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Als in früheren Zeiten der Bohnenburger und die anderen Groden bis zum Schilldeich eingedeicht wurden, mußten sämtliche Groden ausgemessen werden. Der Landmesser aber war ein Knauser und maß die Matten zu klein, sodaß noch jetzt alle Stücke Untermaß haben. Wegen dieser Ungerechtigkeit ist er verdammt und muß als ein großes Licht beständig von Sengwarden nach dem Schilldeiche wandern. Gewöhnlich erscheint er als ein großes Licht. Viele haben ihn aber auch in Menschengestalt gesehen. Er hat kurze Hosen an, am Knie ein Band mit dicken Quasten, der obere Teil brennt. Das Licht tut kein Böses, sondern begleitet die Leute nachts auf ihren Gängen und zeigt ihnen den Weg. Ein Arbeiter, der eine Viertelstunde weit von seinem Hause bei einem Bauern das Dreschen mit angenommen hatte, bekam jeden Abend ein Bund Stroh mit zu Hause. Er wartete jedesmal, bis das große Licht kam; dieses diente ihm dann als Leuchte bis an seine Tür. Blieb das Licht länger als gewöhnlich aus, so fluchte der Arbeiter, wartete aber stets, denn es kam sicher. Aehnlich ist es vielen Verstorbenen und Lebenden ergangen. Gottesfürchtige Leute begleitet das Licht besonders gern, setzt sich auch wohl mal auf die Häuser, sodaß es aussieht, als brennten dieselben. Der zweite Pastor zu Sengwarden, ein junger mutiger Mann, wollte das Licht einmal anreden, aber Crome, der erste Pastor, hielt ihn davon ab und sagte, das Licht würde ihm so viel aufgeben, daß er zeitlebens genug daran hätte. – (Zweite Aufzeichnung.) Vor Zeiten war das Sengwarder Licht eine im ganzen Jeverlande und darüber hinaus bekannte Erscheinung. Es zeigte sich des Nachts bald in Gestalt einer großen schimmernden Laterne, bald als feuriger Mann, als Mann mit blauen Strümpfen, feurigem Oberkörper und einem Dreimaster auf dem Kopfe, als Zwerg mit glühenden Augen, als brennendes Strohbündel usw. Viele soll es geneckt und [274] irre geleitet, manchen aber, der nachts etwas angetrunken aus dem Wirtshause gekommen ist, treu und sorgsam über Weg und Steg nach Hause geleitet haben. Besonders häufig zeigte es sich dem Pastor Crome und zwar am meisten auf dem Kreuzwege bei Gretthun. Dort pflegte es sich als kleines Licht auf die Kutsche des Predigers zu setzen, und dann war es den Pferden nicht möglich, dieselbe aus der Stelle zu bringen, bis Crome ausstieg und das Licht bändigte. War dies geschehen, so blieb das Licht dem Wagen getreu, von nun an aber als gern gesehene Leuchte, die den Pferden den Weg wies. Erst bei der Pastorei erlosch es. Einige sagen, es sei aus den Fenstern eines Hauses des kleinen Dorfes Westerhausen gekommen, in welchem um die Zeit, als Pastor Crome lebte, zwei alte Leute ermordet waren.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. o. [Als in früheren Zeiten der Bohnenburger und die anderen Groden]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-35F4-2