Johann Georg Schmidt
Die gestriegelte Rocken-Philosophie

Band 1

Das Erste Hundert
Erklärung des Kupffer-Blats
Erklärung des Kupffer-Blats.

Das alte Weib, das du hier siehst mit einem langen Nocken,

Ist einer alten Hexen-Art, und ist gar sehr erschrocken,

Als sie am Weynacht Abend wolt dem den Planeten lesen,

Des Schatten ohne Kopff erschien, drum bruntzt sie durch den Besen

Sie ist die alte Meisterin, die Aberglauben lehret,

Weil niemand ist fast hie noch da, ders ihr mit Nachdruck wehret,

Drum findet sie des Beyfalls viel bey Alten und bey Jungen,

Mit Seegen sprechen geht sie um, führt Lügen auf der Zungen,

Ihr folget nach solch Mägde-Volck, die nackt ins finstre treten.

Und sanct Andresen eiferig um einen Mann anbeten;

Auch die die sich im Ofen Topff mit ihrem Kopff verstecken,

Und unverschämt den Fetzer bloß abscheulich hinaus recken,

Und wollen horchen, was hinfort ihr Liebster werde können.

O Thorheit! Wenn es wäre wahr möcht man es ihnen gönnen.

So aber ist gantz offenbahr in GOttes Wort gelehret,

Daß diese abergläubsche Schaar, wo sie sich nicht bekehret,

Vom Satan hingeführet wird, wo ihr Wurm nicht wird sterben.

O GOtt! erhalt den Glauben rein, laß uns nicht so verderben.

Vorrede
Vorrede.

Aberglauben ist ein schlecht Wort / wenn es nur schlechthin angesehen wird / und scheinet wenig auf sich oder zu bedeuten zu haben; dahero auch der Aberglaube sich fast bey denen meisten Christen / als eine heimliche Seuche / eingeschlichen hat / also / daß mancher Mensch alle seine Actiones mit Aberglauben vermenget hat / und weiß es noch nicht einmahl / daß er hiermit seiner Seelen und Gewissen ein solch Schand- und Brand-Mahl zuziehet: Denn es ist Aberglauben ein irriger und verdammlicher / und nicht ein rechter Glaube / und wenn die Buchstaben ein klein wenig versetzt werden / so heißts es Raben-Glaube. Ob nun zwar das erste in den Ohren nicht so hart als das letzte klinget / so wolte ichs doch / mit gewisser Christlicher Condition, lieber mit dem letzten halten /in Erwegung / daß doch gleichwohl die jungen Raben den einigen wahren GOtt anruffen; diejenigen aber /welche denen, Aberglauben nachhängen / sind Abgöttische / verlassen ihren Schöpffer / und ehren die Creatur. Wie dieses aber dem einigen wahren GOtt gefällig sey / kan ein ieder leichte aus dem heiligen Worte GOttes ersehen / und sagt Moses in seinem 5. Buch / Cap. 18. daß solche Leute dem HErrn ein Greuel seyn.

Aberglauben stehet dem einigen wahren seeligmachenden Glauben entgegen / wer nun abergläubisch ist / kan im rechten Glauben nicht aufrichtig seyn /und gehöret unter die Zahl derer / welche weder kalt noch warm sind / und diese will GOtt aus seinem Munde ausspeyen. O weh! das ist ein schöner Lohn /(scilicet) den sich solche Thoren muthwillig verdienen.

Dieses habe ich manchmahl erwogen / wenn ich öffters mit schaurender Haut angesehen / und gleichwohl solches zu hintertreiben nicht vermögend gewesen / daß von ein und andern Gauckel Affen / sonderlich aber Weibs-Personen allerhand abergläubische Fratzen / auch zuweilen mit Mißbrauchung des allerheiligsten Nahmens GOttes / gantz unbedachtsam sind vorgenommen worden.


Und dieses hat mich demnach offt bewogen / zu wünschen / daß doch iemand die Mühe auf sich nehmen / und alle solche albere abergläubische Possen aufzeichnen / genau untersuchen / und gründlich widerlegen möchte. Allein es hat noch biß dato nichts davon zum Vorschein kommen wollen; dahero habe ich selbst von diesen Raritäten / so viel mir vor meine Augen und Ohren gekommen / zusammen gesammlet / und habe / nach meiner Gelegenheit / zuweilen eine Materia nach der andern / sowohl mit der gesunden Vernunfft / als auch mit dem rechten Glauben und wahren Worte GOttes / so viel als mein weniger Verstand und Vermögen sich erstrecket hat / untersuchet /und gegen einander gehalten / und ie länger ie mehr befunden / daß es einfältig / alber / verlogen Zeug sey / das weder Grund noch Stich hält. Und habe mich dahero desto mehr verwundert / daß gleichwohl solche einfältige Narren-Possen / auch offtmahls von solchen Personen / denen man es nicht zutrauen solte / so häuffigen Beyfall finden.

Ich habe es demnach mit solchen verlogenen Kunststücken und unnützen Hülffs-Mitteln gewaget /und dieselben durch die rechte Wahrheit gleichsam entkleidet / und an das Licht gestellet / zur Schande aller derer / welche bißhero solchen alt-vettelischen Lügen haben hartnäckig angehangen / oder noch keine Lust haben / ins künfftige davon abzustehen. Alleine / wie wirds ablauffen? Wer die Wahrheit geiget / dem schlägt man die Fiedel an den Kopff; also darff ich mir auch wohl schwerlich Rechnung auf einen guten Recompens machen vor die Mühe und Arbeit / welche ich (wiewohl nur in müßigen Stunden) auf gegenwärtiges Werckgen gewendet habe. Zwar / weil ich ohnedem nicht nach zeitlichem Gewinn und Vermögen zu trachten gewohnt bin / sondern vielmehr einen ehrlichen Nahmen und rein Gewissen zu behalten mich eifferigst befleißige; als achte ichs desto weniger / wenn ich vor diese meine wohlgemeynte Arbeit nichts als Undanck und spöttische Nachrede erhalten werde. Der weise König Salomon sagt zwar Proverb. 28, v. 23. Qui corripit hominem, gratiam postea inveniet apud eum magis, quam ille, qui per linguae blandimenta decipit. Das ist wer einen Menschen straffet / wird hernach Gunst finden / mehr denn der da heuchelt. Dahero mache ich mir doch zum wenigsten so viel Hoffnung hierbey /daß etwan diese / welche aus Unbedachtsamkeit geirret haben / mich nicht gar zu sauer ansehen werden. Und diejenigen / welche ohnedem mit mir einstimmig sind / werden hoffentlich desto mehr mit mir zu frieden seyn / daß ich ihrer so lange gehegten richtigen Meynung so offenhertzig beypflichte. Was aber theils hartnäckige / alte abergläubische Weiber / Seegensprecherinnen Crystallenguckerinnen / und dererselben getreuer Anhang / mir vor einen Ehren-Krantz zu Lohne aufsetzen werden / fürchte ich schon / daß sie weder Johannis-Kraut / Thorand / Dosten / Wiederthon noch Gundermann / (mit denen sie doch fleißig umzugehen pflegen) vielweniger andere gute Kräuter und Blumen / sondern vielmehr Distel Köpffe / Dornen und alte Besen mit darein binden werden. Aber alles dieses achte ich nicht / und nehme solchen von ihnen willig an / indem mir doch wohl wird frey stehen / ob ich ihn aufsetzen will oder nicht / wenn sie mir nur die Liebe thun / und gegenwärtiges geringe Werckgen zu ihrer Besserung mit Bedacht lesen wollen; wer weiß / ob nicht etliche darunter / welche nicht gar in der Zauberey ersoffen sind / sich dadurch eines bessern besinnen.

Ubrigens gelanget an einen ieglichen Christlichen Leser mein dienstlich Bitten / daß er gegenwärtige geringe Arbeit unpassioniret ansehen / u. das beste davon urtheilen wolle / sintemahl ich wohl weiß / daß nichts ohne Mangel in der Welt erfunden werden mag / welches nicht seine gewisse Censur leiden müsse und könne. Und weil ich gleichsam nur mit diesem Werckgen eine Arbeit aus dem gröbsten gebracht habe / so werde mir es nicht mißfallen lassen / wenn sich künfftig klügere Leute bemühen / und solches /so zu reden / aus dem Groben ins Klare bringen wollen. Unterdessen will ich dennoch hoffen / daß diese /wiewohl geringe Arbeit / nicht gar ohne Nutzen seyn wird.

Darbey aber protestire ich / daß / daferne in ein und andern Punct iemanden etwas fürkommen möchte / ob sey ihm zu nahe geredet / es nicht aufzunehmen /als sey es von mir / aus einem affectirten Absehen gegen einen Menschen in specie gesetzet / sondern es wolle vielmehr ein ieglicher selbst erwegen / daß die Materien mehrentheils von solcher Beschaffenheit sind / daß Zärtlichkeit und Heucheley nicht viel nutzen noch ausrichten können. Eben als wenn ein Jubelirer Edelgesteine wolte probiren / und an statt einer guten Feile / mit einem Haasen-Fuß / oder Fuchs-Schwantz drüber herfahren / so würde gewiß ein Fluß oder gemachter falscher Stein so wohl die Probe aushalten / als ein Orientalischer Rubin / Saphir / Amethist oder Schmaragd.

Letzlich ersuche ich alle verständige und Christliche Weibs-Personen / daß / weil ich in diesem Werckgen denen alten Vetteln / super-klugen Weibern / und dergleichen Personen weibliches Geschlechts / welche kein Lob verdienen / keine zierliche Ehren-Seulen aufgerichtet habe / sie sich dieser nicht annehmen möchten; denn ich bezeuge mit meinen guten Gewissen / daß ich alle Christlich-gesinnte verständige Weibs-Personen / sie seyn jung oder alt / arm oder reich / billich und willig in gebührlichen Ehren halte /und dieser keine verstanden haben will. Auch verstehe diese nicht / welche aus Unbedachtsamkeit und durch Ubrredung von andern Thörichten / aus Unverstande ein und andere abergläubische Albertät vornehmen /sintemahl ich wohl weiß / daß irren menschlich ist /und gestehe ich von mir selbst / daß / wenn ich mir zuweilen Gedancken mache / als sässe ich dem lieben GOtt im Schoose / ist mir wohl der Teufel am nechsten; Weil ichs aber weiß / muß ich durch GOttes Beystand desto vorsichtiger seyn.

