[196] Elegie

Meinen Söhnen zu Bergen geweiht


Ich walle durch Klippen zum dunkeln Hain,
Von trüben Gedanken umdüstert;
Da weilet die Wehmuth im Abendschein,
Von seufzenden Lüften umflüstert.
Da wird der trübe gesunkene Blick
Hinauf und herabwärts gezogen,
Da schwebt er zur Dämmrung leise zurück
Auf stillen Erinnerungs – Wogen.
Das Mondlicht weilt, wo die Einsame sitzt,
Von Sehnsucht und Schwermuth umschleiert,
Und, bang' auf die bleichen Urnen gestützt,
Die Feste des Wiedersehns feiert.
Hier lausch' ich dem seufzenden Abendlaut,
Die Nebel verschwinden und walten;
Mit allen Schmerzen der Täuschung vertraut,
Erhasch' ich nur Nebelgestalten;
Dort schimmert ein Rosengewölk hervor,
Entblühet dem kindlichen Morgen,
Wie schwebet der Frühling so trüb' empor,
Umdämmert von Trauer und Sorgen.
[197]
Schon glühet die Sonn', ihr Wagen steigt,
Wie folget Ermattung der Hitze,
Der Lichtraum wird dunkel, ach! alles schweigt,
Wie sengen die flammenden Blitze!
Ich walle zum dunkeln Zypressenhain,
Und tränke mit Thränen die Hügel,
Da nahet die Hoffnung im Abendschein
Auf lichtem und rosigem Flügel;
Und flüstert: es blühen so freundlich Dir auf
Der lieblichen Kinder so viele,
Dir dämmert die Zukunft heiter herauf,
Dort glänzet die Frucht schon am Ziele!
Mit männlicher Stärke, mit festem Muth
Habt frühe das Ziel Ihr errungen;
Die Sorgen bedecken der Zeiten Flut,
Die Klagen sind leise verklungen.
Die Andacht flehet mit thränendem Blick
Um Segen und Glück für Euch Beide,
Wenn uns, Geliebte! vereint das Geschick,
Dann tönen die Hymnen der Freude!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Sommer, Elise. Gedichte. Gedichte. Elegie. Meinen Söhnen zu Bergen geweiht. Elegie. Meinen Söhnen zu Bergen geweiht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0F67-F