbsten wägen so verunruhiget befündet, nicht weiter belästigen dürfte. [90]

Der Markhold wahr nihmahls mit solchem widerwüllen an ein balgen gegangen, als äben izund; nicht zwahr, daß er sich führ den bei-ständen des Eiferichs geschäuet hätte, noch dem Härz-währt in solcher wüchtigen sachche nicht bei-sprüngen wollen; sondern nuhr alein dahrüm, weil ihm das schreiben seiner Schönen noch so tühf im sünne lahg, daß er sich kaum entschlühssen konte, aus der stat zu reiten, oder nuhr zum wenigsten aus der kammer zu gähen. Weil er sich aber seiner pflücht erinnerte, so [70] wolt' er auch gleich-wohl nicht zu=gäben, daß man härnahch von ihm sagen möchte, als wan er seinem fräunde nicht hätte beistähen wollen: dehr-gestalt, daß er sich auch straks rüstete, und zur entscheidung oder zum streite gefast machte.

So bald nuhn der Eiferich, welcher mit einem Wälschen und Franzosen schohn aufwartete, des Härz-währts mit dem Markhold gewahr ward, so wolt er sich mit seinen zwe bei-ständen zur ärden begäben, in wüllens sich nahch gewohnheit, bis auf das Hämde zu entkleiden: Aber Härz=währt, dehr dessen als-bald ansichtig ward, gahb seinem pfärde di sporen, und als er sich ihnen so vihl genähert hatte, daß sie ihn verstähen konten: so rühf er dem Eiferich zu: Halt, halt! (schrie er) ein eifriger Lihbhaber mus den preis seiner Lihbsten nicht zu fuhsse suchen: ich bin anhähr kommen kugeln zu pfärde zu wächsseln, und nicht wi di Seil-tänzer und gaukler zu fuhsse, mit einem solchen Ritter, wi ich ihn ansähe, mit der plämpe zu föchten.

Eiferich ward über dise räden so sehr bestürzt, daß er nicht wüste, was er sagen solte. Kugeln zu wächsseln, (rädet' er mit sich selbst) zu pfärde zu föchten, das ist bei mihr nicht der brauch; zudähm so hab' ich mich auch nicht [91] dahrauf gefasst gemacht. Härz-währt aber drang auf, ihn zu, zohg seinen reit-puffer häraus, und tummelte sich damit führ seiner nasen härrum.

Als er sich nuhn gahr nicht dahrzu entschlühssen wolte, und seine beide mit-gehülfen fohr furcht zu zittern anfingen, sonderlich der eine, welcher so tapfer als ein stroh-wüsch, und als wan ihn ein bauer mit der mist-gabel hinauf geworfen hätte, zu pfärde sahs: so fing Härz-währt noch ein-mahl an, und sagte mit solchen harten worten, daß si noch vihl mehr erzitterten; wi ist es nuhn? man hat mich lahssen aus-fortern, meinen ehrlichen namen zu verföchten; man hat mich unschuldig geschmähet, man hat mich wollen zum schelme machchen! wo sein nuhn di-jenige, di solches getahn haben? wo ist der grohs-sprächcher, dehr mihr meinen ehrlichen namen beschmüzzen wolte? Er mahg nuhn zu-sähen, wi er den seinigen rätte; oder wo nicht, so mus er mit dem schelme das feld räumen.

[71] Dise räde hatte den Eiserich, welcher sonst solch eine eifer-süchtige ahrtschaft an sich hatte, daß er nicht vihl dehr-gleichen worte vertragen konte, noch vihl hizziger fohr der stirne gemacht, dehr-gestalt, daß er fohr grossem unwüllen und rach-gihr fast nicht wuste, was er begünnen solte. Dan däm ansünnen des Härz-währts kont' er nicht gnüge tuhn, weil er sich nicht gnugsam dahr-nahch aus=gerüstet hatte.

Als nuhn dises der Markhold eine guhte weile mit angesähen hatte, so sprahch er seinem Fräunde zu, und baht ihn, er wolle doch nuhr ab-sizzen, und den Eiferich nicht länger im zweifäl lahssen, weil er wohl sähe, daß er sich zum kugel-wächsseln nicht aus-gerüstet hätte. [92]

Er wägerte sich dässen eine guhte zeit, als er aber so lange bei ihm anhihlt, so rühf er ändlich dem Eiferich zu (dan er hihlt eine guhte ekke von uns gahr nahe bei der hehr-strahssen): nuhn wohlan! weil mein Fräund fohr dich gebähten hat, so wül ich mich ändlich, nicht nach deinem wüllen, sondern auf sein bitten, dihr einen dägen-streit zu lüfern, bekwähmen: Solcher gestalt stihg er ab, und nahch=dähm er sein wammes abgeläget hatte, so zohg er von läder und ging mit entblöhßter klünge nahch dem Eiferich zu.

So schauet dan nuhn al-hihr den aller-eifrichsten und aller-tapfersten zwe-streit, dehn man ih=mahls mit augen gesähen hat, und dehn ein tapferer Deutscher und ein Libes-eifriger Wälscher ein=ander lüfern: jener aus billiger vertähdigung seiner ehre, und diser aus eingebildetem argwahn und lauterer schähl-sichtigkeit.

Si hatten schohn zwe gänge mit einander getahn, und nuhn beider-seits gleich einen zeit-blik nahch-gelahssen, dehr-gestalt, daß si den dritten auch begünnen solten: da kahmen zwe reiter von färne kwähr feld über sporen-streichs auf si zu=gehauen; dehr-gestalt, daß si anfangs nicht wusten, was si gedänken solten.

Markhold befahrte sich, es würde vihl-leicht ein bestallter hinterhalt des Eiferichs sein: di andern muhtmahsseten äben das-selbige, und warden auch in ihrer muht-mahssung nicht allerdinge betrogen. Dan es wahr [72] kaum ein augen-blik vergangen, als sich dise beide schohn solcher mahssen näherten, daß man wohl erkännen konte, daß si des Härzwährts Tisch-fräunde wären, welche seinen Diner mit den dreien aus-gerüsteten pfärden häten reiten sähen, und dahähr gemuhtmahsset, daß er händel würde bekommen haben.

Dise zwe Fräunde waren kaum angelanget, als [93–94] sich der eine noch im lauffen mit solcher geschwündigkeit vom pfärde härab-schwang, daß man nicht wuste, wi er so jähligen di ärde beträten hatte; und mit entblöhßtem dägen hinzu lühf, gleichsam als wan er seines fräundes widersachcher straks durch=stohssen wolte: dehr-gestalt, daß ihm auch seine bei=stände zu-rühffen, er solte gemach verfahren, oder es würde kein guhtes ände gewünnen. Nichts däs zu weniger fol-führt' er sein führnähmen, und drang sich mitten ein, in wüllens si von ein ander zu bringen; aber der guhte mänsch bekahm von dem Eiferich einen solchen stüch, rächt schelmischer weise, durch di brust, daß er zusähens tohd zur ärden fihl.

Als nuhn Markhold und des ertöhdteten gefährte solches verfahrens gewahr warden, so bemüheten si sich mit macht si von einander zu bringen, damit nicht noch einer auf dem plazze bleiben möchte: welches si dan auch alsbald zu wärke rüchteten, also, daß Härz-währt, welcher seinen lihbsten Tisch=fräund im bluhte, das er führ seine läbens-erhaltung gelahssen hatte, ligen sahe, äben zeit bekahm, sich zu ihme zu nahen, und seine wunde zu besähen.

Markhold und Stilfride (also hihs der gefährte) tähten äben dasselbige. Dehr-gestalt daß Eiferich, welcher schohn frische pfärde bei der hand hatte, sich mit seinen bei-hälfern ohn' einige hinternüs und verfolgung, auf di flucht begäben konte. Härz-währt lihs seinen Lauter-muht (also hihs der ertöhdtete) auf sein pfärd laden, und foländ nach Karanton bringen, da er auf den andern oder dritten tahg solte begraben wärden. Der wirt lihs ihm auf begähren des Härz-währts das bluht abwaschen, und ein näues hämd' antuhn. Man bekahm auch alsbald bei dem tischer einen sarg, welchen er schohn im fohr=raht färtig [73] hatte, und hihs ihn dahr-ein lägen, dehr=gestalt, daß dise Leiche noch selbigen fohr-mittahg ganz beschikket ward. [95]

Als si nuhn widerüm nahch Parihs reiten und den Lauter-muht verlahssen solten, so brahch dem Härz=währt das härze, das härze begunt' ihm zu kwällen, und veruhrsachte solch-eine veränderung in seinem gesichte, daß sein innerliches weh-leiden leichtlich ab=zunähmen wahr. Er fihl dem Leichnam noch zu guhter lätst' auf das gesichte, küsset' ihn und sprahch; ach mein liber bruder, mein trauter fräund, ich mus nuhn von dihr, von dihr mus ich, dehr ich deinen tohd veruhrsachchet habe. ach! wi gärn wolt' ich dein läben mit däm meinigen, so es mühglich wäre, wider=lösen! was hab' ich, deinen ältern nuhr führ ein härzeleid veruhrsachchet! was wärden si sagen, wan si den uhrsachcher deines unschuldigen todes erfahren wärden! si wärden mich verfluchen, ob ich schohn an deinem verdärben keine schuld habe. Dan ich weus, was ein väterliches härz, wan es dehr-gleichen fälle seiner kinder erfähret, fohr unwüllen und bangigkeit, zu tuhn pfläget. Si wärden nicht betrachten (das weus ich wohl) daß ich unschuldig bin; si wärden mich aus alzu grohsser libe gegen ihren sohn, und alzu häftigem unwüllen gegen mich, ohn alle gnade verur=teilen. Doch was wül ich tuhn? ich wül es gahr gärn ertragen, was man mihr auferlägen würd, und solt' es auch der tohd selbsten sein. Bin ich strahf-fällig, so wül ich nicht ausreissen, wi jener bluhthund, dehr dihr so schelmischer weise das läben genommen hat: sondern mich selbsten gutwüllig der strahf unterwärfen.

Ein grimmiger Leue (fuhr er fort) hat dich erwürget, ein solcher Leue, dehr mihr im schlahff' erschinen ist. Izt fällt mihrs ein, was ich dise vergangne nacht führ einen schädlichen traum gehabt habe: nuhn befünd' ich mit der wahrheit, daß träume nicht zu verwärfen sein! ach! daß ich solchem übel, das mihr doch im schlahffe verkündiget ward, nicht habe können zufohr kommen! o hartes verhängnüs über mich und dich! o unverhofter, erbarmenswürdiger fal! o unglük! o unheil! [96]

Indähm er also rädete, so mochte sich vihl-leicht das bluht aus diser häftigen bewägung so sehr erhizzet haben, [74] daß es aus der wunde, di er unwüssend am rächten arme bekommen hatte, häraus gedrungen, und unter dem ärmel härführ auf di hand geflossen kahm. Markhold ward dässen zum ehrsten ansichtig, und ermahnt' ihn alsobald, er wolle doch seiner selbst ein wenig schonen, und vihlmehr gedänken, wi seine wunde möchte verbunden wärden, als si durch dise un-nöhtige und nuhr vergäbene räden noch mehr verärgern.

Harz=währt kährte sich anfangs gahr wenig an seine räden; als er aber sahe, daß das bluht immer mehr und mehr unter dem ärmel härführ geflossen kahm, so lihs er ihm das wammes aus-zühen, damit er erfahren möchte, ob der schaden auch etwas auf sich hätte. Nachdähm er aber gesähen hatte, daß di haut nuhr ein wenig aufgerizzet wahr, so lihs er sich mit nichts anders als einem leinen tuche verbünden, und wolte dan ehrst, wan si wider in di Stat kähmen, den wund-arzt gebrauchen.

Mitler-weile hatte sich Eiferich mit seinen Gesellen aus däm Parisischen Gebüte schohn häraus gemacht, damit man ihn (wan jah das unglük dises entleibten aus-kähme, und es erfahren würde, daß er der tähter gewäsen wäre) nicht etwan in haft nähme, und widerüm zum tode verdamte. Dan das gewüssen ist ein nagender härz-wurm, welcher di verbrächcher un-auf-höhrlich zwakket und plaget, dehr-gestalt daß ihnen alles wül zu änge wärden, daß ihnen gleichsam alle uhr-wäsen zur züchtigung dinen, und alle mänschen ihre feinde zu sein scheinen.

Als nuhn Härz-währt mit seinen beiden gefährten (nahchdähm si zufohr abgesässen waren, und di pfärde, damit ihre händel nicht kundbahr würden, zurükke gelahssen hatten) widerüm in seine behausung einkähren wolte, so kahmen ihm äben seine [97] andern Tisch-fräunde, di im geringsten nicht von diser sachche wüsten, entgegen, und bahten ihn, wi auch den Markhold, daß si ihnen nuhr auf eine vihrteil-stunde wolten geselschaft leisten, dan si hätten einen näuen tisch-fräund, welcher ehrst aus Hol=land angelanget wäre, bekommen, und wolten sich also mit ihm und etlichem Frauen-zimmer, so ihre wirtin dahrzu geladen hätte, ein wenig erlustigen.

[75] Harz-währt hatte anfangs keinen muht dahr-zu: gleichwohl, weil er sich befahrete, daß seine händel nicht däs zu eher kund würden, wan er sich ihrer geselschaft enthihlte, so gahb er ändlich seinen wüllen dahr-ein, doch mit dähm bedünge, so färn es seinem Markhold beliben würde; Dan ohne seinen wüllen (sahgt' er) darf ich mich dässen nicht unter=fangen.

Wiwohl nuhn Markhold liber zu haus' alein, als in einer geselschaft gewäsen wäre, so hätt' er doch auch den näuen ankömling aus Holland gärne sähen mögen, dehrgestalt, daß er sich zwahr an=fangs ein wenig weigerte, und doch ändlich dahrzu beräden lihs; Man führete si also ohne verzug in ein schönes mit güldnen prunk-tüchern gantz behängtes zimmer.

Aber wi häftig entsäzten sich dise beiden, als si solch ein fräudiges Süng- und seiten-spihl höreten; als si solch einen hauffen schöner Weibes-bilder sahen: sonderlich Härzwährt, nahchdähm er seiner Lihbsten, der Tugendreich (welche bis-hähr, in-dähm si nuhr seinet-wägen zu diser geselschaft kommen wahr, seiner abwäsenheit halben zimlich betrühbt gewäsen) so unverhofter weise gewahr ward. Er entfand so ein ungestühmes härz-klopfen, daß er sich kaum besünnen konte, wo er wäre; und si entfärbete sich führ schahm dehr-mahssen, und ward durch seine plözliche dahrzwüschen-kunst so häftig verunruhiget, daß si kaum räden konte. [98]

Nahch-dähm nuhn di wort-gepräng' auf beiden teilen geschähen waren, so nahm der Härz-währt seinen Markhold bei der hand, und führet' ihn mit sich zu seiner Lihbsten, welche äben auf einer bank aleine sahs: dan si wahren nuhr izund von der tafel auf-gestanden, und das Frauen-zimmer hatte sich auf der seite nahch der reihe härüm gesäzt. Nuhn (sahgt' er im hingähen) sol mein Fräund auch hören, ob sich meine Lihbste mit seiner himlischen Rosemund an klugen räden etlicher mahssen vergleichen könne.

Si hatten sich kaum bei disem höhflichen Frauen-zimmer nidergelahssen, als di Tugend-reich schohn etlicher bluhtsfläkken in des Härz-währts stüfel-tüchern und hand-schleiern [76] gewahr ward; wohrüber si nicht wenig erschrahk; gleichwohl verbarg si es noch so lange, bis er von seinem diner hin=aus geruhffen ward, und ihr also selbsten gelägenheit gahb, sich dässen bei seinem Fräunde, weil er abwäsend wäre, zu erkundigen. Si baht anfangs den Markhold, er wolle si doch unbeschwäret berüchten, wo si beide so lange gewäsen wären, daß si di tahffel versäumet hätten? Markhold gahb zur antwort, daß si einen guhten fräund besuchet hätten. Oh nein! mein Her (fihl si ihm in di räde) er verzeuhe mihr, daß ich ihm wider-sprächchen mahg; ich habe schohn einen andern vogel süngen hören, von dehm ich so vihl verstanden habe, daß der Fräund nicht al-zu-guht gewäsen ist.

Uber disen räden entsäzte sich Markhold, und entfärbte sein gesichte dehr-mahssen, daß si nuhn=mehr schohn vergewüssert wahr, daß si ihre muht=mahssung nicht würde betrogen haben. Was bedeutet dan das bluht (fuhr si fort) das man auf seinen kleidern sihet, und wahr-üm wül er den rächten arm nicht rächt gebrauchen? ist es nicht wahr, daß jene in der roht-und blauen tracht di gleich gegen uns über [99] sizt, dises unglük veruhrsachet hat? GOT wolle nuhr, daß es wohl abgelauffen sein mahg! dan ich habe gestern erfahren, daß ihn der Wälsche fohr di klünge zu fortern gedräuet hat, weil er mit seiner Lihbsten etwan ein-mahl zu fräundlich mahg gerädet haben; dahähr ihm diser arg-wähnische, schähl=sichtige mänsch straks eingebildet hat, daß er ihm di seinige abspänstig machchen würde. Ach! mein Her, (sahgte si lätslich mit tühf-gehohlten seufzen) ich bitt' ihn üm ihrer träuen fräundschaft wüllen, er wolle mihr jah nichts verschweigen, nahch-dähm mahl seine sachchen mihr so wohl angähen, als ihm selbsten: dahr-gegen sei er widerüm versichchert, daß ich mich durch meine wenige dihnste, bei aller führ-fallenden begähbnüs, meinem Hern widerüm annähmlich machchen wärde.

Markhold sahe wohl, daß es nuhr ümsonst wäre, dise sachchen weiter zu vertuschen, drüm baht er di Tugendreich üm verzeuhung, daß er sich hätte bemühen wollen, si hinter der wahrheit hin zu führen. So-färne mihr aber meine Jungfrau (sahgt' er) nuhr dise zusage leisten wolte, daß [77] si weder ihrem Lihbsten, noch einigem mänschen etwas von disem handel, welchen ich ihr izund entdäkken wärde, wül märken lahssen: so wärd' ich mich nicht weigern, ihr, als dehr so ein grohsses an ihres Lihbsten wohl=stande gelägen ist, das-jenige zu offenbahren, welches ich auch fohr meinem bruder selbst wolte verschwigen halten.

Härz-währt verweilte sich zimlich lange, und lihs seinem fräunde zeit genug, der näu-gihrigkeit seiner Lihbsten gnüge zu tuhn: und Markhold erzählt' ihr seinen traum, dehn er di fohrige nacht gehahbt, und alles, was sich dahrauf begäben hätte; ausgenommen das entleiben des Lauter-muhts wolt' er noch nicht so-bald entdäkken, damit er durch solche traurige zeitung ihre fräude nicht foländ zerstöhren möchte. [100]

Aber es wahr auch ümsonst, daß er solches verbärgen wolte: dan er hatte seine räde nicht so bald geändiget, als das geschrei schohn unter di gesel=schaft kahm, daß der Wälsche den Lauter-muht erstochchen hätte, und selbsten in der flucht von einer andern rotte, so vihlleicht dem Lauter-muht hätte wollen zu hülfe kommen, entleibet worden. Dan der Föchtmeister, welcher den Wälschen und den Lauter-muht wohl kante (weil si sich fohr disem alle-beide seiner unterweisung gebraucht hatten) wahr ohn gefähr des wäges, da sich dise schlägerei begäben, nahch Karanton zu, fohrbei gewandert; und hatte solches nahchmahls bei seiner widerkunft der wirtin des Lauter-muhts angesaget.

Di ganze Versamlung ward über diser unan=muhtigen zeitung dehrmahssen bestürzt, und so hästig betrübet, daß sich anfangs ihre lust und fräude in ein über-mähssiges weh-klagen und unlustige verwürrung veränderte. Seine tisch-fräunde stunden in solcher angst, als wan si alle mit einander führ di köpfe geschlagen wären, und wusten nicht was si begähen solten. Der eine teil ging zu pfährde, entweder den tähter zu suchen, oder aber den leichnam ihres Lauter-muhts auf zu höben: dan si wusten nicht, daß Härzwährt dahrbei gewäsen wahr, und den entleibten schohn hatte beschikken lahssen. Di andern stunden noch im zwei=fäl fohr der tühren, nahch einer vihlleicht gründlichern zeitung zu warten, und hatten allen wohl=stand, dehn si däm [78] Frauen-zimmer zu leisten schuldig waren, aus der acht gelahssen, also, daß ihm nihmand mehr aufwartete, als unser Markhold, welchen der Härz-währt, als er hinaus gegangen wahr, seiner Lihbsten auf zu dinen gebähten hatte. Das ganze Frauen-zimmer stund in trähnen; und weil es meisten-teils des Lauter-muhts kundschaft gehabt hatte, so wahr es so hastig be-[101]trühbt, daß sich auch etliche fast nicht wolten tröhsten lahssen. Aber wi sehr dise deutsche Mänsch=göttinnen (dan si waren meistenteils entweder hohch= oder nider-deutsche) den traurigen zustand des Lauter-muhts bejammerten, so konten si doch (welches hohch zu verwundern wahr) di Lihbste des Eiferichs nicht bewägen, daß si nuhr etliche zähren vergossen hätte, da si doch wohl vernommen hatte, daß nicht alein Lauter-muht, sondern auch ihr Lihbster selbst das läben eingebühsset. Jah si sahgte frei häraus, (als ihr Markhold dises fohrhihlt) es wären solcher Leute noch mehr in der wält, und si frahgte nahch dem Eiferich so vihl nicht, wan nuhr Härz=währt noch läbete. Dises sahgte si heimlich zu ihm, daß es di Tugendreich nicht hören solte: aber Markhold gahb ihr solch-einen harten blik, daß si leichtlich verstähen konte, was er führ gedanken hätte.

Man saget sonst ins gemein, daß di Hohchdeutschen träu-beständig, di Wälschen Libes-eifrig, oder schählsichtig, und di Franzosen leicht-sünnig sein. Wehr nuhn solches nicht gläuben wül, daß es wahr sei, dehr verfüge sich nuhr hihr-hähr, und schaue dise drei mänschen-bilder, den Härz-währt, als einen Hohchdeutschen, den Eiferich, als einen Wälschen, und dise Franzinne; gleichsam als einen dreifachchen läbendigen entwurf diser drei Fölkerschaften, mit bedachtsamkeit an. Wahrlich, er würd nicht läugnen können, daß Härz-währt, als ein Hohch-deutscher, der aller-träueste, aller-härzhafteste und aller-beständigste sei; daß Eiferich als ein Wälscher, der aller-libes-eifrigste, aller-schähl sichtigste und im schändlichen argwahn vertühfteste wühterich sei; und daß ändlich dise Franzinne, di allerunbeständigste, di aller-wankel-mühtigste und aller-leicht-sünnigste sei.

Als si sich nuhn eine guhte zeit in disem traurigen zustande befunden hatten, so lihs Härz-währt dem [102] [79] Markhold heimlich zu-entbühten, er möchte sich doch, so vihl als er immer könte, bemühen, di Tugendreich, daß es di andern nicht gewahr würden, mit sich in den hinter-hof zu führen, alda er ihrer warten wolte. Markhold, dehr ihm seines Fräundes sachchen vihl-mehr als di seinigen selbst angelägen sein lihs, erdachte straks einen rank, und lihs di wirtin bitten, si möchte doch durch ihre mahgd der Jungfer Tugend-reich ansagen lahssen, daß man ihr einen bohten geschikt hätte, nahch hause zu kommen.

Diser fund ging mehr als gewündscht von statten; dan, nahch-dähm di schöne Tugendreich von der ganzen geselschaft abschihd genommen hatte, so begleitete si der Markhold, und gahb ihr im hin=aus-führen zu verstähen, daß si nicht nahch hause, sondern zu ihrem härz-aller-lihbsten, dehr ihrer im hinter-hofe wartete, beruhffen wäre: und baht si mit solchen bewähglichen worten, daß si sich doch nicht weigern wolte, ihren Härz-währt noch dises einige mahl zu vergnügen; dan er würd' ihr ohne zweifäl noch fohr seinem abzuge di lätste guhte nacht wündschen wollen. Di lätste gute nacht (huhb si mit härz-brächchenden seufzen an) das sei färne! ich hoffe noch zu fohr mehr, und der bästen nächte mit ihm zu genühssen, eh er mihr di lätste gäben sol.

Jah (fihl ihr Markhold in di räde) meine Jung=frau hat freilich der bästen noch zu genühssen, und diser abschihd sol dahrüm nicht der aller-lätste sein, sondern in kurzen, wan es di zeit und gelägenheit ein wenig leiden würd, durch eine hohch-erfräuliche widerkunft erstattet wärden.

Inzwischen näherten si sich dem Härz-währt, welcher mitten im hofe in solchen tühffen gedanken stund, daß er anfangs ihrer ankunft nicht gewahr ward. Markhold, nahchdähm er ihm mit seiner Lihbsten eine guhte weile zugesähen hatte, huhb ändlich an und sahgte; mein bruder! ich bin seinem [103] befähl träulich nahch-kommen, und habe disen hohch=währten schaz, welchen er mihr anvertrauet hat, nicht alein wi meinen aug-apfel selbst bewahret, sondern ihm auch hihr gegenwärtig, seinem begähren nahch, widerüm überlüfern wollen.

[80] Er überlüfert mihr freilich (gahb er zur antwort, nahch-dähm er sich gegen ihn bedanket hatte) einen sehr hohch-währten schaz, welchen ich mehr als mein läben libe, und an dehm mein härz nuhr alein hanget, aber ich wärd' ihn bald widerüm verlühren müssen: und Si, aller-schöhnste Tugendreich (sahgt' er, und wändete sich nahch seiner Lihbsten zu) würd mihr höhchlich verzeuhen, daß ich so un=höhflich gewäsen bin, und ihr anmuhten dürfen, zu mihr zu kommen, da es mihr doch vihl bässer angestanden wäre, wan ich meiner Schönen, ihr dise tritte zu ersparen, selbst aufgewartet hätte. Aber, weil es di hohe noht erfortert, und ich solches, aus uhrsachchen meines izigen unglüksäligen zustandes, noht-drünglich tuhn müssen, so darf ich auf nichts mehr gedanken, als wi ich mein unglük beklagen, oder vihlmehr mich aus einem noch instähenden ärgern rätten sol. Dahr-üm wül ich si meine härz-allerlihbste (mit disen worten fihl er ihr üm den hals) der götlichen obacht träulich befählen, mich aber ihrer ungefärbten härzlichen Libe!

Aber solchen räden kahmen ihr di trähnen mildiglich härab geflossen, und er konte führ schmärzen kein wort mehr machchen, als; mein härz, meine Sonne gehabe sich wohl! si gehabe sich wohl! und meine härz-allerlihbste bleibe beständig, gleich wi ich beständig bleiben, und der ihrige starben wül.

Mit disen worten schihd er von ihr, und säzte sich mit seinem Markhold zu pfärde, damit er sich (ehe dise händel führ di obrigkeit gebracht würden, und ihm nicht etwa zum schümpfe gereichten) in di Nord-männische gränze begäben möchte. [104]

Also machten sich dise beiden Fräunde auf den wähg, und di trühbsälige Tugend-reich, welche fohr grohssem weh-leiden kein einiges wort-glihd zu wäge bringen konte, verfolgte si mit den augen so weit, als si immer konte. Da reitet nuhn dehr-jenige hin (gedachte si bei sich selbst) dehr dihr bis-hähr so manche stunde versühsset hat, und nuhn ins künftige alle mit einander verbittern würd! wehr würd mich arm-säligen hihr in der fremde tröhsten, nuhn mein einiger trohst hin ist! doch was bekümmerstu dich, meine Sehle (sprahch si ihr selbst zu) du hast vihl-mehr [81] zu wündschen, daß es ihm wohl gähe, und daß er glüklich möge widerüm zurükke gelangen.

Wi manche seufzer täht si, wi mancher trahn fihl ihr aus den augen, eh ihr Markhold von ihrem Lihbsten ein schreiben zurük brachte; ein solches schreiben, welches si seiner träue versichcherte, welches si in ihrer trühbsahl tröhstete, und ein wahres märk-zeuchen seiner beständigen libe wahr.

Nuhn wollen wihr den Härz-währt so lange bei den Nordmännischen Sähninnen und Eptinnen, di Tugendreich aber bei ihren Parisinnen verzühen lahssen, und unterdässen sähen, wi es mit dem Markhold, dehr nuhn bald zweifachche zeitung von seiner Rosemund bekommen sol, ablauffen würd. Dan er hatte sich kaum widerüm nahch hause begäben, als er schohn wider-üm an das schreiben seiner träugelihbten gedachte, und wahr kaum in di kammer hinein geträten, als er auf der ärden ein kleines brihflein, welches er den fohrigen abänd aus der Rosemund schreiben unversähens verschüttet hatte, von färnen erblikte.

Er huhb es eilend auf und sahe, daß es seine Rosemund geschriben hatte; Er las' es und befand, daß es gleichsam ein aus-läger wäre däs andern schreibens, welches er schohn geläsen hatte. Er sahe si ver-[105]zweifält, arg-wähnisch, libes-eiferig, und doch auch beständig, dihnst-erböhtig und wider behärzt zu=gleich. Das eine macht' ihm schmärzen und weh-leiden, das andere gahb ihm trohst und hofnung. Si berüchtet' ihn mit solchen härz-drüngenden worten, daß si anfangs wüllens gewäsen wäre, sich in einen Jungfer-zwünger zu begäben; weil si aber an seiner standhaftigkeit nicht gahr hätte zweifäln wollen, und gedacht, daß er sich noch wohl wider sünden würde, indähm si gahr kein einiges mis-trauen zu ihm haben könte; so hätte si ihr führnähmen nuhr ihm zu libe geändert, damit si jah an seiner verzweifälung (welche, wan er noch traü verbliben wäre, und ihre änderung vernommen hätte, sonder zweifäl nicht aussen bleiben würde) keine schuld haben möchte, und ändlich beschlossen, sich so lange in das feld- und schähffer-läben zu begäben, dahrinnen si nicht gezwungen wäre, wi in däm andern, ihre ganze zeit zu verschlühssen.

[82] Wiwohl nuhn Markhold über dises schreiben nicht wenig betrübet wahr, so unterlihs er doch nicht, sich widerüm in di behausung seines Härz-währts zu verfügen, in wüllens den hohch-deutschen von adel, welcher ehrst aus Holland kommen wahr, zu besuchen. Als er nuhn di träppe zu seinem zimmer hin-auf-steigen wolte, da kahm ihm der Diner gleich entgegen, welcher ihn auf sein fragen berüchtete, daß sein Her zu hause wäre. Markhold aber, dehr hihr-mit nicht vergnüget wahr, frahgt' ihn noch weiter, aus was führ einem Lande däs Deutschen Reiches sein her bürtig, und aus was führ einem Geschlächt' er entsprossen wäre.

Der diner, welcher den Markhold noch nicht kännte, gahb ihm zur antwort, daß er ein Schlesischer von adel wäre, und eine Schwäster in Holland hätte, di Adelmund hihsse, und in kurzen einem Schalt-obersten solte vermählet wärden. Hoh! [106] (sihl er ihm in di räde) so ist er der rädlichen Adel=mund bruder? ei liber! wi gähet es der lihb-säligen Jungfrauen, und was machchen ihre gespilinnen, di Venedischen, des Sünnebalds töchter? Alles guhtes, gahb der diner zur antwort, und sahgte; mein Her ist gewüs der Markhold? dan ob ich ihn schohn nihmahls gesähen habe, so kan ich ihn doch aus seinem wäsen, und gebährden, wi mihr solches von der Jungfer Rosemund ist beschriben worden, leichtlich erkännen?

Markhold, als er solch-einen belihbten namen nännen hörete, wüste nicht, was er zur gegen-räde gäben solte, und wahr so verwürret in seinen sünnen, daß er ihn nicht beantwortete, sondern nuhr straks frahgte, ob ihm dise Schöhne nichts vermälden lihsse. Jah freilich, sagte der Diner, si ist gesonnen seine Träue zu stärben, und lässt ihm nichts mehr als solchen ihren sün näbenst einer unverblüschlichen libe zu-entbüten. Gleiches-falles verpflüchten sich auch Jungfer Stil-muht und Adel=mund zu seinen dihnsten. Hihr-mit zohg er ein schreiben, welches di Adelmund an ihn geschriben hatte, här-aus, und gahb ihm solches. Weil nuhn Markhold gedachte, daß es nuhr ein überzug eines vihl ähdleren schazzes sein würde, welchen er von seiner Rosemund zu gewarten hätte, so frahgt' er [83] nicht weiter nahch; sondern stäkt' es straks zu sich, und nahch-dähm er dem Diner befohlen hatte, daß er ihm, wan er sich wider nahch hause machte, folgen solte, so ging er di träppen hinauf, und fand gleich den Hülfreich (also hihs diser Her) fohr der tühre stähen.

Markhold ging straks zu ihm zu, und hihs ihn wülkommen sein; gahb ihm auch mit seinen räden so vihl zu verstähen, daß er leichtlich abnähmen konte, daß er dehrjenige wäre, führ dehn er sich wolte angesähen haben. Hülfreich lihs ihn in sein zimmer [107] eingähen, und nahch-dähm si sich nider-gelahssen hatten, so gahb er ihm auch zu erkännen, daß er der Adelmund bruder wäre; und ihn schohn im ehrsten anblikte fohr den Markhold angesähen hätte. Er berüchtet ihn auch, wi es üm si und di beiden Jungfern, ihre gespihlen, stünde; wi es im deutschen Reiche beschaffen wäre, und daß Rosemund, aus was fohr uhrsachchen wüst' er nicht, das schähffer-läben erwählet hätte; doch gleich-wohl nicht unterlihsse, ihre Jungfer Schwäster mit der Adelmund noch tähglich zu besuchen.

Der Markhold aber, welcher an disem seinen berüchte nicht gnug hatte, sondern seine Lihbste selbst gärne hören wolte, gedachte schohn wider nahch hause; und nahch-dähm er ihn üm verzeuhung gebähten hatte, daß er ihm izund einer wüchtigen verrüchtung wägen, di ihm ehrst eingefallen wäre, nicht länger auf-warten könte, so nahm er seinen ab=schihd. Hülf-reich begleitet' ihn bis fohr di tühre; und nahchdähm er sich widerüm auf sein zimmer begäben hatte, so folgte der Diner dem Markhold nähch; welcher fohr grohssem verlangen kaum so lange warten konte, bis er in sein zimmer wahr; da er dan das schreiben der Adelmund also-bald erbrahch, und nuhn-mehr ehrst innen ward, daß ihn seine hofnung betrogen hätte. Gleich-wohl wolt' er den Diner nicht eher fragen, er hätte dan das schreiben der Adel=mund durch-geläsen, welches ihm vihl-leicht seiner Schönen wägen gründlichen berücht erteilen würde.

Der Diner märkte wohl, als er das schreiben erbrochchen und fast halb verläsen hatte, daß er sich zu unterschihdlichen mahlen entfärbete, und gahr klein-laut dahrüber ward; darüm wolt' er ihn nicht langer verzaplen lahssen, [84] sondern reicht' ihm das schreiben seiner ädlen Rosemund dahr, und sagte; Mein Her wolle mihr zum höchsten verzeuhen, daß ich so kühne sein dürfen, disen ädlen schaz fohr sei-[108]nen augen so lange zu verbärgen; oder vihlmehr seiner tausendliben Rosemund vergäben, daß si ihm solches nicht eher zu überlüfern befohlen hat, ich hätte dan gesähen, daß er einige anzeugungen blikken lihsse, dahr-aus ich schlühssen könte, daß er dises ihr brihflein nicht verwärfen, sondern mit gnädigen augen anblikken würde.

Nihmahls ist ein mänsch mehr erfräuet gewäsen als Markhold; nihmahls hat man mehr veränderungen unter seinem gesichte zugleich in einem einigen zeit-blikke gesähen, als in däm seinigen. Di hände zitterten fohr furcht und fräuden: dan er befürchtete sich, si würd' ihm noch einen härteren verweis zu-schreiben, und wahr doch auch nichts däs zu weniger froh, daß si sich seiner nicht gahr begäben hätte, und ihn noch einer solchen ehre würdig schäzte. Er wahr so gerühret, und so begihrig dises belihbten schreibens, inhalt zu wüssen, daß er solches schihr im erbrächchen zerrissen hätte: und nahchdähm er selbiges entsigelt hatte, so bekahm er nahch-folgende wort zu läsen.


Der Rosemund abgegangenes

Schreiben

an den Markhold.

Ihrem geträuen Markhold wündschet di Rosemund ein ewiges wohl-ergähen!

Mein Her,

wan er wüssen solte, wi mihr bei verfassung diser wenigen worte di hand, näbenst einem häftigen härz-klopfen, so unauf-höhrlich zittert, so würde mein fähler ohne [109] zweifäl schohn vergäben sein, und mein alzu-hastiges verfahren mehr verzeuhung erlangen, als ich furcht und bedänken trage, di fäder däswägen an zu säzzen. Dan ich hätte vihl lihber meinen schähffer-stahb, di schähflein dahrmit zur gesunden weide zu leiten, führen wollen, als dise fäder, mein verbrächchen damit aus zu tilgen, zur hand nähmen. Er schaue doch, mein Her, den wüllen einer armsäligen Schähfferin führ seinen fühssen ligen, und ihr härz in seinen händen, damit si solches däm seinigen, weil es ihm alein gewihdmet ist, übereignen möge.

Ich bekänne gahr gärn, daß ich mich, da ich noch hohchmühtig wahr, und in meinem angebohrnen stande lähbte, an [85] meinem Geträuen verbrochchen habe; Aber nuhn-mehr, nahchdähm ich solchen hohch-fahrenden stand verlahssen, und nicht mehr in einem so köstlichen hause wohne, hab' ich auch der frommen schähflein ahrt und eigenschaft an mich genommen, und mit einem nidrigen schähffer-hütlein meinen muht genidriget, und meinen unbilligen eifer fahren lahssen. dehr-gestalt, daß ich nuhn mit demühtigem härzen und nidrigem geiste solches verbrächchen beräue, und dehr gewüssen hofnung läbe, daß sich mein Geträuer, üm seiner und meiner libe wüllen, zur günstigen verzeuhung wärde bewägen lahssen. [110]

Bin ich gleich mitten im Adriatischen Mehre gebohren, und den wällen (welche bald from, bald stille, bald widerüm ergrimmet und erbohsset, fohr hohch-muht, entpohr steigen) in etwas nahch-geahrtet; so hab' ich doch izund solche stürmende wällenahrt verlahssen, und nahch den stillen wässerlein, an deren unabgespühlten ufern ich meine sünnen gerüchtet. Jah ich bin from, de-mühtig, stil und sitsam worden; da ich fohr-mahls (ich mus es wüllig bekännen) argwähnisch, hohch-fahrend, auf-geblasen und unruhig gewäsen bin. Solche laster hab' ich nuhn gänzlich, vermittelst dises nidrigen läbens, das ich izund führe, aus meinem härzen vertilget. Wolte nuhn meinem Geträuen beliben, mich auch in disem stillen stande, in disen hürden, da ich meine izige hohf-haltung habe, wäsendlich zu besuchen, so würde seiner Schähfferin nicht alein di höchste ehre, welche si auf der ganzen walt zu gewarten hat, geschähen; sondern ich wolte mich auch so dankbahrlich dahr-führ zu erzeugen wüssen, daß Er mit der taht und wahrheit erfahren solte, daß ich zu stärben gesonnen sei,


Mein Her,
Seine gehohrsame, träu-beständige
Rosemund.
[111]

Di-jenigen, so aus der erfahrung di wunderlichen würkungen einer träu-befästigten Libe wüssen, können unschwähr errahten, was diser so härz=entzükkende, so durchdrüngende und mit-leidens=würdige brihf in däm härzen des Markholds führ eine ruhr erwäkket hat. Er wahr froh, daß si sich schohn in drei oder vihr tagen so über alle mahsse geändert hatte. (dan der fohrige brihf wahr des mahn-tages, und diser des frei-tages dahr-nahch gegäben) Er verstund ihre beständigkeit, und härzliche beräuung ihres verbrächchens. Er sahe si gleichsam läbendig und selblich fohr seinen fühssen ligen, und üm verzeuhung bitten. welches ihn so häftig jammerte, daß er sich, wo [86] es ihm, als einem mans-bilde, wohl anständig gewäsen wäre, däs weinens nicht enthalten hatte. Hatt' er si fohr disem häftig gelibet, so libet' er si izund noch vihl tausend=mahl häftiger, und noch vihl inbrünstiger, als er nihmahls getahn. Jah er begunte si von disem nuhn an solcher gestalt zu liben, daß er sich auf ihre lätste wort, fast noch selbigen abänd entschlossen hätte, Frankreich zu verlahssen, und seine Schöne in solcher näuen behausung zu besuchen.

Als er nuhn, nahch verläsung dises schreibens, seinen gedanken eine guhte weile den zügel gelahssen hatte, so rädet' er ändlich den Diner des Hülf=reichs an, und frahgte; ob ihm seine Rosemund noch etwas mehr befohlen hätte? nahch-dähm er ihm aber nichts weiter in ihrem namen zu sagen hatte, so baht er den Diner, er möcht' ihm doch erzählen, was sich sonst mit ihr, zeit seines abwäsens, zu-getragen hätte, und wi si sich in dises Schähffer=läben zu schikken wüste.

Der diner wahr dässen sehr wohl zu friden, und, nahchdähm er den Markhold auf sein begähren noch färnere versichcherung getahn, daß er ihm nicht das geringste, was er von ihr erfahren hätte, verschweigen wolte, so fing er folgender mahssen an zu räden: [112]


Di begähbnüsse

Der Rosemund

zur zeit ihres schähffer-läbens.


Nahch-dähm mein Her nicht alein selbsten durch sein eignes schreiben di uhrsachche gewäsen ist, daß di götliche Rosemund ein solches stilles läben und nidrigen stand erwählet hat, sondern auch, (wi ich aus seinen räden vernähme) den anfang ihrer veränderung bässer weus, als ich ihm vihl=leicht erzählen würde; so wül ich dan nuhn nicht sagen, wi sich dise Schöne, nahch-dähm si sein schreiben, welches ihr zur selbigen zeit (dan nuhn=mehr hat si es bei ihr selbsten bässer erwogen) etwas fremde zu sein schine, entfangen, so überaus häftig betrübet; und wi si von solcher betrühbnüs, wo ihr nicht di kluge Adelmund entsaz geleistet hätte, vihlleicht gahr überwältiget wäre, und dem [87] tode zu teil worden. Ich wül nicht sagen, wi si sich an=fangs aus mishofnung in einen Jungfer-zwünger begäben wollen: und wi si ihr nahch-mahls fohr das eingezogene gelohbte läben dises ihr gegenwärtiges, aus bewusten uhrsachchen und eigner wülkühr ein zu träten beliben lahssen. Damit ich aber meinen Hern däs zu mehr vergnüge, so wül ich ihm nuhr zufohr di gegend und gelägenheit des=selben ortes, wo si sich meisten-teils mit ihrer hehrde auf zu halten pfläget, in etwas entwärfen.

Unfärn von der Amstel lihgt ein über-aus lustiger ort, dehr von wägen viler linden und erlen denen ümhährwohnenden schähffern und schähfferinnen, in den heissen sommer-tagen zu einer angenähmen kühlung dinet. Di schattichten bäume, di lihblichen wisen, di wasser-reiche gräben, welche so wohl disen lust-plaz ringst ümhähr bewässern, als auch mitten durch-hin gähen, gäben ihm ein über-[113]aus schönes aus-sähen. In der mitten lihgt ein bärgichter plahn, welcher wägen seiner höhe den schahffen eine sehr bekwäme weide härführ-bringet. Das grahs ist nicht so über-aus fet und saftig, wi an den andern ümligenden sümpfichten örtern, dehr-gestalt, daß man alhihr, wiwohl man selbiges sonst in der ganzen gegend nicht tuhn kan, zimlich vihl schahffe zu halten pfläget.

Am hange dises bärgleins hat di über-irdische Rosemund ihre behausung in einem kleinen schähffer-hütlein genommen, welches an einem wasser=graben erbauet, und mit etlichen linden beschlossen ist, dahr-auf ihr di vogel manches morgen- und abänd-ständlein verehren, und, gleichsam als wan si mein Her dahr-zu hin-geschikt hätte, mit ihren nacht- und tage-weisen manche stunde, di ihr sonst vihl zu lang fallen würde, verkürzern.

An einem solchen orte und in solcher einsamkeit läbet nuhn seine mehr als mänschliche Rosemund, und hat aldahr in solcher stille und in solchem fride ihre verwürrete gedanken widerüm entworren, ihren verunruhigten sün wider befridiget, und mit den winden anstand gemacht: dan der äusserste kummer ist also geahrtet, daß er alwäge zur einsamkeit seine ehrste zuflucht nähmen wül, weil di Sehle bei geselschaften das gift ihrer krankheit so frei und ungehintert [88] nicht ausstohssen darf, auch nicht eher, si sei dan dässen entladen, der gegen-mittel und des trohstes fähig ist.

Wihr waren gleich zwe tage fohr diser ihrer ab=wächselung in Holland ankommen, da wihr dan straks von ihren leuten erfuhren, daß es im wärke wäre. Si lihs sich von keinem mänschen sähen, lihs auch nihmand fremdes führ sich, und kahm nicht ein-mahl aus ihrem Zimmer, dehr-gestalt, daß mein Her, wi sehr verlangen er auch dahr-nahch hatte, di ehre nicht haben konte, si nuhr einmahl zu sähen. [114] Er ging oft-mahls fohr ihrem Zimmer hin und wider, und vermeinte dises wunder-bild, wan di tühr' auf-gähen würde, ins gesichte zu bekommen: alein si hatte sich den tahg über allezeit in ihr inneres bei=zimmer so fäste verschlossen, daß es nuhr ümsonst wahr, sich däshalben färner zu bemühen.

Als si nuhn ihre reise des morgens sehr früh, da=mit es nihmand gewahr würde, nahch disem plazze zugenommen hatte, so täht Jungfer Adelmund ihrem Hern bruder den fohrschlahg, daß er sich in schähffers-kleider verställen, und si auf den abänd, als ein abgefärtigter schähffer von meinem Hern, dem Markhold, in ihrer näuen wohnung besuchen solte; welches dan auch also-bald geschahe. Dan wihr verkleideten uns alle beide, bekränzten das hahr mit eingemachten und wider-angestrichchenen rosen (dan frische konten wihr nicht bekommen) nahmen, ein ihder, einen schähffer-stahb in di hand, und kahmen also kurz fohr der Abänd-dömmerung führ di wohnung der Rosemund.

Dise schöne Schähfferin hatte sich gleich in di tühre, gegen den untergang der Sonnen, nider-gelahssen, und sahe di röhslichten strahlen, welche sich gleich damahls so lähbhaft und so zihrlich an den wolken ausgebreitet hatten, und durch ihren zurük-prallenden schein, das wasser gleichsam vergüldeten, mit verwunderung an. Si hatte den linken arm auf eine krampe gelähgt, und lihs das haubt dahr-auf ruhen. Jah si sahe den himmel so unverwandt und so steif an, und sahs in solchen tühffen gedanken, daß si unserer anfangs nicht gewahr ward, dehr-gestalt, daß wihr zeit genug hatten, uns auf ein abänd-spihl gefasst zu machchen.

[89] Als sich nuhn mein Her von färn unter einen baum gesäzt hatte, und ein schähffer-lihd auf seiner pfeiffen zu spihlen begunte, so fuhr si aus ihrer sühssen verzükkung gleichsam führ schrökken in di [115–116] höhe, und wolte sich in ihre schähffer-wohnung verbärgen. Aber, nahchdähm si sahe, daß wihr so gahr nahe bei ihr waren, (dan wihr hatten uns von färn unter einen baum nider-gelahssen) und auch, allem ansähen nahch, nicht wüllens wären, uns zu nähern, so säzte si sich widerum auf die tühr-schwälle, und hörete meinem Hern mit sonderlicher aufmärkung zu. Inzwüschen über-las' ich mein schähffer=lihdlein, welches mein Her in ihres Lihbsten namen äben dehnselbigen mittahg gemacht hatte, und widerhohlt' es etliche mahl in geheim bei mihr selbst, damit ich solches, wan es erfortert würde, färtig hähr-süngen könte.

Als er si nuhn eine guhte weile mit seiner pfeiffen alein ergäzzet hatte, so wolt' er ihr auch gärn einen gesang höhren lahssen, und frahgte mich, ob ich nuhn das schähfferlihd, welches er mihr gegäben hätte, wohl süngen könte. Ich gahb ihm zur antwort, daß ich mich alle-zeit, wan es ihm beliben würde, dahrzu gefasst hihlte, und er dürfte nichts mehr tuhn, als mihr nuhr winken, so wolt' ich mit meiner stimme straks in seine weise einfallen. Hihr=auf macht' er widerüm ein kleines fohrspihl, und nahch-dähm er mihr mit den augen einen wink gegäben hatte, so fing ich an solcher gestalt zu süngen:


Schähffer-lihd.

i.
Schöner flus, bei dessen strande
seine libe Lihbste wohnt,
di ihn lähgt in schwäre bande,
und mit harten worten lohnt;
stäh' und hämme deine fluht
ihm zu guht. [117]
ii.
Höhre, wi er sich beklaget
fohr der Aller-lihbsten tühr;
schaue, wi er zitternd zaget,
und darf selbsten nicht zu ihr:
[90]
seiner wangen farb' entweicht
und verbleicht.
iii.
Er würd izt in ohnmacht fallen,
noch flüht seine Schähfferin,
di er lihbt fohr andern allen,
und di ihn von anbegün
selbst so härzlich hat gelihbt,
nuhn betrühbt.
iv.
Ihrer schönen augen stärne,
das beflamte blizzel-zwei,
blikt izund nicht mehr so gärne,
sein erzürnt, und wärden schäu:
ihre fohr-belihbte zihr
weicht von hihr.
v.
Si erkänt und siht ihn klagen,
aber hören wül si nicht,
noch mit ihm ein leiden tragen;
Markhold, Markhold, wi si sprücht,
ist mein feind, drüm heiss' ich ihn
von mihr zühn. [118]
vi.
Nicht so scharf, o Schähfferinne,
Markhold hat kein feindlichs härz:
halt, o harte, halt nuhr inne;
doch, es ist vihl-leicht dein schärz,
und auf sturm folgt ins gemein
sonnen-schein.

Als ich dise lätsten zwei gesäzze sang, so hatte si sich mit däm häubte fast gahr auf den schohs geneuget, und sahe sich mit solchem ärnste nahch uns üm, damit si erkännen möchte, wehr wihr wären; aber es wahr schohn alzu dunkel, und si wolte sich auch nicht erkühnen aus ihrem schähffer-hütlein här-aus zu träten, dehr-gestalt, daß si disen abänd nichts von uns zu wüssen bekahm.

Des andern tages sehr früh schikte si zur Adel=mund, und lihs si, näbenst anerbütung ihrer schuldigkeit, fragen, ob si keine zeitung von dem Markhold bekommen hätte: [91] dan si hatt' ihr eingebildet, daß er fohrigen abänd mit dahr-bei gewäsen wäre, als ihr dises lihdlein an zu hören gesungen ward. Nahch-dähm ihr nuhn di Adelmund widerum hatte zu-entbüten lahssen, daß si ihn zwahr noch nicht gesähen, aber gleich-wohl von einem seiner bekanten vernommen hätte, daß er zu Amstelgau gewäsen wäre; so verkleidete si sich auch selbsten, zohg ein ganz schlohs-weisses atlassen kleid an, mit isabel=färbigen spizzen verbrähmet, und gahb uns beiden eine gefährtin.

Also machten wihr uns widerum selb dreien nahch der Rosemund behausung zu, welche sich dise nacht (wi si mihr hähr-nahch absonderlich sahgte, da ich sein schreiben von ihr bekahm) nicht schlahffen gelähgt hatte, sondern allezeit in den gedanken gestanden wahr, daß er ihr in gestalt eines Him-[119]mels-bohten erschinen wäre, und si ihres argwahnes halben hätte bestrahffen wollen; dehr-gestalt, daß si nuhn-mehr ihren eifer-süchtigen muht gänzlich gebrochchen, und den beleidigten üm verzeuhung anflöhen wolte.

Mein Her führte seine Jungfer Schwäster ehrstes mahls unter diselbige linde, da wihr fohrigen abänd unsere kurzweile gehabt hatten, und erzählt' ihr, wi sich di Rosemund so schüchtern nahch ihnen ümgesähen hätte.

Weil ihnen nuhn diser baum sehr lustig zu sein schine, so lihssen si sich auf eine zeit dahr-unter zur ruhe nider, und führeten allerhand gespräche mit einander. Adelmund erzählt' ihm, wi ihn seine himlische Rosemund straks im anfange, da si ihn nuhr einmahl loben hören, und noch nih-mahls gesähen, schohn so häftig lihb-gewonnen hätte, daß si ihre libe auch nicht einmahl, wi sehr si sich auch dahrüm bemühet, verbärgen können; und wi si sich in ihrer ehrsten zu-sammen-kunft über alle mahssen entzükt befunden; dehr-gestalt, daß es ihr nicht befremdet führkähme, daß si sich bei seinem abwäsen so häftig gegrämet, und aus alzu eiferiger Libe in eine solche schwährmütigkeit gerahten wäre, di ihr nicht hätte gestatten wollen, sich mit ihr oder ihrer Jungfer Schwäster zu erlustigen.

Indähm 'si solches sahgte, da erblikte si ohn-gefähr etliche Tichtlinge, di in des baumes ründe geschnidten waren. Sihe hihr, mein bruder (sahgte si) was sol dises [92] bedeuten? dis ist noch ein frischer schnidt; was gült es, di Rosemund würd auf dein gestriges lihd geantwortet haben! Als si sich nuhn beide, selbiges zu läsen, erhoben hatten, so befanden si, daß ihre muht-mahssung nicht falsch gewäsen wahr.

Mein Her nahm also-bald seine schreibe-tafel, und schrihb das ganze lihdlein ab, welches er seiner [120] ahrtigkeit halben, noch alle-zeit als ein heiligtuhm verwahret, und würd es meinem Hern, so er es begähret, wohl sähen lahssen.

Von disem baume gingen wihr widerüm zu einem andern, da wihr auch ein überaus-schönes anspihl auf des Markholds namen fanden, wor=aus ihrer Libe häftigkeit so sonnen-klahr blikte. Ja si hatte seinen namen mit dem ihrigen fast in alle bäume geschnidten, damit ja das gedächtnüs ihrer libe mit ihnen zu gleich wachssen und bekleiden möchte.

Als wihr nuhn eine guhte weile unter disen bäumen härüm gewandelt waren, so begaben wihr uns auch auf den bärg hinauf, da si gleich unter einem äpfel-baume sahs, und mit ihren schähflein, di sich fleissig beweideten, ümgäben wahr. Adel=mund schikte mich also-bald zu ihr, und lihs si üm eine fräundliche zusammen-sprache begrühssen, welche si ihr auch also-bald zustund, so färn si alein zu ihr kommen würde.

Weil sich nuhn di Adelmund mit einem falschen gesichte vermummet hatte, so konte man si gantz nicht erkännen, zufohr-aus in diser schähffers=tracht, in welcher si Rosemund noch nihmahls gesähen: Drüm dorfte man sich nicht verwundern, daß si fast eine halbe stunde mit einander rädeten, ehe dise schöne Schähfferin ihrer Fräundin, der Adel-mund, unter disem mum-gesichte gewahr ward: welche über alle ihre künstlerische verställungen auch di spräche selbst so meisterlich verändern konte, daß si Rosemund nicht gekännet hätte, wo si nicht ihr sonnen-schirm, welchen si in der hand hatte, verrahten.

Wehr wahr froher als Rosemund; wehr wahr lustiger als dise ädle Schähfferin, indähm si ihre geträue Fräundin in einer solchen tracht ümfahen solte? Si versichcherte sich [93] schohn heimlich bei ihr [121] selbst, daß ihr Markhold gewüslich müste fohrhanden sein, und sahe meinen Hern von färnen an, in wüllens, ihn an zu räden: weil si aber noch nicht trauen durfte, so frahgte si zu-ehrst di Adelmund, ob jenes nicht Markhold wäre? Nein, (gahb Adel=mund zur antwort) es ist mein bruder, welcher ehrst fohr drei oder vihr tagen aus Deutsch-land kommen ist.

Auf dise worte fihl ihr der muht dehr-massen, daß si kaum mehr räden konte, gleichwohl sahgte si zu ihr: ei! wahrüm lähsst-si dan ihren Hern bruder so von färnen hinten-aus stähen! wihr wollen ihm, so es ihr belibet, entgegen gähen, damit ich mich meiner unhöhfligkeit wägen gegen ihn entschuldigen möge.

Als si dises gesahgt hatte, so nahm si di Adel=mund bei der hand, kahm uns entgegen, und sahgte zu meinem Hern; Mein Her wird der unhöhfligkeit einer bäuerischen Schähfferin etwas zu gute halten, di ihm nicht anders zu begegnen weus, als wi si es in einem solchen läben, da man auf höhfliche gepräng' und ehr-erbühtigkeit wenig sihet, schohn gewohnet ist. Hihrmit boht si ihm di hand selbsten, ehe si noch rächt bei uns wahr, und ehe er sich dässen versahe.

Nihmahls hab' ich so eine schöne schähfferin gesähen, als si; ich habe nihmahls kein anmuhtigers, kein lihblichers Frauen-zimmer erblikket, als dises wunder-mänsch. wi färtig waren nuhr ihre glider, wi zahrt und behände di finger, wi hurtig di fühsse, wi belähbt und fräundlich di gebährden. Das hahr wahr oben mit einem güldnen ketlein eingefasset, und di lokken flatterten uneingeflochten üm den hals härüm. Der wind spilete mit ihren förder-lokken, und hatte gleichsam seine lust dahran, wan er si in ihr angesicht, über di augen, daß er si zu sähen, und über den mund, daß er si zu räden verhinterte, här-[122]üm wehete. Jene waren so wunder-lihblich, und diser so roht, wi eine rose, di sich ehrstlich des morgens auf-getahn, und noch mit tau befeuchtet ist.