Welche demnach geirret hat / die folge meinem wohlgemeinten Rath / und verharre nicht in Irrthum /ich gebe meine Ehre zur Versicherung und Pfande /daß sie GOtt wird angenehmer seyn / als wenn sie länger der zauberischen / abergläubischen Rotte sich zugesellet und gleich stellet.

Hiernechst bitte ich einen ieden geehrten Leser /diese Puncte unpassionirt und bedachtsam durch zugehen / so hoffe ich / daß / ob gleich der Stylus zu schreiben einfältig ist / auch wohl diejenigen / welche anfangs das Maul drüber rümpffen / es dennoch vor lesens-würdig achten werden.

Schlüßlich wünsche dem geneigten Leser alles zeitliche und ewige Heil und Wohlergehen.

Das 1. Capitel
[13] Das 1. Capitel.
Wenn eine Wöchnerin in einer Stube in Wochen lieget / und kömmt iemand mit einem Trag-Korbe hinein / so muß es einen Span vom Korbe abbrechen /und in die Wiege stecken / sonst nimmt es der Mutter oder dem Kinde die Ruhe mit hinweg.

Probatum est, sagen die Weiber; ich aber antworte ohne Complimenten: Es ist nicht wahr, daß es eintrifft, obgleich probatum est mit güldenen Buchstaben darzu geschrieben wäre. Denn ich habe, hinter die Wahrheit zu kommen, richtigere Observationes davon gemacht, als sie; nehmlich, ich habe zu der Zeit, da meine Kinder unruhig gewesen sind, Weiber mit Trag Körben in die Stube gelassen, habe sie ohne Niedersetzen, und ohne Abbrechung eines Spans wieder lassen davon gehen, darbey aber meinem Kinde etwas wider das Reissen in Därmergen eingegeben, so ist mein Kind in die Ruhe gekommen. Hingegen habe ich, wenn mein Kind ist ruhig gewesen, eben auch einen Trag-Korb hinein bringen, das Weib damit nieder setzen, [13] auch einen Span vom Korbe brechen, und in des Kindes Wiege stecken lassen, aber hierauf ist mein Kind sehr unruhig worden. Da sagt mir nun alle, ihr super-klugen Weiber, wie gehet das zu, daß sich bey mir schnurstracks das Gegentheil ausgewiesen? Ich weiß zwar wohl, daß ihr mir werdet antworten: Die Ursach sey an mir, weil ich nicht daran glaubete; ja, ihr habt es errathen, und das ists eben, was ich von euch haben will. Glaubet ihr auch nicht daran, so wiederfähret euchs auch nicht. Denn wer leicht glaubt, der wird leicht betrogen; sondern wisset vielmehr, daß das Vertrauen, welches ihr auf den Span vom Korbe setzet, eine Abgötterey sey.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Wenn man gewiß will wissen / ob ein Kind beschryen sey / oder nicht / so muß es die Mutter an der Stirne lecken; ist das Kind beschryen / so schmeckt die Stirn gesaltzen.

Dieses ist aller super-klugen Weiber ihre gäntzliche Meynung. Ich kan es aber nach meinem wenigen Verstande nicht begreiffen / wie durch das Beschreyen solte Saltz an des Kindes Stirn kommen; ja, ich halte vielmehr das Beschreyen gar für nichts, sondern achte davor / es sey eine Erfindung des Teufels; denn wenn denen armen kleinen Kindern offt ein und andere Kranckheit anhänget, die durch ordentliche Artzney-Mittel am besten zu heben wäre, giebt der Teufel[14] denen abergläubischen Vetteln ein, ob sey das Kind beschryen / da werden die ordentliche Mittel verachtet, hingegen das Kind wird mit allerhand abergläubischen Teufels-Possen, zum Exempel: Kehrich aus 4. Winckeln, Abgeschabts von 4. Tisch Ecken neunerley Holtz und dergleichen geschmäuchet und geräuchert daß offtmahls gar das Fresel oder schwere Noth darzu schlägt / darüber das Kind gar stirbt, alsdenn sagen die alten Vetteln, es sey auf den Todt beschryen gewesen. Hierüber hat denn der Teufel seine absonderliche Freude, weil er nicht alleine bey denen Müttern einen Aberglauben erwecket, sondern auch, als ein abgesagter Feind des gantzen menschlichen Geschlechts, an unschuldigen Kindern, durch dero unbesonnene Eltern, eine Hencker mäßige Ritterthat ausgewürcket hat. Daß ich aber auch noch erweise, daß der gesaltzene Geschmack an der Kinder Stirne nicht vom Beschreyen herkomme, so bitte ich, es wollen die Mütter an denen gantz gesunden Kindern, welche nicht kürtzlich gebadet oder gewaschen sind, die Stirnen lecken, so wette ich / daß sie mehrentheils einen saltzigen Geschmack empfinden werden. Und kömmt solcher Geschmack her von dem Schweiß, der an der Stirn (weil solche mehrentheils frey ist, und mit denen Tüchern nicht, wie andere Theile des Leibes, abgewischet wird,) vertrocknet. Und wie bekannt, daß aller Schweiß von Natur saltzig schmeckt, so kan er demnach an der Stirn auch nicht anders schmecken. Wenn nun die Kinder kranck sind, werden sie gemeiniglich[15] nicht gebadet, und weil zu solcher Zeit der durch die bey sich habende Hitze häufig ausbrechende Schweiß auch destomehr vertrocknet, so schmecket die Stirn desto saltziger; und ist demnach gar eine elende Probe und ungegründeter Beweiß, daß ein solch Kind beschryen sey, und ist das so genannte Beschreyen nichts, als ein närrischer Weiber-Traum; ein non-ens, oder Unding, wie mit mehrern in folgenden zu ersehen seyn wird.

Das 3. Capitel
Das 3. Capitel.
Wenn man etwas von Wäsche linck oder verkehrt anziehet / wird man nicht beschryen.

Das trifft gewiß ein / und gestehe ichs selbst; Heh!Victoria! ihr Weiber habt recht; in diesem Punct stehe ich euch bey, biß an Scheiter-Hauffen, denn ich habe es selbst offt probiren müssen, wenn ich meine Wäsche auf einer Seite eingeschwärtzt gehabt, so habe ich zuweilen Hembd und Halß-Tuch umgewendet, und hernach aufs neue darinnen gepranget, als wie ein Bauer-Bräutigam. Und kan ich euch mit tausend Eyden attestiren, daß ich zu solcher Zeit niemahls bin beschryen worden. Aber sagt mir doch, ihr guten Weiber / (denn ich zürne nicht mit euch, sondern habs nur einen Unglauben an euren Wercken,) wie gehet es zu, daß man in verkehrter Wäsche nicht beschryen werden kan? Ich will euch sagen, was ich dencke, und weil ihr doch davor [16] haltet, daß man eine Sache glauben müsse, wenn es helffen soll, so will ich auch glauben, daß mich meine Gedancken nicht betrügen werden. Meine Gedancken aber sind folgende: Ich dencke, wenn ich gleich von Fuß an, biß auf den Kopff, neu angezogen wäre, und hätte alles recht an, so könne mich doch niemand beschreyen; nicht darum / daß ich so heßlich sey, weil man doch im Sprichwort sagt: Der oder diese wird schwerlich beschryen, denn er oder sie ist nicht schön. Ach nein, darum nicht; denn ihr alle mit einander seyd nicht so schön / als ich gern seyn möchte; sondern weil die Welt gestanden, ist niemand auf diese Art, als wie ihr haben wollet, beschryen worden. Und solchergestalt hat mich auch niemand beschreyen können, wenn ich gleich in lauter verkehrter Wäsche gestutzt habe. Ihr abergläubischen Affen, ey wolt ich sagen, ihr überklugen Weiber / sagt mir nur erst, was ihr denn durch euer Beschreyen eigentlich verstehet? soll es denn ein lautes Zetter-Geschrey seyn, oder soll es über die Gebühr gelobet oder gescholten heissen, oder wie soll es klingen? alsdenn will ich euch bald aus euerm Traum helffen. Ihr werdet mich zwar auf diese Frage gar flähmisch ansehen, und ohne Zweifel gar zu einem Duell auf den Kampff-Platz hinaus fordern, und sagen, ich dummer Kerl möchte nur kommen, ihr woltet mir weisen, was ich nicht wüste; werdet euch auch zu Wasser und Lande gegen mich ausrüsten. Zu Lande werdet ihr mich mit Feuer und Rauch, zu Wasser aber mit warmen Bädern zu bekriegen, [17] euch fürnehmen. Zu eurer Defension wird euch nicht schwer fallen, neunerley Holtz, damit ihr diese, welche ihr vor beschryen haltet, zu räuchern pfleget, zu einem guten Bollwerck und Pallisadirung aufzubringen, ihr werdet mich mit einem Nebel und Rauch zu verblenden, und mit Gestanck zu vertreiben suchen, wenn ihr Kehrich und andere stinckende Raritäten aufs Feuer werffet, daß ihr euch darhinter mit eurer Thorheit verbergen könnet. Aber nach diesen allen frage ich wenig, sondern hoffe im folgenden Capitel euch so viel vorzulegen, daß ihr mir ins künfftige einen reputirlichen Frieden willig antragen werdet.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Die beste Probe / ob ein Patiente beschryen sey / oder nicht / soll seyn / wenn man Frauen-Flachs / Szysche /oder Ruff-Kraut / kochet / und damit den Patienten badet / das Bad unter das Bett setzet / so laufft es zusammen / wenn er beschryen ist; ist er aber nicht beschryen / so laufft das Bad auch nicht zusammen.

