[246] Aus reiferer Zeit

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Die Rose im Meer

Es schwamm im Meer, im rauschenden Meer,
Eine sturmgebrochne Rose her,
Eine Rose, voll und licht;
Sie schwamm auf schaukelnder Wogenbahn
Hinab, hinan,
Rings um sie rauschte der Ozean,
Und er verschlang sie nicht.
Wie ein rosig Weib, das traumbesiegt
Auf grüner, schwellender Matte liegt,
So lag sie auf grüner Flut;
Der blühende Schein, der Farbenduft
In Meer und Luft
Durchglomm die smaragdene Wassergruft
Mit reiner Rosenglut.
Die Wellen küßten sich gar nicht satt.
Auf perlenstrahlender Lagerstatt
Erwachte die Fei der See:
Was leuchtet über dem feuchten Schwall,
Allüberall?
Es flammt wie der glühende Sonnenball
Und tut dem Auge nicht weh!
Die Muscheln schminkten sich rosenrot,
Die Korallen schämten sich fast zu Tod,
Verwundert schaute das Meer:
Wo kamest Du her, wer magst Du sein,
Du schöner Schein?
Fielst Du vom Felsen ins Meer hinein,
Fielst Du vom Himmel her?
Der Welt erkältenden Wellentau
Durchschwimmst Du allein, Du schöne Frau,
Und machst ihn farbig erglühn.
Wir wissen es nicht, woher Du schwammst,
Woher Du flammst,
Ob Du von der Erde, vom Himmel stammst,
Genug, wir sehen Dich blühn!

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strachwitz, Moritz von. Die Rose im Meer. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1FA0-C