Wan ich noch dahr-an gedänke, wi si ihren schähfferstahb, dehn si oben am haken mit einem kranze von roht- und weissen rosen, welches ihre leib-farbe wahr, gezihret [94] hatte, so ahrtig schwängken konte, so bin ich fast noch halb verzükket. Di sünnen entgähen mihr, wan ich gedänke, wi si solch' eine lihbliche, solch' eine reine, und solch' eine klahre aus-sprache hatte. Mein Her muste selbsten bekännen, daß er ihres gleichen nihmahls gesähen hätte. Jah, als si von uns ein wenig abgeträten wahr, da sahgt' er in geheim zu seiner Schwäster; wan Helene alle dise zihrligkeiten, di er hihr sähen könte, gehabt hätte, so verwundert' er sich gahr nicht, daß si Paris entführet, daß so ein mächtig Folk das läben eingebühsset, und solch'-ein' überausschön' und gewaltige Stat, als Troja gewäsen, um ihrer Schöhnheit wüllen, eingeäschert, und verstöhret worden wäre: sondern er müsste sich nuhr verwundern, wi es noch mühglich sein könte, daß irdische augen dise über-irdischen (dahr-in Lihb-reiz seinen Reichs-stuhl hätte, und unter ihren blikken mit solchen scharfen pfeilen härüm sprühete) noch vertragen könten, und wi dises himlische geschöpfe aus einem stärblichen leibe hätte können gebohren wärden!

Ich kan meinem Hern nicht sagen, was dises schöne Wunder führ träfliche nahch-dänkliche räden führete, und wi si sich zum öftern, ihrer unhöhfligkeit wägen, selbst heimlich durch-zohg, und solches mit so ahrtigen worten bemänteln konte, daß sich ihderman höhchlich verwundern muste, und Hülf=reich ändlich gezwungen ward, solche träfliche höhfligkeit bei ihrer gegenwart selbst zu erhöben: Welcher schähffer, (sahgt' er) o wunder-schöne, [123] und welcher mänsch hat ihmahls solch' eine' über=aus-höhfliche schähfferin gesähen! wi glüksälig ist dise hehrde, di solch' eine schöne und solch' eine verständige Hühterin hat; diser ort, wi mich dünket, ist gahr stolz, in-dähm er Si zur beschüzzerin bekommen, und pochchet auf seine kluge beherscherin. Di bäume stähen gleichsam mit ihren stolzen ästen entbohr, und wan Si sich ihnen nuhr ein wenig nähert, so (deuchtet mich) neugen sich di zakken aus demuht führ ihrem herlichen ansähen.

Ach mein Her (fihl si ihm in di räde) wan ich ihn diser seiner worte halben bestrahffen wolte, so würd' ich mich an ihm mehr verbrächchen, als seinen fähler (so man eine tugend also benännen mahg) verbässern; dan ich weus [95] wohl, daß ihm seine angebohrne höhfligkeit nichts anders zu räden gestattet, als nuhr ein solches lob denen-jenigen zu gäben, di doch däs wenigsten nicht würdig sein. Drüm wül ich meine unwürdigkeit nuhr mit stil-schweigen bekännen, und seine höhfliche tugend mit verwunderung erhöben.

Als si nuhn noch eine lange zeit gehöhflet hatten, und dise prunk-räden kein ände nähmen wolten, in-dähm ein ihder das feld zu behalten gedachte, so brachte si Adelmund noch ändlich von einander, und sahgte mit lächlen zur Rosemund; Ich vermeinte, daß ich eine Schähfferin besuchen wolte, aber ich befünde, daß unter einer schähfferin tracht di aller-sünlichste und gnaueste höhfligkeit, di man auch am erz-königlichen hofe, unter däm Käserlichen Frauen-zimmer, zu Wihn kaum anträffen würd, verborgen lihgt. Meinem Bruder hab' ich solches wohl zu-getrauet, weil er gleich izt vom hofe kömt, und solcher hoht-sitten und wortgepränge gewohnet ist; aber einer schähfferin, hätt' ich nicht gedacht, daß es anstähen solte, oder daß si in dehr=gleichen nuhr etwas erfahren wäre. Dan hat si [124] nicht gesähen, wi ich fohr schahm erröhtet, und über mich selbst so unwüllig gewäsen bin, daß ich mich, als di ich eine schähffers-tracht angenommen habe, auf solche hohf-räden gahr nicht gefasst gemacht, und das-halben nohtwändig nichtsen müssen? Jah wäre mein bruder nicht bässer mit räden versähen gewäsen als ich, so würden wihr so zimlich bestanden sein.

Aeben damit si ihre armuht bekännet (fihl ihr di Rosemund in di räde) gihbt si ihren reichtuhm überflühssig an den tahg; und wi können doch di leute so gahr höhnisch sein? Aber was wollen wihr di zeit (fuhr si fort) mit vergähblichen räden in der hizze verschlühssen! wihr tuhn bässer, daß wihr di schahffe weiden lahssen, und, so es ihnen belihbet, zu meiner behausung ein-kähren; da wihr im kühlen bässere lust und ergäzligkeit schöpfen können.

Also gahb sich dises lustige und in schähffer=tracht verkleidete folk in ihre wohnung, welche si in=wändig mit, stärbe-blauen prunk-tüchern über-al ausgeziret hatte; der boden wahr mit stärbe-blauen steinen gepflastert; di däkke mit äben selbiger farbe gemahlet, und di tische blaulicht [96] angestrichchen mit stärbe-blauen tüchern behänget, also, daß nichts als lauter blaues zu sähen wahr. Oben über der haus=tühre hing ein gemälde, dahr-innen auf einem fahlen boden, mit rosen besträuet, ein Ritter, in einem stärbeblauen harnisch, mit einem blau-angelauffenen dägen an der seiten, und einem gemahlten spehre mit äben selbiger färbe in der faust, nahch dem ringel zu-rännte, mit disen über-geschribenen worten: Es gült ihre Schöhnheit.

Hinter disem blauen Ritter stund eine Jungfrau zwüschen den prunktüchern, von welcher man nichts mehr als das angesicht, und etwas von der brust, erblikken konte; auf däm einen prunk-tuche, gleich an der ekken, da si härführ sahe, stunden dise [125] worte: Ich säh' und höre mein Blaues wunder.

Als Markhold dises erzählen hörete, so ward er sehr verwundert, und fräuete sich höhchlich, daß Rosemund durch disen zihr-raht ihrer Schähffer=wohnung noch so vihl andeuten wolte, daß si seiner träue nicht vergässen hätte; jah er hatte solche lust an diser erzählung, daß er si noch einmahl hören wolte. Nahch-dähm ihn nuhn der Diner hihr=innen auch vergnüget hatte, so fuhr er in seiner erzählung dehr-gestalt fort:

Als wihr nuhn etwan eine stunde bei diser Schönen zugebracht hatten, so nahmen wihr widerüm unsern abschihd, und Adelmund ermahnte si noch zu lätst, daß si zwahr bei diser stärbe-blauen farbe solte beständig bleiben, aber ihre beständigkeit di si dem Ritter über ihrer tühren zu leisten schuldig wäre, samt ihrer guhten hofnung nicht stärben lahssen.

Des andern tages dahrnahch besucheten wihr si widerüm; da uns dan dise Schöne ih länger ih höhflicher führkahm. Si begleitet' uns eine guhte ekke von ihrer wohnung, und als si uns gesägnet hatte, widerüm nahch hause zu kähren, so must' ich, auf meines Hern befähl, mit ihr gähen; dässen si sich auch nicht vihl wägerte. Dan, weil si von meinem Hern verstanden hatte, daß er in kurzen nahch Frankreich zu reisen gedächte, so hätte si gärn, wi ich wohl straks märken konte, in geheim mit mihr geradet; dehr-gestalt, daß ihr dises eine rächt-gewündschte gelägenheit wahr, deren si sich auch wohl zu gebrauchen wuste.

[97] Wihr hatten also meinem Hern und der Adel=mund kaum den rükken gekähret, als si mihr schohn solche lihblende und härz-entzükkende worte gahb, daß ich leichtlich schlühssen konte, si würde mihr et-[126]was sonderliches auf-tragen wollen. welches auch also-bald geschahe; dan wihr waren noch nicht gahr bei ihrer behausung angelanget, als si mich schohn so hohch würdigte, ihr bohte an meinen Hern zu sein. Si gahb mihr dises ädle pfand, welches ich izund ausgelüfert habe, und baht mich so eiferig und so fleissig, daß ich solches dem Ihrigen jah selbst einhändigen möchte, und keinem mänschen etwas dahrvon sagen. Jah si beschwuhr mich so hart, daß ich in wahrheit ein grohsses bedänken truge, selbiges an zu nähmen; und ich zweifelte schihr, daß es in meinem vermögen stünde, solche zu-sage zu halten. Nichts däs-zu weniger aber, weil ich solch-einem götlichen mänschen-bilde ganz nichts versagen konte, so nahm ich selbiges an, und verpflüchtete mich, ihren wüllen, so vihl als nuhr immer mänsch-und mühglich wäre, bässter mahssen zu vergnügen.

Dis ist, mein Her, was ich von der götlichen Rosemund selbst erfahren habe, was ich gesähen und erzählen hören. Mehr weus ich ihm nicht zu sagen, als unterdihnstlich zu bitten, daß er mit diser un=fühglichen erzählung wolle zu friden sein, und vihl=mehr den guhten wüllen seines diners fohr di taht selbsten erkännen. dafohr ich ihm dan widerüm, wan sich etwas begäben würd, stündlich, jah augenbliklich auf zu dinen gesonnen bin.

Also gahb Markhold, welcher aus diser erzählung höhchster mahssen vergnüget wahr, dem diner seinen abschihd, und brachte das übrige dises tages mit lauter fräudigen gedanken zu. Er wolte sich säzzen, das brihflein seiner Rosemund zu beantworten, aber di fräude seines härzens wahr so über=mähssig, daß er von dem frohen gedanken nicht so vihl ab-brächchen konte. Jah si ward noch vihl grösser, als ihm der Diner des Hülfreichs, dehr sonst ein rächter libe-diner wahr, ein lihdlein, welches Rosemund gemacht, und er straks, so bald er wahr [127] nahch hause kommen, aus seines Hern schreibe=tahffel abgeschriben hatte, noch selbigen abänd [98] einhändigte. Dises lihdlein wahr ohn-gefähr folgender gestalt verfasset:


Der Rosemund

Klage-lihd.

Etlicher mahssen nahch der palmen-ahrt.


Wo such' ich den Lihbsten, wo sol ich ihn fünden?

ihr bleichen Masinnen, weus keine mein Lücht?

bei welchem Gewässer und lihblichen Gründen

enthält sich mein Trauter, wi? saget ihrs nicht?

Ihr belihbten Amstelinnen,

und ihr höhflichen Lechchinnen,

kündet meinem Schöhnsten an,

daß ich nicht mehr läben kan.


Verweilet sich länger mein einiges Läben,

so mus ich führ schmärzen und ängsten vergähn;

ich wolt' es nicht achten bei fremden zu schwäben,

so färn ich nuhr höhrte sein Libes-getöhn.

meine schwästern wül ich müssen,

di bei Pades siben flüssen

üm di schwarzen tannen sein,

und begähr' ihn nuhr alein. [128]


Di blanken Etschinnen verlahss' ich auch gärne,

wan meine begihrde sich nährende stillt;

di liben Ihninnen beseufz' ich von färne,

ihdännoch vergäss' ich ihr lihbliches bild,

wan ich nuhr den Markhold habe,

und mein krankes härze labe,

welches sein belohbtes bild

mit dehm schöhnsten glanz' erfüllt.


Nach verläsung dises lihdes begahb sich Markhold gleich-wohl noch selbigen abänd in sein inneres Schreibezimmer, seiner schönen Rosemund auf so vihl bezeugungen ihrer härzlichen Libe zu antworten. Man sahe wohl an allen seinen gebährden, daß er so kräftig in und bei ihm selbst nicht lähbte, als in däm härzen seiner trauten Rosemund.

Weil er nuhn gahr aus ihm selbsten wahr, so kont' er keine so zihrliche, so durchdrüngende, so bedeutende worte fünden, di ihm rächt gefallen hätten, und di seine lust, seine glüksäligkeit, seine Lib' und träue nahch gnügen austrükken [99] mochten. Lätslich aber, als er gnugsam aus- und wider hin=zu-getahn hatte, so must' er doch zu friden sein, und ihm einen, nahch so vihlen zer-rissenen brifen, gefallen lahssen.

Nahch-dähm er nuhn mit der verfassung dises schreibens und seinen verirreten libes-gedanken bis in di sünkende nacht bemühet gewäsen wahr, so entkleidet' er sich, und ging nahch verrüchtetem abänd=gebäht zu bette. Di ganze nacht täht er kein auge zu, sondern verschlos si mit solchen sühssen verzükkungen, daß auch der schlahf, wi-wohl er sonst ein sühsser und gewaltiger gast ist, nicht so vihl macht hatte, seine augen zu über-wältigen. dehr-gestalt, [129] daß er führ grohssem verlangen kaum so lange warten konte, bis der tahg angebrochchen wahr; da er schohn auf das lihd seiner Schönen eine gleich-mähssige antwort verfärtigen wolte.

Der tausend-künstlerische Lihb-reiz blihs ihm solche wort ein, und machte solche sühsse verzukkerungen, daß er nahch verfassung dehrselben kaum selbst gläuben konte, daß er ein solches härz-brächchendes lihdlein so geschwünd und in solcher verwürrung seiner sünnen verfasset hätte. Er überlas' es hinten und forne, und fand im geringsten nichts, das änderns nöhtig wäre; dehr-gestalt, daß ihm dises Lihdlein vihl glüklicher zu-geflossen wahr, als der gestrige brihf.

Als er nuhn sein schreiben zusamt däm lide kaum fortgeschikt hatte, so kahm einer von seinen Lands=leuten, ihn zu besuchen, mit welchem er allerhand lustige gespräche von seiner Rosemund hatte, doch gleich-wohl lihs er ihm nichts märken, daß er solche belihbte schreiben von ihr erhalten hätte.

Weil nuhn diser sein Landes-fräund ein guhter stimsäzzer wahr, so baht er ihn, er möchte doch seinem Reiselide, welches er seiner Rosemund zu gefallen verfasset hätte, eine feine bewähg- und klähgliche weise gäben; welches dan auch geschahe, und etliche mahl unter ihnen beiden versuchet ward.

Huldreich (also hihs diser sein Landes-fräund) hatte versprochchen auf den abänd bei einer gesel=schaft, di einen Stim- und Lauten-streit unter sich halten wolte, zu erscheinen: [100] drüm baht er den Markhold, daß er ihm doch möchte di ehr' erzeugen, und ihre lust durch seine gegenwart vermehren hälfen. Markhold entschuldigte sich anfangs; dan er gedachte, seinen gedanken, di nuhn auf nichts anders, als seine Rosemund, zihleten, däs zu bässer nahch zu hängen; indähm er aber so inständig [130] anhihlt, so lihs er sich ändlich bewägen, und gahb ihm einen gefährten.

Weil nuhn selbiges haus, dahrinnen der süng- und lauten-streit solte gehalten wärden, nicht färne von däm seinigen wahr, so gelangten si bald bei solcher geselschaft an, und warden mit fraüden gewülkommet. Markhold erlustigte sich sonderlich an einer Jungfern, welche des würts tochter wahr, und solch-eine lihbliche und härz-bewähgliche ober-stimme sang, daß man dahr-über gahr verzükket ward. Si spihlt' auch zimlicher mahssen auf dem härz-schlüssel, welches ihn äben-mähssig erlustigte.

Nahch-dähm nuhn dise fröhligkeit eine zeit-lang gewähret hatte, so gahb Markhold der spihl- und süngenden geselschaft, sonderlicher diser Jungfer, zu verstähen, daß, weil es unbillich wäre, daß er diser lust ganz aleine genühssen solte, und si vihl=mehr unlust und mühe dahr-aus schöpften, so wolt' er si gebähten haben, daß si sich auch, wo es ihnen belihblich wäre, ein wenig mit einer lustigen unterrädung, oder anderer kurzweil', ergäzzen möchten.

Diser fohrschlahg ward also-bald fohr guht erkännet, und man nahm, an stat däs süng- und seiten-spiles, das brät- und Jungfer- oder schacht=spihl zur hand, damit man einen andern kämpf zu begäben anfing. Huldreich wahr der ehrste, dehr sich mit der Heldinne (also hihs selbige französische Jungfrau) zu felde begahb, und eine solche schlacht anboht, da er straks im ehrsten anzug' erligen musste.

Nahch-mahls wahrd solches auch dem Markhold angetragen, dehr sich anfangs entschuldigte, daß er solcher in disem krige wohl-erfahrnen Heldin nicht di gegen-wage halten könte, weil er im Jungfer-spihl-kampfe noch alzu ungeühbt wäre, [131] und damit wenig gewonnen, auch wenig verlohren hätte. ändlich aber, als man ihm nicht vom halse lahssen wolte, und di Jungfer [101] sich selbst mit ihrem folke gegen ihn ins offenbare fäld in schlacht=ordnung gestället hatte, so must' er schande halben den angebotenen streit annähmen, und selbiger Heldin drei schlachten lüfern, von welchen dreien er mit gnauer noht di ander' erhalten konte.

Wan unsere Rosemund ihrem Kämpfer und diser Heldin zu-gesähen hätte, so würde si selbsten bekänt haben, daß zwe harte streiter gegen einander gewäsen wären, und sich dahrüber nicht alein verwundert, sondern auch höhchlich belustiget. Dan dise tapfere Heldin wolte dem Markhold im geringsten nicht nahch-gäben, si benahm ihm alle seine fohrteile, und verhihb ihm den pas, wan er sich etwan in eine sichchere fästung oder winkelichtes träbs-loch begäben wolte: und Markhold gleiches-fals verschnidt' ihr, wo er immer konte, alle ihre schläuf-wäge, mit solcher bedachtsamkeit, und mit solcher auf-acht, daß sich auch ein einiger spihl-kampf, eh er ein ände gewünnen konte, zimlich lange verzohg.

Gewan di Heldinne, so gahb si aus höhfligkeit seiner gunst di schuld, daß er si wüllig hätte gewünnen lahssen; und di zu-schauer schriben es ihrer schöhnheit zu: dehr eine den augen, di durch ihre strahlende macht obgesiget hätten; der andere dem munde, dehr durch seine wunder-rohte farbe des Markholds augen verbländet, oder ihn durch seine wohl-sprächligkeit verwürret und zu rükke gehalten hätte. Wan aber der Markhold obsigete, welches doch nicht mehr als ein-mahl geschahe, so sahgte so wohl er als di andern alle zugleich, daß es nicht aus ihrem versähen, sondern aus einer guht-wülligen übergabe, indähm si ihm gärn ein=mahl über sich selbst di oberhand hätte gönnen wollen, geschähen wäre. [132–133]

Diser schärz währet' eine guhte zeit, und der abänd ward rächt-schaffen lustig hingebracht; welches dan auch dem Markhold, indähm er das alte Leid nuhn widerüm ganz und gahr aus der acht geschlagen hatte, sehr lihb wahr, und ihn auch so weit brachte, daß er auf anhalten des Huld-reichs straks in seiner gegen-wart auf ihre gehaltene drei schlachten oder Jungfer- spihle dises nahchfolgende lihd verfassete.


[102] Des Markholds

Gesang

an di tapfer-mühtige Heldinne.


Halt, Heldin, halt doch ein! Ich läge fohr dihr nider

den bogen und das schwährt: das glük ist mihr zu wider;

mihr fällt es ab, dihr zu. ich bin in deiner hand,

und sähe, wi das glük sich hat zu dihr gewandt.


Drei schlachten haben wihr zusammen izt gehalten:

di ehrste gähb' ich dihr, und mus fohr dihr erkalten,

di dritte noch dahrzu: di andre bleibet mein;

doch lahss' ich alles dihr, und wül dein eigen sein. [134]


Es fällt di frage fohr, ob weusheit oder kräfte

verwalten deinen muht und tapfre krihgs-geschäfte;

ob schöhnheit ab-gewünnt, und gunst es wüllig gihbt.

ob sanftmuht oder grim bei dihr sich spihlend ühbt?


Es ums wohl etwas sein. dein' abgerüchtte gaben,

dein kluger wüz und muht, di mich entzükket haben;

di haben dis getahn, di bünden meinen wüz,

di fangen meinen muht, Du o der Tugend Siz!


Als Markhold dises lihd verfärtiget hatte, so gahb er solches in einem von Papihr geschnittenen härz-oder zweifäls-knohdten geschriben, dem Huldreich, dehr es nahchmahls auch in französische reimen über-brachte, und beides der Heldinne von des Markholds wägen zu-ställte. Di französischen tichtlinge waren ohn-gefähr folgender gestalt entworfen:


Chanson.

1.
Charlotte, c'est assez; je quitt' icy les armes,
Estant du tout vaincu par fortun' & par charme: [135]
je suis en ton pouvoir, & tu me tiens captif;
ta delicate main rend' tout l'esprit pensif.
2.
O que je suis hardy! n'ignorant ta vaillance
(ainsi que dit ton nom) acquis' en ta naissance;
ton coeur si genereux se bastit contre moy,
& gaigna deux combats bien plus vaillant que toy!
3.
Il faut qu'un curieux se met en hardiesse
de faire question, si par forc' ou finesse,
[103]
par douceur, on faveur, ou par la cruauté
Tu es victorieus', on bien par ta beauté.
4.
O qu'oiiy il est ainsi, c'est elle & ta prudence,
ton bon & grand esprit reçeu par influence, [136]
que tout le monde sçait, qui sont par tout cognus,
qui m'ont ravis mes sens, ô Maison des vertus!

Dises lihdlein, dahr-innen Markhold der Parisischen Heldinnen Siges-gepränge selbsten erhuhb, gefihl ihr über alle mahssen, sonderlich weil es von träu-deutscher hand hähr-rührete, und von einem solchen mänschen, dehr seine nider-lage nicht leugnen, sondern, ihr zur ehr' und ruhm, selbige vihl=mehr aus-breiten wolte. Si wuste sich noch eins so vihl, daß si als eine Franzinne ein hohch-deutsches Helden-gemühte von innen bezwungen, als wan si ihn nuhr äusserlich, und auf däm Jungfer=spihle (welches nihmand als däm wetter-wändischen glükk', und etlicher mahssen ihrem fleisse zu zu schreiben wäre) durch ihre geschikligkeit überwonnen hätte: und Markhold belustigte sich solcher gestalt selbsten; und wahr üm so vihl däs-zu fröhlicher, daß sein lihdlein solch' eine guhte herbärge bekommen hatte; auch kont' ihn däs-halben seine Rosemund nicht verdänken, daß er sich in ihrem abwäsen, und bei solcher zu-fälligen gelägenheit mit einer aus-länderin nuhr schärz- und spihlweise belustiget hatte; weil er nichts däs zu weniger seiner pflücht, di ihr sein härz unzerbrüchlich zu halten versprochchen hatte, mit höhchster obacht nahch=kahm, und nichts im geringsten beging, das ihrer beider libe nahchteilig sein möchte.

Nuhn wollen wihr uns widerüm zu den Amstelinnen begäben, zu sähen, wi unserer Rosemund das schreiben ihres lihbsten gefallen würd: wihr wärden si gleich bei einem brunnen anträffen, da si sich in ihrer einsamkeit über di mit-buhler des Markholds, welche si tähglich verfolgen, unange-[137]sähen, daß si ihnen dahr-aus kein gehöhr gäben wül, so erbärmlicher weise beklaget.

Di arm-sälige stehet in angst, und weus nicht, wo si ändlich noch hinflühen sol: si weinet von härzen, und betrauret ihren Markhold so schmärzlich, daß si sich kaum [104] mehr besünnet: Si wül von keinem andern in ewigkeit wüssen; si wül kein mans-bild ansähen, vihl weniger berühren, als ihren einigen Markhold: dan (sahgte si bei sich selbst) wan es jah der himmel also füget, und mein hartes verhängnüs mihr dis-falls so gahr zu wider ist, daß ich seiner nicht teilhaftig wärden kan, so wül ich doch meinem einig-härz-gelihbten nichts däs-zu weniger fohr Got und fohr der ganzen wält mit einem kräftigen eid-schwure betäuren, daß ich keines einigen andern mänschens leib-geschwohrne sein wül, und keinen andern ihmahls zu sähen, ich schweige zu liben begähre, als den Markhold alein. Hingegen (fuhr si fort) ob ich mich gleich so fäst und mit einem solchen unauf-löhselichen bande, ihm aus libe, verbünde; so wül ich doch nicht, daß Er gebunden sei: und wan es unsere zwei-spältige lähre nicht gestatten kan, daß er der meinige wärde, so gähb' ich ihn allezeit frei, und wül durchaus nicht, daß er mihr zu libe di ehliche Libe gahr verlahssen sol. Es wär' un=verantwortlich, daß er als di einige hofnung seines geschlächts, und di einige spruhsse aus seinem väterlichen Stamme, seinen namen, dehn Rohm schohn fohr so vilen hundert jahren gekännet hat, selbst lihsse zu nichte wärden, und daß ich äben den untergang seines uhr-alten bluhtes veruhrsachchen solte. o das sei färne!

Gleich damahls, als si sich mit solchen klähglichen gedanken schluge, kahm der Adelmund kammer-knabe, und überlüfert' ihr von seiner Jung=frauen wägen des Markholds schreiben, mit dehm anhange, daß, wo nicht Markhold schohn auf dem [138] wäge, doch gleich-wohl des sünnes wäre, seine rük=reise wider nahch Holland zu zu nähmen.

Dise fröliche zeitung erfräuete si dehr-gestalt, daß si ihres angetahnen leides und ihrer schmärzen ganz vergahs, sonderlich, als si Markhold dässen mit eigner hand versicherte. Wehr (sahgte si bei sich selbst) ist nuhn glüksaliger als ich, weil solch-ein rätter meiner Libe und meiner träüe entsaz zu leisten gesonnen ist, und mihr zu Libe von einer so gefährlichen reise (dan er wahr anfangs gewüllet in Sizilien zu zühen) abstähet: weil er mihr solche märkliche [105] wahr-zeuchen einer ungefärbten Libe blikken lässet, und meinem flöhen solche geneugte ohren verleihet. Ich habe mich nuhn nichts mehr zu befahren, weil er so nahe ist; ich läbe nuhn ausser aller furcht, und darf mich üm nichtes mehr bekümmern, als wi ich ihn mit höchster ehrerbütung entfangen sol.

Si hatte dises ihres Härz-aller-lihbsten schreiben kaum durch-geläsen, als si di Adelmund, welche gleich bei ihrem Hern Vater gewäsen wahr, und ihm einen unter-dihnstlichen gruhs des Markholds wägen vermäldet hatte, von färnen ankommen sahe. Diser anblik erfräuete si noch eins so sehr, dan si gedachte nuhn noch mehr und vihl gewüssere zeitung von ihres Markholds künftiger ankunft zu erfahren, dehr-gestalt, daß si ihr mit gahr geschwündem gange, gleichsam als wan si geflogen hätte, entgegen eilete.

Dises ähdle zwei entfing sich mit solcher höhfligkeit und libes-bezeugungen, als ihmahls unter härzens-fräundinnen, und träuen höhflingen fohr-gähen kan. Aber di fräude der Rosemund währete nicht lange: dan so bald si von ihrer fräundin vernahm, daß sich ihr Her Vater zu disen des Markholds führ-geschlagenen bedüngungen ganz und gahr nicht verstähen wolte, so geriht si in eine [139] tühffe schwähr-mühtigkeit, und ward widerüm so häftig betrühbt, als si kurz zufohr erfräuet gewäsen wahr, dehrgestalt, daß Adelmund gnug zu tuhn hatte, ihre Fräundin zu tröhsten, und in ihrer bekümmernüs auf zu rüchten. Ach! (sahgte si) wan es dan nuhn jah nicht sein kan, und weil mein Vater mich also, mein Glaubens-bekäntnüs zu behalten, zwüngen wül, unangesähen, daß mein gewüssen einen solchen unbilligen zwang nicht vertragen mahg, so mus ich mich dan ändlich zu friden ställen, und mit geduld mein läben in einsamkeit verschlühssen. Mein Vater sol mich zwahr wohl verhintern, und hat auch macht dahr-zu, (wiwohl er solches, wan ihm nuhr Markhold seine zwe fohr-schläge pflüchtlich zu halten versprücht, mit nichten zu tuhn gesonnen ist) daß ich ihn nicht ehlichen wärde; aber mein Glaubens-bekäntnüs zu ändern, weil mich meine Fräundin eines vihl bässeren unterrüchtet hat, sol er mihr nimmermehr verbüten; und würd er mich gleich gahr enterben, [106] und aus seiner fräundschaft und väterlichen libe ausschlühssen, so schwör' ich ihm, daß ich doch von diser durch den heiligen Geist eingegäbenen meinung nicht ab-stähen wül. Ich wül liber alles fahren lahssen, wan ich nuhr disen schaz erhalte; das zeitliche ist mihr verhasst, und das ewige macht mich muhtig. Ja wehr wolte mich verdänken, wan ich nuhn alles das meinige üm eines wahren sählig-machchenden Glaubens-bekäntnüsses wüllen verlahssen müsste, und mich nahch-mahls mit meinem Lihbsten, dehn ich nähchst Got über alle schäzze der wält libe, in beständiger träue zu läben, und nimmermehr von ihm ab zu lahssen verpflüchten würde! Dan so mich mein Vater enterbet (welches ich liber wündschen wolte, als diser zwe ähdlen schäzz' entbähren) oder aus seinen augen ewig verstohssen hätte, wehr wolte [140] nahchmahls uns (wan Markhold anders eine verstohssene zu liben begähret) verbüten ehlich mit einander zu läben, und das übrige unserer jahre in vergnügung unserer selbst, und in einem geruhigen zustande zu verschlühssen?

Als si dises aus-gerädet hatte, so hihlt si eine guhte zeit inne, damit si ihren trähnen, welche Adel=mund äben so wohl vergos als si selbst, däs zu bässer verhängen möchte. Si waren alle beide betrübet, und Adelmund, an stat, daß si ihrer Fräundin trohst zu-sprächchen solte, beklahgte si, und half ihr den schmärzen nuhr mehr und mehr vergröhssern. Lätslich huhb Rosemund an sich selbst zu tröhsten, und sahgte, daß vihl-leicht bei seiner widerkunft noch alles guht wärden würde, weil si wohl wüste, daß ihr Her Vater ihm sehr gewogen wäre, und seiner alle-zeit im bästen erwähnete, dehr-gestalt, daß man nicht zweifäln dürfte, der Sünnebald würde sich lätslich beräden lahssen, und ihn solcher unbilligen verschreib-und verpflüchtung der beiden bedüngungen zu überhöben.

Adelmund, wiwohl si gahr klein-laut dahr-über wahr, und aller-dinge keinen muht hihr-zu hatte, so bekräftigte si doch ihre meinung mit guht-heissen, und brachte lätslich ihre Fräundin wider zu rächte: dehr-gestalt daß si dise traurige räden verlihs, und sich auf ein lustigers gespräche begahb. Si erzählt' ihr, wi Markhold, si wuste nicht wi, [107] oder durch was mittel, ein lihdlein, welches si auf eine zeit, als si schon das schähffer-läben angefangen, ihm zu gefallen gemacht, und an eine linde gehäftet hätte, zu gesichte bekommen, und ihr ein anderes Getichte dahr=gegen überschikte, welches er (wi in seinem schreiben mäldung geschahe) an der Sähnen in eine linde geschnidten hätte, und in solchem dise vihr tichtlinge, di si ihrer sonderlichen ahrt wägen gahr eigentlich behalten hätte, dahrbei gefüget: [141]


Seiner Trauten.

Daß ich verstrükt, erfräut, wund, lüstern, pflüchtig läbe,
das macht dein hahr, di stirn, das auge, brust, und hand:
Daß ich, o Wunder, dihr mein läben ganz ergäbe,
das macht der Libe garn, siz, bliz, schne-bal und band.

Si erzählt' ihr weiter, wi er si beräden wolte, daß er solches ihr lihdlein ohn-gefähr zu Parihs in der Königin Lust-gange bei der Sähnen an einer linden gefunden hätte; und wi er ihr versprochchen, si in kurzen an-wäsendlich zu erfräuen.

Als si nuhn noch eine guhte weile von einem und däm andern, wi das Frauen-zimmer zu tuhn pfläget, sprache gehalten hatten, und der abänd nuhn-mehr härzu nahete, so nahm Adelmund ihren ab=schihd; und di wunderschöne Rosemund, nahch=dähm si ihre schahffe versorget, und in di hürten in sichcherheit gebracht hatte, begahb sich auch in ihre schähffer-wohnung, alda si ihres träuen Markholds schreiben noch ein-mahl über-sahe, und di übrige abänd-zeit mit allerhand sühssen verzükkungen und anmuhtigen gedanken zu-brachte: bis ändlich der schlahf ihre schönen augen übermeisterte, und ihr mit mancherlei annähmlichen träumen auch di nacht-ruhe selbsten ih mehr und mehr versühssete.


Aende däs zweiten Buches.

[142] [108]

Drittes Buhch

Der Adriatischen ROSEMVND
drittes Buhch.

Weil es annoch unsere Rosemund in solchen sühssen träumen, di ihr des Markholds fohr-gebildeter anwäsenheit so scheinbahrlich genühssen lahssen, zu verstöhren, und solch' eine Schöne gleich zur unzeit wakker zu machchen, alzu früh und unbillig ist; so wollen wihr si vihl-liber noch eine zeit schlahffen lahssen, und uns unterdässen zu ihrem lihbsten Markhold begäben: damit wihr ihn von Parihs nahch Holland begleiten hälfen, und der Rosemund seine fröhliche widerkunft ankündigen lahssen.

Der tahg wahr so bald nicht angebrochchen, als sich Markhold schohn zu Schlosse begäben wolte, damit er sich mit seiner Lands-fräundin, der De-muht, nahch seiner zusage, etlicher sachchen wägen beraht-schlagen möchte: dan si hatt' ihn noch fohrigen abänd wüssen lahssen, daß di Herzogin, mit welcher er nuhr fohr dreien wochchen wahr bekant worden, und eine sonderliche gnade von ihr entfangen hatte, sehr früh auf das königliche schlos (welches ohngefähr eines halben tages reise von Parihs gelägen ist) mit ihrem Frauen-zimmer verreisen, und si, nahch-dähm si sich, bewusster geschäfte wägen, krank gestället hätte, da heime bleiben würde.

Er ward von diser krank-gestälten Jungfrau, so bald als er angelanget wahr, mit fräuden entfangen, und in der Fürstin geheimes zimmer geführet, al=da si unverhindert ihrer sachchen wägen mit einander räden konten. Markhold gahb ihr unter andern zu verstähen, daß er schreiben aus Hol- und Hohch-[143]deutsch-land bekommen hätte, di ihn mit ganzer macht zu rükke forterten, und weil er morgen, wan ihre Fürstliche Durchleuchtigkeit würde widerkommen sein, gesonnen wäre, seinen abschihd zu nähmen; so wolt' er si (sagt' er) gebähten haben, daß si ihm doch unbeschwäret guhten raht mit-teilete, wi er sich am bässten von däm Fürstlichen Fräulein lohs-machchen könte;nahchdähm-mahl [109] er wohl wüsste, daß si ihn schwährlich würde zühen lahssen, und ihm solche verheissungen und fohr-schläge tuhn, wi dan schohn albereit geschähen wäre, daß er vihlleicht müsste gehorchen, und sich ihrem gnädigsten wüllen noht-drünglich unter-wärfen.

Hihr-auf gahb ihm di Demuht zur antwort und sagte; mein Her, wi-wohl es mihr zum höchsten zu wider ist, daß ich ihn, als den einigen Landes=fräund, jah den einigen bekanten, dehn ich alhihr in der fremde haben mahg, und dehm ich mein anligen verträulich zu erkännen gäbe, so geschwünde verlühren sol; so säh ich doch solches, daß er von meinem aller-gnä digsten Fräulein seinen abschihd nähmen wül, nicht aller dinge fohr guht an: dan ich weus so gewüs, als ich hihr stähe, und di ehre habe seiner unterrädung zu genühssen, daß das Fräulein ihn nicht lahssen würd. Drüm, wan er sich jah durch mein so vihl-fältiges flöhen nicht länger wül halten lahssen, so wül ich ihm noch gleich-wohl träulich rahten, daß er sich nichts im geringsten gegen ih-mand an unserem hofe seines Abzugs wägen märken lahsse, auch der Fürstin selbst nichts davon sage, sondern, so er jah einen abschihd nähmen wül, so kan er nuhr fohrgäben, daß ein guhter Fräund zu Ruahn ankommen wäre, dehn er besuchen wolte; und härnahch, so es ihm belibet, so würd er solches schohn auf das bässte schriftlich zu verrüchten wüssen, was er izund mündlich zu tuhn gedänket. [144]

Nahch-dähm nuhn diser Fohr-schlahg dem Markhold über alle mahssen wohl-gefihl, so bedankt' er sich zum höhchsten gegen dise kluhg-sünnige Jungfrau, und begunte von ihr schohn seinen ab=schihd zu nähmen. Es ist mihr sehr leid, fing er an, daß ich meine Jungfrau, so gahr bald verlahssen mus, nahchdähm wihr unserer fräundschaft wohl=befästigten grund-stein kaum geläget, und ich noch nihmahls gelägenheit haben mögen, mich führ so grohsse wohl-tahten, und solchen hohch-geneugten wüllen, dehn si mihr ihderzeit so offenhärzig erzeuget hat, dankbahrlich zu erweisen. Damit ich aber gleichwohl nuhr ein zeuchen, daß ich mich gärn dankbahrlich erzeugen wolte, blikken lahsse, so verpflücht' ich mich zum höhchsten, jah solcher gestalt, das ich sonst keinem einigen mänschen in ganz Frankreich [110] zu tuhn gesünnet bin, daß ich ihr aller=träuester und unvermüdester Diner mein läbe=lang verbleiben wül: Jah ich verhoffe, solche meine begihrde, di ich meiner Jungfrauen auf zu dinen trage, noch ein-mahl zu erfüllen, und vihlleicht auf ein' andere zeit, weil es jah izund nicht hat sein können, meine schwachheit zweifach zu ersäzzen.

Ach! mein Her (fihl si ihm in di räde) wahr=üm wül er das-jenige mihr tuhn, was ich ihm zu leisten schuldig bin! Ich habe mich vihl-mehr zu bedanken, daß er mihr hat di hohe ehre wider-fahren lahssen, mich unter di zahl seiner Fräundinnen zu rächnen, als daß er sich so hohch gegen mich verpflüchtet, daß ich gahr beschähmet bin, solche hohe gunst mit solchem undank an zu nähmen. Ich versichchere meinen Hern mit kurzen worten, daß es mihr allezeit höhchst angenähm gewäsen ist, wo ich nuhr so geschikt habe sein können, ihm di geringsten ehren-dihnste zu leisten; und es sol mihr auch hinführ ganz nicht schwähr fallen, alles das-jenige zu tuhn, wodurch ich mich einem solchen Fräunde, wi er ist, verbündlich machchen kan. [145]

Als si nuhn in däm zimmer eine guhte weile verträulich mit einander gerädet hatten, so fing Markhold an, und frahgte, ob nicht der grohsse Sahl offen wäre? dan er wolte gärn hinauf gähen, damit er noch führ seinem abzüge, und izund, da di Hohf-jung-herrn näbenst däm Frauen-zimmer, mit däm Fräulein verreiset wären, di gemählder nahch gnügen besähen könte.

Jah, wan mihr anderst rächt ist, gahb De-muht zur antwort, so hab' ich ihn noch izund, eh ich meinen Hern angenommen, eröfnet gesähen; drüm, wan es ihm belihbt, so wollen wihr hinüber gähen. Hihrauf boht ihr Markhold di hand, und si gingen also ohn' einiges mänschen entgegen-kunft auf den sahl.

Das ehrste gemälde, das Markhold auf der rächten hand erblikte, wahr der Saturn, welcher sich auf seine ungeheure sense gestüzt hatte, mit tühffen eingefallenen augen, gerunzelter stirne, einer habichts-nas' und blüht-trühffendem munde, in welchem noch ein stükke von einem zerfleischten knaben hing. In der hand hihlt' er ein halb-gefrässenes kind, welches der mahler so künstlich und so erbärmlich [111] fohrgestället hatte, daß man sich nicht gnug dahrüber verwundern konte. In der linken seite dises kindes, welche ganz eröfnet wahr, sahe man das härz so eigendlich und selblich ligen, als wan es läbete: es zitterte gleichsam, und wändete sich entbohr. Des alten gräuser bahrt, hing noch ganz fol bluhtes, und wahr auch mit etlichen stükken vom gehirne der erbissenen kinder besprüzt: di dik-beäderten ärme waren so rauch wi ein igel, und di nägel an den fingern, wi ahdlers klauen; di schenkel waren so ungestalt und so dürre, daß einem ihden, dehr ihn an=sahe, schrökken und grauen ankahm. Fohr seinen fühssen lahg solch-ein grohsser haussen tohdten-beine, deren etliche bleich, etliche noch halb mit fleisch [146] bekleidet waren, und andere ehrst anhuben das fleisch zu verlühren. Auf den seiten üm ihn hähr sahe man einen haussen zerrütteter und verwühsteter schlösser, zerbrochne königs-kränze und reichs-stäbe; dehrgestalt, daß es ihderman ein gräuliches entsäzzen einjahgte.

Ein wenig weiter in den sahl sahe man den Pirahm bei einem brunnen, im bluhte, ligen, und di Tisbe, seine Lihbste, säzt' ihr seinen dägen in di brust, dehr-gestalt, daß das bluht hauffen-weise über den Pirahm hin-sprüzte, und sich mit däm seinigen vermischte. Der maul-behr-baum, dahr-unter si lagen, schihn gleichsam mit bluht' über und über besprängt, dehr-gestalt, daß seine früchte noch halb weis, und halb bluhtig waren. Von färnen stund ein junger leue, welcher das ober-kleid der Tisbe zerfleischte, und mit bluhte, welches er noch am rachchen kläben hatte, beschmuzte. Auf der rächten seiten diser ab-bildung hingen in einem weissen tähflein dise reimen mit gold geschriben:


Des Pirams Klage

bei däm kleide seiner Lihbsten.


Ach weh! ach immer weh! o Tisbe, meine Schöne,

o Tisbe, wo bist-du? nahch dehr ich mich nuhr söhne!

Ein' ein'ge nacht wül nuhn zwei Lihbsten raffen hin,

davon ich nuhr alein des todes schuldig bin.


Ich habe dich entleibt: ich hihs dich, Lihbste, kommen [147]

an solchen grimmen ort mit schrökken ein-genommen;

Da ich nahch billigkeit der ehrste sollen sein,

und nuhn der lätste bin. kommt, hälft mihr ab der peun,


[112]

ihr leuen, di ihr hihr in disen klüften wohnet,

kommt, nahet euch här-zu, zerreisset mich, und lohnet

der unträu nahch gebühr. Mein schwährt sol rächcher sein,

sol rächchen ihren tohd, und änden meine peun.


Auf der linken seite däs gemäldes waren auf einem rohten tähflein mit güldnen buhchstaben folgende worte zu läsen:


Der Tisben Klage

über den tohd ihres lihbsten,

des Pirams.


O trauter Piramus! was führ ein grimmes tihr,

was führ ein böser fal beraubt mich meiner zihr?

Pir piram-Piramus, antworte doch mein läben,

di lihbste Tisbe ruhft; wült-du gehöre gäben? [148]

Rücht' auf der augen lücht, sih' hihr dein libes Lihb;

di Tisbe ruhffet dich, di dich zu liben trihb;

Di Tisbe ruhffet dich. ach! kanstu dich nicht rägen?

wi liget hihr so blohs der bluht-besprüzte dägen?

ach weh! nuhn säh' ichs ehrst; dich hat dein' eigne hand,

jah deine Lib', hat dich versäzt in disen stand.

Drüm sol auch meine faust mich wider-üm nicht sparen;

di lihb' ist stark genug, Dihr, Schöhnster, nahch zu fahren:

di libe stärke mich. Ich habe schuld dahr-ahn,

wül auch gefärtin sein. Hat dis der tohd getahn,

und aus den augen dich, o härzer schaz, gerissen,

daß ich dich missen mus, so sol er dises wüssen,

daß ich mich nimmer-mehr von dihr entfärnen mahg;

ich stärbe gleich wie er, und wärde keinen tahg,

kein sonnen-lücht mehr sähn. Drüm, weil ihr uns im läben, [149]

ihr ältern, solche macht zu liben nicht gegäben,

so gönn't uns doch, daß wihr in einem grabe sein.

und du, o liber baum, dehr du durch deinen schein

hihr einen leib bedäkt, solt beide bald beschatten,

und fohr di weisse frucht (der Himmel würds gestatten

zum zeugnüs unsers bluht's) mit schwarzer führ und führ

befruchtet sein. – – – – – – – – – – – – –


Straks bei disem hing ein überaus schönes gemälde, dahr-innen der tohd des schönen Adohns, dehn di Libinne so inbrünstig gelibet hat, entworfen wahr. Der Adohn ward von einem eber verwundet, welches so eigendlich abgebildet wahr, daß man fast geschworen hätte, als wän man einen rächten läbendigen jüngling zu boden fallen, [113] und gleichsam in solchem fallen stärben sähe. Di Libinne kahm von dem Himmel härab auf einem güldnen wagen mit zwe schwanen gezogen, gleichsam als wolte si ihrem Lihbsten entsaz leisten, und raufte führ schmärzen das hahr aus. unter disem gemälde stunden folgende reimen:


Der Lustinnen Klage

über den tohd ihres Adohns.


Hihr lihgt Adohn verwundt; Lustinne höhrt ihn klagen,

und eilet nahch ihm zu auf ihrem güldnen wagen; [150]

Si schlähgt di zarte brust, reisst aus ihr schönes hahr,

weil fast kein läben mehr an ihm zu spüren wahr.

Ach (sprahch si) mein Adohn! mein aller-lihbstes Läben!

wer hat dihr disen muht und disen raht gegäben?

ich hab' es wohl gesahgt, du soltest solch ein wild,

das nuhr mit grimmigkeit, mit rachch' und zorn erfüllt,

jah nihmahls tasten an. Sol ich dich, Schöhnster, müssen,

wiwohl es häftig schmärzt, so wül ich sein geflissen

ein ewiges gedänk zu stiften deiner ehr,

daß auch, wan du gleich tohd, dein lohb sich selbst vermehr'.

Aus deinem bluhte sol ein anemohn' auf-schühssen,

di ich mit himmels-tan wül lahssen über-gühssen;

di al-zeit, wan der länz in seiner lust würd stähn,

zum dänk-mahl deines bluhts sol purpur-roht aufgähn.


Widerüm in einem andern, sahe man den schönen Jüngling Ganimedes auf einem ahdler un-[151]gläub licher gröhsse, welcher einen donner-käul im schnabel führete. Der jüngling wahr nahch ahrt der indischen bärg-leute bekleidet, fräch und gesund von gesichte: di hahre waren gold-färbig, und hatten sich auf dem rükken in falten geschlagen: di haut wahr so weis wi schne, und an etlichen örtern mit einer gelinden röhte vermischet: di blauen äderlein an den armen und händen waren so lähbhaft entworfen, und gaben dem leibe solch-ein lihbliches aus-sähen, daß man dahrüber gleichsam gahr verzükt ward. Er sträuchelte mit der einen hand des ahdlers kopf, und mit der andern wolt' er dem Jupiter, welcher auf seinem reichs-stuhle straks näben ihm sahs, den donner-käul aus der hand nähmen. Ein wenig auf der seiten sahe man den bächcher, dahraus diser kleine schänke den Göttern mit Himmels-trank aufdinet, mit einer güldnen schale fol rohtes weines; auf welchem, als wan er [114] gleichsam nuhr izund eingeschänkt wäre, ein stärbe-rohter gisch und etliche blähslein stunden.

Sonsten hingen auf selbiger seiten keine andere gemälder, als lauter fremde Frauen-trachten, als Hohch-deutsche, meisnische, sächsische und schwäbische; Persische, türkische, wälsche, änglische, brabandische, indische, ja was man fohr trachten erdänken konte, diselbigen waren alhihr zu schauen.

Lätslich kahmen si gegen der tühren über an eine überaus-köstliche tafel, in welcher di entführung der Helenen entworfen wahr. Bei disem gemälde nuhn hihlt sich Markhold eine guhte zeit auf, und erzählte seiner Fräundin di ganze trojische geschicht. Als er aber sahe, daß es fast mittahg wahr, so fing er schohn widerüm an von seinem ab=schide zu räden, und brauchte solche bewähgliche worte gegen di Demuht, damit er si zur beständigkeit in ihrem Glaubens-bekäntnüs ermähnte, daß si bitterlich zu weinen anfing. Er baht si [152] gleichsam, daß si sich durch eitele und vergängliche ehre nicht möchte bewägen lahssen, di ewige zu verschärzen, und ihrer hohch-ansähnlichen Fräund=schaft kein färneres härzeleid über den hals zühen: dan er wusste wohl, daß si das Fräulein üm-sonst nicht so in ehren hihlt', und daß es ändlich üm si wohl würde gefahr haben.

Lätslich, weil er sich nuhn widerüm nahch hause begäben musste, so wolt' er sich gegen si noch ein=mahl beklagen, daß er nuhn so undankbahr von ihr wäg-zühen solte, und sich zu ihren dihnsten färner verpflüchten. Alein si baht ihn mit weinenden augen; er wolle doch (sahgte si) mit solchen worten inne halten, und meine schmärzen nicht noch mehr verärgen.

Als si sich nuhn här-üm nahch der andern seite des sahles, wo si noch nicht gewäsen waren, zu wändeten, und gleich hinaus-gähen wolten, so ersahen si eine hof-jungfrau der Fürstin, welche daheim gebliben wahr, in einem winkel am tage-leuchter sizzen, di ihnen di ganze zeit über zu-gehöret hatte; weil si aber di deutsche sprache nicht verstund, so hatten si sich keines verrahts zu befahren. Doch gleichwohl erschrahk di Demuht häftig über solchen anblik, als wan ihr ein grohsser unfal begegnet wäre; sonderlich, weil si noch weinte, und di augen fol trähnen stunden: dan si [115] befürchtete sich eines arg-wahns. Drüm baht si den Markhold, daß er mit hin zu ihr gähen wolte, damit si sich ihres weinens halben entschuldigen möchte.

So bald si sich nuhn nahch diser hohf-jungfrauen zu wändeten, so erhuhb si sich, kahm ihnen entgegen, und frahgte straks, wahrüm di Demuht so betrühbt aus-sähe. wohr-auf si zur antwort gahb, daß ihr der tohd zweier Lihbsten, des Pirams und der Tisbe, welcher in jener tafel entworfen wäre, so häftig gejammert hätte, daß si ihren unfal hätte beweinen müssen. Zu-dähm, so wäre di zerstöhrung [153] der stat Troja, di ihr bei däm hintersten gemälde von dem Markhold erzählet worden, noch dahr-zu kommen, und hätte solches ihr weh-leiden aufs näue gehäuffet.

Mit disen höhflichen schwänken muste sich selbige hohf-jungfrau genügen lahssen, und kont ihrer trähnen halben keinen andern berückt bekommen. Dan Markhold, als er zufohr di hohf-jungfrau gegrühsset hatte, boht seiner Fräundin also-bald di hand, und führete si widerüm in ihr zimmer; da er folgendes seinen abschihd nahm, und sich, nahch=dähm ihn dise ahdliche jungfrau zum höhchsten vergnüget hatte, nahch hause begahb.

Des andern tages besuhcht' er di Herzogin auch, di nuhnmehr ihren lust-wandel verrüchtet hatte, und gahb ihr untertähnigst zu vernähmen, wi daß er von einem seiner guhten Landes-fräunde, dehr sich izund zu Ruahn aufhihlte, schreiben bekommen hätte, und nuhn gesonnen wäre, ihn auf sein einladen zu besuchen, welches er ihrer fürstlichen Durchleuchtigkeit gleich-wohl zu-fohr vermälden wollen, damit Si sich, wan Si etwan seiner geringen dihnst' in seinem abwäsen möchte von nöhten haben, nicht vergähblich bemühen dürfte, ihn suchen zu lahssen.

Dise junge Fürstin (dan si wahr äben in einem solchen alter, welches ehrst rächt zu blühen begunte) gahb ihm eine ganz-gnädige antwort; daß es solcher anmäldung gahr nicht von nöhten gewäsen wäre; und ihr ansähen würde hihrdurch, wan si ihn gleich ein-mahl vergäbens hätte beschikken lahssen, nicht sein geringer worden. Daß er Si nuhr auf solche weise zu seiner gunst und wohl-gewogenheit noch [116] mehr zu verpflüchten, und ihm wohl zu tuhn, mit solcher höhflichen ahrtigkeit, gleichsam zu zwüngen wüsste.

Markhold nahm also seinen abschihd, und wi=wohl ihn das Fräulein nöhtigte, daß er noch eine [154] weile verharren möchte, so entschuldigt' er sich doch auf das bäst' als er konte, und gahb Ihrer fürstl. Gnaden untertähnigst zu vernähmen, wi vihl noht-wändige sachchen er noch zu beställen hätte, und morgen mit däm frühesten auf zu brächchen gedächte; dehr-gestalt, daß ihm gewülliget ward seinen abschihd zu nähmen.

Als nuhn di Demuht (welche dise Fürstin so über-aus lihb hatte, daß sie allezeit üm si sein musste, und dehr Si alle ihre heimligkeiten an-vertraute) gewahr ward, daß Markhold von däm Fräulein seinen abschihd nahm, und di reihe nuhn an si auch kommen würde, so machte si sich eilend aus der kammer, damit si der Fürstin durch ihre trähnen (dan si konte sich derer doch nicht enthalten) keine uhrsachche gäbe, etwas fremdes zu muht-mahssen: dehrgestalt, daß Markhold dise seine geneugte Raht-gäberin zwahr zu guhter lätste mit seinen augen bis an das bei=zimmer verfolgen, aber gleich-wohl nicht gesägnen konte.

Di Fürstin, welche solche ihre flucht straks an seinem gesichte wahr-nahm, kährete sich nahch ihrer liben und geträuen Demuht üm, und sah' ihr äbener mahssen nahch. Gleich-wohl wolte si diser flüchtigen nicht zu-ruhffen, di uhrsachche ihres geschwünden abtrits zu erforschen: dan si bildet' ihr dasjenige ganz und gahr nicht ein, das dise Schöne wuste, und wäs-wägen si sich aus däm zimmer zu stählen, so eilend bemühete. Di zeit aber, als di verrähterin aller heimligkeiten, lährete si solches nicht lange dahrnahch. Dan es waren kaum fünf wochchen verflossen, als der Markhold Ihre Fürstl. Durchleuchtigkeit von Ruahn ab mit schreiben berüchtete, daß er in sein vater-land gefortert würde; weil aber solches so eilend geschähen müsste, und ihm so vihl [155] zeit nicht übrig wäre, von Ihrer fürstl. Hoheit mündlichen abschihd zu nähmen, so würde si ihn aller-gnädigster verzeuhung würdigen, wan er gezwungen würde, solches schriftlich zu tuhn. In dässen lähbt' er noch der guhten hofnung, daß er sich in kurzen widerüm zu [117] ihren dihnsten verfügen, und seinem allergnädigsten Fräulein mehr annähmlich machchen würde.

In wärender diser zeit nuhn, daß sich Markhold zu Ruahn aufhihlt, ergäzt' er sich mit aller-hand zeit-verkürzungen. Er hatte sich kaum drei wochchen daselbsten aufgehalten, als das feier des Wein-gottes, fohr der Fasten mit allerhand auf=zügen und ahrtigen mummereien von etlichen führ-nähmen bürgers-söhnen begangen ward.

Der ehrste auf-zug wahr der hoffenden, in blauer tracht, mit weissen mum-gesichtern, und hatte ein ihglicher ein ganzes schif mit allem zugehöhr auf däm häubte. Der andere wahr der halb-tohdten, ohn-gefähr bei vihrzig pfärden in fahler tracht, mit schwarz-weissen mum-gesichtern. Der dritte wahr der fischer, auch in weisser leinen tracht, mit wasser-fahlen mum-gesichtern und fischer-reisen, in welchen kleine gründlinge hihr und dahr zwischen den weiden hingen, auf däm häubte. Der vihrte ställte fohr di jägerei, dahrinnen man zwölf reiter mit hirsch-häuten über=zogen, und zwe mit bähr-häuten sahe: der eine bähr hatt' eine zige unter dem arm', dahrinnen eine sah-pfeiffe verborgen wahr, damit er unter weilen zu blasen anfing. Der fünfte wahr der wahr-haftigen, welche ganz schlohs-weisse seidene kleider und mum-gesichter hatten. Der sechste führete di halbe trauer, üm ihren könig, dehr nuhn-mehr fohr neun mahnden tohdes verblichchen wahr, ohn gefähr bei dreißig pfärden stark; di kleider waren [156] von schwarzem seidenem zeuge, mit silbernen spizzen verbrähmet. Jah es wahren noch vihl andere mehr, welche nicht alein des tages über, sondern auch di ganzen nächte durch währeten.

Weil sich nuhn dise kunter-bunten aufzüge drei tage nahch einander sähen lihssen, so begahb es sich, daß zwe hohchdeutsche von adel, welche äben in Frankreich kommen waren, den Markhold am dritten tage diser mum-schanzereien ohngefähr im tage-leuchter ligen sahen, und ihm über die strahsse, da si stunden, mit dem huht' einen wink gaben.

