182.

Wie wir gesehen haben (179) ist ein Teil der Wiedergänger der Erlösung fähig. Kenntlich sind diese außer an der äußeren Erscheinung auch dadurch, daß sie vor christlichen Dingen keine Scheu haben und namentlich vor dem Kreuzeszeichen nicht entweichen. Redet man sie an mit dem Spruche: »Alle guten Geister loben Gott den Herrn,« so unterbrechen sie den redenden und setzen selbst den Spruch fort, oder sie antworten: »Ich auch.« Wer einem Wiedergänger, welcher erlöst werden kann, begegnet, muß ihn befragen, wodurch ihm geholfen werden könne, alsdann aber auch sein Begehren erfüllen, sonst wird er von jenem verfolgt und hat keine Ruhe mehr vor ihm. Wer das nicht mag, muß sich hüten, in der Osternacht hinaus zu gehen (Visbek, vgl. 178). Die meisten erlösbaren Geister sind entweder solche, welche ein Gelübde getan und nicht erfüllt oder ein Unrecht begangen haben, das wieder gut gemacht werden kann. Die Geister selbst möchten erfüllen und wieder gut machen, allein sie vermögen es nicht, da sie des Körpers entbehren, und die Erlösung besteht darin, daß ein Mensch es an ihrer Stelle tue. In der Regel verlangt der Wiedergänger, wenn man ihm versprochen, seinen Wunsch auszuführen, zur Bekräftigung einen Handschlag oder ein Pfand; man darf dann aber keinenfalls die Hand hinreichen, denn sie würde unter der Berührung verbrennen; [240] man halte vielmehr statt der Hand ein Taschentuch oder einen sonstigen Gegenstand hin. Das Fegefeuer hält die Geister fest, bis alles gesühnt ist. – Aus Oythe wird gemeldet, daß man das von dem Wiedergänger berührte Tuch zu vergraben habe. Wer wiedergeht, weil mit seinem Eigentume wider Wunsch verfahren ist, wird erlöst, sobald dem Wunsche seine Gewährung wird. – Einige Wiedergänger werden schon erlöst, wenn man ihnen auf ihre jammernden Klagen und Fragen das rechte Wort sagt. –

a.

Einer, welcher begierig war, Geister zu sehen, ging in der Osternacht aufs Feld. Kaum war er draußen, so begegnete ihm ein Bekannter, welcher noch nicht lange tot war, und stand auf einmal vor ihm. Der Lebende konnte nicht umhin, nach seinem Begehren zu fragen. Da sagte der Geist, er habe bei Lebzeiten ein Gelübde getan, in Compostella in Spanien eine bestimmte Geldsumme zu bezahlen; wenn das berichtigt werde, sei er erlöst, und wer das für ihn übernehme, werde einen großen Lohn empfangen. Der Mann sagte, das Geld wolle er gern bezahlen, aber er wisse nichts von Spanien und könne unmöglich hinreisen. Der Geist erwiederte, er möge nur am folgenden Morgen wieder an diese Stelle kommen, so werde er den Weg erfahren. Als der Mann nun am andern Morgen mit dem Gelde zur Stelle kam, ward er, ohne daß jemand da war, aufgehoben und vor einer großen Kirche niedergesetzt. Er ging hinein, bezahlte das Geld, und sowie er wieder aus der Kirche trat, ward er abermals aufgenommen und an die alte Stelle zurückgebracht. Als die Sonne aufging, war er wieder zu Hause. (Visbek.) – Ein Mann im Kirchspiel Dinklage hatte ein Gelübde gemacht, als er in den Krieg mußte, aber sein Versprechen nicht gehalten. Nach seinem Tode rumorte er im Hause, er trat nachts an das Bett seiner Frau mit einem weißen und einem schwarzen Arm. Die Frau holte sich Rat bei einem Geistlichen. Dieser sagte, wenn der Geist wiederkäme, solle sie ihm ein weißes Tuch reichen und fragen, was er wolle. Der Geist erschien eines Nachts wieder, und die Frau reichte ihm das Tuch und fragte nach seinem Begehr. Der Spuk faßte das Tuch, das alsbald dort, wo er es angefaßt hatte, versengt war, und sagte, er habe ein Gelübde gemacht und nicht gehalten. Die Frau forschte nach dem Gegenstand des Gelöbnisses und übernahm die Ausführung des gemachten Versprechens. Im selben Augenblick wurde der [241] schwarze Arm weiß, der Geist verschwand singend und ist nie zurückgekehrt.

b.

