Als Herr Mertens disputirte und das größte Lob erhielt, hat sein Freund auf seiner Leyer diese Ode abgespielt

Den 28ten May 1737.


In andern Namen.


Wer ist da? Nur herein! Willkommen Herr Pedel!
Ists Zeit? läuft eure Uhr auf einmahl also schnell?
Mein Herr! ich säume nicht, ich halte nichts von Zaudern.
Ich sehe allbereits die Candidaten gehn,
Ich sehe ebenfalls die Opponenten stehn.
Ha! ha! ich hör sie schon vor dem Catheder plaudern.
Mir wird von Hören warm; Ihr Herren Candidaten,
Ihr werdet, wie mich dünkt, gewiß noch ärger braten.
Lisander hustete, und putzete sein Kleid,
Schob die Manschetten gleich, und strich die Krause breit,
Grif die Peruque an, und rückte sie zurechte.
Dann bracht er ernstlich vor: Ob auch ein Frauenbild
Wenn eine Manns-Person sie eine Hexe schilt,
Und also ins Geschrey der Zaubereyen brächte;
Dadurch geschimpfet sey? Ob sie aus diesen Sachen
Auch wohl Injurien-Processe könte machen?
Der muntre Candidat warf aber lächelnd ein:
Dieß heiset nicht geschimpft. Der Schönheit Glanz und Schein
Kan wohl nach Riesen-Art die stärksten Herzen zwingen,
Und eben dieses ist die schönste Zauber-Kunst.
Sie geht natürlich zu, und bringet Gegen-Gunst;
Und solche Hexerey kan keine Strafe bringen.
Wer einem Frauenbild den Titel, Hexe, giebet,
Der zeiget dadurch an, daß er sie ehrt und liebet.
[437]
Dann trat Philinus auf, und sagte mit Bedacht:
Es hats das Pfändungs-Recht im Felde hochgebracht,
Die Schützen pfänden scharf, worbey sie öfters schlagen.
Wie wär es, wenn ein Held und Venus-Ritter käm,
Und sich zum Augenmerk ein fremdes Weichbild nähm,
Um in gehögter Flur ein Stückgen Wild zu jagen?
Darf auch der Herr davon das Schützen-Amt vollenden,
Und seinen Wilprets-Dieb nach eignen Willen pfänden?
Die Antwort folgte gleich: Im Fall es sich begiebet,
Daß sich Trometius in Clamons Wild verliebt,
Und Clamon trift ihn an: so mag er Schütze heisen.
Ihm ist das Pfändungs-Recht auf keine Art verwehrt,
So gut es ihm die Zeit verstattet oder lehrt.
Meint er ihn aber nicht so knechtisch abzuspeisen;
So kan er ihn auch wohl gut ritterlich tractiren;
Das Faust-Recht alter Zeit nach Lust an ihn probiren.
Dann ließ Reinaldus sich vor dem Catheder sehn,
Er wußte nach der Kunst die Füsse schön zu drehn,
Er strich den Stoppel-Barth, und fieng drauf an zu reden:
Es ist nur unser Volk, das Mänliche Geschlecht
Befugt vorm Feind zu gehn; es hat allein das Recht
Daß es die Feinde darf auf einer Wahlstadt tödten.
Allein es scheint nun auch, das Weiber kämpfen wollen.
Nun fragt sichs: Ob wirs nicht vielmehr verwehren sollen?
Jedoch der Candidat ward wie ein Schaaf ergrimt;
Und sprach: der Degen ist nur unsrer Faust bestimmt;
Die Weiber dürfen nur mit Hand und Fingern kämpfen.
Kein Feldzug kömmt mit Recht den lieben Weibern zu,
Denn sonsten hätten wir in Federn keine Ruh:
Die Wahlstadt ist allhier, wo sie die Feinde dämpfen.
Laßt sie nur immerhin beherzt mit Flöhen kriegen;
Wenn wir im Lager nur sie ruhiglich besiegen.
Bellino wurde Angst, er wurde ziemlich roth,
Da man nun seiner Kunst den Auftrit anerboth.
Doch endlich ließ er sich mit dieser Frage hören:
Ob eine Eh-Frau auch von selbsten ihrem Mann,
[438]
Ohn seinen Vorbewust etwas entziehen kan?
Ob nicht in solchem Fall auch Zeugen nöthig wären?
Und ob sie ohn Notar, ohn Vormund, oder Zeugen
Ihm was vermachen kan, ohn alles Recht zu beugen?
Der muntre Mevius bewieß die Sache bald;
Ist in der Silvia die Redlichkeit erkalt,
So kan sie in geheim dem Mann die Treu entziehen.
Sie braucht zu diesen Schluß nicht eines Zeugens Mund:
Und folglich darf sie auch zu ihren neuen Bund
Sich um Notarien und Zeugen nicht bemühen:
Ohn Vormund, ohn Notar kan sie die schönsten Sachen
Zum Hauptschmuck ihrem Mann ganz ingeheim vermachen.
Wie hälts? Ey wer beschließt die Disputation?
Wer ist der Würdigste? wer trägt den Hut davon?
Gleich trat Herr M- – auf und zeigte Kunst und Gaben.
Er disputirete mit viel Geschicklichkeit,
Da rief die Themis laut: Dem ist der Preiß bereit;
Der ist der Würdigste; Der soll mein Kleinod haben.
Viel Glücks Zum Doctor-Hut! Ich wünsche dir darneben:
Das Glücke woll dir auch ein schönes/ reiches/ frommes Weibchen geben!

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Als Herr Mertens disputirte. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AD29-0