Christian Weise
Vom verfolgten Lateiner

Personen

[129] Personen.

    • Roland der Richter.

    • Storax der Landschöppe.

    • Cyriax ein Beysitzer.

    • Petronella seine Frau.

    • Urselchen die Tochter.

    • Lampert ein Beysitzer.

    • Blandina seine Frau.

    • Villenchen die Tochter.

    • Balduin,
    • Donat, zwey Studenten.

    • Pomponius der Kirchschreiber.

    • Hahnenfuß,
    • Ziegenbein, zwey Feuermeuerkehrer.

    • Etliche Beysitzer die nichts zu reden haben.

    • [129][131]

1. Akt

1. Auftritt
Erster Aufftrit.
Cyriax. Petronella.

CYRIAX.
Ich werde wohl ein Wort reden dürften.
PETRONELLA.
Und ich werde wohl mit meiner Nothdurfft auch einkommen dürften.
CYRIAX.
Ja ja Nothdurfft werdet ihr meinen. Ich dencke daß ich Herr im Hause bin.
PETRONELLA.
Und ich dencke daß ich kein Narr im Hause bin.
CYRIAX.
Ein Vater weiß über seine Kinder zu befehlen.
PETRONELLA.
Die Mutter weiß am besten / was sie mit ihren Kindern ausgestanden hat.
CYRIAX.
So weit wollen wir ietzo nicht kommen: Das sag ich / unsere Tochter soll noch keinen Mann nehmen.
PETRONELLA.
Ich bin Mutter / die Tochter ist mein.
CYRIAX.
Was spricht aber der Vater darzu?
PETRONELLA.

Ihr Leute denckt nur / was mir vor ein Hauß-Creutz gleich den ietzigen Abend über den Hals kömmt! Ich dachte mein Mann wäre noch so gut: Ich hatte ihm lassen ein Gerichte Pültze ma chen / ja mein Seele / ich hatte sie die gantze Nacht im Backofen stehen / daß sie recht ausschwitzen solten. Ich hatte auch anderthalb Schock Wasser- Nüsse so hübsch im Wasser lassen aufquellen / daß ich dachte / der Narr würde mir heute keinen bösen Abend machen. Nun / stehet irgend ein böses Zeichen im Calender / daß er meines Mägdels halber Händel anfängt. Denn da giebt sich ein Freyer an / und das lose Ding war schon vor anderthalb Jahren reverenter 14. Jahr alt: Ich dächte wer so ein Misthäuffel vor der Thür hätte / der möchte den Leuten noch Geld zugeben / daß er mit Einen weggeschaffet werde. Je nu / ich will doch sehen / was draus wird. Ich dencke doch immer eine Mutter hat über die Tochter mehr zu befehlen.

CYRIAX.
Krieg ich keine Antwort?
PETRONELLA.

Was wollen wir einander viel antworten? Das Mägdel hat heute einen Freyer: Morgen ist sie eine Braut: Die Mutter spricht ja: Der Vater giebt Geld / damit holla.

[131]
CYRIAX.

Ist das nicht ein Hertzeleid / daß wir solchen Narren so bald ins Unglücke stürtzen! Das unschuldige Kind weiß nicht einmahl wo Matz Pfeffer-Kuchen holt / und soll eine Hauß-Wirthin bedeuten.

PETRONELLA.

Je ne potz Dreck / wenn sie nun keinen Peffer-Kuchen hätte / wüste sie doch wol / wie man einen Hirse-Pappe kochen solte. Das sag ich / wer meine Tochter nicht vor voll ansiehet / der tadelt mich / als wann ich sie nicht recht erzogen hätte.

CYRIAX.

So so Jungefrau / wollen wir miteinander dahin? Last doch die Tochter herkommen / ich will sehen / ob sie ein Höltzgen ist / da man noch vor Weynachten eine Hauß-Mutter draus schnützen kan.

PETRONELLA.

Ich dächte / mein Wort solte so viel gelten / daß man der Narren-Possen nicht bedürffte. Doch meines guten Gewissens wegen mag es immer geschehen. Urselchen komm doch raus.

2. Auftritt
Anderer Aufftrit.
Cyriax. Petronella. Urselchen.

URSELCHEN.
Liebe Frau Mutter / was will sie?
PETRONELLA.

Denckt doch ihr Leute / wie schöne kan mein Mägdel reden / und mein alter Narr wolte sie lieber an ihrem Glücke verhindern.

URSELCHEN.
Liebe Frau Mutter / was soll ich?
PETRONELLA.
Das lose Kind muß zum drittenmahl fragen / es steht ihr gar zu fein an.
URSELCHEN.
Liebe Frau Mutter hat sie mich nicht gerufft?
PETRONELLA.
Ich habe dich wohl gerufft: Du solst zum Herr Vater kommen.
URSELCHEN.
Lieber Herr Vater / was soll ich?
CYRIAX.
Frage die Mutter / die mag dirs sagen.
URSELCHEN.
Ach lieber Herr Vater sagt mirs nur selber.
CYRIAX.
Ists wahr / daß du noch vor Weynachten einen Mann haben wilst?
URSELCHEN.
Mein lieber Herr Vater / wer hat das gesagt?
[132]
CYRIAX.
Dein Gewissen wird dirs sagen / und deine Mutter hat mirs gesagt.
URSELCHEN.

Hertzliebster Herr Vater / ich dencke Vater und Mutter stehen im vierdten Gebothe bey sammen; Wenn die Frau Mutter ja spricht / so wird der Herr Vater nicht zuwieder seyn.

PETRONELLA.

Ach wo die Worte das steinerne Hertze nicht erweichen / so weiß ich kein Mittel. Ach hertzer Mann ists nicht genung / daß uns die Leute des schönen Kindes wegen nicht viel guts gönnen / wolt ihr uns beyde selber kräncken.

CYRIAX.
Ich gönne dem Kinde was guts: Sie soll noch 8. Jahr bey mir bleiben.
PETRONELLA.

Was sie in acht Jahren lernen kan / das hat sie bey mir schon begriffen; Und ihr denckt gewiß / in 8. Jahren werden wir auch ein paar Kerlen vor uns haben / da wir auslesen können.

CYRIAX.
Sie muß auch wohl vor zum Verstande kommen.
PETRONELLA.
Und ich lasse mein Kind keinen unverständigen Narren vergleichen.
CYRIAX.
So höre doch Urselchen / kanst du einen Meel-Sack machen? Wie viel hat er Zippel.
PETRONELLA.
Das wird sie wohl wissen / daß ein Meel-Sack drey Zippel hat.
URSELCHEN.
Ja ja der Meel-Sack hat drey Zippel.
CYRIAX.
Das gilt nicht: Die Tochter muß antworten. Sage du mir / wie viel Zippel hat ein Lauge-Sack?
PETRONELLA.
Je nu der hat einen Zippel / und in der mitten.
URSELCHEN.
Der Lauge-Sack hat einen Zippel / und in der mitten.
CYRIAX.

Ey du Schnäpperchen hätte dirs die Mutter nicht vor gepfiffen / einen Quarck würdest du wissen. Höre sage mir / wie viel brauchen wir Stiche zu einem Mannes Hembde?

URSELCHEN.
Lieber Herr Vater / ich brauche keinen.
CYRIAX.
Das Hembde wird wohl von sich selber nicht fertig.
URSELCHEN.

Wenn es aber fertig ist / daß es numehro ein rechtschaffenes Mannes Hembde heissen kan / so sind die Stiche nicht mehr von nöthen.

CYRIAX.

Wenn ich aber die Leinwand zugeschnitten habe / wie viel brauchest du Stiche / biß ein Mannes Hembde fertig wird?

URSELCHEN.
Ich brauche wieder keinen.
[133]
CYRIAX.
Wie kommen denn die Stücke zusammen?
URSELCHEN.

Ich habe ein Böhmisch Mägdel / dem gebe ich sechs Gröschel / die bringt mir alles gar hübsch zusammen / und ich kan die Zeit in der Haußhaltung besser anwenden.

PETRONELLA.
Ach hertzer Mann / das Mägdel ist euch viel zu klug: Wir mögen sie mit Ehren vom Halse schaffen.
CYRIAX.
Verstört mich nicht. Was wilst du bedencken wenn du ein Bier zu brauen hast?
URSELCHEN.

Die Mältzer und die Brauer wissen was sie thun sollen: Wenn das geschehen ist / so kühlen wir aus / wir setzen zusammen / darnach lassen wir fassen.

CYRIAX.
Aber wenn muß dieses geschehen?
URSELCHEN.
Hertzlieber Vater / wenns Zeit ist.
CYRIAX.
Weist du aber wenns Zeit ist?
PETRONELLA.

Ey was wollen wir fragen / obs Zeit ist? Wäre es mit dem Mägdel nicht Zeit / so käme kein Freyer. Komm Urselchen / wir wollen an die Thüre treten / der Vater mag in der Stube brummen wie er will: Wenn der Freyer vorbey gehet / so wissen wir auch / was wir reden wollen.

CYRIAX.
Ich biethe euch beyden Trotz / daß ihr mir an die Klincke greiffet.
PETRONELLA.

Sieh da mein tausend Schatz / hast du auch geredt? Das wäre mein erstesmahl / daß ich mir liesse Trotz biethen.

CYRIAX.
Ich wills haben / bleibt da.
PETRONELLA.
Mir ist immer gar anders ums Hertze.
CYRIAX.
Laß dir eine Sache nicht zweymahl befehlen.

Er ficht ihr vor den Augen.
PETRONELLA.
Urselchen schlug mich der Vater?
URSELCHEN.
Hertzliebe Frau Mutter / ich wuschte gleich die Augen / ich habe es nicht gesehen.
PETRONELLA.
Höre du Schabe-Hals / hast du mich geschlagen?
CYRIAX.
Ich habe dich nicht geschlagen: Aber das will ich haben / du solst mir in der Stube bleiben.

Er ficht wieder.
PETRONELLA.

Uber dem Gefechte möchte ich eine Ohrfeige nach der andern kriegen: Mein liebes Urselchen / ärgere dich nicht: Was ich thue das muß ich thun.


[134] Sie kriegt ihn von hinten zu / und wird des Mannes mächtig. Die Tochter fängt jämmerlich an zu schreyen.
3. Auftritt
Dritter Aufftrit.
Cyriax. Petronella. Urselchen. Storax.

STORAX.

Ich gehe gleich vor dem Hause vorbey: Die Christliche Liebe zwinget mich / daß ich darnach sehen muß / warum die Leute so ein lästerlich Geschrey anfangen.

CYRIAX.
Laß mich gehn du Hure!
PETRONELLA.
Laß mich gehn du Scheune!
STORAX.

Ey ey Herr College, Herr Amts-Bruder / das gibt schlechten Respect. Ich befehle euch im Nahmen eurer gebietenden Obrigkeit / daß ihr gleich von einander gehet.

CYRIAX.
O ich will der Obrigkeit gerne gehorsam seyn: Helfft mir nur von dem bösen Volant.
STORAX.

Fr. Gevatter / Frau Nachbarin / so höre ich / woran es ligt: Halt Friede / sonst muß ich nocheinmahl von der gebietenden Obrigkeit schwatzen.

PETRONELLA.
Des Worts halben will ich was thun. Aber seyd ihr gut davor / daß ich zufrieden bleibe?

Sie springt zurücke.
CYRIAX.
Ja du solst zufrieden bleiben / wenn ich dir alle Rieben im Leibe werde zerknirschet haben?
STORAX.
Das muß nicht seyn / sonst komme ich mit einer schweren Hand darzwischen.
CYRIAX.

Herr College, das werdet ihr nicht thun / daß sich ein rechtschaffener Mann soll schimpften lassen. Denckt doch / wenn eure Frau so eine Comœdie mit euch spielen wolte!

PETRONELLA.
Ey die Frau Gevatterin gibt dem Herren nicht so viel Anlaß darzu.
STORAX.
Worinne bestehet dann eure Zänckerey?
PETRONELLA.

Mein Mägdel ist nun anderthalb Jahr über 14. und hat [135] einen Freyer. Doch dem Raben Vater zu gefallen soll sie noch 10. Jahr warten.

STORAX.
Herr College, Herr Gevatter / ist das geschehen?
CYRIAX.

Warum hat mir die Frau nicht gute Worte gegeben. Ich hätte doch wohl gewust was ich hätte sprechen sollen.

STORAX.
Ihr thummen Leute / müst ihr denn flugs zuschlagen?
PETRONELLA.
Was kan ich davor / daß mir der böse Volant ins Gesichte fuhr?
CYRIAX.
Ja ich möchte sprechen / was kan ich davor / daß mich die böse Wasser Nixe beym Genicke kriegte?
STORAX.

Ihr guten Leute / stehen die Sachen so? Das kan leichte vertragen werden. Bedencket euer liebes Kind. Wenn ihr euch der Hochzeit wegen schlagen wollet / so kriegt die Braut bey meiner armen Treu auch Schläge.

CYRIAX.
So sehr wolte ich mein Kind wol auch nicht verwahrlosen.
PETRONELLA.
Ja freylich wissen wir nun / über wen wir seufftzen wollen.
STORAX.

Nu nu / wir dürffen noch an kein Seufftzen gedencken. Zeit hat Ehre: Wenn alles vergeben und vergessen wird / so wollen wir hoffen / daß dem Kinde nichts wiederfahren soll. Last den Freyer immer in GOttes Nahmen kommen / und was ihr einander gethan habt / das mag vexiererey gewesen seyn.

PETRONELLA.
Ich bins zu frieden / wir haben uns mit einander vexieret.
CYRIAX.
Ich wäre es auch zu frieden. Nur mein Kopff will nicht ja darzu sprechen.
STORAX.

Thuts nur dem lieben Kinde zu gefallen. Der Herr College dort drüben hat auch bey seiner Tochter Freyers-Sorgen: Sprecht ihm mit einander zu / wer weiß was ihr vor gute Gedancken werdet zu wege bringen.

CYRIAX.

Was thut ein Vater nicht seines Kindes wegen! Doch Herr College, Herr Amts-Bruder / er wird anderswo von der Vexiererey nicht viel reden.

STORAX.
Es ist so viel / als wenn ich was auff unserm Rath-Hause gesehen oder gehöret hätte.
CYRIAX.

Nun Urselchen / gehe doch rüber und grüsse den Herrn wenn es ihm gelegen ist / so wollen wir zu ihm kommen.

PETRONELLA.
Halt halt ich will dir auch was sagen / wie du zur Frau Gevatter sprechen solst.

[136] Sie gehet mit Urselchen ab.
CYRIAX.
Herr College, Herr Gevatter / das mahl thue ichs ihm zu gefallen.
STORAX.

Und ich habe euch das zu gefallen gethan. Was hin ist / das ist hin. Wer weiß was vor ein schöner Sonnenschein auf das Ungewitter folgen wird.

CYRIAX.
Nun ich muß den Trost annehmen: GOtt gebe allen meinen Tröstern einen frölichen Sonnenschein.
4. Auftritt
Vierdter Aufftrit.
Lampert. Blandina. Villenchen.

LAMPERT.
Ja ja die Sache muß im Anfange wohl bedacht werden.
BLANDINA.

Es ist wahr / mit dem Freyen ist zu langer Kauft. Es heist darnach / hast du mich genommen / so mustu mich behalten.

LAMPERT.

Dencke mein liebes Villenchen wir haben wol gute Mittel / daß wir deinen Mann ernehren können: Aber wenn er ein Wüterich wäre und schlüge dir einen Arm oder gar das Nasen- Bein entzwey / was würde das vor ein Hertzeleid seyn?

VILLENCHEN.
Mein lieber Herr Vater / darff es doch nicht seyn / ich will ihn nicht haben.
BLANDINA.
Aber sieh / vergangene Bartholme warst du 16. Jahr / in 100. Jahren bist du 116.
VILLENCHEN.
So will ich ja sprechen und will ihn nehmen.
LAMPERT.

Denckt / wenn der Freyer vor der Hochzeit ein hitzig Fieber kriegte und stürbe / wenn wir das Vieh und alles geschlachtet hätten / was würde das vor ein Schade seyn / und wie würden sich unsere Wiedersacher damit kützeln.

VILLENCHEN.
Ehe ich das erfahren soll / so will ich meine Jungferschafft mit ins Grab nehmen.
BLANDINA.

Aber wenn du auch als ein ehrlich Mensch mit darffst zur Lache gehen / so wird dirs auch sanffte thun.

VILLENCHEN.
Meint die Frau Mutter / daß mirs sanffte thut / so bin ich auch zu frieden.
[137]
LAMPERT.

Man hat Exempel / daß junge Leute sind in die Wochen kommen / und die Kinder sind aus der Bade Mulde zu tode gefallen.

VILLENCHEN.
Ach ich armes Kind dahin will ich nicht.
BLANDINA.

Meine Tochter ist mir nicht aus der Bade Mulde gefallen: Es ist doch hübsch / wenn wir ein Spiel-Vögelchen zum Groß-Vater schicken.

VILLENCHEN.
Wenn es hübsch ist / so will ich gerne gehorsam seyn.
5. Auftritt
Fünffter Aufftrit.
Lampert. Blandina. Villenchen. Urselchen.

URSELCHEN.
Ich bin fein grob / und gehe gleich zu. Einen freundlichen guten Tag.
BLANDINA.
Grossen Danck Jungfer Urselchen. Das ist ein seltzamer Gast.
URSELCHEN.

Ich darff nicht eher kommen / als biß ich von der lieben Frau Mutter geschicket werde. Ich soll auch von dem Herrn Vater und von der Fr. Mutter einen freundl. Gruß bringen / und wo sie keine Ungelegenheit verursachen / so wollen sie gerne auf ein Wort einsprechen.

BLANDINA.

Die Gäste sollen uns von Hertzen lieb seyn: Es ist nur Schade / daß wir die beste Ehre werden müssen schuldig bleiben.

URSELCHEN.
Die Ehre wird deß Herrn Vaters und der Frau Mutter seyn.
BLANDINA.
Doch wie stehts / soll man bald Glück wünschen.
URSELCHEN.
Worzu soll ich mir Glück wünschen lassen?
BLANDINA.
Zu was / als zu einem Freyer? mich deucht immer sie wird nun bald 15. Jahr seyn.
URSELCHEN.
Sie möchte immer sprechen 16. aber mit so einem armen Kinde ist es noch wohl Zeit.
BLANDINA.
Ey sie wird ja nicht unter die armen Kinder gehören.
URSELCHEN.