In einem Bauernhause zu Grabstede, Ksp. Bockhorn, diente vor vielen Jahren eine Magd aus Horsten, deren Schwester starb. Nach einiger Zeit erzählte die Magd ihrer Herrschaft: »Jedesmal wenn ich abends aus dem Hause nach dem Schweinekofen gehe, sitzt meine verstorbene Schwester neben dem Troge und sieht mich bittend an.« Die Herrschaft erwiederte: »Wenn sie dir heute wieder erscheint, so frage sie dreist, was sie will.« Des Abends erschien der Geist wieder, und die Magd sprach: »Alle guten Geister loben Gott den Herrn! was ist dein Begehr?« Da antwortete der Geist: »Ich habe in meinem Leben gelobt, der Kirche zu Horsten


een Pund Haß,
een Pund Waß,
een Pund Flaß

(Harz, Wachs, Flachs) zu geben, und habe mein Gelübde nicht gehalten, deshalb kann ich keine Ruhe im Grabe finden. Du kannst sie mir verschaffen, wenn du jene Gaben auf den Altar der Kirche legst; ich will dich dahin begleiten.« Die Magd versprach, sich die folgende Nacht zum Gange einzufinden. Als die Zeit da war, trat sie mit den gelobten Gegenständen aus dem Hause, und der Geist stand schon bereit. Obgleich die Nacht finster war, war es doch bei den Wanderern nicht finster; ein mildes Licht begleitete sie. Schnell legten sie den Weg nach Horsten zurück, fanden die Kirche offen und hell, traten hinein, und die Magd legte die Gaben auf den Altar. Der Geist begleitetete die Magd zurück bis an das Hoftor und sagte: »Ich danke dir, ich muß jetzt zurück in meine Ruhe, darum nimm Abschied von mir, aber reiche mir nicht deine Hand, sondern den Zipfel deiner Schürze.« Die Magd tat dies. Da ertönte von Bockhorn her der Glockenschlag eins, und der Geist war verschwunden, zugleich verlor sich die Helle, und die Magd konnte in der Finsternis kaum den Weg vom Tore bis zum Hause finden. Am andern Morgen sah sie, daß der Zipfel ihrer Schürze fehle. Der Geist der Schwester aber erschien nicht wieder.

c.

Eine Frau in Vechta, welche gesegneten Leibes war und fürchtete, daß sie die Entbindung nicht überstehen werde, gelobte zu Fuß nach Telgte zum Muttergottesbilde zu wallfahrten, wenn Gott ihr eine glückliche Niederkunft verleihen [242] wolle. Als die Zeit nun gekommen war, gebar sie ein gesundes Kind und kam auch selbst durch Entbindung und Wochenbett gut hindurch. Aber ehe sie noch ihr Gelübde erfüllen konnte, starb sie an einem Nervenfieber. Darum (?) mußte sie nach ihrem Tode wiederkommen, und ihre älteste Tochter sah sie wiederholt im Hause. Doch war sie ganz weiß anzusehen und zeigte nur einen kleinen schwarzen Flecken. Ein Pater wurde um Rat gefragt, und dieser sagte, wenn der Geist wieder erscheine, solle sie ihn ohne Furcht anreden und nach seinem Begehr fragen. Als nun die Tochter den Geist abermals erblickte, sprach sie: »Alle guten Geister loben Gott den Herrn!« Der Geist antwortete: »Ich auch.« Da fragte sie, was ihn wieder zur Erde getrieben habe. Der Geist erzählte die Ursache und bat die Tochter, das unerfüllte Gelübde auszuführen. Die Tochter versprach es, aber der Geist verlangte zur Bestätigung einen Handschlag. Als nun aber die Tochter die Hand hinreichte, winkte die Mutter ab und schüttelte mit dem Kopf, und als die Tochter sich nicht zu raten wußte und wieder die Hand ausstreckte, wehrte der Geist abermals winkend ab und verschwand. Am folgenden Tage wurde der Pater befragt, was nun zu machen sei, und dieser sagte, wenn es wieder so komme, solle sie ihre Hand mit einem Taschentuch umbinden und so hinreichen. Die Tochter befolgte den Rat und nun nahm der Geist die Hand an; das Taschentuch war aber nachher ganz verbrannt und die fünf Finger des Geistes waren durch und durch gegangen, beinahe bis auf die Haut. Die Tochter hat nachher die Wallfahrt durch eine alte Frau machen lassen, und seitdem ist der Geist ihrer Mutter nicht wiedergekommen.

d.

