[292] Wiedersehn

Ruh' ich einst in jenem Schlummer,
Den kein Jammer unterbricht,
Blühen mir um meinen Hügel
Rosen und Vergissmeinnicht!
Keine trauernde Zypresse
Wehe über meiner Gruft,
Und der Wehmuth lauter Seufzer
Störe nie die stille Luft!
Ihr, die ihr dann um mich weinet,
Und ihn fühlt, der Trennung Schmerz,
Sagt euch: »ihres Lebens Oede
Und die Sehnsucht brach ihr Herz!«
Wiedersehen, grosse Stunde,
Jedes bittern Kampfes werth,
Funke in der Nacht des Lebens,
Der uns dulden – hoffen lehrt!
O, wenn zum entfernten Indus
Mich die Hoffnung liebend trägt,
Und im Schmerz der langen Trennung
Höher dann das Herz mir schlägt;
[293]
Dann, o holdes Wiedersehen!
Hellest du den trüben Blick,
Führst den tiefbeweinten Bruder
In der Schwester Arm zurück!
Wiedersehen biedrer Freunde,
Welche Wonnen feiern dich?
Wiedersehen der Geliebten –
Gottes Engel nahen sich!
Doch wenn dich der Arm der Mutter,
Längst ersehnter Sohn, umschliesst,
Herz an Herz, die Wonnethräne
Der Entzückung niederfliesst;
Wiedersehn der Mutter, Kinder –
Namenlosses Wiedersehn!
Wirst du, Paradieses Blume,
Mir noch einst entgegen wehn?

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Sommer, Elise. Gedichte. Gedichte. Wiedersehn. Wiedersehn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0E5E-D