9. Abschieds-Gedanken

1.
O herber Todes-stich! O Dornen-wort!
Rosille/ lebe wol/ ich reise fort.
O Elend sonder End! O Zentner-Pein!
wird meine Seel' alsdenn auch bey mir sein.
2.
Lebt doch mein Leben so wie todt/ in mir
da ich/ mein Rosen-kind/ bin neben dir.
wo meinen matten Geist dein Geist nicht regt
bin ich ein kalter Leib und unbewegt.
3.
Zerreiß/ verwirrtes Herz/ und weiche hin
indehm ich noch bey ihr/ der Schönen/ bin.
Der Trauer-seuffzer/ den sie drüber läst
ist der des Charons Schiff bald überbläst.
[99] 4.
Gewünschte Sterbligkeit! besüßte Ruh!
drükkt Sie/ Rosille/ mir die Augen zu.
der Liebe lezter Dienst/ ein kalter Kuß
wird machen/ daß ich todt auch leben muß.
5.
Was wüntschest aber [du]/ du Armer/ so?
wird Rosilis dardurch auch werden froh?
wird ihrer Augen Brunn denn stille stehn/
und ihr dein Sterben nicht zu Herzen gehn.
6.
So lebe nu vielmehr/ denn bleibt noch Trost
(wo dich das Glükke nicht ganz unterstost)
daß einsten Wiederkehr das bring' herein/
was dich vor Schmerzen nicht läst deine sein.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Stieler, Kaspar. Gedichte. Die geharnschte Venus. Filidors Geharnschter Venus viertes Zehen. 9. Abschieds-Gedanken. 9. Abschieds-Gedanken. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1889-D