Ein Mann ging nachts durch den Visbeker Esch, da sah er beim Mondenschein jemand pflügen. Es war um Mitternacht. Er blieb stehen, um zu sehen, wer das wohl sei, aber als jener näher kam, sah er, daß er denselben nicht kannte. Auch konnte er nicht sehen, daß der Pflug die Erde berührt hatte. Er fragte den Pflüger, was er da machen wolle. Da antwortete dieser, er habe dort früher bei Lebzeiten eine Furche abgepflügt, und müsse nun zur Strafe so lange hier pflügen, bis einer für ihn die Furche wieder zurückpflüge; sobald dies geschehen, sei er erlöst. Da sagte der Mann, das wolle er gern tun, aber wisse ja nicht die Grenze. Die Gestalt antwortete, sie wolle ihm die Grenze mit weißen Stäben ausstecken, [243] nur müsse alles vor Sonnenaufgang geschehen. Der Mann ging gleich nach Hause, holte zwei Pferde und einen Pflug und brachte den Knecht mit. Als sie zur Stelle kamen, war mit weißen Stäben eine Grenze gesteckt, aber die zwei Pferde konnten den Pflug nicht ziehen. Der Mann holte deshalb noch zwei dazu, und selbst mit diesen vieren hatten sie genug zu tun, daß sie noch vor Sonnenaufgang fertig wurden.

e.

Ein Bauer hatte bei Lebzeiten seinem Nachbarn Land abgepflügt, daher mußte er nach seinem Tode wiedergehen und zur Nachtzeit pflügen. Nachdem ihn mehrere gesehen, faßten zwei Bauern den Entschluß, ihn wo möglich zu erlösen. Sie gingen zur Nachtzeit hin und sahen, wie er wieder pflügte, was aber ganz vergeblich war, denn er konnte nichts abbringen. Sie fragten ihn, was er da mache. Er antwortete, er habe dort etwas abgepflügt und müsse jetzt zur Strafe so lange dort pflügen, bis es jemand übernehme, das Land für ihn wieder anzupflügen. Da sagten die beiden: sie wollten es wohl tun, aber sie wüßten nicht, wie weit sie müßten. Er erwiederte, er wolle es ihnen bezeichnen. Als sie nun versprachen, es zu übernehmen, verlangte er, sie sollten ihm die Hand darauf geben. Sie nahmen aber ein Tuch und reichten es ihm hin, und so wie er es anfaßte, waren seine Finger alle hineingebrannt. Er bedankte sich hierauf, daß sie ihn erlösen wollten und verschwand. Am andern Morgen zogen die beiden Bauern hin, um ihr Versprechen zu erfüllen, und fanden jetzt die Grenze mit weißen Stäben bezeichnet. Sie setzten den Pflug in die Erde, aber zwei Pferde konnten denselben nicht ziehen, es mußten noch mehr Pferde geholt werden, und erst nach vielen Mühen gelang es, das Land bis an die weißen Stäbe wieder abzupflügen. Seit dieser Zeit ist der Wiedergänger nicht mehr gesehen worden. (Visbek.)

f.

Bi den Bardenflether Pastoren hett ümmer 's Abends, wenn de Magd lat herutgahn is, 'n old Minsk bin Sod uppe Hurk säten. De Magd vertellt dat ton Pastor, do seggt de Pastor, wenn dat Minsk dar nu is wedder seet, denn schull se em ropen. De Magd geit is wedder abends na Klock ölben 'nut, un do sitt dat ole Minsk dar wedder. Do seggt de Magd den Pastor Bescheed, un de kummt mit sin Fro herut. He geit up dat ole Minsk los und fragt, wat se dar wull. Do seggt se, se harr von den un den Flaß annahmen to spinnen un har von dat Gaarn wat unner sick slaan; nu schull sin Fro [244] är de Hand darup gäben, dat se dat wedder ersetten wull, denn brukde se dar nich wedder to kamen. Do seggt de Pastor to sin Fro, se schull är nich de Hand hendohn, sünnern är wittet Taskendok heenslaan. Dat deit de Fro, un do is dat ole Minsk weg. As se nahär är Taskendok in 'n Huse bekickt, is dat Dok so wit, als dat ole Minsk anfat hett, versengt.

g.