Je nu / es möchte ja wol einer ein stücke Brod bey mir kriegen: Aber wem es an Schönheit und sonst an Glücke fehlt / der ist arm genung.

BLANDINA.
Höre höre Villenchen, das war ein Spitz-Gröschel vor dich.
6. Auftritt
[138] Sechster Aufftrit.
Cyriax. Petronella. Lampert. Blandina. Villenchen. Urselchen.

PETRONELLA.

Nun du loses Mägdgen / du bringest uns keine Antwort. Wir gehen gleich zu / und wissen nicht, ob wir kommen sollen.

BLANDINA.

Ach sie sind uns gar angenehm. Hier empfangen sie einander und schnattern vielerley zusammen. Es ist mir von Hertzen lieb / sie verzeihen uns / es ist nicht daran zu gedencken / solche seltzame Gäste muß man in Ehren halten.

LAMPERT.
Nun sie seyn gebeten und setzen sich. Herr College, Herr Amts-Bruder / er mache den Anfang.
CYRIAX.
Ich bin nicht herkommen Ungelegenheit zu machen / aber die Frau Gevatter muß sich zuvor setzen.
BLANDINA.

Ja / ja / ich will mich zur Fr. Gevatter setzen / daß der Streit ein Ende hat. In meinem Hause heist es: Schlecht und recht behüte mich.


Sie setzen sich / die Männer / die Weiber / die Jungfern zusammen.
LAMPERT.
Nun Herr College, was haben wir sonst guts neues?
CYRIAX.

Ich weiß nicht viel sonderlichs. Doch in einer Sache bedürffte ich einen guten Rath. Mein Mägdel hat einen Freyer / und die Leute wollen mich immer bereden / als wenn es Gottes Wille wäre.

BLANDINA.

Herr Gevatter / er nahm mir das Wort aus dem Maule. Mein Mägdel hat auch ein solches Glücke: Der liebe Herr macht mir nur gar zu viel Bedencken.

PETRONELLA.

O nein Gott Lob und Danck / mein Herr last sich gar hübsch weisen. Denn was erhält man an solcher Waare? Wenn eine Frau bey guter Zeit Groß-Mutter heissen kan / so ist die Herrlichkeit auch nicht zu verachten.

LAMPERT.

Ich sehe wohl / daß ich überstimmet bin: Wenn es seyn soll / so will ich nur selber Glück darzu wünschen.

CYRIAX.
Aber wir reden von einer Sache / die vielleicht auf der andern Seite noch nicht richtig ist.
[139]
BLANDINA.

Ach hätte ich sonst was so gewiß. Wenn sich ein paar Kerlen so hübsch in die Nahrung einsetzen / so darff ihnen leichte gepfiffen werden. Doch Villenchen sieh darnach / wer klopfft.

VILLENCHEN.
Ich will sehen liebe Fr. Mutter.

Sie geht und kömt bald wieder.
BLANDINA.
Villenchen wie wird dir.
VILLENCHEN.
Ach Hertze Frau Mutter / wie bin ich erschrocken.
BLANDINA.
Potz tausend / das muß ein erschrecklich Ding gewesen seyn / wer ist denn da?
VILLENCHEN.
Ach ich kans nicht sagen / ich schäme mich.
BLANDINA.
Was wirds denn seyn / du wirst dich wol vor uns nicht schämen.
VILLENCHEN.
Ach die Herren sind draussen.
BLANDINA.
Hui gewiß der Herr Richter und der Kirch-Schreiber.
VILLENCHEN.
Ach nein die Herren / ich darff es nicht sagen.
BLANDINA.
Je nu ich muß doch selber sehen.

Geht hinaus.
7. Auftritt
Siebender Aufftrit.
Die Vorigen. Balduin. Donat.

BLANDINA.
Die Herren seyn gebeten / und spatzieren herein.
BALDUIN.
Ich weiß nicht ob wir die Künheit entschuldigen werden.
DONAT.
Und wir sollen sie gewiß in einem angenehmen Discourse verstören.
BLANDINA.

Sie sollen Zeuge seyn / daß sie gerne gesehen werden. Sie stehen allerseits auff und fangen wieder mit einander an zu schnattern.

LAMPERT.

Nun die Herren wollen so gütig seyn und sich niedersetzen. Sie kommen zu geringen Leuten / die solchen Personen nicht auffwarten können.

BALDUIN.

Wir haben keine Auffwartung verdienet. Die Reihe wird an uns kommen / daß wir uns zur Auffwartung offeriren.

DONAT.
Und wenn sie was befehlen wollen / so werden wir uns zur Auffwartung desto glücklicher befinden.
[140]
LAMPERT.
Die Herren seyn gebeten und setzen sich.
BALDUIN.
Weil es der erste Befehl ist / so wollen wir gehorsam seyn.
DONAT.
Sonsten weiten wir gerne stehen / und sie an ihrem lieben Orte sitzen lassen.

Sie setzen sich.
LAMPERT.
Doch was haben sie bey uns vorzubringen.
BALDUIN.
Wir suchen in dem geliebten Hause nichts mehr als Bekandschafft.
DONAT.

Und wenn wir eines sichern Eintrits gewürdiget werden / so wollen wir uns einer trefflichen Glückseligkeit rühmen.

LAMPERT.
Er verzeihe mir / daß ich so kühne bin / was sind die Herren vor Leute?
BALDUIN.
Wir sind rechtschaffene Leute von Fortun.
LAMPERT.
Fortun, fortun, das muß eine unbekandte Stadt seyn / unsre Fuhrleute kommen wohl nicht drauff zu.
DONAT.
Der Ort ist nahe und weit von hier / nachdem die Gelegenheit zu reisen ist.
LAMPERT.
Aber was haben sie gelernet?
BALDUIN.
Wir sind Studenten / und hoffen mit unsern Büchern in der Welt fort zu kommen.
DONAT.
Wenn wir so reden dürffen / so gehören wir in das gelehrte Handwerck.
LAMPERT.
So werdet ihr die Bücher wohl alle gelesen haben.
BALDUIN.
Ja wir haben es an unserm Fleisse nicht mangeln lassen.
CYRIAX.

Ich habe daheime ein groß Buch / der Pfarr heist es immer Münsteri Cosmograpfie. Haben sie das auch gelesen?

BALDUIN.
Das Buch ist uns nicht unbekandt.
LAMPERT.

Und ich habe die Reisebeschreibung der Kinder Israel mit höltzernen Kupffer-Stichen: Sind sie auch so weit kommen?

DONAT.
Ach ja wir wissen von diesem Buche auch zu reden.
CYRIAX.

Habt ihr auch meine Postille gelesen / der Titul ist ausgerissen / ich weiß selber nicht / wer sie gemacht hat.

BALDUIN.
Wenn ich sie nur sehen solte / so wolte ich bald einen Autor darzu machen.
LAMPERT.
Haben sie auch meine Ungarische Cronicke gelesen von dem grossen Helden Scanderbeg.
DONAT.

Das sind bey uns geringe Bücher / wer heute zu Tage ein [141] Gelehrter seyn will / der muß Bücher lesen / da eins 100. Thaler kostet.

CYRIAX.

Ey ey das müssen Köpffe seyn / da so viel nein gehet. Doch wo sie sonst theure Bücher verlangen / ich weiß eine Pfarr Wittibe / sie wird nicht erschrecken / wo sie vor ein Buch 100. Thaler kriegt.

DONAT.
Ach die Bücher sind uns nichts nütze.
LAMPERT.
Sie werden wohl so eines Magisters Bücher nicht tadeln.
BALDUIN.
Der seelige Herr Magister hat alles raus gelesen / es stehet nichts mehr drinne.
CYRIAX.
So wird die gute Frau mit ihren Büchern wohl sitzen bleiben. Aber können sie auch predigen?
DONAT.
Wir woltens wohl thun aber es möchte dem Herrn Pfarren nicht gefallen.
LAMPERT.
Haben Sie auch in Büchern gelesen / wie man die Leute curiret?
BALDUIN.
Das Predigen und das curiren kömmt uns nicht zu / wir sind Politici.
CYRIAX.
Politerci, was sind das vor Leute? HerrCollege, Herr Gevatter / das Handwerck ist wohl was neues!
LAMPERT.

Sie sprechen immer die Nürnberger machen allemahl was neues ums Geld. Ich dencke es hat so ein Kerle einmahl nicht viel zu thun gehabt / so hat er vor die lange Weile ein neues Handwerck gemacht.

CYRIAX.

Das Pfarr-Handwerck und das Doctor- Handwerck das weiß ich wol aber was Politerci werden nütze seyn / das weiß ich nicht.

LAMPERT.
Nun wir müssen fragen. Was seyn denn die Politerci vor Dinger?
DONAT.
Man pflegt sie sonst Juristen zu nennen.
CYRIAX.
Curisten, das klingt noch schrecklicher.
BALDUIN.

Juristen sind Leute / welche die Welt regieren; Haben sie niemahls einen Advocaten gebraucht? In solchen Gelegenheit stehen wir ihnen auch zu Dienste.

LAMPERT.
So werden sie auch fein viel Lateinisch können.
CYRIAX.

Und sie werden ihr Lateinisch auch fein theuer geben. Neulich musten wir in einer Supplicace ein jedweder Wort vor 4. Groschen bezahlen.

[142]
BLANDINA
zeucht Petronella auf die Seite.

Frau Gevatter unsere Männer vertieften sich in der Schrifft / daß sie an die Kinder und an ihre Hochzeit mit keinem Worte gedencken.

PETRONELLA.
Die Weile ist mir schon so lang / ich möchte sie 24. fächtig zusammen nehmen.
BLANDINA.

Ich dencke die jungen Stutzer sind wohl der Jungfern wegen herkommen: Bey den alten Narren kriegen sie schlechten Trost.

PETRONELLA.
Wenn wir wollen / müssen sie das Plappern wohl unterwegens lassen.
BLANDINA.

Ich weiß wohl was ich machen will. Ach hertzer Herr / der Herr Gevatter hat wohl unsere neue Stube noch nicht gesehen / wir wollen doch hingehen und wollen sie ihm weisen.

LAMPERT.
Ich weiß nicht ob er Lust darzu hat.
CYRIAX.
Es soll mir lieb seyn.
BLANDINA.

Wir schaffen kaum die jungen Leute vom Halse / daß wir hübsch mit einander im Vertrauen reden können. Nun ihr Kinder macht euch fein bekand mit einander. Wenn ihr ausgeredt habt / so werdet ihrs wohl sagen.


Sie gehen ab. Donat geht mit Urselchen auch ab.
8. Auftritt
Achter Aufftrit.
Balduin. Villenchen.

BALDUIN.

Mein schönstes Villenchen, die Frau Mutter hat uns die Freyheit gegeben / daß wir einander mit angenehmen Discursen auffhalten sollen.

VILLENCHEN.
Es beliebt dem Herrn nur so zu reden.
BALDUIN.

Ich bekenne zwar meine Unwürdigkeit / daß ich viel zuwenig bin / einer so galanten Person auffzuwarten. Doch sie wird meinen demüthigen Gehorsam und absonderlich die unermäßliche Affection meines getreuen Hertzens an statt einer vollkommenen Tugend gelten lassen.

VILLENCHEN.
Ich weiß nicht.
[143]
BALDUIN.

Mein schönstes Villenchen will sie mir keinen Befehl geben / ob ich künftiger Zeit in ihrer Vergnügung leben soll? Denn ihr wundersüsser Nahme ist mir allbereit so tieff in mein Hertze gepräget / daß ich eher sterben als derselben vergessen will.

VILLENCHEN.
Es kan wol seyn.
BALDUIN.

Schönstes Villenchen sie betrübet mich / daß sie mich mit keiner Antwort vergnügen will. Der Himmel hat sie doch darzu ausersehen / daß sie einen Menschen einmahl soll glückseelig ma chen. Will sie mir nun die Ehre gönnen / daß ich in dem Buche der Glückseligkeit so eine vornehme Stelle bekommen soll / so will ich mich auch wohl gar mit meinem Blute verschreiben daß ich die unschätzbare Wohlthaten mit einem immerwährenden und unsterblichen Gehorsam danckbarlich zu erwiedern werde beflissen seyn.

VILLENCHEN.
Ja ja es ist gar fein.
BALDUIN.

Was hat doch die gütige Natur vor wunderbahre Schönheit in ihre Hände gepflantzet! Soll mein geringer Mund so würdig seyn / durch ein Kuß den unvergleichlichen Balsam Geruch davon zu geniessen?

VILLENCHEN.
Ey nicht doch.
BALDUIN.

Will sie mich der Annehmlichkeit berauben / ohne die mein Hertze sterben muß? Was will sie sprechen / wenn ich mich erst über ihre wunder schöne Augen verwundern werde? Oder wenn ich den Honig-Thau von ihren Purpurfarbenen Lippen auff zu lösen bitten werde? Ach das ist die Pforte dadurch meine Seele zu der ihrigen spatziren will. Werthestes Villenchen will sie meiner armen Seele den Paß nicht eröffnen?

VILLENCHEN.
Fürwahr ich schrey.
9. Auftritt
Neundter Aufftrit.
Balduin. Villenchen. Donat. Urselchen.

DONAT.

Wie stehts Monsieur mon Frere? Wo er an seinen Orte so glücklich ist als ich an meinem / so werde ich ihm gratuliren müssen.

BALDUIN
zeucht ihn auff die Seite.

Ich kan mich in die [144] Courtesie nicht finden. Ich habe mein gantzComplimentir-Buch ausgebetet / ietzo werde ich gleich auff die Formul kommen / da wolle ich ihr mein Messer geben / und wolte sie bitten / sie möchte mich entweder lieb haben / oder solte mich erstechen / daß ich der Marter loß käme.

DONAT.

Ha ha Bruder / das sind Complimenten vor Stats-Damen / die Vexirerey verstehen: Solche Mägdgen muß man gar auff andern Stangen reiten: Sie verstehen die Worte nicht: Mann muß solche Sachen reden / davon sie einen Verstand haben. Bruder komm und rede nur von Bier-Vierteln / von Käsen / von Küchen / und andern Haußhaltungs Sachen / sie werden uns der Mühe gerne überheben / und werden das Wort alleine behalten.

BALDUIN.
Aber damit machen wir sie nicht verliebt.
DONAT.

Doch machen wir sie vertraulich / daß sie an uns gewohnen / darnach giebt ein Wort das ander / ich hätte bald gesagt / darnach giebt ein Mäulchen das ander.

BALDUIN.

Ich hätte meine Liebe so weit nicht gesucht: Aber wem zu gefallen hab ich mein Complimentier-Buch auswendig gelernet.

DONAT.

Es wird uns wohl nütze werden. Monsieur mon Frere komme nur und lasse sich die Probe weisen / was sein Mädgen soll vor ein Maul kriegen. Wie stehts ihr Gold-Mägdgen? In dem Hause gefälts uns trefflich wohl. Schade / daß sie nicht Bier schencken / wir blieben da / und wenn die Person 9. Käyser-Groschen versauffen solte.

URSELCHEN.

Ja / ja / die Herren seyn immer freygebig / wenn wir kein Bier im Keller haben. Darnach wenn die Töpffe auff der Gasse hengen / so lassen sie uns das Bier gar fein sauer werden.

DONAT.

Sie müssen so lange in Gedult stehen / biß wirs in der That erweisen können. Aber wie stehts Jungfer Villenchen? Scheint es doch / als wenn sie die Viertel im Hause waschen liessen.

VILLENCHEN.

Ja es soll bald so seyn. Wir haben sonst gar eine feine Frau: Sie ist Leder-Matzens Schwester. Aber sie hat ietzund auff eine Kirmes zu kochen / so haben wir die Sand-Anne / das heßliche Raben-Aß holen lassen.

URSELCHEN.
O das heßliche Raben-Aß die Sand- Anne dürffte meiner Frau Mutter nicht über die Schwelle schreiten.
VILLENCHEN.
Je sie hat ja sonst drüben auch gewaschen.
[145]
URSELCHEN.
Ja sie hat gewaschen: Sie hat uns aber einen Possen gethan / der nicht gar zu hübsch ist.
VILLENCHEN.
Nu garstig genung ist sie: Wo sie auch leichtfertig darzu ist / so wird sie es vollends verschütten.
URSELCHEN.

Dencke doch / das Rabenaß stund in der Bütte / und solte Treber raffen / so ließ sie die Frau Mutter ruffen / und brachte eine todte Katze hervor / die war ersoffen: Und fürwahr sie mochte so viel Bier in Rantzen gesoffen haben / daß sie aussähe wie ein massig Kalb.

VILLENCHEN.
Die Frau Mutter wird auch fein erschrocken seyn.
URSELCHEN.

Wenn das Ding unter die Leute kommen wäre / wir hätten keinen Tropffen Bier verthan. Und was hatte das Rabenaß davon / daß sie so ein Gedräsche davon machte? hätte sie die Katze in einen Hader gewickelt / und weggeworffen. Die Frau Mutter gab ihr einen Orts-Thaler / daß sie das Maul hielt: Aber sie dachte: Du grobe Keule komm mir nicht noch einmahl.

VILLENCHEN.

Ich fund neulich eine Kröte auf dem Spund-Loche sitzen: Ich gab ihr einen Träff / daß sie genung hatte / und die Frau Mutter soll selber noch das erste Wort davon erfahren.

URSELCHEN.

Bey der Frau Muhme brauchen sie die Mäuse Micheln Springe Mertens Schwester / das ist eine hübsche Frau. Sie kan alles so fein anstellen / wenn die Frau Mutter Bier unter das Trincken legt / so beredet sie den Herrn flugs / es ist süsse Langvel.

VILLENCHEN.

Und solchen Weibern kan man darnach wohl was zu einer halben Schürtze spendiren / oder man kan ihr ein klein Brodtel backen lassen.

BALDUIN
ad Spect.

Ich sehe doch wohl / daß die Kunst angehet. Meine Liebste lernet hübsch reden. Ich muß sehen / ob sie mit mir den Discours continuiren wird. Jungfer Villenchen ist das nicht des Herrn Vaters Garten draussen auff der Pumpel Gasse.