Dieses scheinet die gefährlichste Bombe zu seyn, damit mich die in Aberglauben- ersoffene Bade-Mütter zu beängstigen vermeynen. Aber, weil diese nur mit Wasser und Dunst gefüllet ist, weiche ich ihnen auf keinen Schritt, sondern ich dringe vielmehr ihnen auf den Leib, mit Offenbahrung aller ihrer Heimlichkeiten, die [18] sie theils selbst nicht verstehen, und damit jedermann mit Händen greiffen kan, daß es mit dem Beschreyen, und allen darauf gemachten Proben, Narredey sey; so ist zu wissen, daß die gantze Sache folgendermassen beschaffen ist: Wenn zuweilen Kinder, oder auch grosse erwachsene Leute, hinfällig und matt sind, und unter dem gemeinen Volcke nicht stracks iemand so klug ist, der aus ein- und andern Umständen könte urtheilen / was dem Patienten fehle; sie dehnen sich, wie die faulen Schaaf-Hunde, sind verdrüßlich, einen Bissen Brodt ins Maul zu stecken / nehmen dabey am Leibe ab, und so fort; da kommen denn Nasen weise Weiber, welche sich nimmermehr nachreden liessen, ob wären sie der Sache nicht klug genug, diese sehen nicht aus dem (wiewohl ebenfalls betrüglichen) Urin-Glase, sondern stracks im ersten Anblick aus dem Gesichte, daß ein solcher Mensch beschryen sey. Und wenn es etwas gefährlich zu seyn scheinet, und sie vermuthen, daß das Kind oder der Patiente gar sterben dürffte / sagen sie, es sey gegen die Erde, oder auf den Tod beschryen, und würde alle Noth haben, daß es davon zu bringen sey. Hilff, GOtt! was Raths? Frau Maria, Ursel oder Martha, wie die alte Planeten-Leserin heist, hat die Kranckheit errathen, so wird sie auch wohl Hülffe davor wissen. Ach ja, spricht sie bald, was wäre sonst mein Thun, wenn ich davor nicht rathen könte? ich habe wohl andere unter mir gehabt. Gebt mir nur einen feinen grossen Topff her, und holet stillschweigend eine Wasser-Kanne voll [19] Wasser aus einem Flusse, es muß aber dem Strohm nicht entgegen, sondern dem Strohme nach geschöpffet werden, sonst wäre unser Thun alle vergeblich. Weil nun der Topff und das Wasser geholet wird, laufft die kluge Frau immittelst zu einer alten Wurtzel-Krämerin, denn in denen Apothecken kan sie es, ihrem Vorgeben nach, so gut nicht bekommen, als bey einer solchen alten Vettel, wie sie selbst ist, weil sie ihre Kräuter und Wurtzeln alle in gewissen Stunden holet; da nimmt sie vor wenige Pfennige Frauen-Flachs, lateinisch Linaria genannt, thut es in Topff, kochet es mit dem so genannten stillschweigenden Wasser, alsdenn wird der Patiente mit diesem Wasser gebadet, oder nur die Arme und Beine damit wohl abgewaschen, und hernach unter des Patienten Bette gesetzt; wenn es nun eine Zeit gestanden, alsdenn thut sich Frau Maria oder Ursel ihre Wunder-Cur mit Verwunderung hervor, wenn irgend das Bad zusammen gelauffen oder gelievert ist. Ey, was Lob hat Frau Maria verdienet! da heists: Was haben wir denn zum besten? wir müssen Frau Marien mit essen lassen, und sie fragen, was sie zu Lohne haben will? denn sie hats wohl verdienet. Ja, wenn die ehrliche Frau gethan hätte, so hätte kein Mensch gewust, was dem Patienten fehlete, und hätte wohl gar leicht des Todes seyn können. Je wenn doch ietzt der Doctor da wäre, der will immer nichts aufs Beschreyen halten ietzt sähe er es doch mit Augen. Ach dencket, ihr Leute! siehet das Bad nicht aus! ist es doch, als wenn man Milch [20] zu Käsen geläbt hätte. Also verwundert man sich sehr darüber, denn die alte Vettel giebt vor, wenn man nicht beschryen wäre, so gelievert das Bad nicht. Ich will aber, nach meinem besten Wissen, und mit meinem guten Gewissen, einem iedweden ehrlichen Christen alles, wie ichs nach unterschiedlicher und gantz genauer Untersuchung befunden habe, eröffnen, wie es zugehe, daß zuweilen ein solch Kräuter-Bad zusammen lauffe oder gelievere, zuweilen aber nicht, und verhält sich folgendermassen: Es trägt sich zuweilen zu, daß einem Menschen eine Kranckheit anhänget, es wird am gantzen Leibe eine Mattigkeit gespüret, die Glieder werden schwer, und der Mensch nimmt ab, und so fort; darneben aber ist doch der Appetit zu essen offt noch da, aber es gedeyet die Speise nicht zur Nahrung und Zunehmen des Leibes. Ubrigens aber spüret der Patiente in keinem Glied absonderliche und empfindliche Schmertzen, daß solchergestalt ein Unerfahrnes nicht zu sagen weiß, was es vor Bewandniß mit einem solchen Patienten habe. Es kömmt aber diese Beschwerung ursprünglich aus dem Magen her, wenn nehmlich in dem Magen eine allzuhäufige Säure prædominiret, und offt einen übermäßigen Appetit zu essen macht, so geschichts, daß diese Herbigkeit und Schärffe nach und nach mit dem in den Magen von denen Speisen abgesondertenChylo oder Nahrungs-Safft, ins Geblüth gehet, und die gantze masiam sanguineam zach und dicke macht, davon werden hernach alle Glieder träge und faul. Und weil nun das [21] Geblüt mit dergleichen Schärffe belästiget ist, so wirffet die Natur unvermerckt durch die Schweiß Löcher solche Schärffe mit aus. Wenn denn die subtilsten humores weg dunsten / so bleibet die scharffe und saure Materie auf der Haut vertrocknet kleben. Wenn nun ein solcher Patiente mit Milch gebadt oder gewaschen würde, so würde diese eben so zusammen lauffen / als ob man Laab aus einem Kälber-Magen hinein gethan hätte. Und auf eben diese Art verursachet die von der Haut abgewaschene Säure in dem mit Frauen-Flachs gekochten Wasser eine præcipitation, oder coagulation und Gelieverung. Auch thut dieses der Frauen-Flachs nicht alleine, sondern es gebrauchen auf gleiche Weise die Weiber an etlichen Orten auch andere Kräuter, die eben die operation haben, wie der Frauen-Flachs. Zum Exempel, um Dreßden nehmen sie ein Kraut, welches sie allda Szische nennen, dessen eigentlicher Nahme Zeisig-Kraut, lateinisch Sideritis, ist, und an andern Orten, als in Thüringen, Beruff-Kraut genennet wird. Und könte ich noch viele Kräuter von gleicher Würckung melden, wenn nicht ohnedem dieses Capitel über Vermuthen länger, als andere, worden wäre. Siehet demnach ein jedes hieraus klar, daß solche Beschwerlichkeit des Leibes ihren natürlichen Ursprung hat, und daß die Zusammenlauffung des Kräuter-Bades herkomme von der durch den Schweiß auf die Haut gelegte Schärffe. Und dieses begiebt sicht so wohl bey Kindern, als auch grossen Leuten: Wie denn schon im andern Capitel [22] erwehnet worden ist, daß die an denen Kindern zuweilen befindliche saltzige Stirnen nichts anders ist / als ein dergleichen angetrockneter Schweiß; welches die abergläubischen Weiber doch vor ein gewisses Zeichen des Beschreyens angeben wollen.

Das 5. Capitel
Das 5. Capitel.
Wer viel Geld einzunehmen hat / der soll Kreyde darzu legen / so können böse Leute nichts davon wieder holen.