Ein frommes Mädchen zu Langwege, Ksp. Dinklage, welches häufig zur Beichte ging, bemerkte, wenn es abends von der Dinklager Kirche nach Hause zurückkehrte, an einem bestimmten Orte stets ein Tier, ungefähr wie eine weiße Katze. Zuletzt unruhig geworden, fragte es den Pastor zu Dinklage um Rat. Dieser sagte, es sei das beste, die Katze einmal anzureden, und falls dieselbe um etwas bitte, ihr dies zu geben, oder zu versprechen. Verlange aber die Katze ein Pfand, so möge es ihr nur irgend einen Gegenstand hinreichen. Das nächste Mal fragte das Mädchen die Erscheinung, und diese erwiderte?, daß sie als Katze laufe, weil sie jemand Geld schulde; falls das Mädchen dies bezahle, würden sie beide Kinder Gottes werden. Das Mädchen versprach zu zahlen, aber die Katze verlangte ein Pfand, und nach dem Rate des Pastoren reichte jenes ein Taschentuch hin, mit welchem die Erscheinung verschwand. Weil das Mädchen arm war, hat der Pastor das Geld bezahlt; die Katze aber ist nicht wiedergekommen.

h.

Eine Frau aus Oberlethe kehrte einst in der Nacht von Wardenburg nach Hause zurück. Unterwegs bei dem Springschen Hofe begegnet ihr der Geist einer kürzlich verstorbenen Freundin. Sie rief: »Alle guten Geister loben Gott den Herrn!« worauf der Geist erwiderte: »Ich auch!« Sie wagte nun die Frage, warum jene im Grabe keine Ruh habe. Der Geist antwortete: »Ich habe in meinem Leben der Krusen ein Hemdlinnen versprochen und nicht Wort gehalten, deshalb muß ich spuken, bis mein Versprechen erfüllt ist; willst du mir Ruhe verschaffen, so löse du mein Wort.« Die Frau sagte das zu, als sie aber zur Bekräftigung dem Geiste die Hand geben sollte, reichte sie statt der Hand den Zipfel ihrer Schürze hin. Der Geist ergriff denselben, riß ihn ab, als wäre es mürber Zunder, und nahm ihn mit sich fort.

i.

Zu Rostrup, Ksp. Zwischenahn, starb vor mehreren Jahren eine wohlhabende Bauernfrau, wurde aber hernach noch oft wieder in ihrem weißen Leichenanzuge gesehen; bald war sie hier im Hause, bald da. Endlich erdreistete sich ein Mann [245] und fragte sie, ob sie noch etwas auf dem Herzen habe. Sie erwiderte, sie habe der Magd, welche sie in ihrer letzten Krankheit so treu gepflegt, einen neuen Wollrock versprochen, den habe jene noch nicht bekommen; und sie habe eher keine Ruhe, bis das geschehen sei; ob er ihr versprechen wolle, dafür zu sorgen. Als der Mann zitternd ja sagte, verlangte sie ein Pfand. Der Mann hatte wohl gehört, die Hand dürfe man ihr nicht geben, und reichte ihr die Pfeife. Jetzt verschwand sie. Die Pfeife aber wurde an der Stelle, wo jene angefaßt hatte, schwarz und fiel ab. Die Frau ist nachher nicht wieder gesehen worden, denn der Mann hielt Wort.

k.

Auf dem Fußpfade der vom Hammelwarder Moor nach dem Kirchhofe führt, erschien einem Einwohner von Hammelwarder Moor der Geist eines kurz vorher verstorbenen Mannes, der in seinem Leben längere Zeit Armenvater gewesen war. Der Geist bat den Mann um einen Liebesdienst und als dieser zusagte, sprach er: »Gehe zu meinen Erben und sage ihnen, daß sie den Meyers eine Tonne Roggen schicken; ich habe diese Familie Hunger und Kummer leiden lassen, um den reichen Bauern kleine Ausgaben zu ersparen, nun habe ich im Grabe keine Ruhe.« Der Mann versprach, den Auftrag auszurichten, und reichte statt der Hand dem Geiste einen Zipfel des Rockes. Der Geist riß den Zipfel ab und verschwand.

l.

