[64] Das Gelübde

Unter dicht bewachsnen Linden
Fand mich Damon ganz allein,
Und er glaubt aus tausend Gründen,
Meiner Liebe werth zu seyn:
Doch ich sprach, nein, dich zu lieben,
Lieber Damon, geht nicht an,
Von der Freyheit Glück getrieben,
Hab ich ein Gelübd gethan.
Seines Lebens ganzes Glücke,
Seiner Freuden Gegenstand
Nennt er mich: mit sanftem Blicke
Drückt er mir dabey die Hand.
Ja, er raubt mir einge Küsse,
Eh ich weis, wie mir geschicht;
Schmeckten sie gleich noch so süße,
Mein Gelübd brach ich doch nicht.
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Wild zog er mich zu sich nieder,
Setzte mich auf seinen Schoos;
Doch mir bebten alle Glieder,
Kraftlos sank ich auf das Moos:
Nacht umnebelte die Sinnen,
Ich weis nicht, wie mir geschah!
Kurz: beklagt mich Schäferinnen,
Mein Gelübde brach ich da!
Mädchen, wollt ihr etwas wagen,
Wagt nur ein Gelübde nicht!
Denn ihr brechts in ersten Tagen,
Wenn euch nur ein Schäfer spricht:
Mit der Freyheit frey zu walten,
Welch gefährlich Eigenthum!
Götter! dieß Gelübd zu halten,
Schafft uns und die Schäfer um!

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TextGrid Repository (2012). Weiße, Christian Felix. Gedichte. Scherzhafte Lieder. Das Gelübde. Das Gelübde. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9A7C-2