VILLENCHEN.
Ja wir haben einen schlechten Garten draussen. Es ist nicht viel davon zu gedencken.
BALDUIN.
Dem äusserlichen Ansehen nach darff niemand den Garten verachten.
VILLENCHEN.

O es seyn Leute genung / die ihn verachtet haben. Plautze Nickels Frau hatte vergangen ein breit Maul gehabt: Aber die Frau Mutter hat sie bezahlet / sie wird nicht wieder kommen.

[146]
BALDUIN.
So gehets in der Welt / wer ein bißgen Brod mehr hat als der andere / dem wirds nicht gegönnet.
VILLENCHEN.
Ja ja es glaubts kein Mensch / was man bey seinem Reichthume vor Angst und Noth ausstehen muß.
BALDUIN.
Ich halte aber / wenn der Zins ausgezahlt wird / so können sie alles in Beutel stecken.
VILLENCHEN.

O die Zeiten seyn ietzund gar zu schwehr. Die seel. Frau Mutter hat einmahl 40. Reichs-Thaler rothe Rüben in einem Jahre daraus verkaufft / und einmahl hat sie die Gurcken / ich weiß nicht / ob vor 8. Reichs-Thaler und 20. Groschen oder 20. Reichs-Thaler und 8. Groschen verkaufft.

BALDUIN.
Und was aus der Erden wächst / das ist ein Segen Gottes.
VILLENCHEN.

Heuer wollen wir einen guten Marckt mit den Kürbsen halten. Wir haben eine Türckische Birne / wie ein klein Viertel Faß.

BALDUIN.
Das wird sehr viel gelten müssen.
VILLENCHEN.

Die Frau Mutter macht nicht gerne viel Theuerung. Sie verkauffte gestern ein Viertel Rüben vor 2. Käyser-Groschen / und ich darff es nicht sagen was sie vergangene Kirmes vor ein Spott Geld vor die Reibe-Käse genommen hat.

BALDUIN.
Haben sie auch Käse zu verkauften?
VILLENCHEN.

Ach ja wir haben noch 13. Kühe im Stalle: Wenn uns neulich nicht eine gestorben wäre / so hätten wir gleich 14.

BALDUIN.
Es ist mir leid vor das Unglücke.
VILLENCHEN.

Sie war uns ein bißgen behext worden. Wir wüsten wohl / wers gethan hatte / aber Gott Lob und Danck / daß wir mit dem andern Viehe noch zu rechte kommen.

BALDUIN.
Sie werden aber viel dabey zu sorgen haben.
VILLENCHEN.

Ach nein. Der liebe Gott hat uns eine Magd zugewiesen / die kam den Kühen flugs ansehen / wenn sie kranck seyn / und hat so viel gute Würtzelgen / daß wir das gute Mensch nicht mit Golde bezahlen können.

BALDUIN
ad Spect.

Ich mercke wohl / mein ietziges Complimentir-Buch ist besser / als das erste. Das Mägdgen hätte gerne mit mir geschwatzt / und sie wüste nicht / was ich mit meinen Complimenten haben wolte. Denn ich weis die Stunde selber noch nicht / was sie bedeuten.

10. Auftritt
[147] Zehender Aufftrit.
Die Vorigen. Blandina.

BLANDINA.

Ihr Mägdel seyd ihr bald richtig? Ihr solt flugs in die Stube kommen. Was ihr da erfahren werdet / das dürfft ihr ietzo nicht wissen. Doch die Herren verzeihen meiner Grobheit / daß ich sie verstören muß.

BALDUIN.
Meine Frau hat in ihrem Hause zu befehlen.
DONAT.
Und durch die Ankunfft so einer lieben Person können wir nicht verstöret werden.
BLANDINA.

Sie verzeihen nur den losen Kindern / daß sie fort müssen. Was vorgehet / das geschiehet vielleicht ihres bestens wegen. Geht geht ihr Mägdel / die alten Herrn sind auff guten Wege. Wo ihr zu langsam kommt / haben wir gedoppelte Mühe.


Villenchen und Urselchen gehn ab.
BLANDINA.
Sie werden bey den groben Keulen gar lange Weile gehabt haben.
BALDUIN.
Der geliebtesten Frau Mutter beliebt nur also zu schertzen.
DONAT.
Oder wir sollen so viel draus verstehen / daß die lieben Kinder bey uns lange Weile gehabt haben.
BLANDINA.

Nun nun / wir wollen nicht gar zu tieff in die Schrifft mit einander kommen. Ich dencke die Kinder werden mit einander so erzogen seyn / daß ein ehrlicher Mensch mit sie auskommen kan.

BALDUIN.

Ach ja die Aufferziehung ist Lobens werth / und eine Hand / welche das meiste dabey gethan hat / muß man küssen.

BLANDINA.
Meine Hand hat nicht viel gethan. Doch der liebe Gott hat das Gedeyen gegeben.
BALDUIN.
Das Gedeyen ist ohne Zweiffel auf das andächtige Gebeth der Frau Mutter erfolget.
BLANDINA.
Ach ja ich bete gar fleissig / der liebe Gott soll mir einen frommen Eydam bescheren.
BALDUIN.

Liebste Frau Mutter / wofern sie darum gebeten hat / so wird sie an meiner wenigen Person nicht betrogen seyn. Sie beliebe nur zu befehlen / worinn ich ihre Affection sonst verdienen [148] kan: Ich will erweisen / daß ich allemahl den Titul eines gehorsamen Sohnes verdienen werde.

BLANDINA.
An unsern armen Orte wissen wir nicht / was befehlen ist
BALDUIN.

Wir sind ehrliche Leute. Was das Hertze meinet / das muß die Zunge reden. Ich halte / so eine Wolthat verdienet wohl eine Auffwartung. So ein liebes Kind hätte ich in der gantzen Welt nicht gefunden / und so eine liebe Frau Mutter hätte mir das Glücke sonst nicht zugewiesen.


Er umfasset sie.
BLANDINA
weinet.
Ach so kan einer redlichen Mutter das Hertze genommen werden!

Sie will sich die Augen wischen / und läst das Schnuptuch fallen: Balduin greifft darnach.
BLANDINA.
Ach nein / ach nein / ich lasse es nicht geschehen.
BALDUIN.
Es ist meine Schuldigkeit.
BLANDINA.
Ich kan mir das Schnup-Tuch schon selber auffheben.
BALDUIN.
Aber nun soll sie ein getreuer Sohn der Mühe überheben.
BLANDINA.
Ach er verzeihe mir doch / daß ichs geschehen lasse.
BALDUIN.
Die Ehre und der Danck ist meine / daß sie es hat geschehen lassen.
BLANDINA
ad Spect.

Ach ihr Leute / was vor feine Menschen hat uns der liebe Gott zugewiesen! Ja ja es thut einer Mutter sanffte / wenn sie von ihrem zukünftigen Schwieger-Sohne so bedienet wird. Er solls auch wieder um mich zu geniessen haben. Mich deucht / wenn sie bald im Anfange so freundlich thun / so kan man sie hübsch nach der Hand ziehen / daß sie nicht aus dem Geschirre schlagen.

BALDUIN.
Nun meine liebste Frau Mutter / hat sie sonst was zu befehlen?
BLANDINA.

Weil er mich so beständig Frau Mutter heist / so verzeihe er mir doch / daß ich spreche / Herr Sohn / ich hätte was zu gedencken.

BALDUIN.
Soll es etwan im Vertrauen geschehen?
BLANDINA.

Ach nein / es gehet den Herrn auch an. Sie haben sich alle beyde meiner Tochter und meiner Muhme wegen lassen anmelden. Nun hat es bey den alten Herren wol ein bißgen harte gehalten /[149] aber wenn sie noch Lust haben / so können sie morgen auff das Rath-Hauß kommen / und um das Bürger-Recht anhalten: Damit sollen sie erkennen / was Mütterliche Liebe und Treue zu bedeuten hat.

BALDUIN.
Ich erkenne den gütigen Rath mit demüthigen Dancke.
DONAT.

Und weil ich in dieser Recommendation mit eingeschlossen bin / so muß ich mit einer schuldigen Erkäntnüß zugleich erscheinen.

BLANDINA.
Die Herren wissen genung: Nun muß ich sehen / was die Männer machen. Sie geht ab.
DONAT.

Die Sache läufft noch glücklich genung. Die Regel bleibt doch wahr. Wer die Tochter haben will / der halt es mit der Mutter.

BALDUIN.

Weil das Glücke nicht besser kommen will / so muß es gut seyn. Die Leute seyn vor uns zu simpel: Aber was wollen wir machen?

DONAT.
Es ist besser in einem kleinen Städtgen fett gelebt / als in einer grossen Stadt hunger gelitten.
BALDUIN.

Wäre das liebe Hunger leyden nicht erdacht worden / die gute Frau Blandina hätte die Worte nicht von mir kriegt.

DONAT.

Was hilffts? Zufriedenheit und Gedult helffen uns aus vieler Ungelegenheit. Wir wollen sehen / daß wir auff dem Rath-Hause morgen fortkommen.

BALDUIN.

Wo wir noch ein Examen aus Münsteri Cosmograpfie ausstehen sollen / so wird uns das Bürger-Recht theuer ankommen.

DONAT.

Zum wenigsten werden sie uns mit dem Lateinischen nicht verrathen / und unsere Kunst wird in der Frau Mutter Sprache müssen gethan seyn.


Sie gehn ab.
11. Auftritt
Eilffter Aufftrit.
Pomponius. Storax.

POMPONIUS.
Herr Gevatter / die Einfalt hätte ich euch nicht zugetraut.
STORAX.
Warum? Ich habe ein gut Werck gethan / daß sich Ehe-Leute mit einander vergliechen haben.
[150]
POMPONIUS.
Ein schön gut Werck / darüber unsere Kindes Kinder noch werden zu seufftzen haben.
STORAX.

Ich wills nicht hoffen: Wo die 2. Freythen fortgehen / so kriegen wir zwey brave Kerlen in unsere Gemeine.

POMPONIUS.
Der Karren ist einmahl in Dreck geführet / nun wird unsere Gemeine nicht lassen zu Grunde gehen.
STORAX.

Herr Gevatter / ihr seyd in der Kirche und auff dem Rath-Hause bedient: Ihr müst freylich weiter sehen / als ein ander einfältiger Mann.

POMPONIUS.

Der Karren ist einmahl in Dreck geführet / nun wird mich mein sehen viel helffen. Ich dencke / es wird heissen: Da liegts / Mutter besehts.

STORAX.
Aus den Reden kan ich noch nicht klug werden.
POMPONIUS.

Was sollen uns die zwey Lese-Pengel / die Pflastertreter / die Müssiggänger in der Gemeine? Wenn wir die Leute bey uns von oben biß unten naus im Mörsel stampfften / so kriegten wir nicht anderthalb Lateinische Wörter zusammen / und nun sollen wir zwey solche Bachanten auf einmahl annehmen. Die werden uns verrathen und verkauffen. Ob alles in Büchern stehet / was sie nach einander her plappern / das wissen wir nicht: Und was werden wir alten Teutschen vor ein Ansehen haben / wenn der Lateinische Dreck wird allenthalben oben an schwimmen.

STORAX.

Herr Gevatter / es ist wohl so eine Sache / wenn uns die lieben Eltern auch zu was gehalten hätten / daß wir mit dem Lateinischen um uns werffen könten / es wäre wohl besser.

POMPONIUS.

Ey unser Rath-Hauß ist nicht übern Hauffen gefallen / da so viel 100. Jahr kein Lateinisch Wort drauff kommen ist. Wir werden nun die Pumpsäckichten Handlänger nicht bedürften.

STORAX.

Die Welt wird immer klüger. Herr Gevatter wist ihr wol / wie viel 4. Groschen-Stücke musten wir neulich dem fremden Herrn an Hals schmeissen / daß er uns ein bißgen Lateinisch mit in den Brieff setzte?

POMPONIUS.

Eine Schwalbe macht keinen Sommer. Ich lasse die Noth in 10. Jahren wiederkommen / so geben wir noch einmahl die 4. Groschen-Stücke / damit holla.

STORAX.
Es wäre aber besser / wenn wir uns selber helffen könten.
POMPONIUS.

Daß mir nicht die Besserung nachläufft! Jetzo seyn wir [151] alles in allen / was wir sprechen / das muß gelten auff Erden / und wer mit unserer Weißheit nicht zu frieden ist / der darff sein Unglück nicht wissen. Aber wenn doch die jungen Stutzergen was darzu reden dürfften / wir würden das breite Wort am längsten geführet haben.

STORAX.
Ach die Gelehrten seyn höffliche Leute / sie werden andere Leute nicht kräncken.
POMPONIUS.

Ja ja die schönen Teuffel seyn die ärgsten / sie machen es fein freundlich; Aber ich bedancke mich davor. Bey mir wäre es kein Unterscheid / ob mich einer einen Berenheuter hiesse / oder ob er mich ihr Gnaden titulirte, wenn ich einmahl wie das andere solte sein Narre seyn.

STORAX.
Wie könt ihr aber dem Lateinischen so feind seyn? Habt ihr doch einen Lateinischen Nahmen.
POMPONIUS.

Ich heisse Pomponius, das ist wahr; Aber ich will nicht hoffen / daß der Nähme Lateinisch ist. Ich dencke / wenn wirs aus der Grund- Sprache solten hersuchen / das Wurtzel-Wort würde gar anders raus kommen.

STORAX.
Unser Herr Pfarr spricht alle Wörter die auf ein us ausgehen / die seyn Lateinisch.
POMPONIUS.

Sein Wort in Ehren: So wird ein Ochsen-Fuß / ein Milch-Muß / eine Wasser-Nuß / ein Gelte voll Offen-Ruß / und ein Schlag-Fluß auch Lateinisch seyn.

STORAX.

Der Herr Pfarr mags verantworten. Aber was könten uns die Leute schaden? Dürffen wir sie doch nicht in Rath nehmen.

POMPONIUS.

Wenn sich die Kerlen mit den vornehmsten Familien beschwägern und befreunden / so muß wol Schande halben was gethan werden. Herr Gevatter denckt an mich / wo wir einen Lateinischen Lese-Pengel in der Gemeine lassen auffkommen / so werden wir nicht so gut seyn / daß uns die Hunde anseichen. Denn sie werden Brieffe schreiben / wie sie wollen. Wenn wir was dazwischen reden / so geben sie den Quarck Lateinisch: Da sitzen wir hernach / als wäre uns in die Hände hoffiret

STORAX.

Der Richter bleibet wohl Richter / und der Land-Schöpffe bleibet wohl Land-Schöpffe / und Herr Pomponius wird seinem Wurtzel-Worte nach auch wohl bleiben was er ist.

POMPONIUS.

Herr Gevatter / last euch das Wort entfahren seyn. Die [152] Stunde will ich hingehen / und will über die Feinde des Vaterlandes seufftzen. Was gilts / ihr solts einmahl mit Schaden erfahren / was meine Seufftzer vor ein Gewichte haben. Und wenn ich einmahl werde gestorben seyn / so mag es gehen wie es will: Aber daß ich den Untergang bey lebendigem Leibe sehen soll / und daß der vornehmste Mann ohne einen Seufftzer kein besser Mitleiden mit dem Schaden Josephs hat / darüber sollen noch unmündige Kinder weinen.

STORAX.

Ey ey Herr Gevatter ihr müst mir nicht so nahe ans Gewißen greiffen. Wo es wahr ist / daß unsere Gemeine darüber soll zu Grunde gehen / so will ich die lateinischen Limmel gar helffen zu tode schlagen.

POMPONIUS.

Ach wir haben so viel hand feste Kerlen in der Gemeine: Sie können einander in der Schencke so prave zu Dreschen. Ach wenn sich doch etliche so weit erbarmeten und den Landes verderbern das Wambst ausklopffeten. So viel als ich ein halb Ehrwürdiger Mann macht habe Sünde zu vergeben / so solte ihnen die Schlägerey verziehen und vergeben seyn.

STORAX.

Ich dächte darzu könten wir wol kommen. Doch morgen auf dem Rath-Hause werden wir das Maul müßen aufthun.

POMPONIUS.

Herr Gevatter / ich sage nicht / daß ihr meinet wegen was thun oder lassen sollet: Aber wenn sich die Leute mehr einbilden wollen / als wir / so wären wir wol die ärgsten Hunds etc. daß wir stille darzu schwiegen. Und denckt ihr denn / daß sich die Causen Macher nicht in unsere Gelderchen theilen würden? Ich dencke immer Schmal Hanß würde bey uns Küchen-Meister werden.

STORAX.
Jtzund mercke ichs erst wo der Knoten steckt. Wir wollen sie nicht zum Bürger Rechte kommen lassen.
POMPONIUS.

Nu nu / wir müßen es nicht zu mercklich machen: halt nur hübsch hinter dem Berge / wenn ich bey der Zusammenkunft was vorschlage / so fallt mir nur bey / das übrige will ich machen.

STORAX.

Je nu Herr Gevatter / wenn ich nur so viel darbey zu thun habe / daß ich mir den Kopff nicht weiter zerbrechen darff / so mags seyn. Geht ab.

POMPONIUS.

Nun die lateinischen Lumpenhunde sollen sagen / daß sie auch von den deutschen Micheln können betrogen werden.


Geht ab.

2. Akt

1. Auftritt
Erster Aufftrit.
Cyriax. Lampert.

CYRIAX.

Herr Gevatter / wir werden wohl dem Herrn Richter ein Ehren-Wort anthun / ehe wir recht zusammen kommen.

LAMPERT.

Können wir doch wohl. Aber es wird mit der Sache nicht viel zu bedeuten haben. Wir sind vornehme Leute. Wir haben unsere Kinder mit drinne stecken: Sie werden uns wegen des Bürger- Rechts keine Weitleufftigkeit machen.

CYRIAX.

Man siehet / wie es gehet. Es ist wohl eher geschehen / daß ein Ampts-Bruder den andern gedruckt hat / und unser Herr Pomponius ist auch manchmal an manchem Orte zerrissen.

LAMPERT.

O Herr Pomponius wirds gar gerne sehen / daß er einmahl iemanden in die Gemeinde kriegt / mit dem er kan Lateinisch reden.