Ein Bauer im Amte Friesoythe sah kurz nach dem Tode eines Hausgenossen und Familienmitgliedes eine weiße Gestalt auf der Diele und hinter den Kühen. Obgleich er an dem weißen Gewande sah, daß es ein guter Geist, auch wohl ahnte, daß es die verstorbene Person sei, wagte er doch lange nicht, sie anzureden, bis er es endlich auf den Rat eines Geistlichen unternahm. Wie er nun sprach: »Alle guten Geister –« fiel die Gestalt sofort ein: »Loben Gott den Herrn!« Dann erzählte sie, daß sie deshalb noch nicht im Himmel, sondern im Fegefeuer sei, weil sie früher eine gewisse Menge Getreide zu einem wohltätigen Zwecke ausgelobt und nicht gegeben habe. Als der Bauer versprach, dies zu ordnen, verlangte die Gestalt einen Handschlag zur Bekräftigung. Aber der wohlbewanderte Bauer legte zuvor ein weißes Taschentuch um seine Hand und konnte sich freuen, so vorsichtig gewesen zu sein, denn die Hand der Gestalt fand sich nachher in das Tuch eingebrannt. Das Tuch wird noch in der Familie aufbewahrt, aber es wird Fremden nicht gezeigt.

[246] Einem Bauer in H. war die Frau gestorben und die Magd mußte die Haushaltung übernehmen. Mehrere Abende bemerkte diese eine Gestalt im Viehstalle. Sie erzählt dies dem Hausherrn, welcher ihr den Rat gab, die Erscheinung nach ihrem Begehren zu fragen. Am Abend erschien die Gestalt wieder, die Magd fragte und jene antwortete: »Ich habe bei meinem Lebzeiten kein Almosen gegeben und finde nicht eher Ruhe, bis jemand für mich Almosen gibt.« Darauf verschwand der Geist. Die Magd gab fortan mit Erlaubnis ihres Herrn fleißig Almosen und die Gestalt erschien nicht wieder (Damme).

Auf dem schmalen Wege, der von Bergmann hinter Kallagen Hof herführt, sah man abends eine Gestalt auf- und abwandeln. Schließlich nahm einer den Mut, sie anzureden. Die Erscheinung erklärte, sie habe im Leben Unrecht getan, und könne nicht eher Ruhe finden, bis die Untat gesühnt sei. Der andere erklärte, nachdem er sich die Sachlage hatte auseinander setzen lassen, das geschehene gut zu machen und wollte beim Abschied dem Geist die Hand reichen. »Reich mir das Taschentuch und nicht die Hand,« bat der Nachtwandler. Das geschah und der Geist verschwand. Das Taschentuch war dort, wo es angefaßt worden, verkohlt (Oythe).

m.

In Schweiburg war eine geizige Bauernfrau. Als sie gestorben war, mußte sie wiedergehen. Und gerade um die Mittagsstunde, wenn alle zu Tische waren, kam sie und besah sich Speck und Fleisch, die auf dem Tische standen, und wenn sie das getan, drehte sie sich rasch um, so daß das seidene Band auf ihrer Mütze raschelte. Als sie beerdigt wurde, konnten vier Pferde sie nicht ziehen, sondern mußten sie stecken lassen, gerade bei der Schweiburger Mühle. Und wenn sie nun nachher wieder kam, mußte sie immer an dieser Stelle stehen bleiben, um sie zu besehen. Die Knechte in der Mühle haben sie jeden Tag dort gesehen. Ihr Erscheinen wurde zuletzt so lästig, daß ihre Schwiegertochter und alles Hausgesinde aus dem Hause sich entfernten. Endlich wurde sie von einem Heiligen gefragt: »Was ist dein Begehr?« Da antwortete sie: »Ich bin zu schlecht gewesen gegen meine armen Mitmenschen; Geld und Gut sind immer mein Gott gewesen, und daß ich jetzt gerade immer um die Mittagsstunde gehen muß, das kommt daher: als ich schon auf dem Sterbebette lag, mußte meine Schwiegertochter noch immer mit dem Fleisch und Speck vor mein Bett und mir zeigen, ob es auch zu viel sei. Darum habe ich jetzt keine [247] Ruhe. Machet gut, was ich gefehlt habe, und gebet den Armen.« Nach einigen Sonntagen wurde in der Kirche verkündigt, daß ein Goldstück an die Armen geschenkt sei. Später ist die Frau nicht wieder gesehen.

n.