Es ist an vielen Orten die Klage und gemeine Sage /daß es gewisse böse Leute gebe, welche die verdammte Kunst könten, daß, so sie einem Geld auszahleten / sie es nach und nach heimlich wieder holeten. Wodurch mancher ehrlicher Mann in unüberwindlichen Schaden gesetzt würde, (ohne daß er ergründen könne, aus was Ursachen, oder wie es zugehe) ja, es will an einigen Orten diese Beschwerung so gemeine werden, daß ich viel hundert Personen /die dessen Gewißheit behaupten wollen, aufzubringen wenig Mühe bedürffte, unter denen auch wohl welche von Condition und kluger Vernunfft sich finden. Dahero ich billich an der Wahrheit solcher Begebenheiten nicht zweiffeln solte. Wie ich denn auch nicht gäntzlich in Abrede seyn will / daß nicht GOtt zu weilen aus verborgenen Ursachen zulasse, daß durch die Kinder der Finsterniß, und durch Mitwürckung des Satans, als eines Tausend-Künstlers, dergleichen verborgene Dieberey [23] vorgehen könne. Jedoch ist mein ohnmaßgeblicher Rath, daß ein iedweder in dieser Meynung behutsamer gehe, daß ja nicht irgend eine ehrliche Person hierdurch unschuldiger Weise in bösen Verdacht gezogen werde. Denn der Teufel ist ein böser Schalck, der gar zu gerne siehet, wenn es geschehen kan, daß einem ehrlichen Menschen ein Schand-Fleck seines sonst guten Leumunds, angehenget wird. Und stehe ich meines Orts in denen Gedancken, daß unter zwantzig solchen obgemeldten Begebenheiten kaum zwey die Wahrheit zum Grunde haben. Die übrigen achtzehn aber, wenn man alles wohl untersuchete würden auf einen Irrthum oder andre natürliche Ursachen ankommen. Und ohnerachtet ich hierwider viel anzuführen getrauete / und die gantze Sache ziemlich verdächtig machen könnte, so will ich euch doch eben hierbey nicht aufhalten, sondern komme auf das vorgesetzte Propos, nehmlich die Kreyde / welche leider! hier zu einen Hülff-reichen Gott oder Göttin / weil es Generis Fœminini, von unbesonnen Leuten, gemacht wird; aber, o grosse Thorheit! meynet man denn, weil die Kreyde weiß ist, es werde der sonst schwartze Teufel darvor sich fürchten, weil viel Narren an Walburgs-Abend Creutze damit an die Thüren zu schreiben pflegen? Ach nein, den listigen Drachen dürffet ihr (so ferne ihr nicht desto mehr wollet von ihm betrogen werden) vor so einfältig und ohnmächtig nicht ansehen, er fraget nach keinen Widerstand, als nach dem, der von dem all mächtigen GOtt ihme gethan [24] wird; daß aber GOtt in ein Bißgen weisse Erde mehr Krafft, als in ein andächtig Vater-Unser gelegt habe, soll mich kein Engel vom Himmel bereden. Jedoch will ich auch melden, was ich vermuthe, daß der Kreide ihr Nutzen bey dem Gelde sey. Es ist allerdings gut, daß stets Kreide, Rödel / oder Wasserbley bey dem Geldeliege / dessen Hülffe geschiehet von allen dreyen auf eine Weise, nehmlich also: Wer Geld einnimmt, der thue erstlich vor allen Dingen die Augen recht auf, daß nicht Zwey- vor Vier-Groschen-Stücken, und grosse Groschen vor Zwey-Groschen-Stücken, oder sonst falsch Geld vor voll und gut, mit eingezehlet werde, wie denn mir selbst nicht nur ein hundert mahl begegnet ist, daß ich eine Post-Geld wohl 3mahl überzehlet, und habe zum vierdten mahl doch gefunden, oder es haben mir andere Leute gewiesen, (denn 4. Augen mehr observiren können, als zwey) daß ich mich geirret habe; hernach lege man Kreide / Wasserbley oder Rödel (das erste ist am beqvemsten) dabey, und schreibe fein fleißig und gewiß an, 1.) wie viel man des Geldes in sichere Hände empfangen, 2.) was für Sorten, 3.) von wem, 4.) wenn? alsdenn verwahre man das Geld an einem solchen Ort, daß nicht irgend ein ehebrecherisch, versoffen, oder vernascht Weib einen Schlüssel darzu finde, oder ein liederlicher Sohn, oder stoltze, faule, verhurte listige Tochter, oder auch diebisch Gesinde, heimlich etwas davon entwenden können. Endlich nehme man wieder Kreide, und schreibe fleißig auf, 1.) was man vom Gelde wieder [25] weggiebt 2.) wenn man es weggegeben / 3.) an wem es gezahlet, 4.) und wofür es geschehen sey /und sehe abermahl recht zu, daß man nicht mehr aufzehle als es seyn soll, denn Irren ist menschlich, und ist sehr leichte versehen. Auf diese Art rathe ich einem iedweden, Kreyde zu seinen Gelde zu legen, und versichere dabey, daß, wenn er mit Ernst dem lieben GOtt sich und sein gantzes Vermögen täglich empfiehlet / daß der Drach ihm in Ewigkeit keinen Dreyer weg holen wird, probatum est.

Das 6. Capitel
Das 6. Capitel.
Wenn der Drach oder böse Leute einem nichts vom Gelde holen sollen / so wasche man es nur in reinen Wasser ab / und lege ein wenig Brodt und Saltz darzu.

Dieses Capitel kömmt dem vorigen nicht gar ungleich, nur das bey dem vorigen die Kreide, hier aber Wasser, Saltz und Brodt ihren Wirckungen nach, so sie bey dem Gelde haben sollen / beschrieben werden. Melde ich demnach ohne einige Weitläufftigkeit hierbey nur so viel, daß der Gebrauch des Wassers, Saltzes und Brodtes eben auf den Schlag kömmt, als wie die Kreide; Und hat der Erfinder dieser Mittel wahrhafftig nicht unweißlich gerathen; nehmlich, er hat damit zu verstehen geben und andeuten wollen, daß diejenigen, welche offt über den Drachen klagen, ob holete dieser ihr Geld und [26] Vermögen weg, sich bey dem Saltze, Brod und Wasser, der Sparsamkeit erinnern solten, und nicht mehr verthun möchten, als sie erschwingen könnten. Denn wer kaum den Kofend erzeigen kan, und wolt sich täglich in Biere, auch wohl gar in Weine besauffen, oder, wenn einer in der kümmerlichen und nahrlosen Zeit kaum die Zumüse zur Speise, und ein schlecht wöllen Kleidgen anzuziehen, erschwingen kan, und wolte doch täglich gute Bißgen essen, und sich in kostbarer Kleidung und wöchendlich andern Moden aufführen, so wird ein solcher gemeiniglich endlich alle seinen Untergang losen Leuten / oder gar dem Drachen zuschreiben, da er doch solcher gestalt selbst sein und seiner armen Kinder Drach gewesen ist. Anderer dergleichen Begebenheiten mehr, derer noch viel anzuführen wären, ietzt, um der Kütze willen, zu geschweigen.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Wenn die Weiber Garn sieden / so müssen sie praff darbey lügen / sonst wird es nicht recht weiß.

Wer von sieben redet, der leugt gern, und hier trifft es gleich so ein, daß das siebende Capitel von Lügen handelt. Es ist dieses ein vortrefflich Mittel zum Garn-sieden, daß es weiß wird, denn es kostet nicht viel, und kan iedes, wer darzu kömmt, etwas mit beytragen, weil nach der Schrifft alle Menschen Lügner sind, und der Teufel ist der Meister darunter. Nun aber ist [27] bekannt, daß der Teufel ein Tausend-Künstler ist / der aus schwartz kan gar leichte weiß machen. Wenn denn nun die Weiber bey ihren Garn sieden, dem Teufel zu Liebe praffe Lügen sagen, wäre es kein Wunder, daß dieser ihnen wieder den Gefallen erwiese, und das Garn weiß machte; allein weil es Lügen sind, so wolte ich bald sagen, es sey nicht wahr, daß davon das Garn weiß würde, iedoch kan es auf folgende Weise wohl eintreffen, nehmlich: Man pflegt im gemeinen Sprichwort zu sagen: Mit Dreck wäscht man sich nicht weiß; aber hierbey muß das Sprichwort zu einer Lügen werden, und heist vielmehr: Mit Dreck wäscht man weiß. Denn man bedencke, wie heßlich das Garn mit der Asche zugerichtet wird, wenn es damit eingeäschert und gesotten wird, und dennoch ist die Asche das Mittel, damit das Garn gereiniget wird. Ob nun aber dieses die rechte Ursach ist, warum die Weiber bey den Garnsieden Lügen sagen, will ich so gewiß nicht behaupten, und dahero noch ein paar Muthmassungen mit beyfügen, nehmlich: Erstlich zweiffele ich nicht, es habe etwan einmahl ein Weib das andere gefragt, oder auch die Kunst aufschreiben lassen / wie man das Garn schön weiß siede; da nun die Meisterin solche Wissenschafft schreiben wollen, daß gute Laugen das Beste müsse dabey thun, mag sie aus Versehenheit den Buchstaben a in dem Wort Laugen vergessen, und nicht mit in das Wort gesetzt haben, so hat es Lügen geheissen. Wenn nun die andere die Kunst mit Lügen und Laugen zugleich probiret [28] hat, und das Garn ist weiß worden, so hat sie denen Lügen die Krafft alleine zugeschrieben /und ist hernach zu einen Articul ihres Glaubens gemacht worden. Zum andern kan ich selbst Zeugniß geben, daß mit gewisser Condition diejenigen Weiber, welche wacker lügen können, weisser Garn machen, als die ehrlich- und aufrichtigen, nehmlich, ich erinnere mich, daß in Dreßden bey einem wohlhabenden Kauffmann die Magd Garn sotte; da nun das Garn ungewöhnlich schöne weiß wurde, und der Herr die künstliche Magd fragte: Was sie vor einen Handgriff hätte? antwortete sie mit einer klugen lächelnden Mine: Dieses wäre eine Wissenschafft, welche sie von eines Steuermanns Frau gelernet hätte / sie hätte ihr fast einen Eyd schweren müssen, daß sie es niemanden weiter sagen wolte, redete demnach ferner mit gantz leiser Stimme zum Herrn: Es bestände die gantze Wissenschafft darinnen, daß sie Asche von büchenen Holtze darzu nehme, und dieses glaubte der Kauffmann; es war aber eine Lügen, denn des Tages zuvor hatte ich der Magd einen gantzen Riegel Seiffe schaben gesehn, die sie zwischen das Garn mit eingestreuet hatte. Derowegen merckts, ihr haußhältigen Weiber, und bedient euch solcher Lügen, so werden sich eure Männer über euch verwundern. Probatum est.

Das 8. Capitel
Das 8. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man über das Kehrig gehet.

[29] Ich will es wohl glauben; denn wenn es gut wäre / so würde man das Kehrig gar nicht hinweg räumen /sondern nur um deßhalben lassen liegen, daß man darüber gehen könne. Zum andern ists auch um folgender Ursach willen nicht gut, daß man darüber gehet, denn man trägt es solcher gestalt gar leicht wieder an die reinen und schon gekehrten Stellen. Nein, sagen die Weiber, wir haben eine Special-Ursach, warum es nicht gut ist, nehmlich wer über das Kehrig gehet, der hat kein Glück. Es ist gut / ihr klugen Weiber, aber wie? man wird ja wohl um deßwillen, daß man über das Kehrig gegangen, kein Glück haben, sonst würde abermahl folgen, daß es rathsam sey das Kehrig liegen zu lassen, und darüber zu gehen, damit man Glück hätte; dennoch aber sage ich, wer über das Kehrig gehet, kan um deswillen Glück haben, nehmlich / wer über Kehrig gehet, und wird gewahr, daß ein güldener Ring, ein Ohren-Geheng, oder ander kostbar Kleinod in Kehrig lieget, der hat ja Glück, daß er solches findet, und dieses Glück ist daher gekommen, weil er darüber gegangen, und es gewahr worden; ergo ist der Weiber-Glaube ein Aberglaube.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Es ist nicht gut / daß man die kleinen Kinder kleine Krebßgen nennet / denn sie verbutten hernach gantz.

