Das Eilffte Lied

Von Jambischen Versen

Nach der Erfindung und Melodey: An einem Sontag thets geschehen/ etc.


Auff begehren also verbässert.

1.
Als einst Cupido zu den Höhen
Wolt in Dianen Tempel gehen/
Der Opfferung zu wohnen bey;
Ist er zu späte dahin kommen/
Die Stühle waren eingenommen/
Doch trängt Er ein sich ohne scheu;
Der Korydon war gleich auch da/
Dem Er in etwas trat zu nah/
Drümb ihn der Hürte schäl ansah.
[72] 2.
Sprach/ Lecker/ bistu toll von Sinnen?
Wiltu noch Schalckheit hier beginnen?
Damit trat Er Ihm auff das Bein/
Cupido muste diß verschmertzen/
Wie wohl ihm solcher Schimpff im Hertzen
Ein heimlich Kreutze mochte seyn.
Er rechte Koridons Gewalt
und nam im Augenblick alsbald
An sich der Delien Gestalt.
3.
Es mochte Koridon wol wissen/
Daß Delia stets war geflissen
Dem Opffer gern zu wohnen bey/
Drümb wolt' er Sie allda sehn stehen/
und dann mit ihr nach Hause gehen:
Cupido aber treugt ihn frey;
Schlägt wie die Hürtin an die Brust/
und reitzt den Koridon zur Lust;
Es war Ihm keine List bewust.
4.
Als nun das Opffer war geendet/
Cupido sich nach Hause wendet/
Denckt Koridon/ nun ist es Zeit/
Daß ich die Liebste mag begleiten/
und fügt sich an Cupidons Seiten/
Der lacht ihn an mit Freundligkeit:
Der Hürte war erfreut so gar/
Denn Er diß vor gewohnet war/
Weil er sie schon geliebt viel Jahr.
[73] 5.
Er nam Cupido bey den Händen/
Der ihn so artlich konte bländen/
und sprach/ ich lieb' euch träfflich sehr/
Küsst ihm hiermit auff seine Wangen/
und will mit Freuden Ihn ümbfangen/
Er meint/ daß Er im Himmel wer:
Es fielen viel der Liebes-Wort/
Der Koridon eylt mit Ihm fort
Zu kommen an den schönen Ort.
6.
Da eben nun kam her geschritten
Die Delia von Ihrer Hütten/
und Koridon von fern erkant/
Küsst ihn Cupido noch der kleine/
sprach/ tritt forthin auff deine Beine:
Hiermit von stunden er verschwandt.
Der Hürte gantz betrübet stund/
In dieses sich nicht schicken kunt/
Bald Delia thet auff den Mund:
7.
Sie sprach/ halt! was war das vor Eine/
Mit der du gingst im Feld' alleine/
Wars deine Delia? O nein/
O falscher Hürt'/ ich kan nun spüren/
Daß du viel andre pflegst zu führen/
Will nicht mehr deine Hürtin seyn.
Der Hürte sagte gantz kein Wort/
Sie aber lieff und ließ ihn dort
Sehr traurig sitzen fort und fort.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Gedichte. Gedichte. Frühlingslust. Erstes Dutzend. Das Eilffte Lied. Das Eilffte Lied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AE77-9