Das Zwölffte Lied

1.
Sonne/ laß scheinen deine Rosen-wangen/
Die mit Rubienen völlig einher prangen/
Komm/ ach du Fürstin der Gestirnten Felder/
ziere die Wälder.
2.
Schmücke dich herrlich mit geflammten Haaren/
Laß durch den Himmel deine Rosse fahren/
Eyle/ die Vogel hör ich schon erschwingen/
Singen und klingen.
[169] 3.
Nun seyd willkommen/ ihr geehrten Stunden/
Die mich dem trauren gantz und gar entbunden/
Nun seyd gegrüßet; Weil wir können meiden
Trauren und Leiden.
4.
Diß ist die Stunde/ Lieber/ laß uns schreiben/
Laß uns mit Liedern diese Zeit vertreiben.
Meine Geliebte wil die süßen Schmertzen
tilgen im Hertzen.
5.
Ach hört! die Pferde/ die geschwinden Pferde/
Schnauben und rennen frölich auff der Erde/
Sie bricht mit Freuden durch die schöne Wälder
Wiesen und Felder.
6.
Lachet ihr Thäler/ ihr begrünten Auen/
Lasset uns wider diese Freude schauen:
Die uns der Ostwind vormahls hat entführet/
Kommet gezieret.
7.
Sey uns willkommen/ du o Zier der Zeiten/
Liljen und Rosen müssen wir ausbreiten/
Wo du/ mein Leben itzo pflegst zu gehen/
sitzen und stehen.
8.
Dein Abseyn machte/ daß die grünen Wiesen
Müsten verwelcken und die Winde bliesen
Nicht mehr so sanffte/ da der Wind aus Norden
stürmisch war worden.
[170] 9.
Ey nun so leb' ich stets in vollen Freuden/
Es soll uns niemand von einander scheiden/
Kein Neid/ kein Trauren/ keine Noth und Leiden
Sollen uns scheiden.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Gedichte. Gedichte. Frühlingslust. Fünfftes Dutzend. Das Zwölffte Lied. Das Zwölffte Lied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AF0A-8