Aus Curiosität fragte ich ohnlängst ein super-klug Weib, was es doch wohl vor eine Bewandniß [30] haben müsse, daß die Kinder abnähmen, wenn man sie kleine Krebßgen hiesse? diese gab mir mit einer sehr verächtlichen Mine zur Antwort: Sie wolle es ja nimmermehr hoffen, daß ich so alt worden wäre / und hätte nicht selbst so viel Verstand dieses auszusinnen. Ich würde ja wissen, daß der Krebs ein Thier wäre / das von Natur zurück kröche! da stand ich einfältiger Tropff, wie ein begossener Hund / gantz verschämt, und wurde vor auslachens werth gehalten, daß ich so alber Zeug nicht selbst bedencken können. Also habe ich allerdings Ursach, meinen Schimpff auszuwetzen, und denen Rockenreuterinnen zu weisen, daß sie auch fehlen. Und sage ich demnach, daß, wenn die Benennung solte denen Kindern eine Eigenschafft derer Dinge / nach welchen man sie nennete, zu wege bringen, so wolte ich sie kleine Krebßgen heissen, denn die kleinen Krebßgen wachsen bald groß, und wenn einem Krebs die Scheeren abgerissen werden, so wachsen ihm bald andere. Die Krebse bekommen offt neue Schaalen oder Haut; sie kriechen nicht allein hinter sich, sondern auch vor sich. Sind demnach gewandte Thiere, und kan dero Eigenschafft denen Kindern nicht schädlich, sondern vielmehr nützlich seyn. Uberdiß möchten doch die abergläubischen Weiber auch überlegen, daß in einer Sache selbst mehr Krafft und Eigenschafft stecken müsse, als in der blossen Benennung. Da nun die Krebse eine solche rückgängige und verkehrte Eigenschafft haben sollen, warum essen denn die Weiber die Krebse so gern, auch wohl[31] zu der Zeit, da sie Kinder zu stillen haben, und warum sind sie nicht auch in Sorgen, daß ihnen hiervon die Milch in Brüsten rückgängig werden möchte? es lehret aber die tägliche Erfahrung, daß die Krebse und dero Schaalen, wie auch Krebs-Augen die Milch vermehren / und nicht schädlich sind. Ist demnach der Weiber Weißheit in diesem Punct auch von schlechter Ankunfft, und auf einen Krebsgängigen Grund gesetzet.

Das 10. Capitel
Das 10. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man über Land reiset / u. läufft einem ein Haase übern Weg.

Wenn der Haase gebraten in der Schüssel aufn Tisch stünde, wäre es freylich besser. Nein, nein, es ist nicht so zu verstehen, werden mir viele, auch wohl sonst gar kluge Leute, einwenden; sondern es ist gewiß nicht gut, und hat man sich zu versichern, daß / wenn iemand über Land reiset, und laufft einem ein Haase übern Weg, so wird man gewiß ein Unglück haben; worauf ich aber auch mit ja antworte, denn dieses ist eben das Unglück, daß man das Wildpret, welches besser in der Küchen zu nutzen wäre, so ungehindert muß ins freye Feld lauffen lassen. Ich setze auch den Fall, daß sich ein oder das andre mahl begeben habe, daß selbigen Tages, da man verreiset ist / und ein Haase über den Weg gelauffen, einem ein Unfall begegnet sey woher will man denn eben behaupten, ob habe der Haase das Unglück [32] bedeutet; denn der Unfall würde doch nicht nachgeblieben seyn, wenn gleich kein Haase sich hätte sehen lassen. Und kan ichs selbst mit Wahrheit bezeugen, daß mir es vielfältig mahl begegnet ist, daß auf meinen Reisen solche Lang-Ohren qver über die Straffe marchiret sind; ich kan mich aber nicht erinnern, daß mir es ein eintzig mahl ein Unglück bedeutet habe. Ist demnach diese Meynung nichts anders, als ein aus Spaß gemachter Aberglaube, und kömmt eben so heraus, als wenn man sagt; Es ist nicht gut, wenn man am Leibe flickt. Freylich ists nicht gut, sonst brauchte es keines Flickens.

Das 11. Capitel
Das 11. Capitel.
Wer aus einer Kanne oder einem Kruge getruncken hat / soll solchen nicht mit der Hand über den Deckel anfassen / daß solcher hierdurch überspannet werde /denn es ist dem andern schädlich / der daraus trincken soll.

Worinnen mag wohl der Schaden bestehen? Antwort: Wer daraus zum erstenmahl trincket / der bekömmt das Hertzgespann, sagen viel thörichte Weiber / als auch weibische Männer. Aber sagt mir doch erst, wie das Ding soll zugehen, daß erst das Hertzgespann in die Hand, von dar in Krug oder ins Bier, von Biere in des andern Leib solle fortgepflantzet werden? Das Hertzgespann ist eine Magen-Kranckheit, wenn nehmlich der Magen aufschwillet, daß es unter [33] denen Rippen gantz dicke und geschwollen wird. Wenn nun einere ein Trinckgeschirr überspannet, so kan der andere nicht ehe daraus trincken, es setze denn jener den Krug erst nieder, denn sonst gehet ja der Deckel nicht auf, oder aber, wenn einer also daraus trincken wolte, so müste er durch einen Strohhalm / den er unter den Deckel in Krug stecken könte, trincken, und würde also den Magen nicht jehling erkälten, und solcher gestalt desto weniger das Hertzgespann dadurch erwecken. Es haben zuweilen solche Weiber, welche auf diesen Aberglauben viel halten, und aus keinem überspannet gewesenen Kruge trincken wollen, den Krug, so überspannet gewesen / mir geben müssen, worauf ich getrost getruncken, aber niemahls das Hertzgespann davon bekommen haben ergo, ist es eine thörichte Einbildung.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Die Eltern sollen ihren Kindern nicht selbst Klappern kauffen / sondern von frembden Leuten verehren lassen / sonst lernen sie langsam und schwer reden.

O unvergleichliche Philosophia colus! Was vor herrliche Wissenschafften werden durch dich an das Licht gebracht! Wie nervös und subtil dieses von denen klugen Weibern ausgesonnen sey, will ich einem ieden zu bedencken anheim geben; Ich vor meine Person glaube, daß solcher Verstand nicht so schlechterdings bey denen Weibern erstanden sey, sondern die Weißheit derer [34] alten Kinder-Mägde mag wohl auch einigen Beytrag mit darzu gethan haben. Denn so ich der Sache recht sehr tieff nachsinne, so finde ich gleichwohl diese Dinge gedruckt, in einem uhralten, und in Egypten zu erst erfundenen Buche, wie nehmlich die Klappern mit der Menschen Rede eine sonderliche Verwandschafft haben mögen, und wie eines mit dem andern könne verglichen werden, wenn nehmlich in dem also genannten Glücksrädlein / fol. 91. N. 8. eine Antwort auf die Frage einer Manns-Person / was vor ein Weib er kriege? enthalten ist, also lautende: Eine Klapper-Büchse ist dir wohl einmahl bescheret. Das ist so viel gesagt: als, ein Weib, das gut Mundwerck hat, wird dir einmahl zu theil werden. Wer hieran einen Zweifel hat, der nehme ein Glücksrädlein, schlage diese Frage auf, und werffe mit 2. Würffeln hierauf 8. Augen, so wird ihme solche Antwort werden. Also haben die lieben Weiber aus dem Glücksrädlein / und solcher gestalt mit bewehrtenAutoren bewiesen, daß eine Klapper oder Klapper-Büchse und die Rede eines Menschen, bey nahe ein Ding seyn. Nun wolle man demnach der Sache recht nachsinnen, so wird sich finden, daß nicht ohne Bedacht vor gut erkannt wird, daß ein Frembder denen Kindern die Klappern gebe, daß dieselbigen desto eher reden lernen. Denn wenn die Kinder anderer Leute Sprachen, die offt zierlicher (& vice versa auch offt garstiger) sind / als der Eltern ihre, lernen, so fehlet es ihnen nicht an reden, und also haben die Weiber recht geglaubt. [35] Aber / o ihr guten klugen Taschen! ich gebe euch doch nicht rechten Beyfall; denn euer unbewehrtes Glücksrädlein redet nicht von höltzern oder andern materialischen Klappern, sondern von fleischernen oder Maul-Trommeln. Ihr möget demnach euren Kindern Klappern aus Welschland, Pohlen, Franckreich, Moscau oder Türckey, holen lassen, und ihnen Tag und Nacht vorklappern, so werden sie doch nicht eher reden lernen, als wenn ihr ihnen selbst eine kaufft, und gebrauchet darneben eure Zungen-Klapper fleissig, ihnen damit was herzuklappern, biß sie nach Art der Papogeyen auch nachklappern. Ausser dem wird aus keiner Klapper eine Sprache erwachsen, das glaubbt, wenn es gleich nicht in Glücksrädlein stehet.

Das 13. Capitel
Das 13. Capitel.
Wenn die Kinder schwerlich reden lernen / soll man ihnen Bettel-Brodt zu essen geben.

Wenn sich kein Freund finden will, der dem Kinde eine Klapper verehret, so muß man bedacht seyn, was man sonst vor ein gut Mittel ergreiffe, daß das Kind bald reden lerne. Hiervor haben nun die super-klugenPhilosophinnen schon in Vorrath gesorget; Es heisset aber hierbey: Die Kunst gehet betteln; denn Bettel-Brodt ist das Mittel, davon die Kinder bald reden lernen. Es kan auch dieses Mittel nicht fehlen, und ob es gleich eben wie mit der frembden Klapper heraus kommt, indem es frembd [36] Brodt seyn muß, so mag es doch wohl noch besser seyn als die Klapper. Denn an dieser lecken die Kinder nur, mit dem Bettel-Brodt aber fressen sie die Sprachen gar, und beist hernach, als wie von denen super-klugen Weibern gesagt wird: Sie hat die Klugheit gar gefressen. Und was bedürffen die guten Weiber auch den Beweiß weit zu suchen? ists denn nicht genug, daß die Bettel-Kinder solches selbst bezeugen, wenn sie gut betteln, singen, beten, fluchen und plaudern können, wie die tägliche Erfahrung lehret. Aber ihr lieben Weiber, das Ding will mir gleichwohl nicht recht in Kopff; denn wenn ich bedencke, das die Bettel-Kinder eben durch das Reden und Betteln, das Brodt, welches vor den Empfang kein Bettel-Brodt ist, erst zu Bettel-Brodt machen /und solcher gestalt das Brodt, die Krafft der Kinder Rede zu befördern, von denen Bettel-Leuten erlangen müste, so kan der Bettel-Kinder ihre Rede und fertige Zunge, nicht von Bettel-Brodte kommen, und ist demnach eure Meynung gantz ungegründet. Ich will euch aber einen bessern Rath geben, der gewiß die Probe halten wird, nehmlich: Wenn ihr ein Kind wollet bald reden lernen, so sehet zu, daß ihr ein fein klug armes Kind, das fein zierlich redt, bekommet / gebt ihme nothdürfftige Verpflegung, und lasset es mit euern Kinde fleißig spielen und schwatzen / so wette ich, daß euer Kind besser wird reden lernen, als wenn ihr ihme alle Tage etliche Pfund Bettel-Brodt, durch eine dumme Kinder-Wärterin einpfroffen liesse.

