548. Friesoythe.

a.

In der Gemeinde Friesoythe, aber an der Grenze von Neuscharrel, liegt ein runder, aufgeworfener, mit Eichen besetzter Hügel, welcher den NamenSchillsbusch führt. Im dreißigjährigen Kriege hatten die Saterländer bei Scharrel gegen die Mansfelder eine Landwehr errichtet, und auf jenem Hügel war ein Wachtposten aufgestellt. Von dieser Schildwache hat der Hügel seinen Namen erhalten.

b.

Friesoythe hatte bislang einen historischen Schinken und ein historisches Gewehr. Als die Mansfelder zu Weihnachten 1623 gen Friesoythe heranrückten, flohen die umliegenden Landleute in das Lütgenborger Moor. Friesoythe schlug die ersten Angriffe ab, und die Mansfelder bezogen in [352] Altenoythe ein Lager, stellten aber einen Posten auf dort, wo zwischen Altenoythe und Friesoythe der Weg nach Bösel abbiegt. Nachdem in Friesoythe eine Verstärkung eingetroffen, war die Besatzung nicht nur stark genug, die Feste dauernd zu verteidigen, sondern auch einen Ausfall zu machen. Am Weihnachtsabend schlich ein Bürger namens Pancraz aus der Stadt, machte sich an den von den Mansfeldern aufgestellten Posten, der von einem Baume aus Ausguck hielt, heran und schoß ihn mit einem wohlgezielten Schuß herunter. Kaum war der Schuß gefallen und in der Stadt gehört, als Besatzung und bewaffnete Bürger von der Stelle aus, wo jetzt die Wassermühle liegt, einen Ausfall machten, auf Altenoythe losstürmten und dort die Mansfelder, die sich auf dem Kirchhofe verschanzt hatten, angriffen. Ein furchtbares Morden begann, (ein Soldat fand in der Kirche seinen Tod), das damit endigte, daß die Mansfelder, die nicht gefallen oder gefangen genommen waren, in das Moor flüchteten. Die Böseler, welche sich an der Verteidigung der Stadt und an dem Ringen auf dem Altenoyther Kirchhof mit Flinten, Sensen, Heugabeln usw. beteiligt hatten, erhielten zum Danke für ihre tatkräftige Hilfeleistung Wiesen an der Lahe östlich der Altenoyther Chaussee nach Edewecht zu, die sie noch jetzt besitzen und bis auf den heutigen Tag »Mansfelder Wiesen« heißen. Das Gewehr, womit Pancraz den Posten erschoß, war zuletzt im Besitz des Landmanns Schüdde in Schwaneburg und ist kürzlich verkauft worden. (Nach einer anderen Lesart ist der von Pancraz erschossene Soldat der Anführer der Mansfelder gewesen, und die Mansfelder Wiesen haben das Lager der Mansfelder abgegeben.)

c.