Ein Mann zu Vechta hatte einen Prozeß dadurch gewonnen, daß er mehrere Eide geschworen hatte. Aber die Leute glaubten, daß er mit Unrecht gewonnen und sich dreier Meineide schuldig gemacht habe. Der Mann starb nicht lange nachher infolge eines plötzlichen Todes, und seine schwerbeladene Seele mußte von dannen, ohne durch die kirchlichen Sakramente erleichtert zu sein. Drei Tage nach seinem Tode sah die Dienstmagd, die auf dem Hofe zu tun hatte, die Gestalt ihres Herren neben dem Brunnen stehen. Voll Angst lief sie ins Haus zurück und rief: »Use Heer is wedderkamen, he steit uppen Hoff!« Die anderen Hausgenossen eilten hinaus und die Magd zeigte nach dem Brunnen hin. »Dar steit he!« sagte sie, aber die übrigen konnten nichts sehen. Da wurde ein alter Pater, der noch von dem Kloster her in Vechta geblieben war, herbeigerufen. Der Pater fragte das Mädchen, wie der Geist ausgesehen habe, und das Mädchen antwortete: »schwarz.« Ob er denn gar nichts weißes angehabt habe? »Nein,« antwortete das Mädchen. Aber der Pater wollte sich hierbei nicht beruhigen, sondern sagte, wenn sie den Geist wiedersehe, möge sie doch recht genau aufpassen, ob derselbe nicht noch etwas weißes, und wenn es noch so 'n kleiner Flecken sei, aufweise, dann könne er noch gerettet werden, und sie möge ihn nur ohne Furcht anreden und fragen, ob sie ihm helfen könne. Habe er aber nichts weißes mehr, so sei auch keine Rettung mehr möglich. Am nächsten Tage sah das Mädchen nichts, aber wieder am dritten Tage erblickte es den Geist abermals am Brunnen stehend, und wie sie ihn nun genau musterte, fand sie an der sonst ganz schwarzen Gestalt in der Nähe des Herzens noch einen kleinen Fleck, so groß wie ein Sechsgrotenstück, der weiß geblieben war. Aber die Magd getraute sich nicht, ihn anzureden, denn sie fürchtete, die Sündenlast möge zu groß sein, so daß ihr die Erlösung zu schwer sein würde. Als sie dem Pater erzählte, was sie gesehen, schalt er sie aus, daß sie den Geist nicht angesprochen, und gebot ihr, wenn sie den Geist nochmals sehe, ihn jedenfalls zu befragen. Aber die Magd fürchtete, daß ihr eine Aufgabe gestellt werde möge, die sie nicht erfüllen könne, und obwohl sie den [248] Geist noch einige Male gesehen, hat sie ihn doch nicht anreden wollen.

o.

Es war einmal eine Bauernfrau, die war reich, aber sehr geizig. Wenn die Magd in den Stall ging um zu melken, so schlich sie ihr immer nach, weil sie besorgt war, daß die Magd die Kühe nicht ordentlich ausmelke. Nun lebte in der Nähe auch eine arme Witwe mit sechs Kindern, die ging mitunter, wenn sie so recht in Not war, zu der reichen Bauernfrau und bat um eine kleine Gabe, aber sie wurde stets mit harten Worten abgewiesen. Einstmals sah die Magd, welche gerade die Schüsseln wusch, daß die arme Witwe draußen unter dem Gossensteine die Kartoffelstückchen und Brodkrumen aufsammelte, die mit dem Spülicht herausgekommen waren, da jammerte es die Magd, und sie rief der Witwe zu, sie wolle erst den Gossenstein ausspülen und ihr dann die Überbleibsel des Mittagsessens, welche sie sonst in den Schweinetrog zu schütten pflegte, durch den Gossenstein zufließen lassen. Und als die Magd den Gossenstein ausgespült hatte, hielt die arme Witwe ihr Töpfchen unter den Gossenstein. Als die Witwe wegging, rief sie dem Mädchen zu: »Gott lohn's!« aber das Mädchen erwiederte: »Der Lohn kommt meiner Herrschaft zu, von deren Tische das Essen übrig geblieben ist.« Und so geschah es fortan alle Tage, ohne daß die reiche Bauernfrau etwas davon merkte. Nach einer Weile starb die Bauernfrau und wurde begraben. Als nun die Magd am Abend nach dem Begräbnis in den Stall ging, um zu melken, trat ihr auf einmal etwas hinten auf das Kleid. Sie sah sich um, erblickte aber niemand. Ebenso ging es am folgenden Abend. Da fing die Magd an, sich zu fürchten, begab sich zu einem Geistlichen und erzählte ihm, was ihr begegnet sei. Der Geistliche aber, als er sie angehört hatte, riet ihr, sie solle beim nächsten Male sich umdrehen und fragen: »Was ist dein Begehr?« Als nun am nächsten Abend die Magd wieder in dem Stall war, um zu melken, war richtig etwas hinter ihr und zupfte an ihrem Kleide. Die Magd wendete sich um und fragte: »Was ist dein Begehr?« Da antwortete eine Stimme: »Gieb mir eins von den vielen Gottlohns der armen Witwe, dann werde ich erlöst und du wirst auch selig.« Das gute Mädchen aber erkannte wohl, daß es die Stimme ihrer verstorbenen Herrin war, und erwiederte: »Die Gottlohns gehören dir alle, denn von deinem Tische kamen die Überbleibsel, welche die arme [249] Frau erhielt.« Und von der Zeit an war das Gespenst erlöst. (Vechta. Diese Erzählung kommt mit kleinen Abweichungen in allen Gegenden des Landes vor. So heißt es von der reichen Frau: »Sie ließ das Brot lieber verschimmeln, ehe sie es den Armen reichte, ja sie hetzte die Bittenden mit Hunden vom Hofe«, von der Magd aber: »Sie hatte ein sehr weiches Herz und sammelte alle übrig gebliebenen Brocken zusammen und ging des Abends im Dorfe umher und teilte sie aus unter die Armen.« Die Wiedergängerin sagt z.B.: »Ich habe keine Gnade vor Gott, weil ich die Armen nicht gespeist habe, du aber hast Gnade die Fülle, so laß mich an deiner Gnade teilnehmen.« – Meist schließt die Erzählung damit, daß die Magd dem Geiste zum Pfande einen Schürzenzipfel hinreicht, der unter der Berührung verbrennt. Erlöst wird der Geist immer, aber einige male heißt es, daß die Magd kurze Zeit nach der Erlösung stirbt.)

