Flaggenfriede

Da, wo die Spitzen der Behörden,
sich zeigen, um gezeigt zu wörden,
in den großen Hotels:
Da weht vom Dach jetzt frisch und munter
das neue Ding von Weimar runter –
A la vôtre! Your health!
Der Demokrat ruft freudig: Sieg!
Und der Fremde staunt in der Republik.
Nur du stehst grollend noch bei Seite
und hältst es für deine persönliche Pleite,
o du echt deutscher Mann!
Du bist gekränkt und schwer beleidigt:
dich hätten sie doch nicht vereidigt –
böse siehst du sie an.
Und beizend weht das Privileg
wie englische Sauce in dein Steak.
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Mußt an die Flagge dich gewöhnen,
darfst sie nicht schmähen und nicht höhnen,
du holdes Schaf.
Dahinter stehn dieselben Richter,
dieselben Spießer und Vaterlandsdichter,
gehorsam und brav.
Hab vor dem Tuch nur keine Bange!
Erkenntnis dauert bei dir lange.
Dann merkst du nach geraumer Frist:
daß es ganz genau,
daß es ganz genau,
daß es ganz genau dasselbe ist.


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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Flaggenfriede. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5FAF-1