290.

Die Weihnachten heißen im saterl. middewinter, der erste Festtag middewinter sunndej. Am Tage vor Weihnachten bekommt das Vieh nichts zu fressen, denn sonst gedeiht [33] es nicht (Lastrup). Der Weihnachtsabend heißt auf dem Ammerlande Dickbuuksawend, weil das Gesinde so viel Speck und Fleisch zu essen bekommt, als es nur mag. Auch anderswo ist der Dickebauchabend bekannt; im Saterlande wird dann der Puffert, eine Art Buchweizenpfannkuchen, dessen Teig Hefe zugesetzt ist, gebacken und in großen Mengen verzehrt, und deshalb wird auch hier der Abend vor Weihnachten der Dickebauchabend benannt. In der Fr. Wede ist Kohl die Dickebauchabendkost. – Die Weihnachtsnacht ist eine heilige, eine geheimnisvolle Nacht. In der Mitternachtsstunde wird alles Wasser zu Wein, und alles Vieh im Hause, welcher Art es auch sei, hält sich auf gleiche Weise, entweder liegt alles oder steht alles. (370). Aber es ist vermessen, solchen Wundern nachzuspüren. Fällt in der Weihnacht Tau, und man legt ein Stück Brot draußen auf die Fensterbank, so kann man dasselbe ein ganzes Jahr aufbewahren, ohne daß es schimmelig wird (Oldbg). In der Christnacht klingen versunkene Glocken: 536a, 594c. Weihnachtsabend und Weihnachtsmorgen sind von Wichtigkeit für Vorspuk (163) und Vorbedeutungen: 16, 17, 23, und dienlich zu verschiedenem Zauber: 148, namentlich gegen böse Mächte: 230, 242, 244. Am Weihnachtsmorgen kann man einen zauberischen Rückblick auf das verflossene Jahr tun; 123. Zu Weihnachten wird einer Gefangenen der Besuch der Kirche gestattet: 536b. Der Weltjäger ist verdammt, weil er am Weihnachtsmorgen während des Gottesdienstes gejagt hat: 249a. – In Garen bei Lindern durfte vordem an den höchsten Festtagen (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) das Haus nicht gefegt werden. Der Küster in Altenoythe mußte in alter Zeit in der Weihnachts-und Osternacht den Meyerhof wecken zum Frühgottesdienst, dafür erhielt er jährlich einen halben Schweinskopf. – Gröne Wihnachten witte Ostern, witte Wihnachten gröne Ostern.

a.

Ein Bauernknecht in Jever wollte einst untersuchen, ob die Wunder, die man von der Christnacht erzählt, auch wirklich wahr seien. Er besah zuerst das Hornvieh und fand alles stehend. Dann ging er nach dem Schweinekofen, um nach den Schweinen zu sehen und zugleich von dem Wasser zu probieren, das in Eimern vor dem Kofen stand. Als er sich über den im Stalle bloß durch einen Verschlag abgekleideten Kofen beugte, ward ihm plötzlich das Licht ausgeblasen, und eine Stimme rief:


[34]
»All Woater is Win,
din Ogen sünd min!«
und von der Stunde an war der Knecht blind.

b.

Die Sage kennt man auch im Süden des Landes. Ein Mädchen aus Langförden hatte gehört, daß in der heiligen Christnacht um Mitternacht alles Wasser in Wein verwandelt werde. Es holte, als der nächste Christabend heranrückte, einen Eimer Wasser, wartete die Mitternachtsstunde ab und fing dann an zu schmecken, ob das Wasser schon verwandelt worden. Auf einmal hörte es eine Stimme:


»Nu is alle Woater Win
und du büst min!«
Am andern morgen lag das Mädchen tot neben dem Eimer Wasser.

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 290. [Die Weihnachten heißen im saterl. middewinter, der erste Festtag]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3408-D