CYRIAX.
Ich möchte gerne wissen / wie er sich stellen wolte / wenn er Lateinisch redte.
LAMPERT.
Zum wenigsten ist er doch der gelehrteste Mann in unserer Gemeine.
CYRIAX.

So wird ers nicht leiden wollen / daß iemand über ihn kömmt. Doch potz tausend der Herr Richter hat sich schon in seiner Pracht und Herrligkeit hingesetzet.

2. Auftritt
Anderer Aufftrit.
Roland. Cyriax. Lampert.

ROLAND
sitzet auff dem Stuhle.
Sind die Herren schon beysammen?
CYRIAX.

Ihre Ehrenveste Herr Richter sie sind noch nicht beysammen. Wir kommen zuvor und wollen im Vertrauen was gedencken.

ROLAND.

Ich will nicht hoffen / daß mich die Herren in Geheim zu was bereden wollen / oder daß sie mich gar mit einem Geschencke [154] bestechen wollen. Wenn jemand was vor zu bringen hat / der thue es im sitzenden Rathe.

CYRIAX.
Unser Anbringen bestehet gar in einer ehrlichen Sache.
ROLAND.

Wenn es ehrlich ist / so mögen es andere Leute auch hören. Mein Richterliches Ampt kan das nicht ertragen / daß ich mit andern Leuten unter dem Hütgen spiele.

CYRIAX.
Ihr Ehrenveste vernehmen nur was vorgehet.
ROLAND.

Mein Ampt erstrecket sich nicht weiter als auf den Richter Stul. Wenn die Herren alle beysammen seyn / so will ich schon wissen / was ich vor ein Loch in meinen Ohren soll offen lassen. Jtzo dächten die andern doch / mir wäre was spendiret worden / und in der That wäre mir nichts in die Küche / in den Keller und in Beutel kommen.

CYRIAX.

Wenn es daran fehlen solte / so würde bey uns schon was vorhanden seyn / das sich in die Küche und in den Keller schickte.

ROLAND.

Was: Sehen mich die Herren vor einen Finantzen Fresser an? Und soll ich mir die Unzucht an der heiligen Stete zu muthen laßen? Wenn es noch jemand meiner Frau angebothen hätte / so wäre das Aergerniß nicht so groß. Ich sage es klar heraus / es darff mir niemand was spendiren / bey meiner Seele ich nehme nichts.

CYRIAX.
Es betrifft unsere Töchter.
ROLAND.

Ha ha das ist die rechte höhe. Wo wir den Eigen Nutz mit ins Regiment bringen wollen / Ach ach wie lange wird unsere Gemeine bestehen.

3. Auftritt
Dritter Aufftrit.
Roland. Cyriax. Lampert. Storax. Pomponius und andere Beysitzer die nichts zu reden haben.

ROLAND.

Sind die Herrn beysammen? die Zeit ist mir trefflich lang worden / daß wir uns in einer wichtigen Sache / die ich selber nicht weiß / miteinander berathen können.

POMPONIUS.
Ja ihr Ehrenvesten / wir sind beysammen / und es wird heute gar einen schweren Raths- Tag geben.
[155]
ROLAND.

Macht mir des Wesens nicht zu viel untereinander. Der Herr Beysitzer da will was vorbringen / der hat den Vorzug.

CYRIAX.

Ihr Ehrenveste / was mein Vorbringen ist / das wird der Herr Kirchschreiber schon wissen. Wo er den Vortrag thun will / so werden wir nicht viel dabey zu reden haben.

ROLAND.

Nun Herr Kirch-Schreiber will er reden / so thue ers mit Bescheidenheit / und bedencke sich wol / ob er auch alles beweisen kan.

POMPONIUS.

Ehrenveste / kunstreiche / tugendsame Herren / nach löblichen Gebrauch und Herkommen / also mit Gunst zu sprechen / frage ich / ob mir vergönnet ist zu reden;

ROLAND.
Ich frage die Herren Beysitzer / ist es ihm vergönnet zu reden?

Sie schreyen alle miteinander / ja ja / es ist ihm vergönnet.
POMPONIUS.

Ehrenveste / kunstreiche / tugendsame Herren / weil mir die Vergünstigung zum erstenmahl geschehen ist / so frage ich also mit Gunst nach alten Gebrauch und Herkommen zum andernmahl / ob mir vergönnet ist zu reden.

ROLAND.

Also mit Gunst nach alten Gebrauch und Herkommen werden die Herren Beysitzer zum andernmahl gefraget / ob dem Herrn Kirchschreiber vergönnet ist zu reden.


Sie schreyen alle / nach alten Gebrauch und Herkommen ist ihm vergönnet zu reden.
POMPONIUS.

Also mit Gunst / nach altem Gebrauch und Herkommen frage ich zum drittenmahle ob mir vergönnet ist zu reden.

ROLAND.

Die Herren Beysitzer werden zum drittenmahl gefraget / also mit Gunst nach alten Gebrauch und Herkommen / ob dem Herrn Kirchschreiber vergönnet ist zu reden.


Sie schreyen alle zusammen: Ja / ja mit Gunst etc.
ROLAND.

Nun so redet fein bescheidentlich / fein erbar und bedächtiglich: Last euch weder Liebe noch Leid verführen / und bedenckt / daß ihr einen Richter vor euch habt / der sich mit keinem Worte betriegen und vexieren läst.

POMPONIUS.

Ehrenveste / kunstreiche / tugendsame Herren / also mit Gunst und Bescheidenheit will ich aufftreten / und will so in einer kürtzlichen Weitläufftigkeit berichten / was mir vor einer halben [156] Stunde begegnet ist. Es kamen zwey fremde Herren / und brachten in aller gehorsamen Unterthänigkeit bey mir an / daß sie ohn allen Zweiffel aus der wunderbahren Schickung deß lieben GOttes zwey Jungfern aus unser Gemeine freyen und nach Gelegenheit zu Kirchen und Strassen führen wollen. Weil sie nun zu diesem Wercke das Bürger-Recht an unserm Orte von nöthen haben / daß sie vor redliche Leute erkennet / zu künfftigen Erbschafften gelassen / und dermahleins mit ansehnlichen Ehren-Aemptern können bedacht werden: So haben sie meine Wenigkeit gar sehr gebeten / daß ich ihre Ehrenvesten die Bitte vortragen / und in ihren Nahmen um das Bürger-Recht anhalten soll. Sie versprechen als fromme Unterthanen und Bürger sich zu halten / mit uns zu heben und zu legen und in Wasser und FeuersNoth der gantzen lieben Gemeine treulich bey zu stehen. Und also werden ihre Ehren-Vesten das wichtige Werck überlegen und mir armen Manne die Freude gönnen / daß ich bey den fremden Herrn vor die gute Post ein hübsches Trinck-Geld verdiene.

ROLAND.

Wir habens verstanden / daß 2. hübsche Leute bey uns um das Bürger Recht anhalten. Könnt ihr euch aber besinnen / daß wir vor diesem auch dergleichen gethan haben.

POMPONIUS.

O ja / ich habe in meiner Chronica nachgeschlagen: Jn 100. Jahren seyn gleichwol drey fremde bey uns zum Bürger-Rechte kommen.

ROLAND.
Haben sie auch ihre Geburts-Brieffe auffzuweisen?
POMPONIUS.
Ach sie haben mehr Brieffe / als wir alle miteinander verlangen.
ROLAND.

Aber wir kennen die Leute nicht: Herr Kirch-Schreiber wolt ihr gut davor seyn / daß sie uns anstehen?


Sie fangen alle an zu schreyen: Ja ja es muß jemand gut davor seyn.
POMPONIUS.

Die Kerlen seyn gelehrt / ich halte das ihr Lateinisch übeer 1000. Rthlr. wehrt ist. Sie werden uns manchmahl aus einer Noth helffen / und wir wollen nun den stoltzen Nachbarn ein bißgen besser gewachsen seyn.

ROLAND.

Es ist wahr / wir haben manch Lateinisch Wort vor 4. Groschen bezahlet; Bey der schweren Zeit könten wir so viel Geld wol in der Gemeine behalten. Nun was meinen die Herren Beysitzer?


[157] Sie schreyen alle / ja ja sie sollen gleich das Bürger-Recht bekommen / mit Gunst nach alten Gebrauch und Herkommen.
ROLAND.
Nun so last sie herein kommen / wir wollen sie gleich einschreiben und schweren lassen.
POMPONIUS.

Ehrenvester Herr / so mit Gunst und um Verzeihung / wie wäre es / wenn wir sie irgend in 8. Tagen liessen wiederkommen?

ROLAND.
Was heute geschehen kan / das dürften wir nicht erst in acht Tagen thun.
POMPONIUS.

Ehrenveste Herren / so um Verzeihung / die Leute werden doch viel Lateinisch untermengen / und ich werde müssen antworten. Nun ist mir die gelehrte Sprache nicht so geläufftig / als einem / der alle Tage lateinisch redt. Daß wir nun gleichwol auf dem Rath-Hause bey Ehren bleiben / so wolte ich zuvor etliche Tage zu meinem Herren Gevatter auf Lemmers-Walde reisen. Der ist einMagister und wird wohl was Lateinisches überley haben. Da wird hernach die Sache fein erbar ausgeführt werden.

ROLAND.
Ihr Herren Beysitzer / habt ihr was dabey zu erinnern?

Sie schreyen alle: Des lieben Lateinischen wegen sollen sie warten biß über acht Tage. Der Herr
Kirch-Schreiber wird sie schon berichten.
POMPONIUS.

Es soll geschehen: Ich will den Vortrag schon so künstlich einrichten / daß sie gar wohl sollen zufrieden seyn.


Die Beysitzer werden in der Scene verborgen.
4. Auftritt
Vierdter Aufftrit.
Pomponius. Balduin. Donat.

POMPONIUS.
Die Herren kommen doch ein bißgen näher.
BALDUIN.
Meinem Patron zu dienen.
DONAT.
Es wird uns vielleicht eine gute Botschafft gebracht werden.
POMPONIUS.

Ja die Botschafft ist gar gut. Die sämtlichen Herren erfreuen [158] sich / daß sie so statliche und gelehrte Leute zu sich in die Gemeine bekommen sollen: Und drum ist auch der Schluß gemacht / daß sie gleich in acht Tagen zum Bürger- Rechte gelangen sollen.

BALDUIN.
Mein Patron, warum kan es nicht heute geschehen?
DONAT.
Und wo sie etwan des Geldes wegen einigen Zweiffel tragen / so haben wir schon etwas bey uns.
BALDUIN.
Zum wenigsten werden unsere zukünftige Schwieger-Eltern vor uns gut sprechen.
DONAT.
Mein Patron wird wohl wissen / Qui habet in nummis.
POMPONIUS
ad Spect.

Da fangen die Lumpenhunde schon an / und haben mich mit dem Lateine zum Narren: Sie mögen mich auff ihre Sprache wohl gar einen Hunds etc. heissen. Doch haltet mirs zu gute daß ich meinen Wiederwillen nicht mercken lasse.

BALDUIN.

Dannenhero wann sich etwan das Püncktlein mit dem Gelde zu einer Weitläufftigkeit solte ansehen lassen / so wollen wir der Sache schon abhelffen.

POMPONIUS.

Ach meine Herrn gedencken doch daran nicht. Ich weiß wol nicht was die Herren deß Geldes wegen resolviren möchten: Aber wenn ich was darzu sprechen soll / so möchten wir den Herren noch Geld darzu geben / daß sie nur in unsere Gemeine kommen wolten. Sie werden manchen schönen Thaler auf das studiren gewendet haben / und ihre Kunst / absonderlich des wunderschönen Lateins wegen / wird uns bey der gantzen Gemeine viel helffen.

BALDUIN.
Ich hätte nicht gemeint / daß wir so einen gütigen Patron antreffen würden.
DONAT.
Und etliche Leute wolten uns lieber furchtsam machen / als wenn uns der Herr wolte zuwieder seyn.
POMPONIUS.

Ein ehrlicher Mann kan nicht davor / wenn Schelmen und Diebe hinter seinem Rucken was ausgöffern. Ich bin selber an dem Orte der gelehrteste Mann / und ich solte den Gelehrten zuwieder seyn? Es ist Schande / wie ich mein Latein bey den ungeschickten Kerlen vergessen habe. Nun soll die Kunst nicht mehr bey uns betteln gehen.

BALDUIN.

Kan dem Patron mit unserm Latein was gedienet werden / wollen wir uns allezeit gehorsam finden lassen.

[159]
DONAT.

Beliebt demselben etwas von Lateinischen Schrifften / sonderlich etwas von Reden / die von 30. Jahren her auf dem Polnischen Reichs-Tage sind gehalten worden / so wird mein Patron drüber zu disponiren haben.

POMPONIUS.

Ich kan die Wolthat nicht eher begehren / als biß sie zum Bürger-Rechte kommen sind. Aber daß sie auch die Ursache wissen / warum sie etwas über acht Tage auffgehalten werden / so ists an dem / daß in weniger Zeit das Gemeine-Bier wird ausgetruncken werden. Weil nun dergleichen wichtige Dinge biß dahin verschoben werden / daß man die neu ankommenden Herren gleichsam mit einem kleinen Willkommen empfangen kan / so werden sie der zukünfftigen Ehre halben die wenigen Tage nicht verachten.

BALDUIN.
Die Ursachen sind erheblich: Also werden wir uns biß dahin gar schön recommendiren.
DONAT.
Und ich werde sprechen: Semper honos nomenque tuum laudesque manebunt.
POMPONIUS.
Er sage mir doch das Sprüchelchen noch einmahl.
DONAT.
Semper honos nomenque tuum laudesque manebunt.
5. Auftritt
Fünffter Aufftrit.
Pomponius. Hernach Storax.

POMPONIUS.

Was heist denn das? Semper, hans, numme, laus. Ich spreche / die Kerlen dencken gar wir haben Läuse bey unserer Gemeine.

STORAX.
Herr Gevatter ich kan mich in euch nicht finden.
POMPONIUS.
Eben darum bin ich ein Geistlicher und Weltlicher zugleich.
STORAX.

Ich dachte ihr woltet die Kerlen fressen / und sie selten nicht in die Gemeine genommen werden: Nun haben sie keinen bessern Vorsprecher als euch. Ich halte sie werden euch müssen Lateinisch lernen / damit seyn wir andern alle verrathen und verkaufft.

POMPONIUS.

Ey ey du blinde Welt / kanst du nicht weiter sehen / als [160] man mit einer Kuhe wirfft? Wer die Leute fangen will / der wird wol nicht mit Prügeln unter sie schmeissen.

STORAX.
Aber die Leute werden nicht gefangen / wenn man alles thut was sie haben wollen.
POMPONIUS.
Ist das nicht genung / daß sie 8. Tage warten müssen.
STORAX.
Wie bald sind 8. Tage vorbey / damit haben sie ausgewartet / und unser Wort muß gehalten werden.
POMPONIUS.

Mein lieber Herr Gevatter / in acht Tagen sollen sie alle mit einander in einem solchem Stande seyn / daß sie unser Bürger-Recht nicht verlangen werden. Last mich nur machen.

STORAX.
Wenn das geschieht / so werde ich in 8. Tagen klüger.
POMPONIUS.

So nur im Vertrauen was gedacht: Ich will sprechen / ich reise zum Herrn Magister: Unterdessen will ich mich in einen Quacksalber verkleiden / da will ich so viel wahrsagen / daß sich niemand nach den gelehrten Bachanten sehnen wird. Und also lebet unterdessen wohl.


Geht ab.
6. Auftritt
Sechster Aufftrit.
Storax. Hahnenfuss. Ziegenbein.

STORAX.
Unser Kirch-Schreiber ist ein schlimmer Kautz. Doch was wollen die fremden Leute?
HAHNENFUSS.
Herr guten Tag von meinetwegen.
STORAX.

Eure Gestalt bringt es wohl nicht mit / als wenn ihr viel gute und schöne Tage zu verschencken hättet.

HAHNENFUSS.
O ja ich habe mein Lebetage manche Rauch-Kammer gut gemacht,
ZIEGENBEIN.
Und ich habe manch häßlich Rauch- Loch schöne gemacht.
STORAX.
Doch was ist euer Anbringen.
HAHNENFUSS.
Wir kommen daher und wollen sehen / obs in unserer Kunst was zu thun giebt.
ZIEGENBEIN.
Heute seyn wir da: Wer die Gelegenheit nicht mit nimt / der muß seine Löcher darnach selber kehren.
[161]
STORAX.
Ja hört / was nehmt ihr vor ein Loch zu kehren?
HAHNENFUSS.

Vor diesem da noch mehr Geld unter den Leuten war / da war das Verdienst auch besser. Jetzo seyn wir gar gnädig.

ZIEGENBEIN.
Und wenn wir Saltz und Brod dabey verdienen / so mögen wir alle Finger darnach lecken.
HAHNENFUSS.

Vor eine Küche nehmen wir 8. Groschen / vor eine gemeine Feuer-Esse 4. Groschen / vor eine Bad-Stube drittehalb Groschen / vor ein Offen-Loch 1. vor ein Rauch-Loch 2. Gröschel.

ZIEGENBEIN.

Und wenn uns ein Loch am Wind- Offen verdinget wird / so stellen wir das Trinckgeld ins Herrn belieben.

STORAX.

Ihr seyd mir gar zu theuer. Ich will euch Essen und Trincken geben und drey Groschen Geld darzu: Wolt ihr heute mein Hauß beschicken?

HAHNENFUSS.

Vors beschicken will ich wohl drey Groschen nehmen: Aber die Ofen und das andere muß absonderlich bezahlet werden.

ZIEGENBEIN.

Gedenckt nur / wir seyn gar billiche Leute. An andern Orten mag der Feuermauer-Kehrer den Ruß mit nehmen und mag ihn brauchen wie er will. Aber weil es hier anders eingeführet ist / so gehet alles dem Herrn zugute.

STORAX.
Ich möchte wissen / was ich mit dem schwartzen Quarge machen solte.
HAHNENFUSS.
Ich weiß ein Land / da ein Pfund solche Wahre vor sechtzehen Groschen bezahlet wird.
ZIEGENBEIN.

Und ich habe einmahl mit einem Apotheker geredt / der machte schwartzen Brandtwein draus wieder die Würme / wieder das Reissen im Leibe / wieder alles miteinander.

