[184] §. 6. Wassermann.

Der Wassermann, ahd. Nichus, gilt dem Volke vorzugsweise als ein grausames Wesen, da er Kinder und Erwachsene in sein Element hinabzuziehen bemüht ist, somit dem Menschen feindselig gegenübersteht. Ursprünglich lag dieser Zug wohl nicht in ihm: wie Ran die im Meere Ertrunkenen, wird er die in den Landgewässern Verunglückten zu sich aufgenommen haben. Das Volk hat ihn indessen einmal von der schlimmen Seite aufgefaßt, und trägt seinen Namen auf böse Kinder, die böse Nickl heissen, über.

Er lebt einsam und gehört daher nicht zu den Elben. Sein Erscheinen ist verschieden; im Allgemeinen ist er wohlgestaltet, und trägt nur wenige Abzeichen, an Mund und Rücken, die ihn kenntlich machen. Mit sämmtlichen Wassergeistern theilt er den Zug, sich mit Menschenkindern zu vermischen; doch nur vorübergehend; auch nimmt er die Kinder aus solcher Verbindung zu sich und zeigt sich dadurch von rauherer Seite, als die Wasserfrau, welche dem einmal gewählten Manne treu bleibt und ihre Kinder dem Vater überläßt oder doch der Erlösung zuführt.

Manchmal vernimmt man seine klagende Stimme: denn sein Reich ist zu Ende.

1.

Auf dem Grunde des Wassers haust ein böser Geist, der Wassermann. Insoferne er in Brunnen wohnt, heißt er auch Brunnenmann. Wenn man in [185] den Brunnen hinabschaut, sieht er herauf. Velburg. Er ist Schreckgestalt für die Kinder: man warnt sie, nicht an das Wasser zu gehen, denn drinnen ist der Wassermann, der sie mit einer langen Hacke hinunterzieht. Spalt. – Die Mutter droht auch sonst dem bösen Kinde mit den Worten: »Wart nur, es kommt schon der Wassermann und nimmt dich mit!« oder: »Wart, ich gebe dich dem Wassermann!« – Er sieht die hinunterschauenden Kinder immer an, und winkt ihnen mit den Augen: der Blick zieht sie hinunter. Ebnat.

Daher singen die Kinder, wenn sie am Brunnen sind: »Brunnenmann, Brunnenmann, zieh mich nicht in den Brunnen hinein!« Treffelstein.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Zweyter Theil. Zehntes Buch. Wasser. 2. Wassergeister. 6. Wassermann. 1. [Auf dem Grunde des Wassers haust ein böser Geist, der Wassermann]. 1. [Auf dem Grunde des Wassers haust ein böser Geist, der Wassermann]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-EF94-3