[403] 40. Von der Nutzbarkeit des Kreuzes

Mel.: Mein g'nug beschwerter Sinn ...

1.
Das Kreuz ist dennoch gut, Ob es gleich wehe tut;
Der gute Gott es giebet, Drum muß es sein geliebet.
Ei, fasse guten Mut! Was bitter ist im Munde,
Ist innerlich gesunde, Es ist so gut, so gut.
2.
Das Kreuz ist dennoch schön, Kann's gleich Vernunft nicht sehn;
Man wird im Kreuz geehret, Mit Gottes Sohn verkläret,
Die Engel um dich stehn, Sie schauen dich mit Freuden
Im stillen Geiste leiden; Es ist so schön, so schön.
3.
Das Kreuz macht Gott gemein, Es treibt den Sinn hinein,
Der sonst gern ausspazierte Und leicht das Herz verführte;
Nun sammelt er sich fein, Er mag von Welt nicht hören,
Er muß in Gott sich kehren Und wird mit Gott gemein.
4.
Wo Kreuz ist, da ist Licht. Du kennst dich selber nicht,
Solang du nicht probieret; Du hast, wie sich's gebühret,
Von Gott auch kein Gesicht. Kreuz lehrt dich alle Wahrheit,
Kreuz führt dich in die Klarheit; Wo Kreuz ist, da ist Licht.
5.
Das Kreuz macht hell und rein, Es fegt den falschen Schein,
Die heimelichsten Flecken Im Kreuze sich entdecken,
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Geschieht es gleich mit Pein. Der Schaum der Eigenheiten
Zerschmilzt in Kreuz und Leiden; Es macht so rein, so rein.
6.
Das Kreuz macht dich gebeugt, Geschmeidig und erweicht,
Der ungebrochne Wille Wird kindlich, sanft und stille,
Der Geist vor Gott sich neigt, Das Herz will gern zerfließen
Zu aller Menschen Füßen; Es wird so gar gebeugt.
7.
Im Kreuze wird man klein; Der eingebild'te Schein
Und alles hohe Dünken Muß in dem Kreuze sinken,
Da lernt man Gott allein Verehren und erheben,
In seinem Nichts zu leben. Man wird so klein, so klein.
8.
Kreuz führt dich aus der Not Ins Leben durch den Tod;
Kannst du dein eig'nes Leben Dem Tod an Kreuz ergeben
Und ganz dich lassen Gott – Bald steht der Geist im Frieden,
Vergnügt und abgeschieden Von Jammer, Angst und Not.
9.
Ich lieb' das liebe Kreuz Und wollt' aus heil'gem Geiz
Der ganzen Welt Vergnügen Dafür wohl lassen liegen,
Ich küss' es ja bereits. Mein Kreuzesfürst, mein Leben
Sei völlig dir ergeben Und deinem lieben Kreuz.
10.
Vom Kreuz ins Paradies, Vom Leiden zum Genieß'
Ist Jesus vorgegangen; Willst du die Kron' erlangen,
So halt das Kreuz gewiß! O Jesu, mit mir leide,
Bis daß ich endlich scheide Vom Kreuz ins Paradies!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Tersteegen, Gerhard. Gedichte. Geistliches Blumengärtlein. Drittes Büchlein. 40. Von der Nutzbarkeit des Kreuzes. 40. Von der Nutzbarkeit des Kreuzes. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-41F4-1