Markhold, nahchdähm er diser seiner alten bekanten ansichtig ward, erfräuete sich über alle mahssen, und lihs si zu sich hinauf in sein zimmer kommen, in welchem schohn vihl seiner Lands-fräunde teils disen fast-nachts-spilen zusahen, [118] teils auch di zeit mit allerhand kurzweiligen erzählungen zu=brachten: dan es wahr von dem Markhold also an=gestället, daß ein ihder eine wunder- oder sonst kurz=weilige geschicht, di sich bei seinem läben zu-getragen hätte, erzählen solte.

Als nuhn di reihe dise beiden näukömlinge trahf, und si das ihrige auch dahr-zu gäben solten, so entschuldigten si sich zwahr eine guhte zeit: aber auf des Markholds anhalten bekwähmeten si sich ändlich, und weil er, der Markhold, zu verstähen gahb, daß er den Lust-wandel des Guhts-muhts, dehn er eines mahls (wi er noch fohr seinem abreisen erfahren) mit der Wohl-ahrt verrüchtet hätte, gärn hören möchte; so fing der eine dehr-gestalt an zu räden.


Der Lust-wandel des Guhts-muhts.


Weil nuhn di ganze geselschaft di augen auf mich würft, meine unabgefasste nichts-würdige erzählung an zu hören, und mein hohch-geehrter Her Markhold den lustwandel des Guhts-[157]muhts und der Wohl-ahrt so inständig zu wüssen begähret, so wül ich ihre begihrden, so vihl an mihr ist, und meine schwachheit zu-lässet, bässter mahssen vergnügen, und zweifle ganz und gahr nicht, es wärde diser lust-fal (wi ich ihn nännen mahg) welcher sich ohn-gefähr fohr vihr jahren in meinem Vater-lande zugetragen hat, der ganzen anwäsenden genossenschaft, nicht verdrühslich fallen.

Es lihgt in Ober-sachsen eine lustige stat, welche wägen ihrer so hohch-gelährten läute, damit si ihder-zeit überflühssig versähen gewäsen, durch di ganze wält berühmet ist. dehr=gestalt, daß auch fohr disen zeiten di Fölker von morgen und abänd, jah der junge türkische Grohs-könig selbst, ihre hohe schuhle (welche von den beiden Fridrichen, den Kuhr-fürsten und Herzogen von Sachsen, kristlicher gedächtnüs, von dem einen im 1502. jahre gestiftet, und von dem andern gewaltig vermehret worden) mit hauffen besuchet, und sich über solcher grohssen männer führträflichen weusheit zum höhchsten verwundert haben.

[119] In diser wält-bekanten kuhr-stat Wittenbärg (ich wül ihren löhblichen namen nicht verdunkeln) hihlt sich äben damahls der Guhts-muhts auf; da=mit er sich durch solcher grohssen männer unterrüchtung und nüzliche lähren mit allerlei künsten bereichern möchte. Weil nuhn di Jugend ins gemein mit den sühssen anföchtungen der Libe behaftet ist, und dahähr, wo nicht dehrselben unbeständigkeit, doch zum wenigsten der verfolgerischen mis-gunst unterworfen ist; so begahb es sich auch, daß diser rädliche Deutsche von allen beiden angefeindet ward. Auf der einen seiten sah' er di unbeständigkeit seiner Lihbsten; auf der andern verfolgeten ihn di neidischen feinde seiner wohl-fahrt; jah zu disen beiden kahm auch ändlich di unbarmhärzigkeit [158] des verfluhchten kriges, welcher seine anverwandten in das äusserste verdärben gesäzt hatte. Was raht? diser armsälige mänsch wusste keinen trohst, und es wahr ihm, nahch seinem bedünken, luft und ärde zu wider: dan di verfolgung diser dreien feinde konte durch kein einiges mittel ab=gewändet wärden; er musst' ihr den follen lauf lahssen, dehr-gestalt, daß er in tausend ängsten, und noch mehr schwähr-mühtige gedanken, geriht.

Als ihn nuhn sein wider-wärtiges verhängnüs in solchem elenden zustand' eine guhte zeit hatte vertrühffen lassen, so begahb es sich lätslich, daß er mit seiner vihl-vertrauten Fräundin der Wohl=ahrt einen lust-wandel zu tuhn, und ihr das-jenige, was ihr feindlich wahr abgenommen worden, durch seine waffen (welche doch damahls mehr fräund- als feindlich gemeinet waren) widerum zu wäge zu bringen, gebähten ward.

Dises nuhn wahr ihm eine gewündschte gelägenheit, dadurch er nicht alein der gewalt seiner feind' entrünnen, und an einen sichcheren ort, seine abgemüdete gedanken etlicher mahssen widerüm zu erfrischen, gelangen, sondern auch ihre tükke verlachchen, und sich, an einer ungeträuen stat, nahch einer träueren üm-sähen konte: dehr-gestalt, daß er sich nicht lange besan, der Wohl-ahrt dises falles an einen solchen ort, dahin si zu reiten gedachte, gefährte zu sein.

Als si nuhn schohn auf dem wäge waren, und über den haubt-flus dässelbigen Herzogtuhms gelanget, so kahmen [120] si in eine über-aus-lustige gegend, da der Guhts-muhts nicht alein über den anblik der schön-beblühmten wisen, ümhähr-ligenden wälder, und lihblichen gesang der vogel, in eine sühsse verzükkung geriht, sondern auch der last sei-[159]ner schwähr-mühtigen gedanken, durch das an=muhtige gespräche der Wohl-ahrt ganz und gahr entbürdet ward; dehr-gestalt, daß er den wähg noch eins so lang wündschte. Aber di pfärde, welche schohn fohr-hähr märkten, in was fohr einer guhten herbärge si selbiges abändes solten entfangen wärden, waren so mundter, und eileten dehr=gestalt fort, daß si den wähg, dehn andere mit zwei futtern kaum verrüchten mögen, in einem fol=brachten.

Weil sich aber mit einer solchen über-mähssigen fräude meisten-teils ein trauren zu vermischen pfläget, so truhg es sich zu, daß des Guhts=muhts pfährd, nahch-dähm si in einem kleinen kahne solchen grohssen flus widerüm überfahren solten, und di pfährde sehr unbändig und übel zu zäumen waren, mit ihm, an einem sehr gefährlichen orte, mit follem sprunge ins wasser säzte, dehr-gestalt, daß es das ansähen gewünnen wolte, als ob er aus dem rägen in di trauffe kommen, und das läben, welches er sonst auf trukkenem lande noch eine guhte zeit führen könte, im nassen auf-säzzen solte. Aber das glük wolte solches einer weitbässeren lust, als er noch sein läbe-tage genossen hatte, aus einer sonderlichen gunst, fohr-spahren, und verhalf si beiderseits wohl hin-über.

Als si nuhn an das ufer gelangten, da fanden si straks einen äbenen wähg, welcher si erstlich durch vihl anmuhtige wisen, und nahch-mahls durch ein kleines lustgebüsche führte; dahrinnen si, teils durch den laut-schallenden gesang der nachtigal, teils auch durch das stamrende geräusche eines fohrbei-flühssenden bächleins, höhchster mahssen erlustiget warden. Di nähchst-beigelägene uhr=alte fästung Bretihn, welche fohr jahren in dem spanischen krige nicht hat können erobert wärden, [160–161] wahr ihnen auch nicht wenig verwunderlich zu betrachten.

Di rein-steine des ortes, wohin si gedachten, hatten si nuhn-mehr über-schritten, und fingen al-gemach an sich den häusern zu nähern; da si auf der einen seiten das [121] bau-feld, auf der andern allerhand schöne lust-gärten ligen sahen. dehr-gestalt, daß Guhts-muhts weit ein anders befand, als ihm fohr disem wahr erzählet worden. dan hatte man ihm den ort geringe beschriben, so befand er ihn izund mehr als führ-träflich: hatte man ihm ein haus, wohrinnen sich nuhr Bauren-blakker auf-hihlten, fohr-gebildet, so sah' er führ augen ein solches köstliches schlos, dahrinnen sich ein könig, seinen hohf zu halten, nicht schähmen dürfte: gedacht' er in ein armes mit stroh und schilf gedäktes dorf zu kommen, so gelangt' er in einen dehr-massen wohl-aufgebauten wohn-plaz, daß er ihn mit keinem grohssen und ansähnlichen stein-hauffen irgend einer stat vertauschen wolte. kurz, er konte sich über dise, mit lustigen bärgen, träflichen gärten, schönem wise=wachs' und feld-bau gezihrte, gegend nicht gnug=sam verwundern.

Den eingang zu disem wohn-plazze macht' ein ängverzäuntes gäslein, dahr-innen Guhts-muhts di Wohl-ahrt absteigen, und nahch ihrer herbärge gähen lihs: auch sich selbsten, nahch-dähm si ihr pfährd abholen lahssen, in eine andere begäben wolte. Aber das verhängnüs hatte nicht alein beschlossen ihn an einen solchen lustigen ort zu führen, sondern es lihs ihm auch das-jenige wider-fahren, was zur folkommenheit seines glükkes erfortert ward. Dan, als er also auf seinem pfährde hihlt, und sich über di kunst der Zeuge-mutter verwunderte, so sah' er ein über-aus schönes Frauen-bild, in weisser fohr-tracht, üm die ekke här-führ blikken, welches ihm durch seinen prächtigen schein ein solches ent-[162]säzzen einjahgte, in-dähm er si gänzlich fohr eine Göttin hihlt, daß er nicht wusste, ob er warten oder weichen solte.

Als er sich nuhn in solchen zweifälhaftigen gedanken befande, so kahm ein kleiner knabe fohr ihr hähr gelauffen, welcher das pfährd von ihm zu nähmen begährete, und disem bestürzten das Frauenzimmer, welches ihm entgegen kahm, zu erkännen gahb.

Ob ihm nuhn seine unhöhfligkeit wohl bewust wahr, und er ihm dannen-hähr leichtlich einbilden konte, mit was führ ehr-erbütung er dises frauen=mänsch anräden würde, so ging er doch nichts däs=zu-weniger auf si zu, mit dehm [122] führsazze, daß er si nahch seinem bässten vermügen begrühssen wolte.

Aber dises Frauen-zimmer kahm seiner unmächtigen zungen zu hülf', und gahb ihm durch ihr hold-und lihbsäliges zu-sprächchen gelägenheit, eines oder das andere wort mit verzahgtem muhte här-aus zu stohssen, führet' ihn dahr-auf in di behausung, und erhihlt von ihm dise grobheit (wi er es selbsten nännte, als ich di ehre hatte, solches seines lust-wandels erzählung zu-hörer zu sein) daß er seine herbärge alda zu nähmen versprahch, und sich also dises angebohtenen glükkes selbige nacht gebrauchte.

Folgendes morgends, als er sich, in dehr ihm ein=gegäbenen wohl-aus-gezihrten stuben, kaum angekleidet hatte, so kahm äben ein alter ernsthafter und ehr-erbütiger schähffer (welcher den Guhts=muhts, als er sich eins-mahls verirret hatte, widerüm zu rächte gewisen) ihn zu besuchen, und zeugt' ihm ehrstlich alle gelägenheit des ortes von innen und von aussen, nahch-mahls wolt' er ihm auch etliche Mänsch-göttinnen dises halb-götlichen Wohn-plazzes sähen lahssen. [163]

Bruder (sahgt' er) ich habe dihr zwahr alles, was alhihr dänk-würdiges zu sähen ist, bäster massen gezeuget, aber noch eines hab' ich mihr fohr=behalten, welches ich fohr das bäste schäzze, und das deine glük-säligkeit rächt folkommen machchen kan. Solches sein drei Schähfferinnen, oder wohl gahr halb-göttinnen, welche wi di Himmelinne, Lust- und Kluginne, den Himmel; also dise di ärde zihren. Woltestu mihr nuhn di wahrheit zu sagen, welcher di oberställe gebührete, und ihnen zu ehren, dein uhrteil nahch tichterischer ahrt ab zu fassen, versprächchen; so solten si dihr nicht alein unverborgen sein, sondern ich wolte dihr auch gelägenheit machchen, ihres gespräches zu genühssen.

Wi (fihl ihm der Guhts-muhts in di räde) sol ich nuhn Paris sein? dise unersäzliche wohltaht und ehre, so du mihr anbütest, ist zwahr sehr grohs, und mihr höchst-annähmlich, aber deinem begähren gnüge zu tuhn, ist mihr unmühglich: dan, zu schweigen, daß derer Schönen berühmtes lohb nicht alein durch mich unausgebreitet verbleiben, sondern auch vihl-mehr verkleinert würde, so hat mihr auch [123] di Zeuge-mutter aller dinge di-jenigen gaben, welche zu solchem lohb- spruche noht-wändig erfortert wärden, gänzlich versagt.

Ei! (warf der alte Schähffer ein) was du nicht kanst, das kan ein anderer; oder schäuestu dich anderer hülfe in disem falle zu gebrauchen? wültstu liber dises glük verschärzen, als einen deiner guhten fräunde hihr-innen bemühen, und das-jenige, was ich begähre, durch ihn verrüchten lahssen? Mit nichten (gahb Guhts-muhts zur antwort) begähr' ich dises glük hinten-an zu säzzen: wohlahn! hihr hast-du meine hand.

Als si nuhn dises handels eins waren, so führet' ihn der alte schähffer aus seiner wohnung, und stal-[164]let' ihn weit dahrvon hinter einen mit starken planken wohlverwahrten zaun: Er aber machte sich in ein haus, zu dässen hinter-tühr' er bald dahr-nahch ein frauen-zimmer här-aus geführet brachte, und so lange mit ihm in dem lust-garten härüm wandelte, bis er ändlich an den zaun des gartens, fohr welchem er den Guhts-muhts gelahssen hatte, gelangte; da er ihn dan also-bald fragte, was er da machte, aber keine andere antwort bekahm, als dise, daß er ein wenig seinen gedanken nahch-hinge. hihr=auf zohg er einen pfahl oder staken aus dem zaune (fohr welchem inwändig fuhs-eisen geläget waren, welche bezeugeten, daß sich der haus-vater fohr fremden gästen befürchtete) damit er konte hin-ein kommen.

Als er nuhn disen lust-garten zu beschauen sehr begihrig wahr, und sich wohl zu erlustigen gedachte, so kahm ihm, an bluhmen stat, mehr als zu vihl an disem anwäsenden weibes-bilde zu betrachten führ, welches durch seine über-irdische schöhnheit di vihl-färbige tulpen und lihbliche narzissen weit über-trahf. wan er seinen lüchtgrühnen rok betrachtete, so ward er gewahr, daß er das grahs genugsam unscheinbahr machte; warf er sein gesicht' auf die schürze, so befand er, daß das wasser, so bei disem garten hin-flos, nichts als eine leim=pfüzze dahr-gegen wäre. wan er sich di tausend=färbige tulpen zu loben unter-stund, so währeten ihm solches di purpur-rohten wangen diser Als=göttin: wan er sich über di schöhnheit der narzissen [124] verwundern wolte, so strahfften ihn öffendlich lügen di schne-weisse stirn, und blau-geäderte albaster-hände. kurz, was er fohrhähr-gähendes tages in jenem grohssen lustgarten, dessen besizzerin über dises ort zu gebüten hatte, gesähen, das befand er auch alles tausend-mahl schöner an disem fast-götlichen leibe. Sonsten wahr si nicht vihl von wor-[165]ten; aber aus den schönen libes-blizlenden augen, welche den schalk so ahrtig zu verbärgen wussten, konte man leichtlich ab-nähmen, daß zu-gleich di lihbliche Lustinne und di scharf-sünnige Kluginne ihren wohn-plaz in ihr hätten.

Nahch-dähm er nuhn dise Schöne wohl betrachtet, und abschihd von ihr genommen hatte, so gingen si auch nahch einem andern hause zu; und im gähen fragte Guhts-muhts seinen fräund, wehr dises wunder-bild, das si izund verlahssen hätten, gewäsen wäre? wohr-auf er zur antwort bekahm, daß es di führnähme schähfferin Sünreich wäre, di zwahr ihren stähten aufwarter hätte, und doch nichts däs zu weniger noch fohr kurzer zeit dem Lihbhart, so an Schöhnheit den wald-männern in etwas ähnlich wäre, nicht abgeneugt gewäsen. So höhr' ich wohl, sagte Guhts-muhts, daß di drei-zankichten fuhs-eisen nuhr solche fremde gäste aus däm gehäge zu halten, hinter den zaun geläget sein?

Als er nuhn an seines alten schähffers haus kommen wahr, und di andern beiden auch sähen solte, so ging der alte schähffer, dehm ein teil von ihren schahffen anvertrauet wahr, (nahch-dähm er wohl wusste, daß si allezeit, wan ihre schahffe getränket würden, dahrbei zu sein pflägte) zu diser schähfferin zu, und gahb führ, daß eines von ihren schahffen in den züh-brunnen gefallen wäre; wohr-auf si zimlich erzürnt aus ihrem hause (welches gleich gegen dem Guhts-muhts über, unter etlichen dik-belaubten linden, mitten im wasser, stunde) gelauffen kahm, und über ihr gesinde häftig eiferte.

Als si aber befand, daß der alte schähffer nuhr geschärzet hatte, so ward si guhtes muhtes, und ging widerüm, nahch-dähm si ihm däs wägen zimliche stöhsse gegäben hatte, dahr-von. Weil aber Guhts-muhts noch nicht mit [125] ihr gerädet hatte, so [166] verfolgte si der alte schähffer, bis in ihre behausung: dehr-gestalt, daß er ihm gelägenheit machte, ihnen nahch hin-ein zu gähen: da er dan von ihr ganz fräundlich entfangen, und in allen zimmern ihres hauses här-üm-geführet ward, also, daß er zeit genug hatte, si zu betrachten.

Er verwunderte sich zum höhchsten über ihre schöhnheit, dan schöner wahr ihm am selbigen orte noch keine fohrkommen, und befand dahr-näben, daß si nicht alein an schöner gestalt der Lustinnen gleich wäre, sondern auch von ihren bei-männern, äben wi jene, tapfer müste gebraucht sein.

Als si nuhn auch von diser abschihd genommen hatten, so sahgte der alte schähffer zu ihm: dise ist diLeicht-träu, welche dein lihbster fräund Träu-fäst sehr gelibet hat, aber nichts von ihr genühssen können. Nuhn ist noch eine zu besähen übrig (sahgt' er färner) welche, wan du si auch sähen wültst, so must-du tuhn, was ich dich heisse.

Bruder, gahb Guhts-muhts zur antwort, tuhe nuhr was dihr belihbt, du hast mich in einen dehr=mahssen glüksäligen stand versäzt, daß ich meines leides ganz vergässen habe, und mehr nichts wündsche, als daß solche sühsse stunden ewig währen möchten. Nein (gahb der alte schähffer zur gegen-räde) du soltest dihr dises nicht wündschen; weil du noch vihl eine höhere glüksäligkeit zu erwarten hast.

Hihr-mit verband er ihm das gesichte, mit einem schwarzen flohr, welchen er üm seinen schähffer=küttel gebunden hatte, und führet' ihn so lange här=üm, daß er nicht märken konte, wohin er kähme, bis er ändlich eine träppen hin-auf-gestigen wahr, da ihm der flohr eilend ab-gerissen, und er, gleich=sam noch verbländet, in ein schönes mit bildern aus-gezihrtes zimmer geführet ward, in welchem gleich gegen der tühren über ein solches Frauen=mänsch sahs, welches er anfangs führ etwas göt-[167]lichs hihlt. Als er aber wider-üm zu sich selbst kommen wahr, so befand er, daß es äben das-jenige Frauen-zimmer wäre, welches ihn zwe tage zufohr in seine behausung geführet hatte, [126] und bis-hähr von ihm nicht rächt wahr in acht genommen worden.

Ja wohl heisst das den bästen bissen bis auf di lätste gespahret; (sprahch er bei sich selbst) dan, wan er nuhr ihr bräunlicht-gold-gemängtes hahr betrachtete, so waren di ehrsten beiden nichts gegen dises schöne Wunder zu achten: sah' er ihre stirne, den siz des Lihb-reizzes, und den reichs-stuhl der Lihbinnen an, so ward er gahr entzükt: ihre augen, so schwarz als si waren, so stark spihlten si mit feuer-flammen; ihr mund wahr korallen, ihre wangen über-trahffen den purpur, ihr hals wahr wi eine schöne, von dem aller-weissesten marmel, auf-geführte säule; jah von oben an, so weit als der neid der kleider si beschauen lihs, wahr anders nichts an ihr zu sähen, dan daß di grohsse künstlerin aller dinge, di algemeine Zeuge-mutter, an ihr zur meisterin worden wahr.

Was di gebährden anbelanget, so wahr si ganz sitsam, und mit einem sonderlichen hohen ansähen begabet, also, daß sich der Guhts-muhts anfangs schäuete, solche hoheit an zu räden, zu-mahl, weil er ihr, da si doch di allerfolkomneste wahr, bis an=hähr nicht auf-gewartet hatte. Dahähr er si dan hohch-betrühbt lahssen musste, und sich ehrstlich in seiner stuben gegen den alten Schähffer bäster mahssen bedankte, härnahch-mahls zu tische begahb: da ihm di Wohl-art andeutete, daß si sich morgendes tages wider-üm nahch hause begäben müssten.

O wi betrühbt wahr der arme Guhts-muhts, wi bejammert' er solches bei sich selbst, daß er seines nuhr angegangenen glükkes widerum solte be-[168]raubet sein. Nichts däs zu weniger unterlihs er nicht, alle gelägenheit zu suchen, sich mit diser schönen schähfferin noch fohr seinem abreisen rächtschaffen bekant zu machchen. welches er dan auch bald und gahr fühglich tuhn konte'; dan nahch-dähm si ihn, ihrer gewohnheit nahch, als di tafel gehalten wahr, widerüm zu seiner stuben begleitete, so eröfnete sich di gewündschte gelägenheit, da er si bitten konte, eine weile bei ihm zu verzühen.

Dise Schöne, welche ihderman gärn zum fräunde haben wolte, schluhg's ihm auch nicht ab, dehr=gestalt, daß si [127] sich eine guhte zeit bei ihm auf-hihlt. da er si dan, unter währendem gespräche, wohl betrachten konte; und ih-mehr er si ansahe, ih schöner und schöner si ihm führ-kahm.

Ihre worte waren so lihblich, und auf lauter verstand gegründet, si beklahgte sich gegen ihn mit tühf-gehohlten seufzen, wägen der unträue ihres Lihbsten, dehr-gestalt, daß er wohl sahe, daß si äben mit der krankheit, di ihn kwählete, behaftet wahr, und es fählete nichts mehr, als daß man dise beide kranken nicht in ein bette, dahr-innen si ein=ander selbst, ohne zu-tuhn einiges arztes, heilen konten, zusammen lägen solte.

Hatt' er nuhn zufohr di Sünreich gelobet, hatt' er di Leicht-träu erhoben, so must' er dise Gahr-schöne (also hihs si) ganz führ götlich halten: und diser sprahch er den preis zu; diser gahb er das einige lohb, welches er den fohrigen beiden nuhr aus einem blohssen irtuhme zu-geeignet hatte; diser verehret' er nicht alein den apfäl der schöhnheit, sondern auch das märk-zeuchen der weusheit, und der hohen ernsthaftigkeit. Ja dise hihlt' er führ di schöhnste, führ di weiseste, und führ di ansähnlichste.

Nahch-dähm er nuhn diser fraüden etliche tage lang genossen, und das uhrteil aus-gesprochchen hatte; so begahb er sich widerum mit seiner ehren-[169]fräundin der Wohlahrt zu pfährde, und kahmen also beider-seits wohl-vergnüget nahch hause.

Als nuhn diser lust-wal erzählet wahr, und der Markhold das seinige auch noch nicht dahr-zu gegäben hatte, so huhb der erzähler diser begähbnüs widerüm an, und baht ihn, daß er doch nuhn auch etwas auf di bahne bringen, und der geselschaft di verdrossenheit, di er ihr durch seinen lang-weiligen lust-wal veruhrsachchet hätte, benähmen wolte; damit ihre gemühter zu einer näuen lust und ergäzligkeit erwäkket würden.

Markhold befand sich straks wüllig dahrzu, und frahgt' ihn; was und von welcherlei händeln er wohl am lihbsten hören wolte? Sein landes-fräund gahb ihm zur antwort, daß er erzählen möchte, was ihm am bästen gefihle, und was er nahch seinem guht-dünken der geselschaft am lustigsten zu sein erachtete. Ih-doch (fuhr er fort) wan es meinem [128] Hern beliben wolte, di wunderliche Libe des Wildfangs und der Böhmischen Gräfin, weil er si, als derselben veruhrsachcher, am bästen weus, ümständlich zu erzählen, so würd' er gewüs der ganzen geselschaft ein grohsses gefallen erweisen.

Der Markhold wägerte sich dässen eine guhte zeit, und baht, man möcht' ihn doch nuhr damit verschohnen, weil ihn auch nuhr das andänken solcher händel ganz zu wider wäre: und wan er der geselschaft (sahgt' er) sonst in einem oder däm andern wülfahren könte, so wolt' er es nicht aus=schlagen. Als si aber sämtlich dahr-üm anhihlten, und nicht von ihm ablahssen wolten, so fing er ändlich folgender gestalt an: [170]


Di Begäbnüs

Der Böhmischen Gräfin

und des

Wild-fangs.


Weil ich dan nuhn wider meinen wüllen solche possen, di ich noch in meinen jüngern jahren angestiftet habe, erzählen sol, und selbige ihrer wunderlichen verwürrung wägen, nahch der rüchtigen ordnung kaum wärde widerholen können; so bitt' ich si ingesamt, daß si meine fähler, welche dan vihl=fältig mit unter-lauffen wärden, nicht so gahr hart bestrahffen wollen, und nuhr ein gnädiges uhrteil dahr-über fällen. Dan sonsten, wo ich dässen nicht schohn etwas zufohr durch mein guhtes vertrauen, das ich zu ihnen trage, versichchert wäre, so würd' ich gewüslich keines wäges auf di beine zu bringen sein.

Meine Herren wärden ohne zweifäl di mit-unterbegriffene mänschen-bilder nicht alle kännen, und vihl-leicht zufohr üm mehrer verständnüs wüllen, derselben stand und verrüchtung zu wüssen begähren: Drüm sollen si anfangs berüchtet sein, daß sich Wildfang, ein Dribs-trüllischer Freiher, in Isabellen-burg schohn etliche jahr auf-gehalten hatte, als dises träfliche Fräulein, davon man so vihl gesahgt hat, und straks nahch ihm der Lihb=währt, ein Fränkischer von Adel, daselbsten an=kahm. Ich fohr meinen selb-stand, wahr auch schohn etliche zeit da gewäsen, und[129] mit dem Wild-sang, (welcher disen namen wohl mit der taht hatte) bei däm bal-spilen bekant worden.

Diser ehrliche vogel Wild-fang ris mihr eins=mahls einen solchen possen, welcher mihr so häftig zu härzen ging, daß ich lange zeit gelägenheit suhchte, mich an ihm zu rächchen, wo ich nuhr wusste, [171] daß er sein solte, da verfühgt' ich mich auch hin, und gahb achtung auf sein ganzes tuhn. Ich ging ihm des abänds von färne nahch, zu sähen, in was führ häuser er gähen würde: da ward ich ändlich gewahr, daß er zu diser Böhmischen Gräfin, welche da-mahls noch sehr jung, und ein über-aus-belihbt- und schönes Fräulein wahr, oft-mahls einkährete.

Weil ich nuhn im selbigen hause, da si zur tafel ging, mit dem sohne gleich kundschaft gemacht hatte; so erfuhr ich von ihm, daß di Gräfin sehr vihl von dem Wild-sang hihlte, und seinen selb-stand über-aus lihbte. Hihr-auf besuhcht' ich disen näuen Fräund oft-mahls, wan es ässenszeit wahr, damit er mich mit zur tahffel nähmen möchte: dan ich hatte was sonderlichs damit fohr, welches si bald erfahren sollen.

Meine gedanken schlugen auch nihmahls fähl, und ich ward alle-zeit, so oft ich nuhr zu ihm kahm, zur tahffel behalten. Ich lihs mich dässen, was ich im sünn' hatte, ganz nichts märken, und bemühete mich nuhr über währender tahffel (da ich dan alle=zeit bei der Gräfin zu sizzen kahm) mit höhchstem fleis, daß ich durch stähtiges und frei-wülliges auf=warten ihre gunst und gnädigen wüllen erlangen möchte.

Ich hihlt mich anfangs so ein-gezogen in räden und gebährden, und nahm alle wort, di ich rädete, so g'nau in acht, daß ich dadurch schohn etwas gunst zu erlangen begunte. Nahch-mahls ward ich schohn kühner, und fing an mit aller-hand höhflichen prunk-räden zu schärzen; aber ich nahm mich nichts däs zu weniger so in acht, daß ich di Gräfin nuhr alle-zeit zur Fräundin behalten möchte. Lätslich kahm ich auch mit den gebährden dahr-zu, und belähbte gleichsam dadurch meine worte; ich begegnet' ihr alle-zeit mit solcher demühtigkeit, und doch zu-gleich auch mit solchen libes-reizerischen [172] blikken, daß si gezwungen ward, selbige nicht alein an zu nähmen, sondern auch mit [130] zweifachcher dank=bahrkeit zu erwidern. Si baht mich, daß ich ihr doch bis-weilen di ehre beweisen, und auf ihrem zimmer zu-sprächchen möchte. wohr-auf ich mich also-bald mit der aller-er sünlichsten höhfligkeit bedankte, und solcher hohen ehre vihl zu unwürdig schäzte, mit führwändung, daß ich solch-einem hohch-verständigen und höhflichen Fräulein, mit meiner grobheit und unhöhflichen räden nuhr verdrühslich fallen würde.

Nahch-dähm ich mich nuhn etliche mahl hatte nöhtigen lahssen, so kahm ich ändlich auf eine zeit, da sich der tahg gleich zu kühlen begunte, zu Ihr, meine schuldigkeit ab zu lägen. Si entfing mich, nahch ihrem gebrauch', über-aushöhflich, und führete mich auf einen grohssen sahl, näben ihr zimmer, da wihr uns eine zeit-lang in dem aus-laden nider=lihssen, und in den an-stohssenden garten hinunter-sahen.

Als wihr nuhn eine guhte weile von einem und däm andern gerädet hatten, so kahm si ändlich auf di deutsche Ticht- und reim-kunst, dahr-innen si auch zimlicher mahssen erfahren wahr, und ein guhtes lihdlein nahch der hand hin-schribe.

Ich ställte mich nuhn ehrstlich (üm bewusster uhrsachchen wüllen) als wan ich nicht vihl dahr=von verstünde, und gahb ihr auf alle fragen mit sonderlicher bescheidenheit zur antwort, daß es mihr das glük al-zeit versagt hätte, mich in solcher götlichen kunst zu üben, dehr-gestalt, daß ich ihr gleich=wohl, ob ich mich schohn als ein unwüssender ställte, ein hohes lohb zu-schribe, und diselben alein fohr rächtglüksählig schäzte, di dahr-innen erfahren wären.

Nahch diser ehrsten zusammen-sprache wartet' ich disem belihbten Fräulein vihl-mahls auf, und hat-[173]te meine sonderliche lust an ihren kluhg-sünnigen räden. Nichts mehr aber nahm mich wunder, als daß si den Wildfang so hohch und währt hihlt, da er doch ein rächter grober und ungeschliffener mänsch wahr. Er pflähgt' ihr allezeit gegen abänd auf zu warten, und ich nahm selbige stunden so g'nau in acht, damit er jah nicht märken möchte, daß ich mit däm Fräulein auch kundschaft pflähgte.

Als ich si nuhn zum vihrten mahle besuhcht hatte, und gleich von ihr här-unter nahch der strahssen zu ging, [131] so kahm mihr der Lihb-währt (welcher sich üm meine fräundschaft so sehr beworben hatte, daß er schohn mein vertrauter worden wahr) fohr däm tohr' entgegen, und frahgte mich, was ich bei der Böhmischen Gräfin gemacht hätte? dan er sahe wohl, daß si mich bis an das haus begleitete.

Mein Her, (gahb ich ihm gleich schärz-weise zur antwort) si hat mich zu rahte gezogen, wi si doch einen geträuen Lihb-haber erkännen und sünden möchte? So suhcht si einen geträuen Lihb-haber, fing der Lihb-währt hihr-auf an? Jah freilich, gahb ich ihm zur antwort; dan es hat sich einer bei Ihr an-gegäben, dehr Ihr, nahch meinem bedünken, nicht aller-düngen geträu sein würd.

Ei! mein lihbster bruder, fing er widerüm an, wan er noch einmahl dahr-üm beraht-fraget würd, oder es sonst di gelägenheit gihbt, so sei er doch seines diners ein-gedänk, und versichchere Si, daß Si an mihr den aller-träuesten Lihb-haber auf der ganzen wält haben würd.

Weil ich nuhn nicht gedachte, daß es sein lauterer ernst wäre, so fuhr ich noch immer mehr und mehr zu schärzen fort, und bracht' ihm aller-hand kurz-weilige possen auf di bahne. Nein, mein Her (fihl er mihr in di räde) es ist mein schärz keines-wäges, was ich sage; dan ich habe mich in wahrheit so häftig in das grähfliche Fräulein verlihbt, [174] daß ich nicht weus, was ich tuhn, wi ich meine Libe blüschen, oder wi ich Ihr selbige annähmlich machchen sol. Er kan mihr wahrlich (fuhr er fort) keinen grösseren gefallen tuhn, als wan er meiner nuhr in allem guhten bei Ihr gedänken, und ihre gunst gegen mich erwäkken würd.

Ei mein liber bruder! (sahgt' ich) kan es wohl mühglich sein, daß du verlihbt bist, und ich solt' es nicht eher gemärket haben, als izund, da du es selbst bekännest? darf ich solches wohl gläuben, daß di Gräfin einen stachchel ihrer libes-reizerischen pfeile, welche so lähbhaft aus ihren augen här-aus-schühssen, in dein härz ein-gesänket habe? Ach! es ist wohl mehr als alzu wahr und alzu gläublich, gahb er zur antwort, dan ich hab' es wohl entfunden, ob ichs schohn bis-hähr lange verschwigen gehalten habe. Ich hab' es zwahr fohr ihderman verhöhlet, aber nuhn-mehr ist [132] es zeit, daß ichs Dihr, als meinem vertrauesten Fräunde, jah einem solchen fräunde, dehr mihr dahrinnen räht-und tähtlich bei-sprüngen kan, offenbahre!

Als er mich nuhn dässen gewüs versichchert hatte, so wahr ich schohn froh, und gedachte bei mihr selbst, daß ich hihrdurch eine gewündschte gelägenheit an=träffen könte, meinem widersachcher, dem Wild=fange, zu schaden, und ihm di Gräfin zur feindin zu machchen. wohl! sahgt' ich zu ihm, wan mein bruder meinem rahte folgen wül, und alles tuhn, was ich ihn heisse, so verhoff' ich noch wohl etwas zu wäge zu bringen. Fohr allen dingen halte dich nuhr ganz eingezogen, und lahs dich gegen nihmand, auch gegen das Fräulein selbst, nichts märken, daß du einige libe zu Ihr tragest, bis ich deine sachchen durch einen und den andern lohb-spruch, welches ich dan schohn wärde zu machchen wüssen, bei ihr in einen guhten wohlstand gebracht habe. Härnahch, weil si eine grohsse lihbhaberin der Tichterei ist, und si selbsten [175] sehr wohl verstähet, so must-du dich dahr-innen auch üben, wozu ich dihr schohn verhälfen wül; und si mit der zeit, di ich dihr schohn benamen wärde, mit einem rähtsel-lihdlein, dahrinnen du ihr deine libe verdäkter weise kanst zu verstähen gäben, verehren.

Färner, so ist es auch rahtsam, und der bäste hohfgrif, daß du mit dem Wildfange, welcher sich schohn in ihre fräundschaft zimlicher mahssen ein=gedrungen hat, dem äusserlichen scheine nahch, di aller-vertraulichste fräundschaft pflägest; ihn (wi ich dan auch tuhn wül) so es nuhr mühglich sein kan, alle abände besuchest, und also abhaltest, daß er Ihr nicht so oft auf-warten könne; dan üm diselbige zeit pflägt er di Gräfin gemeiniglich zu besuchen: Du must aber auch wohl zu-sähen, daß du dich deiner libe ganz nicht märken lahssest, und der Gräfin, wan du mit ihm rädest, nicht einmahl gedänkest: dan ein lihbhaber ist alzu-gnau-märkend, und pflägt seinen heimlichen mit-buler gahr zu leichtlich in verdacht zu zühen, wan er nur etwas verdächtiges an ihm spüret.

Aendlich so must du auch üm diselbige zeit (di ich dihr wohl zu wüssen fügen wül) wan ich ihr auf=warten, und mit Ihr in dem aus-laden nahch der strahssen zu [133] stähen wärde, fohr ihrem hause fohr=bei-gähen, und si mit grohsser ehr-erbütung grühssen: dan auf solche weise bekomm' ich uhrsachche von dihr zu räden, und dein lohb här-aus zu streichen.

Der Lihb-währt versichcherte mich also-bald, daß er alles tuhn wolte, was ich ihn hihsse; und ich verfühgte mich straks des andern tages wider zum Fräulein, und brachte si unvermärkt dahin, daß si von dem Wildfang zu räden anhuhb. wan si nuhn seine frömmigkeit, di ich billiger eine tölpische ein=falt nännen könte, lobete; so billigt' ich solches, und erhuhb auch noch über-das seine offen-härzigkeit, und unbemänteltes gemühte. dan ein wält-säliger mänsch mus dahin bedacht sein, daß er seinen [176] feind, wan er ihn bei seiner gönnerin, di ihn ehret und libet, verächtlich machchen wül, nicht so geschwünde mis-preise, nicht so straks im anfange verachte, sondern sein lohb noch etlicher mahssen här-aus streiche, damit er ihn nahch-mahls gemach und gemach, nuhr aus ertichteter erzählung anderer leute, und ohne verdacht, bei ihr verhasst machchen könne.

Ich nahm also disen wält-grif wohl in acht, und lohbt' ihn den ehrsten tahg nuhr dahr-üm, daß si nicht märken solte, daß ich ihm gehässig wäre, oder ihn bei Ihr verhasst machchen wolte, und ich auf den andern tahg sein lohb däs zu fühglicher aus einem ertichteten nahch-ruhffe (dehn ich Ihr, gleich=sam als wan ich ihn nicht billigte, an zu hören gäben wolte) al-gemach benebeln, und in ihrem härzen verdunkeln möchte. Es ging mihr auch alles sehr wohl an, und in-dähm ich ihn etliche mahl, wan si von ihm zu räden kahm, mit anderer leute munde verachtet, und mit dem meinigen widerüm zu-gleich und zum scheine gelobet hatte, so begahb es sich lätslich, daß Wildfang seinen glauben bei ihr al-gemach zu verlühren begunte, und nicht mehr so angenähm wahr, als fohr-hin.

So bald ich nuhn solches gewahr ward, so fing ich an den Lihb-währt, wan er, meinem eingäben nahch, fohr unserem tage-leuchter fohr-über ging, zu loben, und versichcherte si, wi er so ein träu- und aufrüchtiges gemüht hätte. Ich bracht' auch zu wäge, daß er eines mahles von einem guhten fräunde, mit an der Gräfin tafel geführet [134] ward, damit er zu ihr, als einer solchen, di ihm schohn aus meinem lobe sehr günstig wahr, kundschaft bekommen möchte. Dises schluhg uns auch in wahrheit nicht fähl; dan er hatte sich straks das ehrste mahl bei ihr so belihbt gemacht (in-dähm er nähmlich ein über-aus-höhflicher und lustiger mänsch wahr) daß [177] si ihn bitlich vermochte, daß er si, wan es seine gelägenheit gäbe, besuchen wolte.

Lihbwährt wahr hihr-über so erfräuet, kahm straks zu mihr, und erzählete sein an-gebotenes glükke; da ich ihm straks dehn raht gahb, daß er ihr nuhr den andern tahg nahch däm mittahgs mahl' auf-warten solte, und sich jah nicht bis auf den abänd, da der Wildfang ankommen würde, verweilen. Das ehrste mahl solt' er es nuhr kurz machchen, und sähen, daß er gelägenheit bekäme, von der Deutschen tichterei mit ihr zu räden; dan ich wusste wohl, daß si ihn straks, so-bald si nuhr vernommen hätte, daß er etwas dahr-innen tuhn könte, üm ein lihdlein anlangen würde; wan si dan nuhn solches tähte, so wolt' er ihm schohn eines oder das andere machchen hälfen, daß er ihr solches auf den andern tahg über-reichen könte.

Der Lihbwährt täht alles, was ich ihn hihs, und ich kahm in drei oder vihr tagen nicht wider zum Fräulein, damit er seinen sachchen einen däs zu bässern grund lägen könte. Mitler-zeit bekahm er ihre gunst ganz und gahr, daß si auch straks, als ich Si widerum besuhchte, von ihm zu räden anfing, und nuhr das verdäkte rähtsel-lihdlein, welches si so här-aus-strich, sähen lihs.

Ich ställte mich ganz fremde, als wan ich nichts dahrvon wüsste, und lahs das lihdlein auch mit grohsser verwunderung, da ichs doch selbst gemacht hatte, etliche mahl durch. Da bekahm ich ehrst rächten anlahs meinen fräund zu loben, und seinen ahrtigen kopf zu preisen. Si frahgte mich, ob ich wohl solche dunkele räden, di er dahr-innen gebrauchte, verstünde? ob ich wohl dehr-gleichen mehr gesähen hätte? Ich habe zwahr dehr-gleichen wohl gesähen (gahb ich zur antwort) aber si sein so ahrtig nicht gewäsen, als dises ist; di deutung solt' ich auch schihr errahten können, und wan es [178] mein gnädiges Fräulein im [135] bässten vermärken wolte, so könt' ich Ihm noch wohl den wahren sün (wi mich heuchtet) gnugsam eröfnen.

Als si nuhn begihrig wahr zu wüssen, wohin so vihl in-einander-verwükkelte und verborgene gleichnüsse zihleten; so gahb ich ihr meine meinung ein klein wenig zu verstähen, und lägte gleichsam rähtsel mit rähtseln aus; doch also, daß es ihr das härz wohl sahgte, und ihr angesichte fohr schahm erröhten machte.

Der Lihb-währt wahr also der glüksähligste mänsch, dehr auf der wält läben mahg, und ward nuhn-mehr seinem mit-buhler weit fohr-gezogen. Aber weil ihm noch unbewust wahr, wi man sich der gühtigkeit und gunstbezeugung eines Frauen=zimmers rächt gebrauchen solte, so hätt' er sein glük bei einem hahre verschärzt, wo ichs nicht widerüm in den rächten schwang gebracht hätte. Dan di libes-bolzen, wan man alzu-hastig dahr-mit ümgähen wül, haben den gebrauch an sich, daß si gemeiniglich aus-gleiten, oder näben däm zile hin-gähen. Der gute Lihb-währt vermeinte, daß er nuhn der Gräfin härz ganz und gahr an sich gebracht hätte, weil si ihm schohn so vihl zu guht' hihlt, und wolte sich noch alzu zeitlich unterstähen, ihr einen kus ab zu stählen. Aber es ward ihm diser bissen wohl gnug versalzen, und er musste mit schaden kluhg wärden.

Di Gräfin ward (oder ställte sich nuhr) erzürnet, und geboht ihm, daß er sich pakken, und nimmer-mehr wider fohr ihre augen kommen solte. was bildet er ihm wohl ein, (sahgte si) vermeinet er, daß ich ihm dahrüm so vihl freiheit gegäben habe, daß er sich eines solchen fräfäls unterfangen sol? o nein! ich begähre solcher kundschaft gahr nicht! Da hat er sein lihd, sahgte si, und warf es ihm fohr di fühsse: es sol mihr nuhn wohl eine wüzzigung sein, und ich wül meine gunst hinführ bässer zu rahte halten. [179]

Als der Lihb-währt solches hörete, so erschrak er so sehr, daß er eine guhte zeit räde-lohs fohr ihr stund. Si hihs ihn noch einmahl gähen, und rädet' ihm so lange zu, bis er sich ändlich wider ermundterte, und si üm gnädige verzeuhung baht; Aber weil si sich ganz von ihm wägwändete, [136] und ihn durch-aus nicht hören wolte, so ward er gezwungen seinen abschihd mit höchster unvergnügligkeit zu nähmen.

Er kahm also-bald zu mihr, und klahgte sein un=glük, erzählte mihr den ganzen handel, und baht mich, daß ich ihn widerüm versühnen möchte. Ich sahgt' ihm solches zu, so färn es nuhr immer mühglich sein könte, und besuhchte di Gräfin straks des andern tages härnahch.

So-bald ich nuhn zu ihr hin-ein-kahm, so entfärbte si sich über alle mahssen, und wahr rächt klein=laut; aber ich lihs mich im geringsten nichts märken, daß ich etwas von ihrer zwei-spalt wüsste. Ich ställte mich ganz fremde, und ging ändlich mit ihr an den aus-laden nahch der strahssen zu, da der Lihb=währt, auf mein anordnen, solte fohr-bei-gähen. Ich rädete von aller-hand lustigen sachchen, und erzählete mancherlei begäbnüsse; aber weder des Lihb=währts, noch des Wildfangs, gedacht' ich mit keinem worte. Ich kahm ändlich von der unterschihdlichen eigenschaft der Libe zu räden; ich gahb ihr zu verstähen, daß eines mänschen libe hast- und häftiger wäre, als des andern, und äben in disem gespräche kahm der Lihb-währt fohr-bei-gegangen, und grühssete di Gräfin, seinem gebrauche nahch, mit tühffer ehr-er-bütigkeit. Als si sich nuhn widerüm sehr höhflich geneuget hatte, so fing si an und sagte: was mahg wohl Lihbwährt for eine Libe haben; ob si auch so häftig oder langsam ist? Mein gnädiges Fräulein würd solches ohne zweifäl (gahb-ich zur antwort) als ein Frauen-zimmer, bässer wüssen, dan ich; und weil ich ihn nihmahls bei Frauen-folke gesähen, vihl weniger selbst bewähret habe, wi sol ich von seiner [180] libe uhrteilen können? hihr-auf erröhtete sich di Gräfin, und sahgte, warüm sol er solches nicht so wohl wüssen als ich? weil ich mich (gahb-ich wider zur antwort) üm meines gleichen nicht bekümmere, und nihmand mehr in acht nähme, als das Frauen-zimmer; so, vermein' ich, wärde Si auch tuhn. Aber (fuhr-ich fort) wan si sich etwa durch meine kühnheit verlätset befündet, so bitt' ich üm gnädige verzeuhung; dan es mus entweder aus unwüllen oder schuldig-wüssen geschähen, daß si sich über meinen worten so sehr erröhtet.

[137] Mein Her beschuldiget mich zweier dinge (gahb si zur antwort, und ward noch röhter) dahrvon ich ganz im geringsten nichts weus; aber ich halte, Lihb=währt würd ihm seinen fähler vihlleicht schon bekant haben. Was führ einen fähler (fing ich hihr-auf an, und ställte mich, als wan ich nichts dahr-üm wüsste?) Ach sähet! sahgte si, wi fremde stället er sich doch, als wan es ihm alles böhmische dörfer wären!

Als ich nuhn ganz nichts wüssen wolte, so erzählte si mihr ändlich den handel, aber mit solchen klähglichen gebährden, daß ich leichtlich märken konte, daß es ihr sehr leid wäre, und daß si sein un=glük, welches si ihm ver-uhrsachchet hatte, betauerte; dehr-gestalt, daß ich si gahr mit geringer mühe widerüm zu rächte bringen konte. Also ward Lihb=währt nicht alein wider-üm versühnet, sondern auch üm so vihl däs-zu mehr gelibet; der Wildfang musste här-gegen den plaz räumen, und hatte seine gunst und gnade bei der Gräfin ganz verlohren.

Di zeit wahr dem Lihb-währt unter-dässen sehr lang worden, und er hatte fast alle augen-blikke gezählet. Ihm wahr nicht anders zu muhte gewäsen, als daß er seine gunst gahr müste verlohren haben, und daß ich ihn vihl-leicht nicht versühnen könte, weil ich so lang' aussen blibe; dehr-gestalt, daß ich ihn in meinem tage-leuchter, als ich wider nahch hause [181] kahm, in grohsser schwähr-mühtigkeit ligen fand. Er frahgte mich also-bald; ob nuhn das änd-uhr-teil seines todes gefället wäre? ich aber fing hihr=über an zu lachchen, und sahgte; ob er dan däshalben äben stärben müste? und ob dan kein Frauen=zimmer mehr in der wält wäre, als di einige Grähfin? nein, gahb er zur antwort, fohr mich ist keine mehr; drüm wan si mihr nicht gnad' erzeuget, so mus ich stärben; und der tohd würd mihr üm so vihl däs zu unerträhglicher sein, weil ich in ungnaden von ihr scheiden sol.

Er sei zu friden (fihl ich ihm in di räde) seine sachchen stähen izund tausend-mahl-bässer als fohr=hin: dan ich hab' es der Gräfin ab-gemärket, daß si ihr geschwündes verfahren sehr beräuet. Er mahg nuhn kühnlich wider zu ihr gähen, und da=mit ihr ansähen und ehre däs zu mehr [138] beobachtet wärde, so kan er Ihr zu-for durch seinen knaben an=dinen lahssen, daß si ihm vergönnen wolle, Ihr auf ein vihrteil-stündlein auf zu warten. Wan er nuhn (fuhr ich fort) zu ihr kömt, und si sich wider verhoffen noch was fremde gegen ihn ställen würde, so darf er sich nicht entzühen, Ihr einen fuhs-fal zu tuhn, und si mit fohr-abgefassten bewähglichen und härz-drüngenden worten gleichsam mit gewalt zur verzeuhung zu zühen: dan si ist ein hohes Fräulein, und solches träflichen standes, daß er dässen keine schande haben würd.

Als nuhn der Lihbwährt des andern tages dise vergünstigung von der Gräfin erlanget hatte, so ging er zu ihr, seinen fähler bässter mahssen zu entschuldigen. Si entfärbete sich zwahr anfangs, als er hinein traht, und ging ihm halb-erschrokken entgegen, aber ihre räden, damit si ihn entfing, waren ihm, seinem bedünken nahch, zimlich hart; dehr-gestalt, daß er also-bald fohr ihr nider-fihl, und si mit solchen bewähglichen worten anflöhete, daß [182] ihr fohr mit-leiden di trähnen härab-lühffen.

Mein lihbster Lihb-währt (sahgte si zu ihm) wahr=üm bittet er doch di-jenige üm verzeuhung, di sich an ihm verbrochchen hat? wahr-üm wül er meine schuld auf sich laden, und di verbrächcherin üm vergäbnüs auflöhen? Ich alein habe mich verbrochchen, und ich alein wül auch mich selbst ihm, zur strahffe, ganz und gahr zu eigen gäben; ich wül mich zu seiner Leib-eignen machchen, und wärde, wi ich nicht zweifäle, üm so vihl däs zu eher seiner verzeuhung teilhaftig sein.

Hihr-mit nahm si ihn bei der Hand, und rüchtet' ihn auf: er aber wuste fohr fräuden nicht was er sagen solte, und war fast ganz aus ihm selbst. Si stunden beider-seits eine guhte zeit, und sahen einander ganz räde-lohs an. Di Gräfin boht ihm ändlich di hand, und versichchert' ihn, daß er sich hinführ keiner solchen verfahrung mehr solte zu versähen haben. Si versprahch ihm ihre libe, und er versichcherte si widerüm der seinigen: dehrgestalt, daß si sich in disem zeitblikke so fäste verknüpften, daß si in ewigkeit nicht von einander lahssen wolten. Dise grohsse veränderung, und dises träfliche glük, veruhrsachte dehr[139] einige des Lihb-währts fuhs-fal, und brachte mehr zu wäge, als tausend andere libes-bezeugungen.

Mitler-zeit nuhn, daß der Wildfang fohr di Gräfin ganz nicht mehr konte gelahssen wärden, und seine gunst bei ihr ganz verlohren hatte, so wahr er in solcher seiner unsünnigen leidenschaft so wunderlich, daß er fohr angst und weh-leiden nicht wuste, was er begünnen solte. bald wolt' er sich ersäuffen, bald erhänken, bald wolt' er in dem krige sein läben einbühssen. Ja er ställte sich so närrisch an, daß ihn ändlich ihderman führ einen hirn-blöden hihlt.

Als nuhn dise tol-sünnigkeit ein wenig fohr-bei [183] wahr, und er in solcher seiner unglüklichen libes=haft vihl-mahls auf das feld lust-wandeln ging, so begahb es sich eines mahls, daß er an eine bach geriht, und eine junge bauer-mahgd baden sahe.

Der Wild-fang säzte sich von färn unter das gesträuche, und hatte di ganze zeit über seine sünnen und augen auf dise fohr-gebildete Schöne gewändet. Als si nuhn wider-üm wäg-gähen wolte, so kahm er zu ihr, und baht, si möchte sich doch ein wenig mit ihm in das grühne nider-säzzen, damit er eine zeit lang mit ihr schwazzen könte. Weil si aber ganz keine ohren dahr-zu hatte, und ihn, er mocht' auch fohr-wänden, was er wolte, nuhr mit ungestühmigkeit von sich stühs, so folgt' er ihr gleich-wohl nahch bis in das dorf. Di bauer=mahgd sahgt' es ihrem Vater an, daß ihr diser kärl al-zeit nahch-gegangen wäre; welcher auch den Wild-fang, so-bald er zu ihm kahm, zu'r räde säzte. Der Wild-fang wolte noch vihl wort-gepränge machchen, gleichsam als wan er bei seines gleichen wäre, und gahb zur antwort; daß man ihm seine kühnheit wohl verzeuhen würde, wan man nuhr zufohr seinen sün vernähmen solte; dan er sei seiner tochter nicht in un-ehren nahch=gefolget, sondern daß er si zur ehe begähren möchte. Dan si hätt' ihm unlängst, als si sich in einer bach gebadet, so wohl gefallen, daß er nuhn-mehr nicht von ihr lahssen könte.

Als di mahgd solches von färnen hörete, so huhb si zu ihrer mutter an, und sahgte; ik mochte mi offer desen kärsch schihr buzig lachchen, dat he so näksch und so trollich [140] koset: wän mi mine junkers vaken schabbernakken, so wehs ik noch, wat se menen; aber diser schuft bränget solche schnaken und solche schwänke fohr den tahg, dat ich dahr=van rehne nischt verstahn kan. [184]

Der Vater aber, welcher fohr disem eines von adel auf-wärter gewäsen wahr, wusste sich noch etwas höhflicher zu erzeugen, als seine tochter, und nöhtigte disen höhflichen freier zur mahlzeit. Da begaben sich noch ehrst di aller-kurzweiligsten possen; dan der Vater hatte den Wildfang und di Wummel (also hihs seine tochter) zusammen gesäzt, und ihr in geheim gesahgt, daß si sich fein ehr=bahr (wi Bastien) über tische halten solte. Di tochter aber, welche von den höhflichen sitten ganz nichts wuste, kährt' ihm zu aller-ehrst den rükken zu, welcher so stark, so kwatschlich und so hübsch untersäzt wahr, daß er wohl hätte türne feil tragen mögen. Si grünset' ihm bis-weilen über di aksel äben so fräundlich zu, als eine kuh ihrem kalbe; und huhb mit ihren beinen unter der tahffel an zu bummeln, welches er führ ein libes-zeuchen hihlt.

Er rädet' ihr über tische zu, und lohbt' ihre schöhnheit. Das blikken ihrer augen (sahgt' er) wan si ihn auf di seite anschihlete, wäre gleich wi das lihbliche blikken der kunst- und krihgs-göttin Kluginne. Di lippen, welche zimlich hohch auf-geworfen stunden, wären zwe lihbliche lust-wälle, dahr-auf man di stükken der libe mit einem knallenden getöhne der tühf-gehohlten seufzer ab-lösen könte. Di bakken, welche gleichsam in foller gluht wi di röhstenden braht-würst' in di höhe bausteten, wären di anmuhtigen hügel, dahr-auf man di erkälteten wangen erwärmen könte.

Solcher-gestalt ging er fast durch alle glider ihres ganzen leibes, und gahb ihr seine fol- und tol=brünstige libe gnugsam zu verstähen, wan si es nuhr hätte verstähen können. Si aber ställte sich ihres teils so fräundlich gegen ihn, wi ein halb-jähriges holz-bö klin, und schluhg ihm oft-mahls, wan er ihr dem höhflichen gebrauche nahch vihl fohr-lägen wolte, das mässer aus der hand; dan si hatte [185] sich straks im anfange so fleissig in acht genommen, daß si auf di lätste mehr ekel als hunger hatte. Nahch gehaltener mahl-zeit ging Wildfang mit seiner Wummel, [141] welche sich schohn etwas zu bekwähmen lärnete, in den garten, da er ihr auch so vihl fohr-schwazte, daß si nicht wuste, wi si mit jhm dahr-an wahr.

Dise lächcherliche libe, da der Wild-fang fohr di Gräfin eine bauer-mahgd erkohren hat, entspon sich äben acht tage fohr meinem abzuge, daß ich also nicht wüssen kan, wi es noch dahr-mit abgelauffen ist. Di Gräfin truhg mehr ein mit-leiden mit ihm, als daß si solches hätte belachchen sollen: sonderlich, als ihr der Lihb-währt den ganzen handel erzählte, daß ich solches alles angestiftet hätte; daß ich, aus heimlicher feindschaft, den Wild-fang mit sonderlicher list aus-gedrungen, und ihn in seine ställe gebracht hätte. O mein Her, mein Her! (sahgte di Grähfin noch zu mihr, als ich abschihd von ihr nahm) wi ist er so ein schähdlicher feind und so ein träuer fräund zu-gleich! o wi hat man sich fohr ihm zu hüten! wan es ihm in andern sachchen äben so ab-läuft, als es in diser geschähen ist, so wolt' ich ihn nicht gärn erzürnen, oder nuhr zum wenigsten mit ihm zu tuhn haben.

