[56] Sonnenwende

Nun hat die Sonne glühend schwül
Des Himmels steilste Höh erklommen.
Johanniskraft, ein grau Gewühl
Von Wetterdunst, kommt hergeschwommen.
Schon dunkel grünt der Strauch und satt;
Vergilbt die Rasenspitzen hangen.
Noch einmal ruft der Kuckuck matt,
Dann ist ihm alle Lust vergangen ...
O weh, der junge Frühling ist gestorben.
Blaugrüne Motten ruhn erschöpft
Vom Liebesrausch auf Skabiosen;
Der Löwenzahn hat sich beköpft
Mit silbergrauen Flockenrosen;
Die Kiefern stäuben schweren Duft;
Im Espenwipfel zirpt die Meise;
Darüber zieht durch trübe Luft
Ein Habicht drohend seine Kreise ...
Ein unsichtbarer Schnitter wetzt die Sense.
Und horch, nun zischt und zischt der Schnitt
Und rafft die Halme, rafft die schmucken/
Und trifft und trifft mein Herze mit;
Bei jedem Takte muß es zucken.
[57]
Auch meine Wende kam! Ade,
Lichtgrüne Zeit, da ich gestiegen!
Nun geht's bergab! Es tut gar weh,
Wenn welk der Jugend Schwaden liegen ...
Und doch/ im Heuduft träumt es sich so süß!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Wille, Bruno. Gedichte. Der heilige Hain. Naturseelen. Sonnenwende. Sonnenwende. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A857-5