Das 14. Capitel
[37] Das 14. Capitel.
Wenn man verreiset / oder sonst um ein- oder anderer Verrichtung halber aus dem Hause gehet / und vergisset etwas / soll man nicht wieder umkehren /sondern soll lieber das vergessene durch iemand anders nachbringen / oder holen lassen.

Die Frage ist: Warum dieses geschehe? Antwort: Es ist nicht gut, und gehet einem auf dem Wege nicht wohl, es gehen auch sonst alle vorhabende Verrichtungen hinter sich. Dieses mag glauben, wer da will, ich glaube es nicht, sondern sage vielmehr: Wer wieder zurück gehet, wenn er etwas vergessen hat, der führet seine Sache wohl aus, und ist glücklicher, als ein anderer, der nicht umkehret; welches aus vielen Exempeln zu erweisen wäre. Aber nur eines einfältigen zu gedencken: Es gehet ein Weib auf den Marckt, ein- und das andre einzukauffen, hat aber den Beutel oder das Geld vergessen, sie will aber nicht umkehren, selbigen zu holen, sondern vermeynet, wenn sie etwas anständiges antreffe, sey es Zeit genug, die Magd nach Hause zu schicken, oder wolle die Waare borgen. Wird ein solch Weib nicht müssen gewärtig seyn, daß sie die Waare theurer annehmen müsse, oder es werde ihr solche auch, ehe die Magd mit dem Gelde kommt, von einem andern, der Geld hat, weggekaufft werden. Anderer Exempel zu geschweigen.[38] Es ist zwar freylich besser, daß man nichts vergisset, und nicht umzukehren vonnöthen hat; unterdessen aber / wenn es nicht anders seyn kan, so hat das Umkehren nichts auf sich.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wenn ein Frembdes in eine Stube gehet / so soll es nicht ohne Niedersitzen wieder heraus gehen / damit es denen Kindern nicht die Ruhe mit wegnehme.

Dieses ist ein wunderlich Geheimniß, und kan ich es gar so genau, als wie die weisen Weiber, nicht erforschen, wie durch das nicht niedersetzen denen Kindern die Ruhe mit genommen werde. Ich kan mir nicht anders einbilden, die Kinder-Ruhe muß solchergestalt in der frembden Leute Hinterbrust ihre Herberge haben; wenn demnach ein Frembdes in eine Stube kömmt, und sich niedersetzet, so expectoriret sich der Steiß gegen der Banck oder Stuhl, und lässet die Ruhe drauf fallen und liegen, so behalten die Kinder die Ruhe. Gegentheils aber / wenn sich der Frembde nicht niedersetzet, so muß sich die Ruhe, so im Hintersten eingeklemmt, wieder lassen mit wegtragen. Wenn nun das Geheimniß dieser Sache also beschaffen ist, so mögen die super-klugen Weiber, bey unruhigen Kindern / fleißig sich nach denen Qvartieren der Kinder-Ruhe umsehen, und solche aus denen verborgenen Löchern ausstöbern; ich will ihnen gern Glauben gehen, daß sich die Sache also verhalte, [39] denn wenn ich ihnen, wie in andern Puncten, widerspräche, müste ich gewärtig seyn / daß sie mich zur Versicherung der Sache, mit patroulliren zu geben provocirten. Also behalten sie in diesem Punct Recht übrig.

Das 16. Capitel
Das 16. Capitel.
Es ist nicht gut / daß man den Tisch decket / wenn nicht stracks das Brodt auch drauf gelegt wird / und soll demnach / in Ermangelung des Brodts / ein Zipffel vom Tischtuche über geschlagen werden.

Das ist eine schlimme Sache, wenn man essen will, und hat kein Brodt. Was ist aber zu thun? aus der Noth muß man eine Tugend machen; und darzu können die super-klugen Weiber den besten Rath geben; wenn sie nehmlich am Hunger-Tuche zu nagen aufs Tapet bringen / oder, in Ermangelung des Brodts, einen Zipffel vom Tischtuch überschlagen. Ich will ihnen auch in diesem Puncte gerne Recht lassen, und sie bitten / daß sie ihre tractamenta alleine verzehren mögen, und mich nur nicht zu Gaste laden.

Das 17. Capitel
Das 17. Capitel.
Wenn die Weiber Federn in die Betten füllen / sollen die Männer nicht im Hause bleiben / sondern sollen weggehen.

Was mag dieses wohl zu bedeuten haben? die betrüglichen Weiber gehen zur Antwort: [40] Wenn die Männer im Hause sind bey Einfüllung der Federn in die Betten, so stechen die Federn durch das Innelt. Ja freylich! dieses geschiehet per sympathiam, weil die Männer, bevor ab im Kriege, gern stechen und um sich hauen. Wenn demnach die Männer zu der Zeit, wenn die Weiber Federn einfüllen, zu Hause sind, so nehmen die Federn derer Männer Eigenschafft an sich, und stechen hernach durchs Innelt. Wenn aber die Weiber solche Arbeit alleine verrichten / und die Männer gantz abwesend sind, so bekommen die Federn der Weiber Natur alleine, und lassen alle Feder-Fechter (verstehe die Flöhe) auf sich loß stechen, und stechen doch nicht wieder. Also ist das Weib, die solche Wissenschafft zuerst aus der Natur erforschet hat / wohl werth gewesen, daß sie mit guten Stichen belohnet worden wäre, weil doch zu vermuthen ist / daß sie Hahnen-Federn mit eingefüllet haben mag / die leichtlich durch das Innelt stechen. Es mag auch wohl noch solche Schwestern geben, welche ihre Männer hier und da mit bereden / daß sie aus dem Hause gehen müssen, auf daß sie nur desto freyern Platz behalten, mit andern die neuen eingefüllten Betten zuprobiren, und wenn ein Paar durchs Innelt gestochen, muß solche hernach der einfältige Mann auf dem Hute tragen. Darum, ihr Männer / wenn ihr nicht wollet, daß euch eure listige Weiber sollen betrügen, so lasset ihnen nicht zu, daß sie den geringsten Aberglauben treiben, denn dadurch berücken sie euch nicht anders, [41] als wie die Catholischen Pfaffen das einfältige Volck mit ihren Wunderwercken.

Das 18. Capitel
Das 18. Capitel.
Wenn man eine Henne zu brüten ansetzet / soll es geschehen zur Zeit / wenn die Leute aus der Kirchen gehen.

Wenn viel Hünlein sollen auskrichen / und auch leichte aus denen Eyern gehen, muß die Henne eben zu der Zeit, wenn die Leute aus der Kirchen gehen, angesetzt werden; denn das ist eine bekannte Sache, daß die Leute viel hurtiger aus der Kirche, als in die Kirche lauffen, und nehmen demnach die jungen Hünlein auch die Art der aus der Kirchen gehenden Leute an, und lauffen eben so schnell aus denen Eyern. Dieses geben zwar abergläubische Vetteln vor; alleine wenn ich meine Gedancken und Gutachten hierüber eröffnen soll, so sage ich / daß eine von denen thörichsten Unbesonnenheiten der Weiber hiermit vorgehe; denn das Ansetzen der Henne nehmen solche Närrinnen ja vor eben zu der Zeit, da die Leute mit vollen Hauffen nach vollendeten Gottesdienst auf denen Gassen gehen, und sind schon aus der Kirchen heraus, hingegen sind sie im Heimgehen begriffen; wenn nun dieser Heimgang aus der Kirche in die Eyer etwas würcken könne, so würden die Eyer vielmehr die Eingangs-Krafft, als die ausgehende an sich neh men. Und warum bekömmt denn die Gluck-Henne nicht auch die Art der aus der Kirchen lauffenden[42] Leute, und läufft stracks wieder von Eyern weg? aber die abergläubischen Weiber haben doch Recht; warum? weil ihnen ihr Lehr-Meister, der Teufel / solche Kunst eingegeben hat / damit sie ihm dargegen den Dienst erweisen, und zu der Zeit, wenn sie eine Henne ansetzen wollen, zu Hause bleiben, und den Gottesdienst nicht abwarten möchten.

Das 19. Capitel
Das 19. Capitel.
Wenn man will großköppige Hüner bekommen / muß man zu der Zeit / wenn man die Gluck-Henne ansetzet / einen feinen grossen Stroh-Huth aufsetzen.