STORAX.
Wolt ihr mir umsonst kehren / so will ich euch die Waare gönnen.
HAHNENFUSS.

Ein andermahl kans wohl geschehen: Wir müssen nur zuvor die Kauffleute bestellen / daß sie uns von der Waare helffen.

ZIEGENBEIN.

Ja wer alles wüste / was im Ofen- Russe steckt / er würde ihn eher von der Erden auffheben / als ein bißgen Brodt. Auf meiner Wanderschafft hab ich eine Läuse-Salbe davon gesehen; Ist sie nicht vor einen Ducaten verkaufet worden / so ist sie doch so viel werth gewesen.

STORAX.

Ich sehe / wenns zum auffschneiden kömmt / so lassen es [162] die Feuermäuer-Kehrer an sich nicht ermangeln. Doch heute wirds wohl zu langsam seyn. Die Magd hat schon auff dem Heerde Feuer gemacht. Kommt etwan morgen wieder / meine Frau wird sich schon mit euch vergleichen.

7. Auftritt
Siebender Aufftrit.
Hahnenfuss. Ziegenbein. Pomponius als ein Ziegeuner.

HAHNENFUSS.

Der Mann wird sich mit seinem Ofen-Ruß viel einbilden: Er läst sich doch eine neue Wage darzu machen.

ZIEGENBEIN.
Und er wird allmählig die guten Freunde auff den schwartzen Brandtwein zu Gaste bitten.
POMPONIUS.
Glück zu ihr guten Leute. Allem Ansehen nach seyd ihr auch fremde.
HAHNENFUSS.
Ja wir armen Leute müssen uns immer auff der Strasse herum blacken.
ZIEGENBEIN.
Wenn uns die Leute einmahl gebraucht haben /so dürffen wir in einem halben Jahre nicht wiederkommen.
POMPONIUS.

Es geht mir auch so: Wenn ich die Leute an einem Orte nur einmahl gesund gemacht habe / so dürften sie mich in 10. Jahren nicht brauchen.

HAHNENFUSS.
Der Herr verzeihe mir / er wird gewiß ein Doctor seyn.
ZIEGENBEIN.
Oder wo er gar aus der schwartzen Kunst ist / so müssen wir sprechen Glück zu unsers gleichen.
POMPONIUS.

Meine Kunst ist nicht schwartz. Es müste mancher Mensch eher ein Stücke von schwartzer Erde käuen / wenn ich mit meinen guten Mitteln nicht darzwischen käme.

HAHNENFUSS.
Nun nun / wir wollens wol gläuben: Reisende Leute werden sich wohl mit einander vexiren dürffen.
ZIEGENBEIN.
Und ich dencke unsere Kunst hat gleichwohl einen güldenen Boden.
POMPONIUS.

Ja ja / wenn ihr oben in der Feuermauer steckt / daß die Schincken und Knackwürste unten hangen / so habt ihr gar einen hübschen Boden. Aber darff ich fragen / wo ihr her seyd?

[163]
HAHNENFUSS.
Wir wandern durch so viel Städte / daß wir selber nicht wissen wo wir daheim seyn.
ZIEGENBEIN.

Und wer so viel Staub in sich fressen muß / der wird so unkentlich / daß ihn nicht einmahl seine Landes Leute annehmen wollen.

POMPONIUS.
Ihr müst doch wißen / wo eure Eltern gewohnet haben.
HAHNENFUSS.

Sechs Meilen dort hinter den Bergen da ist ein Dorff das heist Rumpels Hausen / da war mein Vater Todtengräber.

POMPONIUS.
Es schickt sich fein zusammen: Einer arbeitet im schwartzen unter sich der andere über sich.
ZIEGENBEIN.

Und mein Vater war darneben auf einem Städtel Bürgermeister / und wie er abgesetzet ward / fieng er einen Gewandschnied mit Holundersafft und Wachholderbeeren an.

POMPONIUS.

Die Tinctur vom OfenRusse hätte sich hübsch darzu geschickt. Doch habt ihr etwan ein Anliegen / darinn ich euch helffen kan? Ich bin ein Mann / der eben Goldes wegen nichts anfangen darff. Im Riesen Gebirge finde ich so viel Geld und Edelgesteine / als ich brauche. Doch dem lieben Nechsten zu gefallen mach ich manchmahl eine Gold Artzrney vor 20. thl. und gebe sie vor 2. gl. Vor 8. Tagen kriegte ich ein blindes Weib / das hatte den schwartzen Staar. Ich nahm ein halb Pfund Diamanten und brannte das klare Oel daraus. Damit fraß meine Artzney den Staar so glat weg daß sie besser siehet als wir alle mit einander. Und daß ich nur Schande halber nicht alles wolte umsonst gethan haben / so nahm ich 4. Groschen. Eine andere Jungfer hatte lauter rothe Finnen über und über. Aber es war mir um 12. Pfund Granaten zu thun / die zogen die Röthe so schöne aus dem Gesichte / daß sie Haut hat / wie ein gefallener Schnee / und ich war mit drittehalb Groschen zufrieden. Vor drey Wochen hatte ein armer Mann solche Hertzens-Angst / daß ihm das Hertze schon einmahl unter der Zunge saß und wolte heraus fahren. Den andern Tag war es ihm reverenter zu sagen biß an die Schloß Beine herunter gefahren. Was wolte ich thun? Ich nahm anderthalb hundert Ducaten und satzte sie über das Feuer. In 24. Stunden hatte ich Pillen fertig / davon ist der liebe Mensch so lustig / daß er in der Stube herum tantzet / wie eine Bachsteltze. Und wie es zur Bezahlung kam / so belieff sichs mit dem Trinckgelde mit allem auf siebende halbe Groschen.

[164]
HAHNENFUSS.

Wenn ich auch was von einer goldenen Artzney kriegen könte / so wolte ich sehen / was mein armer Beutel vermöchte.

POMPONIUS.

Habt ihr ein Anliegen / so sagt mirs nur. Ich habe die Mode / zu erst wird mir die Kranckheit entdecket. Das geringe Püncktlein mit der Bezahlung / das kömmt auf die letzt.

HAHNENFUSS.

Ich habe nun so viel Jahr nach einander einen Schwall Ofen Ruß in den Halß gefreßen. Sechs Pferde schlepten ihn nicht weg / und daß mir ein fein Particul auf der Brust liegen muß / das mercke ich in der Nacht / da ist mir immer / als wenn mich der Alp drückte.

POMPONIUS.

Ihr guter Freund / ihr habt Zeit. Aus solcher materie kan der schwartze Stein entstehen / der legt sich zwischen Lung und Leber und frist um sich / als ein leibhaffter Krebß. Er komme morgen wieder zu mir / ich will ihm was von meinem Carfunckel Brandtewein geben / davon soll ihm der Ruß zum Halse raus stüben / als wenns rauchte.

ZIEGENBEIN.
Und ich habe auch ein sonderlich Anliegen / ich weiß nicht / ob mir wird zu helffen seyn.
POMPONIUS.

Ey was wolt ihr am helffen zweiffeln? Wer von meiner Kunst Profession macht / der muß allen Leuten helffen können / oder er muß sich mit Drecke lassen zum Lande naus schmeißen.

ZIEGENBEIN.

Es fält mir manchmahl so ein fauler Fluß in die Beine / daß mich die Mühe verdrüst / wenn ich eine Letter hinauff steigen soll. Am Sontage und am guten Montage fühle ich nichts. Aber wenn ich nur eine Feuermauer von weiten ansehe / so krübelt mirs schon um die dicken Beine / wenn ich näher darzu komme / so ist der Fluß gefallen.

POMPONIUS.

Ich mercke schon / wo der Hund begraben ist. Euer Lehrmeister hat euch die Kunst nicht recht gewiesen: Ihr habt euch die Knie verwarloset / wenn ihr in die Rauch-Löcher gekrochen seyd. Ich habe ein Pflaster von Perlemutter / daß muß in einem güldenen Tiegel zu einer Salbe gekocht werden / biß das Gold hinein fährt. Das Pflaster soll euch schon helffen: In zwey Tagen solls schon fertig seyn.

HAHNENFUSS.
Aber wir armen Leute können so viel nicht bezahlen.
POMPONIUS.

Ich will euch einen guten Vorschlag thun. Ich suche nichts als Respect und Bekandschafft. Wolt ihr in den Häusern ein [165] bißgen herum spatzieren / und mir gute Leute zuweisen / so verlange ich keinen Heller. Krancken Leuten helffe ich mit meiner Artzeney / und gesunden Leuten kan ich wahrsagen.

HAHNENFUSS.

Je nun wir wollen ein bißgen hausiren gehen / die Feuermauern besehen. Vielleicht giebt ein Wort das andre / damit kan euer gedacht werden.

ZIEGENBEIN.

Und wer weiß / wer sich noch heute den Planeten lesen läst. Es giebt immer Volck / das gerne was neues wissen will.

8. Auftritt
Achter Aufftrit.
Pomponius. Cyriax. Lampert.

POMPONIUS.

Ja das ist wahr / es ist ein edel Kleinod um einen gesunden Leib / und eine treffliche Gnade vor Patienten / wenn rechte Mittel vorhanden seyn. Doch sieh da die rechten Pursche kommen mir gleich in den Wurff / die müssen gefangen seyn.

CYRIAX.
Was muß das vor ein fremder Mann seyn?
LAMPERT.
Ich sehe ihn vor einen Doctor an.
CYRIAX.
Ich dencke wohl / es wird nicht dabey bleiben: Ich dencke immer / er kan mehr als Brodt essen.
LAMPERT.
Solche Leute reisen gemeiniglich weit / so können sie wol hinter die Künste kommen.
POMPONIUS.
Einen schönen guten Tag meine Herren. Allem Ansehen nach werden sie Regenten von dieser Stadt seyn.
CYRIAX.
Ja unwürdig möchten wir so etwas zu befehlen haben.
POMPONIUS.
So werden sie auch eine reisende Person in ihren Schutz nehmen können.
LAMPERT.
O die Leute seyn itzo gar fromm. Es wird mit unserm Schutze nicht viel zu bedeuten haben.
POMPONIUS.

Doch Vorsorge ist besser als Nachsorge. Kan ich eine Wolthat von den Herren geniessen / so will ich mit meiner Kunst gerne danckbahr seyn.

CYRIAX.
Doch worinne bestehet seine Kunst?
POMPONIUS.

Ich kan zweyerley Künste eine vor die Krancken und [166] eine vor die Gesunden. Krancken gebe ich Artzney / daß es besser wird. Den gesunden sage ich wahr / was sie wissen und haben wollen.

CYRIAX.

Mit der Artzney möchte es gut seyn. Aber was ich von wahrsagen halten soll / das kan ich nicht begreiffen.

POMPONIUS.
Ha will der Herr meine Kunst in zweiffel ziehen? Es gielt eine Probe / er trete nur dort hin.
CYRIAX.
Was wird den draus / wenn ich hintrete?
POMPONIUS.
Das will ich sehen lassen.

Er kriegt ein Blaserohr.
CYRIAX.
Das lange Ding wird mich nicht klug machen.
POMPONIUS.

Ihr sollt erfahren / was vor klugheit in dem Dinge steckt. Halt nur das Ohr hübsch an / daß andere Leute nichts davon hören.

CYRIAX.
Nun ich will doch was thämsches begehen und will zuhören.
POMPONIUS
ad Lampert.
Aber der Herr muß auf die andere Seite treten ein iedweder Mann muß seine Heimligkeit alleine hören.
CYRIAX.
Ich höre noch nichts.
POMPONIUS.

Er sehe mich an / ich bin ein fremder Mann. Vor zwo Stunden bin ich noch eine Meile von hier gewesen / mit keinem lebendigen Menschen habe ich noch nicht geredt / doch er halte sein Ohr her.


Er redet durch das Rohr.

Ists nicht wahr / er hat sich mit seiner Frau geschlagen /die Frau hat ihn hinten beym Nieschel kriegt / und wenn ein guter Freund nicht wäre darzwischen kommen / so schlüget ihr einander noch. Und ists nicht der Tochter wegen herkommen? Die Mutter will / daß sie freyen soll / und ihr wolt daß sie noch 8. Jahr warten soll. Nun habt ihr euch vergliechen / und wenn der Stutzer sein Bürger Recht wird gewonnen haben / so wolt ihr Hochzeit machen.

CYRIAX.

Herr Gevatter / das hätte ich mir nicht eingebildet. Er sagt mir Sachen / die kein Mensch wissen kan als ich. Ach verzeiht mir hoch Ehrwürdiger Herr Doctor, daß ich an eurer Kunst gezweiffelt habe.

POMPONIUS.
Ach das ist eine garstige Sache / wenn sich jemand an das Zweiffeln gewöhnet.
[167]
LAMPERT.

Wenn sich aber das Ding so verhält / so müssen wir die Leute berichten / daß sie wissen / was vor ein statlicher Mann bey uns ist. Solche Leute bleiben nicht lange hier / sie kommen langsam wieder.

POMPONIUS.

Ja ja die Welt ist groß / ehe ich herum komme / so sind 100. Jahr verflossen. Doch in dem Wirths-Hause werde ich wieder anzutreffen seyn.


Geht ab.
CYRIAX.
Nun was ich heute gehöret habe / daran will ich gedencken.
LAMPERT.

Ich hätte es gerne gesehen / daß er mir das Ding ans Ohr gesetzet hätte: Aber wir mögen warten / biß es wieder so kömmt.


Geht ab.
9. Auftritt
Neundter Aufftrit.
Ziegenbein. Urselchen.

URSELCHEN.
Ey sagt mir doch das Ding noch einmahl.
ZIEGENBEIN.

Jch bin ein ehrlicher Kerl / und ich hab es wohl verdient / daß mir die Leute flugs das erstemahl glauben.

URSELCHEN.

O es geschieht nicht deswegen / ich höre so gerne von solchen Sachen reden. Ist ein Mann da der alles weiß?

ZIEGENBEIN.
Ja es ist ein Mann da / der kan wahrsagen / als wenn ers aus einem Buche gelesen hätte.
URSELCHEN.
Kan er auch den Jungfern wahrsagen?
ZIEGENBEIN.

Ach er sagt ihnen / was sie vor Freyer haben / was sie vor Mittel und was sie vor Häuser kriegen sollen.

URSELCHEN.
So weiß er auch was zukünfftig ist.
ZIEGENBEIN.
Ach er prophezeyet den Leuten auf 100. Jahr hinaus.
URSELCHEN.
Wenn aber die Leute nicht so lange leben?
ZIEGENBEIN.
Da kan der Doctor nicht davor. Hätten sie gelebt / so wäre es geschehen.
URSELCHEN.
Darff auch eine Jungfer meines gleichen zu ihm kommen?
ZIEGENBEIN.
Solche Leute seyn ihm am liebsten.
[168]
URSELCHEN.
Doch er wird viel Geld haben wollen.
ZIEGENBEIN.

Ach nein / wenn er einen Patienten hat / so läst er sich nicht eher bezahlen / als biß er gesund ist; Und wenn er einem wahrsaget / so begehret er kein Geld biß es eingetroffen hat.

URSELCHEN.
Wenns aber in 100. Jahren erst eintrifft?
ZIEGENBEIN.
So läst er sich erst in 100. Jahren bezahlen.
URSELCHEN.

Je nun meine Eltern haben wol hübsche Mittel / aber daß sie mir viel Geld in Händen liessen / das ist nicht wahr. Wenn er 100. Jahr mit mir warten will / so will ich doch zu ihm gehen.

ZIEGENBEIN.

Jungfer das soll euch nicht reuen. Er weiß mit den Leuten so hübsch um zu gehen / und gemeiniglich propheceyet er lauter schöne Sachen. Und mich deucht es ist so hübsch / daß sich ein Mensch so fein darnach richten kan. Doch ich habs gesagt / ich muß sehen was mein Camerade machet / daß wir unser Geld verdienen.


Gehet ab.
10. Auftritt
Zehender Aufftrit.
Urselchen. Villenchen.

VILLENCHEN.
Schwestergen. Weist du was neues?
URSELCHEN.
Ich weiß auch was neues.
VILLENCHEN.
Ach deines kan nimmermehr so hübsch seyn.
URSELCHEN.
Ich will dir meines erzehlen.
VILLENCHEN.
Ach nein laß mich erst reden / ich weiß daß meines wahr ist.
URSELCHEN.
Ich dencke meines wird auch nicht erlogen seyn.
VILLENCHEN.
Wer hat dir deines gesagt?
URSELCHEN.
Mir hats der Feuer-Essen-Kehrer gesagt.
VILLENCHEN.
Mir hats der liebe Herr Vater selber gesagt. Es ist ein fremder Doctor da.
URSELCHEN.
Den fremden Doctor meine ich auch.
VILLENCHEN.
Der kan allen Leuten wahrsagen / was sie wissen wollen.
[169]
URSELCHEN.
Drum wolte ich gleich zu ihm gehen.
VILLENCHEN.
Und ich wolte dich mitnehmen.
URSELCHEN.
So gehen wir miteinander.
VILLENCHEN.
Aber was wilst du fragen?
URSELCHEN.
Was du fragen wilst / das werde ich auch fragen.
VILLENCHEN.
So komm fort / das wir den Doctor nicht versäumen.
11. Auftritt
Eilffter Aufftrit.
Pomponius. Villenchen. Urselchen.

POMPONIUS.

Sieh da / was vor liebe Kinder sprechen mir in meinem Quartire zu? Wollen sie nicht etwas näher kommen?

VILLENCHEN.
Wir suchen den Herrn Doctor, der den Leuten so hübsch wahrsagen kan.
POMPONIUS.

Da thun sie recht daran. Auff der gantzen Welt können sie es nicht besser treffen als bey mir. Sie sehen mich noch vor einen jungen Kerlen an: Aber ich reise schon 120. Jahr in der Welt herum / und die Leute sollen noch die erste Lügen von mir sehen.

URSELCHEN.

Wir zweiffeln nicht an seiner Kunst / wenn er arme Mägdgen nur so gut achtet / daß er sich ihrenthalben bemühen will.

