[66] X.
Die Schnitter.

Milon.
Fleißiger Bauer des Felds, was hast du, Aermster, erlitten?
Nicht dein Schwad ja vermagst du gerade zu ziehen, wie vormals,
Noch zur Seite dem Nachbar mähst du, bleibest zurücke,
Wie aus der Heerde ein Schaf, dem Kaktus das Füßchen gestochen.
Wie wird, Armer, erst von Mittag an mit dir werden,
Wenn du schon im Beginn nicht tief einbeiß'st in die Saaten?
Battos.
Milon, Mäher bei Nacht, du Stück unverwüstlichen Felsens,
Ist dir's nie noch gescheh'n, dich zu sehnen nach einem Entfernten?
Milon.
Nein: was sollt' auch ein Sehnen nach was, das draußen, dem Bauer?
Battos.
Nie ist dir es geschehen, die Nacht zu verwachen aus Liebe?
Milon.
Mög's auch nimmer! der Hund lernt Leder zu fressen am Riemlein.
Battos.
Aber ich, Milon, bin beinah' elf Tage verliebt schon.
[67] Milon.
Nun, aus dem Faß schöpfst du; doch mir fehlt's selbst an dem Krätzer.
Battos.
Ja doch! Hart vor der Thür' seit Saatzeit steht mir das Unkraut.
Milon.
Welche der Dirnen denn that dir den Rost ab?
Battos.
Ach Polybotens
Kind, die neulich den Schnittern am Bache Hippokoon vorblies.
Milon.
Faßte der Gott nun den Wicht? du hast, was du lange gewollt schon
Licht sein wird dir des Nachts das prophetische Schätzchen, die Heuschreck!
Battos.
Willst mich gar noch verhöhnen? Ist Plutos selber ein Blinder,
Dann ist's freilich auch Eros, der sorgenbefreiete. Prahl' nicht.
Milon.
Nein, ich prahle ja nicht. Leg' du nur nieder den Schwaden.
Stimme ein Lied auch an auf das Liebchen, es geht dir die Arbeit
Um so leichter; du warest ja vordem Meister im Singen.
Battos.
Singt, o pierische Musen, im Bunde mit mir das geschlanke
Mädchen! denn schön wird Alles, was mit, ihr Göttinnen, anfaßt.
Anmuthvolle Bombyka, die Syrerin nennen dich Alle,
Schmächtig und sonneverbrannt; ich nenne dich die Honiggebräunte.
Dunkel ist auch die Viol' und die Blum' Hyakinthos mit Inschrift;
Dennoch gelten die beiden als Höchstes bei jeglichem Kranze.
Geißklee suchen die Ziegen, es suchet die Ziegen der Wolf auf,
Kraniche folgen dem Pflug, ich folg' nur dir wie von Sinnen.
Hätt ich doch Eig'nes so viel als Krösos, sagt man, besessen,
[68] Beid' dann ständen wir da aus Gold, Aphroditen zur Weihgab',
Du mit der Flöt' in der Hand und dem Aepfelchen oder der Rose,
Ich mit Tänzergeberd' und neuen lakonischen Schuhen!
Anmuthvolle Bombyka, die Füßchen sind dir wie gedrechselt,
Beerglatt ist dir die Stimm', doch was dein Inn'res nicht weiß ich.
Milon.
Was für schöne Gesänge im Stillen gemacht hat der Kuhhirt!
Wie er gemessen so richtig die Takte melodischen Tonfalls!
Schad' um den Bart, der ganz umsonst mir selber gewachsen.
Schau mir nun auch Dieses, was sang Lytiersas, deß Gotts voll.

Du, von Aehren umwogt, Fruchtspenderin, laß, o Demeter,
Mähig erwachsen die Saat hier, Fülle der Früchte sie tragen.

Schnürt, ihr Binder, die Bündel, damit nicht ein Wandler des Weges
Sag': ihr lockeren Bursch' gebt solcherlei Lohn auch verloren!

Gegen den Nordwind möge der Schnitt euch schauen des Bündels,
Oder auch gegen den West: so wird noch voller die Aehre.

Drescher des Korns soll nimmer des Mittags Schlummer beschleichen,
Denn aus dem Halm wird Spreu am eh'sten um diese der Stunden.

Mit der erwachenden Lerche beginnt, ihr Schnitter, die Arbeit,
Hört mit der schlafenden auf, doch ruhet euch während der Hitze.

Herrlich ist's Leben des Frosches, ihr Jungen: er braucht nicht zu sorgen,
Wer ihm den Trunk einschenk', denn mitten im Vollen ja sitzt er.

Zeit ist's, knausiger Meier, um jetzo die Linsen zu kochen.
Schneide dich nicht in die Hand, indem du spaltest den Kümmel.
Solches zu singen geziemt in der Sonn' arbeitenden Männern,
Aber das Lied von der Lieb', bei der man verhungert, mein Kuhhirt,
Magst du an's Mütterchen richten, wenn's wach liegt Morgens im Bette.

N.

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TextGrid Repository (2012). Theokrit. Lyrik. Idyllen. 10. Die Schnitter. 10. Die Schnitter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-4FAB-6