[180] Selma an Selmar

Ich schlief im Mondenschimmer
Einst unterm Lindenbaum,
Da stand vor mir, wie immer,
Dein liebes Bild im Traum;
Du sahst mir bang und trübe
In's bleiche Angesicht,
Und sprachst voll warmer Liebe:
Geliebte, weine nicht!
Und Freudenthränen sanken
Hin auf mein Busenband,
Die junge Veilchen tranken,
Gepflückt von deiner Hand!
In blauen Wellen wiegte
Der Abendhimmel sich,
Und Mondenschimmer schmiegte
Sich um den Hain und Dich;
Und feierliche Stille
Umzog dies dichte Grün,
Es zirpte nur die Grille
Im duftenden Jasmin.
[181]
Erquickt von Abendkühle
Lag schlummernd Hain und Flur,
Es ruhte nach der Schwüle
Des Tages die Natur.
Du drücktest Feuerküsse
Auf Lippe, Wang' und Hand,
Dich lieb' ich, riefst du, Süsse!
Und ach, mein Traum verschwand!

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TextGrid Repository (2012). Sommer, Elise. Selma an Selmar. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0E34-B