POMPONIUS.
Ach sie sind nicht arme Mägdgen. Ists nicht wahr / sie heist Jungfer Villenchen.
VILLENCHEN.
Ja der Herr Doctor hats getroffen.
POMPONIUS.
Haben Sie nicht dreyzehen Kühe im Stalle und die vierzehende ist neulich gestorben.
VILLENCHEN.
Der Herr Doctor weiß doch alles.
POMPONIUS.
Und heist sie nicht Jungfer Urselchen?
URSELCHEN.
Ja ja in unserm Hause heissen sie mich so.
POMPONIUS.
Hat die liebe Frau Mutter diß Jahr nicht sechstehalb Viertel Flachs gesäet?
URSELCHEN.
Der Herr Doctor weiß alles.
POMPONIUS.
Jhr losen Kinder / warum sprecht ihr denn / daß ihr arme Mägdel seyd?
URSELCHEN.
Er verzeihe uns: Was wir künfftig haben sollen / das ist der Eltern / und ist nicht unser.
[170]
POMPONIUS.
Nu nu ihr solt schon zu rechter Zeit dazu kommen. Aber ists euer Ernst / daß ich wahrsagen soll?
URSELCHEN.
Ja wenn es dem Herrn Doctor beliebt.
POMPONIUS.

Nun so komt her / haltet fein stille / thut fein erbar und lachet nicht / und wer die Kunst nicht kan / der verhindere den Meister nicht.


Er siehet ihnen in die Hände / er mist ihnen die Nasen und das Maul mit einem Faden / und macht allerhand Striche auf ein Papier.
POMPONIUS.
Ach ihr lieben Jungfern ists noch euer Ernst / daß ich die Wahrheit sagen soll?

Sie schreyen zusammen: Ja ja.
POMPONIUS.

Es ist mir leid und lieb / daß ichs thun soll. Jungfer Villenchen hat einen Freyer der heistBalduin, und Jungfer Urselchen hat einen Freyer der heist Donat. Es sind wackere Kerlen / sie haben studiret / sie können vor 1500. Thaler Lateinisch / und wo sie es erleben so werden sie zu grossen Ehren kommen.

URSELCHEN.
Das ist gut vor uns.
POMPONIUS.

Ja hört auch weiter / Herr Balduin hat einen heimlichen Schaden / wenn er manchmal auffbricht / so reuchts gar todtenhafftig um ihn / und ich weiß eine Stadt / da ist er noch 700. Reichsthl. schuldig: Seine zukünfftige Frau wird was zu bezahlen kriegen.

VILLENCHEN.
Ey ey wenn das meine Frau Mutter wüste / sie gäbe es nimmermehr zu.
POMPONIUS.

Und Herr Donat hat schon einen andern Kerlen todgestochen: Wenn er nicht wäre durchgangen / so hätte ihn der Scharff-Richter schon in seiner Hand gehabt. Wenn er zu euch kömmt / so sehet ihm nur in die Hand / ob er nicht einen leibhafftigen Galgen drinne hat / denn er stirbet keines reinen Todes.

URSELCHEN.
Pfui was solte mir ein solcher Freyer.
POMPONIUS.

Ja ihr lieben Kindergen freylich wäre es besser / wenn die Sache nachbliebe. Die Kerlen möchten mit Hunden zur Gemeinde hinaus gehetzet werden / die ein solch Hertzeleid über so reiche und vornehme Leute bringen wollen.

URSELCHEN.

Es ist uns nur darum / wenn wir die Freyer nicht nehmen / wie wir sie kriegen / so bleiben wir darnach sitzen.

POMPONIUS.

Ja ja es ist ein trefflich Hauß-Creutz / wenn eine Jungfer [171] die zum Verstande kommen ist / ihr Künste nicht anbringen soll. Aber glaubt mir als einem wahrhaften Manne / wenn die Lumpen- Hunde den Korb kriegen / so wirds euch nicht thauren. In kurtzer Zeit werden zwey Grafen kommen / die sollen um euch anhalten / und da solt ihr erst erfahren / was ich vor schöne Sachen propheceyen kan. Sie haben Geld / sie möchtens fressen / und ihr solt allemahl darnach auf Kareten fahren / und lauter Marcepan / und Mandel-Kernen essen.

VILLENCHEN.
Was sind denn die Grafen vor Dinger.
POMPONIUS.
Das sind Leute / sie sind vornehmer als der Richter und als der Land-Schöppe.
URSELCHEN.

So gehen sie auch über den Herrn Vater / und das wird er nicht geschehen lassen / und es wird die Frau Mutter verdriessen / wenn ich an der Hochzeit die Ober-Stelle hätte.

POMPONIUS.

Ey das hat nichts zu bedeuten. Die Grafen sind höffliche Leute / sie werden den Herrn Vater wohl lassen oben an gehen Gnung daß es nicht geschieht / wenn andere Leute darzu kommen.

URSELCHEN.
Aber die Grafen müssen auch viel Geld haben.
POMPONIUS.
Warum sollen sie nicht Geld haben? Sie können das Geld selber machen.
URSELCHEN.

Das wäre hübsch. Wenn ich die Magd wolte auff den Marckt schicken / und hätte kein Geld / so müste mir der Mann flugs eine Mandel drittehalb Groschen-Stücke nacheinander machen.

POMPONIUS.

Ach die Grafen hudeln sich nicht viel um drittehalb Groschen-Stücke: Es müssen lauter Thaler und Ducaten seyn.

URSELCHEN.
Es ist aber auch hübsch / wenn man klein Geld hat.
POMPONIUS.
Daran fehlts auch nicht. Das kriegen die Grafen von ihren Bauern.
URSELCHEN.
Haben die Grafen auch Bauern?
POMPONIUS.

Je da zappelt und knebelt alles vor Unterthanen / und wenn eine Frau böse wird / so darff sie nur einen Bauer oder Bauer-Frau holen lassen / die mag sie prügeln / biß sie Geld giebt.

URSELCHEN.
Nu Schwestergen / wir müssen schon den ersten Freyem den Korb geben / daß wir die Grafen erwarten.
POMPONIUS.

Ich rede die Wahrheit: Doch zwinge ich niemanden / daß er was thun oder lassen soll. Doch wem zu rathen steht / dem steht auch zu helffen.

[172]
URSELCHEN.
Wir hättens bald vergessen: Was will der Herr Doctor vor die Mühe haben?
POMPONIUS.
Ich will mich schon bezahlen lassen / wenn sie die Grafen werden bekommen haben.
URSELCHEN.
Nun so können wir das Geld hernach so schön machen lassen / als wir wollen.
POMPONIUS.
Ich will mich schon zu rechter Zeit anmelden. Sie brauchen meine Wahrheit gesund.

Geht ab.
URSELCHEN.
Und wir müssen das der Frau Mutter sagen / daß sie uns an dem Gräfflichen Glücke nicht verhindert.

Geht ab.

3. Akt

1. Auftritt
Erster Aufftrit.
Roland. Balduin.

BALDUIN.

Der Herr Richter hat mich in Geheim bestellen lassen: Ich weiß nicht / ob mir die Citation zu Gnaden oder zu Ungnaden gereichen wird.


Die Scene eröffnet sich da der Richter sitzt.
ROLAND.
Seyd ihr schon hier.
BALDUIN.
Ja hochweiser Herr Richter ich bin hier.
ROLAND.

Stille stille mit dem Titul / ich mag keine Neurung aufbringen. Ich bin kein hochweiser Herr: Ein Ehrenvester Herr bin ich / das gestehe ich / und davor gebe ich mich aus. Wo ihrs bey mir nicht verschütten wolt / so heist mich Ihr Ehrenveste.

BALDUIN.
Nun ihr Ehrenveste da bin ich.
ROLAND.

Das war recht Nun wollen wir weiter reden. Die Zeit wird euch lang werden / daß wir euch nicht zum Bürger-Rechte kommen lassen.

BALDUIN.

Ihr Ehrenveste haben zu thun und zu lassen was sie wollen. Ein Diener muß sich alles gefallen lassen. Doch haben Ihr Ehrenveste noch sonst was zu befehlen?

ROLAND.
Ja ich hätte was nothwendiges mit euch zu reden / wenn ich wüste daß ich euch trauen dürffte.
[173]
BALDUIN.

Ihr Ehrenveste werden auff ihren Diener keinen solchen Verdacht werffen. Welchen ich vor meinen Wohlthäter erkenne gegen demselben darf? ich mich mit keiner Untreu versündigen.

ROLAND.

Daß ich euer Wolthäter bin / das ist wahr: Und wo ihr nur was zu gefallen thut / so will ich euch eine Wohlthat erweisen / die kein Mensch erfahren soll. Ich will euch zum Bürger-Recht umsonst helffen.

BALDUIN.
Mein Vermögen stehet der gantzen Gemeine / geschweige denn Ihr Ehrenveste zu Dienste.
ROLAND.
Hört doch / ists denn wahr / daß ihr so hübsch Lateinisch könt?
BALDUIN.

Ja Ihr Ehrenveste / damit wollen wir bestehen / und wenn der Lateinische Käyser selbst von den Todten aufferstünde.

ROLAND.
Und ists den wahr / daß unser Kirch- Schreiber vor 27. Groschen Lateinisch bey euch bestellet hat?
BALDUIN.
Er hat wohl was davon gedacht: Aber daß wir was verkauffen solten / davon wissen wir noch nichts.
ROLAND.

Hört doch gieng es nicht an / wenn ihr ohne dem was überley hättet / daß ihr mir auch was vor 14. Groschen liesset zukommen? Ich sehe wohl daß mir in dem Stücke was fehlet. In die Regiments-Sorgen kan ich mich fein schicken: Aber wenn es zum Lateinischen kömmt / so ist es immer / als wenn mir was fehlte.

BALDUIN.

Ihr Ehrenveste mein gantz Latein stehet ihnen gleich zu Dienste. Denn mit 14. Groschen würden sie nicht weit langen. Ich dächte wenn sie vor 14. Thaler und 14. Groschen hätten / damit solten sie wohl auskommen / und ich wolte es ihnen als ein danckbarer Diener verehret haben.

ROLAND.

Ich kan wohl ein bißgen Lateinisch / und ich könte auch wohl was im Vertrauen hören lassen / daß ich eine Waare nicht zweymahl kriegte. Wenn die Rathsherren gerathen haben / so spreche: ich. Ich gebe mein Vomitum auch darzu. Wenn iemand etwas umsonst will haben / so spreche ich:Vivat ums Geld. Das gemeine Guth heissen wirBonum pulicum. Und ein Vagante sagte mir neulich / wenn ich einem ein Glaß Bier zutrinckte / solte ich sprechen prosit. Und wenn einer Geld von mir haben wolte / so solte ich sprechen. Verzeihet mir / es seyn viel Worte ich muß mich besinnen:Ca-ca-tum-non-est-pictum. So viel kan ich.

[174]
BALDUIN.

Es ist gut / ich hätte gleich von dem angefangen. Doch wie wollen es Ihr Ehrenveste haben? Durch den Trichter oder durch Pillen?

ROLAND.
Was heist das?
BALDUIN.

Durch den Trichter gehet es so zu. Hinten am Genicke / da der Poeten-Kasten ist / wird ein Creutz aufgeschnitten und da wird ein Füllhälsel hinein gestecket / und ehe es wieder zufällt / müssen die Wörter hinein gegossen werden.

ROLAND.
Ich bin ein alter Mann / die Cur stehe ich nicht aus.
BALDUIN.

So gehets durch die Pillen. Da nehmen wir die Lateinischen Wörter und vermengen sie mit dem Honig und Wacholder-Staube. Wenn sie eingenommen werden / so wird der Mensch gantz geschickt / daß er so viel lernen kan / als man braucht.

ROLAND.
Habt ihr die Pillen fertig / und schmecken sie auch böse?
BALDUIN.
In drey Tagen kan ich sie schaffen / da schmecken sie wie Semmel und Honig.
ROLAND.

Das ist brave / in drey Tagen will ich mich drauff verlassen / damit will ich euch bey der Übergabe des Bürger-Rechts Lateinisch antworten.


Die Scene fält zu wo der Richter ist.
2. Auftritt
Anderer Aufftrit.
Balduin. Donat.

BALDUIN.

Ich sehe wohl / wer mit thummen Kerlen zu thun hat / der muß sich eine thämsche Mode gefallen lassen.

DONAT.
Monsieur mon Frere wie stehts? Wir haben gewiß einander alle beyde gesucht?
BALDUIN.

Ja nun brauchte ich einen guten Freund / der mir lachen hülffe. Der Herr Richter will mir das Bürger Recht umsonst geben / wo ich ihn in 14. Tagen Lateinisch lernen will. Und ich habe ihm eine Dosin von lateinischen Pillen versprochen / die sott er einnehmen.

DONAT.

Ey Bruder / wir müssen die einfältigen Leute nicht zum Narren [175] haben. Wenn die Heyrathen fortgehen / so seyn wir gleichwol gediegene Leute. Wie hättens in einer grossen Stadt nicht so getroffen.

BALDUIN.

Das ist wahr doch wenn wir sie so Vexiren / daß der Bauer nichts davon merckt / so wirds nicht viel zu bedeuten haben.

DONAT.
Aber wo mögen unsere Frau Schwieger Mütter stecken / daß sie nicht an zu treffen seyn?
BALDUIN.

Sie mögen stecken wo sie wollen / so weiß ich doch / das mir ihre Affection nicht entlauffen soll. GOtt hat mir zwey Vornehme Qvalitäten gegeben / ein verliebt Hertz gegen die Jungfern und ein höfflich Hertz gegen die alten Weiber / damit will ich fort kommen.

DONAT.

Und ich sehe wohl / in der Gemeine herschen die Weiber so gut als anders wo. Wenn wir die Partheyen in den langen Hosen auff unserer Seite haben / so wird es mit den Männern und mit dem Richter selber heissen cuschi.

BALDUIN.
Doch siehe da / wir werden unsere Höffligkeit wieder brauchen müssen.
3. Auftritt
Dritter Aufftrit.
Petronella. Blandina. Balduin. Donat.

BALDUIN.
Wie haben wir das Glücke der Hochwehrtesten Frau Mutter zu begegnen?
DONAT.
Und wie glückselich ist die Stunde / da ich so einer hochwehrtesten Frau Mutter die Hand küssen mag.
PETRONELLA.
Es ist gar gut / daß wir einander begegnen. Denn wir selten uns nun hübsch mit einander bereden.
BLANDINA.
Und unsere Kinder solten wissen woran sie wären.
BALDUIN.
Das wird verhoffentlich geschehen seyn.
DONAT.
Und wir können nichts weiters reden / als wir schon geredet haben.
PETRONELLA.
Nein es heist nicht so. Wer unsere Kinder haben will der muß auch sagen / wie er sie ernähren kan.
[176]
BLANDINA.

Man weiß nicht wie die Fälle gerathen. So ein Kind muß gleichwohl die Jungferschafft verkauffen: Und wenn sie hernach nichts mehr davon hat / als daß sie eine arme Wittfrau heisset / so ist die Herrligkeit nicht gar zu groß.

BALDUIN.
Meine hochwehrteste Frau Mutter.
BLANDINA.
O spart den Titul biß die Heyraths- Nulde fertig ist.
BALDUIN.
Sie belieben vielleicht also zu schertzen.
PETRONELLA.

Nein fürwahr / wenn reiche Leute solche Kinder sollen weggeben / so schertzt sichs nicht. Könt ihr den Kindern nicht 1500. verschreiben / könt ihr nicht bey der Hochzeit 300. Thaler Zubusse geben / und könt ihr nicht beweisen / daß ihr alle Jahr 100. erwerben könnet / so werden wir uns viel drum hudeln / ob wir solche Hunger-Leider kriegen oder nicht.

BLANDINA.

Ja ja bettel Kerlen / die den Halß bey uns wollen ernehren / kriegen wir genung daheim. Wir dürften sie nicht von fremdes her verschreiben. Drum denckt immer / was ihr thun oder lassen könnet: Eurentwegen sollen unsere Kinder nicht sitzen bleiben.

4. Auftritt
Vierdter Aufftrit.
Balduin. Donat. Storax.

BALDUIN.
Das Unglücke muß uns an den Ort hergeführet haben / da wir mit allen Complimenten unglücklich seyn.
DONAT.
Hat uns das Unglücke hergebracht / so wird uns das Glücke wieder weg führen.

Sie stehen tieff in Gedancken.
STORAX.
Glück zu ihr Herren. Das sind schlechte Minen vor liebhabende Personen.
BALDUIN.
Aber wohl Minen vor liebhabende Personen die nicht wohl tractiret werden.
STORAX.
Ey das will ich nicht hoffen;
DONAT.
Ich wolte / wir dürfftens nicht glauben.
STORAX.
Ich mercke schon / die lieben Weibergen werden mit ihnen geredt haben.
[177]
BALDUIN.
Es ist was geschehen. Ich wolte wir hätten uns nicht so weit verführen lassen.
DONAT.

Die guten Weibergen waren so freundlich: Nun soll alles auf einmahl verdorben und aufgehoben seyn. Wir haben die Mägdgen des Geldes wegen gefreyet. Nun sollen wir Geld zugeben / daß wir sie kriegen. Hätten wir so viel weg zu werffen / es solte vielleicht an die guten Kinder nicht kom men seyn.

BALDUIN.

Ich habe da einen silbernen Zähnstocher / ich wolte ihn gleich spendiren / wenn mir nur jemand aus dem Traume hülffe.

STORAX.
Wo ist der Zahnstocher? Ich will den Traum auslegen.
BALDUIN.
Hier ist er: Der Herr halte nur sein Wort.
STORAX.

Es ist den lieben Mägden Prophezeyet worden / als wenn sie noch vornehme Grafen zu Freyern kriegen würden / und die Eltern haben es geglaubet: Damit suchen sie nur Gelegenheit die vorige Ehestifftung zu hintertreiben.

BALDUIN.

Wo dencken denn die Mägdgen Grafen zu kriegen? Sie wer den ja nicht solche Leute zu sich nehmen / die weder den Richter noch den Land-Schöppen vor voll ansehen.

STORAX.

Vor meinen Zahnstocher kan ich mehr nicht erzehlen. Die Herren mögen sich darnach richten / und wo sie einen guten Freund mit seinem Rathe nicht verachten / so mögen sie nur bey den Häusern nicht viel vorbey gehen. In unserer Gemeine sind unter dem Hauffen grobe Flegel / die flugs zuschlagen. Doch mein Weg ist der weiteste.