Diser wunder-fal wahr gleich zu ände gebracht, als dem Markhold durch einen schiffer angemäldet ward, daß di fluht den künftigen morgen würde zu sägel gähen, und di schiffe schohn von der stat ab=gerükket wären. Di ganze versamlung ward räge, und es wolt' ein ihder seinen abschihd nähmen, da-mit si den Markhold an seinen verrüchtungen nicht verhintern möchten.

Er aber hihlt si noch eine guhte zeit auf, und begahb sich widerüm mit der ganzen geselschaft an den tage-leuchter, da si dem beschlusse diser auf=züge mit höhchster verwunderung zu-sahen. Dan [186] es kahm äben, als si zum tage-leuchter hin-unter-sahen, eine schahr in weibes-tracht, auf das prächtigste ausgezihret, ohn-gefähr von dreissig pfärden; welche zwahr zimliche reiter gaben, aber sich doch durch ihre frächche gebährden verrihten, daß man also gahr-leichtlich sähen konte, daß unter solchen Frauen-kleidern mans-bilder verborgen waren.

Diser lächcherliche hauffe machte solcher-gestalt den beschlus diser fast-nachts-lust, und des Markholds fräunde begaben sich, nahch-dähm si ab=schihd genommen und ihm [142] vihl glük auf di reise gewündschet hatten, wider-üm nach hause.

Als sich nuhn dise lustige geselschaft verlohren, und dem Markhold zeit übrig gelahssen hatte, seinen gedanken nahch zu hängen, so wahr er bald bei der Amstel, und bildet' ihm ein, wi er di Rosemund am ufer seiner ankunft warten sahe; bald wahr er wider zu Parihs, und gedacht' an seine libe Lands-fräundin, däs Fürstlichen Fräuleins! härz-vertraute, di er nuhn verlahssen, und vihl=leicht nimmer-mehr wider sähen würde. wan er sich ihrer trähnen erinnerte, di si bei seinem abschide so rächt-mähssig vergossen hatte, so ward er gahr klein-laut, und bejammerte di arme verlahssene; wi=wohl si ihre Fürstin nimmer-mehr verlahssen würd. wan er aber wider-üm erwohg, wi er di trähnen der Rosemund, di si bei seinem abwäsen vergossen hatte, abwüschen würde, so vergahs er seiner schwähr=muht, und ergahb sich der fräude so gahr, daß er an sein foriges weh-leiden nicht mehr gedachte. Das härz wallte führ fräuden: di lung' erhuhb sich, und begunte schohn luft von seiner Schönen zu schöpfen: der ganze leib ward räge: das geblüht in den adern verzweifältigte seinen gang, und das gesichte gahb seine innerliche härzens-fräude so schein-bahrlich an den tahg. Di augen, welche di Libe befeuch-[187]tet, und di fräude flammend gemacht hatte, waren ganz un-stäht, und lühffen wi eine un-ruhe von einem winkel bis zum andern; bis-weilen kahm auch ein heisser seufzer här-auf-gestigen, und brahch mit solcher gewalt durch den mund, daß man ihn gahr von färnen vernähmen konte, und nicht anders vermeinte, als wan eine blase zersprünge, oder ein südendes wasser mitten in der gluht einen solchen zischenden knal von sich gähbe. Er ging in seinem zimmer auf und ab, und hätte sich in disen sühssen verzükkungen noch länger auf-gehalten, wo nicht sein Lihbster Härzwährt, dehn er nuhn eine lange zeit nicht gesähen hatte, so un-vermuhtlich dahr=zwüschen kommen wäre.

Nahch-dähm nuhn eine innerliche grohsse fräude, wan noch eine andere so plözlich dahr-zu kömt, und sich solcher gestalt überhäuffet, daß si mit gewalt häraus brücht, eine so jählige verzükk- und vergeisterung veruhrsachchet, daß [143] man gahr verstummet, und seiner sünnen und gedanken gleich=sam beraubet würd; so kan man leichtlich erachten, wi dem Markhold bei so vihlen fräudigen auf=stohssungen mus zu muhte gewäsen sein. Es kahm immer eine fräude über di ander; immer eine fröhliche zeitung folgte der andern; kein tahg ging fohr=bei, da ihm nicht eine näue lust auf-stühs.

Alle dise fröhliche bohtschaften, alle dise lustige zufälle, und solche ansichtigkeit seines lihbsten und geträuesten Fräundes, machten ihn gleich=sam gahr verwürret in seinen sünnen, daß er ihm zu-ehrst fast nicht zu-sprächchen konte: er stund in tühffen gedanken, und sahe ihn an, gleichsam als wär' er erschrokken, und schäuete sich ihn an zu räden, dehr-gestalt, daß sich der Härz-währt eine zeit-lang höhchlich verwunderte, und in solcher verwunderung auch ganz stille schwihg. [188]

Als nuhn dises entzükken eine guhte weile gewähret hatte, so kahm Markhold wider zu sich selbsten, und frahgte seinen Härz-währt; wi es ihm bis-hähr in der zeit seiner aus-flucht ergangen wäre, und ob er nicht bald widerüm nahch Parihs gedächte? Ach! (gahb er mit einem tühffen seufzer zur antwort) es ist mihr so zimlich ergangen; ih=doch, wan ich nuhr zu Parihs wäre, so hätt' ich nichts zu klagen: dan meine flucht kömt mihr noch nicht so schwähr führ; aber di entfärnung von meiner Lihbsten, di si ver-uhrsachchet hat, und di ich gahr nicht vertragen kan, versäzt mich in das höchste weh-leiden.

Hihr-nahch gahb ihm der Markhold zu vernähmen, daß er auf den andern tahg wider nahch Hol-land verreisen würde, seine Rosemund zu besuchen. wohr-über Härz-währt so betrühbt ward, daß er disen so nahen verlust seines trauten fräundes fast mehr bejammerte, als den verlust seiner Lihbsten. Si bliben dise nacht bei-ein-ander, damit si noch zu guhter lätste, rächt lustig sein möchten; und Markhold, nahch-dähm er seine Rosemund mit einem kleinen brihflein seiner kurz-künftigen ankunft versichchert hatte, begahb sich mit dem Härz-währt, welcher ihn bis zum Gnaden-hafen vergeselschaften wolte, des künftigen morgens, zu schiffe.

[144] Di schöne Ludwichche, mit welcher der Markhold von Parihs kommen wahr, und in ihrer behausung zeit-hähr gelägen hatte, wündscht' ihm eine glükliche reise, und betauert' ihre so kurze kundschaft mit lauten trähnen. Der Markhold gesägnete si, nahch landes gewohnheit, mit einem kusse, und trükt' ihr ein klein-versigeltes brihflein in di hand, mit begähren, daß si es nicht eher eröfnen solte, si wäre dan alein in ihrer kammer.

Der schiffer lihs nuhn den schif-halter schohn auf-wünden, der Steuer-man ging an sein ruder, [189] und di sägel begunten üm den mast härüm zu flattern. Markhold winkte der Luhdwichche noch zu guhter lätste mit dem huhte, und di betrühbte machte sich straks, so bald si sein schif nicht mehr sähen konte, nahch hause; da si sich seinem begähren nahch in ihr schlahf-zimmer begahb, und das zu-geställte brihflein mit grohssem verlangen und härz-klopfen erbrahch. Weil si nuhn di hohchdeutsche sprache wohl verstund, so hatt' es der Markhold äben in dehrselbigen, folgender gestalt, verfasset:


Des Markholds

Abschihds-Lihd

an di schöne

Luhdwichche.

1.
Luhdwichche, weine nicht; mein ähdles Bild, schweig stille,
halt inne! dan dein wülle
ist jah der meine nicht, und kan es auch nicht sein;
dan Rosemund ist mein,
di nuhn zehn mahndes-zeit sich ohne mich befunden
im rauhen Niderland' am blanken Amstel-flus,
bei der ich widerüm di fräud' ernäuren mus
in mehr als tausend stunden.
2.
O Schöne, dänke nicht, daß ich zu euren sitten, [190]
von meinen abgeschritten:
nein, nein! ein deutsches härz ist nih so leichte nicht;
wehr pflücht und träue brücht,
ist euren dinern zwahr, doch Deutschen nicht, zu gleichen.
Du sprüchst selbst wider dich, wan Du di Deutschen preis'st
und ihre fäste träu so sonnen-klahr erweis'st,
ja wüllig bist zu weichen.
[145] 3.
Du lobest das, was Du von mihr begährst zu brächchen,
di deutsche träu zu schwächchen.
ich ehre Dich, weil Du so tugend-eifrig bist,
und was es sonsten ist,
o tugendhaftes Bild, wahr-üm ich Dich kan loben;
sonst hätt' ich nicht ein-mahl di fäder an-gesäzt,
und mich mit wächsel-schrift so-oft mit Dihr ergäzt,
ja Dich so hohch erhoben.
4.
Nuhn, weil ich mus von Dihr den bittren abschihd nähmen,
so würst-du dich bekwähmen,
und dich nicht also-gahr in trühbnüs lahssen ein. [191]
ei lahs das weinen sein!
di alte deutsche träu sol un-verrükt bestähen.
Dich küss' ich noch zu-lätst, nach deines landes brauch,
und bleibe Dihr geneugt, so lang' ein wind und hauch
aus meinem munde gähen.

Nahch verläsung dises lides huhb si noch vihl häftiger an zu weinen, als si am hafen getahn hatte; prise di Rosemund di aller-glüksäligste auf der ganzen wält, und nännte sich einen sammel-plaz alles unglükkes. Si wündschte vihl-mahls, daß si den Markhold nimmer-mehr möchte gesähen haben, und versprahch ihr bei sich selbst, daß si keinen andern, als einen Deutschen, di si führ di träuesten schäzte, nimmermehr ehligen wolte. Ach! sagte si bei sich selbst, es ist mihr nuhn nicht anders, als wan mihr der ganze wält-kräus gram wäre, als wan alle träue mit dem Markhold von mihr wichchen. Dan hat man wohl ih-mahls einen solchen mänschen, dehr seiner Lihbsten so träu wäre, gesähen, als Er ist? hat man ih-mahls gehöret, daß ein solcher auf-gewäkter geist sein glük und seine ehre so gahr ausschläget, damit er nuhr seiner Geträuen geträu bleibe? Ich halt' ihn üm so vihl däs zu höher, ich wärd' ihn mein läbenlang nicht gnug preisen können; und ob er mihr gleich solche harte worte zu=schreibet, so kan ich ihm doch däshalben nimmer=mehr abhold wärden. Als si dise klähgliche worte fol-ändet hatte, so neugte si sich halbkrank auf ihr bette, und lahg in solcher gestaltnüs gleichsam halb-schlahffend bis auf den abänd. [192]

[146] Markhold hatt' indässen keinen guhten nahch=wind, und sein schif kahm ehrst in sechs tagen bei dem Gnaden-hafen an, da si noch ganzer drei wochchen lang, wägen eines stähts-währenden sturmes, in der wind-stille ligen musten. Der guhte Härz-währt blihb näben einem Französischen von adel, di ganze zeit über, bei ihm, und vertrihb dem Markhold bald mit lust-wandeln an dem offen-baren Se-munde, bald mit einem annähmlichen gespräche, di zeit, welche ihm sonst ohne zweifäl sehr verdrühslich würde gefallen sein.

Mitler-zeit erhuhb sich ein-solcher häftiger haubt-sturm auf der Se, daß auch in einer nacht ihre vihr kriges-schiffe, di im fohr-hafen auf der höhe fäst lagen, so zerschmissen warden, daß das schif-seil an allen vihren zersprang, und das schif in di äusserste gefahr versäzte. Der schif-haken blihb im grunde stäkken, und di krihges-schiffe machten sich des andern tages auch nahch der wind-stille zu, da si so lange ligen bliben, bis di ganze fluht, welche ohn-gefähr in neunzig schiffe bestund, auf-brahch, und den strich teils nahch Se- teils nahch Nord- und Sühd-holland zu nahm.

Es war zwahr anfangs solch' eine fluht rächt mit lust an zu sähen, sonderlich di ehrste nacht, als si mit den vihr kriges-schiffen, dahrauf man hinten und forne, grohsse wind-lüchter aufgestäkt hatte, auf allen seiten ümgäben wahr; aber den folgenden tahg, da sich widerüm ein solcher grohsser sturm erhuhb, daß auch über zehen schiffe, von der fluht unter-gingen, so schwäbeten si (di schiffer und bohts-gesellen so wohl als unser Markhold) in höhchster angst. Di ungeheuren wasser-wogen kahmen so ungestühmlich auf ihr schif zu geschossen, daß man nicht anders gedachte, wan man si von färn, gleichsam wi grohsse bärge, härzu-wälzen sahe, als daß si das schif ganz bedäkken würden. [193–194]

Der mast ward von vihlen schiffen fast mit allen segeln über bort geworfen. Der wind sausete ganz erschröklicher weise üm si här-üm; ihdoch, weil er den steurman schnuhr-straks entsäzte und ihnen rächt nahch-ging, so [147] trihb er si in vihr tagen nahch der Mase zu: da des Markholds schif, weil es überaus wohl besegelt wahr, zu-aller-ehrst mit allen seinen leuten gleich bei wider auf-geklährtem wetter sehr glüklich einlühf.

Di bohts-gesellen jauchzeten, und warden von ihren weibern mit fräuden entfangen. Di stükke war den gelöset, und versühsseten gleichsam widerüm durch ihren fräudenknal und gewündschtes donnern, das sausen und brausen der winde. kein mänsch erinnerte sich mehr der gefahr, di si ausgestanden hatten. Markhold selbst wahr nicht mehr sein eigen; und alle seine sünnen waren schohn fohr-an-gereiset, nahch seiner trauten Rosemund zu, di sich seiner stündlich, jah bliklich, versahe. Er blihb nicht mehr als eine nacht zu Roterdam, di er auch meistenteils schlahf-lohs zu=brachte; und machte sich des morgens sehr früh nach seiner Rosemund zu.

Dise Wunder-schöne wolte sich gleich aus däm bett' erhöben, als er an dem tage-leuchter klopfte, und erschrahk nicht wenig dahr-über, sonderlich, als si sahe, nahchdähm si sich angekleidet hatte, daß nihmand draussen wäre; dan er hatte sich hinter di hürden verborgen, und blihb daselbsten so lange ligen, bis si zu ihren schahffen här-aus kahm, und di hürden wider auf-machchen wolte. Si ging mit zittrendem tritte gleich nahch derselben ekke zu, dahr-hinter sich Markhold nidergetükt hatte, und ward nicht anders, als wan si von näuem wider-gebohren wäre, da er sich gegen si auf-rüchtete, und nahch ihr zu-ging, seine Schöne zu ümfahen. [195]

Si entfärbte sich anfangs, und wuste nicht was si sagen solte, daß ihr so ein plözliches glük auf=stühsse. Di fräude stihg aus ihrem härzen nahch däm gesichte zu, und bildete sich in ihren augen und in ihren wangen so läbendig ab, daß man un=schwähr errahten konte, ob si schohn nicht so bald rädete, daß ihr solche des Markholds ankunft überaus lihb wäre. Das halb-verkürzte lächlen ihrer röhslichten wangen ward mit etlichen fräuden-trähnen gleichsam verlihblichet: der mund ward zu unterschihdlichen mahlen bald roht, bald blas. di augen, nahchdähm das härz das [148] seinige, dässen es fol wahr, häuffig ausschüttete, waren bald trübe, bald klahr; und dräheten sich bald rasch, bald langsam, in seinen höhlen härüm.

Markhold rädete si also zum ehrsten an, und baht si üm verzeuhung, daß er si bei so früher zeit überfile, und zohg seine träu-eifrige libe zum schuld-däkkel an. Hihr hat si nuhn, meine Währte (sagt' er) das-jenige widerüm, was ich ihr fohr acht mahnden entwändet habe. mein härz ist nihmahls von ihr abgewichchen, ob es gleich, dem tast-bahren leibe nahch, entfärnet wahr. Markhold ist zwahr in fremden landen gewäsen, aber seine gedanken alle-zeit zu hause: zu hause, sag' ich; dan wo haben si sonst ihren siz, als bei der himlischen Rosemund?

Nahch-dähm nuhn dise schöne Schähfferin ihre härzliche fräude, so wohl mit den gebährden, als räden, zu verstähen gegäben hatte, so begahb si sich mit ihrem Trauten in ihre wohnung. Si frahgt' ihn, wi es ihm auf seiner reis' ergangen wäre? ob er auch alle- zeit wohl-auf und bei guhter gesundheit gewäsen? ob si kein un-glük auf däm mehre gehabt hätten? ob er nuhn in Holland zu verbleiben gedächte? jah si gahb ihm so vihlerhand fragen auf, daß er gnug zu tuhn fand, wan er si alle beantworten wolte. [196]

Als si nuhn den halben tahg mit dehrgleichen gesprächen fast zugebracht hatten, so nahm Markhold von der Rosemund seinen abschihd, und versichcherte si, daß er ihr auf den andern morgen, wan er seine sachchen zu Amstelgau würde verrüchtet haben, widerüm aufwarten wolte.

Di Rosemund lägte mitler zeit ihre Schähffers-tracht ab, und täht ihre fohrigen kleider wider=üm an. Si kahm also zu ihrer Schwäster der Stil-muht, welche sich über diser jähligen änderung über alle mahssen verwunderte. Das ganze haus-gesinde froh-lokte, und wuste doch nicht wahrüm: dan di Rosemund hatt' es noch keinem mänschen sagen wollen, daß Markhold aus Frank=reich wider-kommen wäre. Si lihs ihr zimmer auf das aller-zihrlichste mit güldnen prunk-tüchern behängen, und der Adelmund ihres auch widerüm verschönern, damit man selbiges dem Markhold,[149] so lang' als er bei ihnen verblibe, eingäben könte. Si wahr den ganzen tahg geschäftig bis in di nacht, da si auch nicht vihl ruhen konte, in-dähm si nuhr einig und alein verlangte den anbrächchenden tahg, und mit ihm, ihren trauten Markhold wider zu sähen: welcher ihre gedanken und vernunft so gahr eingenommen und betäubet hatte, daß si, in gegen=wärtiger glüksäligkeit, weder an ihr fohriges noch zukünftiges unglük gedachte.


Aende däs dritten Buches.

[197] [150]

Vihrtes Buhch

Der Adriatischen ROSEMVND
vihrtes Buhch.

Rosemund hatte nuhn-mehr mit dem här-führ-brächenden tage das bette verlahssen, und sich in ihren tage=leuchter gegen der Sonnen aufgang begäben, da si di lihblichen strahlen dises grohssen wält-lüchtes mit verwunderung betrachtete, und sich, in solcher betrachtung, ihres läbens einiger Sonnen, des trauten Markholds, erinnerte. Si stund eine guhte weile in solcher an-muhtigen verzükkung, und truhg ein solch-häftiges verlangen, ihren härz-gelihbten zu grühssen, daß si kaum der fräuden erwarten konte.

Si schikt' ihre kammer-jungfer hin, und lihs dem einen diner befählen, daß er den Markhold, mit vermäldung ihrer pflücht-schuldigkeit, zur mit-tags-mahlzeit laden solte. Der diner verrüchtet' ihren befähl also-bald, und Markhold ställte sich auch zwo oder drei stunden dahrnahch bei seiner Härz=lihbsten ein. welche ihn zur stunde zur Stil-muht führte, di von seiner widerkunft nicht das geringste gewust hatte, und sich dannenhähr höhchlich verwunderte.

Si entfing ihn mit sehr höhflichen und fräudigen gebährden, gahb ihm zu verstähen, wi es ihr so härzlich lihb wäre, daß ihn das glük in solchem guhten wohl-stande wider zurük gebracht hätte, und verwunderte sich über seine so geschwünde widerkunft.

Markhold, welcher noch nicht wuste, daß di kluhgsünnige Adelmund wider in Deutschland [198] gezogen wäre, frahgte seine Gelihbte, wi es ihr ginge? Sehr wohl, gahb ihm dise Schöne zur antwort; aber er würd si alhihr nicht fünden; dan das glük hat si dahin gefortert, da es si besäligen würd: wi? fihl ihr Markhold in di räde, ist si wider nahch Deutschland, gereiset? Jah freilich ist si hin, (fing di Rosemund mit seufzen an) si ist hin, di uns so vihl fräundes-dihnste geleistet hat, und genühsset ihres geneugten glükkes mit überflus.

O mein GOT! (fing Markhold an, und wahr über solcher zeitung so betrühbt, daß er sich fast nicht konte [151] tröhsten lahssen) wi bin ich so unglüksählig! di einige Adelmund, di ich wohl mit rächt di einige meisterin meines glükkes nännen könte, hat mihr äben izund müssen entzogen wärden, da ich ihrer am meisten bedarf. wehr wül nuhn mein glükke beförtern, oder vihl-mehr mein instähendes un=glük abwänden! Ist Adelmund hin, so ist mein glükke verspilet, und würd mihr gewüs zu einer solchen harten stihf-mutter wärden, daß ich schohn dahr-fohr erzittere.

Mein Her woll' ihr doch das glükke nicht mis-gönnen, fihl ihm di Stil-muht in di räde, und vihl=mehr gärne sähen, daß si ihres einigen wundsches ändlich ein-mahl gewähret ist. Ich mis-gönn' es ihr auch nicht, gahb der Markhold zur antwort, sondern ich betaure nuhr das meinige, daß es mihr so gahr zu-gegen ist.

Als si nuhn eine guhte weile mit-einander sprache gehalten hatten, so ward ihnen angesagt, daß di tafel schohn gedäkt und di speisen färtig wären. Stilmuht er-huhb sich zu ehrst, und baht den Markhold, daß er mit ihrer geringen mahl-zeit wolle fohr-lihb-nähmen, und sich in di tafel=stube verfügen, welche straks an ihr zimmer stühs. [199]

Markhold entschuldigte sich anfangs, und wolte nicht bleiben; mit führwändung, daß er in Amstelgau etwas noht-wändiges zu beställen hätte. Als ihn aber seine Rosemund selbsten so inständig nöhtigte, so lihs er sich noch ändlich halten, und verzehrte mit disen zwo Schönen das mittags=mahl.

Nahch gehaltener tafel, begaben sich dise dreie zum tage-leuchter, da ihre gebuhrts-stat Venedig in einer grohssen scheiben entworffen wahr; als der Markhold selbiger gewahr ward, so sah' er seine Rosemund an, und sahgte: meine Schöne hat mihr schohn fohr-längst di gelägenheit diser ädlen Stat zu beschreiben versprochchen; wan ich nuhn izund so bit-sählig sein könte, daß si solche mühwaltung auf sich nähmen wolte, so würd' ich mihr selbst vihl zu danken haben, und ihr auch in wahrheit über-aus-verpflüchtet sein.

Dise schuld, gahb si zur antwort, wärd' ich ihm gahr gärn abstatten, wan er sich nuhr zu-ehrst der seinigen, di er mihr zu zahlen gelobet hat, entlädigen würd. Meine [152] Schöne (fing er ihr das wort auf) wolle mihr solches doch nuhr klährlicher eröfnen, wofärn si wül, daß ich si vergnügen sol; dan ich kan aus disen dunkelen worten ihre meinung nicht rächt vernähmen.

Solte sich mein Her nicht zu erinnern wüssen, (gahb ihm dise Schöne zur antwort) daß er mihr schohn fohr langer zeit verheissen habe, einen kurzen abris der alten und izzigen Deutschen zu tuhn, das müste wunder sein! Genug, genug, meine Jungfrau, fihl ihr der Markhold in di räde: si spahre di übrigen worte; dan ich erinnere mich mei-[200]ner zusage schohn mehr als alzu wohl, und wärde mich auch nicht wägern, meinen worten nahch zu kommen: Aber weil es billiger ist, daß ich ihr di ehre lahsse den anfang zu machchen, sonderlich, weil wihr äben izund ihrer wält-bekanten gebuhrts=stat ab-bildung fohr augen sähen, so wül ich si noch ein-mahl gebähten haben, daß si mich doch meiner bitte, weil ich der ehrste bin, dehr dahr-üm an-gelanget hat, auch zu-ehrst gewähre. Däm gröhssesten und ansähnlichsten (fing si widerüm an) gebühret ja al-zeit der fohr-zug; und mein vater-land kan däm seinigen, weil dises ein ganzes Reich, und jenes nuhr eine Stat ist, nicht fohr-gezogen wärden.

Als nuhn di Stilmuht sahe, daß sich di zeit mit solchem höhflichen lust-gezänke nuhr unnüzlich verlühren würde, so rädete si ihrer Schwäster zu, daß si doch nuhr den anfang machchen wolte; und versichcherte si zu-gleich, daß si auch ein teil, wo es ihr zu lang fallen würde, auf sich nähmen wolte, damit der Markhold jah rächt könte vergnüget wärden.

Das ist wahrlich ein rächt-guht- und schwästerliches erbühten, fing Markhold hihr-auf an, welches nicht alein von der schönen Rosemund, sondern auch von mihr, mit höhchstem danke sol erkännet wärden. und ei liber! sagt' er, und sahe di Rosemund an, meine Schöne wolle sich nuhn nicht färner wägern, in-dähm ihr so ein guhter entsaz und bei-stand angebohten würd.

Rosemund ward also gezwungen ihres Markholds bitten, und däm ein-rahten ihrer Schwäster gnüge zu tuhn; si nahm einen schwanken indischen rohr-stahb, damit si ihm [153] di gelägenheit der Stat selbst zeugen könte, in di hand, und fing folgender gestalt an zu räden. [201–202]


Uhrsprung und Beschreibung

der

Stat Venedig,

aus vihlen bewährten uhr- und geschicht-schreibern

kürzlich zusammen gezogen.


Dise grohss' und gewaltige Stat, deren geringsten schatten mein Her auf diser glahs=scheiben entworfen sihet, hat zur zeit des Hunnischen kriges, wi man uhrkundet, ihren uhr=sprung genommen; gleich da-zu-mahl, als der 1 Wühterich Attila ganz Wälschland über-zohg, und mit den alten Venedigern (welche zeit däm 300 jahre nahch der gebuhrt unsers heilandes, üm den Adriatischen Mehr-schohs här-üm in den aller-schön- und lustigsten landschaften wohnten) so übel handelte, daß sich sehr vihl und di aller-mächtigsten und ähdlesten von ihnen, mit allen den ihrigen, auf di nähest-gelägene wühst' und öden ein-länder begaben.

Dise flüchtige nuhn (unter welchen di von Padue, 2 di den hohen flus, dehr alhihr recht krümlings mitten durch gähet, innen-hatten, di aller=ehrsten waren) haben diser wält-beruhffenen Stat, im 421 jahre nahch Kristus gebuhrt, zur zeit des 3 Märzens, oder wi di meisten berüchten, des Ostermahndes, gleich damahls, als Klef, der Longebarder könig, zu wühten anfing, nahch etlicher meinung, üm dise gegend, da das Gottes-haus des heiligen Marksen stähet, den grund-stein geläget; und zu gleichem mahle, zur ehre Gottes, und [203] aus schuldiger dankbahrkeit, ein Gotteshaus erbauet, und dem h. Jakob geweihet.

Nahch dehr zeit, üm das 456 jahr, haben sich di übrigen gleiches fals, damit si dem Hunnischen wühten auch entflühen möchten, alhihr versamlet, und di Stat so träflich [154] zu erweitern angefangen, daß si auch üm den fohr-ange-zeugten hohen flus här-üm 4 sechszig Inländer einnahmen, und diselbe zusammen zogen, dehr-gestalt daß ändlich eine solche grohsse Stat dahr-aus worden ist, di man mehr ein wunder-wärk der unstärblichen Götter, als ein mänschliches kunst-gemächte nännen mahg.

Di Stat ligt rächt mitten in dem innersten winkel däs Venedischen Mehres, welcher von einem selb-wäsenden tamme in gestalt eines halben mahndes ümgäben, und befästiget ist, und alle sechs stunden den zu-und ab-flus (welches man zu Hamburg fluht und äbbe nännet) zu haben pfläget. Diser tam hält di wogen däs ungestühmen mehres, das vom aufgange härzu gewallet kömmt, zurükke, daß es der Stat keinen schaden tuhn kan, und ist bei fünf und dreissig meilen lang; würd in etliche inländer geteilet, und hat siben eingänge, dahr-unter doch nicht mehr als zwei zur ein-und aus-fahrt dinen. auf der seite diser eingänge ligen sehr starke Fästungen, welche di hafen be-schühssen, und den feind, so sich einer irgend möchte blikken lahssen, mit geringer mühe zurükke halten können.

Dise teils von däm fästen lande, teils von den tämmen, ümschlossene Se würd achtzig wälsche meilen lang geschäzzet; di breite kan man so eigendlich nicht wüssen, weil si sich, nahch-dähm der ab- und zu-fal stark ist, bald verbreitert, bald widerüm schmählert. Si ist allend-halben so untühf, [204] daß sich kein schif der Stat nahen kan, ohn alein durch zwe wohl-verwahrte hafen; und es wärden gewüsse Leute dahr-zu gehalten, welche den grund, so er irgend zu tühf wärden wolte, stähts ausfüllen müssen, dehr-gestalt, daß man si weder zu lande noch zu wasser in der nähe bekrigen kan.

Di Stat würd in di rundte acht wälsche meilen geschäzzet, und ist weder mit wällen noch mit mauren versähen, da si doch führ un-überwündlich gehalten würd. Ihr reichtuhm ist unerschäzlich; ihre schäzze sein nicht zu zählen; jah si ist so fol von gühtern, daß si auch durch dise unaussprächliche beute manchen feind von däm ände der wält zu [155] sich lokken möchte. Si hat vihl schöhne Inländer, Landschaften und Stätte erobert, manche schlachten gehalten und vihl-mahls ob-gesiget. Si hat so vihl krige geführet, daß si fast nicht zu zählen sein.

Der ehrste krihg, dehn ihre Herzoge geführet haben, ist wider Ravenne gewäsen. Si haben sehr vihl-mahl wider di Mehr-räuber gestritten. Si haben sechs-mahl mit dem Grohs-türken gekriget; neun-mahl mit den Genuern; vihr-mahl mit den Sarazenen; ein-mahl mit den Langebarden; zwei-mahl mit den Nordmännern; vihr-mahl mit den Sirern; drei-mahl mit der mächtigen Stat Konstantinopel, di si auch gewonnen, aber nicht lange behalten haben; vihr-mahl mit Ferrahr; zwei=mahl mit Friaul, oder dem Julius-markte; zwei=mahl mit Napel; vihr-mahl mit Oesterreich; drei-mahl, jah mehr, mit Padue; vihr-mahl mit Histrien; ein-mahl mit dem Rogerius, Könige in Sizilien; jah si hat mit dem Sihgmunde; Fridrichen, dem zweiten dises namens, und andern Römischen Käsern und Erzkönigen; mit den Grichischen Käsern, mit dem wütenden Akziolihn, mit den Hunnen, Siliziern, Liziern, Kretern und andern mächtigen fölkern grohsse krige geführet. [205] Kurz, si hat so vihl und grohsse feinde gehabt, di ihr nahch dem ehren-kranze gestanden sein, und ist gleich-wohl (o welch-ein lohb!) nuhn-mehr über di tausend und etliche hundert jahr, so lang' als si gestanden hat, noch allezeit jungfrau gebliben, und nih-mahls erobert worden, welches wihr sonst von keiner einigen Stat geschriben fünden.

Dise mächtige Stat, wi mein Her sihet, würd hin und wider mit Se-ärmen zerteilet, und hat fast in allen strahssen ihre wasser-gräben, über welche mehr als 450 teils steinerne, teils hölzerne brükken gähen. An kleinen lust- und walschiflein, dahr=innen das Frauen-zimmer, und wehr sonsten nicht so weit ümgähen wül, zu fahren pfläget, fündet man allend-halben eine grohsse mänge, und es wärden ihrer mehr als 8000 gezählet. Der grohsse oder (wi si ihn nännen) hohe Se-arm, ist 1300 schuhe lang, und 40 breit. Er gähet rächt schlangen-weise mitten durch di Stat, und hat nicht mehr als eine sehr grohsse brükke von marmel, nuhr mit einem hohen schwib-bogen, 70 schritte lang, und 31 breit; [156] ist auf beiden seiten mit krahm-laden verbauet, und hat, nahch etlicher meinung, in di acht und vihrzig mahl hundert-tausend reichs-tahler gekostet.


Entwurf des Marks-plazzes, und däs

fürstlichen Schlosses.


Diser breite Plaz nahch däm Mehre zu, dahr=auf dise zwo aus frigischem marmel so künstlich-ausgehauene säulen (di man von Konstantinopel bekommen hat) in der mitten entbohr stähen, würd der Marks-plaz genännet. Er sähe nuhr, was alhihr fohr träfliche Schlösser und fürstliche Häuser, mit über-aus-schönen lust-gängen nahch der reihe härüm stähen, sonderlich nahch däm Gottes=hause des heiligen Marksen (von dehm diser plaz [206] also genännet würd) und Geminiahns zu. Hihr auf der linken hand sihet er das über-prächtige Schlos des Herzogs, welches man im 809 jahr nahch Kristus gebuhrt, als Angelus Patriziahz Herzog wahr, zu bauen hat angefangen.

Wiwohl nuhn dises gebäu fünf-mahl abgebrant ist, so hat man es doch allezeit prächtiger wider-auf- bauen lahssen. Es ist vihr-ekkicht, doch gleich=wohl auch etwas länger, als es breit ist. Gegen aufgang ist diser bau über-aus-prächtig an zu sähen; dan es hat sechs und zwanzig gewölbe, und gleich so vihl säulen von marmel, über welchen ein lustgang ist von vihr und funfzig kleinen bogen, mit äben so vihl pfeilern. Di tage-leuchter sein alle mit einander auf das herlichste und prächtigste mit eingehauenen kränzen, mit bluhm- und laub-wärk geziret. man sihet auch an disem schönen schlosse zwei über-aus köstliche fohr-gebäu, welche von aussen mit roht- und weissen marmelsteinern plähtlein über-schmükket sein; und noch vihr andere, fohr den vihr gröhssesten tühren, deren di ehrste, welche däm Gottes-hause des heiligen Marksen am nähesten, von lauter marmel, und mit vihr über=aus-künstlich-gehauenen bildern gezihret ist. Von der ekken diser ehrsten tühren an, welche sich nahch däm grohssen zeughause der Stat zu-wändet, bis zur andern bei der Palienser brükke, gegen mittahg, sihet man sechs [157] und dreißig schwib-bogen, so alle auf ihren wohl- und zihrlich-ausgehauenen pfeilern ruhen.

Wan man nuhn in dises Schlos hin-ein kömt, da sihet man ehrst wunder über wunder, und di augen müssen fohr solchem prächtigen und köstlichem zihr-rahte fast erstarren. Es kömt einem straks im eingähen eine lange reihe säulen und pfeiler zu gesichte, da immer eine über der andern stähet, und dahr-unter ringst üm das schlos här-üm schöne ge-[207]wölbete Lust-gänge sein. Inwändig ist ein zimlich-weiter hof, in dessen mitte zwe züh-brunnen stähen, welche mit köstlichen bildern und räben fol trauben, meisten-teils von ärz, gezihret sein.

Bei der grohssen tühre gegen mitter-nacht schwünget sich ein prächtiger schnäkken-gang in di höhe, nahch dem Sahl' und Zimmer des Herzogs zu. Zu-unterst an disem wündel-steine stähen zwo grohsse säulen, da auf der einen di bildnüsse des Kriges- und Mehr-gottes, auf der andern Adam und Eve, sehr künstlich aus-gehauen, gesähen wärden.

Gegen den grohssen oder hohen Se-arm zu, ist ein schöner Lust-gang, zu dehm man von beiden änden durch zwo wändel-träppen noch auf mehr andere walleien gähen kan. An diser träppe stähet der name des königes in Frankreich und Polen, Heinrichs, des Drittens dises namens, mit güldenen buhchstaben angeschriben. Hihr=an stöhsset ein schöner lust-garten, in welchem des Herzogs Bäht-haus stähet; auch sihet man daselbst unter dem freien Himmel sehr vihl stühle nahch der reihe härüm gesäzt.

Wan man sich vom mittage gegen morgen zu wändet, so kömt man widerüm an drei schnäkken-gänge, durch welche man in des Herzogs Schlahf-zimmer und auf di Raht-stube gähen kan. Das Raht-haus stähet an der ohst-seite däs Schlosses über einem balken-wärke von grohssen bäumen, welches von aussen sehr herlich an zu sähen, zwüschen den häubtern vergüldet, und mit schönen entworfenen geschichten aus=gezihret ist.

Alda ist der gemeine Siz des Herzogs, und in der mitte sein ehren-stuhl: da man pflägt raht zu halten in hohch-wüchtigen sachchen; da wärden fremder Herren, wi auch ihrer untertahnen, gesandten [208] verhöret. In disem [158] Rahthaus' ist ein weiter sahl, dahr-innen alle der Venediger Länder, Fästungen, In-länder und Stäte, nahch däm läben entworfen sein. Auch stähen alda eilf käserliche bilder-säulen, aus gemängtem ärz-wärke, welche wägen ihrer kunst eines grohssen schazzes währt sein.

Der Sahl, da der grohsse Raht zusammen kömmt, würd hundert und funfzig schuhe lang, und 73 breit geschäzzet; und ist im 1309 jahre nahch Kristus gebuhrt erbauet worden. Dahr-innen sihet man alle schlachten der Venediger, wi auch di bildnüsse aller ihrer Herzogen, Zehnder- und Rahts-herren, mit vihlen gelährten und kriges-leuten, auf das aller-künstlichste ab-gebildet.

Von dannen gähet ein gewölbter gang bis an das grohsse zeug-haus däs fürstlichen Schlosses, das nuhr allen führnähmen Herren, di zu dähm ände nahch Venedig kommen, daß si was seltsames und sonderbares sähen wollen, gezeuget würd. von disem baue sühd-wärts nahch däm mehre zu, kömt man zu den gerüchts-stuben der Zehender-herren, oder Stat-vögte; da wider-üm aller-hand lustige fohr-höfe, lustgänge, dahr-innen di bürgerschaft, di etwas fohr gerüchte zu tuhn hat, auf und ab zu wandeln pfläget, und sonsten vihl wunder-schöne sachchen zu sähen sein.


Beschreibung däs Gottes-hauses des

heiligen Marksens.


Wan sich nuhn mein Her hinter das Schlos wändet, nahch mitter-nacht zu, wo di fünf rundten Dächcher här-führ-blikken, da sihet er das weit-berühmte Gottes-haus des heiligen Marksens (welches so wunder-schöhn ist, daß man däs=gleichen in der Kristenheit nicht fündet) auf dem rächt- und vihrten teile des Marks-plazzes stähen: welcher teil alein 470 schuhe lang, und 120 breit ist. [209]

Diser bau ist im 829 jahre nahch Kristus gebuhrt angefangen worden, und man hat sehr vihl marmel-stein und über-aus-künstlich-gehauene säulen von Atehn und andern orten aus Grichen-land dahrzu gebracht. Der fuhs oder grund-saz ist gleichsam als ein kreuz, und es wärden dahr-an so wohl aus- als inwändig fünf-hundert säulen [159] gezählet. Man gähet von allen seiten durch einen mit vihl-färbigen marmel-steinen gepflasterten Fohr-hof hinein, dessen güldnes schnäkken-gewölbe mit aller-hand geschichten des Alten und Näuen Bundes von aus-gehauener arbeit ge-zihret ist.

Der Bau an sich selbst ist von lauter marmel=steinen sehr künstlich auf-geführet; der boden mit topas und porfiren belägt; di gewölbte bogen und wände mit Ofiht und andern köstlichen steinen über-zogen; da alles von wunder-schönem bilder=wärke flinkert und blinkert. unter welchen man etliche verborgene Sünnen-bilder, sehr ahrtig aus=gehauen, sihet, deren ein gutes teil der Einsidel-meister zum heiligen Floriahn, Jochim Kaliber, aus einem wahrsager-geiste (indähm er auf di künftigen veränderungen und krige sein absähen gehabt) angegäben hat. Man sihet al-da unter andern zwe hähne mit langen schnäbeln, welche einen fuchs beissen, und verwunden. Dadurch sollen di sige zweer königen in Frankreich, Karls des achten, und Luhdwigs des zwölften, dises namens, angedeutet wärden; daß si nähmlich den Luhdwig Sforzien aus seinem Fürstentuhme verjagen würden. Färner sihet man einen sehr magern leuen, welcher das zeuchen des heiligen Marksens führet, auf der ärden krüchen, und einen andern, sehr fet und wohl-leibig; damit man der Venediger (welche zum wahl- und wapen-bildnüss' einen Leuen führen) verhängnüs und glükke bedeuten wül; daß si nähmlich auf däm lande keinen stärn, zu wasser aber das [210] bäste glük haben wür den. Etliche wollen zwahr dise Sün-bilder anders aus-lägen, di meisten aber stimmen auf itst-erzählte entknöhdtelung.

Di wände sein inwändig alle mit den ädlesten marmel-scheiben überzogen, und so künstlich, daß man im geringsten keine fugen dahr-an märken kan. Auf der einen seite sihet man zwo schne-weisse tafeln, aus einem stükke gehauen, in welchen man etliche schwarze züg' und strichche fündet, di eines mänschlichen glides gestalt so eigendlich ab-bilden, daß es auch ihrer vihle fohr einen ab-ris eines künstlichen mahlers angesähen haben, da es doch nuhr ein selb-entsprungenes wärk ist. Dem Al=brecht Magnen haben dise beide tafeln so wohl gefallen, daß er si mit unter di [160] wunder-wärke der grohssen Zeuge-mutter aller dinge gerächnet hat.

Das gewölbe dises grohssen baues, welches über=al mit schönem bild-wärke geziret ist, ruhet auf sechs und dreißig marmel-steinernen säulen, welche eines mannes hohch, und zwe schuhe, dem durch=schnitte nahch, dikke sein. Durch vihr fohr-tühren, da eine ihde vihr pfeiler hat, kan man hinein gähen.

Di aus-wändige Blöhsse dises baues (dan es lahssen sich drei teile desselben mit kränzen blohs sähen) ruhet auf 115, teils porführ- teils ofiht- teils marmel-steinern pfeilern, welche funfzehen fühsse hohch sein; auf disen stähet noch eine reihe, nicht zwahr äben so grohs als di untersten, ihdoch gleiches währtes, von 146 säulen; welche oben über dem eingange einen eröfneten lust-gang machchen, und den bau an sich selbst von aussen üm-ringen. Auf disem gange pflägen di Geistlichen, in beisein des Rahts und Herzogs, am Palm-sontage, sonderliche gepränge zu halten.

Di grohsse thüre gegen den Marks-plaz, welche nahch grichischer ahrt erbauet ist, hat fünf zimliche von ärz gegossene flügel, deren di ehrsten zwe tähg-[211]lich, di andern zwe nuhr an den hohen feier-tagen, eröfnet wärden, und di lätste bleibet allezeit geschlossen. Oben auf däm haubt-gerüste diser tühre, stähen vihr pfährde, der gestalt und gröhsse nahch den türkischen gleich, mit einem sigeswagen, von korintischem ärze gegossen; welche ehrstlich von Rohm nahch Konstantinopel geführet; härnahch aber, als di unsrigen izt-ermäldete stat einsmahls eroberten, widerüm von dannen nahch Venedig gebracht, und über das tühr-gerüste dises baues sein gesäzzet worden. üm dises ganze gebäue ringst härüm sihet man nichts als schnits- und dräh-wärk, als kränze von marmel, als bluhm- laub- und bild=wärk; welches alles von golde, sonderlich bei auf=fallen-den sonnen-strahlen, so träflich schimmert, daß man fohr grohssem glanze fast gahr verbländet würd. Jah inwändig in däm gebäue selbst sihet man nichts als alles von gold, türkissen, albaster, onich- und andern köstlichen steinen blinkern und flinkern: Es ist über-al so fol bilder-wärk und prunk=säulen von ärz und marmel-stein, daß man im [161] ehrsten anblikke fast ganz erstarret; und ob-wohl diser Bau so gahr köstlich und prächtig ist, daß er nuhr seines inneren zihr-rahtes wägen unter di wunder=wärke der wält könte gerächnet wärden, so ist er doch innerhalb 20 jahren angefangen und foländet worden.

Wan man in disen Gottes-bau hin-ein-kömt, so erblikt man straks das bildnüs des heiligen Marksens, welcher den einen arm sünken lässet, und den andern erhöbet. von dannen gähet man durch etliche träppen von ädlen steinen hin-auf, nahch dem hohen Gottes-tische, dahr-auf man mit grohsser verwunderung einer köstlichen tafel gewahr würd, welche von Konstantinopel nahch Venedig ist gebracht worden. Dise tafel ist von lauterem gold' und silber, mit aller-hand ein=gegrabenen bildern, und so vihlen unerschäzlichen [212] ädlen steinen und perlen gezihret, daß man solchen schaz ohne bestürzung nicht anschauen mahg. Der erwähnte hohe Gottes-tisch, würd mit einem kreuz=gewölbe von den schöhnsten marmel-steinen bedäkt, welches auf vihr künstlich aus-gearbeiteten säulen ruhet.


Beschreibung der Schaz-kammer des

heiligen Marks-baues.


Straks zur rächten hand mitten in däm gebäue bekömt man eine grohsse mit güldnen blächchen überzogene tühre zu sähen, dahr-innen man unter anderem bilder-wärke di bildnüsse des heiligen Dominikus und Franzen sihet, welche fohr-ermäldeter Jochim vihl jahr zufohr, ehe si sein gebohren worden, also angegäben hat. Durch dise tühre kömt man in di Schaz-kammer, welche von den sechs Fohr-ständen des heiligen Marksens, di straks nahch dem Herzoge ihren siz haben, verwahret würd.

Ich habe solche über-träfliche schäzze sehr vihl=mahl gesähen, weil mein Her Vater einer von den Fohrständen mit-wahr! und weus mich wohl zu erinnern (ob ich gleich dazumahl nuhr ein kind von acht jahren gewäsen bin) alles dässen, was mihr ist gezeuget worden.

Es wärden dahr-inne verwahret allerlei bildnüsse der heiligen, sehr vihl güldene Reichs-kränze, vihl häubter von [162] arabischem golde, welche mit über=aus-köstlichen ädlen steinen versäzzet sein. Man fündet aldahr eine grohsse mänge rubinen, schmaragden, topaser, gold-steine, karfunkeln, perlen, demanten, hiazinten, und andere, in träflicher gröhsse. wi auch aller-hand köstliche gefähsse, als muscheln, aus agat, onich und jaspen gemacht. Dominikus Grimman hat einen grohssen karfunkel dahr-ein verehret, welcher fast unerschäzlich ist. [213]

Man sihet ingleichen auch vihl andere ehren-geschänke, welche den Venedigern von grohssen Herren und Königen sein überschikket worden; als ehrstlich zwei hörner von einem einhorne, einer mächtigen gröhsse, und noch eines, welches etwas kleiner ist; dahr-nahch einen kruhg von den aller-köstlichsten ädlen steinen, welchen Usun-kassan der könig in Persien unserer Stat-herschaft zur verehrung zugesandt hat; mit vihl-anderen köstlichen geschürren. Lätslich würd einem auch des Herzogs ehren=huht gezeuget, welcher ihm an dem ehren-tage seiner wahl und bestätigung aufgesäzt würd. Diser Herzogs-huht ist über und über mit gold und ädlen steinen bedäkt, dahr-unter ein solcher karfunkel härführ-leuchtet, dehr seiner gröhsse wägen nicht mahg geschäzzet wärden. Ja es sein dahr-innen so vihl güld- und silberne bächcher, schüsseln, bäkken, und andere gefähsse; so vihl rauch-pfannen, leuchter, lücht-näppe, und heilige prunk-gewänder, daß man dise gühter vihlmehr fohr einen schaz der ganzen wält, als einer einigen Stat, halten möchte. kurz, es sein alhihr und in däm ganzen gebäue noch so vihl köstliche sachchen zu sähen, daß man wohl drei tage dahr-zu haben müste, wän man alles so eigendlich beschreiben wolte.

Disem baue rächt gegen-über hangen drei tafeln von ärz an sehr hohen Dannen-bäumen, dahr-auf vihl verstäkte Sünnen-bilder zu sähen sein, welche der Stat Venedig freiheit zu verstähen gäben. Hinter disem baue ist der dritte teil des Marks-plazzes, welcher sich bis zu des heiligen Geminiahns Gottes-haus' ersträkket; da zur rächten hand, wi mein Her alhihr sihet, der mächtige lust-gang här=führ-blikket, welcher drei reihen pfeiler, von lauter marmel-stein über ein-ander gesäzzet, sähen lässet.

Auf der seiten, und gerade gegen däm wasser über,[163] stähet das köstliche tohr, welches nahch dem [214] markte zu gähet. Das tohr-gerüste ist von lauter marmel erbauet, und hat in der höhe ein herliches uhr-wärk stähen, dahr-an der stunden, der himlischen zeuchen und der sonnen lauf, samt dehr-gleichen künstlichen sachchen, zu sähen sein.

Zur seiten dises tohres, ohn-gefähr achtzig schuhe von dem Marks-baue, steigt ein schöner glokken-tuhrn über sich, welcher von lautern vihr=ekkichten stükken auf-geführet, und auf allen seiten vihrzig wärk-schuhe breit ist. Seine höhe von dem grunde bis zum mittelsten Stok-wärke würd auf hundert und vihr und sechszig schuhe gerächnet, von dannen bis zum vergüldeten himmels-boten hundert zwei und funfzig. Sein grund sol im 888 jahre sein gelägt worden; und nahch-dähm er eins-mahls abgebrant ist, so hat man ihn wider=üm gebässert, und an vilen änden vergüldet. In däm 1517 jahre nahch Kristus gebuhrt ist zu oberst auf di spizze diser hölzerne Himmels-bohte mit vergüldetem kupfer überzogen, gesäzt worden, welcher sich von dem winde, wi ein wetter-hahn, härüm-treiben lässet. Das dach ist von kupfer und vergüldet, welches, wan di sonne dahr-auf scheinet, einen träflichen glanz von sich gibet, sonderlich wan man von Isterreich und Dalmazien zu schiffe nahch Venedig fähret. Man gähet in einer schnäkken bis zu oberst hin-auf, von dannen man di ganze Stat, samt den härümligenden Inländern über-sähen, und di Se-ärme fohr den strahssen gahr leichtlich erkännen kan. Auf disem tuhrne sihet man fast alle Gottes-häuser, deren sechs und sechszig, fast alle Stifte, deren sechs und zwanzig, schihr alle Mans- und Jungfer-zwünger, deren vihr und funfzig, alle kleine stifts-häuser führ so vihl brüderschaften, deren achtzehen in der Stat sein, und fast alle Schlösser und Herren-häuser.

Man sihet auch färner von diser höhe das [215] Kreintische Gebürge, di Mehr-spizze von Hister=reich, das Appenninische Gebürge, so sich durch ganz Wälschland er-sträkt; den Auslauf der Etsch und Po, deren jenes aus Deutschland, dises aus Italien, in das Adriatische Mehr läufft.

Hinter disem Turne gegen däm tohre däs Schlosses, zeugt sich der über-aus-prächtige kreuz=gang, von Korinter [164] wärk, mit aller-hand verborgenen bildnüssen gezihret. Alda kommen di Rächts=verpfläger zusammen, so oft man raht hält.

Hihr här-unter-wärts gegen dem Marks-plazz' über, ohn-gefähr fünf-hundert schritte von der Stat, da diser schlanke turn über sich steiget, ligt des heiligen Gregoriens Inland, dahr-innen ein prächtiger marmel-steinerner Gottes-bau ist, in welchem vihl schöne bilder und gemälde gesähen wärden, samt etlichen begräbnüssen der alten Her=zoge von Venedig. Der Herzog und andere grohsse Herren in der Stat, pflägen oft-mahls hin-aus lust-wandeln zu fahren, weil es ein so-gahr lustiger ort ist.

Al-hihr auf diser seiten däs Fürstlichen Schlosses stähet auch di Schaz- und Kunst-kammer der Stat von marmel-stein, so ahrtig zusammen-gesäzt, daß man keine fugen dahr-an sähen kan.

Dort hinter der Dohm-herren häuser, da solche köstliche gebäue stähen, ligt unser Schlos, dahr=innen mich, nuhn-mehr fohr sechszehen jahren, den ehrsten tahg des Rosen-mahndes, meine Frau Mutter, di Oktavie, zur wält gebohren hat. Weiter hihr-hähr, gleich gegen däm Schlosse des Her=zogs über ist di Buhch-kammer der Stat Venedig, welche von des wält-bekanten und zu Rohm bekränzten Franz-Petrarchens büchern, di er dem Rahte fohr seinem abstärben vermacht hat, den anfang genommen: dahr-innen noch vihl seiner hand-schriften [216] fohr-handen sein, und etliche gedichte, di er seiner, teils noch beleibten, teils schohn ab-gelähbten härz=allerlihbsten Laure zu ehren geschriben hat. Näben andern zihr-rahten sein auch in disem gebäu fünf und zwanzig künstlich-gehauene bilder, in rächter mannes-gröhsse, auf di alte grichische ahrt.

Gegen den plaz ist es zum aller-prächtigsten, und ersträkket sich bis an des heiligen Geminiahns Gottes-haus, und fürters bis an den stunden-tuhrn. Jah der Marks-plaz würd durch dise, und noch vihl andere köstliche gebäue so verherlicht, daß ich mit dem ob-ermäldten Petrarchen wohl sagen mahg, daß man dehr-gleichen in der ganzen Kristenheit nicht fünden könne.


[165] Das Schlos des Erz-vaters

von Aglar.


Unter andern dänk- und besähens-würdigen wärken diser Stat, ist auch jenes alte Gebäu, welches des Erz-vaters von Aglar Schlos genännet würd, nicht das geringste; in welchem eine grohsse mänge gehauener und geschnizter bilder der alten römischen Fürsten und Erz-herren, aus marmel zu sähen sein. Etliche sein auch aus ärz=wärk oder kupfer gegossen. Da sihet man vihl bildnüsse der heidnischen Ab- und Als-götter, als des wein-Gottes Bachchus, des donner-Gottes Jupiters, des beschwazten Merkuhrs; der Als-göttin Himmelinnen, der Kluginnen, der Libinnen: wi auch di abgestaltnüsse däs glüks, däs wohl-läbens, und des verschalkten lust-kindes Lihbreizes, von korintischem ärz gegossen; welche Marihn Grimman, ein träflicher lihb-haber der alten seltsamkeiten, alle mit einander aus Grichenland und Italien gesamlet, und keine kosten gespahret hat, damit er nuhr dises Schlos rächt aus-zihren möchte. Man sihet [217] alhihr manches schönes stükke, so nahch zerstöhrung der schönen Stat Aglar (welche der Hunnen könig Attila nahch einer drei-jährigen belägerung erobert, und in di siben und dreißig tausend von der bürgerschaft hat enthaubten lahssen) gen Venedig gebracht worden. In den innersten zimmern dises Schlosses zeugt man etliche kleine bet-laden, welche di alten Heiden in ihren Heilig-tühmern gehabt haben, daß ihre Abgötter dahr-innen ligen solten, samt etlichen kleinen Gottes-tischen, mit ihren zeuchen und schriften, wi man si zu Aglar hat zu gebrauchen pflägen: wi solches der Juhl Kapitolihn bezeuget. unter andern ist auch dahr-innen di=jenige tafel mit einer uhr-alten schrift zu fünden, dehren Herodiahn im achten buche seiner Geschichte gedänket; welche der Erz-vater Grimman gleiches falles hin-ein-gebracht hat.

Dort üm jene gegend liget das Deutsche Haus, ein über-aus-grohss- und prächtiges gebäue, welches 512 schuh in seinem ümkreise hält. von innen ist es über-aus-schöhn gemahlet, und mit vilen lust-gängen auf das prächtigste gezihret. Es begreiffet in sich 200 gemächcher, in denen [166] di deutschen Kauf-leute ligen können, dehren stähts sehr vihl in der Stat sein.


Beschreibung däs Zeug-hauses, und

Schif-fahrt der Venediger.


An jenem spizzen und hohen ände der Stat, da di vihr einzele türne nahch jenem Mehre zu stähen, ligt das Rüst- und Zeug-haus der Stat=herschaft, welches nicht alein ein grohsser und weit=läuftiger bau ist, sondern auch so über-aus-schöhn, daß däs gleichen in der wält kaum mahg gefunden wärden. Es ist ringst härüm mit mauren verwahret, und es ligen dahr-innen allezeit 200 wal-schif-[218]fe, ohne di vihrzig, di stähts auf däm mehre här=üm kreuzen; unter welchen zwanzig grohsse zu fünden sein, welche man wohl mit rächt kriges-schiffe nännen könte; si sein zwahr so flüchtig nicht als di andern, doch gleich-wohl wan si guten wind haben, so kan man mit disen 20 Walleien wohl hundert kleinere angreiffen, und mit sige bestreiten; si wärden auch vihl bässer gehalten, als di schiff' ohne rimen, weil man damit sonder wind schiffen kan. Man hat alhihr einen solchen fohr-raht an kri ges=rüstung, daß man wohl ein kriges-hehr von vihl tausend stark aus-rüsten kan; auch eine solche an=zahl von groben stükken und ge-schüzzen, daß man deren zu land' und zur Se über-flühssig gnug hat. Da fündet man eine grohsse mänge an eisen, ärz, holz, hanf und flachs, an schif-haken, ketten, säulen, rudern, segeln, und was mehr fohr gerähte zu den schiffen von nöhten ist, dässen noch alle-zeit mehr gemacht würd. Dan es arbeiten dahr-innen tähglich di aller-erfahrnesten wärk-meister, an der zahl vihr hundert, mit solchem fleisse, daß auch bis=weilen in zehen tagen dreißig wal-schiffe sein färtig gemacht, und fohr den feind geführet worden: ihre besoldung ist wöchchendlich zwölf-hundert gold=gülden.

