Kolonne

Hochrädrige, überdachte Wagen,
Immer einer hinter dem andern.
Der Regen rieselt. Sie fahren seit Tagen,
Seit Wochen, im Schritt, ein endloses Wandern.
Die Fahrer dröseln auf ihren Böcken,
Vorne im Halbschlaf der Herr Sergeant;
Das Wasser rinnt an den schweren Röcken
Herunter – grau und glatt liegt das Land – –
Der Fahrer träumt auf seinem Sitze,
Nur manchmal schreckt ein Rufen den Mann.
Ein Ruf pflanzt sich fort von hinten zur Spitze:
»Rechts ran!«
Ein Auto braust. Vorbei. Sie sinnen
Und träumen wieder im gleichen Trott.
Wie wird das draußen? Wie wird das drinnen?
Friede? Wandlung? Du lieber Gott!
So lange geschmäht – jetzt steht es kritisch –
Der Rote war stets ein schwarzer Mann –
Jäh fährt er auf. Wie klingt das politisch:
»Rechts ran!«
Wird sich das ändern? In neuen Bahnen?
Es wäre die allerhöchste Zeit.
Nicht mehr: Obrigkeit, Untertanen,
Nur noch Deutsche – im gleichen Leid.
Die Pferde poltern ein wenig geschwinder,
Sein nasses Gesicht zieht sich lustig in Falten:
Nur noch Landsleute – und die Kinder
Habens besser als die Alten.
Neue Zeilen und neue Besen –
Besser, als er es je haben kann . . .
So ist es denn nicht umsonst gewesen:
»Links ran!«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1918. Kolonne. Kolonne. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5A49-9