Im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts lebte auf Windbergs Stelle zu Schwaneburg ein Ehepaar, das nur einen einzigen Sohn hatte. Der Bauer führte einen wichtigen Prozeß, und eines Tages erschien der Richter aus Cloppenburg in Friesoythe, um das Urteil zu sprechen. Das Urteil fiel gegen den Bauern aus, und des letzteren Sohn ward darüber so erbost, daß er beschloß, den Richter ums Leben zu bringen. Er begab sich auf den Galgenberg, der zwischen Friesoythe und Thüle an der Straße von Friesoythe nach Cloppenburg liegt, lauerte dem Richter auf, als dieser nach Cloppenburg zurückfuhr, und erschoß ihn; dann entfloh er und pilgerte nach Jerusalem. Die Eltern waren über die Missetat ihres einzigen Sohnes sehr betrübt und voll Bekümmernis um sein Seelenheil.[353] Sie beteten viele Male für ihren Sohn und taten viele Werke der Barmherzigkeit zu seiner Seele Besten; allein sie wußten nicht, ob sie mit allen ihren Gebeten und guten Werken seine Seele wirklich retten würden. Da erschien ihnen einst im Traume ein Geist und bedeutete sie, sie sollten des Nachts ein leinenes Laken draußen unter freiem Himmel auslegen; wenn dies Laken am andern Morgen naß sei, so sei dies ein Zeichen, daß ihr Sohn noch selig werden könne. Die Eltern folgten der Weisung, und als sie am andern Morgen zusahen, war das Laken naß. Da vermachten die Eltern in der Freude ihres Herzens ihr ganzes Vermögen an ihren Knecht und ihre Magd, legten ihnen aber auf, daß sie alljährlich den vierten Teil aller auf der Stelle wachsenden Früchte an die Armen zu Oythe (d.i. Friesoythe) geben sollten, und zwar den Roggen zu Brod verbacken. Die Stiftung wurde auch ausgeführt, und die Armen von Oythe mußten jeden Sonnabend das Brod abholen, wenn eine Glocke, die auf dem Hofe in einem Baume hing, geläutet wurde. Aber die Armen zeigten sich in der Folge wenig dankbar, sondern warfen mit dem Brode, das sie abgeholt hatten, herum; deshalb wurde später der Vierte von der Windbergs-Stelle der Kirche zu Oythe übertragen, wogegen diese den Armen einige Grundstücke in der Bauerschaft Altenoythe überwies. Um das Jahr 1832 ist der Vierte abgelöst.

d.

Einem Eingesessenen zu Schwaneburg war einst zur Winterszeit ein Korb mit Bienen gestohlen. In seinem Zorne verfluchte er den Dieb und wünschte ihm, daß er zur Strafe nach seinem Tode alle Jahre in der Nacht des Diebstahls wiedergehen möge. Seitdem soll nun jeden Winter in einer bestimmten Nacht der Dieb mit einem Bienenkorbe auf dem Kopfe durch Schwaneburg gehen.

e.

Als das Schmiedehandwerk in Friesoythe noch blühte, waren beide Seiten der Langestraße mit Schmiedewerkstätten fast ganz bebaut, und bis Molbergen konnte man zur Abendzeit den von den Schmiedeessen geröteten Himmel über Friesoythe sehen. Zu jener Zeit hatte ein Sohn von Schüdden Stelle in Schwaneburg die Aufforderung erhalten, als Soldat in Münster einzutreten, war aber zum festgesetzten Termine nicht erschienen, und Gendarmen zu Pferde trafen in Friesoythe ein, um den Widerstrebenden zu holen. Als diese von Schwaneburg zurückkehrten, den Gefangenen zwischen sich, [354] hatten die Schmiede ihren Plan fertig. In dem Augenblicke, als die Reiter in die Langestraße einbogen, trat jeder Schmied mit einer glühenden Eisenstange vor die Tür, hielt sie den Pferden vor die Nase, und im Nu waren diese in wilder Flucht davongestürmt, den Bauernsohn auf der Straße zurücklassend. Dieser machte sich eiligst davon und ist auch nicht wieder eingefangen worden.

f.

In der Franzosenzeit, als in Friesoythe französisches Militär lag, wurde in Doktors Hause, jetzt Frau von der Horst bei der Kirche, ein Ball abgehalten, zu dem auch die Franzosen sich einfanden. Einer der letzteren wollte mit der hübschen Tochter des Bürgermeisters tanzen. Diese weigerte sich, un des kam zu einem Wortgefecht zwischen den Fremdlingen und den Bürgern. Ein riesenstarker Friesoyther ergriff zuletzt das Püsterrohr vom Kamin und schlug auf die Franzosen ein und mit solchem Erfolge, daß diese nicht nur das Festhaus, sondern am folgenden Morgen auch die Stadt verließen.

Auf dem Wege nach Ikenbrück spukt es: 181 f. Der Pestschinken zu Friesoythe: 428c. Oberst spukt als schwarzer Hund: 179t.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 548. Friesoythe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2E3F-2