An ruder-knächten und soldaten zu den walleien ist kein mangel. Di Schifs-haubt-leute sein meisten–teils Venedische von adel, deren so vihl sein, daß auf einem ihglichen wal-schiffe zwe zu fahren pflägen.

Zu erhaltung des Mehr-hafens und versichcherung der Inländer im grichischen Mehre halten si alle-zeit vihrzig [167] wal-schiffe mit einem Befählichshaber, oder Stat-halter, wor-auf ihnen jährlich, di zwi-bakken mit-gerächnet, funfzig-tausend kronen gähen. Durch dise Fluht würd nicht al=ein das Mehr von den Se-räubern rein gehalten, [219] sondern der Venedische adel hat auch da-durch mittel sich in den Se-krigen zu üben, wan es di gelägenheit gihbt, daß si dem feind' eine schlacht lüfern müssen.

So oft man höret, daß sich der feind zur Se rüstet, so wärden noch eins so vihl walleien aus-geschikt, und ein Se-held oder Kriges-haubt erwählet, wo-führ sich di Türken so sehr entsäzzen, daß si sich nicht ein-mahl zum Adriatischen Se-winkel nahen dürfen, vihl-weniger zur Stat Venedig. Si haben schohn fohr zwei und drei hundert jahren eine fluht von zwei-hundert schiffen, nahch däm heiligen lande zu, abfärtigen können, da si, mit hülfe der Franzosen, Konstantinopel einnahmen; dehr-gestalt, daß man ihm leichtlich einbilden kan, was si izund tuhn könten, da si noch drei, ja mehr, mahl mächtiger sein, als si damahls waren.

Ich habe mich zimlich weit verlauffen, und mehr auf der Se, als in däm Rüst- und Zeug-häusern ümgesähen. Damit ich aber meine räde so vihl als mühglich verkürzere, so sol er noch wüssen, daß in disem zeug-hause sehr vihl fahnen, so si dem Türken und Mehr-räubern ab-genommen, samt den reichen beuten, di si im 1571 jahre bei Näupakt bekommen haben, verwahret wärden: wi auch das grohsse schif,Bucentaurus genant, auf welchem der Herzog mit dem ganzen Raht' und den führnähmsten aus däm folke, alle jahr ein-mahl auf das Mehr fähret, mit welchem er sich vermählet, und zu bestähtigung solches gepränges einen güldnen ring dahr-ein-würfet.

Di anzahl der bürgerschaft diser gewaltigen Stat ist sehr grohs, und würd über drei-mahl hundert tausend ge-schäzzet! dehr-gestalt, daß man ein starkes kriges-heer aus ihnen alein auf-bringen kan, und keine fremde dahrzu bedarf. Nichts däs zu [220] weniger aber, weil ins gemein alle Wälschen, sonderlich di Venediger, zum krig' auf däm lande nicht so wohl dinen als di Hohchdeutschen, oder andere fölkerschaften; so pflägen si gemeiniglich einen aus=ländischen zum Feld-krihgs-haubte zu machchen, dehm si [168] nahch seinem Stand' und Würden gebührlich auf-warten, und zwe wohl-verdihnte Rahts-herren zu-gäben, welche si Ober-aufsäher nännen; ohne deren bewülligung der Feld-her keine schlacht lüfern darf. Di soldaten auch müssen meisten teils hohch-deutsche sein, weil si in den feld=schlachten am bästen stand halten: da-hähr haben di Venediger auf eine zeit 15000, meisten-teils Deutsche, zu felde gehabt.

Solche grohsse krige zu führen, haben si an der steuer, schazzung, und jährlichem einkommen über-genug. Dan di Stat-herschaft pflägt jährlich aus ihren Städten und Ländern, wan si im fride läben, zweimahl hundert-tausend Reichs-tahler zu höben. Als, aus den Ländern und Städten in Wälschland 800000 kronen, dahrzu alein di zu Bres und Bärgam 300000 bezahlen. Aus den Zöllen der Stat Venedig 700000 kronen; dan der wein-zol alein träget 130000. über dis bekommen si auch ein grohsses gäld aus den zehenden und auf=lagen, welche so-wohl auf di vom adel, als das Stat-folk geschlagen wärden. Gleich-so auch vom salze, welches aus däm wasser gemacht würd, und aus der steuer, so di Se-stät' erlägen, welches zu=sammen jährlich in di 500000 kronen aus-träget. äben so vihl hat auch fohr disem das Inland Zipern, welches nuhn in der Türken gewalt ist, auf=gebracht.

Wan aber ob-gemäldete gälder zu unterhaltung des kriges nicht reichen können, so wüssen si, im noht-falle, mit sonderlicher list und verschlagenheit, gäld genug auf zu bringen, in-dähm si di unter-[221]tahnen, welche überflüssig reich sein, nicht zwüngen, sondern alles mit glimpf und kluhgheit an zu greiffen pflägen. Ehrstlich erhöhen si di zölle, und di steuren, nähmen gröhssere schazzung von den wahren, welche nahchmahls di kauf-leute schohn so zu verkauffen wüssen, daß si auch keinen schaden dahr=an leiden, und also der käuffer unvermärkt das-jenige wider erlägen mus, was ihnen di Stat-her=schaft zu gäben auf-erlägt hat. Dahr-nahch, wan das ob-gedachte nicht gnug ist, so gähen si noch einen andern wähg, und verkauffen di fohrnähmsten ehren-ämter und würden, welche sonsten den wohl=verdihnten vom adel ohne gäld gegäben wärden. Ihdoch gäben si auch selbige nicht dehmselben, dehr am meisten bühtet, sondern [169] dem würdigsten unter den kauf-leuten, ob si schohn weniger büten als andere. Auf dise weise sein da-zu-mahl, als sich di gröhssesten Herren der Kristenheit zu Kammerich wider di Venediger verbunden hatten, in di 500000 krohnen zu wäge gebracht worden. Si nähmen auch wohl, im falle der noht, gäld, und erklähren der grohssen Herren und Geschlächter Söhne, ob si schohn noch zu jung sein, führ tüchtig, daß si zu rahte gähen, und däs zu zeitlicher zu ämtern gelangen mögen; wi dan meinem Hern Vater, welcher schohn im zwanzigsten jahre di Raht=ställe beträten hat, auch widerfahren ist. Drittens, so lahssen auch di Obrigkeiten und Amt-leute ihre besoldung eine zeitlang fallen; und wan dises alles nicht reichen mahg, und di Stat in höchsten nöhten ist, so greiffen si auch der Bürger gühter an, im fal si jah mit gühte nicht wollen, vnd verkauffen den dritten teil dahr-von: doch geschihet solches auch mit keiner unbilligkeit; dan si gäben dem Gläubiger eine versichcherung, daß ihm solches gäld zu gewüsser zeit wider sol erstattet wärden, und lahssen ihm auch über das einen zimlichen wucher genühssen. [222]

An läbens-mitteln gebrücht es der Stat nih=mahls, weil ihr ein grohsser überflus an wein, öhl, korn, weizzen und anderem getreide aus der nähe zugeführet würd. Das ganze jahr durch fündet man auf ihren märkten über 200 ahrten von baum-früchten, ohne di küchchen-kräuter, fisch=wärk, und andere speisen und zu-gemühse, damit di Reichen ihre tische beladen; wi dan der fürstlichen und ahdlichen geschlächter in diser Stat eine grohsse zahl ist.

Mein Her sihet nuhn, was mein vaterland und meine gebuhrts-stat fohr herligkeit, pracht, gewalt und reichtühmer hat; Ich kan ihm di hälfte der aller-führnähmsten dinge nicht erzählen, dan di zeit würde vihl zu kurz sein. Wehr wül di beschaffenheit und pracht aller schlösser beschreiben, derer hundert und ein und vihrzig, jah noch hundert Herren=häuser, di man auch wohl Schlösser nännen könte, gerächnet wärden.

Es wärden in diser Stat funfzig gerüchts-stühle, zehen Ehren-tohre, siben und zwanzig gemeine schlahg-uhren, siben und zwanzig öffendliche bedäkte Lust-gänge, drei und funfzig [170] wandel-pläzze, hundert und vihr-zehen glokken-türne, zehen grohsse gegossene pfärde, hundert fünf und funfzig gemeine züh-und wasser-brunnen, hundert fünf und achtzig lust-gärten, und dehr-gleichen sachchen eine grohsse mänge gefunden. Kurz, Venedig ist di einige zihr des ganzen Italiänischen namens, si ist di Käserin der Städte, di überwünnerin so viler mächtigen fölker, und di einige unüberwündliche Jungfrau, di ihr mahgd-tuhm in so vihl tausend jahren unverrükt behalten hat.

Als nuhn di Rosemund in ihrer erzählung bis hihr-hähr kommen wahr, so schwihg si eine guhte zeit stille, und sahe den Markhold gleichsam mit lächlendem gesichte an; dehr-gestalt, daß er auf-[223]stähen, und sich gegen dise Schöne, wägen gehahbter mühe, bedanken wolte. Aber si kahm ihm zufohr, und huhb widerüm an; Mein Her (sahgte si) wolle noch ein klein wenig geduld haben, damit ich nuhr di gebrächchen, welche man unserer fölkerschaft andichtet, entschuldigen, und das gegen-teil erweisen möge.

Man wül den Venedigern (fuhr si fort) schuld gäben, daß si stolz und hohch-mühtig sein, und gärn nahch fremden gütern trachten; daß das Frauen-zimmer sich nicht in den schranken zu halten pfläge, daß es sich gern nahch fremden, und sonderlich hohch-deutschen, üm-sähe, und si durch verehrung und dihnst-färtigkeit zur libe bewäge, daß es in eitelen wohl-lüsten läbe, und keine andere sorge trage, als seine lüsterne begihrden zu bühssen. Das ehrste kan ich mit vihlen beweis-tühmern und zeugnüssen widerlägen, sonderlich aber mit dem Andresen Kontarenen, dem vihrzigsten Herzoge der Stat Venedig, welcher däs-halben, daß er sich besorgte, di Väter würden ihn zum Fürsten erwählen, gen Padue entwich, und gleich=wohl solcher würden nicht entgähen konte: welches jah wahrlich kein zeuchen eines hohch-muhts ist. Jah diser kluhg-sünnige Her, hat noch dahrzu, ob er schohn so vihl tapfere tahten getahn, auf seinem sühch-bette befohlen, daß man seinen grahb=stein, welcher noch izund bei dem Stefahns-baue zu sähen ist, weder mit des Herzohgs, noch der Stat wapen, zihren solte; und da-hähr kömt es, daß auch dem tausendten das grahb dises grohssen und berühmten Fürstens nicht bekant ist.

[171] Ich mus zwahr auch gestähen (rädete si weiter) daß ihrer vihl unter uns gefunden wärden, welche dem hohch-muht gahr sehr nahch-hängen. Aber di meisten, weus ich wohl, sein also nicht gesünnet, und bemühen sich, sonderlich unter däm Frauen-zimmer; [224] (dan von däm mans-folke wül ich nicht so äben uhr=teilen, weil ich dem wälschen gebrauche nahch, wenig mit ihnen ümgangen bin) ihrer sehr vihl der tugend nahch-zu sträben.

So hör' ich wohl (fihl ihr di Stilmuht in di rüde) daß du den hohchmuht mit unter di untugenden rächnen wültst, da er doch, meinem bedünken nahch, eine von den führ-träflichsten und tapfersten tugenden ist. Ja wohl! (gahb ihr di Rosemund zur antwort) sol es nuhn eine tugend sein, wan ich hohch-mühtig bin; und noch dahr-zu eine von den aller-führträflichsten! Oh nein, du würst mich dässen nimmer-mehr über-räden; Du gedänkst si vihl=leicht däs-halben dahr-unter zu zählen, weil du auch ein wenig disem laster ergäben bist. ho; laster! (fing ihr di Stilmuht das wort auf) sol man dise tugend lästern, so darf keiner mehr gesünnet sein nahch ehren zu sträben; so müssen wihr in der stünkenden faulheit und trägen un-ehre, wi di säu' in der schwämme, ligen bleiben, und nimmer-mehr durch tugend erhoben zu wärden gedänken. Hat nicht jener berühmte Feld-her gesagt; daß, wan er wüsste, daß der geringste unter seinen soldaten nicht einmahl eines Obersten plaz zu beträhten gedächte, so wolt' er ihn straks aus seinem Hehre verjagen, und hin=sänden, wo-hin er gehörete, und wo di Tugend in faulheit verschlummert würde. Jah welche tugend, oder was fohr eine sachche, würket wohl so vihl träfliche tahten, als der hohch-muht? wan di gemühter der mänschen, üm einer rühmlichen ehre wägen, auch di gefahr selbst nicht achten, und mit allen kräften den muht, samt der faust, entpohr-höben. unser Statwäsen wäre nimmer-mehr so träflich gewachssen, wo nicht unsere fohr-fahren, durch den hohch=muht gerühret, ihre ehre beobachtet, und nahch der höhchsten gewalt gesträbet hätten. und daß du den Andresen Kontarenen anzühest, daß er nicht Her-[225]zog habe sein wollen; solches ist däs-halben keines wäges geschähen, daß er nicht hohch-mühtig gewäsen sei, und nahch [172] ehren gesträbet; sondern er fürchtete sich fohr den instähen-den unglüklichen krigen, di er zeit seiner herschaft würde führen müssen: und dises wahr äben di rächte uhrsachche, wahrüm er nahch Padue geflohen wahr.

Wan du jah beweisen wültst (huhb di Rosemund an) daß der Hohch-muht eine tugend sei, so must-du nicht so gahr ins gemein hin-räden, und den Hohch=muht von dem hohchmuht' in etwas unterscheiden: wi sol man dan den hohch-muht von dem hohch=muht' unterscheiden? (fing Stilmuht an) und wi sol dises geschähen? ich kan nicht begreiffen, wi du es meinest.

Den Hohch-muht (gahb di Rosemund zur antwort) soltest-du in einen ädlen und unädlen, oder in einen zihmlichen und unzihmlichen geteilet haben. unter dem ädlen hohch-muht verstäh' ich di grohs=mühtigkeit und wachsamkeit zur unstärblichen tugend, welche den ädelen wohl anstähet. unter dem unädlen oder unzihmlichen, verstäh' ich den stolz, (dehn ich auch zugleich mit-anzohg) di hoh-fahrt, den auf-geblasenen geist, dehr sich inner den schranken der tugend nicht halten kan, dehr andere näben sich verachtet, und keinen hohch-hält als sich selbst.

Si hat über-aus-klühglich geantwortet, (fing Markhold zur Rosemund an) und, o kluhg-sünniges Fräulein, wehr wül ihre kluge gedanken verbässern? wehr wül sich auch unter-stähen, solch-einen ädlen hohchmuht an der grohs-mühtigen Stil=muht zu tadeln? Ich habe, von meiner ehrsten jugend auf, disen ädlen hohchmuht nicht alein selbst entfunden, sondern auch bei andern über-aus gelibet. Ja ich hab' ihn auch selbst an meiner Schönen sehr geprisen, und kan mich nicht gnug wundern, daß si ein solches tugend-rüngendes und grohsses [226] härze, welches si täht- und würklich märken lässet, unter solchen leutsäligen, lustigen und zugleich ein=gezogenen gebährden verbürget. Aber hat nicht ihre Jungfer Schwäster (wo mihr anders rächt ist) versprochchen, daß si auch etwas von ihrem vater-land' erzählen wolte? und solchem versprächchen könte si nahch-kommen, wan si di beschaffenheit der Ordnungen, Gebräuche, wahl- sazz-und beherschung ihres Stat-wäsens beschribe.

Mein Her (fing di Stilmuht hihr-auf an) ich wül[173] meinen worten, ob ich si schohn nicht so eigendlich von mihr gegäben habe, gärne nahch-kommen, wan nuhr meine Schwäster noch zufohr das einige möchte behaubtet haben, daß sich das Venedische Frauen-zimmer nicht gärn nahch jungen, und zu=fohr-aus fremden, mans-bildern üm zu sähen pflägte, und daß ihnen solches zur schande gedeien könte.

Markhold begunte hihr-über zu lachchen, und sahe di Rosemund an, welche sich fohr schahm erröhtete, und di augen nider-wärts schluhg. Als aber di Stilmuht dässen gewahr ward, so sahgte si in lachchendem muhte; o meine schwäster, hat dich nuhn dein' eigne zunge so beschähmt und strahfwürdig gemacht! wi wüllst-du nuhn behaubten, daß du selbst nicht nahch jungen mänschen schauest; und wültst-du dich dan also zu schanden machchen, wan du solches an andern mis-preisest?

Ich mis-preise solches keines wäges, (gahb ihr Rosemund zur antwort) wan es nuhr mit keuschen sünnen geschihet. Meine Schöne verzeuhe mihr (fihl ihr der Markhold in di räde) daß ich fragen mahg, was solches fohr keusche sünnen sein? und ob man auch mit keuschen sünnen lihb-äuglen könne?

Si kommen mihr alle-beide vihl zu weit in das gehäge, (gahb Rosemund zur antwort) und ich weus nicht, was ich aus seiner lätsten frage machchen sol. Sonsten weus ich wohl, daß uns das lihb-[227]äuglen als eine angebohrne eigenschaft zu-geschriben würd, und daß es zweierlei ist, entweder ein leut-säliges, oder ein wält-säliges; das leut-sälige lihb-äuglen kömt der Kluginne zu, das wält-sälige der Libinne; welches lätstere widerüm kan geteilet wärden in ein keusches, welches einer ehrlichen Jungfrauen und jünglinge oder jung-manne gezihmet; und dahr-nahch in ein geiles, welches un=keusche gemühter ver-uhrsachchen; und dises ist es äben, welches mit keuschen sünnen nicht geschähen kan. Di keusche sünnen nuhn (wan ich seine ehrste frage beantworten sol) sein di-jenigen, welche mit einem rein- und lauteren härzen gebraucht wärden. Als, ich kan eines stimme wohl gärn und mit grohsser begihrd' hören, und dadurch auch zur libe bewogen wärden; ich kan eines lihbliche gebährden und ahrtige leibes-gestalt, [174] samt der schöhnheit, wohl mit entzükkung anschauen; aber indähm mein härz keusch ist, so ist auch dässelben würkung untadel=haftig. Ich kan eines jünglinges lippen und wangen noch wohl an di meinigen kommen lahssen, und gleich-wohl ein unverrüktes härze behalten.

Das weus ich nicht (fihl ihr Markhold in di räde) ob das härz nicht ein wenig wanken solte, nahch=dähm ein kus (dan disen verstähet si jah durch di berührung der wangen und lippen) der anglümmende zunder einer inbrünstigen Libe sein sol. Jah di lippen (wi jener fohr di wahrheit aus-gibet) sein di anfäng' und di aller-kühnesten wärk-zeuge der Libe, von denen es zu den händen kömt, welche das sühsse libes-gift, das di lippen dem munde gleich=sam eingeflöhsset haben, halb-zitternde entfünden, und sich aus däm gehäge nicht leichtlich halten lahssen. Aber mit was führ gedanken, möcht' ich wohl gärne wüssen, di Holländischen Jungfrauen einem jünglinge den abschihds-kus gäben, und ob sich ihr härz auch so schne-rein und so un-verrükt dahr-bei befündet? [228]

Ich wül zwahr fohr andere nicht streiten, gahb Rosemund zur antwort, damit ich nicht etwan eine mis-verträhtung tuhe: ihdoch kan ich meinen Hern noch wohl versichchern, daß ihre gedanken (wo nicht aller, doch der meisten) von der keuschheit nicht ab-geneu get sein. Jah, wan es alle-zeit Amsterdamische wären (huhb Markhold an) welchen ihres trüben und fast stähts-gewölkten himmels schlähfrige würkung aus den augen ab zu nähmen ist; so wül ich's noch wohl in etwas gläuben. Aber wihr wärden mit unseren wächsel-räden di zeit verschärzen, daß mihr härnahch di schöne Stilmuht ihre schuld nicht würd können abzahlen; dan, der abänd würd mich bald widerüm nahch Amstelgau fortern. Mein Her hat dahrüm nicht so zu eilen, (huhb di Rosemund an) ist er doch alhihr äben so wohl daheim' als dort; und di Stilmuht würd ihre räde nicht lang machchen.

Indähm si solcher gestalt mit einander kurz-weileten, so kahm äben ein diner hinein, welcher ihnen ansahgte, daß der alte Her, der Sünnebald, angelanget wäre, und izund zu ihnen hin-auf-kommen würde. Markhold erhuhb sich [175] mit disen zwo Schönen, ihm entgegen zu gähen; aber si waren kaum an di tühre kommen, daß si hin-aus auf den Sahl trähten wolten, da kahm der Sünnebald schohn hin-ein, und hihs den Markhold mit grohssen fräuden wül-kommen. Er erkundigte sich, wi es ihm auf der reise gangen wäre? ob er auch einige unbäsligkeit verspüret hätte? und nahch vilen dehrgleichen fragen lihs er so wohl seine töchter, als den Markhold, bei sich nider-sizzen.

Er frahgte si lätslich, wo von si nahch däm ässen sprache gehalten hätten? dahr-auf ihm Rosemund zur antwort gahb, daß si dem Markhold di Stat Venedig nahch ihrem bau' und ansähen beschriben hätte; und ihre schwäster, di Stilmuht, solte noch [229] di beschaffenheit ihres Statwäsens erzählen; welches si gleich izund hätte begünnen wollen, als der Her Vater ankommen wäre.

Nuhn wohl! (huhb der Sünnebald hihr-auf an, und wändete sich nahch dem Markhold zu) weil ihm meine tochter di beschaffenheit unserer Stat=herschaft hat beschreiben wollen; so wül ich izund, damit ich disen wähg gleich-wohl nicht ümsonst getahn habe, solche lust-waltung auf mich nähmen, und meines Hern verlangen aufs mühglichst' und kürzeste vergnügen.

Der Markhold bedankte sich solches seines an=erbühtens wägen, und sahgte, daß es ihm sehr lihb wäre, di beschaffenheit däs Venedischen Stat=wäsens, von einem solchen hohch-berühmten manne zu erfahren, dehr selbsten eines von den fohr=nähmsten Glidern ihrer Stat-herschaft gewäsen wäre; mit der versichcherung, daß er ihm widerüm anderwärts, wan er sein geboht, oder nuhr sein blohsses winken, vernähmen würde, in dehr-gleichen fällen wüllig gehorchen wolte.

Der Sünnebald gahb hihr-auf zur antwort, daß es nuhr seine höchste lust wäre, dehr-gleichen sachchen zu erzählen, und fing ohne weiteren üm=schweif folgender gestalt an.


Kurzer entwurf

Der Beschaffenheit däs Venedischen

Stat-wäsens.


Nahch-dähm das Stat-wäsen der alten Venediger anfänglich auf dem stande der al-gemeinen herschaft däs ganzen [176] folkes eine zeitlang beruhet hatte, und sich aus vihlen streitigkeiten und spaltungen der gemühter in eine wüterei verändert; so hat man ändlich, disem übel fohr zu bauen, ohngefähr üm di zeit däs 536 jahres nahch Kristus gebuhrt, den al-herschenden stand verworfen, und [230] den vihl-herschenden erwählet; da man nähmlich alle jahr einem ihden inlande einen zunft-meister fohr-gesäzt, welchem di höhchste gewalt über läben und tohd gegäben ward.

Als nuhn dise zunft-meisterschaft in di zwei-hundert jahr gewähret hatte, und di gränzen der Stat=herschaft von den benachbahrten fölkern so hart an=getastet warden, daß auch di Venediger in ihren Inländern, aus unachtsamkeit und verwahrlosung der zunft-meister, fast nicht sichcher sein durften; so haben si widerüm eine näue herschaft auf-gerüchtet. Dan als di Mehr-räuber Grahd und Heraklee beraubet, und des nachts auf dem hohen Se-arm' etliche last-schiffe geplündert hatten (da di wachche, welche di zunftmeister zur auf-sicht bestället, selbige nicht eher abgetriben, als bis si schohn mit einem unheimlichen geschrei di ganze stat in ruhr gebracht hatten) so lühf das ganze folk zu, und trihb di Mehr-räuber zwahr zu rükke, aber mit grohssem verlust, in-dähm vihl von den Venedigern verwundet warden, und etliche gahr toht bliben. Dise harte nider-lage verdros si so häftig, daß si auch di zunft-meister, gleichsam als wan der Stat freiheit und ruhe wäre verlätset und gestöret worden, ab-schaften, und einen Fürsten, unter dem namen eines Herzogs, zum haubte machten.

Zu diser zeit huhb sich der ein-häubtige stand ihrer beherschung an, und hatten di Herzoge, nahch aussage des Janots (welcher den zustand diser Stat-herschaft vom ehrsten begün an, aus den aller-verborgnesten jahr-büchern, ganz eigendlich beschriben hat) di folle gewalt bis auf den Sebastiahn Zianus, welcher ohn-gefähr fohr 300 jahren geherschet hat; dahr-innen sich dan Paul Manuzius mit dem Kontarehn irret, in-dähm si fohr-gäben, daß di Venediger nihmahls der ein-häubtigen beherschung wären unter-worfen gewäsen. [231]

Es ist aber im 697 jahre nahch Kristus gebuhrt, und nahch erbauung der Stat im 276, Pauluzius Anafestus [177] zum ehrsten Herzoge in Heraklee erwählet worden, welcher der herschaft 20 jahr und 6 mahnden fohr-gestanden hat. Disem ist gefolget Marzellus Tegaliahn zu Heraklee. Der dritte wahr Horleus Ursus Hipatus ein Herakleer, welcher von däm gemeinen manne, dehr seine stränge gewalt nicht vertragen wolte, in einem aufruhr' erschlagen ward.

Weil nuhn di Stat-herschaft über solcher verfahrung, sehr bestürzt ward, so wolte si keinen Her=zog mehr wählen, sondern nuhr einen Ritmeister, dessen beherschung jährig sein solte; welches im 737 jahre fohrging. Der ehrste Ritmeister wahr Dominikus Leo; der andere, Feliks Kornikula; der dritte Teodatus, des Ursus sohn, welcher verjahgt und wider beruhffen ward. Dise verwaltung aber währete nicht länger als bis in das sechste jahr, da di Stat-herschaft, im 742 jahre widerüm einen fol=gewaltigen Herzog er-wählete; dan di Rit-meister waren alzu hohch-mühtig in disem amte worden.

Bei solcher ein-häubtigen herschaft des Herzoges ist es verbliben bis auf den neun und dreißigsten, namentlich Sebastiahn Zianus, welcher der ehrste gewäsen ist, dehr durch di zehen wahl-Hern erkohren worden. Mit disem nuhn, im 1164 jahre, hat sich widerüm angefangen das vihl-häubtige Stat=wäsen, und ist auch also verbliben bis auf gegen=wärtige zeit.

Wahrüm uns aber der Kontarehn, des Meriahns verfasser, Joh. Kotovius und andere mehr, ein vermischtes von allen dreien ständen, als dem ein=häubtigen, welcher bei dem Herzoge; dem vihl-häubtigen oder vihl-herschenden, welcher bei dem Rahte; dem al-herschenden, welcher bei dem folke bestähen sol, zuschreiben wül, solches kan ich nicht begreiffen. [232] Dan wi mahg des Herzogs gewalt einhäubtig genännet wärden, in-dähm er nicht ein-mahl so vihl bemächtiget ist, daß er einen brihf, dehr di Stat=herschaft angähet, auf-brächchen darf, wan der ganze Raht nicht dahr-bei ist; jah keine stimme mehr hat, als ein anderer Rahts-her, und nichts fohr sich selbst tuhn und schlühssen kan, wo es nicht mit des ganzen Rahts bewülligung geschihet, welcher einig und alein, mit einhälligen stimmen, den schlus machchet.

[178] Ich mus zwahr gestähen, daß er das äusserliche ansähen eines königes führet, in-dähm er in königlicher herligkeit, pracht und kleidung von purpur, auf einem erhobenen ehren-stuhle zu sizzen, und in dem ganzen Rahte di ober-ställe zu haben pfläget; aber di königliche folle gewalt kan ich ihm ganz nicht zu-schreiben.

Wan königliche oder anderer Herren gesandten an di Stat-herschaft verschikket und verhöhret wärden, so pfläget er ihnen zwahr öffendlich bescheid und antwort zu gäben; aber nicht nahch seinem wüllen und guht-dünken, sondern nahch des ganzen Rahtes einhälligem schlusse. Er mahg auch wohl in alle Rücht-und Raht-häuser gähen, und seine meinung sagen; aber doch also, daß ihm ein ihder aus den andern wider-sprächchen darf. Di öffendlichen Aus-schreiben der Stat-herschaft wärden zwahr in seinem namen ausgegäben und versigelt, aber gleich-wohl mit des ganzen Rahts fohr-bewust und bewülligung. Dehr-gestalt, daß der Herzog in der taht nicht mehr ist, (ob er gleich den namen und das äusserliche ansähen eines königes hat) als ein anderer Rahts-her, und dannen-hähr dise Herschaft izund nicht anders als eine vihl-häubtige kan genännet wärden.

Der Raht, welcher dem Herzoge folget, und izund in unterschihdliche versamlungen geteilet [233] würd, hat von zeit zu zeit an Rahts-herren zu-genommen. Zu-ehrst ist der Hohe oder Ober-raht, welcher näben dem Herzoge das ganze Stat-wäsen verwaltet, und ohn-gefähr auf vihrzig Rahts=herren bestähet, welche jährlich von den aller-ädlesten der Stat erwählet wärden. Di obersten und nähesten nahch dem Herzoge, sein di sechs fohrstände des h. Marksens, welche aus den untersten Rahts-herren meisten-teils, wan si sich wohl verhalten haben, zu disen Würden erhoben wärden. Disen folgen di sechs Rahts-herren und Zehender=herren; welche sämtlich folle macht zu veruhrteilen und zu schlühssen haben, und ihren spruch von keinem wider-ruhffen lahssen.

Nahch dem Ober-rahte kömt der Grohss'- oder unterraht, dehr auf keiner gewüssen zahl bestähet, und bisweilen in di 225 häubter, aus der verständigsten und weisesten bürgerschaft, begreiffet. Dise Rahts- herren nännet man zu [179] Venedig li Pregadi, di Erbähtenen (wi fohr alters zu Rohm di Patres Conscripti, di Verschribenen genännet warden) weil man fohr disem di verständigsten unter den Bürgern, in dem noht-falle, zum rahte bitten lihs.

Solche unter-Rahts-herren nuhn, haben nicht mehr als mit der blohssen Stat sachchen zu tuhn, und dürfen sich üm di Herschaft nicht bekümmern, weil selbige nuhr alein den ädelen zu-kömt; welche von dem zwanzigsten jahr' ihres alters, bis in das fünf und zwanzigste, durch das lohs dahrzu gelangen, daß si in den Raht kommen dürfen: wan si aber dasselbige mündige alter erreichet haben, so wärden si ohne lohs hin-ein-genommen. Solcher Geschlächter und ädelen, di zu rahte gähen mögen, sein zusammen 2500. weil aber ein grohsses teil dehrselben, ausserhalb der Stat, in ämtern ist, [234] oder sonsten in gemeinen geschäften von hause verreiset; so kommen gahr selten über 1500 zusammen. Man lässet auch bisweilen di jungen ädel=leute mit in den Raht kommen, damit si teils von den kindischen dingen ablahssen, und sich zu ernst=haftern, der gemeinen wohl-fahrt zum bästen, von jugend auf gewöhnen möchten; teils auch ihrer jugend hizzige raht-schläge durch der Alten sitsamkeit mähssigen lärneten.

Es ist insonderheit sehr preis-würdig und rühmlich, daß man in austeilung der ämter (welche son=tähglich, auch alle feiertage, des morgens geschihet) weder auf reichtuhm noch armuht sihet; dahähr dan das gemeine folk dem Adel sehr gewogen ist, und mit aller ehr-erbütung begegnet. Di ädelen auch erzeugen sich widerüm gegen das folk sehr glimpflich, lahssen es bis-weilen zu ehren-ämtern, welche sonsten den geschlächtern gegäben wärden, kommen, und beschüzzen si mit sonderlicher sorgfältigkeit; welches si bei ihderman belihbet und belohbet macht. Dan, wan solches nicht geschähen wäre, wi hätte dise Stat-herschaft so träflich wachsen und zu-nähmen können; wi hätte si in so vihlen feindlichen anstöhssen so unbewähglich, eine so lange zeit, bleiben und bestähen mögen! Der Römer herschaft ist zwahr so hohch gestigen, daß si ihr auch fast den meisten und gröhssesten teil der wält unterwürfig gemacht hat, aber [180] ihre macht und freiheit währete kaum 700 jahr; da härgegen di Venediger di ihrige, wi sehr si auch oft-mahls auf allen änden und seiten sein bedränget worden, nuhn-mehr über 1200 jahr erhalten haben, und däm Ottomannischen wühten vihl-mahls ohn' einige hülfe widerstand getahn.[235]


Di Wahl des Herzoges zu

Venedig.


Zum beschlus diser erzählung wül ich meinem Hern auch di Herzogs-wahl der Stat Venedig kürzlichst entwärfen; und geschihet selbige auf folgende ahrt. Wan der kuhr-tahg här-zu genahet ist, so kommen alle geschlächter und ädel-leute der Stat, welche das dreißigste jahr erreichet haben, an einem orte zusammen; und wan di tühren verschlossen sein, so würd ein kruhg auf-gesäzt, in welchem so vihl kugeln zu fünden, als häubter fohr=handen sein; unter disen wärden nicht mehr als dreißig vergüldete gefunden, und di andern sein alzumahl silbern.

Aus disem kruge nümmt ein ihder ädel-man eine kugel häraus; und welche versilberte bekommen, di träten bei seite, di andern aber, so vergüldete höben, wärden in ein sonderliches zimmer geführet. In selbigem zimmer würd widerüm ein gefähss' oder kruhg gesäzt, in welchem dreißig kugeln, und dahr=unter neun vergüldete, sein; di Herren nuhn, welche di neun vergüldete häraus-nähmen, benännen vihrzig männer, di man di ehrsten Wahl- oder Kuhr-herren zu nännen pfläget. Dise vihrzig wärfen aber-mahl vihrzig lohs-kugeln in einen kruhg, dahr-unter zwölf vergüldete sein; und dijenen, so selbige bekommen, nännet man di zweiten wahl=herren. Dise nuhn benännen widerüm fünf und zwanzig andere, welche äben so vihl glüks-kugeln aus dem kruge höben, dahr-unter neun vergüldete sein; und welche selbige bekommen, di heisset man di dritten wahl-herren.

Dise bestimmte ein und vihrzig männer nuhn kommen auf däm grohssen Raht-hause zusammen, und erwählen aus ihrem mittel dreie, so fohr andern eines grohssen ansähens [181] sein, welche si di Ober-herren der Versamlung nännen; näbenst zween geheim-schreibern. [236] Di andern sechs und dreissig aber, welche noch übrig sein, gäben ihre wahlstimme auf folgende weise:

Di drei gedachte Ober-herren sizzen auf drei stühlen, etwas höher als di andern; und di Geheim-schreiber, oder Schreinhalter, fortern di sechs und dreissig wahl-herren, immer einen nahch dem andern, daß ein ihder ein brihflein, dahr-auf er dehn-jenigen, welchen er zum Herzoge wählet, geschriben hat, in den schrein wärfe. Wan solches geschähen ist, so gähet ein ihder widerüm an seinen ort.

Hihr-auf läsen di Schreinhalter ein brihflein nahch däm andern, in gegenwart der drei Ober=herren; und wan schohn einer vihl brihflein hat, so würft man si doch alle zusammen gewikkelt in einen huht, dahr-aus si widerüm gezogen, und ordentlich auf den tisch geläget wärden.

Wan nuhn dehr-jenige, dessen name zum ehrsten häraus gezogen würd, einer von den ein und vihrzig wahl-herren ist, so heisst man ihn in ein sonderliches zimmer gähen, und di Ober-herren fragen di andern, ob ihmand etwas wider ihn zu sagen habe. Wan nuhn eines und das andere fohr-gebracht würd, so fortert man ihn zur verantwortung: kan er sich nicht entschuldigen, so würd er von der kuhr aus-geschlossen, daß er nicht Herzog wärden kan. verantwortet er sich aber, so heisset man ihn widerüm zu den andern trähten; und also macht man es auch mit dem folgenden.

Zum beschlus wärden zwe krüge näben ein-ander auf eine bank gestället; in dem einen ist das Jah, in dem andern das Nein. Solcher gestalt nuhn loset man so lange, bis ändlich, durch fünf und zwanzig stimmen, einer zum Herzoge erwählet wird.

Als nuhn der alte Her seine räde geändigt hat-[237]te, so bedankte sich der Markhold gegen ihn, wi auch gegen seine zwo töchter zum höhflichsten, und wolte nuhn-mehr seinen abschihd nähmen, damit er noch fohr abändes nach Amstelgau gelangen möchte. Aber der Her Vater wolt' ihn nicht von sich lahssen; was, sahgt' er, wül er mihr solche lust, daß ich ihn nahch so langem ab-wäsen sähen [182] möge, nuhr einen augen-blik vergönnen? nein, nein! di geschäfte di er zu Amstelgau hat, wärden so nöhtig nicht sein; wihr wollen noch so lange (fuhr er fort) bis es foländ ässens zeit würd, hin-unter in den garten gähen, und uns an den frisch-auf-geblüheten tulpen erlustigen.

Markhold lihs sich also bewägen, und ging mit dem alten Hern hin-unter; Rosemund aber, di dässen sehr froh wahr, blihb noch ein wenig auf ihrer kammer, damit si sich mit ihrer Jungfer schwäster zufohr verschleiren lihsse. Si hatten di wenige zeit über, als si in dem garten sein konten, noch aller-hand kurz-weil' und ergäzligkeit: Sonder-lich belustigte sich der alte Her mit den lihblichen strahlen der nider-steigenden sonnen, welche da-zu=mahl äben auf di Lust-höhle stühssen, und durch ihren zu-rük-prallenden schein, di wasser-strahlen an dem lust-brunnen, welcher straks gegen über stund, so ahrtig vergüldeten, daß man nicht anders vermeinete, als wan si solcher gestalt aus den brüsten und munde der Holdinnen geriselt kähmen. Di ahrtigen schnäkken-häuser und muscheln, welche diser Her aus Ohst- und West-Indien bekommen hatte, und auf unterschihdliche ahrt, an der Lust=höhlen zu sähen waren, flinkerten und blinkerten wi lauter gold und perlen, von dem auf-fallenden scheine der sonnen; und es hatte gleichsam das an=sähen, als wan si di sonne an sich zögen, und nicht wolten unter-gähen lahssen. In solcher betrachtung hihlten si sich sämtlich auf, so lange, bis man [238] ihnen andeuten lihs, daß di tafel gedäkt und di speisen färtig wären.

Der alte Her nahm den Markhold, seinem gewöhnlichen gebrauche nahch, in den arm, und führet' ihn mit sich in di tafel-stube. Di Rosemund, welche liber alle-zeit bei ihrem Trauten gewäsen wäre, ging näben ihm hähr, und wahr immer-zu di nähste; jah über der tafel selbst, kahm si ihrer schwäster zufohr, und sazte sich also-bald näben ihn, damit si jah seiner beiwäsenheit rächt genühssen möchte.

Dise mahl-zeit ward nicht weniger als der lust=wal mit aller-hand kurz-weiligen gesprächen fol=bracht, welche [183] sich auch so lange verzogen, daß es schon mitternacht wahr, als si sich zu bette begaben, und di Rosemund ihren Lihbsten verlahssen muste: welches ihr in wahrheit über alle mahssen verdrühslich und so widerwärtig fohr-kahm, daß si fast di ganze nacht schlahf-lohs und in stähtigen libes-gedanken zu-brachte.


Aende däs vihrten Buches.

[239]

Fußnoten

1 Archontologia Cosmica Meriani pag. 487. Casp. Contarenus Venet. de Republ. Vea. p. 82. Veneti dominii chorograph. descript. p. 10.

2 Ven. dom. chor.desc. p. 11. 12. etc.

3 Ioh. Bapt. Verus Rer. Venet. p. 2. etc.

4 Ven. dom. chor. descr. p. 12. Mercator in Atl. p. 450, etc.

Fünftes Buhch

Der Adriatischen ROSEMVND
fünftes Buhch.

Rosemund, welche di vihlen libes-gedanken, damit si dise ganze nacht verschlossen, sehr ermüdet hatten, begunte gleich izund, da der lihbliche morgen ihr zimmer beschine, und di vogel fohr ihren tage-leuchtern zu zwitschern anfingen, in einen angenähmen schlahf zu fallen; dehr-gestalt, daß Markhold zeit genug hatte seine nuhr ehrstlich=verfasste tichtlinge, der Rosemund zu ehren, an etliche linden hinter ihrem garten an zu häften. Dan er wuste wohl, daß si sich alle morgen, so bald si auf=gestanden wäre, unter denselbigen mit ihrer lauten zu ergäzzen pflägte; und solches aus denen uhrsachchen, weil sich rächt gegen über ein lihblicher wider=schal, welcher ihr lauten-spilen noch mehr verlihbligte, hören lihs. So macht' er sich dan nuhn also-bald färtig, ging von seinem schlahf-zimmer sehr früh, da noch nihmand im ganzen hause auf-gestanden wahr, hin-unter in disen lust-gang, und häftete daselbsten vihr getichtlein an vihr gegen einander über-stähende linden: von denen wahr das ehrste diser


Zwelfling

Auf den mund seiner Schönen.


Ist das der Rosen-mund! was rosen! welche bleichen,

wan si der wind anhaucht; da diser schöner würd, [240]

wan mein verlihbter hauch den seinen kan erreichen,

und in däm rosen-tahl der liben lippen irrt.

wi ist er dan rubihn? rubihn mus eher weichen;

er ist zu blas, zu bleich, und hat nicht solche kraft.

wi dan koral? oh nein! koral ist ohne saft,

ein ungenähmer stein und unbelihbtes zeuchen,

da weder strahl noch farb' ein frisches härz verwundt,

wi diser pflägt zu tuhn, wan sich mit wider-prallen

mein aug' in ihm verirrt. Drüm ist dein liber mund

vihl währter als rubihn, als rosen und korallen.


[185] Das andere, welches rächt gegen disem über, und auf ein härz von einer bürkenen baum-schahle geschnidten, verfasset stund, wahr dises


Klüng-getichte

auf das Härz seiner Träuen.


O trautes härts! was härts? vihl härter noch als hart,

o! stahl? mit nichten stahl; es lässt sich bässer zühen.

wi dan magneht? o nein; ihm ist vihl mehr verlihen. [241]

ist's dan ein deamant? auch nicht; dan diser ward

im schäzzen nahch-gesäzt däs härzens wunder-ahrt.

wi! ist es dan kristal? durch dehn di strahlen sprühen,

wan izt di sonne stäht in follem glanz' und glühen.

o nein. wo-durch würd dan sein währt rächt offenbahrt?

indähm es mehr als hart, mehr zühglich ist und zühet

als stahl und libes-stein; mehr währt als deamant,

dehn sonst di blinde wält fohr täuer-währt ansihet;

vihl reiner als kristal, vihl klährer von verstand

als er am blohssen schein. noch hält däs Folkes hal

dein härze gleich magnet, stahl, demant und kristal.


Näben disem klüng-getichte wahr noch ein anderes in einem länglicht-rundten brihfe zu sähen, und ohn-gefähr folgender mahssen verfasset.


Auf di Augen seiner

Liben.


Ihr augen fol von gluht! was gluht? karfunkel-strahlen: [242]
auch nicht! si sein ein bliz, dehr durch di lüfte sprüht
und sich aus ihrem aug bis in di meinen züht.
nicht blizze; bolzen sein's, damit si pflägt zu prahlen,
damit si pflägt den zol der libe bahr zu zahlen.
nicht bolzen; sonnen sein's, damit si sich bemüht
zu bländen andrer lücht; di keiner ih=mahls siht,
der nicht gestrahft mus sein. nicht sonnen; stärne tahlen
vom himmel ihrer stirn': auch nicht: was säh ich schimmern,
dan gluht ist nicht so feucht, karfunkel strahlt nicht so,
der bliz hat minder kraft, der pfeil macht jah nicht fro,
di sonn' ist nicht so stark, ein stärn kan nicht so glimmern,
wahr-üm dan sihet si däs Folkes aber-wahn
fohr gluht, karfunkel, bliz, pfeil- son- und stärnen ahn?

Rächt gegen disem über wahr folgendes angehäftet.

[186] Auf di hahre seiner

Trauten.


Sein das di güldnen hahr? ach gold! si können zwüngen [243]

und bünden meinen muht mit ihrem glanz' an sich;

nicht bänder; strahlen sein's, damit si bländet mich

di sonne meiner zeit: nicht strahlen; blizze drüngen

mit eingemischt härzu, und in den lüften rüngen:

nicht blizze; sehnen sein's, davon so säuberlich

di güldnen pfeile scheusst der kleine wüterich:

nicht sehnen: was dan sonst so unter vihlen dingen?

dan gülden sein si nicht, weil gold nicht halb so täuer;

auch bänder sein si nicht, weil bänder schwächcher sein;

auch sonnen-strahlen nicht, weil nuhr ein sonnen-schein;

nicht blizze, weil der bliz ein augen-bliklich feuer:

auch sein si sehnen nicht. noch wärden si mit macht

gold, strahlen, bändern, bliz und sehnen gleich geacht.


Als nuhn Markhold dise vihr getichte mit allem fleis angehäftet hatte, so verbarg er sich in dem garten, weil er wohl wuste, daß seine Rosemund nicht lange mehr aussen-bleiben würde, damit er [244] sähen möchte, wi si sich ställte, und wi si sich zu solchen tichtlingen gebährden würde. Dise Schöne wahr in-dässen gleich auf-gestanden, und er hatte kaum ein vihrtel-stündlein in dem garten gesässen, daß si mit ihrer lauten nahch selbigem lust-ohrte zu gegangen kahm.

Markhold stund hinter einer läuben, und lauschte, was si begünnen würde; Si aber lihs sich straks in selbiger gegend, da dise vihr schärz-getichte stunden, auf eine rasen-bank nider, und spihlte wohl zwei oder drei lider, ehe si solcher brihfe gewahr ward. Als si aber ohn-gefähr auf-wärts sahe, und ehrstlich den zwelfling erblikte, dan si sahs gleich gegen demselbigen baum' über, da diser an=gehäftet wahr; so wusste si nicht, ob si fort-spilen oder inne halten solte. Si sahe sich anfangs auf allen ekken üm, ob si etwan eines mänschen, dehr solches angeschriben hätte, möchte gewahr wärden; als si aber nihmand vermärken konte, so stund si auf und las' es mit halb-zerbrochner stimme; Si überlas' es noch eins, und als si solches zwei=mahl getahn hatte, so nahm si es zu sich, und säzte sich wider-üm nider, in wüllens ihre laute zu[187] stimmen: aber si wahr über-aus-froh, als si im sizzen noch dreier solcher brihflein ansichtig ward. Si sprung fohr grohsser begihrde nahch däm einen zu, das wi ein härz gestaltet wahr, und wuste fohr fräuden nicht, ob si es anrühren dürfte. ändlich aber, weil si leichtlich sähen konte, daß si Markhold geschriben hatte, so nahm si alle vihre zu sich und lägte si auf di rasen-bank, da si sahs.

In-dässen nuhn daß si widerüm auf ihrer lauten spilete, und ein so libes lihdlein zu süngen begunte, daß sich Markhold hinter seiner läube kaum mehr enthalten konte, so kahm ein gelinder wind unter ihren erlangten fund, und zersträuet' ihn, eines hihr- das andere dort-hin. O wi flohe si [245–246] hinter ihnen hähr, wi geschwünde lühf si, einem hihr, dem andern dort, nahch: gleich wi ein ahdler, wan er seinen raub ohn-gefähr verlühret, demselben mit fluggem schosse nahch-eilet; also eilet' auch dise Schöne ihrer entführten beute nahch. Markhold hatte solcher gestalt seine rächte lust, und hätte nichts libers und gewündschters sähen können, als disen eifer seiner trauten Rosemund: di er üm so vihl däs-zu-mehr lihbte, und von blik zu blik alle=zeit lihblicher hihlt.

In-zwischen machte sich dise Schöne mit ihren zusammen-geläsenen brihflein wider-üm in ihr zimmer, da si selbige ehrst rächt betrachtete, und ihrem liben Markhold immer verbündlicher ward. Si säzte sich auch ändlich zur fäder, damit si etwas in ihrer mutter-sprache dahrauf zur antwort machchen möchte: aber di Stil-muht kahm dahr-zwüschen, und vermäldet' ihr, daß Markhold schohn aufgestanden wär', und auf dem sahle härüm lust=wandeln ginge. Damit si ihn nuhn nicht so lang' alein lahssen möchten, so kleideten si sich fol-änd an, und gingen zu ihm hin-über.

Markhold entfüng dise Schönen mit grohsser ehr-erbütigkeit, und si führeten ihn in das näheste zimmer, da ihn der Her Vater auch straks dahr=nahch besuchete, und üm verzeuhung baht, daß er ihn izund einer noht-wändigen verrüchtung wägen verlahssen müsste. Markhold hätt' auch gärn seinen abschihd von disen Schönen genommen, und den Hern Vater bis nach Amstelgau begleitet, da er äben [188] auch zu tuhn hatte. Aber wi sehr er auch baht, so kont' er es doch von dem Sünnebald nicht erhalten; nein, nein, sahgt' er, es wül mihr nicht gezimen, daß ich meine gäste wäg-führen sol; es ist mehr als alzu vihl, daß ich so unhöhflich sein mus, und ihn aleine lahssen, meinen geschäften ob zu ligen. Aber dähm sei auch wi ihm wolle, so können ihm meine [247] töchter di zeit noch wohl so guht verkürzern, als wan ich selbst zugegen wäre.

Markhold muste sich also bewägen lahssen, und noch ein stündlein verharren. welches dan der Rosemund über-aus wohl gefihl, weil si ihn solcher gestalt seiner zusage, di er ihr foriges tages versprochchen hatte, erinnern konte.

Der tahg wahr sehr schöhn, der himmel klahr, und das wetter über-aus-lihblich; di sonne blikte mit ihren anmuhtigen strahlen, welche rächt laulicht waren, den frohen wält-kräus so fräundlich an, daß man fast nicht mehr lust hatte in den häusern zu bleiben. Di Rosemund mahnete den Markhold zu einem lust-wandel an, und di Stil-muht selbst baht ihn dahr-üm, daß er sich mit ihnen in das grüne begäben möchte. Si gingen hihr-auf in den garten, da sich di lihblichen rosen von der wärme der sonnen schohn auf-getahn hatten, und säzten sich ehrstlich zum brunnen, här-nahch unter di lust-höhle, da sich Markhold an den zihrlich-gesäzten und über-köstlichen muscheln sonderlich erlustigte. Es waren ihrer daselbsten wohl hunderterlei ahrten, immer eine schöner als di ander, zu sähen, dahrinnen man di wunder der grohssen zeuge-mutter nicht gnugsam betrachten konte. unter allen aber wahr sonderlich di purpur=muschel zu erhöben, dahr-aus di königliche farbe, welche ein schähffers-hund erfunden hat, gesamlet würd. Di zakken der schwarz- und rohten korallen, di magnetischen stein-rozzen, durch welche sehr kleine wasser-strahlen geriselt, und aus einer muschel in di andere gesprungen kahmen, machten das aus-sähen noch lihblicher. Di schau-gläser, so auf allen seiten und in allen winkeln härführ blikten, gahben einen sehr lustigen wider-schein. In däm einen stein-wärke wahr ein kleiner teich, [248] dahrinnen der Se-got mit seinem drei-zank-stabe här-üm-fuhr. Er sahs in einer länglicht-rundten ofnen muschel als auf seinem [189] königlichen stuhle; üm ihn härum schwummen allerlei kleine Se-wunder, Mehr-ammen, und wasser-kälber. Auf der andern seiten wahr noch eine kleine Se, welche fast halb fol gisch wahr, und di Lustinne, in einer ahrtigen muschel, aus-warf, welches in däm nähsten schau-glase ein solch ahrtiges aus-sähen gahb, daß auch Markhold sagte; wan einer nicht begreiffen kan, wi di kunst und selbheit mit einander streiten können, so darf er nichts mehr als dises wunder=wärk anschauen. Der eingang diser Lust-höhle wahr ein halber mahnd, der zu beiden seiten zwo ahrtige mit schild-kröhten überzogene toskanische (wi si di bau-läute zu nännen pflägen) säulen hatte. Das fuhs-geställe wahr von marmel, und das haubt-gerüste von kristal und albaster mit korallen vermängt. Der boden wahr mit schwarz- und weissem marmel gepflastert, dahrauf rächt in der mitten ein härz von rohtem durchscheinendem steine gehauen, auf etlichen koral-zakken, gleichsam als auf dornen entpohr stund, und etliche dünne wasser-strahlen über sich sprüzte. üm dises härze härüm sahssen auf kleinen albasternen bänken neun ahrtige wasser-fräulein, welche sich gleichsam in den wider-härab-fallenden wasser-tropfen zu baden schinen. Markhold entfand aus solchen seltsamkeiten nicht wenig lust, und hätte wohl gewündschet, daß er solcher lust und ergäzzung tähglich genühssen könte. Dan es mus ein-ihder bekännen, daß solche und dehr-gleichen wasser-künste, denen-jenigen, di den büchern obligen, bis-weilen sehr wohl zu statten kommen, und di abgemärgelten sünnen wider von näuem erfrischen und beläben.

Als nuhn dise libe geselschaft solchem wasser-[249]spihl' und lust-riseln lange gnug zu-gesähen hatte, so begahb si sich lätslich unter einen belaubten lust-gang, da di Rosemund aller-hand lustige räden fohr-brachte, und mit solchen ümschweiffigen gesprächen den Markhold noch länger bei sich behalten wolte. Anfangs kahm si auf di vihl-färbigkeit der tulpen, und sagte; daß fast ein maler mehrerlei farben nicht zurüchten, und schönere bilder fohrställen könte, als di tulpen wären. Ach! meine Schöne, was wül si doch sagen, fihl ihr Markhold in di räde, es ist mihr noch wohl eine malerin bekant, von welcher ich zwei bilder [190] gesähen habe, di vihl schönere, vihl träflichre und vihl lähbhaftere farben haben, als dise nichtige bluhmen. Dan ich habe nihmahls an keiner einigen tulpen solche rein=weisse farbe gesähen, als si ihren stirnen angestrichchen hat; keine tulpe kan auch nimmer-mehr solche lihbliche röhte haben, als si ihrem munde gegäben hat: und wehr wül mihr eine so zahrte leib-farbe an disen flüchtigen bluhmen weisen, als si ihren wangen mit-geteilet hat?

Ich möchte solche kunst-reiche malerin wohl kännen, gahb di Stil-muht zur antwort; und in wahrheit, si mus eine sonderliche künstlerin sein, weil si solches zu wäge bringen kan. Si ist freilich (fing ihr Markhold das wort auf) eine sonderliche künstlerin, ja eine künstlerin aller künste, und wihr pflägen si di grohsse Zeuge-mutter aller dinge zu nännen. Ach, fihl si ihm wider in di räde, ist es di-jenige, so darf ich mich nicht vihl wundern, daß si als di künstlichste malerin, solche schöne bilder gemalet hat. Darf ich aber (fuhr si fort) wohl so führ=wüzzig sein, und zu wüssen begähren, was solches fohr zwei bilder sein, di si gebildet hat, und di ein solches lohb verdinen? Meine Schöne, gahb ihr Markhold zur antwort, ich wolt' ihr gärne nuhr das eine sähen lahssen, (dan das andere hat si [250] schohn gesähen) aber, weil ich weus, daß es ihre augen nicht anders, als durch einen widerschein, er-kännen müssen, so würd si so lange geduld haben, bis wihr in ihr zimmer kommen. über solchen worten huhb di Rosemund an zu lachchen, und entfärbete sich; sollen solche nichtige bilder, fing si an, ein solches lohb verdihnen? es hat meinem Hern nuhr also belihbt, und wihr sein uns, unserer schwachheit halben, über-gnug bewust. Aber damit ich ihm, fuhr si fort, das-jenige, was mihr izund eingefallen ist, nicht länger verhalte, auf daß es här-nahch nicht gahr vergässen wärde, so mus ich ihn erinnern, daß sich bald eine schuld-forterin bei ihm an=gäben würd, damit er sich entweder zur zahl- oder verantwortung däs-zu bässer gefasst halten könne.

Ich hoffe nicht, gahb ihr Markhold zur antwort, daß man izund äben kommen wärde, meine lust zu verstöhren: und im fal ja selbige einmahnerin, wider verhoffen, anlangen [191] würde, so lahsse si durch ihre dinerin an däm tohre befählen, daß man si abweise, mit fohrgäben, daß ich widerüm verreiset wäre. Hihr-auf huhb di Rosemund an zu lächlen, und schwihg eine gute weile stille. Ach! nuhn säh' ich, huhb Markhold an, wessen schuldner ich bin, und bitte meine Schöne zum höchsten üm verzeuhung, daß ich ihr mit einer solchen antwort begegnen dörfen. Aber, wan si mich einer bitte gewähren wolte, und nicht eine solche scharfe gläubgerin sein, so wolt' ich si wohl gebähten haben, daß si mihr nuhr noch einen tahg frist lahsse, damit ich mich zur ab-zahlung gefasst machchen könne.

Di Rosemund huhb samt der Stilmuht an zu lachchen, und wi si bishähr, verdäkter weise, üm di beschreibung der alten und izigen Deutschen an=gehalten hatte, so täht si es auch nuhn austrüklich, und wolte nicht eher ablahssen, si hätte dan ihr begähren erlanget. Markhold bekwähmete sich also, [251] seine Schöne zu vergnügen, und nahchdähm si sich alle dreie in dem lust-gange nider-gelahssen hatten, so fing er folgender gestalt an.


Kurzer entwurf

der alten und izigen

Deutschen.