Geht ab.
5. Auftritt
Fünffter Aufftrit.
Balduin. Donat. Hahnenfuss. Ziegenbein.

BALDUIN.
Wer muß das leichtfertige Stücke gekünstelt haben?
DONAT.

Mich deucht der Kirchschreiber stelle sich gar zu freundlich. Doch zu einer solchen Leichtfertigkeit siehet er mir noch zu alber Aus.

BALDUIN.

Ein einfältig Ansehen hilfft wieder Leichtfertigkeit nicht. Und was hilfft es uns / wenn wir gleich den Thäter wissen / wir [178] können uns nicht anders helffen / als daß wir auff eine Revenge bedacht seyn.

DONAT.
Doch die Revenge wird uns auch fast theuer ankommen.
BALDUIN.

Ich weiß wohl was wir thun wollen. Wollen die Jungfern Grafen haben / so wollen wir ihnen Grafen schaffen.

DONAT.
Das ist eine wunderliche Gattung von Revengen.
BALDUIN.

Doch es wird eine lustige Gattung seyn. Die ärgsten zwey Lumpen-Hunde / die wir können aufftreiben / die wollen wir auskleiden als Grafen. Und wenn sich die Jungfern mit ihnen verplempert haben / so wollen wir zur Revenge gute Gelegenheit finden.

DONAT.

Item es geht an / ich wage es mit / und wenn ich an meinem Orte noch ein Dutzend Thaler darzu vergessen solte.

BALDUIN.

Doch sieh da / was sind das vor Bursche? Sie sehen mir bald wie Höltzer aus / davon man ein paar Grafen schnitzen könte.


Die Feuermauer-Kehrer kommen.
HAHNENFUSS.
Ach wie schart mich der Staub in der Kahle.
ZIEGENBEIN.
Und wie zwickt mich der faule Fluß im dicken Beine.
HAHNENFUSS.
Drittehalb Seidel Brandtwein nehme ich auffs Hertze.
ZIEGENBEIN.
Und von einer Mandel Pfann-Kuchen solte mir wohl besser werden.
BALDUIN.
Glück zu ihr lieben Freunde wie stehts um ein gut Leben?
HAHNENFUSS.

Ums Leben steht es gut genung: Wer nur zu fressen und zu sauffen darbey hätte / der wüste keinen Tadel.

BALDUIN.
Gehet eure Kunst nicht wie sonst?
HAHNENFUSS.

O die Kunst gehet noch wohl: Wir finden Rauch-Löcher genung die wir kehren müssen: Das Geld macht sich nur bey den Leuten so seltzam / und wenn ich was bessers wüste / die Stunde wolte ich meinen Leinwandtenen Schmuck verkauften.

BALDUIN.

Vielleicht wissen wir was besseres / wir wollen euch einen Vorschlag thun / daß ihr innerhalb zwey Tagen ein Dutzend Thaler verdienen könnet.

HAHNENFUSS.
Vor ein Dutzend Thaler thun wir vier Wochen / was ihr haben wollet.
BALDUIN.

Ein Dutzend Thaler solt ihr haben und noch mehr. Seht wir wollen euch schöne Kleider geben / ziehet sie an / und gebet euch vor Grafen aus / gehet damit zu gewissen Jungfern und haltet um sie an. Wenn ihr so viel thut / so wird das Geld verdienet seyn.

[179]
HAHNENFUSS.

Ich weiß nicht / ich bin mein Tage kein Grafe gewesen Ich dencke immer / wenn ich werde am erbarsten thun sollen / so wird mich der Feuermauer-Kehrer in Nacken schlagen.

ZIEGENBEIN.

Ey Possen / ich habe manchem Grafen die Feuer-Esse gekehret / es raucht in ihren Küchen so schlim / als bey gemeinen Leuten. Ich dächte es wäre um ein Versuchen zu thun.

BALDUIN.

Das ist recht / kommt nur fort / wir wollen euch Kleider schaffen / und da wollen wir euch alles sagen / was ihr machen und reden sollet / ihr könt euer Geld noch mit Fressen und Sauffen darbey verdienen.

ZIEGENBEIN.

Wir wollen die Lehre schon annehmen. Mein Cammerad ist wohl manchmal ein wenig vergeßlich / aber er läst sich gleichwohl weisen / ich will ihn schon erinnern.

BALDUIN.
Nun so kommt fort / wir haben Zeit / wenn die Grafen sollen fertig seyn.

Gehen ab.

4. Akt

1. Auftritt
Erster Aufftrit.
Petronella. Blandina.

PETRONELLA.

Seyn das nicht junge Narren? Sie wollen auf die Grafen warten. Nun die Freyer den Korb gekriegt haben / so thun sie doch / als wenn ihnen ein Rothkählgen aus der Stube geflogen wäre.

BLANDINA.

Man siehets wohl / die lieben Kinder wollen auch gerne versorget seyn. Sie kommen zum Verstande: Wenn es möglich ist / daß sie der Mutter aus dem Gesichte kommen / so können sie sich wohl was mehres einbilden.

PETRONELLA.

Wenns aber nicht möglich ist / und wenn de was bessere erwarten sollen / sie dürffen uns wohl nicht ein Gesetze nach dem andern herflennen.

BLANDINA.

Wir können es den lieben Kindern nicht vor übel haben: Wenn es lange währt / so flennen wir auch mit.

PETRONELLA.

Ja wenn die Grafen nicht kommen sollen / so wird es [180] mein Mann böse haben. Neulich gab ich ihm etliche Harhuschen: Wenn es wieder also käme / so kriegte er wohl gar einen Schilling.

BLANDINA.
Ey Frau Gevatter / ist es gleichwohl so weit kommen?
PETRONELLA.
Man siehet es wohl: Mann und Weib ist ein Leib / sie können die Hände gar bald zusammen bringen.
BLANDINA.

Ich dachte aber die lieben Herren solten es wohl verstehen / und wenn sie dem gelehrtenDoctor nicht trauen dürfften / so würden sie nicht so ein Leben gemacht haben.

2. Auftritt
Anderer Aufftrit.
Petronella. Blandina. Cyriax. Lampert. Hernach Urselchen.

CYRIAX.
Gute Zeitung ihr lieben Weibergen! Die Grafen sind kommen.
LAMPERT.

Sie sind schon im Wirthshause und in drey Tagen sollen ihre Pferde / Wagen und köstliche Kleinodien nachkommen.

CYRIAX.
Nun mögen wir zusehen / ob uns die Gelegenheit bescheret ist.
LAMPERT.
Wir wollen hoffen der Doctor wird uns nicht betrogen haben.
CYRIAX.
Nun ihr Weibergen habt ihr nichts darzu zu sprechen?
LAMPERT.

Und schickt ihr euch nicht allmählich / daß ihr die Tochter unterrichtet / wie sie mit den Grafen reden sollen?

PETRONELLA.
Es ist mir immer / als wenn ichs noch nicht gläubete.
BLANDINA.
Und ich weiß viel wie man sprechen soll / wenn ein Graf zur Jungfer kömmt.
CYRIAX.
Nun nun / wir müssen doch sprechen / Ehrenvester Herr Grafe.
LAMPERT.

Ich dencke immer der Titul wird noch zu schlecht seyn. Wir werden wohl müssen zubeissen / hochweiser Herr Grafe.

PETRONELLA.
Sonst wäre es gar ein feiner Titul / wenn wir sprächen Herr Grafe / Ihr Ehren Tugenden.
BLANDINA.

Wie einmahl der vornehme Officirer dreymahl bey uns [181] durch zog / den musten wir / halt ich / gar Ihre Pestilentz heissen.

CYRIAX.
Wir wollen sie tragen / wie sie wollen geheissen seyn / so dürffen sie uns keine Schuld geben.
LAMPERT.
Müssen sie es doch leiden / wenn der Gastwirth fraget / wie sie wollen tractiret seyn.
CYRIAX.

Und das sage ich / wenn sie um unsere Kinder anhalten / so wollen wir keine Bedenckzeit nehmen / und wollen flugs Richter und Schoppen lassen zusammen kommen / daß die Ehestifftung in ein recht Buch geschrieben wird.

LAMPERT.

Ja freylich müssen wir uns in acht nehmen. Aber in welch Buch wird es geschrieben? Ins Tauff-Buch schickt sichs nicht / sie dächten doch die Kinder liessen bald tauffen.

CYRIAX.
Ins Leichen-Buch schickt sichs auch nicht: Sie dächten die Kinder solten sterben.
LAMPERT.

Ich weiß wohl in der Kirche haben sie ein Wunder-Zeichen-Buch / da wird alles hinein geschrieben / was die Zeitungs Sänger bringen / wenn die weissen Männel erschienen sind / und wenn die Bauern zu Zickelshausen einen Irrwisch erschlagen haben.

CYRIAX.
Wie schickt sich aber die Freyth in das Buch?
LAMPERT.
Das ist wohl ein Wunder-Zeichen / wenn ein Graf zu unsern Töchtern auff die Freyth kömmt.
CYRIAX.

O wir dürften uns nicht selber verachten: Die Grafen sind gleichwohl Menschen / und bey den Hochzeiten wird kein neues Wunder-Zeichen vorgehen.

URSELCHEN
kömmt gelauffen.
Ach hertze Frau Mutter wie bin ich erschrocken?
PETRONELLA.
Nun du thummes Ding / du kanst mich auch erschrecken.
URSELCHEN.
Ach es seyn zwey Herren im Hause.
PETRONELLA.
Ist denn das was neues / wenn zwey Herren in unser Haus kommen?
URSELCHEN.
Ja sie sprechen sie seyn gar Grafen / und sie wollen mit gantzer Gewalt in die Stabe herein.
PETRONELLA.

Ach laß sie kommen / laß sie kommen solche Gäste kriegen wir nicht alle Tage. Flugs gehe und thue fein erbar.


Gehet ab.
BLANDINA.

Nun ihr Männer helfft mir ein bißgen zurechte schicken / daß wir die fremden Gäste auch fein setzen können.

3. Auftritt
[182] Dritter Auftritt.
Die Vorigen.
Villenchen. Urselchen. Hahnenfuss. Ziegenbein in Grafen Habit.

HAHNENFUSS.
So wahr ich ein Grafe bin / die Ehre ist groß / daß ich herein spreche.
ZIEGENBEIN.
Und ich werde mich Gräflich bedancken müssen / wenn ich an diesem Orte finde / was ich verlange.

Sie schreyen alle: Die Ehrenvesten Hochweisen /Ehr- und Tugendsame Grafen seyn willkommen. Ihre Pestilenz seyn willkommen.
CYRIAX.
Die Herren Grafen setzen sich.
HAHNENFUSS.

Wir wollen uns setzen: Doch sie müssen uns eine Bitte gewehren. Ad Ziegenbein. Camerade / der Mann ist mir auch vierdte halbe Groschen vor die Feuermauer schuldig.

ZIEGENBEIN.
Daß dich potz tausend vergiß doch nicht / daß du ein Grafe bist.
HAHNENFUSS.
Ja ja sie sollen uns eine Bitte gewehren.
CYRIAX.
Wir wollen sie bitten lassen: Doch wir werden zuvor bitten.
HAHNENFUSS.
Sie haben es gute Macht / wirste hen ihnen zu Dinste / und wenn wir den Camin fegen solten.
ZIEGENBEIN
stöst ihn in die Seite.
daß dich S. Velten, verschnappe dich doch nicht so schändlich.
CYRIAX.

Nein darzu seyn uns die Gäste zu vornehm. Wir bitten sie wollen uns nur sagen / wie wir sie recht tituliren sollen.

HAHNENFUSS
ad Ziegenbein.
Camerade ich bin wohl ein Grafe / aber das weiß ich nicht was ich vor einen Titul habe.
ZIEGENBEIN.

Sir Herren ein Hauß-Vater hat in seinem Hause die Gäste zu tractiren wie er will; Doch wollen sie uns die Ehr geben / und uns Herr Sohn nennen / und uns die Freyheit geben daß wir Herr Vater sprechen / so wollen wir uns bey diesen lieben Kindern niedersetzen.

CYRIAX.
Die Ehre ist gar zu groß.
[183]
HAHNENFUSS.
Die Feuermauer im Brauhause ist grösser als die in der Badstube.
ZIEGENBEIN
ad spect.

Ich mache mit dem Kerlen nichts / auf die letzt muß er mir gar stille schweigen. Meine Herren / das Glücke wird unser seyn.

CYRIAX.
Aber wie heissen die Herren?
HAHNENFUSS.
Ich heisse Hahnefuß.
ZIEGENBEIN
stöst ihn.

Der Herr heist Graf Hahnefusicolpilaminosicofsky, und ich heisse Ziegenbeinicœlkoribicirkilausimusky.

CYRIAX.
Das sind schreckliche Nahmen.
ZIEGENBEIN.

Ja wir habens im Gräfflichen Stande so im Gebrauche / so viel wir Dörffer haben so viel haben wir auch Sylben im Nahmen. Ich stehe im Handel und will noch zehen Dörffer darzu kauffen / und da wird mein Nähme noch um zehen Sylben länger.

CYRIAX.

Je nu / wenn es so seyn soll ihr Herren Söhne / sie können sich unterdessen zu unsern Töchtern niedersetzen / wir wollen unterdessen einen Abtritt nehmen.

ZIEGENBEIN.

Ja ja Herr Vater Frau Mutter und sonsten trefflich guten Freunde / sie dürften sich unsertwegen nicht auffhalten.


Cyriax, Lampert, Petronella, Blandina gehen ab.
4. Auftritt
Vierdter Aufftrit.
Villenchen. Urselchen, Hahnenfuss. Ziegenbein.

VILLENCHEN.
Die Ehrenvesten Herren Grauen seyn doch besessen.
URSELCHEN.
Die Hochweisen Herren Grafen seyn gar schöne gebeten.
ZIEGENBEIN.

Die Jungfern setzen sich / wir wollen uns die Stelle gegen über nehmen / daß wir unsere Liebsten recht ansehen können. Ad Spect. Wo ich meinen thummen Kerlen nicht an der Seite behalte / so verderbt er mir alles mit einander.

VILLENCHEN.
Nun sie nehmen mit dem schlechtenLogiamente vor lieb.
URSELCHEN.
Und ich möchte auch sprechen / sie nehmen mit dem geringen Mägdgen vor lieb.
[184]
HAHNENFUSS.

Das Logiament ist gar schön / wo nur schöne Jungfern seyn / ich will Heber mit ihr in einer Feuermauer wohnen / als ohne sie in einem Gräflichen Logiamente.

ZIEGENBEIN
stöst ihn.
Da sehen sie die hertzliche Liebe / daß er auch das Gleichniß von der Feuer- Esse nehmen muß.
HAHNENFUSS.

Ja mein Hertze raucht wie eine Feuer-Esse / der Ruß hänget klippel dicke dran / und niemand kan mir sie kehren / als meine schöne Jungfer.

VILLENCHEN.
Hörst du Schwestergen / wie die Grafen so Hoch-Deutsch reden?
URSELCHEN.
Sie haben viel Dörffer unter sich / und da haben sie freylich über viel Feuer-Essen zu gebieten.
HAHNENFUSS.

Ja ich habe wohl über 1000. Feuer- Essen zu befehlen Ad Ziegenbein. aber von allen kriege ich auch nicht sechs Groschen.

ZIEGENBEIN
stöst ihn.

Meine Jungfern lassen sich nicht wundern / daß er so vielmahl an die Feuer- Essen gedenckt. Unsere Unterthanen müssen uns darnach bezahlen. Wer viel Feuer-Essen hat / der ist uns der liebste.

URSELCHEN.
Ich dachte sie könten auch selber Geld machen.
HAHNENFUSS.

Ja das können wir vor einen Meister / doch wenn wir schmeltzen so geschichts auch unter der Feuer-Esse.

VILLENCHEN.
Wenn ichs doch bald sehen solte / wie man Geld macht.
URSELCHEN.
Wo ichs nur einmahl sehe / so will ichs bald nachmachen.
VILLENCHEN.
Was meine Augen sehen / das können die Hände.
HAHNENFUSS
fängt an zu singen.
ho ho ho Rom in der Feueresse. /
ZIEGENBEIN
stöst ihn.
meine Jungfern sehen / was die Liebe thut. Er fängt an zu singen.
VILLENCHEN.
Es stehet ihnen alles frey / und wenn sie ein bekandtes Lied anfangen / so wollen wir mit singen.
ZIEGENBEIN.

Ja wir werden doch ein Lied singen müssen, Wo uns das Glücke hieher führet / daß uns solche schöne Kinder so vermählet werden / so müssen sich unsere Seelen als wie ein schöner Gesang zusammen schicken.

HAHNENFUSS.

O ja Speckseiten und Bratwürste schicken sich in Feueresse gar schön zusammen; du Camerade weistu es auch / habe dem Landschöppen eine Knackwurst gestohlen.

[185]
ZIEGENBEIN
Stöst ihn.

meine Jungfern der Herr Grafe will so viel sagen / wenn wir auf dem Beylager das Gesinde speisen werden / so müssen wir Speckseiten und Knackwürste haben.

URSELCHEN.
O da wollen wir genung davon anschaffen. Auf unserm Vorwerge haben wir eine gantze Cammer voll.
ZIEGENBEIN.
Meine Jungfer ist es nicht das Vorwerg mit dem weissen Dache?
HAHNENFUSS.
Und mit der scheckichten Feueresse?
URSELCHEN.
Ja ja sie meinen gar recht Aber wenn ich an die Feuereße gedencke / so muß ich böse werden.
ZIEGENBEIN.
Warum das / mein schönstes Kind?
URSELCHEN.

Neulich kam ein Feuereß-Kehrer / der Schelm hat uns geräuchert Fleisch und Würste gestohlen / und noch darzu einen Topff voll Milch ausgesoffen. Wenn ich nur den Schelmen noch einmahl sehen könte / ich wolte ihn wol kennen. Könte ich ihm nicht ein Bein entzwey brechen so wolte ich ihm die Augen auskratzen.

