Die einundsechzigste Fabel.
Vom reichen Man und seinem Knechte.

Es het ein reicher man ein knecht,
Der war einfeltig und ganz schlecht,
In allen sachen gar unendig
Und auszurichten unverstendig.
Derhalb sein herr war ungeschlömig,
Nennt in allzeit ein narrenkönig:
Mit solchem gspött in oft anfacht.
Zuletst er auch bei im bedacht:
Mein herr tut mich ein narren schelten,
Ich muß ims zwar einst widergelten!
Wie er in oft also anzannt,
Der knecht auch wider in ermannt
Und sprach: »Wolt Gott, mein lieber herr,
Daß ich der narrenkönig wer;
So wer auf erd kein königreich
An weit und größ dem meinen gleich,
Ir müst auch selb sein undertan
Und mich zu einem herren han.«
Oft kumts, daß einr den andern straft,
Ist mit demselben fel behaft.
Nichts beßers, daß man sich erst zem
Und selber bei der nasen nem;
So darf man im nit werfen für
Und sprechen: ker für deiner tür!
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Denn mancher ist also verrucht,
Ein andern in der kappen sucht,
Und helt in für ein rechten toren,
Steckt selber drin biß über doren.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Waldis, Burkhard. Fabeln. Esopus. Erster Theil. Das ander Buch. 61. Vom reichen Man und seinem Knechte. 61. Vom reichen Man und seinem Knechte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-90F4-D