Das Achte Lied

Auff eine vornehme Hochzeit.

1.
Wo ist Euer Schönster nur/
Schöne Braut/ itzt hingewichen?
Folget balde seiner Spur/
Eh Er gar zu sehr verblichen;
Sucht den Liebsten/ Er ist hin/
Es vergeht ihm Muth und Sinn.
2.
Seht! wie sehr Er ist verwundt/
Nichtes ist an Ihm als Liebe/
Wie sein Nahme machet kunt/
Denn der Liebe Feder schriebe
Vor der Zeit in euer Hertz:
Dencket nicht es sey mein Schertz.
[115] 3.
Wann ein Held mit frischem Muth
An den Feind so gierig setzet/
Wird ihm offte Leib und Bluth
Durch das grimme Schwert verletzet/
Daß Er bald muß halten inn
und verlieret Muth und Sinn.
4.
So ist Euer Liebster auch/
Der Euch wollen abgewinnen
und itzund nach Liebes-Brauch
Erstlich wird das schiessen innen/
Das aus euren Augen dringt
und sein gantzes Hertz ümbringt.
5.
Eylt und gebt ihm einen Kuß/
Daß Er mit dem Munde zihen
Euren süßen Athem muß/
Daß die Lippen wieder blühen
und den Rosen werden gleich/
Die anitzt erblasst und bleich.
6.
Ist es/ Schöne/ nun geschehn?
Ist er nicht schon so erquicket?
Ey nun könnt ihr scheinbar sehn/
Wie Er vor in Lieb' entzücket
Gegen Eure schöne Zier/
Daß Er sich geschämt dafür.
[116] 7.
Nun so sprecht Ihm kühnlich zu/
Hertzet/ schertzet/ weil Ihr könnet.
und begebet euch zur Ruh/
Weil Ihr gar vor Liebe brennet/
Geht! o geht! weil Gott und Glück
Euch nicht wieder rufft zurück.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Das Achte Lied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AEC1-0