Warum aber nicht einen Feder-Pusch? Ihr einfältiger Tropff! (werden mir die super-klugen Weiber antworten:) Ihr denckt vielleicht, weil Feder-Püsche sollen wachsen, so müsse man auch Feder-Püsche aufsetzen? Nein, es muß nicht eben so seyn. Denn habt ihr alberer Mann nicht in der Bibel gelesen, daß Jacob bunde Stäbe von Pappel-Weiden, Haseln und Castanien machte, und in die Tränck-Rinnen für die Schafe legte, damit sie bunte, schäckiche und sprengliche Lämmer bekämen? Er legte ja keine bunte Schaaf-Felle, sondern nur bunte Stäbe dahin, und dennoch bekamen die Schaafe bunte Lämmer. Ey, seht doch! wie Bibel-fest und belesen die Weiber sind; daran hätte ich mein Lebtage nicht gedacht. Wiewohl mir die Sache mit dem [43] Stroh-Hut dennoch nicht recht in meinen Kopff will. Denn ein anders ist Feder-Vieh, ein anders Schaafe oder andere vierfüßige Thiere /und hat Jacob die Zeit der Empfängniß in Acht genommen, Gen. 30. v. 39. Was gehet aber bey Ansetzung einer Hennen über frembde Eyer für eine Empfängniß vor, und welchergestalt soll sich denn eine Gluck-Henne an einem Stroh-Hute versehen können, daß die unter ihr liegende frembde Eyer (da offt Enten- und Welsche-Hüner-Eyer dabey sind) solten koppige Früchte bekommen? Zu dem, so beweisen mir die Weiber mit Jacobs bunten Stäben gar nichts, denn es trifft diese Kunst heut zu Tage auch an denen Schaafen nicht mehr ein, und waren dieses nur die natürlichen Ceremonien, die der Jacob sich bedienete, um damit den Seegen GOttes zu erlangen, das vornehmste aber war Jacobs starcke Zuversicht und Glauben zu GOtt, ausser welchen die bunten Stäbe ebenfalls nicht würden gewürcket haben; über diß alles lehret die Erfahrung am besten, daß die Stroh-Hüte nichts würcken können, denn wenn der Gluck-Henne Eyer von köppigen Hünern untergeleget werden, so brüttet sie köppige Hünlein aus, wenn gleich kein Stroh-Hut dabey gebraucht worden ist; sind aber die Eyer von schlechten Hünern, so werden die jungen keine Koppen bekommen, und wenn man bey Ansetzung der Gluck-Henne 3. Stroh-Hüte über einander aufsetzete, ergò, ist der Weiber Kunst falsch.

Das 20. Capitel
[44] Das 20. Capitel.
Wie man sich bey Ansetzung einer Gluck-Henne zu verhalten habe / daß viel Hünlein oder Hänlein / oder was man am meisten haben will / daraus werden.

Die närrischen Weiber sagen, man solle das Nest, darinnen man die Gluck-Henne ansetzet, von Stroh aus einem Ehe-Bette machen, und wenn man gern viel junge Hünlein hätte, soll das Stroh von des Weibes Seite, wenn es aber viel Hähnlein solten werden, müste das Stroh von des Mannes Seiten weg genommen werden. Dieses mag wohl ein sonderbahres Geheimniß der Natur seyn, und verlangte ich gern zu wissen, was doch da solte ausgeheckt werden, wenn man Stroh aus einer Huren ihren Bette nehme / oder wenn das Weib die Gluck-Henne ansetzet, bey dem Neste sitzend blieb, biß 3. Wochen verflossen wären, will ich nicht zweiffeln, es würden lauter geschleyerte Affen auskriechen; und dieses kan per Sympathiam geschehen. Das möget ihr Weiber nur inmittelst gewiß glauben, ich aber glaube nichts davon.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Es ist nicht gut / daß / wenn man sich früh gewaschen hat / man das Wasser von denen Händen abschleudere.

Die Ursach wäre / warum es nicht gut sey, sagen diesuper-klugen Weiber, weil man sich [45] selbiges Tages die Nahrung damit verschleudert. Ihr sorgfältigen Büchsen! ich will euch einmahl recht lassen, aber nicht anders, als mit folgender condition, wenn nehmlich einer sich wünsche, und hätte einen kostbaren Ring am Finger stecken / welcher gern herab gienge, und schleuderte mit denen nassen Händen solchen unvermerckt hinweg, daß er dadurch selbigen gar verlustig würde, so versichere ich, ein solcher wird in seiner Nahrung lange nicht erwerben, was er ietzt in einem Augenblick verschleudert hat. Nechst dem ist das Schleudern der nassen Hände sonst auch keine feine Zucht, denn man kan einen andern leicht damit bespritzen, daß solcher gestalt nur Widerwillen dadurch entstehen kan; über diß, kan das Wasser wohl auf etwas geschleudert werden, das durch einen eintzigen Tropffen verderben kan; ausser solchen Begebenheiten aber kan das Schleudern der nassen Hände keinen Schaden bringen, vielweniger die Nahrung verhindern.

Das 22. Capitel
Das 22. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man eine ledige Wiege wieget.

Probatum est, denn man thut nicht gern was ohne Nutzen oder umsonst; wenn man aber eine ledige Wiege wieget, so wieget man umsonst. Aber was soll meine ration? Die klugen Weiber wissen besser, wo der rechte Schaden sitzt, nehmlich: Wenn man eine ledige Wiege wiegt, [46] so wiegt man dem Kinde die Ruhe weg, daß es hernach nicht in der Wiege schlaffen kan. Seht, da liegt der Hund begraben! darauf hätte sich wohl niemand besonnen; aber, weil mir die sorgfältigen Weiber Gelegenheit an die Hand geben, dieser Sache etwas nachzudencken, so will ich ihnen meine Gedancken vor Augen stellen / woraus sie sehen werden, daß ihre Einbildung nicht so viel auf sich habe, als sie wohl vermeynen; und laufft das gantze Werck da hinaus / nehmlich: Wenn die Wiege gewiegt wird, da das Kind darinnen lieget, so pfleget es gemeiniglich zu ruhen; wenn aber die ledige Wiege gewiegt wird / so ruhet das Kind nicht, denn wenn es ruhet, so liegt es in der Wiegen, und ist also wahr, daß das Kind nicht mehr ruhet, wenn man die ledige Wiege wiegt / und geschiehet gemeiniglich das Wiegen der ledigen Wiegen, von Kinde selbst, so darinnen schlaffen soll, denn grosse erwachsene Leute pflegen keine ledige Wiege zu wiegen. Ist also das Wiegen einer ledigen Wiegen weder böse noch gut, und wolte ich eher beweisen, daß es gut wäre, als böse; denn, da die ledige Wiege gemeiniglich nur von Kindern, (auch wohl selbst von dem, das darinnen schlaffen soll) gewiegt wird, so ist es ja ein gut Anzeichen, daß das Kind gesund und starck ist, daß es selbst seine eigene Wiege erziehen kan: Ist es aber ein anders und etwas grösser Kind, so ist es auch besser, daß die Wieg ledig ist, denn es sich sonst leicht zutragen könnte, daß wenn das kleine Kind darinnen läge, [47] es von den Grössern könnte heraus geworffen werden.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
Die Nägel an der kleinen Kinder Händen müssen zu erst von der Mutter abgebissen werden / damit sie nicht stehlen lernen.

Das möget ihr lieben Müttergen wohl in Acht nehmen, daß ihr nicht irgend eure Kinder verwahrloset /wenn ihr ihnen die Nägelgen abschnittet / und wenn ich meinen Rath darff mit darzu geben, so beisset denen Kindern die Finger, oder lieber die Hände gar mit ab; und wenn ihr irgend nicht wohl das Blut sehen könnet, so macht es, als wie man zu thun pfleget /wenn man einem Maulwurff die Pfoten abbeisset, nehmlich, man wickelt die Pfötgen in ein Schnupfftuch / und beisset durch das Tuch durch, und wenn ihr wollet, könnet ihr die Händgen eben auch abbeissen, wie die Maulwurffs-Pfötgen, und mit an das Pater noster hängen; ich versichere euch, (weil ihr doch lieber närrischen Mitteln als rathsamen nachhänget,) daß eure Kinder solchergestalt nicht werden stehlen. Und diesen Rath gebe ich nur denen thörichten und abergläubischen Müttern und Ammen. Die Christliche und GOtt- gelassene Kinder-Mütter aber wissen besser, was bey denen Kindern zu thun sey / daß sie nicht stehlen lernen, nehmlich: Sie lernen ihnen die Zehen Gebote GOttes fleissig, [48] leiden nicht, daß die Kinder parthiren lernen, und wenn sie mercken, daß ein Kind iemanden etwas entwendet hat, straften sie es ernstlich drum, und ziehen es zu allen Guten auf. Ich will nicht zweifeln, daß manche ihrem Kinde die Nägel zum ersten mahl abgebissen, und hat doch wohl einen Dieb erzogen. Daher ist darauf nicht zu trauen, sondern eine gute Zucht, Vermahnung, Warnung und Sraffe thut das beste; vor allen aber GOttes gnädige Regierung, welche durch fleisig und gläubig Gebet zu erlangen ist.

Das 24. Capitel
Das 24. Capitel.
Wer zu Gevattern stehen soll / der soll etwas zur Gevatterschafft borgen / so wird dem Pathgen hernach ins künfftige nichts versaget / sondern findet allezeit Credit.

Soll ich meine Gedancken über diesen Punct entdecken / so erachte ich, daß solche Meynung entstanden sey entweder aus einer canalliösen Mägde-Politica, da vielleicht einmahl eine arme, aber sonst nasenweise Metze, ist zu Gevattern gebeten worden, welche entweder Mangel an Eingebinde, oder an der Kleidung gehabt haben mag; damit sie aber solch Bedürffniß desto eher von iemanden auf Credit erhalten möchte, hat sie nichts klügers zur Persvasion ersinnen können, als daß sie vorgegeben, sie thäte es ihrem Pathgen zum Besten, daß sie zur Gevatterschafft borgete, damit es ins künfftige auch guten [49] Credit möchte bekommen. Wer wolte denn solchergestalt an des Kindes Wohlfahrt einige Hinderniß geben? Ich gebe selbst eher die Hosen vom Leibe weg, daß ja, um meiner Undienstfertigkeit willen, nicht das liebe Kind verwahrloset würde. Oder aber, es ist dieser Glaubens-Punct immediate aus dem Witz der pfyloseviehischen Facultät der super-klugen Weiber entsprungen. Ob aber der wahre Grund dieses schönen Aberglaubens durch Disputationes ausgemacht sey, kan ich eigentlich nicht wissen; iedoch will ich meine ohnmaßgebliche Erinnerungen und hierüber noch habende Scrupel auch entdecken: Wenn ich nehmlich besorge, daß, woferne durch des Pathens Borgen dem Kinde etwas aufgeerbet werden könte, dieses vielmehr zu des Kindes grösten Schaden ausschlagen würde, weil durch des Pathens Borgen das Kind leicht würde verwahrloset werden, daß es sein Lebtage so arm bleiben müste / daß es immer von andern borgen müsse; ja wenn auch gleich dieses Ubel nicht daraus erwüchse, sondern der effect solches Borgens würcklich dahin gediehe / daß das Kind mit der Zeit in dem Puncte so glücklich wäre, (woferne es ein Glück zu nennen ist /) daß ihme niemand etwas versagte, so sage ich unverholen, daß ich wohl 10000. mahl gewünschet habe, daß ich mein Lebtage nicht 1. Thaler möchte Credit bekommen haben, so wäre ich nicht unschuldiger Weise in die Schulden gerathen, die ich, samt der Interesse, zu meinem Ruin habe bezahlen müssen. Es heist zwar im gemeinen Sprichwort; Credit sey besser, [50] als baar Geld. Alleine, ich frage einen jedweden auf sein Gewissen / der iemahls ist panckrot worden, ob ihn nicht habe der Credit zum Schelm gemacht? Denn Credit ist ein falscher Kerl, der einen gemeiniglich verläßt, wenn man seiner am nöthigsten bedarff, und kan ich den Credit nicht besser vergleichen, als mit dem Kratzen im bosen Grinde, so lange, als das Kratzen dauert, ists sehr annehmlich, so bald man aufhöret, kommen die Nachwehen und Schmertzen ohne Maassen.