p.

Auf dem Prinzessinwege bei Oldenburg hat man früher eine jammernde Stimme gehört, und wer sie hörte, entfloh vor Angst. Da vernahm einst sie auch ein Betrunkener, und er verstand deutlich, daß sie rief: »Wo lat ick dissen Steen?« Da rief er entgegen: »Du Narr, bring 'n hen, war du 'n krägen hest!« Seitdem ist die Stimme nicht wieder gehört worden.

q.

In dem Visbeker Esche hörte man oft zur Abend- oder Nachtzeit etwas rufen. Die Furchtsamen mieden den Weg ganz und gar; wer den Weg ging und es hörte, machte, daß er davonkam. Alle aber, die es hörten, behaupteten, es rufe immer: »Wo schall ick en laten?« Einst kamen zwei Jünglinge aus Endel spät von Visbek, und der eine war so betrunken, daß er von dem anderen gezogen werden mußte. Als sie nun im Visbeker Esche waren, hörte der eine, der nüchtern war, etwas rufen und sagte zu dem Betrunkenen, er solle nun still sein, denn »er« rufe dort. Da sagte der Betrunkene: »Was ruft er denn?« Der Nüchterne fürchtete sich und erwiederte: »So schweige doch still und komme her.« Aber der Betrunkene war durch den Branntwein beherzt geworden. »Erst will ich hören, was er will«, sagte er und blieb stehen. Es dauerte auch nicht lange, so rief es bei ihm ganz deutlich: »Wo schall ick en laten?« »Sett 'n hen, war du 'n härkrägen hest« antwortete der Betrunkene, und gleich stand einer neben ihm und bedankte sich, daß er dies gesagt habe. Er habe einen [250] Grenzstein verrückt, darum sei er nach dem Tode verurteilt, so lange den Stein zu tragen und alle Vorübergehenden zu fragen, wo er ihn lassen solle, bis es ihm einer sagen werde. Nun sei das rechte Wort gesprochen, er sei nun erlöst und werde niemals wiederkommen.

r.

Nicht weit von Vechta hörte man früher im Esche oft einen rufen. Es lautete, als wenn einer riefe: »Wat is he doch swar!« Vor einigen Jahren ging ein Mann durch den Esch und vernahm auch den Ruf, und nachdem ihm dies mehrere Abende widerfahren war, ging er zum Pastoren und erzählte ihm die Sache. Der riet ihm, er möge wieder hingehen, und wenn er abermals den Ruf höre, so solle er sagen: »Wenn he to swar is, denn lat 'n fallen«. Er solle sich nur nicht fürchten, und wenn der Geist etwas von ihm verlangen sollte, was er nicht tun könne, so möge er zu ihm, dem Pastoren, kommen. Da ging der Mann am Abend wieder nach der Stelle, wo er den Rufenden gehört hatte, und es dauerte auch nicht lange, da hörte er die Stimme erst von weitem und dann näher, und zuletzt verstand er ganz deutlich die Worte: »Wat is he doch swar!« Der Mann sagte: »Wenn he die to swar is, denn lat 'n fallen«. Da stand auf einmal der Geist da, und der Mann konnte ihn sehen. Der Geist sagte, er habe hierher einmal einen Grenzstein versetzt, und nun habe er zur Strafe schon dreißig Jahre mit dem schweren Stein tragen müssen; jener möge den Stein, welcher hier liege, an die Stelle, welche er ihm zeigen werde, wieder hinstellen, dann sei er erlöst. Der Mann eilte gleich nach Hause, holte einen Spaten und grub den Stein an der bezeichneten Stelle fest ein. Da bedankte sich der Geist und verschwand.

s.

