[107] 12. Die höhnische Jungfer

Vorgestellet in einem Gespreche zwischen den Coridon und der Rosilis.


Coridon.


Mein Rösgen, meine Lust, mein Kind, das ich erwähle,

Rosilis.


Ach geh du falsche Seele.

Coridon.


Was sagt sie, bin ich falsch, da ich so freundlich thu?

Rosilis.


Schreibts meiner Einfalt zu.

Coridon.


Sie ist mein Hertzens-Trost, mein Reichthum, mein Gelücke.

Rosilis.


Daß dich mein Leibgen drücke.

Coridon.


Wie gläntzt ihr Angesicht, kein Blümgen ist so nett.

Rosilis.


Hat er nun auch geredt?

Coridon.


Die hellen Augen seh ich als zwey Sterne scheinen,

Rosilis.


Zwey Sterne wird er meinen,

Coridon.


Und dieser schöne Glantz hat mich verliebt gemacht,

Rosilis.


Ich hät es nicht gedacht.

Coridon.


Ich schwere bey der Hand, die ich so sehnlich küsse,

Rosilis.


Ich dachte was mich bisse.

Coridon.


Drum stell ich mich bey ihr in tieffster Demuth ein,

Rosilis.


Kan er auch höhnisch seyn?

Coridon.


Sie muß die Auslegung auch nicht so böse machen,

Rosilis.


Fürwar, ich muß nur lachen.

Coridon.


Sie lacht, und gibt mir doch im Lachen einen Stich,

Rosilis.


Ach Herr, versorge mich.

Coridon.


Und dannoch werd ich stets zu ihren Diensten stehen,

Rosilis.


Er lasse sichs vergehen.

Coridon.


Wie werd ich doch veracht, ich armer Schmetterling.

Rosilis.


Ach Vättergen, mein Ding.

Coridon.


Mein Kind, was flucht sie so, sie fürchte sich der Straffe,

Rosilis.


Er redt gewiß im Schlaffe.

Coridon.


Sie wecke mich nur auff, sonst schlaff ich härter ein,

Rosilis.


Vor dißmahl kans nicht seyn.

Coridon.


Und also bleibt mein Hertz allzeit in ihr verschlossen,

Rosilis.


Das Ding gibt keinen Possen.

Coridon.


Ihr Hertze gegen meins, das wär ein schöner Tausch,

Rosilis.


Er hat doch einen Rausch.

Coridon.


Es scheint, als wär ich gantz von ihrer Gunst geschieden,

Rosilis.


Er lasse mich zu frieden.

[108] Coridon.


Sie rede doch mit mir, wo meine Bitte gilt.

Rosilis.


Ach nein, die Mutter schilt.

Coridon.


Sie hat mich doch nicht lieb, sie sagt mirs mit Geberden.

Rosilis.


Er sol ein Rahtsherr werden.

Coridon.


Indessen bleib ich doch verpicht auffs liebe Brod,

Rosilis.


Mit ihm hats keine Noth.

Coridon.


Sie lebe wohl mein Kind, ich wil sie nicht verstören,

Rosilis.


Es ist mir lieb zu hören,

Coridon.


Ich hoffe ja sie wird auch meinen Schertz verstehen,

Rosilis.


Ich dacht er wolte gehen.

Coridon.


Ich geh, indem ich sie zur Vnzeit angetroffen,

Rosilis.


Der Thorweg steht ihm offen.

Coridon.


Jedoch parol, daß sie mich morgen wieder sieht,

Rosilis.


Er sey nur unbemüht.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weise, Christian. Gedichte. Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken. Überflüssiger Gedancken sechstes Dutzent. 12. Die höhnische Jungfer. 12. Die höhnische Jungfer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9811-F