[144] Herbstfäden

In Fieberröte träumt der Baum
Den letzten goldnen Sonnentraum.
Der blaue Himmel lächelt
Wie sanftes Leid.
Horch, seltsam schnarrende Weisen!
Die Wandergänse reisen,
Zum Keil gereiht.
Am Webestuhl die Spinne lauscht,
Wie droben das Geschwader rauscht.
Ihr wird so fernesüchtig,
So bang zu Sinn.
»O hätt ich schwirrende Flügel!
Weit über blaue Hügel
Flög ich dahin.«
Und wie sie grübelt, wird ihr klar
Ein Flugmaschinchen wunderbar.
»Mein Werk soll mich erlösen!
Drum frisch gewebt,
Bis ob der braunen Heide
Ein Segel aus weißer Seide
Im Lufthauch schwebt!«
Da segelt nun das kleine Ding,
Wie Faust am Zaubermantel hing.
[145]
So fand dein Spintisieren
Nun doch den Pfad!
Dich trägt, was du gesponnen,
Zu Gärten neuer Wonnen.
Heil deiner Tat!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Wille, Bruno. Herbstfäden. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A9A5-B