29. Daphne am Bach

1775.


Ich hab' ein Bächlein funden,
Vom Städtchen ziemlich weit;
Da bin ich manche Stunden
In stiller Einsamkeit.
Ich thät mir gleich erkiesen
Ein Plätzchen kühles Moos,
Da sitz' ich, und da fließen
Mir Thränen in den Schoß.
Für dich, für dich nur wallet
Mein jugendliches Blut;
Doch leise nur erschallet
Dein Nam' an dieser Flut.
Ich fürchte, daß mich täusche
Ein Lauscher aus der Stadt;
Es schreckt mich das Geräusche
Von jedem Weidenblatt.
Ich wünsche mir zurücke
Den flüchtigsten Genuß;
In jedem Augenblicke
Fühl' ich den Abschiedskuß.
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Es ward mir wohl und bange,
Da mich dein Arm umschloß,
Da noch auf meine Wange
Dein letztes Thränchen floß.
Von meinem Blumenhügel
Sah ich dir lange nach;
Ich wünschte mir die Flügel
Der Täubchen auf dem Dach.
Nun glaub' ich zu vergehen
Mit jedem Augenblick!
Willst du dein Liebchen sehen,
So komme bald zurück!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Stolberg, Friedrich Leopold Graf zu. Gedichte. Gedichte. 29. Daphne am Bach. 29. Daphne am Bach. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1A6A-3