Auf dem Lünzhopsberge bei Drantum, Ksp. Emstek, hat früher eine Mühle gestanden. Der Müller aber ist ein ungerechter Mann gewesen und hat sich durch falsches Messen und Matten arg versündigt, deshalb muß er nach seinem Tode wiedergehen. Erst dann wird er erlöst, wenn es ihm gelingt, den Namen Gottes auszusprechen; darum geht er und ruft und ruft, aber er kann immer nur die Laute »oh oh ho ho« hervorbringen und den Namen Gottes bringt er nicht fertig. So hat man ihn oft rufen hören und nennt ihn darum den ropen Kärl vom Lünzhops- oder Hexenbarge. Er wandert neben Drantum und dem Palmpohl her, geht dann auf der Scheidung zwischen der Drantummer und Emsteker Mark bis vor den [251] Desen und weiter bis zum Kerndeel im Emsteker Diek und zu den Erlenbüschen in den Drantummer Fischwinkeln, wo er verschwindet. Er soll eine ganz besondere Gestalt haben.

t.

Der Haussohn L. in Westerbakum befindet sich eines Abends (1896) im Westerbakumer Esch. Plötzlich sieht er in einiger Entfernung einen Schatten vor sich hergehen und hört auch ein Geräusch, als wenn eine Kette über die Erde schleife. Er geht dem Schatten nach und erreicht ihn schließlich an einem Kreuzwege. Auf seine Frage: Wer sind Sie? erfolgt die Antwort: Ich habe keinen Namen mehr. Zugleich schiebt sich eine dunkle Wolke zwischen ihn und die Erscheinung, und er sieht und hört nichts mehr. Eine große Angst befällt ihn, er eilt nach Hause und teilt dort seine Wahrnehmungen mit. Auf Anhalten seiner Angehörigen begibt er sich am folgenden Abende wieder in den Esch, und der dunkle Schatten ist wiederum da, auch hört er das Geräusch der Kette. Diesmal umkreiset ihn aber die Erscheinung. Sobald sie ihm aber näher kommen will, stellt sich eine dunkle Wolke dazwischen. Er bleibt stehen, macht das Kreuzzeichen und spricht: »Das Kreuz Jesu Christi erhebe sich, es weiche der böse Satan.« Kaum ist dies gesprochen, da ist die dunkle Wolke verschwunden und eine andere Wolke steht vor ihm, aber lichter und klarer. Nun spricht er: »Alle guten Geister loben Gott,« worauf die Erscheinung antwortet: »Ich auch.« »Was ist dein Begehr?« fragt er. Antwort: »Das Opfer auf dem Altar und ich bin gerettet.« Er verspricht das erbetene, und alsbald erhebt sich die Erscheinung, er hört in der Luft ein liebliches Schellengeklingel und alles ist vorbei. Er ist später abends recht oft wieder des Weges gegangen, hat aber nie wieder etwas gehört. Sein Versprechen hat er natürlich gehalten.

u.

In Seefeld ist ein Müller gewesen, der jahrelang eine Familie betrogen hat, und nach seinem Tode in dem Hause der Familie als Wiedergänger erschienen ist. Erst ist er gekommen, den einen Arm schwarz, das folgende Mal ist auch der andere Arm schwarz gewesen, und allmählich die Schwärze auf den übrigen Körper übergegangen. Schließlich hat ein Hausgenosse sich erkühnt, den Geist zu fragen, was er wolle. Darauf hat dieser sein früher begangenes Unrecht gestanden und gebeten, man möge ihm verzeihen. Man ist dazu bereit gewesen und der Geist hat geredet: »Hand oder Pfand darauf, daß die Verzeihung wirklich ernst gemeint ist.« Darauf [252] hat man ihm einen Stock als Pfand gegeben, und der Spuk ist verschwunden und nie wiedergekehrt.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 182. [Wie wir gesehen haben (179) ist ein Teil der Wiedergänger der Erlösung]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2F4E-7