Ich habe meiner Schönen zwahr versprochchen einen abris und entwurf der alten und izigen Deutschen zu tuhn, und bin auch gesonnen meinen worten aufs mühglichste nahch zu kommen: aber, weil di verfasser und auf-sucher ihres uhrsprunges sich meisten-teils in denen so vihlen und unter=schihdlichen namen, damit si von anbegün bis auf dise gegenwärtige zeit sein genännet worden, verirren, dehr-gestalt, daß si di ehrsten mit den lätsten vermischen und fohr einerlei ansähen: so wül ich zu=fohr den unterschihd solcher namen, damit si sich däs zu bässer dahr-ein fünden könne, nahch den zeiten ihres uhrsprunges kürzlichst erklähren und dahr-nahch auch däm begähren meiner Schönen gnüge tuhn.

Es wärden aber, fohr das ehrste, di Deutschen Twiskonier, das ist, di-Askanier genännet, von dem Twiskon, oder [192] Tuaskon, ihrem Vater und uhrhöber, welcher äben der Askenas (wi di Juden und Ebräer einhällig vermeinen, und di Deutschen noch heutiges tages םיזנכשא Askenazim, nännen) sein sol, dessen 1 vater Gomer, und grohs-vater Jafet, gewäsen ist; welcher Jafet von dem Noeh, nahch aus-sage der heiligen Schrift, nahch dem Sem und Ham ist gezeuget, und gesähgnet worden, daß er sich ausbrei-[252]ten solte, 2 wi auch dannen-här das eine teil der wält, welches er und seine nahchkömlinge ein-genommen haben, Europe (das ist, ein breites aus-sähen, oder eine weite gegend) ist benamet worden.

Weil nuhn di heidnischen Geschicht-schreiber, und denen zur folge di unsrigen, dise des Twiskons ankunft und gebuhrt nicht gewust haben, und den sachchen nicht so weit nahch gedacht, daß Twiskon oder Tuaskon mit däm geschlächtswort' aus tu-Askenas zusammen gezogen und in etwas verändert sei; so haben si fohr-gegäben, daß Twiskon der Twiskonen, oder der Deutschen, Vater und Got gewäsen wäre, welcher seinen uhrsprung und gebuhrt aus der ärden genommen hätte.

Es ist aber diser Askenas, oder Twiskon, im 130 jahre nahch der Sünd-fluht gebohren, und von seinem Fohr-grohsvater dem Noeh, nahch des Berosen zeugnüs, in di länder, welche üm das Euxinische Mehr und den Rein härüm ligen, verteilt worden. Da er der ehrste könig der Twiskonen gewäsen ist, und sein reich samt seinem folke, nahch mitternacht zu, gewaltig vermehret hat. Er gahb auch gesäzz' und rächte, wi das folk solte beherschet und im zaume gehalten wärden; hihlt di untertahnen zur Gottes-furcht und guhten sitten; und starb im 1964 jahre, nahch erschaffung der wält, als Semiramis sechs jahr zu Babilon geherschet hatte.

Es uhrkunden etliche, daß diser Fölker ehrster siz in klein Asien gewäsen sei, von dannen si sich mit den Zimbrern [193] (ihren brüdern) durch Krakau, Polen, Schlesien und andere länder (wi noch etliche namen der Stätt' und des flusses Asche, oder Aske, aus-weisen) nahch der gegend zu, wo izund däs Deutschlandes mittel-teil liget, begäben hätten, und in Anhalt nidergelahssen; dässen Fürsten sich noch heut zu tage von Askanien schreiben; und [253] es bemärkt und bewähret auch selbige meinung di Grahf-schaft Askanien selbst, di Grahf-schaft Mans-fäld, oder des Mannes Fäld, (welcher des Twiskons sohn gewäsen ist) di Stat Aschersläben, und vihl andere mehr.

Das wort Askenas aber heisset so vihl als ein fohr-stäher und verwahrer däs feuers, vom hebreischen שא asch, d.i. feuer, und ןהכ ein Gots-beamter: welchen namen di Askanier oder Twiskonen mit rächt geführet haben, in-dähm si alle-zeit unverzahgte, tapfere und feurige helden-gemühter gehabt.

Es walten auch härnahch von dem algemeinen namen diser fölker, dehn si izund führen, und Deutsche genännet wärden, viler-hand meinungen: Einer ist in dehm wahne, daß das wort deutsch von däm worte Twiskon 3 wi dises von Askenas hähr-rühre, und sei nuhr in etlichen buhch-staben verändert. Andere tuhn noch dises dahr-zu, und schreiben, daß man dem Askenas, dehr seinen siz an dem Reine, gegen Köllen über, wo der Fläkken Deutsch liget, genommen hätte, (welches ändlich auch wohl kan geschähen sein) den zu-namen Deuter oder Deut gegäben; weil er nähmlich aus dem fluge der vögel hätte deuten, und zu-künftige dinge zufohr verkündigen können. Etliche wollen, daß si alle ihre Götter mit dem namen Deut oder Düd genännet hätten: etliche vermeinen, daß si nuhr einen Got dises namens an des Merkuhrs stat (welchen di Egipter auch Deut zu nännen pflägen) verehret, und fohr den vermeinten Verdeutscher, das ist (eigendlich zu erklähren) Dolmetscher, oder Ausläger, der Götter, und götlichen geheimnüss' und gesäzze, gehalten hätten. Der lätste teil wül behaubten, daß der neund' oder zehen-[254]de könig solches folkes disen namen geführet habe; und dahähr sei es kommen, [194] daß ehrstlich di fölker zwischen der Weiksel und dem Reine, und dahr=nahch auch alle di andern, Deutsche wären genännet worden; etliche vermeinen, daß es der Deutschen fünfter König gewäsen sei, dehn man, aus libe dises namens, also genännet hätte. Dähm sei nuhn wi ihm wolle, so kan man doch muht-massen, daß di uhr-alten Deutschen unter däm worte deut (wi di Egipter einen ihden weisen man nännen, und bei den Ebreern das wörtlein dod דוד ein fräund, oder lihbster, wi di Israeler den Baal ihren lihbsten und bräutgam nännten, geheissen hat) einen got, oder doch zum wenigsten etwas götliches, verstanden haben. Es stärket mich auch noch in solcher meinung der Gotten name (welche ein teil diser fölker gewäsen sein, und sich ändlich gahr sehr nahch norden zu gelänket) in-dähm si von däm worte Got, welches so vihl ist als guht, wi es ihre nahchkömlinge, di Dähnen und Schweden, noch schreiben und aus-sprächchen, also sein genännet worden. dehr-gestalt, daß beides di Gotten und Deutschen (der gebräuchlichen bedeutung der wörter, got und deut, nahch) einerlei und gleich=sam götliche namen führen.

Zum dritten haben auch di Deutschen den namen Germanier geführet, welchen man den Lateinern zu-schreiben wül, daß si nähmlich das deutsche folk also genännet hätten, weil es als lauter leibliche brüder an einander hünge. Man liset bei allen geschicht-schreibern und schrift-rüchtern so vihlerhand auslägungen von disem worte, daß es vihl zu lang wärden solte, wan ich si alle beibringen wolte. Es ist märk-würdig, wan Kornelius Tazitus schreibet, daß di Germanier nicht anders wo-hähr in Deutschland kommen wären, sondern dahr-innen gebohren; und man fündet auch dises [255] wort in keinen älteren lateinischen uhrschreibern, welche an dässen stat allezeit di namen Dwiskoner oder Deutonier, gleich wi di lätsteren fast allezeit Germanier, gebrauchen. Zu dähm so bekännet solches auch ob-ermäldter Tazitus austrüklich, daß der Germanier name noch näu sei: dan ob di Germanischen fölker schohn lange zufohr gewäsen sein, so haben si doch unterschihdliche namen gehabt; etliche hat man Zimbren, etliche Deutschen, etliche Gotten, etliche Schwaben, u.s.f. genännet Wan es mihr [195] vergönnet ist meine auslage von solchem streitigen namen zu sagen, so halt' ich daführ, daß es entweder von däm alten worte geren, d.i. bezwüngen hähr-rühre, weil si als zwang-männer und bezwünger gewäsen sein; oder aber von den noch-üblichen wörtern währe, gewähre, d.i. krihgs=rüstung, oder Gewärre, d.i. krihg: in welcher bedeutung di Franzosen das ihrige von den alten Deutschen entlähnte wort guerre noch gebrauchen; da nahch ihrem und der Lateiner gebrauch nuhr das w in währe; oder aber in den andern, di ehrsten beiden wort-glider zusammen gezogen sein: dehr-gestalt, daß German eigendlich nicht anders heisset als währman, oder ein bewährter man; oder wärman, d.i. kriges-man, welches mit dem andern namen Hehrman (dehn unsere Fohr-ältern auch geführet haben) wohl über-ein-kömmet: und ich wolte dannen-hähr gedachtes wort in unserer deutschen sprache nicht anders, als Währman und Währmannien, schreiben. Was schlühslich di meinung des Junius anlanget, dehr izt-ermäldeten namen von dem jüngsten bruder des Askenas und des Gomers sohne, dem To-garma, noch von der Sünd-fluht hähr auf-suchen wül, so mus ich bekännen, daß mihr selbige fast unter allen den andern am bästen gefallen hat. [256]

Nuhn haben wihr noch einen namen der Deutschen zu betrachten, welchen si zu lätst, als si aus einem verwildeten folke sein zu rächt gebracht worden, und sich der ahdlichen tugenden und höhflichen sitten beflissen, bekommen haben. Dan zur selben zeit, als di Deutschen mit den Römischen Käsern, dem Konstantihn, und dem Juliahn, krihg führeten, di Römer über di Alpen jahgten, und diselbigen örter, welche di Schwaben heutiges tages noch besizzen, ein-nahmen, so hat man ehrstlich diselben fölker der Deutschen, so sich zwischen der Donau, dem Rein' und Mein nider-gelahssen hatten, und der Römer tohd-feinde waren, Almannier genännet; welcher name von den wörtern adel und man zusammen-gesäzt ist; dan gleich wi in Adelheit ins gemein das d aussen gelahssen, und Ahlheit gesprochchen würd, so hat man es auch mit däm worte Adelman gemacht. Di Franzosen (welche disen ihren namen auch von den Franken oder freien Deutschen, di sich in Gallien, wi Frankreich [196] ehrstlich genännet ward, eingedrungen, und di alten einwohner meisten-teils verjaget hatten, noch bis auf dise stunde führen) nännen di Hohch-deutschen noch izund Alemands, di Grichen Elamags, di Türken Alaman. Wan es anspihlens gälten solte, so könte man alhihr widerüm was götliches aus disem namen machchen, und würde dähmnahch selbiger mit den Gotten und Deutschen über-ein-kommen. Di Türken, gleich wi den Sprahch-verständigen bekant ist, wi auch di meisten morgen=ländischen fölker, haben das wort Al, el, oder Alla, damit si Got bedeuten wollen: weil nuhn selbige fölker di Deutschen Alamans oder Allamans nännen, so würde Allaman in ihrer sprache so vihl heissen als Gottes-man, oder der Got Man, welcher ein sohn oder sohns-sohn des Askenas, und ein könig der Deutschen, sol gewäsen sein. [257]

Hihr-aus sihet nuhn meine Schöne, daß man uns Deutsche zu-ehrst Twiskonen oder Tuaskanier; nahch-mahls, Deutschen; färner Währ-männer oder Germanier, und Hehrmänner; ändlich aber Adelmänner oder Alemannier, genännet hat. und dise sein di algemeinen der Deutschen Fölker namen, hähr-nahch hat man auch noch sehr vihl andere, damit ein' ihde absonderliche fölkerschaft der Deutschen ist zu-benamet worden; welche wihr, weil es unser zwäk nicht ist, und wihr uns schohn alzu lange versäumet haben, mit stil-schweigen über-gähen wollen.

Ich hätte mich in auslägung solcher unserer Fölker namen so lange nicht auf-gehalten, wan ich nicht gewust hätte, daß meiner Schönen damit gedinet wäre, und si sich selbst in untersuchungen derer-gleichen sachchen übete; nahch-dähm ich sehr wohl weus, daß ein anderes Frauen-zimmer sehr wenig, oder bis-weilen gahr nichts, dahr-von verstähen würde. Im fall' ich ihr aber nichts däs zu weniger verdrühslich gewäsen bin, so bitt' ich üm verzeuhung, und wül ihr auf ein anderes mahl di zeit mit einer froheren lust und lustigern gesprächen versühssen.

Damit ich aber zu den Deutschen selbst schreite, und dehrselben Gebuhrts-ahrt, geschikligkeit und gebräuche, ihrem begähren nahch, erzähle, so wül ich ehrstlich von den alten [197] anfangen, und härnahch von den näuen auch einen kurzen entwurf gäben.

Di alten Deutschen (wi di wenige Geschichte mälden, di uns noch übrig gebliben sein) waren starke, härz-hafte, grohs-mühtige, und gleichsam wild' und rauhe leute, bei denen ih-dännoch, wi Tazitus bezeuget, di guhten sitten und das alte hähr-kommen mehr galt, als bei andern di guten gesäzze. Si wussten von den freien künsten wenig, oder wohl gahr nichts; und da-hähr ist es kommen, [258] daß kein einiger ihre tahten und verrüchtungen aufgesäzt und däm gedächtnüs ein-verleibet hat.

Das gedächtnüs ihrer helden-tahten pflägten si nuhr mit gesängen, welche si ihre kinder lähreten, zu erhalten, und wan si den feind angreiffen solten, (welches dan ihres härzens fräude wahr) so sangen si dem Herkules zu ehren ein kriges-lihd, mit fohr-gäben, daß dises der streitbahrste man gewäsen wäre. Si brauchten in disem gesange keine lihbligkeit, di ohren damit zu küzzeln, sondern bemüheten sich nuhr dadurch ihre gemühter zur tugend zu ermundtern, und den feinden ein schrökken und entsäzzen ein zu jagen. Däs-wägen brauchten si auch solche harte, grob' und knallende donner=worte, und hihlten di schilder im süngen fohr den mund, daß es also mehr gebrummet als gesungen hihs. Ihr gesicht wahr meisten-teils krigerisch, erschröklich, und grimmig an zu sähen. Si waren ein=ander geträu, und stunden di nähchsten bluht-verwandten, wan si in der schlacht waren, alle-zeit bei-einander. Wehm si etwas versprachen, dehm hihlten si es auch, und warden an ihren worten nimmer-mehr brüchchig; da-hähr man noch heutiges tages saget, wan einer dem andern etwas fästiglich geloben und versprächchen wül, ich sage dihr solches zu auf der alten Deutschen träu und glauben. Si hihlten wi mauren bei ein-ander, und hatten ihre weiber und kinder alle-zeit nicht weit von sich, damit si sich ihrer erinnerten, und fohr ihre freiheit ritterlich kämpfeten. Man liset, daß es vihlmahl geschähen sei, wan di schlacht-ordnung geschwanket, und sich schohn zerschlagen befunden hätte, daß alein di weiber mit ihrer gegenwart, bitten und flöhen, indähm si ihre fohr augen schwäbende dihnstbahrkeit angezogen, [198] selbige wider-üm zu rächt gebracht, und der flucht gewähret hätten.

Tazitus, welcher unter dem Käser Vespasiahn [259] stathalter in Niderland gewäsen ist, bezeuget der Deutschen tapferkeit und helden-muht mit disen worten: Nihmand (sagt er) hat ihmahls einen krihg wider di Deutschen ungerochchen geführet; welches fohr zeiten di drei grohss' und erschrökliche Hehr-läger unter dem August; und nahch-mahls der Karbo, Kassius, Schaurus, Aurelius, Servilius, Zepio, Manlius, und etliche gewaltige Käser, mit ihrem grohssen schaden gnugsam sein gewahr worden; in-dähm si von den Deutschen zum teil erschlagen, zum teil in di flucht sein getriben worden.

Josef, der Grichische Geschichter, nännet si starke, Dionisius krigerische und streitbahre, Arrius Soldaten und kriges-leute; und Seneke säzt noch dises hin-zu, und sahgt; daß auf der wält nichts muhtigers und behärzters sei, als di Deutschen, wi auch nichts fräudigers zum anlauff', und nihmand, dehr di waffen mit solcher begihr annähme und gebrauche. Wehr in dem träffen seinen schild verlohren hatte, wurde führ ehr-lohs gehalten, dorfte zu keiner Rahts=versamlung, auch zu keinem Gottes-dihnste kommen; da-hähr sich ihrer vihl, aus verzweifälung und unwüllen, erhänket haben.

Ihre versamlungen pflägten si im wachsen des mahndes zu halten, und zählten di zeit nicht bei den tagen, sondern bei den nächten. Wan di sachche nicht so gahr wüchtig wahr, so beraht=schlahgten sich nuhr di fohrnähmsten unter ihnen; wan es aber eine schwäre sachche wahr, so kahm di ganze gemeine zusammen, und wan das folk sein guht-dünken gesahgt hatte, so machten di führnähmsten den schlus. Si kahmen gemeiniglich gewafnet zusammen, und wan ihnen der fohrschlahg gefihl, so huben si mit ihren spihssen an zu schüttern, welches dehm eine grohsse [260] ehre wahr, dehr den fohrschlahg getahn hatte. Gefihl ihnen aber dehrselbige nicht, so murreten si, und schüttelten di köpfe dahr-über.

In der Königs-wahl sahen si alein auf den adel, und zu Kriges-obersten nahmen si di-jenigen, so sich am[199] tapfersten gehalten hatten. Di Könige dorften nicht herschen und handeln, wi si wolten; und di obersten beflissen sich mehr durch ihre tugend, als scharfe kriges-gebote, däm folke fohr zu stähen, und ein härze zu machchen.

Di-jenigen, so einem Könige oder Fürsten auf=warteten, eiferten über ein-ander, und es wolt' immer ein ihder der nähest und libeste sein. Es wahr ihrer Fürsten gröhsseste pracht und herligkeit, daß si allezeit zu kriges- und fridenszeiten eine grohsse anzahl wakkerer und streitbarer Jüngling' üm sich haben mochten.

Der jungen manschaft führnähmste übungen und Ritter-spihle bestunden einig und alein dahr=auf, daß si zwüschen den spihssen und schwährtern hähr-üm-sprangen, dadurch si kühn-muhtig warden, und der waffen gewohneten. Auf schöne tummel-pfährde hihlten si nicht vihl, sondern gewöhneten ihre rosse, ob si schohn ungestalt und mager waren, zur tauerhaftigkeit und zum rännen. wan di Reiterei eine schlacht täht, so sprangen si oft-mahls von ihren pfärden här-unter, und fochten zu fuhsse; inmittels warteten ihrer di pfährde, und verwändeten keinen fuhs. Sättel auf den rossen zu führen wahr ihnen di höchste schande; und si führeten weder köstliche kleider, noch krihgs-rüstung. Ein reiter lihs sich mit einem schild' und reisigem spihsse genügen. wenig unter ihnen hatten panzer an, kaum der zehende einen sturm-huht, und di schwährter waren bei ihnen sehr seltsam.

Es wahr dem kriges-mann' eine schande, wan sein Oberster oder Feld-her in der schlacht üm-kom-[261]men, und er entronnen wahr, es wäre dan, daß man den sihg erhalten hätte. Also stritten di Hehr=führer üm den sihg, und di Soldaten führ ihren Feld-hern.

Si vermeinten, daß es faulen leuten zu-stünde, mit schweiss' und arbeit dasselbige zu verdinen, was man mit seinem bluht' erwärben könte; da-hähr konte man si so schwährlich dahr-zu bringen, daß si das feld gebauet, und ein ganzes jahr auf di früchte gewartet hätten: aber ihren feind här-aus zu fortern, und etliche frische wunden zu hohlen, das wahr ihre lust. Was verrähter und feldflüchtige waren, di hingen si an di bäume; faule, verdrossene [200] schlüngel, und di weder krigen noch sonst etwas tuhn wolten, ersäuften si in einem unbewähglichen pfuhle, warfen eine geflochtene horte dahr-über, und sahgten, si wären nicht währt, daß si öffendlich stärben solten.

Si waren dem trunke sehr ergäben, und achteten solches führ keine schande, wan si tahg und nacht an-ein-ander härüm-soffen. Si handelten auch in ihren Gastereien von krihgs- und fridens=händeln, da si dan ihr gemüht, weil si ohne dis nicht tükkisch noch arglistig waren, bei dem trunke noch mehr eröfneten. und wan solches also geschähen wahr, so ward di sachche des andern tages wider führ-genommen, und bei nüchternen gedanken ab=gehandelt.

Ihr trunk wahr meisten-teils von gersten, oder andern früchten gesotten, zohg sich in etwas auf den geschmak des weines; di am Rein-strohme pflägten auch wein-bärge zu bauen. Ihre kost wahr nichts mehr als busch-ohbst, käse, milch-speis', und bis-weilen ein frischer wild-braten. Das jahr hatten si in drei zeiten ab-geteilet, in den Windter, Früling und Sommer; dan vom Herbst' und desselben Gotte wusten si nichts. [262]

Ihre Götter, di si verehreten, waren Merkuhr, welchem si zu ehren mänschen schlachteten; dahr=nahch Herkules und Mars, denen man vihe zur schlacht-gabe dahr-reichte. Dem lätsteren, als ihrem Kriges-gotte, haben si einen busch geheiliget, welcher nicht weit von däm Sächsischen Halle, gahr nahe bei der stat (welche von ihm den namen hat) Märse-burg oder Mars-burg, gelägen ist. Di Freie, Istevons des vihrten Königes der Deutschen Gemahl, ist auch, wi man schreibet, fohr di Göttin der Libe oder däs freiens, an der Venus stat, geehret, und auch nahch ihr der vihrde tahg in der wochche, frei-tahg, genännet worden.

Keine unter allen ihren fölkerschaften wahr der abgötterei mehr ergäben, als di alten Sachsen, welche di grünen bäume, wan si dik-belaubete zakken hatten, wi auch di brun-kwälle verehreten. unter andern hatten si einen über-aus-grohssen stam eines baumes aufgerüchtet, dehm tähten si götliche ehr' an, nännten ihn in ihrer sprache Irmensaul, oder Ihdermans-säule, damit si Gottes al-macht, di alles träget und erhält, andeuten und ab-bilden wolten. [201] Disen hat der grohsse Erz-her Karl ümgeworfen, nahch-dähm er di Sachsen durch einen lang-wihrigen krihg über-wunnen.

Es kahm ihnen nichts so ungeräumet fohr, als daß man di götliche Al-macht und Hoheit in di änge gebäu und hütten ein-schlühssen solte, oder durch bilder und götsen führ-bilden; weil di götliche gewalt nicht von mänschen-gedanken, vihl weniger zwüschen vihr wänden könte begriffen wärden. Aus disen uhrsachchen nuhn weiheten si ihren Ab=göttern keine wohnungen und gebäue, sondern dikke schattigte wälder, und sagten aus-trüklich, man könte Got wohl ehren, aber nicht sähen.

Di Schwaben verehreten auch di Ab-göttin Isis; und heiligten ihren Göttern wälder, in wel-[263]che nihmand kommen durfte, man hätte dan ihn zufohr gebunden, zur bezeugung seiner untertähnigkeit: und wan einer un-versähens strauchelte, daß er zu boden fihl, so dorft' er nicht wider auf=stähen, sondern man wälzt' ihn auf der ärden hin-aus.

Di Sachsen pflägten etliche schlohs-weisse pfährde mit gemeinen kosten zu erzühen, welche man zu keiner arbeit gebrauchte, sondern nuhr künftige dinge durch si erforschete. Si warden in einen wagen gespannet, näben dehm der König oder Fürst hähr-ging, und fleissig in acht nahm, wi si sich gebährdeten, und wi si sich mit schreien anställten. Von disen zeuchen hihlten si über-aus-vihl, und es vergaften sich dahr-an nicht alein di gemeinen leute, sondern auch di fohrnähmsten und geistlichen selbst. In schwähren und gefährlichen krigen lihssen si einen gefangenen von däm folke, damit si krihg führeten, gewafnet härführ-trähten, welcher mit einem Deutschen oder Sachsen, auf seine weise gerüstet, kämpfen muste. Wehr nuhn unter disen zweien di ober-hand behihlt, desselben folke schriben si den sihg zu.

Dises sei also mit kurzen von der alten Deutschen ahrt, gebräuchen und sitten: nuhn wül ich meinem Fräulein auch von der heutigen etwas erzählen: derer stand, wäsen und gebräuche in allen ländern, jah fast in allen Stätten, unterschihdlich ist. Es wärden aber di Deutschen in zwe stände fohr-nähmlich ab-geteilet.

[202] Der ehrste Stand ist der Geistliche, zu welchem teils fürstliche, teils adliche, teils bürgerliche und gemeine geschlächter beförtert und erhoben wärden. Es würd ein geistlicher, sonderlicher ein Prädiger und öffendlicher Beichtvater, an keinem ort' und in keinem lande höher und ansähnlicher [264] gehalten, als in Deutschland. Fohr allen andern fölkerschaften aber ehren di Meissner (welche sonsten di aller-ehr-erbütigsten vnd fräund-sähligsten leute in ganz Deutschland sein, und gleichfalls auch di aller-lihblichst' und reineste sprache haben) ihre Geistlichen so hohch, daß auch di kinder auf der strahssen, denen solche furcht gleichsam angebohren ist, fohr ihnen erschrökken, mit den hühten in den händen stok-stille stähen, wan si etwan fohr=bei-gähen, und sich schäuen in ihrer gegenwart etwas laute zu ruhffen; jah, wohr-über man sich noch mehr verwundern mus, di sonst unbändigen kriges-gurgeln und Soldaten selbst, wan si an einem orte, sonderlich auf hohen schuhlen, in besazzung ligen, wüssen nicht, wi si di geistlichen genug ehren sollen; dan wan irgend ein gezänk' und un=frid' unter ihnen ist, und nuhr ein geistlicher in seiner ansähnlichen langen tracht, wi es an denen örtern gebräuchlich ist, fohr-über gähet, so schweiget ihderman fohr grohsser ehr-erbütigkeit stille; si teilen sich von ein-ander, stähen auf, und grühssen ihn mit sehr demühtigen und gleichsam untertähnigen gebährden. Jah, es haben di geistlichen unter den gelährten di ober-ställe; und dahähr kömt es, daß di von Adel, ja oft Frei-herren selbst, sich zu Prädigern gebrauchen lahssen, und in der götlichen weusheit nicht alein üben, sondern auch öffendlich lähren.

Der andere stand ist der wältliche, welcher widerüm geteilet würd, ehrstlich in den herlichen, unter welchen der Erz-her der ganzen wält, der Römische Käser, di Kuhr-fürsten, Herzoge, Mark=grafen, Land-grafen, Grafen, Freiherren, u.a.m. gerächnet wärden; dahr-nahch in den ahdlichen, dahr-unter di Ritter und ädel-leute begriffen sein; Zum dritten in den stand der gelährten, dahr-unter di Lährer auf den Hohen-schulen, di Fürstlichen [265] Beamten, und dehr-gleichen, gezählet wärden. Zum vihrten in den bürgerlichen, dahrunter ehrstlich, di Rahts- und Bürgermeister, [203] Herren und bedihnten der Stat, dahr-nahch di kauf-leute, und ändlich di Hand-wärker gehören. Zum lätsten in den stand der feld-läbenden, unter welchem di Bauren, und tage-löhner begriffen sein.

In allen disen ständen nuhn würd auf kein ding mehr gehalten, als auf di freien künste; und di aller-schlächtesten leute, wan si nuhr so vihl kosten auf-bringen können, schikken ihre kinder nicht alein zur öffendlichen schuhlen, sondern halten ihnen auch noch über das zu haus' einen absonderlichen unter-weiser und anführer. Etliche wänden alle güter, und was si in ihrem vermögen haben, dahr=an, und gedänken, wi es auch di gewüsseste wahrheit ist, daß ihre kinder dehr-mahl-eins reich genug sein, wan si ihnen vihl reichtühmer und schäzze der unstärblichen und unvergänglichen weusheit gesamlet, und zu wäge gebracht haben.

Di von Adel befleissen sich auch in ihren jüngsten jahren auf nichts anders, als ehrstlich, auf freie künste, si unter-suchen di geschichte, wärden beläsen in wält- und Stat-sachchen, üben sich in sprachen; dahr-nahch wan si älter wärden, so begäben si sich auf Reisen, lärnen aller-hand ahdliche Ritter-spihle, als föchten, ringel-rännen, pfärde-tummeln, piken schwüngen, fahnen führen, schühssen, sprüngen, rüngen, und dehr-gleichen; und ändlich, wan di ältesten brüder di gühter in besiz=tuhm nähmen, so begäben sich di jüngsten entweder in den krihg, oder ligen weiter den freien künsten ob, daß man si här-nahch am Käserlichen, an fürst- und grähflichen höfen, zu ehren-dihnsten und bestallungen beförtern könne: Dan sonst, wo si nichts tüchtiges in den freien künsten getahn haben, so würd ihnen manches schlächten mannes, ja [266] manches bauren sohn, dehr seine sachchen so hohch gebracht hat, daß er eines fürstlichen Hohf-rahts ställe beträten kan, fohr-gezogen.

Si führen ihren ahdlichen stand meisten-teils auf dörfern, da si ihre Schlösser und sizze haben, welche bisweilen so schöhn erbauet, und mit schlos=gräben und mauren befästiget sein, daß sich kein König schähmen dürfte, dahr-auf zu wohnen. Solches tuhn si meistig aus libe der freiheit, in=dähm si solcher-gestalt keinem andern dürfen [204] nahch=sähen, und selbsten meister und Herren in allen ihren geschäften und verrichtungen sein können. Si halten sich sehr prächtig, und ist ihnen auch vergönnet einen grohssen stand zu führen.

Das ahdliche Frauen-zimmer hält sich däm Fürst-und grähflichen in der tracht und kleidung gleich, ausgenommen, daß eine Jungfrau von adel nicht so vihl gold und ädle steine tragen darf, als ein fürstliches Fräulein. Si tragen meisten-teils alle mit-einander flügende lokken und zu felde geschlagene hare, welches sonst andere Jungfrauen, wo si keine vom adel sein, nicht tuhn dürfen. Di Töchter der Hohch-gelährten auf Hohen schulen, und der fürstlichen Rähte, mögen sich zwahr denen von adel gleich halten, ob ihre ältern gleich von schlächter abkunft, und nuhr durch ihre kunst und geschikligkeit zum adel gelanget sein; aber man fündet gleich-wohl sehr wenige, di es zu tuhn pflägen. Güldne ketten, arm-bänder, sammet und seiden-zeug (welches keiner gemeinen bürgers tochter gestattet würd) tragen ihrer vihl; aber di kleider auf eine andere ahrt, als di von gebuhrt ahdlich sein, mit kurzen schauben, oder wi es di Landes-ahrt und tracht mit sich bringet: dan däs Fürst- grähf- und ahdlichen Frauen-zimmers tracht und kleidung kömt schihr durch das ganze Deutsche Reich in allen ländern über-ein; da här-gegen di [267] trachten der andern Stände fast in allen Stätten unterschihdlich sein.

Unter däm Mansfolk' ist fast kein unterscheid, ausgenommen (ich räd' alhihr von denen Stätten, di unter eines Fürsten boht-mässigkeit sein) di kaufleute und gemeinere bürger, welche solche köstliche zeuge zu ihren kleidern nicht tragen dürfen, als den höheren ständen vergönnet ist. Wan aber ein Kaufman, oder ein anderer, seinen Sohn auf der Hohen schuhlen in freien künsten unterhält, so ist ihm, so lang' er den Freien künsten obliget, wohl vergönnet, daß er sich einem von adel gleich halten mahg; dan ein gelährter Jüngling hat di gröhsseste freiheit, als ein mänsch immer-mehr haben kan.

Di-jenigen, so auf Hohen schulen läben, sein keiner läbens-strahf unter-worfen (ich räde von denen zu Witten-bärg [205] und Leipzig;) und si mögen auch tuhn was si wollen, so haben si doch solche freiheit, daß ihnen kein Stats-diner ein hahr krümmen darf, vihl weniger einige gewalt antuhn. Haben si gleich einen entleibet, oder noch eine gröhssere taht begangen, so darf man si doch nicht höher strahffen, als mit dem banne: dan das läben würd ihnen nimmer-mehr genommen, wo man nicht di grohssen freiheiten, di solchen Hohen schulen von den Römischen Erz-herren gegäben sein, schwächchen und vernichtigen wül.

Was nuhn di Künstler und Hand-wärker betrüft, so würd den Deutschen von allen Geschicht=schreibern das lohb gegäben, daß in keinem reich' und lande der wält so träfliche meister, und deren nicht wenig, sondern in grohsser anzahl fohr-handen sein, gefunden wärden. Man lahsse di einige und wält-berühmte Stat Nürnbärg auf-träten, und sähen, was si uns fohr träfliche künstler dahr=ställen würd, als ih-mahls unter der Sonnen ge-[268]läbet haben. Di von Chine sein träfliche scharf- und kluhg-sünnige köpfe, dehr-gleichen man sonsten nicht fündet; aber wan ich dise mit jenen vergleichen solte, so würden di Deutschen, wo nicht in allen, doch in den meisten kunst-stükken, di ober=hand behalten. Di nüzliche Trukkerei, das schähdliche büchsen-schühssen, so vihl schöne kunst-und uhr-wärke haben alle di Deutschen erfunden, wi=wohl ihnen di Chineer dehrgleichen auch zuschreiben. Ist unter den Malern und künstlern der ganzen wält wohl ein solcher über-aus-träflicher man ih- mahls gewäsen, als der weit-bekante Albrecht Dürer von Nürnbärg? aber was halt' ich mich noch lang' in solchen weit und breit bekanten sachchen auf, und erzähle meiner Schönen das-jenige, was si schohn zu Venedig, da man di meisten lihb=haber aller schönen künste fündet, mehr als al-zu-wohl, würd vernommen haben.

Was nuhn schlühslich di Kriges-händel betrüft, so mus ihderman bekännen, daß di ähdlen Hohch=deutschen von ihrer fohrfahren gebuhrts-ahrt, in disem falle, nicht einen fuhs-breit ab-gewichchen sein. Dan es haben sich ihrer so vihl hundert tausend, jah so vihl, daß es fast ungläublich scheinet, so wohl zu aus-als inländischer fölker krigen, gebrauchen lahssen. Di aus-ländischen und fremden Fölkerschaften [206] liben si ihrer träue, stand-fästigkeit und helden-muhtes so sehr, daß si auch Fürsten und Könige zu ihren fohr-nähmsten dihnsten beställen.

Der Papst oder Ober-erz-vater zu Rohm, der König von Spanien, der König von Frankreich, der Grohs-fürst von Florenz, und andere grohsse Herren mehr, brauchen nicht alein di Hohch-deutschen zu ihren krigen, sondern si tuhn ihnen auch noch di ehre, daß si zu ihrer ehrsten Leibwachche, di solcher grohssen Herren leib und läben zu bewah-[269]ren hat, keine andere fölker als Hohch-deutsche (welches gemeiniglich Schweizer sein) zu nähmen pflägen. Ja si sein des kriges so begihrig, daß si auch (gleich wi ihre uhr-ältern getahn haben) den ausheimischen fölkern, als den Nord-türken (un=angesähen daß solche bluht-gihrige, verfluhcht' und Gottes-vergässne mörder und räuber, ihr vater=land in den grund verdärben und verwühsten) in der mänge zu-lauffen.

Es ist auch männiglich bekant, was fohr eine macht di Deutschen Fürsten auf-bringen können. Als der Grohs-türke di käserliche Haubt-stat Wihn in Oester-reich belägerte, so zohg ihm Käser Karl, der Fünfte dises namens, mit 90000 zu fuhss' und 30000 Reitern entgegen. Maximiliahn der Andere boht ihm das häubt mit 100000 zu fuhss' und 35000 reisigen. wan man sich nahch unsern zeiten zu-wändet, so mus man führ den grohssen hehren erschrökken, di man zeit däs 1619 jahres, da sich diser izige krihg entsponnen, auf dem Deutschen boden gesähen hat.

Der Kuhr-fürst von Sachsen hatte fohr 8 jahren alein 50000 auf den beinen, welche, wi ich mit meinen augen gesähen habe, di aller-bästen und ansähnlichsten Soldaten waren, di ein Kriges=haubt immer-mehr wündschen mahg; und fast in einem jahre dahr-nahch alle mit ein-ander in der Marke zerschlagen, verhungert und vernichtiget worden. Wehr wül des Herzogs von Beiern und anderer Reichs-fürsten (von däm Käserlichen Folke wül ich nicht sagen) so vihl und grohsse Kriges-läger hähr-rächnen? wehr wül alles folk, das in den zwo Leipzigschen, in der Lizischen, Nördlingischen, Wit-stokkischen und andern haubt-schlachten innerhalb zehen oder zwölf jahren gebliben ist, zählen können?

[207] Aber, meine Schöne, diser angebohrne muht zu [270] föchten, wi nüzlich und löblich er fohr disem den Deutschen gewäsen ist, so schähdlich und verdamlich ist er ihnen wider-üm zu disen zeiten: da sich di Deutschen Fürsten unter-einander selbst auf-räuben, und das eine teil mit den ausländischen fölkern wider ihr eigenes vaterland in verbündnüs trit, und dässen untergang beförtern hülfet. Jah ich kan es mit rächt seinen untergang nännen; in=dähm di schöhnsten Stätte, di lustigsten und prächtigsten Schlösser und Herrenhäuser muhtwüllig, nicht alein verwühstet, verbrant und eingeäschert, sondern auch gahr geschleiffet wärden. Der himmel erzittert dafohr, di wolken wärden bewäget, di stärne lauffen betrübet, di sonne verhüllet ihr antliz, der mahnd erblasset, und di irdischen uhrwäsen erböben; wan si schauen und sähen di bluhtigen und nimmer-mehr-verantwortlichen verwühstungen. Mich deucht als wan ich izund sähen könte, wi di allerschöhnste gegend üm Torgau und Dresden här-üm mit ihren aller-lihbligsten wisen, mit ihren an-nähmligsten lust-wäldern, mit ihren schönsten weinbärgen, mit ihren befruchtesten feldern und lustigsten gärten, fohr trauren ihr antliz entzühet, und ihre schöne schlösser, di izund so un=mänschlicher weise, ganzer sechs meilen üm Leipzig härüm, geschleiffet und nider-gerissen wärden. O wi wahr hat Filip Melanton fohr hundert jahren zufohr gesagt, als er dise schöne Gegend, di wohl mit rächt ein irdisches Paradihs, ein Himmel der irdischen Götter, und schau-plaz aller lust und ergäzligkeit heissen mahg, mit weinenden augen an=gesähen hat; O wi jammert und kränket es mich, daß dise schöne gegend noch ein=mahl in der Türken hände kommen sol! Wan izund diser täure Man noch läben solte, so würd' er di erfüllung seiner fohr-sage mit augen [271] ansähen, und ohne zweifäl dafohr erschrökken; sonderlich wan er erfahren und hören würde, daß es nicht alein Kristen, sondern auch gahr Glaubens-genossen und geistliche bunds-verwandten wären, di solchen heiligen bund verläzzen, und wider alles rächt und gewüssen so unmänschlich handeln. Aber was wül ich mein libes Vater-land, dähm ich an schöhnheit und aller behähgligkeit keinem lande, so vihl ich ihrer auch gesähen [208] habe, vergleichchen kan, noch lange betauren! es ist unsers Gottes gerächte strahf-ruhte; sonst könt' es nicht mühglich sein, daß uns unsere eigne Glaubens-genossen so verfolgeten. Es würd uns der erzürnte Himmel, wan er seinen zorn gelöschet hat, wohl wider gnädig anblikken.

Der Rosemund lühffen indässen über solcher erbärmlichen räde di trähnen mildiglich über di wangen, und dise Schöne betrübete sich aus grohssem mitleiden so sehr, daß auch Markhold gezwungen ward mit seiner erzählung auf zu höhren.

In-dähm si nuhn also sahssen, und das arme Deutschland bejammerten, so kahm ein knabe zur Rosemund, und über-reicht' ihr ein schreiben, welches di Adelmund geschriben hatte. Weil nuhn dise Schöne in etlichen wochchen keine zeitung von ihr gehabt hatte, so wahr si nicht wenig erfräuet dahr-über, und konte kaum so lange warten, bis es aufgebrochchen wahr. Markhold selbst und di schöne Stilmuht vergahssen aller ihrer traurigkeit so plözlich, daß si fohr grohssem verlangen zu wüssen, was dässen inhalt wäre, durch di gebährden ihre fräude gnugsam an den tahg gaben. Mitler-zeit hatte si solches eröfnet, und verlas' es fohr ihren ohren folgender gestalt: [272]


Der Adelmund

Schreiben

an di

fräundsälige

Rosemund.


Mein Fräulein,


Nahch-dähm der kleine wüterich der verlihbten härzen das meinige, nahch so langem warten, ändlich ein-mahl befridigen, und das feuer, das er in meinen glidern angezündet hat, mit seiner gewüssen nahrung versorgen müssen; so hab' ich nicht unter-lahssen können, mein trautes Fräulein mit solcher angenähmen zeitung zu erfräuen. Dan wi ich mich zum höchsten erfrölichen würde, wan ich erführe, daß ihr der Lihb-reiz, dehr ihr schohn fohr einer guhten zeit mark und beine gerühret hat; ein-mahl so hold sein solte, daß es mit ihr zur ändlichen würkung gedeien möchte; so weus ich auch gewüs, und bin dässen mehr als alzu wohl versichchert, daß si sich über das lang-gewündschte [209] glük ihrer tohd-fräundin nicht weniger erfräuen würd. Kurz, si sol wüssen, daß uns bei-[273]de, mich und meinen Lihbsten, das ungewitter der Libe, nuhn-mehr in den hafen eingeworfen, und in eine solche lihbliche wind-stille versäzzet hat, daß wihr uns, allem ansähen nahch, keines sturmes mehr, dehr uns scheiden könte, bis in den tohd zu befahren haben. Jah wihr sein nuhn-mehr ohne sorgen, und wündschen nicht weiters, als daß meine Fräundin gleiches glükke beträffen möchte. Mein Lihbster flöhet fohr den Markhold, und ich fohr si, dehr-gestalt, daß zwo stimmen und zwe wündsche, wi-wohl si unterschihdlich sein, doch auf einen zwäg zilen. unsere Hochzeit wäre noch vihl lustiger ab-gelauffen, als es geschähen ist, wan wihr nuhr si und ihren Markhold zugegen gehabt hätten. Aber er wahr al-zu weit entfärnet, und si däs-wägen in solcher bekümmernüs, daß ihnen beiden di be-schaffenheit ihres zustandes nicht gestatten wolte, unserem ehren-feier bei zu wohnen. Solt' er aber mitler-zeit, wi ich verhoffe, widerüm zu-rük-kommen sein, so versähen wihr uns ihrer beider kurz-künftigen anhähr-kunft, dahr-üm wihr dan höhchlich bitten. Mein Lihbster lässet ihnen sämtlich seinen ehren-gruhs und dihnste vermälden, und ich wärde si auch bitten, daß si ihrem Markhold, dem [274] Hern Vater, und allen den ihrigen meine un-ermüdete wülfärtigkeit zu verstähen gäbe. In-dässen läbe si wohl, und ich verbleibe


meines hohch-geehrten Fräuleins

stähts-dihnst-ergäbene


Adelmund.


Bei verläsung dises brifes veränderte di schöne Rosemund di farb' ihrer wangen fast augen-bliklich; bald erblasste si fohr angst und hofnung; bald erröhtete si sich wider, beides fohr schahm und eifriger libe, welche di verrähter der heimlichen härzens-schlühsse, di augen, als gewüsse zeugen, gnug=sam zu verstähen gaben. Di seufzer, welche aus ihrem härzen un-aufhöhrlich über sich stigen, und mit gewalt här-führ-brächchen wolten, hätte si fohr der schönen Stilmuht gärne verborgen gehalten, und bemühete sich auch mit aller kraft ihnen den wähg zu verlägen. aber si waren so stark und so häftig, daß si es nichts däs-zu-weniger an ihrem lispeln und hin-fallender stimme wohl vermärken konte, wi ihr zu muhte wahr. Der gaumen ward von ihrer auf=steigenden hizze fast ganz aus-getruknet, und der mund blihb bisweilen, in-dähm er ohn unterlahs luft schöpfen muste, und sich fast nihmahls schlühssen konte, mitten im worte stähen. [275]

[210] Markhold sahe solches alles mit nicht geringem mitleiden an, und di Stilmuht selbst wahr ihrent-halben auch nicht wenig betrühbt; dan si kont' ihr unschwähr ein-bilden, unter welchen rosen, und an welchem glide, di binen mit ihren achchelnden pfeilen ihre Rosemund verlätset hatten.

Als si nuhn nahch verläsung solches schreibens noch ein wenig mit-ein-ander gesprachet hatten, so nahm Markhold seinen abschihd, und begahb sich wider nahch Amstelgau, da ihm äben ein brihflein von seinem guhten Lands-fräunde, dehr sich zu Reinwurf auf-hihlt, eingehändiget ward. Diser rähdliche Deutsche fühgt' ihm zu wüssen, daß er gesonnen wäre sich wider-üm in Frankreich zu begäben, und zu Parihs eine zeit-lang auf zu halten. Weil es aber un-mühglich wahr, daß er seinem lihbsten Markhold fohr seinem abreisen zu-sprächchen konte, so baht er ihn, daß er doch di müh-waltung auf sich nähmen, und ihn aufs eheste, wo es ihm nicht un-gelägen kähme, besuchen möchte, dan er hätte sehr noht-wändige sachchen mit ihm zu räden.

Markhold wahr nahch verläsung solches schreibens also-bald des schlusses, daß er sich nächst-künftigen morgens, auf di reise begäben wolte. In-mittels gedacht' er noch immer an seine libe Rosemund, und wiwohl sich fohr seinem so kurzen abreisen sehr vihl zu verrüchten fand, so unterlihs er doch nicht, seiner gelihbten auch einige zeit zu widmen. Mit solchen lihblichen verzükkungen bracht' er auch seine reise zu, und kahm also fast unvermuhtlicher weise zu Reinwurf an. Weil ihm nuhn di gelägenheit selbiges ortes über-aus-wohl gefihl, so entschloß er sich, eine zeit-lang daselbsten zu verharren, damit er in solcher stillen lust seiner bücher däs zu bässer abwarten könte: Dan, so lang' er zu Amstelgau wahr, so verstöreten ihn [276] teils seine tähglichen fräunde, teils auch das alzu nahe beisein der härz-entzükkenden Rosemund. Aber er konte gleich-wohl nicht lang' in solcher stille läben; di schreiben diser Schönen, und das stätige anhalten, daß er ihrer beider fohrnähmen zur ändlichen fol-sträkkung möchte kommen lahssen, verunruhigten ihn dehr-gestalt, daß er bis-weilen aus grohssem weh-leiden nicht wuste, was er begünnen solte. Di fohr augen schwäbende unmühgligkeit[211] machte si beider-seits über-aus-betrübet. Es hatte das ansähen, als wan si nimmer-mehr ihres wundsches könten gewähret wärden, als wan ihnen alle himlische kräfte zu-gegen lühffen, und solches verhängnüs schohn von ewigkeit hähr über si wäre bestimt worden.

Di träu-beständige Rosemund, di sich nuhn nicht mehr wolte tröhsten lahssen, und ihres unerleidlichen zustandes wägen, an ihren leibes-kräften sehr abgenommen hatte, begunte von tage zu tage unbäslicher zu wärden, und mühete sich so sehr, daß si ändlich ganz lagerhaftig ward, und in eine schwähre krankheit geriht.

Die fohr-belihbten wangen verfihlen; di augen warden gleichsam wi mit einem blauen gewäb' üm=gäben, und lagen schon sehr tühf in ihren winkeln; die aller-schönsten lippen, di ein mänsch ih-mahls mit augen gesähen hat, verblichchen wi eine rose zur zeit des heissen mittags; di rägen glider, der rasche gang, di über-aus-lustige gebährden, di anmuhtige höhfligkeit, di härz-entzükkende leibes-gestalt, waren ganz verlasset, und spihleten fast das gahr-aus; der reine klang ihrer so lihblichen stimme ward heisch und unverständlich; ja der ganze leib fleischte sich von tage zu tage so sehr ab, daß si mehr einem schatten als mänschlichem leibe gleich sahe.

Dem Hern Vater, welcher solches alles mit-an-[277]sahe, und di uhrsachchen ihrer lagerhaftigkeit wohl wuste, begunt' es al-gemach zu räuhen, daß er solche harte bedüngungen fohr-geschlagen hatte. Aber wi bekümmert er auch wahr, so kont' er sich doch nicht entschlühssen, seine fohrschläge fahren zu lahssen oder zu lindern. Er kahm si auf eine zeit zu besuchen, und frahgte, was si von ihm erheischte; er gelohbt ihr alles zu gäben und alles zu bewülligen, was ihr härz wündschte, und was ihm zu tuhn mühglich wäre, dan er hatte si über-aus-lihb. Aber es wahr üm-sonst, daß er seiner lihbsten Tochter mit solchen lihblenden worten auf-hälfen wolte. Dan si wuste wohl, daß ihm seine al-zu-harte stand=haftigkeit nicht zulahssen würde, daß er ihr nuhr dasselbe, welches si einig und alein wündschte, gestatten würde. Er wolte si bald mit disem, bald mit jenem tröhsten; er suhchte vihlerhand aus-flüchte, [212] seinen harten sün zu entschuldigen: aber ihr wahr nichts tröhstlichers als der tohd, welchen si in seiner gegenwart oft wündschte.

Der alte Her wolt' ihr solches aus dem sünne räden, und führt ihr zu gemühte, daß si doch bedänken solte, in was fohr bekümmernüs si ihn stürzen, und was fohr härzeleid si ihm über den hals zühen würde: ja er sprahch ihr so erbärmlich zu, daß si fohr weh- und mit-leiden weinen muste.

In-dässen nuhn, da si also rädeten, kahm der abänd här-bei, und di sonne neugte sich mit sehr betrühbtem ge-sichte zum untergange, nicht anders, als wan si mit-leiden mit däm gespräche diser beiden gehabt hätte. Der alte Her nahm abschihd und gesägnete seine libe tochter, di ihm vihl liber wahr als alle schäzze der wält, und di nuhn-mehr ohn' einige geselschaft und zeit-verkürzung di lange nacht schlahf-lohs verschlühssen muste.


Aende däs fünften Buches.

[278]

Fußnoten

1 Becman. de Orig. Lat. linguæ. Der Spilende Durchbrächcher in der Gesprähch-spile vihrtem teile. Der Suchende Schottel in der Sprahch-kunst. Munster. l. 3. Cosm. Bertius. Mercator, etc.

2 Genes. 9. cap. 27. vers.

3 Hieronymus in Ebr. quæstion. Euseb. in Chronic.

Sechstes Buhch

Der Adriatischen ROSEMVND
sechstes Buhch.

Der lang-gewündschte tahg wahr kaum angebrochchen, als Markhold seine libe Rosemund zu besuchen anlangte. Di tohr-wärterin kahm eilend gelauffen, solche erfräuliche zeitung unserer kranken an zu kündigen, welche dahr-über so fro ward, daß si ihr eine zimliche verehrung dahr zu reichen befahl. Es ist unmühglich zu beschreiben, wi fro, wi lustig und belähbt sich unsere Schöne bei ihres trauten ankunft erzeugte. Gleich wi ein kohl-garten, der seine stauden bei al=zu-hizzigen sommer-tagen ohn' einig' enthältnüs hinfallen lässet, durch einen lihblichen rägen wider-üm erkwikket würd, und seine verwälkte blätter auf-rüchtet; so ward auch unsere Rosemund durch den anblik ihres Gelihbten so erkwikket, und so erfräuet, daß an ihr keine krankheit, als an dem blohssen auswändigen leibe, zu spühren wahr. di gebährden, wi mat vnd hinlässig si auch zufohr gewäsen waren, warden so lustig, und das angesicht, wi blas es gewäsen wahr, erröhtete sich bei seiner ankunft so sehr, daß man wohl verspühren konte, daß si ihren rächten leib-arzt noch nicht bei sich gehabt hatte, und daß nuhr ein fräundlicher anblik ihres geträuen mehr kraft hätte, als bezoar, gold=trank, und alle köstlichste stärk-mittel aus der arznei-kammer: Si begunte nuhn auch widerüm so zu räden, wi si fohr-hähr gepflogen hatte, und befand sich fast in gänzlicher gesundheit. Ja, [279] nahch-dähm si nuhn in drei tagen fast nicht einen bissen gegässen hatte, so lihs si auch izund allerhand speisen auf-tragen, und täht mit ihrem Markhold, welcher sich bei dem tische, dehr fohr ihrem bette stund, nider-gelahssen hatte, eine guhte mahl-zeit. Das ganze haus-gesinde sahe mit grohsser verwunderung zu, und wahr zum höhchsten erfräuet, daß sich fohr ihre krank-heit so ein guhtes mittel gefunden hätte. Markhold selbst wahr verwundert dahr-über, und suchete noch mehr mittel [214] seine Schöne zu erlustigen. Er bracht' ihr aller-hand kurz-weilige räden fohr, und ergäzte si so vihl, als ihm mühglich wahr. Lätslich erzählt' er auch, auf ihr anhalten,


Eine

Nider-ländische geschicht

von einer ahdlichen Jungfrauen und einem

Rit-meister.


Dise geschicht, sagt' er, di ich meiner Schönen schohn fohr-längst hab' erzählen wollen, ist in wahrheit noch wohl so vihl währt, daß si mein Fräulein wüssen mahg; dan si bildet ehrstlich eine träue Libe zweier lihbsten, dahr-nahch auch di verfluhchte kargheit und eh-zwang der ältern ab.

Es ligt nicht färn von hihr ein Hern-hohf, auf welchem ein fohrnähmer von adel wohnete, dehr ein' einige tochter hatte, und diselbe in ahdlichen tugenden sehr wohl auf-erzühen lahssen. Dise Tochter hatte von jugend auf grohsse fräundschaft mit einem andern von adel gepflogen, welcher si auch nahch-mahls, als er Rit-meister worden wahr, von ihrem Vater zur ehe begährete, und weder eine abschlägige noch gewüs-zusähgliche antwort bekommen hat. Mitler zeit aber, da di sach-[280]chen schohn zimlich lang' in solcher ungewüsheit gestanden hatten, so begahb es sich, daß, ohne den fohr-bewust diser Jungfrauen ein geldrischer von adel, welcher schohn ein alter, aber sehr reicher man wahr, bei ihren ältern üm si anhihlt, und von beiden das jah-wort und di zusage bekahm. Di Tochter aber, als si gefraget ward, ob si ihn begährete? gahb alsobald zur antwort, daß si in alle ewigkeit seiner nicht teilhaftig wärden wolte. Dan, fuhr si fort, wi kan sich ein mänsch zu eines libe zwüngen? und wi sol ich einen solchen lihb-gewünnen, fohr dehm ich abschäu trage? Wan er sich zu ihr nahen wolte, nahch verlihbter leute gebrauch, mit ihr zu schärzen, so stühs si ihn von sich, und wolt' ihm ganz keine gnad' erzeugen. Als si aber sahe, daß si di ältern mit gewalt dahrzu zwingen wolten, so färtigte si ihre dinerin in geheim zu gedachtem Ritmeister ab, fühgt' ihm durch ein kleines [215] brihflein zu wüssen, in was fohr noht si wäre, und baht ihn, daß er doch der alten kundschaft, di er mit ihr gepflogen hätte, eingedänk sein möchte, und si aus solcher angst erlösen.

Der Ritmeister, der sich beides durch lihb' und barmherzigkeit bewogen befand, sagt' ihr seinen mühglichsten beistand also-bald zu; und si lihs ihm alle tage durch ihre kammer-dinerin heimlich brife zu-bringen. Weil aber di Tochter so hart gehalten wurde, daß si nicht ein-mahl von dem hofe hinunter gähen durfte, so schwomm' er in der abänd=dömmerung durch den schlos-graben nahch dem garten zu, dahr-in sich dise armsälige befand, und seiner wartete. Aber si konten in solcher stille nicht lange mit einander sprache halten; dan di hunde, welche seiner alsobald gewahr warden, huben so häftig an zu bällen, daß der alte Vater veruhrsachchet ward in den garten zu gähen, da er nimandes als seiner tochter ansichtig ward. [281]

Dise arm-sälige huhb also-bald an zu zittern, und gahb sich ihres verbrächchens (wan es anders disen namen verdinet) selbst schuldig, dehr-gestalt, daß der Vater unschwähr vermärken konte, daß si ihmand würde bei sich gehabt haben. Er sahe zwahr keinen einigen mänschen, als si alein, dan ihr Lihbster und erlöser hatte sich schohn so wohl verborgen, daß man ihn weder fünden noch sähen konte, gleichwohl lihs er nahch dehr zeit dise arme verfolgte in ihr zimmer verschlühssen, daß si ja mit nimand unterschläuf pflägen möchte. Weil si sich aber noch nicht in seinen wüllen bekwähmen wolte, und man kein antwort, als ein un-nahch-läßliches weinen, von ihr bekahm, so gahb er ihrem alten freier den raht, daß er ihr etliche schaz-stükke von gold und ädlen steinen verehren solte, damit er si vihl-leicht durch solche köstliche gaben zu seinem wundsch er-weichen möchte.

Diser alte wahr gewüs nicht faul: er lihs di aller-schöhnsten ketten, di aller-köstlichsten arm-bänder, di präch-tigsten ringe und anderen weiber=schmuk machchen, und besuhchte si mit solchen über-täuren und grohssen schäzzen, in einem zimmer alein; er gedacht' ihr selbige zu über-reichen, und durch den glanz dises täuren ärz-wärkes di [216] augen zu verbländen; aber er hätte eher gedänken sollen, daß ein solcher auf-gewäkter, frischer und ahdlicher geist, auf solche weise nuhr mehr zum zorn' und unwüllen, als zur gunst und libe, könte gereizet wärden. Dan si wolte seine geschänke durch-aus nicht annähmen, und wägerte sich so lange, bis ändlich Vater und Mutter dahrzu-kahmen, und si mit solchen harten dräu-worten, daß si nimmer-mehr fohr ihr kind solte gehalten wärden, gewaltsamer weise zwangen, selbige an zu nähmen. Aber ach! [282] wan man ein jungfräuliches härze mit solchem zwang' und drang' erweichen sol, so gäht es wohl rächt den kräbs-gang! es ist doch alle mühe verlohren, alle unkosten sein ümsonst, und es heisset, gezwungen eid ist Got im himmel leid.

