Auf die Abziehung derer hiesigen Churfürstl. Maynzischen Soldaten nach den Rhein

Den 29ten October 1733.


Ode.


Was schallet jezt vor ein Geschrey
Aus Martis hocherhabnem Munde?
Es heist: Es kommt die Zeit herbey,
Es nahet sich nunmehr die Stunde,
Da mein geliebtes Kinder-Chor
In schönster Ordnung trit hervor.
Auf! auf! ihr müßt durch Ubung derer Waffen,
Euch Ruhm und Ehr, auch Glück und Beute schaffen.
Wie lang wolt ihr in Mauren seyn?
Was schlummert ihr in euren Thürmen,
Und sperrt euch in Baraquen ein?
Auf in das Feld! ihr müsset stürmen!
Gelegenheit zum Krieg ist da,
Gelegenheit zum Sieg ist nah.
Drum auf! und geht zum Rhein und nach Pohlen,
Und wo es Noth. Denn Mars hats so befohlen.
[484]
Kaum war diß strenge Wort gesagt;
So hat es Fama ausgetragen:
Worauf Die Helden sich befragt:
Wie? Wo? und wenn sie möchten schlagen?
Wohin der Lauf wohl könte gehn?
Und wo sie etwan müßten stehn
Wenns vor dem Feind vieleicht zum streiten käme:
Wer wohl den Sieg mit sich zurücke nähme?
Der eine sprach: Es geht ins Reich;
Der andre sagte, nein nach Pohlen.
Der sprach, mein Herze wird nicht weich
Den Ruhm in Schlesien zu hohlen.
Der wünschte sich am Rhein zu gehn,
Der fünfte wolte Welschland sehn;
Der sehnte sich nach denen Moscowittern;
Der wolle vor Franzosen nicht erzittern.
Der eine sprach, ich freue mich,
Durch manche Oerter zu marschieren;
Da will ich Mädgen mächtiglich,
Und auch den Bauers-Mann vexiren.
Der andre sprach, jetzt geht es an,
Daß ich mir Vortheil machen kan.
Jezt ist es Zeit den Beutel und die Flicken
Mit Gold und Geld und waren auszuspicken.
Der dritte sagte: das ist gut,
Nun will ich mir bald die Gamaschen,
Mit meiner Feinde Schweiß und Blut,
Zu meiner größten Ehre waschen.
Der vierte sprach: Ich fall dir bey,
Und warte auf ein Feld-Geschrey,
Daß ich die Hand zum Kampfe kan erheben;
Der stolze Feind soll zittern und erbeben.
[485]
Der Aufbruch war nunmehro nah;
Man hörte nichts als von Marschiren.
Die Helden ruften hier und da:
Wir müssen Martis Wort vollführen.
Nun lagern wir uns in das Feld:
Ein jeder zeig sich als ein Held,
Und endige der stolzen Feinde Schnarchen;
So ehren uns die Fürsten und Monarchen.
Mercur kam auch mit Mavors Wort,
Nach Erfurt und zum Petersberge.
Es hieß: Ihr Streiter laßt den Ort;
Doch übergebt zuvor dem Scherge
Noch einen von der Feigen-Zahl 1
Dem färbt dem Rücken überal 2
Alsdenn marschiert, und lasset Erfurts Auen
Und blaches Feld von anderen beschauen.
Die schönen Fahnen, die man euch
Vor kurtzen Jahren eingeweyhet 3
Die nehmet mit, ersucht zugleich
Den Höchsten, daß er Kraft verleihet.
Freut euch, daß sie ins Lager gehn,
Und vor des Feindes Augen stehn.
Geht hin, die ihr derselbigen geschworen!
Das Glück zieh mit; so geht ihr nicht verlohren.
So bald dieß Wort gesprochen war,
So schnelle war es auch vollzogen.
Es sprach des Martis Kinder-Schaar:
Der Himmel ist uns recht gewogen,
[486]
Weil er uns solche Stunden giebt,
Da man sich in den Waffen übt?
Glück zu! Glück zu! wir wetzen nun die Degen,
Und glauben auch, daß schon der Sieg zugegen.
Zieh hin Du Edles Martis Heer!
Gott wird Dich allezeit begleiten!
Er gibt Dir Stärke, Glück und Ehr,
Und wird vor Dich im Kriege streiten!
Gott schütze Deinen Josua!
Komm heim! und ruf Victoria!
Soll dieß nicht seyn; so sterbt als rechte Helden,
Daß man von Euch die Tapferkeit kan melden.

Fußnoten

1 Eine Stunde vor ihrem Abzuge wurde noch ein, Gefreyter gehengt.

2 Und einer bekam die Spießruthen.

3 Anno 1729 wurden auf der Festung Petersberg 5 schöne neue Fahnen mit gewöhnlichen Ceremonien eingeweyhet.


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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Auf die Abziehung derer Churfürstl. Maynzischen Soldaten. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-ACEE-D