An Goethe

Zur achtzigsten Feier seines Geburtstags.
28. August 1829.
Melodie: Mich ergreift ich weiß nicht wie usw.

Drei Gefühle wünschen wir
Dir am heut'gen Tage,
Hoher Greis, auf daß du dich
Freuest ohne Klage,
Daß dich aus der Gegenwart
Dichterfittig trage,
Zukunft wie Vergangenheit
Um dich Flammen schlage:
Fasse dich das Hochgefühl
Deiner ersten Lieder,
Komme jener Frühlingsgeist
Wehend auf dich nieder,
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Leucht' aus Wang' und Stirn' und Blick
Dir noch einmal wieder,
Und zum Himmel hebe dich
Nachtigallgefieder!
Fühle dann, was du empfandst,
Als die Herzen brannten,
Tausend Lippen dich zuerst
Deutschlands Dichter nannten,
Als die besten Geister dich
Immer mehr erkannten,
Und die Scheelsucht und den Haß
In die Tiefe bannten.
Endlich ahne, was man fühlt,
Wenn man einst dich schauet,
Wenn dein Ruhm am Horizont
Fern, doch mächtig, blauet;
Wenn der Thurm von Babel stürzt,
Dran man jetzo bauet,
Und vor deinem frischen Werk
Junges steht ergrauet.
Alles das, beglückter Greis,
Fühl' es heut, o fühle,
Dann laß lind umhauchen dich
Lebensabendkühle.
Ob auch Lethe's stille Flut
Nah und näher spüle,
Rauben kann sie dir doch nicht
Diese drei Gefühle!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schwab, Gustav. Gedichte. Gedichte. 2. Zeitgedichte. An Goethe. An Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0733-0