Wi bitterlich huhb dise bedrängte an zu weinen, als si mit solchen geschänken in ihr zimmer kahm! Si schmis alles über den boden hähr, und traht es mit fühssen; ach! sahgte si und schrie über-laut, wan nuhn der tohd kommen möchte, mihr beistand zu leisten, wi würd' er mihr so ein angenähmer gast sein. aber er flühet führ mihr, damit ich mit disem alten noch länger sol gekwählet wärden: o angst! o kwahl! o jammer! ich gläube nicht, daß ein mänsch ihmahls so armsälig gewäsen ist als ich, und daß di höllen-kwahl häftiger sei, als di meinige. Jah wohl rächt mahg man von unsern landes-läuten sagen, daß si sich al-zu-sehr durch das gäld bezaubern lahssen; der verfluchte Reichtuhm verbländet ihnen in wahrheit di augen so sehr, daß si weder auf libe, noch geschikligkeit, noch tugend achten. Aber meine ältern mögen wüten, wi si wollen, so sag' ich doch kurz und rund, daß ich kein gäld, oder keinen alten eh-kröpel, däs gäldes halben liben kan! ei liber! was müssen dijenigen jungfrauen (derer hihr zu lande, leider! sehr vihl gefunden wärden) [283] fohr eine libe tragen, di nuhr blohs aus lib' und gihrigkeit zum gälde, zur ehe schreiten? der reichtuhm ist ihr Lihbster, oder damit ichs deutlicher sage, der verfluchte gäld-teufel, dehr mich izund auch zu bestrikken gedänket: aber ich schwöre bei [217] meinem GOT, daß er nimmer=mehr teil an mihr haben sol; meine sehle ist vihl zu ädel und vihl zu lauter dahr=zu, daß si sich mit solchen wältlichen un=reinigkeiten beschmüzzen sol.

Als si äben dise worte här-aus-stühs, so kahm ihre kammer-dinerin, si zur abänd-mahlzeit zu ruhffen, hinein, aber si wolt' ihr kein gehöhr gäben, wolt' auch von keinem ässen noch trünken in dreien tagen hören, sondern lägte sich auf ihr lager und weinete von härzen; si seufzete, si klagte, si wimmerleichte so sehr, daß ihr alter freier ändlich gezwungen ward von ihr ab zu lahssen, und sich mit höchstem unwüllen nahch hause zu begäben.

Der Vater sahe solches noch eine lange zeit mit an, und wuste nicht was er begünnen solte. Er hatte zwahr ein wenig mit-leiden mit den trähnen seiner tochter (dan welcher mänsch wolte wohl so hart sein, daß er sich über sein einiges kind nicht erbarmen solte:) aber sein gäld-geiz gahb ihm fast augen-bliklich di sporen, und strängt' ihn solcher gestalt an, daß er sich ändlich entschlos, dise arm-sälige foländ arm-säliger zu machchen. Er nahm ab-räde mit seiner Frauen, daß si auf den andern morgen sehr früe mit ihrer tochter nahch Geldern zu-fahren solte, und si ihrem alten Lihb-haber einhändigen. Damit si [284] aber solches nicht märken möchte, so gaben si fohr, daß si aus lust-wandeln fahren würden. aber di kammer-dinerin, welche von färnen verstanden hatte, daß es nahch Geldern zu gälten solte, brachte solches bei ihrer Jungfrauen an, di ihr also bald schwanen lihs, daß man si zum trauen zwüngen wolte; dehr-gestalt, daß si noch selbigen abänd dem Rit-meister zu-entbüten lihs, daß er sich des andern morgens auf dem geldrischen wäge möchte fünden lahssen, und si aus ihrer noht erlösen.

Der Ritmeister nahm auf den andern morgen fünf reiter von seiner schahr zu sich, und machte sich mit ihnen auf di geldrische hehr-strahsse, da er dan den himmel-wagen, dahr-auf seine Lihbste mit ihrer Frau Mutter sahs, also-bald erblikte. Er machte sich ganz aleine hin-zu, und lihs di reiter von färnen nahch-folgen; Er boht ihnen einen guhten morgen, und frahgte di Mutter, wo si so früh [218] hin-aus gedächten? aber si gahb ihm keinen andern bescheid, als disen, daß er sich dahr-üm nicht zu bekümmern hätte. gemach, gemach! meine Frau, fuhr er fort, es stähet ja noch wohl einem bekanten fräund' eine frage frei; und wi hätt' ich unterlahssen können, si im führ-über-reiten an zu sprächchen, in-dähm es mihr sonderlich un-gewöhnlich führ-kömt, daß ich si bei so früher zeit aus-fahren sähe? Als si ihm aber keinen rüchtigen bescheid gäben wolte, so fing er ändlich zu ihr an und sahgte, daß si doch ihrer Jungfer Tochter vergönnen möchte, zu ihm här-aus zu träten, dan er hätte ihr etwas in geheim zu sagen. was si wüssen sol (gahb di mutter zur antwort) das mahg ich auch wohl wüssen; er sag' es nuhr laut, damit ichs auch höre.

Als er aber noch färner dahr-üm angehalten hatte, und si sich ganz nicht dahr-zu verstähen [285] wollen, daß ihre tochter aus dem Himmel-wagen geträten wäre, so gahb er ändlich seinen reitern einen wink, dehr-gestalt, daß der eine sporen-streichs auf si zu-kahm, und dem kutscher stil-zu halten befahl. Di ädel-fraue huhb an zu ruhffen, und hihs den kutscher fort-rännen: weil ihm aber der reiter den reit-puffer fohr di brust säzte, so ward er gezwungen di pfärde auf zu halten.

Mitler zeit frahgte der Ritmeister di Jung=fraue, ob si ihm nuhn das-jenige, was si ihm bei träu und glauben so fäst versprochchen hätte, halten wolte? und wan si solches zu tuhn gedächte (sahgt' er) so solte si zu ihm här-aus-kommen. Di arm-sälige boht ihm also-bald di hand, und der eine reiter öfnete den schlahg, damit si häraus träten könte. Als nuhn di mutter solches sahe, so fihl si der tochter üm den leib, und hihlt si so fäste, daß ihr auch di übrigen reiter, di zu dem andern schlage hin-ein-kahmen, im abträkken den daumen zerbrachen.

Also ward si mit gewalt aus den armen ihrer mutter här-aus-gerissen, welche ihr ganz erbärmlicher weise nahch-rühf, ach! meine tochter, meine tochter, wült-du mich nuhn so betrüben! wült-du nuhn deine ältern so gahr verlahssen! Dise worte veruhrsachten, daß sich di Jungfrau mit weinenden augen nahch ihrer mutter ümsahe, und gärn widerüm bei ihr gewäsen wäre; aber der Ritmeister sprahch ihr einen [219] muht zu, und sahgte; weil si ehrst so ein härz gehabt hätte, solches an zu fangen, so solte si es nuhn nicht sünken lahssen; jah daß ihr von Got und von den rächten wohl zu-gelahssen wäre, vater und mutter zu verlahssen, und ihrem lihbsten an zu hangen. [286]

Mitler-zeit ward si auf ein pfärd gesäzt, und nahch däm Hern-hause, dahr-auf seine mutter wohnete, zu-gebracht; da si sich dan eine zimliche zeit, in hofnung, daß der vater seinen gefassten zorn und unwüllen würde fahren lahssen, auf-hihlt. Aber es wahr ümsonst, daß man solcher änderung von einem alten geiz-halse wolte gewärtig sein. Es konte nichts bei ihm verfangen, und es wahr äben so vihl, als wan ihn eine gans anpfiffe, wan ihm etwan ein vernünftiger mänsch einräden wolte.

Di geistlichen kahmen ändlich auch dahr-zu, und gedachten di sachche mit gelindigkeit zu schlichten, aber es half nichts; der alte bildet' ihm doch ein, daß seine tochter schuldig wäre, einen solchen zu liben und zu ehligen, dehn er wolte. Er begährte si nicht mehr fohr sein kind zu erkännen; er enterbete si, er wolte si nicht mehr sähen.

Bei so gestalten sachchen nuhn wolte si sich gleich=wohl, wider ihres vaters wüllen, nicht trauen lahssen, und begahb sich, ihm zu gehorchen, nahch Reinwurf in ein haus von des Ritmeisters fräunden; da si der Vater durch einen geistlichen oft=mahls ermahnen lihs, daß si von dem Ritmeister ablahssen, und seinem wüllen gehorsamen möchte; aber es wahr nuhn-mehr vihl schwärer, ihr ein solches ein zu räden, das ihr unmühglich zu tuhn wahr: dan der Ritmeister hatte si ihm durch solche seine träue dihnste so verpflüchtlich gemacht, daß si nimmermehr von ihm lahssen konte. Jah si lihs dem vater, als er noch immer mehr und mehr anhihlt, zu-läzt zu-entbüten, daß si sich schohn fleischlich zu=sammen-gefunden hätten: dan si gedachte durch solche noht-lügen den handel däs zu eher zum aus=schlage zu bringen; wi es dan auch also geschahe.

Der Vater bewülligte lätslich, daß si einander trauen möchten; aber er wolte si nicht mehr fohr [287] sein kind noch erbin erkännen. Er vergahb ihr zwahr solchen ungehohrsam, durch vermittelung ihres kindes, das si von dem [220] Ritmeister bekommen hatte; aber aus der erbschaft schlohs er si in seinem stiftungs-brife gänzlich aus; ihdoch lihs er auf bitten und ansuchen ihrer mutter und fräunde, noch fohr seinem tohd' eine nahch-stiftung schreiben, dahr-innen er si wider-üm einsäzte. Dehr-gestalt, daß si, nahch seinem abstärben, und noch itsiger zeit, di väterlichen gühter besizzet, und das hern-haus mit ihrem eh-manne selbst bewohnet.

Dises, mein gelihbtes Fräulein, ist di wunder=begäbnüs, di ich ihm ohn-gefähr fohr zwe mahnden zu erzählen versprochchen; und ich aus dem mund' eines fohrnähmen Frauen-zimmers, welches selbst mit dahr-bei gewäsen ist, als sich solches begäben hat, vernommen habe.

Ich mus in wahrheit bekännen, huhb di Rosemund hihr-auf an, daß es eine rächt-wunderliche geschicht ist, und ich hätte nicht vermeinet, daß es alhihr in disen Niderlanden solche hart' und unbarmhärzige ältern gäbe. Ach! mein Fräulein, fihl ihr Markhold in di räde, man fündet si noch vihl unbarmhärziger; ich habe nuhr näulich eine freierei von einem von adel und einer fohrnähmen bürgers-jungfrauen erzählen hören, da der Vater seine einige tochter, damit er ihr das mutter=teil, so sich auf ein zimliches belühf, nicht häraus gäben dürfte, an ketten hat schlühssen lahssen, als er vernommen hatte, daß si sich verehligen wolte. Dan der geiz hat alhihr so sehr über-hand-genommen, daß auch ofter-mahls di alten buklichten läute noch bis in ihre gruben hin-ein däm gälde tahg' und nacht nahch-trachten, und nicht aufhören, si fahren dan dahrmit ganz und gahr zur höllen hin-unter. [288]

Man pfläget ins gemein von den hohch-deutschen zu sagen, daß si ehr-gihrig, hohch-mühtig sein, und führ und führ nahch ehren zu sträben pflägen, wi es dan di lautere wahrheit ist; aber hin-gegen das gäld liber hinten-an-säzzen, und sich des wohl-standes befleissigen; von den Niderdeutschen wül fast das wider-spihl erfolgen, weil si an ihrem reichtuhme so hart und fäste kläben, daß si fast mit keiner gewalt dahr-von zu bringen sein, und sich vihl liber in dem stünkenden schlamme der nidrigkeit und unehren härüm wälzen, wan si nuhr den weiss- und gälben koht [221] besizzen können, als nahch ruhm und ehren sträben. Dahähr kömt es oft-mahls, daß manche zahrte jungfrau von ihren ältern, in-dähm si nicht auf tugend und geschikligkeit, sondern auf den blohssen verfluhchten reichtuhm sähen, so übel verehliget würd, daß si in ihrer ehe keine fröliche stunde, wan si nähmlich bei einem solchen büffel und äsels-kopfe das junge, lustige läben verschlühssen mus, zu gewarten hat. Vihl-mahls geschihet es, daß solche eh-gatten, nicht alein das ihrige, sondern auch dasselbige, was si mit ihrer frauen bekommen haben, verprassen und verschwänden, oder doch sonst unfohrsichtiger weise durchbringen; dehr-gestalt, daß si beider-seits, da si doch kurz zufohr sehr reich wahren, in di schmählichste armuht gerahten. Vihl-mahls trägt es sich zu, daß ein solches junges weib, wan si von ihrem tummen, filzigen manne nicht rächt [289] kan bedinet wärden, einen andern suchet, und den ihrigen tapfer behörnet: ich kan si nicht verdänken, sondern wil vihl=mehr ihren ältern di schuld gäben, di si bässer hätten verheurrahten sollen.

Mein her dörfte däm nider-deutschen frauen=zimmer wohl eine guhte lähre gäben (huhb di Rosemund mit lächlen an) und ich weus gewüs, di männer wärden ihm höchlich dahr-führ danken. Aber ich möchte wohl wüssen, wi sich das Frauen=zimmer von seinen unbedachtsamen ältern so un=billiger weise kan zwüngen lahssen? ich solte einen solchen mänschen, zu dehm ich keine libe, noch fräundschaft, noch gunst trüge, nimmer-mehr ehligen können: wan ich gleich alle meine gühter, und mein ganzes erbe verlühren solte; ich wolte liber durch das feuer gähen, und den tohd erkühren, als einen eh-gatten, wider meinen sün und wüllen nähmen. Ach! was mus das fohr ein eländes jämmerliches läben sein! ach behühte mich mein Got dahr=führ! Ich kan mihr fast nicht einbilden, daß ältern können gefunden wärden, di solcher Zitischen und wilden ahrt sein, daß si ihre leiblichen kinder, nuhr däs blohssen guhtes wägen so zwüngen, und ändlich wohl gahr zur höllen hin-unter bringen dürfen.

[222] Man hat dehr-gleichen begäbnüsse gnug fohr augen, gahb Markhold zur antwort, und man erfähret es noch tähglich, wi der rasende geld-teufel in den gemühtern der betahgten herschet und wütet. ja er machchet si so blind, daß si fohr däm schimmern däs goldes, und flinkern däs silbers nicht sähen können, was [290] guht oder böse, was gleich oder krum ist. di finger an den händen erstarren, und stähen zum gäld-scharren und raffen stähts gekrümmet. Ich kan in wahrheit nimmer-mehr gläuben, daß ein solcher tol-sünniger, gäld-geiziger und karger filz, nuhr so vihl ruhe hat, daß er einmahl mit an=dacht bähten möge.

Ich kan es auch äben so wenig glauben (fihl ihm Rosemund in di räde) dan wi sol es mühglich sein, daß ein solcher mänsch, dehr auf seinen reichtuhm so gahr erpicht ist, daß er weder tahg noch nacht ruhen kan, seine gedanken zu Got im himmel länken könne. Der gold-klumpen zühet di härzen der mänschen an sich, gleich wi der libes-stein oder magneht das stahl; und man darf sich nicht muht-wüllig solchem laster unterwärfen, es fündet sich ohne dis mehr als al-zu-vihl.

So dürfte sich kein einig mänsch der kaufman=schaft befleissigen, fihl ihr Markhold in di räde, weil man sich solcher gestalt muhtwüllig dem gäld-wucher unterwürft. Jah freilich (gahb Rosemund zur antwort) dan, damit ich mit der h. schrift räde, wi ein nagel zwischen der wand; so stäkt di sünde zwüschen dem käuffer und verkäuffer. und man läse nuhr di ganze h. schrift durch, und suche, ob ein einig ding so sehr verdammet würd, als der überflüssige reichtuhm: unser heiland und sälig-machcher wül di reichen fast ganz aus seinem erbe-teil aus-schlühssen. di lanz-knächte, di doch sonst von der izigen wält fast verdammet wärden, haben noch ihre verheissung, und wärden in der schrift selbst mit allerlei lohb-gesängen geprisen; [291] di gelährten, wi Daniel sagt,sollen im ewigen läben leuchten wi des himmels glanz, und di rächts-beförderer wi di stärnen immer und ewiglich: aber di reichen kauf=leute zu Tihr' und Sidon warden dagegen [223] wenig geprisen, und auf nihmand eifert di schrift und der mund der wahrheit so sehr, als auf si. Der reichtuhm ist der sprüng- und brun=kwäl alles bösen und aller laster, di nahrung der füllerei, der hurerei, der pracht und anderer üppigkeit.

So wül mein Fräulein (fing Markhold hihr=auf an) den reichtuhm so gahr verdammen? Reichtuhm und reichtuhm ist zweierlei, gahb si ihm wider zur antwort, es mahg ein mänsch wohl reich sein, und kan doch sein gewüssen unbefläkt bewahren; der reichtuhm, dehn uns GOT im schlahffe gibet, dehr ist der rächte; wan wihr nicht sorgen, noch mit angst und bekümmernüs dahr=nahch sträben. Aber wihr vertühffen uns in disem gespräche zu sehr, da wihr doch di zeit zu lustigern räden anwänden solten.

Gleich bei fol-ändung diser wächsel-räden kahm der Her Vater in das zimmer hin-ein, seine libe tochter zu besuchen, und wahr über alle mahssen erfräuet, als er si so lustig und so mundter antrahf. Er entfing auch den Markhold, als den einigen heiland und artst seiner tochter, mit nicht geringen fräuden. di lust und fröhligkeit sahe man in seinem gesichte so scheinbahrlich entworfen, daß si kein maler künstlicher fohr- und ab-bilden kan. Er wuste nicht, wi er sich gegen den Markhold gnugsam bedanken solte, daß er di müh-waltung auf sich genommen hätte, seine unbäs-[292]liche tochter nicht alein zu besuchen, sondern auch zu solcher märklichen bässerung zu verhälfen. Dan er konte leichtlich sähen, daß ihr nuhr alein durch ihn wahr geholfen und gerahten worden, und daß er der einige mitler und wänder ihrer krankheit wäre.

Das älteste Fräulein, Stil-muht, kahm ändlich auch dahrzu, und wahr äben so sehr bestürzet, als der alte Her, da si ihre Schwäster in solchem verbässertem zustande sahe. Si unter-hihlten einander etliche stunden mit aller-hand gesprächen, und es hätte sich noch länger verzogen, wo si nicht der här-zu-nahende abänd gezwungen hätte, von ein=ander zu scheiden. Markhold must' also seine Lihbste gesägnen, und sich mit dem alten Hern wider nahch Amstelgau begäben, da er sich kaum drei oder vihr tag' auf-gehalten hatte, als di Rosemund schohn zu einer solchen fol-ständigen[224] gesundheit gelanget wahr, daß si ihn noch fohr seinem abreisen selbst besuhchte.

Es ist unmühglich zu beschreiben, wi das haus=folk über solcher jähligen änderung so höhchlich erfräuet ward; und was der Her Vater noch selbigen abänd fohr lust-spihle beställen lihs. Es ward in der dömmerung ein solches lihbliches stirn- und seiten-spihl gehalten, daß der ganze garten da-von fol ward. ja es wahr über-al in däm ganzen hause solche fräude fohr-handen, weil sich di götliche Rosemund wider wohl auf befand, daß das gesinde lange zeit so frölich nicht gewäsen wahr. Aber wi frölich, wi lustig auch dise geselschaft immer-mehr sein mochte, so ward doch Markhold ändlich gezwungen, si zu verlahssen, und seinen wähg des andern tages widerüm nahch Reinwurf zu zu nähmen.

Di Rosemund wahr mit solchem geschwünden ab-reisen nicht wohl zu friden; aber der wohl-stand [293] und ihre angebohrne zucht und höhfliche schahm wolten ihr nicht so vihl gestatten, daß si sich däs=wägen gegen den Markhold beklaget hätte. Di augen gaben zwahr mit stummen räden an den tahg, was si in ihrem härzen wündschte; aber si hatte nicht so vihl macht über ihre zunge, daß si solches ihr anligen här-aus gesprochchen hätte. Di matten blikke ihrer betrühbten augen kahmen mit den hin=fallenden gebährden und ihrer schwachchen stimme dem wohlstande so ahrtig zu hülfe, daß man dises götliche bild nihmahls so lihblich, so ahrtig und so libes-entzükkend gesähen hatte, als da si sich in solchem zustande befand. Wan ein mahler di trühb=säligkeit und das weh-leiden ab-bilden wolte, so könt' er in wahrheit kein bässeres gleichnüs und äbenbild dahr-zu fünden, als wan man si in solcher gestaltnüs entworfen hätte.

So bald si in ihr zimmer aleine kahm, so säzte si sich auf das bette; ach! sagte si, zu was fohr einem grohssen unglükke hat mich nuhr der ungeneugte himmel erzihlet, und was würd mihr noch ändlich fohr ein ungestümes verhängnüs über den kopf kommen! ich kan di vihlheit meines unglükkes nicht zählen, es träkt immer eines das andere, dehr-gestalt, daß [225] ich seinem wüten unaufhöhrlich unter worfen bin. wan sich nuhr di stunde meines tohdes härzu nahen möchte, so wolt' ich zur ewigen vergnügung von hinnen fahren, weil ich doch di zeitliche nicht fünden kan. o eländes, o erbärmliches läben! andere suchen ihre vergnügung in den irdischen schäzzen und [294] reichtühmern; ich aber, ob ich dise gleich habe, so kan ich doch jene nicht fünden. alle schäzze der wält, alle reichtühmer und alle herligkeit halt' ich vergänglicher und vihl geringer als rauch. was ich begähre, das hab' ich; was ich wündsche, das säh' ich fohr meinen augen: aber dehr einige schaz, dehr mihr so manche trähnen und so manchen kummer veruhrsachchet, dehn kan ich nicht erlangen, wi sehr ich mich auch dahr-üm bemühe. Ich darf nuhn nicht mehr hoffen, daß sich mein verhängnüs ändern wärde: es ist aus; aus ist es, und ich wärde das ände bald sähen.

In-dähm si solche worte mit seufzen här-aus gestohssen hatte, so lahg si eine guhte weile stok=stille, nicht anders, als wan si in ohnmacht gefallen wäre. Di augen waren halb eröfnet, der mund verblasset, di zunge verstummet, di wangen verblichchen, di hände verwälket und unbewähglich; ja der ganze leib lahg eine guhte zeit gleichsam ganz geist- und sehlen-lohs. ändlich erhuhb si sich widerüm, und sahgte mit sehr klähglicher stimme; Jah mein unglük ist noch vihl gröhsser, als ich mihr einbilde, indähm es auch zugleich noch ein anderes erwäkket. ich bin armsälig, und verarmsälige dehnjenen, dehm ich alle libe, alle fräundschaft und träue zu leisten geschworen habe. wan ich noch alein unglüksälig wäre, so solte mich mein unglük nicht so sehr betrüben; aber weil [295] ich weus, daß ich meinen Gelihbten auch dahr-ein stürze, so kan ich mich der häftigsten betrühbnüs nicht entäussern, und wärde mich nimmer-mehr zu friden ställen.

Als si solches gesahgt hatte, so ging si hin-unter in den garten, da si noch eine guhte weile ganz alein här-ümwandelte, und sich in solchen tühffen gedanken befand, daß [226] si der einfallenden nacht kaum gewahr ward. Di Sonne wahr nuhn-mehr ganz unter-gegangen, der mahnd stund mit seiner hälfte zwüschen den stärnen, und schauete diser trühbsäligen mit traurigem gesichte zu: der himmel selbst wahr aus mit-leiden entställt, und di wolken wusten nicht (so als es schine) ob si eilen oder gahr verzühen solten.

Rosemund lihs sich lätslich entkleiden, und begahb sich in solcher trühbsäligkeit zu bette. Aber es wahr nuhr ümsonst, daß si ihren kummer durch den schlahf zu verjagen gedachte. Dan er hatte sich in ihr härz schohn solcher gestalt eingesänket, daß er so bald nicht zu vertilgen wahr. Si brachte fast di ganze nacht schlahf-lohs durch, und wahr auf den morgen so unlustig, daß si sich schohn widerüm etlicher mahssen unbas befand. Der Her Vater besuhchte si sehr fleissig, und bemühete sich mit aller macht, seine libe tochter widerüm zur fol-komnen gesundheit zu bringen. Aber es konte si nihmand tröhsten, als ihr einiger trohst, der nuhn-mehr schohn wider entfärnet wahr. Si ward von tage zu tage schwächcher, und hatte von däm nuhn an fast keine gesunde stunde. Der Her Vater wolte si auch nicht widerüm von sich hin-aus auf das land lahssen, sondern lihs ihr ein sonderliches zimmer zu=richten, dahrinnen ihr nahch mühgligkeit könte gedinet wärden. [296]

Mitler-zeit ersuhchte si Markhold sehr oft mit schreiben, und erhihlt auch alle-zeit antwort; aber waren di seinigen fol trohstes und hofnung, so waren di ihrigen fol trühbnüs und verzweifelung. Si konte sich ganz nicht beräden lahssen, daß noch einige hofnung fohr-handen wäre: di unmühgligkeit schwäbet' ihr einig und alein fohr augen, und machte si über-aus klein-laut. Gedachte si an den anfang ihrer libe, so räuet' es si, daß si sich eines solchen unter-wunden hätte, das si nuhn nicht fol-bringen könte: Erwohg si den fort=gang, so ward si betrühbt; betrachtete si das ände, so erzitterte si, und es wahr ihr leid, daß si es nicht ändern konte. Nichts aber kahm ihr schmärzlicher fohr, als daß si keinen einigen mänschen hatte, dehm si ihr anligen und weh-leiden klagen dorfte; dan Markhold wahr nicht zugegen; Adel=mund, dehr si sonst alle ihre heimligkeiten, di si unter ihrem härzen verborgen truhg, entdäkket [227] hatte, wahr al-zu-weit entfärnet; dem Hern Vater konte si nichts dahrvon sagen; und ihre Schwäster wolte si es auch nicht wüssen lahssen; dehr-gestalt, daß si nihmand hatte, dehm si ein teil ihrer bekümmernüs auf-bürden könte.

Solcher-gestalt ward di wunder-schöne Rosemund ihres jungen läbens weder sat, noch fro, und verschlos ihre zeit in lauter betrühbnüs. Was aber mehr von ihr zu beschreiben ist, und wi es ändlich mit ihrer krankheit hin-aus-gelauffen, das würd eine von ihren guhten Fräundinnen selbst auf-säzzen, und der träu-liben den wält vihl-leicht öffendlich zu läsen gäben. Mihr wül dannenhähr nichts mehr gebühren, als daß ich das-jenige unberühret fohr-bei-lahsse, was ihr eine vihl-geschiktere hand schohn zu beschreiben fohr-genommen hat. und es ist ohne dis mehr [297] als alzu vihl, daß ich mich hab' erkühnen dürfen, ihre heimligkeiten zu offenbahren. ih-doch weil es solchem götlichen mänschen-bilde zu nichts, als zu einem unstärblichen namen, gereichen sol; so würd es ein ruhm-und tugend-libendes Frauen-zimmer in allem bästen vermärken, und mit mihr zu allen zeiten erhöben das rühmliche gedächtnüs der über-mänschlichen Adriatischen ROSEMVND.


AENDE.

[298] [228]

Filip Zesens von Fürstenau Lustinne, der un-vergleichlichen ROSEMUND

Auf di ROSEMVND
Auf di
ROSEMVND.
i.
Der blumen schahr, mit grohsser zihr bekränzet,
Des länzen lust, der bihnen aufenthalt,
Wovon der plahn der ärden jährlich glänzet,
Ist zwahr fol schmuks; doch stürbet si gahr bald.
ii.
Der Echo brunst, di blühte des narzissen;
Di Tulipahn, der Lilien keusche pracht
Vergäht und schwündt: jah wovon wihr nuhr wüssen,
Würd durch das recht däs stärbens hingeschlacht.
iii.
Wan es nuhn wahr, daß alles mus verbleichen,
Was nicht bestäht durch schrift und klugen geist;
So kan kein tohd, di Rose-mund erreichen,
Di dise Schrift däm stärblich-sein ent-reisst.

Der Mundtere.
[301]
[230]
An di über-irdische ROSEMVND
An di
über-irdische
ROSEMVND.

Kom, ädle Rosemund, komt hähr ihr Amstelinnen,

ihr töchter bei der Lech, ihr lihblichen Lindinnen;

der kühle mäi komt auch, der jahr-markt aller lust,

und zeugt der frohen wält di wider-junge brust.

Kom schöne Rosemund, kom unter dise linden,

lahs mit der windters-zeit den schwären unmuht schwünden,

und gihb mihr günstig zu, daß ich auf disen tahg

fohr deiner Amstel-burg von libe süngen mahg.

Des Himmels keusche braut, di ärd', ist schwanger worden,

der weisse west vertreibt den sauren wind von norden.

der wider-grüne wald krihgt ohren und gesicht;

der frechche wider-ruhf schweigt auch sein klagen nicht. [302]

Bluhminne stükt ihr kleid mit tulpen und narzissen;

di hiazinten-blüht schühsst auf bei klahren flüssen,

wor-in das klähglich' ach annoch geschriben stäht:

der lor-behr-baum grühnt auch, auf dehn kein donner gäht.

Der Bluhmen-käserin, di rose, so fohr zeiten

auf keinem dornen stund, begünnet aus zu breiten

der blätter blasses roht, da noch der feuchte kus

(durch dehn di morgen-röht ihr purpur leihen mus)

di fahlen furchen zeugt. Di vogel höhrt man süngen,

und ihr- und unsrem Gott' ein morgen-ständlein bringen;

es zwitschert jah so schöhn di sühsse nachtigal,

bald brummet si den grund, und züht den mittel-schal

bald hohch, bald über-hohch. man höhrt di buhlen-lider,

das lust-folk gattet sich mit schnäbeln hin und wider;

da sich das hürten-folk ins kühle grühne säzt, [303]

und eine schähfferin mit ihrem buhlen läzt.

Das stumme schupen-hehr sprüngt, klitschert, sträucht und leichet

in seiner warmen fluht: der reh-bok über-schleichet

di hindin unvermärkt; er hökkert, hüpft und sprüngt,

und ist in seiner brunst. jah alles, alles bringt

[231]

dis jahr mit liben zu. Di kräuter sein verlibet,

Forst, wisen, tahl und fels zur libe sich begibet.

Lustinne schlägt nuhn auf ihr frohes libes-zelt,

wo Lihbreiz, als ihr sohn, zum Zeltner ist beställt.

Es tanzen üm si rüm di fräundlichen Holdinnen,

di ihre zohffen sein, di Hold-sün-räuberinnen.

ihr wagen stäht alhihr, ihr wagen fol rubihn,

dehn durch di graue luft zwe weisse schwäne zühn.

Den reichs-stuhl säh' ich auch, dahr-auf Lustinne sizzet,

di Libes-königin, und durch di lüfte blizzet, [304]

fohr dehr ein grohsses folk demühtig nider-kniht,

da Lihb-reiz üm und üm mit güldnen pfeilen sprüht.

der weih-rauch steigt entpohr. man sihet auf den höhen

di gaben angeflammt in follem rauche stähen.

Ganz Deutsch-land stället nuhn der Freien feier ahn,

und süngt, auch in der angst, so, als es nih getahn.

Ich wül nicht lätster sein. Lustinne lahs mich sprächchen

von dihr und deinem sohn; lahs aus dem munde brächchen

das sühsse zukker-wort; kom, schärfe meinen sün,

kom, wezze meinen geist, du sünnen-gäberin.

Di fäder rührt sich schohn, di mihr der kleine schüzze

aus seinen flügeln gahb, verzukkert an der spizze,

di nuhn so lihblich knarrt, daß manches jungfer-bild

di zahmen ohren neugt, di fohr-mahls mehr als wild.

Das auge, das sonst star, siht man fohr libe glimmern,

wan auf däm weissen blat di schwarzen dinten schimmern, [305]

di mit dem Azidahl, der blau-belihbten fluht,

Libinne selbst vermischt, das tuht den augen guht.

Wohlan! weil ich fohr-längst zu süngen dich erläsen,

so süng' ich, Freie, dich, doch nicht dein ganzes wäsen;

es ist zu hohch fohr mich: mein geist verfleugt sich nuhr,

und kömmt durch so vihl wäg' aus seiner rächten spuhr.

Der Grich' ist zweifälhaft; der Römer hats verlohren,

und weus nicht rächt, wi, wan und wo du bist gebohren.

der Deutsche gläubt gewüs und schreibet einerlei,

daß seine Freie blohs von Deutschem bluhte sei,

Istevons Eh-gemahl, dehr von dem Man und Sonne

sein ehrstes wäsen hat, der Deutschen lust und wonne;

ja dehr im deutschen reich der vihrde könig wahr,

[232]

und nahch ihm hat genännt der Istevoner schahr.

Was machst-du, Griche, nuhn? mein! sage, wo Schauminne [306]

(wi du di deine nännst) ihr ehrstes sein gewünne?

der name zeugt es an, wi dehr von Sulmo sprücht,

daß si des himmels bluht und salz-schaum bracht' ans lücht.

Di perlen-muschel auch ist mutter, amm' und wagen,

als di si durch das mehr nahch Zipern zu getragen,

al-da das Lust-kind ihr als-bald entgegen ging,

und seine meisterin zum ehrsten mahl entfing.

Vihl Röhmer sagens auch; di ihre Venus ehren,

und durch di Tichterei ihr hohes lohb vermehren.

doch sein si nimmer eins; was einer izund sprücht,

das hat er oft-mahls selbst schohn anders üm-geticht't.

O Venus, was sahgst-du? wo bistu hähr gebohren?

hast-du dein Vaterland und ältern dan verlohren?

ist keine mutter da? wi? ist's Dione nicht,

di dich von Jupitern gebracht ans tage-lücht? [307]

O jah, si ist es auch: drüm heist-du Dioninne,

du feuchte Venus du, du himlische Lustinne.

Was aber höhr' ich noch? was schreibt uns Plato führ,

was sahgt Pausanias und Zizero von dihr?

Bestähet dan dein reich auf dreierlei personen,

di alle sein gezihrt mit unterschihdnen kronen?

da eine götlich ist, und wohnt in got al-ein;

di ander himmelisch, und nümmt den himmel ein;

di dritte von der wält, di irdisch ist und heisset,

und di beleibte fehl' zu zähmen sich befleisset.

di lätste, di bist-du, du Sehlen-herscherin,

di dises ganze rund beherscht von anbegün.

Du bist es, di Ovihd und Saffo so geprisen,

du bist es, dehr di wält ganz-götlich' ehr erwisen,

du bist es, di ich süng, du bist es nuhr alein, [308]

dehr so vihl bärge, büsch' und brunnen heilig sein.

Dehr so vihl länder, bäum' und stätte sein geweihet;

du bist es, dehr man nichts als schöne bluhmen sträuet.

di mirte kömt dihr zu; di ros' ist deine lust,

di manche jungfer trägt inzwischen ihrer brust;

mit welcher si gemach der buhler augen beizet,

und manche geile hand zum falschen griffe reizet:

[233]

da dan der kleine schalk, dehr nuhr auf list bedacht,

so dein und Hermes sohn, in seinen köchcher lacht.

wan sich di röhtin pflägt aus ihrer burg zu machchen,

züht fohr der sonnen auf in purpur und scharlachen,

und durch ihr gold vergüldt das silber auf der se,

dan gäht dein schöner stärn und flinkert in der höh

fohr ihren strahlen hähr. jah wan si se-wärts steiget

und üm das schlahf-gemach der schönen sonnen fleuget, [309]

di schohn in sühsser rast, so siht ihr auch von färn

mit fahlem munde nahch dein schöner abänd-stärn.

So ehrt dich Jupiter. Du kanst di Götter zwüngen,

und an das saure Jogh der sühssen libe bringen.

du bist es, di aus krihg den ädlen friden macht,

weil dich der kriges-her fohr seine Göttin acht't.

Des tichters stränger geist, di sühssen wütereien,

di eifer-folle brunst, di ihn der wält entfreien,

(wan er so klühglich ras't, entmuhtet seinen muht,

enthärzt sein irdisch härz, und nichts als götlichs tuht)

bestähn auf vihrerlei; auf libe, kunst und deuten

was künftig sol geschähn, und tühffen heimligkeiten.

das ehrste würkest-du, du wez-stein der vernunft,

drüm ehret dich so hohch der tichter grohsse zunft.

Mein! schaue Deutschland an, wi seine Boberinnen [310]

so fräundlich lachchen zu den lihblichen Muldinnen,

di fohr-mahls eingeschlähft, und nuhn durch dich erwäkt,

auf ihrem Helikon ihr zeuchen auf-gestäkt,

das mit der kriges-fahn' auch üm di wette flüget,

und mitten in der angst däm andern folk' obsiget.

Ein hohes lohb führ si; ein höhers noch führ dich,

du deutsche Freie, du. Dein Folk erhöbet sich,

stürbt ab der stärbligkeit, steigt wi di palme pfläget

im prässen mehr entpohr. Schau an wi sich bewäget

der deutsche Helikon, wi unser Mars auf-klümmt,

der Held von Boberfeld di sühsse laute stimmt,

dadurch ein stählern härz mit-leidendlich mus wärden,

des muhtes unmuht schwündt, und reisst sich von der ärden

zu dähm, was himlisch ist. Kom, schaue, wi dich ehrt,

das ganze deutsche reich, und andre süngen lehrt; [311]

wi Hübner ehrst begünnt; der währte Held im krigen

[234]

und süngen meister würd; wi dich nahch wohl-begnügen

der grohsse Buchner ehrt, der durch-erleuchtte Man,

dehm sich kein Zizero noch Maro gleichen kan.

Der grund-gelährte Bahrt hat auch auf deutsch gesungen,

und Flämming aus-getrükt, was manchem auf der zungen

zwahr ist, doch kläben bleibt. Der Wäkkerlein süngt mit,

so vihl als ihm vergönnt. Venator, Köhler, Schmid,

Mein Rumpler und mein Weinz; di mit den beiden Böhmen

di fäder eingetaucht in Aganippe ströhmen:

Hahrsdörfer, Oleahr, mein Rist, mein Petersohn,

mein Schottel, Finkeltaus, dehr seine lorbehr-krohn

mit mirten hat vermischt: Lund, Tzepko, Schneider, Grummer,

Freinzheimer, Hartman, Tihz vergraben ihren kummer

in unsre tichterei. Mein Brähm' und Hahneman, [312]

Jah Schweiniz, Heinsius und Plav süngt was er kan.

Mihl, Herman, Tscherning, Dach und Golau spilen alle:

Mein Schlüter, Bachman, Weiss' und Rinkart gähn mit schalle

den wähg der ewigkeit. Des Buhchholz kluger geist

ümschreibt das schöne buhch, mit dähm sich Vogel reisst

aus seiner stärbligkeit. Woaus! mein geist, halt innen,

halt in, und mäld' auch an di ädlen tichterinnen,

da-durch das Deutsche Reich und seine Freie blüht,

di Lachmund süngen lährt, und Fräudiginn' erzüht.

Schau' auf, Lustinne, schau, wi dich di Schwarzin ehret,

tanzt üm den mirten-stok, und deinen ruhm vermehret;

wi di von Rosentahl, di ädle Parnassin;

wi di von Hohendorf; Sofie Vismarin;

jah wi dich Hildegond von Westohn so besünget,

auf hohch- und nider-deutsch di libes-seiten zwünget;

wi dich di Duhm-waldin so rühmlich macht bekant, [313]

daß auch von Braunschweig ab ins reiche Niderland

ihr klahrer tohn erschallt. Schau, was di Schöne tichtet,

und wi si dihr ein lob bei aller wält anrüchtet;

wi jenes Adel-bild dort von der Guhten an

dich ehrt und andre mehr, di zwahr von deinem tau

entnüchtert, doch vihlmehr im dunkeln spilen wollen,

und lahssens keinen sähn, wan si der libe zollen:

drüm bin ich wüllens stum, verwundre mich nuhr sehr,

als ich mich wundern mahg, und nänne keine mehr.

[235]

Noch eins. ei liber schau! wi alle deine sachchen,

di ädle Magdalehn von Beverfurt kan machchen,

und graben nahch der kunst dein bild in kupfer ein,

daß auch Pirgoteles ihr lährling selbst wül sein.

dis alles kömmt von dihr, und würd durch dich getriben,

dis alles würkest-du, du starke kraft im liben, [314]

du himmels-fürstin du, du macht- und eifer-kind,

di allen mänschen ab- (ja göttern selbst) gewünnt.

Däs lobes alp, der neid, vermahg dich nicht zu trükken,

di götter müssen sich fohr dihr, Lustinne, bükken:

wihr arme ligen gahr und fühlen deine macht,

wihr sein, wan du begünnst, bei läben tohd geacht.

Der glider kraft verschwündt, der leib fäht an zu zittern,

wihr seufzen ach und weh, wan Lihbreiz pflägt zu kittern:

wihr lauffen, wan er kömmt; wihr weinen, wan er lacht,

di zunge stummet sich; so bald sein boge kracht.

di hare stähn bärg-an. Di röhte streicht den wangen

ihr feuer-zeuchen auf, wan du uns hältst gefangen:

das auge zeuget Ihr mit stummen räden ahn,

den innerlichen sün, und lässet manche trahn.

Wan du uns bildest fohr di schöhn-vermeinte Schöne, [315]

so schwizzen wihr fohr angst, das ohr ist fol getöhne,

di lüchter sein halb blind: der Antioch würd krank,

das feuer-folle bluht verdoppelt seinen gang,

steigt aus der läber auf, wo du, Libinne, sizzest,

du härzens-herscherin, das ganze bluht erhizzest;

kömmt dan Stratonize, so häuffet sich der kwäl,

der schlahg würd ungestühm, und schläget mehr als schnäl.

Dein Naso lihs't den brihf mit zitterlichen händen,

dehn ihm Zipasse bringt, kan nichts zurükke fänden

als nuhr ein blohsses ach! du reizest Alkmans geist,

daß er zu allerehrst sich aus den schranken reisst,

und schreibt ein buhlen-lihd. Alzeste stürbt aus libe,

daß nuhr Atmetus lähb'. auch was Petrarche schribe

der schönen Laure zu; daß Orfeus sein gemahl

aus Plutohns schwarzer burg mit seiner harfe stahl, [316]

das ist der libe schuld. Als Brutus ward erstochchen

hat seine Porzie sich an ihr selbst gerochchen,

und kohlen eingeschlukt. Gunilde stahch sich tohd

[236]

bei Asimundus grab. Pantee kahm in noht

als Abradat verblich. Laodamie wolte,

daß si nuhr noch ein-mahl den schatten küssen solte

des tohdten eh-gemahls; so eifrig wahr di lib',

daß si auch bei däm grahb' im küssen tohd verblib'.

Achilles lidte vihl üm seiner Briseis wüllen,

und konte seine Lihb an keiner andern stillen.

Viktorie gläubt noch, daß si ihr Ferdinand

nach seinem tode lihbt, so sehr ist si entbrant.

Zu-vihl ist ungesund. Halt nuhr ein wenig inne.

und wüte nicht zu sehr, du starke Lihbs=lustinne,

di fülle macht zu sat, und satsamkeit verdrus, [317]

und diser töhdtet gahr durch satten über-flus.

doch du hast keine schuld. Daß wihr mit weinen lachchen,

das kan ein frechches weib mit geilem leibe machchen;

daß wihr im läben tohd, bei kummer lustig sein,

ist unser wül und wundsch. wihr selbst sein unsre pein

und eigener verdärb. Den ganz verkährten wüllen

mus ihm ein frommer mänsch durch keusches läben stillen,

nicht sähn auf eitle lust, auf äusserlichen schein,

noch selbst in solcher sucht zu sehr vertühffet sein:

sonst möchten ihn vihl-leicht franzosen überschleichen,

das Neapohlsche weh, di fürstin aller seuchen.

Nizete läbet noch, di reiche Rodope,

di Tais von Atehn, di geil' Aspasie.

ja Frine macht auch selbst den raht sinopissiren,

Zirehn' hat ausgelärnt di jugend zu verführen [318]

in zwölferlei gestalt. wi manche Metra rafft,

guht, bluht und ehre fort mit ihrer falschen haft!

Drüm wäg du geile wält, ihr buhlerischen frauen,

di uns ins angesicht mit frechchen augen schauen,

di unsrer sehlen nichts als nuhr ein ir-wisch sein,

und führen in den sumpf der lästerlichen pein.

wehr kan gesichchert sein, wan sich Franzinne schminket,

und mit verbuhlter stirn' und geilen augen winket;

di auf französisch' ahrt gleich wi ein affe tuht,

di fremde näurung lihbt, und zeugt den wankel-muht,

in-dähm si nicht so oft ein weisses hemd' anläget,

als si das ober-kleid des tahgs verändert träget.

[237]

di frommen mein' ich nicht. ich sähe nuhr auf di,

di jenen buhlern nahch mit follem munde schri:

komt, lahsst uns lustig sein, das bett' ist schohn geziret, [319]

di walstat ist bereit, das bol-wärk auf-geführet:

di mein' ich, di nichts tuht. ein wohl-gebildtes weib,

das uns nuhr lüstern macht, entblöhsst den geilen leib,

ist ein gemeiner bal, den buhlern ein verlangen,

den ältern eine schmahch, dem mann' ein köstlichs prangen,

der andern frauen has: di sich den ganzen tahg

mit fremden sachchen schmihrt, auf daß si blinken mahg:

di sich mit ötter salbt, das aus dem nabel schwöret,

aus bisem-kazzen fleusst, und ihre schöhnheit mehret;

di fohr ihr angesicht des luchses pisse nüzt,

di er aus neid vergrähbt; di küh-drek-wasser sprüzt

auf beide wangen hin, sich schöhn und glat zu machchen;

di seiden-würmer-koht und vihl dehr-gleichen sachchen,

mit hauffen samlet ein, schlähfft kaum di vihrteil nacht,

mit schwarzen schwedichen ihr antliz weisser macht,

und wäschet sich mit milch. Dis wüssen jene weisen, [320]

drüm wül Diogenes gahr keine fraue preisen,

und als er sah ein weib am feigen-baum' erhänkt,

sprach er; säht disen an, was er fohr früchte schänkt!

o möcht' ein ihder baum dehr-gleichen früchte tragen,

so könt' ein man noch wohl von guhtem glükke sagen!

Pitagoras, dehr auch dem feinde schlimmers nicht

als seine tochter gönnt, weus auch von ihrer gücht.

Kurz. si sein stähts bemüht der männer härz zu zwüngen,

und samt däm ihrigen in noht und tohd zu bringen,

weil ihre geile gluht nahch keinem andern dürst't,

daß fast fohr grohsser hizz' ihr flammend härz zerbürst.

Lustinne, so du kanst, sprüng bei den armen fehlen,

di sich in ihrer gluht so ängstigen und kwählen.

weust-du kein mittel nicht? sol wohl zu solcher pein,

zu kühlen ihre gluht laktuke dihnstlich sein? [321]

damit du den Adohn, dein libes Lihb bedäkket,

und unter ihrem kraut' und stauden hast verstäkket?

soll's wohl der Kamfer tuhn, den sonst di Nonne braucht,

des Nikots scharfes kraut, das aus dem munde raucht,

und trüknet das gehirn? sol kümmel da=fohr dinen,

[238]

ein trank von kaltem schneh mit blaulichten rosinen?

es mahg wohl etwas sein: ich halte ganz daführ,

daß nichts als mähssigkeit zerstöhrt di Lihbs-begihr.

Doch lahsst uns nicht so gahr di libes-lust vertreiben;

das mittel ist das bäst', und würd das bäste bleiben.

wehr ganz nicht liben wül, dehr läbet ohne lücht,

wehr al-zu-eifrig lihbt, hat sähend kein gesicht.

Man mus nicht al-zu-vihl das bluhmen-beht besprühen,

im fal di bunte tulp' und nälke wohl sol blühen.

zu wenig, oder nichts, kan auch nicht dihnlich sein; [322]

das mittel-mahs schänkt uns das satte gnügen ein.

Der himmel, wan er izt in trähnen ganz zerflühsset,

und auf den räben-stok di kalten ströhme gühsset,

würkt keinen sühssen trunk: jah, wan der sonnen-strahl

zu hizzig brännt und flammt, und rägnet nicht ein-mahl

wi sol di traube dan mit most geschwängert wärden,

di annoch zahrt und klein? so wan das rund der ärden

di ganze weite wält ganz lihb- und eh-lohs stäht,

wehr ists, dehr zweifeln wül, daß si nicht gahr vergäht?

Drüm, Lachmund, sei gegrühsst, Lustinne, sei wül-kommen,

der Amstelinnen schahr kömmt an den strand geschwommen,

der Nord-stärn blizt uns an. Trit Rosemund härführ,

du götlichs mänschen-kind, dein Markhold ist alhihr.

kom ädle Rosemund, neug' ihm di zahrten ohren,

dehm du zu liben nuhr so lihblich bist gebohren, [323]

dehr ist es, dessen sün dein trauter Pilgram ist,

und des gedanken du di stähte walfahrt bist.

kom, nüm den rosen-kranz, du rose diser zeiten.

der libes-knaben hehr verfühgt sich dihr zur seiten.

Brüch an, du ädles lücht, und zihre disen tanz,

bestrahle dise zunft, du aller strahlen glanz.

Dich hält Venedig zwahr, der stätte Käserinne,

als tochter lihb und währt; doch wüsse, daß Deutschinne,

dich, über-mänschlichs bild, noch währt- und höher hält,

und dihr zu lihb' ihr sohn dis lust-spihl angeställt.


[239] Oedipus,

oder

Entwükkelung etlicher fremden namen

und ahrten zu räden.


Ich zweifle nicht, es wärde der Läser straks im ehrsten anblikke dises getichtes, teils fohr verwunderung erstarren, teils aus grohssem verlangen begirig sein zu wüssen, was das spannäue wort Lustinne bedeute. Dahr-üm sei er berüchtet, [324] daß wihr di königin der libe (sinte mahl unser augen-märk ist, guht deutsch zu räden, auch di ertichteten Götter und mänschen, wo immer mühglich, in angebohrner sprache zu benamen, ih und alwäge gewäsen) nicht mit dem lateinischen namen Venus, oder Grichischen Afrodite, sondern vihl-liber mit unserer eignen zungen Lustinne, oder (wi er uns von den alten deutschen ist hinterlahssen worden) Freie benamen wollen: auch daß ihr sohn der Grichen Eros, und Römer Cupido oder Amor, den namen Lihb-reiz oder Lust-kind, üm daß er von ihderman däszu bässer könne verstanden wärden, über-kommen. Mehr dehr-gleichen wärden uns in der folge zu entknöhtelen aufstohssen; als:

In der 13. zeile, Bluhminne. Dise ward von den Römern unter dem namen Flora, oder Chloris, als eine göttin der bluhmen verehret. wihr könten si auch von ihrem gemahl dem West, Westinne; wi si di heidnischen tichter vom Zefihr, Zefiritis, nännen.

14, und 15. Di hiazinten blüht, u.w.f.Hiacynthus war ein schöner jüngling, welchem Föbus eine spihl-scheibe zuspilete, dadurch er im al-zu-geschwünden auf-fangen verläzzet, stürbt, und vom Föbus aus mit-leiden in eine purpur-färbige lilie, dahr-ein er seine seufzen und des jünglings namen schreibt, verwandelt würd. Ovihd im 10. seiner üm-gestaltnüsse.


Ipse suos gemitus foliis inscribit: & AI, AI

Flos habet inscriptum: funestaq; litera ducta est.


und etliche zeilen fohr-hähr:


Tempus & illud erit, quo se fortissimus Heros

addet in hunc florem; folioque legetur eodem. [325]


Teokrit: Νῦν ὑάκινφε λάλει τὰ σὰ γράμματα καὶ πλέος Αι Αι.

λάμβανε τοῖς πετάλοισι – – – –


dahähr gibet Virgihl zu rahten auf:


Dic; quibus in terris inscripti nomina regum

nascantur flores? – – – – – – –


Also wärden nuhn dise bluhmen hiazinten (gleich-sam als ἴα cynthi Föbus-violen, oder lilien) genännet, in welchen noch, fohraus in den purpur-rohten, di buhch-staben Αι, Αι, oder ach, gahr eigendlich zu sähen sein.

[240] 16. Dioskorides und Avizenna sagen, daß der lor-behr-baum (in welchen Dafne, wi Ovihd im ehrsten buhche bezeuget, ist verwandelt worden) von keinem donner-schlage berühret wärde. da-hähr der mehr als mänschliche, himmels-flammende Flämming, an Herzog Fridrichen zu Schleswig und Holstein, solcher mahssen:


wi wan das wetter blizzet,

und auf den dikken wald di donner-keile sprüzzet,

di steinern eiche spällt, der füchten kraft zerbrücht,

blohs an den lohr-behr-baum wahgt sich kein donner nicht.


17. Di bluhmen-Käserin, di Rose,] Achilles Tahz erzählet im andern buhche aus der Tichterin Saffo gesängen in ungebundener räde, dises: wan Jupiter den bluhmen einen könig hätte gegäben, so herschete unter ihnen di rose. dan si ist der ärden zihrraht, der pflanzen schmuk, der wisen röhte, eine schimmernde schöhnheit. Si ist lihb-reizend, der Lustinne versöhnerin, mit schönen blättern geziret, mit ädlen zweigen belustiget: des west-windes angenähmer kälch. Basihl im buhche von der Schöpfung sagt: daß di rose sonder dornen gewachsen sei; dan si wären ehrst nach des mänschen fall', ihm zur strahffe, den rosen-stökken angewach-[326]sen. fast auf disen schlahg schreibet Augustihn im 1. buche von der schöpfung, wider di Manichäer, in der 13. abhandlung. Besihe auch des Kononhehrs Fohrwüzzigen unter-rücht, am 219. blate.

37. Di Holdinnen] also nännen wihr di drei Grazien, Charites, oder Charitinnen, des Jupiters und Eurimones; oder, wi etlichen belihbt, der Venus töchter: welche als göttinnen der huld' und dankbahrkeit, und fohr der Venus kammer-jungfrauen gehalten wärden. Ravisius Textor im Schau-plazze am 847. widerüm am 1. und 67. blate Horahz:


Iunctæque nymfis Gratiæ ducentes

alterno terram quatiunt pede.


40. Der Lustinnen oder Venus wagen sol von zwe schwanen gezogen wärden. Stahz im 1. buche:


– – thalamique ingressa superbum

Limen Amyclæos ad frena citavit olores.


Di Tichterin Saffo im gesang an di Lustinne eignet ihrem wagen di unkeuschen sperlinge zu: andere, zwo weisse tauben.

59. Azidahl ist ein brunnen bei der stat Orkomehn in Beozien, der Libinnen geheiliget.

69. Istevons eh-gemahl:] Istevon, wi Scheräus am 215. bl. bezeugt, ist der vihrte könig der Deutschen gewäsen, und hat di Freie zum gemahl gehabt, welche fohr di deutsche Venus gehalten und geehret ward. Dahähr das wort freier, freien, das ist, ehlichen oder trauen, wi auch der frei-tahg, als dehr ihr geheiligt ist, entsprungen. Er ist vihl-leicht des Mans, welcher einer von den uhr-fort-pflanzern däs deutschen bluhtes sein sol, und der Sonnen sohn gewäsen. Tazitus gedänket in seinem [241] büchlein von der alten Deutschen gebräuchen und hähr-kommen, daß von ihm di Istevonier ihren uhrsprung genommen hätten. [327]

73. Schauminne, oder Afrodite, das ist, schaumigte: also nännen di Grichen ihre Lustinne, oder Venus; weil si, wi Pausanias sagt, in einer Perlen-mutter vom salzichten mehr-schaum' und bluhte des himmels entfangen und gebohren sei, darinnen si härnahch in der Stat Pafos, im in-lande Zipern angelanget, und den Lihb-reiz oder Kupido, dehr si daselbst ehrst-mahls wül-kommen geheissen, zum ädel- und ehren-knaben bekommen habe. Lilius Girald und Fest sagen, daß si zu-ehrst in der muschel am Inlande Ziteren angeschwommen sei: Homerus schreibt, der West oder Zefir habe si ohne muschel in Zipern angeführet. Museus im Leandern. Horahz im 4. b. 11. lide. Tibul b. 1. Klahgl. 2. Ovihd und di meisten tichten, daß si ohne mutter aus dem salzichten schaume gebohren sei. Apelles hat si auch, wi Plinius b. 35. abt. 10. mäldet, also ab-gemahlet; dahr-auf Sidon Antipater dise schöne bild-schrift gemacht hat:


Egressam nuper Venerem de marmoris undis

aspice, præclari nobile Apellis opus.

Exprimit æquoream manibus de crinibus undam,

è longis spumas exprimit illa comis.

Hac visâ, Pallas sic cum Iunone locuta est;

De formâ Veneri cedere jure decet.


Hihr-von mahg geläsen wärden Natahl Komes, und Bernhard Zesius in seiner Schaz-kammer von natührlichen untersuchungen, bl. 294. B. 3. abt. 2. Vallesius in der heiligen ahrtforschung, abt. 34.

