8. An sein Mädgen, als er anderswo mit der Magd gelöffelt hatte

1.
Ach meiner Seelen Seele!
Siehst du nicht sauer auß,
Daß ich ein fremdes Hauß
Zu meiner Lust erwähle,
Und daß ich einen feuchten Kuß
Von schlechten Lippen borgen muß?
2.
Ach kömmt dein schöner Spiegel
Mir nicht im Traume für,
Indem ich deine Zier
So einen Höllen Riegel
Nicht ohne guten Vorbedacht
Mit meinem Löffeln gleich gemacht?
3.
Ach zeucht mich nicht dein Eyfer
In den Gewissens-Streit,
Weil noch die Feuchtigkeit
Von diesem fremden Geifer
Auff meinen schnöden Lippen ligt
Und mich so wunderlich vergnügt?
4.
Verzeih mir meine Schöne,
Das ich ohn Unterscheid
[66]
Mich nach der Freundlichkeit
Gemeiner Mädgen sehne,
Und gib mir keinen schlimmen Danck
Diß ist mein blosser Ubergang.
5.
Ich muß mich ja ergetzen,
Sonst bin ich viel zu klug,
Daß ich den Wasser-Krug
Will vor das Wein-Glas setzen,
Du wirst indessen doch allein
Mein Hertz und meine Fürstin seyn.
6.
Ich liebe dich im Hertzen,
Die Lippen sind mir frey,
Die mögen wohl dabey
Mit andern Mäulgen schertzen,
Wer weiß wer dich bißweilen küst,
Wann du von mir entfernet bist.
7.
Darum es sey vergessen,
Es ist einmahl geschehn,
Du hast es nicht gesehn,
Wie ich bey ihr gesessen:
Und über dieses weist du wohl,
Wie weit ich mich verbinden sol.
8.
Du wirst mein Liebgen bleiben,
Und keine schöne Lust
Soll mir auß meiner Brust
Dein Liebs-Gedächtnüß treiben.
Ich liebe dich ohn Unterlaß,
Die andern brauch ich vor den Spaß.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weise, Christian. Gedichte. Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken. Überflüssiger Gedancken viertes Dutzent. 8. An sein Mädgen, als er anderswo mit der Magd gelöffelt hatte. 8. An sein Mädgen, als er anderswo mit der Magd gelöffelt hatte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-980D-C