a.

Die Holztaube versteht nur ein schlechtes Nest zu bauen, aber vor Zeiten verstand sie gar nichts davon und mußte sich mit ihren Eiern und Jungen gar kümmerlich behelfen. Da sie nun sah, daß die Elster sich ihre Wohnung hübsch und gemütlich einzurichten wisse, bat sie dieselbe, ihr Unterricht im Nestbauen zu erteilen. Die Elster war bereit, bedang sich aber aus, daß die Taube ihr eine Kuh, in deren Besitz dieselbe war, zum Lohne geben solle. Auch wurde ausgemacht, daß während der ganzen Arbeit kein Wort gesprochen werden dürfe, als bis die Schülerin erkläre, sie wisse jetzt genug. Die Elster begann ihren Unterricht, und die Taube setzte sich daneben und sah zu. Kaum aber hatte die Elster einige Reiser zusammengetragen und kreuz und quer über einander gelegt und befestigt, so sprach die Taube: »Nu kann ick et ok.« »Dat is god«, sagte die Elster, »wenn du 't kannst, denn bün ick fertig; giff mi de Koh man, dat ick na Hus kam.« Das wollte die Taube aber nicht, so habe sie es nicht gemeint; was sie gesehen habe, könne sie nun auch, nicht aber das ganze. Allein die Elster erwiderte, dann habe sie nicht sprechen dürfen, und weil sie gesprochen, sei die Kuh verfallen. Und da sie sich nicht vertragen konnten, brachte die Elster die Sache vor den Richter, der sprach der Elster die Kuh zu und wies die Taube mit ihrem Anspruche auf weiteren Unterricht ab. Seitdem macht die Taube ihr Nest zwar ein wenig besser als früher, aber hat doch nicht ihren Zweck erreicht, darum ruft sie immer nach ihrer unnütz ausgegebenen Kuh und weiß nichts anders mehr zu sagen als Ku – uh, Ku – uh! Die Elster aber freut sich noch jetzt ihres Sieges und lacht und schwatzt in einem fort. (Oldenbg.)


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 389. Taube, Duwe, männl. Duffert. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3026-7