HAHNENFUSS.
Camerade ich wars / sie meinet mich.
URSELCHEN.
Was sagt der Herr Grafe?
ZIEGENBEIN.
Er meinte wenn er den Schelmen hätte / er wolte es an ihrer Stelle verrichten.
URSELCHEN.

Das ist wahr / er hatte ein schön Gesichte / er sahe dem Herren Grafen nicht gar unähnlich: Es ist nur Schade / daß ein Schelme so ein Gräflich Gesichte haben soll.

5. Auftritt
Fünffter Aufftrit.
Die Vorigen.
Cyriax. Lampert. Petronella. Blandina. Hernach Roland. Storax. Pomponius.

LAMPERT.
Nun wie stehts ihr Kinder / ist es mit der Liebe richtig?
ZIEGENBEIN.

Ja mein Herr Vater / wir haben uns mit einander vernommen. Es fehlet sonst nichts / als daß wir zur Sache schreiten.

LAMPERT.
Haben sie Lust / daß die Ehestifftung vorgenommen wird?
[186]
ZIEGENBEIN.

Ja ja wir sind willig darzu. Wollen sie auch was verschriebenes haben / so wollen wir flugs sieben Dörffer in den Brieff setzen.

LAMPERT.
So werden sie belieben hier ein zu sprechen / die vornehmsten Leute sind hier beysammen.

Der Ort eröfnet sich wo der Richter sitzt. Cyriax und Lampert setzen sich darzu. Die Weiber bringen den Grafen Stüle / daß sie sich auch setzen. Ein iedweder Grafe nimmt seine Jungfer auff die Schoß.
ROLAND.

Ehrenveste Herren / es ist von uns begehret worden / daß wir eine Ehestifftung unter der gemeine Siegel ausrichten sollen / und also werden wir eins nach dem andern fragen müssen. Herr Kirchschreiber gebt Achtung drauf. Herr Grafe / der Jungfer Villenchen auf der Schoß hat wie heist er?

HAHNENFUSS.
Ich heisse Hanefusicolpilaminosicofscy.
POMPONIUS.
Ehe ich den Nahmen schreiben lerne / so fresse ich eine Schöps-Keule auff. Wie heist er?
ZIEGENBEIN
muß ihn buchstabieren.
ROLAND.
Und Herr Grafe / der Jungfer Urselchen auf der Schoß hat / wie heist er?
ZIEGENBEIN.

Ich heisse Ziegenbeinicœlkoribicirkilausimusky, und wo sie noch acht Tage warten wollen / so kriege ich noch zehen Sylben darzu.

POMPONIUS.
Ich werde auch mit dem Nahmen in acht Tagen kaum fertig.
ROLAND.
Ihr beyde Herren Grafen / wollen sie die zwey Jungfern zum Ehelichen Gemahl haben?

Die Grafen stehen auff.
HAHNENFUSS.
Ja das bezeugen wir durch einen Maulschmatz.
ROLAND.
Und ihr Jungfern wolt ihr die Herren Grafen auch zum Ehelichen Gemahl haben?
URSELCHEN.
Ja wir bezeugen es durch einen Maulschmatz.
6. Auftritt
[187] Sechster Aufftrit.
Die Vorigen.
Balduin. Donat.

BALDUIN.
Wir müssen gleich zu gehen.
DONAT.
Wo wir unsere Diebe finden / so wird uns niemand den Zutrit verbieten.
ROLAND.

Ihr Herren seht ihr nicht was vor Leute da sind? Haltet ihr uns vor Hunds etc. daß ihr nicht bessern Respect brauchet?

BALDUIN.

Ich habe an den vornehmen Leuten nichts auszusetzen: Aber da finden wir ein paar Schelmen / die unsere Kleider gestohlen haben.

Ad Hahnenfuß. Ha du Lumpenhund gieb mir meine Kappe wieder / oder ich stosse dich vor dem Richter zu Boden.

DONAT
ad Ziegenbein.
Und halt mir das Meinige nicht vor / sonst will ich an allen Blutvergiessen unschuldig seyn.
PETRONELLA.
Je das Gott im Himmel erbarme / fangt mir doch nicht solche Händel an.

Die Weiber schreyen alle mit einander.
BALDUIN.
Wilst du mir das Meinige nicht wiedergeben?
HAHNENFUSS.
Ach Herr da ist die Kappe stecht mich nur nicht todt.

Er zeucht sich aus.
DONAT.
Und bey dir soll ich noch ein Wunderzeichen thun.
ZIEGENBEIN.
Ach nein nein / da ist die Kappe und die Halskrause darzu.
BALDUIN.
Und die saubern Vögel haben sich noch in die Paruquen getheüet.
DONAT.

Ich dachte wir hätten hier mit ehrlichen Leuten zu thun: So halten sie Schelmen und Diebe auf / die andern ehrlichen Leuten die Kleider stehlen.

BALDUIN.
Die Revenge soll schon zu rechter Zeit erfolgen.
DONAT.
Ich will euch zusammen eine Lateinische Wurst braten / die euch im Halse so! stecken bleiben.

Gehen ab.
[188] Die Feuer-Mauer-Kehrer stehen in ihrer Gestalt.
PETRONELLA.
Pfui pfui ihr garstigen Teuffel / gehet ihr uns nicht aus dem Gesichte?
HAHNENFUSS.

Die Jungfer ist mir einmahl versprochen / und ich lasse sie nicht / wenn ich mein Hab und Gut drüber verrechten solte.

ZIEGENBEIN
ergreifft Urselchen.

Und die Jungfer hat mir einmahl einen Maul-Schmatz drauff gegeben / nun muß sie meine seyn / und wenn sie einen Grafen zum Vater hätte.

URSELCHEN.
Du beschissener Narre / du bist nicht mein.
ZIEGENBEIN.
Du hast es erstlich nicht gesehen / daß du so beschissen bist.
URSELCHEN.
Und drum solst du auch kein Theil an mir haben.
POMPONIUS.

Ihr Leute im Nahmen der gebietenden Obrigkeit wird euch auffgeleget / daß ihr einander zufrieden lasset. Ist die Sache vertragen / wir haben noch da wegen eines schweren Brieffes was mit einander zu thun. Was hernach Recht und Gerechtigkeit mit sich bringet / das soll geschehen.


Er weiset einem iedweden die Wege hinein.
7. Auftritt
Siebender Aufftrit.
Roland. Storax. Cyriax. Lampert. Pomponius.

ROLAND.

Das ist eine Sache / davon in der Chronica noch nicht wird zu lesen seyn / und wir werden ein schrecklich Blut-Gerichte halten müssen.

POMPONIUS.

Ihr Ehrenveste wir wollen das Blut- Gerichte noch ein bißgen bey seite setzen. Da ist ein Brieff kommen / der ha mehr zu bedeuten. Der Ober Land-Jägermeister will bey uns durchreisen. Nun kan uns der liebe Herr an unserm Busche viel zu gute und viel zu leide thun: Damit hat er uns durch seinen Præceptor befehlen lassen / was wir ihm vorsetzen sollen.

ROLAND.
Was will er denn haben?
POMPONIUS.
Wenn ich den Brieff lese / so könt ihrs hören.
[189]
ROLAND.
Nun es kömmt euch zu / daß ihr ihn leset.
POMPONIUS
lieset.

Lieber Freund /

Ich berichte kürtzlich / daß der Patron morgen / wills Gott / bey ihnen zu Mittage füttern wird. Wollen sie Gelegenheit suchen seine Gnade sich zu befehlen / so können sie es im Wirthshause bestellen / und – und – und – und –

ROLAND.
Leset fort / leset fort / der Brieff ist gar schöne gegeben.
POMPONIUS.
Ja biß hieher ist er schöne gegeben: Nun kömmt Lateinisch.
ROLAND.
Ich dachte ihr woltet bey dem Herrn Magister was mit bringen?
POMPONIUS.
O ich habe wol was mit gebracht / ich habe das rechte Bißgen noch nicht gekriegt.
ROLAND.
Last doch sehen / ob wirs können zusammen bringen.
CYRIAX.
Das siehet aus wie ein M.
LAMPERT.
Und das siehet aus wie ein O.
CYRIAX.
Und also heist es / m.o. mo.
LAMPERT.
Das ist ein D. und ein i.d.i. di.
CYRIAX.
Wenn wir es aber lange wissen / so verstehen wir doch nicht was er haben will.
LAMPERT.
Mein Rath ist wir schicken zum Pfarren.
ROLAND.
Bey leibe nicht / der Pfarr lebet mit uns im Streite: Wer weiß was er uns vor ein Ding vorsaget.
STORAX.

So weiß ich keinen andern Rath / wir müssen den Lateinischen Herren gute Worte geben. Wir sehen doch wol / daß wir kein Stern noch Glücke haben / wenn wir ihnen zu wieder seyn.

ROLAND.

Es wäre wol am besten / Herr Cyriax und Herr Lampert, sie möchten ihre Mägdgen zum besten geben / damit hätten wir alle mahl Leute in der Gemeine / die Lateinisch verstünden.

CYRIAX.

Ich sehe doch / daß der Doctor ein schwartzkünstler gewesen ist / und uns und unsere Kinder in Schimff gebracht hat.

STORAX.

Lassen mich die Herren nur gehen / ich wills schon gut machen. Nur den Brieff muß ich mit haben. Die Herren sehen nur /daß sie die Weiber und die Jungfern zu rechte bringen.


Gehet ab.
Die Scene verbirget den Richter.

5. Akt

1. Auftritt
Erster Aufftrit.
Balduin. Donat. Hernach Storax.

BALDUIN.
Der Possen ist angegangen.
DONAT.
Und nun müssen wir das Possenspiel continuiren.
BALDUIN.
Ja wohl / der Richter / die Beysitzer und die Jungfern müssen auch ihr Theil haben.
DONAT.

Wer uns in der Hoffnung so schändlich betriegen will / der soll an seinem Orte vielfältig betrogen seyn.

STORAX
kommt.
Ihr Herren meine Dienste.
BALDUIN.
Dem Herren wird mit solchen Dienern nicht viel gedienet seyn.
DONAT.
Die Grafen haben uns schon die Augen außgebissen.
STORAX.

Haben sich doch die Herren selber geholffen: Die Leute sind unschuldig. Es ist ein leichtfertiger Doctor kommen / der hat sie so betrogen. Die redlichen Leute sinds wohl werth / daß sie ein Mittleiden mit ihnen haben.

BALDUIN.
Ich weiß nicht / ob ich in meiner Kappe viel Mitleid finden werde.
DONAT.
Und die barmhertzige Lauß / die mir über meine Leber laufen soll / die muß noch gebohren werden.
STORAX.
O sie lassen sich doch erbitten. –
BALDUIN.
Wer uns zum Narren hat / der darff nur einmahl kommen.
STORAX.

Ach nein / der Patron der uns am meisten helffen und schaden kan / der begehret was von uns / und das hat er Lateinisch gegeben. Wo sie uns aus der Noth helffen / sollen sie die Mädel kriegen und flugs in den Rath genommen werden.

BALDUIN.

Was gehen uns die Mädel an? Haben sie sich einen Feuer-Mauer-Kehrer beschnopern lassen / so mögen sie auch dabey bleiben.

DONAT.
Wir Gelehrten können den schwartzen Pfuschern nicht nach arbeiten.
STORAX.

Ach es ist nichts vorgegangen: Die Gelegenheit / die ihnen ietzo angebothen wird ist aller Ehren werth / und darnach möchte sie nicht wiederkommen.

[191]
BALDUIN.
Nun so lasse er mich doch den Brieff sehen.
STORAX.
Dem Herren zu dienen.

Giebt ihm den Brieff.
BALDUIN.
Da stehet modicum & bonum. Das werden sie ja wissen,
STORAX.
Meiner Seele wir Wissens alle zusammen nicht / was diß Wort heist.
BALDUIN.
Es heist ein Esels Kopff in Milch gekocht.
STORAX.

Ach habt uns nur nicht zum Narren. Wir wollen danckbar seyn / und die Jungfern sollen sie gewiß kriegen.

BALDUIN.
Nun so will ichs doch sagen. Modicum & bonum heist ein klein Bißgen und ein gut Bißgen.
STORAX.
Sieh sieh / nun verstehen wir es auch. Wie klug werden wir/ wann die Gelehrten dazu kommen.
BALDUIN.
Aber wie stehet es denn um den grossen Danck?
STORAX.
Sie kommen nur mit / es soll gleich die Stunde richtig werden.

Gehen ab.
2. Auftritt
Anderer Aufftrit.
Hahnenfuss. Ziegenbein.

HAHNENFUSS.
Die zwölff Thaler wären verdienet; Wer sie hätte.
ZIEGENBEIN.
Wo wir kein Geld kriegen / so müssen wir uns mit dem Maulschmatze behelffen.
HAHNENFUSS.

Vor einen Grafen wäre ich zu thumm: Wenn der Ofen-Ruß fein mit mich herum staubt / so bin ich am gesundesten.

ZIEGENBEIN.
O wenn mir iemand zehen Dörffer darzu schencken wollte / das Handwerck wolte ich bald lernen.
HAHNENFUSS.
Fressen und sauffen wolte ich wol lernen: Es ist mir mir nun das Erbar thun.
ZIEGENBEIN.

Es ist am besten daß die Sorge nicht an uns kömmt. Doch potz tausend wir müssen auff die Seite treten / es möchte iemand kommen / der uns die Ober-Stelle disputirlich machte.


Sie treten auff die Seite.
3. Auftritt
[192] Dritter Aufftrit.
Pomponius.

POMPONIUS.

Ihr Herren sie verwundern sich nicht / daß wir uns so vielmahl haben verändern müssen. Ich habe mich bemühet als ein ehrlicher Mann / daß ich die Lateinischen Herren wolte zur Gemeine naus beissen. Doch es hat sich nicht schicken wollen. Mir ist am besten dabey gerathen / denn sie haben sich mit rother Dinte an statt ihres Blutes müssen unterschreiben. Die Herren geben wohl Achtung drauff. Die Puncte seyn wichtig. Num. 1. Daß sie uns in allen Lateinischen Verrichtungen wollen vertreten. Num. 2. Daß sie uns mit dem Latein nicht wollen zum Narren haben. Num. 3. Daß sie sich ihres Lateines wegen nichts wollen einbilden. Num. 4. Daß sie mit ihren Frau Schwieger- Müttern und zukünfftigen Frau Gemahlin nichts anders als recht hochdeutsch reden wollen. Doch potz tausend sie kommen mir schon auff den Hals / ich werde mir einen bequemen Platz suchen müssen.


Er springt herunter und setzt sich vor das Theatrum auff ein Stülchen.
4. Auftritt
Vierdter Aufftrit.
Roland. Storax. Cyriax. Petronella. Donat. Urselchen. Hahnenfuss. Lampert. Blandina. Balduin. Villenchen. Ziegenbein. Pomponius.

ROLAND.
Ach seht wie tapffer sich die Liebe mercken läst.
STORAX.
Der Winter locket schon die Vögel in ihr Nest
POMPONIUS.
So kriegt Pomponius sein doppelt Bummel-Fest.
CYRIAX.
Die liebe ließ sich schwer und fast unmöglich an.
PETRONELLA.
Jedoch die Mutter hat sehr viel dabey gethan.
DONAT.
Das Glücke will mir wohl / ich bin damit vergnügt.
URSELCHEN.
Wo meine Liebe nur in seinem Hertzen liegt.
[193]
HAHNENFUSS.
Wenn sie gleich nimmermehr so einen Grafen kriegt.
LAMPERT.
Die Sorgen machen mir den Schädel ziemlich warm.
BLANDINA.
Doch mein Villenchen kriegt was Liebes in den Arm.
BALDUIN.
Ach ja der Liebes-Schluß trifft mir gesegnet ein.
VILLENCHEN.
Denn die Frau Mutter giebt den Willen selber drein.
ZIEGENBEIN.
Was vor ein Schätzgen wird mir aufgehoben seyn.
ROLAND.
Nun wird das Vaterland in neuem Glücke schweben.
STORAX.
Die Nachbarn sollen uns gar leicht gewonnen geben.
POMPONIUS.
Ich wil Lateinsch und Deutsch als ein gut Kerle leben.
CYRIAX.
Gott hat vor unser Hauß noch Mittel gnung bescheret.
PETRONELLA.
Drum hat der liebe Mensch auch unser Kind begehret.
DONAT.
Ich darff vor Hauß und Tisch nicht mehr vergebens sorgen.
URSELCHEN.
Er wünscht die gute Nacht und ich den guten Morgen.
HAHNENFUSS.
Ich muß mir auch nunmehr die Hochzeit-Krause borgen.
LAMPERT.
Ich hoffe manches Bier in Freuden zu verschencken.
BLANDINA.
Doch mein Villenchen wird ans Hefen Geld gedencken.
BALDUIN.
Ach ja mein täglich Bier ist köstlich außgejohren.
VILLENCHEN.
Er mag das Zapffen-Loch ins neue Viertel bohren.
ZIEGENBEIN.
Ach hätt ich meinen Fluß im Beine recht verlohren.
ROLAND.
Die Leute freuen sich auf die Lateinsche Zeit.
STORAX.
Darinn ein Deutsches Paar Lateinsche Herren freyt.
POMPONIUS.
So bringt mein Wurtzel-Wort auch Lieb und Einigkeit.
CYRIAX.
Wie lustig können wir zur Hochzeit bitten lassen.
PETRONELLA.
Wie lustig weiden wir die Hochzeit Langvel fassen.
DONAT.
Ich denck an meinen Schmuck und an den Flitter-Krantz.
URSELCHEN.
Ich an den Ehren-Tag und an den Ehren-Tantz.
HAHNENFUSS.
Wo ich gebeten bin / so schlep ich gar den Schwantz.
LAMPERT.
Und wie viel Thaler wird das Hochtzt- Geschencke machen.
BLANDINA.
Wie wird das lose Paar beyn gälen Männchen lachen.
BALDUIN.
Es ist doch angenehm / wenn iemand Hochzeit macht.
VILLENCHEN.
Ach ja die schöne Lust ist trefflich wol erdacht.
ZIEGENBEIN.
Mein Fluß erregt sich so ihr Herren gute Nacht.

Notes
Erstdruck in »Christian Weise: Comödien- Probe ...«, Leipzig (Gerdesius), 1696.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Weise, Christian. Vom verfolgten Lateiner. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-98C4-E