Zizero im 3. b. von der selbheit und eigenschaft der götter, gedänket unterschihdlicher; als, di ehrste Venus (sahgt' er) sei eine tochter des himmels und des tages: di zweite aus dem schaume der se gebohren, welche Kupido, den andern dises namens, von dem Merkuhr entfangen und zur wält gebracht: di dritte, Jupiters und Junonen tochter, [328] welche Jupiter dem Vulkahn vermählet, und von dem Mars den Anteros, das ist, di gegen-libe, gebohren hätte. Di vihrte, gezeugt von Sirus und Sirie, oder Astarte, welche den schönen Adohn geehliget. hihrvon besihe weit-läuftiger den Nihf; Marks Ekwikolen; Plotinen, welche ausführlich von der libe geschriben: wi auch Karl von Mandern über di Ovidischen Verwandlungs-bücher.

75. Dehr von Sulmo] In diser Stat ist Ovihd Naso, der libes-tichter fürst, 41 jahr fohr Kristus gebuhrt, nahch erschaffung der wält, 3923 gebohren, bei welchem Lustinne von ihr selbst im 4 der Verwandlungs-bücher also rädet:


in medio quondam concreta profundo

spuma fui, Grajumque manet mihi nomen ab illâ.


87. Vihl schreiben, unter welchen Plato, Zizero, u.a.m. daß di Venus von Jupitern und der Dionen gebohren sei; welche [242] sonst auch fohr di mutter des Ozeans und der Tetis gehalten würd. Augustihn Nihf bl. 53. Abt. 22. Kurz; di heidnischen geticht-schreiber und ahrt-kündiger haben di libe, ein-ihder, wi es ihm am bästen gedaucht hat, aus däm geheimnüs der grohssen zeuge-mutter, durch so vilerhand Venusen und Kupidonen wollen ab-bilden: dahähr sein so vihl unterschihdliche meinungen entstanden.

93. Des Plato nahchfolger machchen drei göttinnen der libe. Di ehrste, sagen si, sei götlich, di in got ist; di ander himlisch, di im himmel ist; di dritte mänschlich, welche in der mänschlichen sehle kräftig ist. etliche säzzen auch di vihrte dahr-zu, di in der wält sehle würke. Nihf. bl. 49.

107. Lustinne bei dem Stahz, im 1. buche seiner wälder:


Maluit & nostrâ laurum subtexere myrto.


[329]


111. Da dan der kleine schalk] Εχέτλιε παῖ δολόμηδες Αφροδίτα τὸν Αρει δολομαχάνῳ τέκειν, sagt Simonides. Hermes ist Merkuhr, der götter grohs-gesandte.

123. Lukrehz vom wäsen der dinge straks im an-fange däs 1. Buches, da er di Libinne anrädet;


Effice, ut interea fera mœnera militiaï

per maria, ac terras omneis sopita quiescant.

nam tu sola potes tranquillâ pace juvare

mortaleis: quoniam belli fera mœnera Mavors

Armipotens regit, in gremium qui sæpe tuum se

rejicit, æterno devinctus vulnere amoris, etc.


129. Kornehl Agrippa von der eitelkeit aller wüssenschaften, abt. 43. Aristotehl Konach. bl. 14.

192. Pirgoteles ein perlen-stächcher, welchem alein vergönnet wahr des grohssen Alexanders bild in perlen zu graben.

211. Der junge fürst Antioch, dessen libe (da-durch er gegen di Stratonize, seines Vaters Seleuks beischlähfferin, entbrant wahr, und dannen-hähr gahr töhdlich danider lahg) von seinem leib-arzte, dem Erasistratus, aus der ungewöhnlichen bewägung der schlahg-ader bei ihrer ankunft errahten ward, u.a.m. Dionisius in des Demetrius läben. Georg Horst von der eigenschaft der libe.

213. Di läber, als aller adern anfang und uhr-sprung, würd von den gelährten fohr den siz der libe gehalten: dahähr tichten di götlichen tichter vom Titius, dehr sich Latonen zu noht-züchtigen [330] unterstähen wollen, daß er in der höllen an der läber (aus welcher seine unzüchtige libe, di ihn zu sündigen gereizet, entsprungen) strahffe leiden müssen. Klaudiahn im 4. b. Virgihl im 6. seines Eneas:


Nec non & Tityon terræ omniparentis alumnum

cernere erat, per tota novem cui jugera corpus

porrigitur, rostroque immanis vultur adunco,

immortale jecur tundens, fœcundaque pœnis

viscera. – – – – – –


[243] 221. Juvenahl im sechsten schümpf-getichte:


– – spectant subeuntem fata mariti

Alcestim. – – – –


225. Pamfihl:


Vixisset Brutus, tunc non tam clara fuisset

Portia. etc.


233. Properz b. 2.


Omnia formosam propter Briseida passus, etc.


Horahz: – – Prius insolentem

serva Briseis niveo colore

motiv Achillem.


235. Viktorie Kolumne, der Piskarier Mark-gräfin, hihlt gänzlich daführ, daß si von dem ritterlichen Fürsten Ferdinanden Avalen, nahch seinem abstärben, mehr gelibet würd', als zufohr. Nihf. bl. 274.

241. Archias:


Nullum amor offendit, pravis occasio, sed fit

mentibus ille hominis, quas mala multa juvant.


249. Dise huren-seuche ist im 1495. jahr', oder wi etliche schreiben, im 1492. als König Karl, der achte dises namens, herschete, zum ehrsten unter das französische läger fohr Napel kommen: dahähr si von den Wälschen und hohch-deutschen Franzosen; vom Franzman aber, das Neapolische weh ist [331] genännet worden. Di Holländer heissen si di spanische bokken. Kononh bl. 422. Joh. Fernel. 426. Andreas Zesalpihn b. 4. bl. 345. abt. 2.

253. sinopissiren] sinopissare, heisset bei dem Erasmus so vihl als wohl-lust pflägen; und ist von der geilen huhre Sinope entsprungen.

265. Dises sagt der Her von Bartas im andern tage der ehrsten wochche von seinen landes-leuten selbst:


Telle que le François, qui guenon affeté

des estrangeres mœurs, se paist de nouveauté:

& ne mue inconstant, si souvent de chemise,

que de ses vains habits la façon il deguise: etc.


277. besihe den Plinien, b. 8. abt. 38. Eliahn, b. 4. abt. 16. Kononher, 310. bl.

331. Dessen sün dein trauter pilgram ist] Der geneugte läser würd es nicht im argen vermärken, daß wihr noch bisweilen di fremden wörter, so sich in unsere sprache fohr-längst ein-geschlichchen, behalten haben. Dises lätste pilgram, gäben wihr fohr kein deutsches aus, wi etlichen zu behaubten belihbt; indähm uns wohl bewust ist, daß es so vihl heisset als fremdling, oder wanders-man, und aus däm wälschenpelegrino, wi auch dises widerüm aus däm lateinischenperegrinus, hährfleusst. Sondern wihr haben es doch sonst aus sonderlichen uhrsachchen gärne brauchen wollen. [332]


[244] i.

Klüng-getichte

an das

Hohch- und wohl-gebohrne

Fräulein,

Fräulein ROSELINDE,

u.a.m.


O Fräulein, sol ich nuhr den rosen anvertrauen,

und sonsten keinem mehr, di über-grohsse kunst,

di si in sich verbürgt! sol dan gahr nihmand schauen

noch wüssen ihren ruhm? mein! kan ich dise gunst

nicht haben, daß ich ihr mahg lorbehr-zweige strauen

und rühmen ihren ruhm? kom Suhd, und nüm di dunst

der nächte von uns hin: lahsst schönen nektar tauen,

ihr himmel auf uns hähr. Si wägert sich üm-sonst.

Der kunst-reich süngt si schohn, di musen stimmen ein;

Di Hold-göttinnen auch, di ruhffen in dem reihen

di vihrde Schwäster an, und pflägen sich zu fräuen,

üm daß si nuhn vermehrt und nicht mehr dreie sein.

das weus si selbsten wohl. und weil wihr solches wüssen,

so sol stähts auf ihr lohb di fäder sein beflissen.


im jahr 1638. den

3. Mei-tahg.

[333]


ii.

Wül-kommen

an di

ädle Tichterin

Jungfer Sofien Vismarin,

als si zu Hamburg

anlangte.


Wülkommen, o Sofi, o schmuk der Tichterinnen,

du andere Klugin, verzeuhe meinen sünnen.

du mein- und deiner zeit geehrtes Sonnen-lücht,

verzeuhe mihr, daß ich dich eh begrühsset nicht,

wi du wohl würdig bist. Es ward mihr izt geprisen

dein ahrtiges geticht, und selbsten auch gewisen;

[245]

und hätt' ich eh gehöhrt, daß du dich hähr-gemacht,

und unsrer währten Stat ein näues lücht gebracht,

so hätt' ich auch noch eh, o schöne, dich entfangen,

wi unlängst ich entfing der Schlesier verlangen,

Dorteh Eleonohr von Rosentahl genännt,

Di ich in ihrer kunst, und si mich wider kännt.

wi sählig bist du doch, o Hamburg, kom, und schaue

dich izt in deiner zihr, weil ich mihr kaum getraue,

daß etwas libers sei ihmahls in dihr gesähn,

ich gläube nicht, daß dis fohr disem ist geschähn.

Di dritte fählte dihr, da dich di Rosentahlin,

di zehnde Pierin, di Föbus-selbst-gemahlin,

mit Dehr von Hohendorf, gewürdigt ihrer zihr;

nuhn aber kom härbei, und schaue si alhihr,

di dritte Hold-göttin. du bist nuhn foller ehren,

fol schmuk, weil deinen schmuk di Holdinnen vermehren. [334]

mehr bist-du als Atehn, ja mehr als Grichen-land,

das manch-gelährtes weib fohr disem hat gekant.

Erinn' aus Delos schweigt; ja alle drei Korinnen,

von deren einen sich fünfmahl lihß abgewünnen

Pindahr, der Sänger fürst. Di Saffo, Telesil,

di Kornifizie, Praxille schweigen stil.

di Deutschen gähn izt fohr; du zirest ihren reihen,

Sofie Vismarin, daß sich di andern fräuen;

Kristihn von Gutenau stäht auch mit oben-ahn;

auch weus man, was alhihr di Schwarzin hat getahn,

di ädle Schwarzin di, di nuhn, (ach leid!) verblichchen

und mit der ädlen kunst, (ach! gahr zu früh!) entwichchen.

es ist mihr leid üm si; noch mehr üm ihre schrift,

daß si der untergang, das lose feuer, trüft.

Du aber, o Sofi, vertrit di ställe wider,

di si verlahssen hat, und sünge fräuden-lider,

ergänze widerüm, was dort di gluht verzehrt;

so würstu führ und führ von ihderman geehrt.


Hamburg, im jahr

1642.


[246] iii.

Auf das äben-bildnüs Jungfer

M.E.v.H.

u.a.m.


Was sol ich, tapfres bild, doch halten nuhr von dihr?

Aufrüchtigkeit und ernst zeugt dein gesichte mihr; [335]

es mischt sich heimlich auch mit ein

das wohl-bedachte fräundlich-sein.

Poetisch ist di zihr der schwärzlich-braunen augen,

di wohl zum ernst und wohl zur libe mögen taugen,

und wan du läbend stündest hihr,

so soltstu lider schreiben mihr.


Londen, 1643.

6. Häu-m.


iv

An di

hohch-ädle und gelährte Jungfrau,

Jungfrau Hildegond

von Westohn.

i.
Wehr schreibt dise schöne schrift,
Wessen hand und wessen sünnen
können solch ein lihd begünnen,
das so nah zum härzen trüft?
Hildegond, könt ihr so süngen,
daß di linden wider-klüngen?
ii.
Mihr zwahr seit ihr unbekant,
von gestalt und von gesichte;
aber euer lob-getichte,
das mihr ward von eurer hand,
ohne mein verdihnst, geschriben,
pfläg' ich mehr als mich zu liben.
iii.
meine sünnen sein erblasst,
müssen ungezwungen schweigen, [336]
wan sich eure lider zeugen;
[247]
und sein ihnen selbst verhasst,
wan ihr hohch-deutsch opiziret,
und di sühssen seiten rühret.
iv.
Frihs- und Hol-land wunderts sehr,
daß ein weibes-bild so sünget,
und di deutschen seiten zwünget;
ja ich wundre mich vihlmehr,
daß izt unter fremden zungen
unser hohch-deutsch würd gesungen.
v.
Aber, Schöne, saget an,
was ich widerüm sol schänken,
daß ihr meiner könt gedänken?
was ich würdigs gäben kan?
meine lider müssen schweigen,
weil di euren auf-wärts steigen.
vi.
Eure kunst und zihrligkeit
macht mich ganz und gahr verzükket,
eure hand ist so beglükket,
schwüngt sich höher als der neid.
Euer ruhm würd ewig läben,
und der stärnen-schahr gleich schwäben.

Gräfenhahg. 26. Häu-mahnd,
1643.
[337]

v.
Zu einem ahrtigen gemälde
von der
Kluhg-sünnigen Rosemund
angegäben.

Als einst Libinne komt gestigen aus däm bade,
so siht si den Adohn, und eilt auf frischem pfade,
dem liben lihbsten nahch, dehr durch di dornen flüht,
dahr-auf di weisse ros' in foller blühte blüht.
Libinne ward gerizt, der zahrte fuhs geschrammet,
di weisse rose roht, di noch zum zeuchen flammet
[248]
und zeugt das ädle bluht, das aus der schramme floß,
und sich in einem nuhn so mildiglich ergoß.
Als dis di schöne sah, rühf si; ich bin gestochchen;
und Lihbreiz (dehm annoch der binen hehr nahch-fleugt,
weil er ihr reich beraubt, und manche stachchel zeugt,)
schrih seiner mutter zu; der näscher ist gerochchen.

Amsteltam, 1644.
1. Mei-m.

vi.
Auf di Augen
der wohl-ädlen und schönen Jungfr.
Klugemunde von Wilane.
1.
Ihr schönen augen ihr, ihr lüchterlein der schwachchen,
di an der hohen burg der glatten stirne wachchen, [338]
dadurch mein trautes Lihb di härtsten härtsen zwüngt,
und durch den schwarzen kwal bis in di sehle drüngt.
2.
Euch bäht' ich knihend an, und flöhe zu den flammen,
daß si doch ihre macht und kraft nicht alzusammen
auf meinen schwachchen geist und sehle lahssen gähn,
sonst bin ich tohd, und kan fohr ihnen nicht bestähn.
3.
Der kleine libes-schalk hat schohn genug geblizzet,
ich seufze nahch der luft, der ganze gaumen hizzet;
der mund brännt lüchter-loh; drüm haltet doch zurük,
ihr liben augen ihr, den wunder-starken blik.
4.
Kluginne kühle mich mit ihrem frischen taue,
der auf den lippen stäht, und dehn ich liber schaue,
noch liber trünken mahg als mäht und reinschen wein;
dehr ist mein ädler trunk, und gähet lihblich ein.
5.
So fürcht' ich keine gluht, so fühl' ich keine schmärzen,
di oftmahls nuhr ein blik entzündt in meinem härtsen,
wan Klugemunde mich mit einem kusse kühlt,
so acht' ich ihrer nicht, wan si mit blikken spihlt.

Uträcht, den 3. Osterm.
1645.
[339]

[249] vii.
In ein stam-buhch.
Träue,
Durch buhchstaben-versäzzung,
räuet.

Träue räuet alsobald,
wan undank sich ein wül mischen,
würd durch unträu star und kalt,
mus auch ändlich gahr verblischen.

viii.
Lohb-lihd
Auf drei schöne Jungfrauen
zu Uträcht.
auf di weise,
wohl dem, der weit von hohen dingen.
i.
Wi manchen stärn der himmel führet,
so manche jungfrau läbt in dihr,
O schönes Uträcht, di dich zihret,
und brücht, wi stärnen, hohch härführ.
hihrunter kan nichts schöners sein,
als Kobed, Ledar, Awelein.
ii.
Di schöne sein von farb' und glidern,
sein oft sehr häslich von gemüht,
und manche wül sich nicht ernidern,
trozt blohs alein auf ihr geblüht.
Drüm kan und mahg nichts libers sein,
als Kobed, Ledar, Awelein.
iii.
Vihl sein sehr ahrtig von gebährden,
dagegen schwarz und ungestalt;
ist si di aller-klühgst' auf ärden, [340]
so ist si mehr als alzu alt.
drüm kan nichts angenähmers sein,
als Kobed, Ledar, Awelein.
[250] iv.
Ist manche gleich sehr wohl gebildet,
so ist si tum und ungeschikt;
ein' andre hat das blei vergüldet,
di manches härze ganz verzükt,
drüm kan ja nichts belihbters sein,
als Kobed, Ledar, Awelein.
v.
Dem Awelein ist weis und weuse,
und hat di aller-lihbste zihr.
Von-Kobed kröhnt den wein mit speise,
und Ledar bringt di lust härführ.
drüm kan und mahg nichts höhers sein,
als Kobed, Ledar, Awelein.
vj.
Von-Awelein ist schön und züchtig,
und über alles wohl gestalt;
von-Kobed from und tugend-rüchtig,
und Ledar ist ein rosen-wald.
drum kan und mahg nichts feiners sein,
als Kobed, Ledar, Awelein.
vij.
Von-Awelein ist kluhg von sünnen,
sehr höhflich zahrt und wohl-gebildt.
von-Kobed schöhn von auss- und innen,
und Ledar ist der schöhnheit schild.
drüm kan und mahg nichts schöners sein,
als Kobed, Ledar, Awelein.
viij.
Von-Kobeds Lob ist aus-gesprochchen,
daß si keusch, from und schöne sei;
Von-Awelein ist ausgebrochchen
gleich wi der wunder-schöne mei. [341]
drüm kan ja nihmand hübscher sein
als Kobed, Ledar, Awelein.
[251] ix.
Von-Awelein bleibt schöhn in allen,
und Ledar fräundlich, roht und weis.
Ja Awelein mus selbst gefallen
Der mis-gunst, di ihr gihbt den preis.
drüm kan und mahg nichts libers sein
als Kobed, Ledar, Awelein.

ix.
An di schöne Jungfrau
von Elard,
als er si auf der lauten spilen hörete:
Lob-gesang.
i.
Schöne, wi mahg dises kommen,
daß mich ihrer lauten klang,
di si kaum zur hand genommen,
macht so balde libe-krank.
daß di sünnen schwächcher wärden,
und sich neugen hin zur ärden?
daß mich ihrer augen blik,
zühet aus mihr selbst zurük. [342]
ii.
Mit den fingern mahg si spilen,
aber mit den augen nicht;
Dan di kraft macht schmärzen fühlen,
di aus ihren blikken brücht:
ja, was mehr ist, ihre Zunge
räget mihr auch härz und lunge,
wan si so beängelt süngt,
und mich fast zum stärben bringt.
iii.
Izund kan ich leichtlich gläuben,
daß Orfeus durch seinen klang,
wi di weisen tichter schreiben,
das vertuzte wild bezwang,
weil izund ihr sühsses spilen
di vernunft mus selbsten fühlen,
und, o ängel-mänschen-bild,
nichts fohr ihren künsten gült.
[252] iv.
Ihre laute, di si führet,
ist mit bändern schöhn bestrükt,
di aus lib' und gunst gerühret:
könt' ich auch so sein beglükt,
daß ein lihd aus gunst geschriben,
meine Schöne möchte liben;
und der-jene, dehr es schreibt,
ihrer gunst sei einverleibt.
v.
Si ist ja zur gunst gebohren
denen, di ihr günstig sein,
und zum liben aus-erkohren,
drüm wärd' ich ja nicht alein, [343]
so unglüklich bleiben müssen:
bin ich doch auf nichts beflissen
als auf ihren hohen preis,
dehr von keinem weichen weus.

Reinwurf, 1645.

x.
An eine
junge Jungfrau,
als si ihren namens-tahg
beging.

O Kind, 1 o währtes kind, von 2 perlen auserkohren,
von perlen zu der wält gezeuget und gebohren,
auf! folge mit bedacht, du perlen-tochter du,
der perlen-mutter nahch, so izt in frihd und ruh
wi eine reine perl in Jesus schohsse schimmert,
und glänzet, wi bei nacht ein lüchtes stärnlein glimmert,
o kind, o trautes kind! o mehr als perlen währt,
es sol erfüllet sein, was du von Got begährt.
Ei folg' ihr träulich nahch in sitten und gebährden,
[253]
du perlen-währtes kind: 3 sei färtig from zu wärden
und libe keuscheit, zucht und reine frömmigkeit;
so würstu folgen nahch dehrselben, so bereit [344]
in Gottes fride ruht: und diser auch, 4 der Reinen,
so annoch siht alhihr den 5 Gottes-friden scheinen.
so würd dihr Gottes frihd' und sägen günstig sein,
und leuchten dehrmahleins in stub' und bett' hin-ein.
Ei! wasche dich fein rein mit Seiffe des verstandes,
so würstu weus' und weis, und eine zihr däs Landes,
di reine seiffen-ahrt 6 würd machchen, daß du seist,
an grohs- und mutter stat, und daß du seist und heist
ein rächtes perlen-kind. Di färtigkeit der glider
verzährtele ja nicht, damit von dihr ein ihder
kan sagen, daß du seist der perlen-mutter ehr,
und daß es sei, als wan si nicht gestorben wär',
weil du ihr gleichst an zucht. wohl-an! der himmel gäbe
dihr seine gunst dahrzu. o läb'! o läb'! o läbe,
du perlen-tochter du, o währte Barbara!
Es sol, was du begährst, bei Gott sein lauter ja.

Halle, im jahr 1638.
[345]

xi.
Auf das
namens-feier
einer jungen Witwen,
M.V.S.

Jvnge frau, dehr ich zu ehren
auf zu warten wüllig bin,
welcher einen wundsch lässt hören
mein fast ganz verlihbter sün
in den sühssen zukker-lidern
ihre guht-taht zu erwidern;
Si geruhe doch zu hören,
was wihr ihrer zihr verehren.

[254] * * *

O Zihr, o währte zihr, o bildnüs aller tugend,
di si so föllig macht in ihrer zahrten jugend;
o spigel aller zucht, o auszug aller schahm,
damit si aller wält den fohrschub längst benahm.
O demant aller zihr, der fräundligkeit karfunkel,
o irdisches gestirn, so strahlet, wan es dunkel
und dühstrer abänd ist: di träue, huld und gunst
di wachchen stähts in ihr in foller libes-brunst.
Aus ihrem munde sähn mit lihblichem gelächter
di fräundligkeiten selbst, der keuschen libe wächter.
Si schauet an mit lust, wi sich der Rosen-mund,
der morgen-röhte zeugt, und macht den mänschen kund,
daß izt di sonne wärd' aus ihrem zimmer gähen,
wi eine libe braut in gold und perlen stähen,
so schohn ihr hahr geflammt, dadurch das mündlein ihr
mit tausend-schöhn geschmükt sol lächlen führ und führ. [346]
Ja, ja! di lerche süngt, höhrt wi si tireliret.
das dacht ich wohl, daß sich nicht hätt' üm-sonst geziret,
di flächten aufgeflammt, di güldne himmels-braut,
di sonne, da das grahs noch gänzlich wahr betaut.
Marien-lücht-mess' ist; höhrt, höhrt, was höhr ich klüngen.
wi fröhlich ist das härz, es wül fohr fräuden sprüngen.
wehr heisst Marie nuhr? sprach mein verlihbter sün;
da sagt' ein kleines kind: ei deine gönnerin,
so dihr nicht abhold ist; auf dehr die fräundligkeiten
sich pflägen alzumahl wi fast mit lust zu breiten,
di dihr so vihl getahn, daß du in ewigkeit
nicht gnug verschulden kanst; drüm schik dich in di zeit.
Ei nuhn so wolle Si zu bünden sich vergönnen,
wan wihr ja einen wundsch zum bünden brauchen können.
Das band kömt auch dahrzu, das band von seid' und gold,
das so vihl farben führt, so vihl als si mihr hold,
geneugt und günstig ist. Der Himmel woll' ihr gäben,
was ihr und mein begähr: Er gäb' ihr langes läben,
und (wi es ihr belihbt) ein keusches libes pfand,
das an sich halten würd das härze, sün und hand.
Ei mein! das dacht ich wohl, si würde drüber lachchen!
wil si sich dan so gahr zum turtel-täublein machchen,
und wählen, was ihr schahdt? es ist nicht raht dahrbei, [347]
[255]
was Got befühlt, ist guht: es ist zwahr ihre träu
und eh-pflücht lobens währt, so si gedänkt zu halten,
bis in den bittren tohd. sol aber so veralten
das götliche geschöpf, und andern dinen nicht?
das ist selbst wider Got und wider mänschen-pflücht.
Got gäb' ihr widerum, was sie zufohr erlanget,
ihr würds geräuen nicht, wan si mit kindern pranget.
ei! lacht si widerum? ja dises folgt darauf,
solch gäld gibt auf di hand der keuschen libe kauf.
Si kan mit Kindern ja gahr fein und lihblich schärzen,
das wär' ein spihl führ si; si könte dan ja härzen,
und trükken an den mund' ihr eignes libes kind:
was gülts, ihr stiller sün ist anders schohn gesünnt!
Ich bin geflissen stähts ein hohchzeit-lihd zu schreiben,
(o wäre dis der tahg) ich wolte noch verbleiben
ein wenig dises orts, zu sähen an di lust,
di mihr schohn (wi mich deucht) almählich ist bewust;
und übers jahr wolt' ich nahch näuer zeitung fragen,
wan ich zu Leipzig währ' (ein ihder würd' es sagen)
ob schihr ein junges spihl im fohrhang würde sein;
so wolt ich süngen drauf ein libes lidelein,
zu wünschen glük dahrzu: di lerche würde schwüngen
vihl lustiger sich auf, und susanninne süngen,
o sause, sause, saus', o libes kindelein,
das würd' o jungefrau ihr libes lihdlein sein. [348]
Der Himmel lahss' es gähn, und gönn' ihr sein gelükke
daß si sich widerüm mit keuscher lib' erkwikke;
daß errenst mit der zeit aus schärzen wärden mahg.
dahrüm ich das gestirn anflöhe nacht und tahg.

Osterburg, im Jahr
1637.
xii.
Hochzeit-lihd.
1.
Avf, libes pahr, auf, auf! ihr wohl-getrauten beide,
Komt, komt, di tafel räumt, fangt an ein' andre fräude,
dan Weinreich ist genug und Fruchtinn' auch geehrt,
dehr euch den wein, und di euch bihr und kost beschehrt.
[256] 2.
Auf, auf, ihr jungfern, auf! man bläset euch zum tanze,
di lihb' ist schohn bekränzt mit einem mirten-kranze:
ihr söhnlein zündet auch di güldnen fakkeln ahn,
so lange bis di braut würd gähn di libes-bahn.
3.
Es ist ein schönes zelt' von Lachmund auf-erbauet,
bei dähm man üm und üm di libes-geister schauet,
darin di Libe jagt, und da ihr söhnlein häzt,
da manche jungferschaft mit pfeilen ligt verlätst.
4.
Das zelt, das schöne zelt würd izund aufgespannet,
di Juno stäht dafohr, di Eris ist verbannet, [349]
ihr güldner apfel kömt der braut aleine zu;
hihr ist's, wo keusche lihb' und lust sich lägt zur ruh.
5.
Gäht, schöne Braut, gäht, gäht, der tanz ist nuhn verrüchtet,
dem Bräutigam verlangt; das bett' ist ausgeschlüchtet;
di sühsse fäder-burg, di wül euch nähmen ein,
daß ihr zusammen mögt von härzen lustig sein.
6.
Wihr stähen schohn geschikt euch beide zu begleiten,
und euer libes-zelt mit rosen zu bespreiten.
Der Himmel gäbe glük, damit ihr so schlahft ein,
Daß nahch neun mahnden-zeit wohl drei erstanden sein.

Parihs, den 26. Häu-m.
1643.

xiii.
Ein anders
Auf eine Hohchzeit zu Lüneburg.

Es gelangte di Als-göttin der Libe, Lustinne, fohr kurzer zeit bei der berühmten stat (di von des mahndes bilde, welches ihre uhr-ältern fohr jahren auf dem Kalk-bärge götlich verehret haben, genännet ist) in dem kleinen flusse, dehr sich in den grohssen Elb-strohm zu ergühssen pfläget, mit herlicher pracht an. Si sahs in einem kleinen schiflein, welches wi eine semuschel aus-sahe, und von zwe schwanen gezogen ward, auf einem erhobenen königlichem reichs-stuhle. Ihr sohn der kleine Lihb-reiz wahr der fuhr-man, welcher di schwäne so ahr-[350]tig zu länken wuste, daß es ihderman mit grohsser lust ansahe. [257] Er führt' einen köchcher an der seite, hihlt' einen gespannten bogen in der hand, und sahe sich mit einem listigen und verschalktem lachchen nahch ihderman üm. Das Frauen-folk, welches seine königin entfangen wolte, stund schohn auf allen seiten üm den flus här-üm, und hihs di Libinne mit einem fräuden-geschrei wül-kommen. In-dähm nuhn solches alles fohr-lühf, so gahb diser der Libinnen trozzige fuhrman einer jungfrauen, namend-lich Hart-ahrt (welche mitten unter dem hauffen stund, und üm di ankunft der Libinne nicht vihl bekümmert zu sein schine) einen solchen harten schus, daß si also-bald in ohnmacht zur ärden zu sünken begunte.

Indähm sich nuhn dise armsälige in solcher tohdten-angst und verschwündung ganz verblasset und hauch-lohs befand, so kahm Hülfmuht, ein aufgewäkter hurtiger jüngling, diser schönen Jungfrau entsaz zu leisten, mitten aus dem hauffen här-aus gesprungen. Er nahm di arme verblasste in seinen arm, und brachte si mit gesunden arznei-mitteln so färn, daß si wider zu fuhssen und di lähbhafte farbe wi von näuem zu bekommen begunte. Di fohr-erblasste lippen fingen widerüm an röselicht zu wärden, di tohdten-bleichen wangen bekahmen eine mit röhtlicher vermischte lilien-farbe, di augen funkelten wider-üm in ihrer belähbten feuchtigkeit. Aber das härz, dahr-innen di wunde wahr, konte durch solche schlächte mittel noch nicht rächt geheilet wärden. Hülf-muht entschlos sich also-bald, doch auf ihre stumme bewülligung, (dan si durfte fohr schahm weder ihre krankheit entdäkken, noch einige hülf-mittel dahr-zu begähren) daß er einen sonderlichen tahg bestimmen wolte, da si seiner rähtlichen hand in gegenwart einer folk-reichen versamlung gänzlich über-gäben würde. und solchem [351] entschlühssen nahch ward der heutige tahg zu solcher arznei-wahl, und di künftige nacht zum versuhch derselbigen, erkohren: Di nacht, sag' ich, da di bitter-sühssen arzneien, welche der himmel gesägnen wolle, der schönen Hart-ahrt solten eingeflöhsset wärden. Di andern Jungfrauen, welche sich auch äben an einer solchen seuche, wo nicht ganz lagerhaft, doch gleich-wohl behaftet befünden, sein nuhn-mehr fro über das glük ihrer schwäster, weil si verhoffen, daß sich ihre erlösung auch bald nahen würd, und süngen folgendes


Lihd

an di Lustinne.

1.
Ein steinern härz' und läre sehle,
ein ungemeinter libes-blik,
ein auge, das in seiner höhle
zwahr rollt und schmollet ohne schrük,
ihdoch nicht aus däm härzen rührt;
ist nichts als rauch, dehr uns verführt.
[258] 2.
wehr darf so hart fohr dihr erscheinen,
und wül noch ungestrahffet sein?
mahg ihmand deinen sohn, den kleinen,
und dessen bogen flühn? ach nein.
di pfeile gähen alzu rächt,
di Hart-ahrt ist durch si geschwächt.
3.
Di Hart-ahrt böbet nuhn und zittert,
si hält üm schönes wetter ahn.
der kleine schüzze stäht und kittert,
weil si ihm auch ist untertahn,
weil ihre jungferschaft sich fügt,
und in den lätsten zügen ligt. [352]
4.
Di jungfer würd bald schlahffen gähen
nahch ihrem lätsten bette zu,
auf daß si Fraue mahg auf-stähen.
der himmel gäb' ihr rast und ruh,
und du, o Libes-königin,
beglükke si nach ihrem sün!
5.
Zeuch auf den fohrhang, dehr ihr bette,
den tummel-plaz der libe, däkt,
und schleus üm si di güldne kette,
di härz und härz zusammen träkt,
damit si sich verjüngen mahg
wi Fönix auf den andern tahg.
6.
Der mahnd mus ihr zu bette leuchten,
di stärne bringen si zur ruh,
di tropfen, so das fäld befeuchten,
di steigen nahch den bärgen zu.
Es ist di aller-lihbste nacht!
drüm härzet, schärzet, schlahfft und wacht.

Geschriben in Leiden, den 1. Mei-tahg, 1645.

[259] xiv.
Hohch-zeit-schärz
an di
Hohch- und wohl-ädel-gebohrne Jungfraue,
Jungfrau Adelmund von Libegau,
als si ihrem Lihbsten ehlich solte
bei-geläget wärden.

Meine Jungfrau, währte Gönnerin,

Wan ich mich izund derer räden erinnere, di ohn-[353]gefähr fohr einem jahre von däm lihb-äugeln unter uns fohrfihlen, so mus ich bekännen, daß si nicht ohn' uhrsachche fohrgegäben habe, daß di augen der entsässenen verlihbten und abwäsender vertrauten äben so stark in ihren härzen spihlten, als wan si zu-gegen wären. Dan si hat nuhn-mehr ihren schlus mit der taht und wahrheit bewähret. Indähm si nähmlich durch di wunder-kraft ihrer libes-strahlenden augen in däm härzen ihres abwäsenden Lihbsten solcher gestalt hat würken können, daß er auf ihr einiges wündschen und begähren den krihg verlahssen, und ihr sein ganzes sein aus-händigen müssen. Si hat ihm nicht alein durch ihrer augen magnetische libes-kraft das wilde kriges-stahl aus der hand gezogen, si hat ihn nicht alein, an sich gelokket, sondern auch gahr zu ihrem leib-eignen gemacht. Sein härz hat si erweichet, seinen helden-muht gebändiget, dehr-gestalt, daß er gleichsam gahr auf seinen knihen liget, und seine mächtige feindin üm schönes wetter anflöhet. Mich deuchtet, und es schwäbet mihr nicht anders fohr meinem gesichte, als wan izund vihl tausend libes-reizerlein aus ihren augen här-aus geflogen kähmen, und ihr eine herliche und träfliche siges-pracht zubereiteten. Das zelt ihres siges ist auf-geschlagen, dahr-unter si ihrem Lihbsten di wunden, di si ihm veruhrsachchet hat, verbünden und heilen sol.

Wi aber gähet es zu, meine Schöne, daß sich der bliz ihrer häl-funklenden augen so weit ersträkket, und seine kraft nicht nuhr in der nähe, sondern auch in der färne spüren lässet? Es ist kein wunder, daß si mit ihren blikken di zu-gegen-schwäbende selen verzükket, aber wunder ist es, daß si durch ihre künste in den gemühtern der abwäsenden würket.

Es haben di-jenigen nicht unrächt, welche den mänschen di kleine wält nännen, und di andern, so den augen däs Frauen-zimmers di himlischen wür-[354]kungen däs gestirnes zu-schreiben wollen, wärd' ich auch nuhn nicht mehr so gahr tadeln können. Dan gleich wi di stärne in den aller-üntersten geschöpfen von weiten zu würken pflägen, so würken auch ihre augen, o ihr schähdlichen jungfrauen, in den innersten glidern unserer leiber. Ihdoch mus ich auch bekännen, daß solches auf unterschihdliche [260] weise geschähe, und daß sich ihre kraft auf den einen häuffiger ergühsse, als auf den andern. Dan sonst hätte mich meine Jungfrau äben so wohl verlihbt machchen können als ihren Lihbsten, sonderlich dazumahl, da ich ihr näher wahr als er, und tähglich ihres lihblichen anblikkes genühssen konte. Es ist eine verborgene wunder-kraft in ihren strahlen, di kein mänsch ergründen kan, und dehn-jenigen am meisten verlätset, dehn si zu verlätsen gedänket. Aber, was unterstäh' ich mich von solchen gefährlichen dingen zu uhrteilen! mein verstand ist vihl zu schwach, und meine vernunft kan ja nicht das geringste dahrvon begreiffen. Meine Jungfrau wolle meiner verwägenheit günstig verzeuhen, und gedänken, daß ein unerfahrner klühgling zwahr begirig sei alles zu wüssen und zu erforschen, aber sich auch in den geringsten dingen verstohsse.

Im übrigen, so liget mihr auch am allermeisten ob, meiner schönen Jungfrauen zu ihrem erlangten sige vihl glük zu wündschen, und den Himmel (welches ich auch tuhe) an zuflöhen, daß er si mit ihrem trauten Lihbsten günstig begnadigen wolle. Ihr pfahd müsse sanft, und ihre tritte gerade sein. rosen und lilien müssen aus-gesträuet ligen, wo si ihre ruhe wählen. Der sühsse suhd müsse si mit einem lihblichen hauchen anwehen, damit di angenähmen früchte ihrer Ehe zur gewündschten ärnte gelangen mögen. Inmittels wärd' ich mich noch allezeit bemühen, meiner Jungfrauen, zusamt ihrem Lihbsten, fohr so vihl mihr erwisene hohe fräund-[355]schaft, dankbahr zu erscheinen, dehr ich schohn fohr-längst bin, und, bis an meinen lätsten hauch, zu verbleiben gedänke


Meiner höchst-geehrten Jungfrauen,

so-wohl auch des Ihrigen

Noter-tam, den

13 Häum. 1644.

träu-ergäbener

alzeit-färtiger

Diner.


xv.

An seinen gnädigen Herren,

als er Ihm ein härz von Rosen

überschikte.

Schränk-reime.

Hihr schikk' ich ihm, mein Her, dis Härze mit däm meinen,
das ihm gewihdmet ist schohn längst im ernst' und lust,
und nuhn in träuer träu und demuht wül erscheinen,
dan anders ist ihm nichts von anbegün bewust.
Di farb' ist weis und roht, di Seine Schöne führet;
[261]
di ein' ist ohne falsch, di ander schämet sich.
wan lauterkeit und schahm ein Frauen-zimmer zihret,
so ist kein tadel da. Ich (wan ich anders mich
so vihl erkühnen darf) hab' auch di beid' erläsen
gäb' ihm den weissen dank in rohter nidrigkeit,
und bleib' ihm untertahn mit allem tuhn und wäsen,
so, daß mein Herre mihr gebütet ihder-zeit.
Uträcht, den 6. Häu-m. 1645.
[356]

xvi.
Uhrteil von den prunk-schweden,
An eine unbeständige.

Meine Jungfrau,

Es nümmet mich nuhn nicht mehr wunder, daß etliche von däm machiavellisch-wältsäligen Frauen-zimmer unter ihrem gesichte di schwarzen schwehdlein, in gestalt eines halben mahndes tragen. Dan di erfahrung, als di kundschafferin der dinge, hat mich solches über-genug gelähret. Es sein zeuchen, wi ich vermeine, ihrer wankelmühtigen unbeständigkeit, und gäben di bewandtnüs ihres gemühtes gnugsam an den tahg. Jah so vihl schweden, als auf ihrem gesichte kläben, so vihlerhand libes-anföchtungen, und so vihlerhand libes-bolzen entfünden si auch. Di örter, da si von so vihlen und unterschihdlichen pfeilen verwundet sein, offenbahret ihnen nihmand, als di blohsse entfündung; dan di wunden sein unsichtbahr, di ihnen der kleine Libes-schalk veruhrsachchet, und di si mit solchen wunder-wärklichen schweden bekläben. Di scharfe spizzen sein di spanischen reiter, oder geschränkte stachchel-währen, damit si di-jenigen abhalten wollen, di sich in ihre sünnen so-bald nicht bekwähmen können. Di rundten scheiben deuten an den wankel-muht däs glükkes, dehm sich der ihrige über-aus-wohl gleichet.


* * * *
[357]
Antwort.

Mein Her,

Der halbe mahnd, dehn wihr bisweilen unter unseren augen tragen, bedeutet vihl-mehr eine veränderung der lust, als eine unbeständigkeit däs gemühtes; dan wihr sein geflissen unsere [262] aufwärter allezeit mit einer näuen und veränderten lust zu erfrischen, weil der ekel anders nichts als eine würkung der tauerhaftigkeit ist. Mit der rundigkeit wollen wihr di beschaffenheit unseres glükkes zu verstähen gäben; mit den spizzen di müh-säligkeit unserer tage; dan, wän wihr am gewüssesten zu fuhssen gedänken, so fallen wihr zu boden, oder gerahten in di stachlichten dornen, di uns unser läben wohl rächt müh-sälig machchen; u.a.m.


Antworts-schreiben

an ein

Frauen-zimmer von hohem stande.

auf den saz;

Daß auf der unteren wält keine schöhnheit zu fünden sei.


Mein gnädigstes Fräulein,


Man hat sich in warheit nicht wenig zu verwundern, daß Ihre Gnaden nicht alein di schöhnheit den irdischen geschöpfen ganz berauben wül, und aus der unteren wält gahr aus-tilgen; sondern sich [358] auch selbst so sehr mähssigen und vergeringern kan, daß si ihr im geringsten keine einige schöhnheit zu zu schreiben gestattet. Ich märke wohl, daß si den Luziahn (welcher in seinen gesprächen behaubtet, daß kein frauen-zimmer läbe, auch keines ihmahls geläbet habe, welches nicht verlangen trage, schöne zu sein, und sich nicht auch dahrfohr ehren lahsse) teils beschähmen und lügen strahffen, teils auch in der andern meinung, daß eine folkomne schöne nirgend zu fünden, auch nirgend sei gefunden worden, bekräftigen wül.

Aber ei liber! wan di schöhnheit in den untersten geschöpfen nirgend an zu träffen ist, so würd auch gewüs (so wihr des Aristotels lähr-säzzen gläuben, daß ein widerwärtiges ohne das andere in däm wäsen der dinge nihmahls zu fünden sei) folgen müssen, daß kein abschäuliches und häsliches unter ihnen sei. und mein gnädiges Fräulein gibet ja gärne zu, daß di libe, so wohl als der has, unter den irdischen geschöpfen herschet, wahrüm wül Si nuhn verneinen, daß nicht so wohl das lihbliche als das häsliche zu gegen sei? Das lihbliche ist ja in wahrheit nichts anders, als das-jenige, was wihr schöne nännen; gleich wi auch das häsliche ein solches ist, welches wihr hassen, dahrfohr wihr abschäu haben, und di augen, dasselbe zu beschauen, seit-wärts ab zu wänden pflägen. und di libe, wi si Plato beschreibet, ist ja auch nichts anders als ein verlangen däs schönen zu genühssen; wahr-üm wül Si dan nuhn verneinen, daß das eine, als di uhrsachche däs andern, in der unteren wält nicht zu fünden sei?

[263] Der kluhg-sünnige Nihf, wan er noch läben solte, so würd' er mein gnädiges Fräulein nuhr mit der blohssen Tagliakozischen Fürstin Johanna widerlägen, di er beides an gemüht- und leibes-gaben aller dinge schöne zu sein schreibet: dan, sagt' er, [359] dise heldin hat solche lihbliche und führträfliche gebährden an sich (welches äben di rächte schöhnheit däs gemühtes ist) daß man si mehr aus götlichem als mänschlichem sahmen entsprossen zu sein, uhr-teilen mus. Ihre gestalt, sagt er färner, welche des leibes schöhnheit ist, pfläget so führträflich zu sein, daß auch der berühmte Zeuxes, als er der einigen Helene bildnüs entwärfen solte, ihre schöhnheit unter so vihlen und den aller-schönesten Krotonischen jungfrauen so lange nicht hätte zusammen suchen dürfen, wan er nuhr diser schönen Fürstin führ-träfligkeit sähen sollen: dan si ist mittel-mässig von länge, auf-rächt und über-aus-annähmlich; ihre glider sein so zihrlich gebildet, daß si ihderman mit verwunderung anschauen mus: si ist nicht zu fet, und nicht zu dürre, sondern so ahrtig geschaffen, daß si in allen das mittel behält: si ist nicht blas, sondern einer rächten lähbhaften röhtlich-weissen farbe: si hat ein langes und gold-gemängtes hahr; rundt' und kurze ohren; schwarz-braune halb-gekrümte aug-brähmen, welche kurz und nicht zu dükke von hahren sein: si hat himmel-blau-blizlende augen, welche häller sein als alle stärne, und mit ihren lihblichen und fräudigen blikken di ganze wält entzükken; di augen-lider sein schwärzlich, nicht zu breit auch nicht zu kurz; di nase, welche sich rächt zwüschen den augbrähmen anfänget, ist so ahrtlich gebildet, daß man ihres gleichen kaum fünden würd. der kleine wal, welcher zwüschen der nas' und dem munde stähet, ist gleichsam auf eine götliche weise gestaltet; der mund selbst ist etwas länglich-rund, und zühet di anstürmenden küsse mit einem über-aus-lihblichen lächlen vihl begihriger an sich, als der libes-stein oder magneht das eisen; seine härtliche lippen sein so schöhn als korallen, und so sühsse als honig und honigsäum: di zähne sein sehr klein und zahrt, so glat als elfenbein, und stä-[360]hen in einer rächt-lihblichen ordnung an einander: ihr hauchen bläset einen anmuhtigen geruch von sich: ihre stimme ist mehr als mänschlich; das kin ist auch rächt ahrtlich gebildet; di bakken sein schne-weis, und mit einer zahrten röhte verschönert; das angesicht ist mehr rund als länglicht, und zeuget einen helden-muht an; der hals ist lang und gerade, weis wi di lilien, und stähet zwüschen den schultern in seiner rächt-mähssigen gröhsse. Di brust ist so föllig, so kwaplicht und so glat, daß man keine knochchen dahr-an sihet; die brüste sein so lihblich und so rund, und gleichen den pfirsken nicht übel. Ja er gähet solcher gestalt fast durch alle glider ihres leibes, di folkommenheit ihrer schöne zu beweisen.

Wan nuhn mein gnädiges Fräulein noch nicht gestähen wül, daß di schöhnheit an den irdischen geschöpfen zu fünden sei, so wärd' ich ihr färner nichts zu antworten wüssen; nahchdähmmahl [264] so vihl grohsse läute, ja ihr ver wandter Pompejus Kolumna selbst gedachte Fürstin ihrer folkomnen schöhnheit wägen so hohch erhöben, und si so schöne halten, daß auch di tohdten selbst zur libe gereitzet und zur betrachtung einer so fölligen schöhnheit angelokket würden.

Daß aber die mild-gühtige zeugmutter aller dinge meinem gnädigsten Fräulein auch so vihl und mancherlei schöhnheiten rächt überflühssig verlihen habe, könt' ich auch leichtlich erweisen, wan ich mich dässen nuhr erkühnen dürfte. dan, damit ich einem andern di über-träfliche leibes-gestalt zu beschreiben überlahsse, so sag' ich nichts mehr, als daß si der reiche überflus ihrer belihbten Tugenden fast ganz vergötlichet, und unter däm andern frauen-zimmer, als nichtigen geschöpfen, gegen Si zu achten, sehr unkäntlich und erhöblich machchet. Ja, in-dähm Si sich so gahr zu ernidrigen und zu verge-[361]ringern gedänket, so lässet Si di häl-blizzende schöhnheit ihrer träflichen Tugenden noch immer mehr und mehr leuchten, und man würd nicht aufhöhren ein solches tugend-folkommenes Fräulein fohr di schönste zu disen zeiten aus zu ruhffen; ja ih mehr si sich solches ruhmes entäussern würd, ih-mehr würd sich er unter däm Folke häuffen, und durch di gantze wält erschallen.

Wan ich färner wüssen solte, daß meinem gnädigsten Fräulein kein mis-gefallen geschähen würde, so wär' ich wohl willens, ihre schöhnheit unter den läuten lautbahr und berühmt zu machchen, äben auf solche weise, wi der berühmte Nihf der durch-leuchtigen Tagliakozischen Fürstin Johanna getahn hat: Dan ich bin versichchert, daß si selbige wo nicht an äusserlicher, doch zum wenigsten an der innerlichen schöhnheit, weit übertrüffet. Si ist ja sehr wohl erzogen und aufgeführet; hat sich in aller-hand lu stigen übungen und künsten, di einem solchen hohen Fräulein sehr wohl anstähen, von kindheit auf unterweisen lahssen; Si weus so ahrtlich zu mahlen, zu reissen und auf der lauten zu spihlen, daß ihr auch manche meister dahr-innen weichen müssen; Si verstähet di Sünge-kunst, mit der Tichterei, und, was di färtigkeit ihrer glider anbelanget, so kan man aus ihren flüchtigen tänzen gnugsam abnähmen, daß si selbige nicht hat verzährtelen, erstarren oder verlassen lahssen.

Sol ich nuhn dises alles nicht schöhnheit nännen? und worinnen kan ich si anders suchen, als ehrstlich in tugenden und gebährden, dahrnahch auch in geschikligkeit und ahrtiger leibes-gestalt? wan man auch di schöhnheit alzu hohch zwüngen wül, und nuhr alein bei den himlischen suchen, so müssen wihr ändlich ihren namen unter uns gahr austilgen, und den göttern, welchen di unvergängliche billich zukömmet, aleine zu-schreiben. [362]

Mein gnädigstes Fräulein woll' es nicht im argen vermärken, daß ich mich hab' erkühnen dürfen ihren kluhg-sünnigen räden zu widersprächchen; sondern vihlmehr gedänken, daß ich solches zu ihrem fohrteil und zu ihren ehren getahn habe, in-dähm [265] ich erweisen wollen, daß man Ihr eine solche föllige schöhnheit, so folkommen als man si in diser stärbligkeit immermehr haben kan, billich und von rächts-wägen zuerkännen müsse. wan ich Si aber, wider verhoffen, ja möchte beleidiget haben; so bitt' ich üm gnädigste verzeuhung, welch' ich dan gahr leichtlich erlangen wärde, weil ich weus, daß si mihr allezeit vergönnet hat, und noch gnädig vergönnen würd, daß ich mich nicht alein halten, sondern auch öffendlich schreiben und nännen mahg


meines gnädigsten Fräuleins

aller-untertähnigster, färtigster
Knächt und Diner.

xvii.
An seinen brüderlichen Fräund
Hern Träulihb von Nageln,
als er seiner Klugemunde mit der lauten ein wülkommen
brachte.

Avf! währter bruder, auf! verlahs den süchen stand;
was hülft es, wan wihr gleich betauren unser land, [363]
das sich in sich verschlüngt? auf! nüm zur frohen stunde
mit deiner lauten an di ädle Klugemunde,
di izt nuhr widerkömt, und diser frohen stat,
di ihren glanz alein von ihrer schöhnheit hat,
ihr fräuden-feier mehrt. Zehn wochchen sein verwichchen,
als diser lüchte stärn in Uträcht wahr verblichchen,
und bei der Amstel schihn. o welche lange zeit!
di auch entfande selbst di unentfündligkeit.
di tühren hingen lahm, di lüchter bei der strahssen,
fohr denen sonst mit ihr so manche Schönen sahssen,
di stunden ganz betrühbt, weil ihre meisterin
nicht mehr zur ställe wahr. Di bluhmen, di fohr-hin
fohr ihrer linken brust sich ganz verschönert zeugten,
di hingen straks den kopf. di rosen, di sich neugten
zur ärden nider-wärts, weil si nicht mehr beschihn
ihr rächtes sonnen-lücht, di sah man traurig blühn.
doch traurig dise nuhr! di andern ihres gleichen,
di ihr an aller zihr und hohen gaben weichen,
[266]
di waren froh aus neid, und sähn nuhn wider schähl,
daß dise Sonne scheint in Uträcht ohne fähl.
Wihr aber, trauter fräund, sein lustig und erfräuet,
weil unsrer aller fräud' ein solches lücht ernäuet,
das keinen fähler kännt, von keinem ände weus,
und beides tahg und nacht behält den höchsten preis.
Lahsst uns das währte bild mit schönen lidern ehren,
und ihren hohen ruhm mit aller kraft vermehren. [364]
Dein schöner lauten-klang, dehr bis zur sehlen drüngt,
di schwachchen sünnen rührt, und auch ein nu-mänsch zwüngt,
gefällt ihr mehr als wohl. Drüm auf und lahs uns gähen,
was wollen wihr alhihr noch länger stille stähen?
Di schöne nacht brücht an, di tausend-libe nacht,
da deiner lauten schal di mänschen fröhlich macht.
Der rauhe büchsen-klang hat durch den tahg geklungen,
des starken Peters salz luft, ohr und sün durch-drungen,
nuhn sol auch durch di nacht dein angenähmer klang
geist, sehl und härz durchgähn, das schohn fohr fräuden krank.
der lohn ist auch schohn da, di gunst, so dise Schöne
fohr dein' und meine schänkt. der dank fohr dein getöhne,
der tausend-träue dank, dehn dises wunder-bild
in ihrem härzen gihbt, dehr aus der sehle kwült,
und deine mühe kännt, dehr ist mit tausend lidern,
und tausend noch dahr-zu, nicht gnugsam zu erwidern.

xviii.
An di reise-färtige
Rosemund.

Trit härführ, schöne Rosemund, du beängeltes mänschen-kind; das träu-gesünnete lihb-sälige frauen-zimmer der hohch-deutschen fölkerschaft stähet schohn üm seinen stolzen Rein, und wartet deiner ankunft mit fräudigem verlangen; di wällen, dahrauf du zu den götlichen Deutschinnen anlan-[365]gen solt, gäben ein rächtes fräuden-geräusche von sich, und wollen dise angenähme last auf ihrem krausen rükken nahch däm lang-gewündschten lande zu tragen; di winde sein auch schohn gefasst den steuer-man vergnüglich zu entsäzzen;


Si zühn den sanften hauch

aus ihrem tühffen schlunde

mit hohl-gemachtem munde

[267]

und füllen ihren schlauch;

si können kaum so lange

verzühn in ihrer kluft:

di stolze segel-stange

stäht schohn in ofner luft,

und zeucht di frohen flügel

dihr, wunder-schönes Bild.


Drüm auf, o ädele, und begib dich zu schiffe, di lihblichen Amstelinnen und Lechchinnen wärden dich begleiten, und den frohen nahch-winden mit einhälligem glük-wündschen übergäben; es ist izund di lihblichste zeit; das jahr wül dich mit seinen reiffen und überflühssigen früchten entfangen; der wein auf den anmuhtigen bärgen würd sich deiner zahrten hand auch bald zu läsen dahrbüten und deinen kummer versühssen. Drüm eile, meine Schöne, ehe der windter einbrücht und den reisenden alle lust benümt: wihr wündschen dihr sämtlich glük, und bei der grohs-mächtigsten Deutschinnen gnädiges verhöhr.

G.K.O.V.Z. A.D.D.S.

[366]

An den Läser

[268] An den Läser.

Wan der geneugte Läser eines und das andere wort, welches wihr rächt deutsch haben gäben wollen, nicht so bald verstähen könte; so wollen wihr, ihm zum nahch-rücht, folgende wörter mit ihren ehrst-gebräuchlichen namen anhähr-säzzen, als:


Pallas, Kluginne, Blauinne (cæsia virgo).

Diana, Weidinne, Jagtinne.

Mars, Heldreich.

Vulcanus, Gluhtfang.

Venus, Lustinne, Libinne, Lach-mund oder Schauminne.

Cupido, Lihb-reiz, oder Lust-kind.

Juno, Himmelinne.

Neptunus, Schwümmahrt, oder Wasser-reich.

Flora, Bluhminne, oder Westinne.

Pomana, Bauminne.

Echo, Schallinne, wider-ruhf.

Papst, Grohs-erz-vater.

Actæon, weidman.

Status monarchicus, der einhäubtige stand, oder beherschung.

Status oligarchicus, seu aristocraticus, der vihl-häubtige stand.

Status democraticus, der al-häubtige stand, oder beherschung.

recommendiren, den fohr-spruch tuhn, fohr einen spräch chen, ein guht wort verleihen, anbefählen.

minute, zeit-blik.

Natura, zeuge-mutter, ahrt, eigenschaft, u.a.m.

Teppiche, prunk-tücher.

Lieutenant, walt-haupt-man.

Oberster-Lieutenant, Schalt- oder Walt-oberster.

Masque, mum-gesichte.

pistohl, reit-puffer.

Grotte, lust-höhle. [367]

Galere, wal-schif, oder walleie.

Jalousie, schähl-sichtigkeit, libes-eifer.

Spaziren gähen, lust-wandeln, einen lust-wandel oder lust- wal tuhn.

Cabinet, bei-zimmer.

fänster, tage-leuchter.

[269] Monarcha, Erz-könig, oder Römischer Erz-her. wan es aber sonst ein grohsser fürst sein sol, so heisset er nuhr Grohs-her, oder grohs-könig.

politisch, wält-sälig.

complementen, prunk-räden, wort-gepränge.

nonnen-kloster; Jungfer-zwünger.

bleau-mourant, stärbe-blau, schähl-blau.

pomeranze, gold-apfel.

Opfer, Schlacht-gabe.

Tempel, Gottes-haus, oder bau. Altar, Gottes-tisch, und so fortan.


Bisweilen ist auch eines und das andere wort teils versäzt, teils zu vihl gesäzt worden.


[Druckfehler-Verzeichnis]


[368] Mehr hab' ich in der eil in den ehrsten vihr bogen nicht fünden können, das übrige würd der geneugte Läser in den folgenden bogen, unbeschwäret, selbst zu verbässern wüssen, und mich solcher gestalt noch mehr zu seinen dihnsten verpflüchten.


Got mit uns!

ENDE.

Fußnoten

1 M. Barbara heisst in der sirischen sprache so vihl als eine kindes-tochter, oder kindes-kind.

2 Margareta (also hihs ihre Frau Mutter) bedeutet in grichischer sprache so vihl als eine perl.

3 si wahr aus der Seifarter geschlächte gebohren.

4 di Stihf-mutter hihs Catharina, das ist, reine.

5 der Her Vater Gotfride.

6 di stihf-mutter, Katarina Seifartin.

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TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Romane. Adriatische Rosemund. Adriatische Rosemund. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AF65-9