Das 25. Capitel
Das 25. Capitel.
Mit einem kleinen Kinde soll man unter einem Jahre nicht in Keller gehen / es wird sonst furchtsam.

Daß es im Keller finster ist, das ist bekannt, und wo es finster ist, da ists auch furchtsam, ergo, ein Kind, das unter einem Jahre in einen Keller getragen wird /das muß ja solchergestalt furchtsam werden. Ey du unvergleichlich-schöne Erfindung! komme einer, und tadele nun etwas dran. Victoria! die Weiber haben recht behalten, biß hinter die Keller-Thür, daher verdrüßt mich es nicht wenig, daß ich ihnen soll Recht geben / muß mich demnach vor ihnen in Keller verkrichen; aber da ich ietzt gleich die Treppe hinunter schleiche, erinnere ich mich noch eines Streiches, der mich wieder behertzt macht mit ihnen noch ein klein Treffen zu wagen. Ich erinnere mich, daß, da ich mich ungefehr vor 18. Jahren in einer bekannten Stadt aufhielte, und selbige [51] fast gäntzlich durch eine unverhoffte Feuers-Brunst in die Asche geleget wurde, sich es zutrug, daß nach dem Brande unterschiedliche Leute, wegen ermangelnder Herberge, in denen auf ihren Brandstellen befindlichen Kellern wohneten, welches auch einen feinen Bürger betraff, dessen Weib hoch schwanger war / also, daß sie in dem Keller ihre Geburt verrichten, und auch darinnen die Wochen aushalten muste, zu mir aber hatten die Eltern das Christliche Vertrauen, daß ich ihres Kindes Pathe seyn muste. Wie ich nun vor zweyen Jahren ohngefehr meinem Gevatter begegnete, und bey solcher Gelegenheit ihn fragte, ob mein Pathe noch am Leben sey, und ob er auch was rechtschaffnes lernte? So bekam ich die Antwort, daß er bald so groß sey, wie der Vater, und wäre ietzt bey einem vornehmen Herrn, der ihn die Jägerey lernen ließ, er hätte auch sonsten zu nichts anders Lust, und lachte ihm sein Hertz im Leibe, wenn er nur Tag und Nacht im Walde seyn solte. Hier sagen mir nun die super-klugen Weiber ihre Meynung, wo bey diesem Knaben / der nicht nur unter einem Jahre in Keller getragen, sondern auch gar darinnen gebohren worden ist, die Furcht hinkommen sey? Denn das ist in aller Welt offenbar, daß keine behertztere Leute sind, als die Jäger. Demnach behaupte ich abermahl in derer Weiber Glaubens-Puncten das Gegentheil, und sage: Die Kinder, die unter einem Jahre in Keller getragen werden / die werden nicht furchtsam; und gebe ich dieses zur Ursach an, weil hierdurch die Kinder alsobald [52] gewöhnet werden, weder finstere Winckel, noch andere düstere Oerter zu fürchten, denn ein Kind, deme man bey Zeiten hat entdecket, wer der Ruppert sey, das fürchtet sich bey weiten nicht so sehr vor denselben, als ein anders, das noch nicht weiß, wer er ist / ob es gleich noch eins so alt wäre, als jenes. Demnach tragen die albern Weiber abermahl nicht viel Ehre mit ihrer eingebildeten Victoria davon.

Das 26. Capitel
Das 26. Capitel.
Die Kinder soll man nicht alt Männgen oder alt Weibgen nennen / sie verbutten sonst / und bekommen Runtzeln an der Stirn.

Kommen die Runtzeln an der Stirne daher, so hat man sich freylich wohl zu hüten, daß man denen Kindern nicht so alte Nahmen gebe. Denn wenn ich bedencke, wie Eva ihr erstes Söhngen nennete, da sie ihn kaum gebohren hatte, so giebt mirs fast der Augenschein, daß wohl an dieser Sache was seyn wird / denn sie hieß ihn den Mann, etc. was wurde aber aus diesem kleinen Mann? Antwort: Ein Kerl mit einer runtzelichen Stirn, ein sauer-töpfigter Bruder-Mörder. Da siehet man, wie der Weiber ihr ungegründetes Vorgeben wohl gegründet ist; iedoch baue ich noch nicht darauf, weil auch damit noch nichts gewisses erwiesen ist. Denn erstlich ist noch nicht ausgemacht, ob die Runtzeln die Länge, oder die Qvere stehen werden. Ich vermuthe [53] zwar, daß alle zugleich verstanden werden, als wie bey sehr alten Leuten insgemein zu sehen; auf dergleichen Art aber wird Cain wohl nicht seyn beruntzelt gewesen, sondern es wird sich mehrentheils die linea Saturnina über der Nasen in mürrische Falten gelegt, und die Augen-Brähmen werden sich über die Augen zum Schatten begeben haben, daß dadurch die übrigen Linien vielmehr ausgedehnet und unsichtbar gemacht, oder in eine Confusion gebracht worden seyn werden; auch hat Eva ihren ersten Sohn Cain nicht einen alten Mann genennet, sondern sie erzehlet nur ihrem Adam in Freudigkeit, wie sie nun hätte den verheissenen Weibes-Saamen, der der Schlangen den Kopff zertreten würde, welches Lutherus verdeutscht hat: Den Mann, den HErrn. Aber die gute Eva fande sich schändlich betrogen, ja, wenn Abel wäre die Schlange gewesen, so hätte Cain können im Ansehen bleiben; aber so kam die That Cains, so er an seinem frommen Bruder Abel begieng, nicht Helden-müthig, sondern Hunde-wütig heraus. Und solchergestalt haben die Weiber in diesem Aberglauben an beschriebener Geschicht gar schlechten Beweiß; derowegen kan ich sie billig nicht ohne angefochten lassen, sondern fordere sie abermahl heraus, daß sie erweisen mögen, warum es schädlich sey, wenn man die Kinder alter Mann oder alt Weibgen nenne. Wenn die Kinder im Alter erst runtzliche Stirnen bekommen, so bat es nichts zu bedeuten, wenn sie aber als Kinder runtzlich werden, woher wollen denn die Weiber [54] erweisen, daß eben die Ursach daher komme, weil sie alt Weibgen sind geheissen worden? Hier zu Lande höret man leider! die Kinder von denen Eltern mehr Donner-Aaß, Raben-Aaß / junge Teufel und mit dergleichen grausamen Nahmen mehr benennen, als alt Männgen oder alt Weibgen; ob aber diese letzte Benennung schädlicher sey, als jene / kan ich mir nimmer mehr einbilden, sondern halte davor, daß es gar nichts zu bedeuten habe, wenn man zuweilen im Schertz die Kinder altes Männgen oder Weibgen heist.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Wenn man die Kinder unter einem Jahre lässet in Spiegel schauen / so werden sie stoltz.

Das Spiegel-Schauen an und vor sich selbst ist zwar gar eine gute Erfindung / die an sich habende Gestalt zu erkennen; alleine der Mißbrauch des Spiegel-Schauens ist keines weges zu billigen. Das wissen alle allzukluge Weiber, darum sind sie besorget, wenn die Kinder gar zu zeitig, nehmlich, unter einem Jahre in Spiegel schaueten, sie möchten auch einen Mißbrauch begehen, und hernach durch fernere Gewohnheit des Spiegels-Schauens nur stoltz werden, und treffen auch damit das Pflöckgen gantz genau, denn es heist: Jung gewohnet, alt gethan. Aber dieses kan ich denen Weibern dennoch keines weges zugestehen /daß, so man die Kinder unter einem Jahre in Spiegel sehen liesse, sie um deßwillen [55] stoltz würden; denn im ersten Jahre ist noch kein solcher Verstand bey denen Kindern, daß sie so ferne könnten nachsinnen, als sey diese Gestalt im Spiegel die ihrige, sondern, ich habe an gar vielen Kindern, die noch nicht übers Jahr alt sind gewesen, selbst wahr genommen, daß sie aus kindischen Actionibus so viel haben spüren lassen, daß sie die Gestalt im Spiegel für andere Kinder achten, derowegen bin ich folgender Meynung: Wenn ich Kinder zu erziehen hätte, wolte ich sie im ersten Jahre fleißig in Spiegel sehen lassen, denn alles das / womit sie im ersten Jahre umgehen, dessen sind sie in folgenden Jahren satt und überdrüßig! e.g. Klappern,Paternoster und dergleichen: Also werden sie auch vielmehr einen Verdruß am Spiegel-Schauen schöpffen, wenn man sie vorher / offt auch wohl wieder ihren Willen / vor den Spiegel getragen hat, daß sie also nicht gern hinein sehen werden. Hingegen, wenn sie langsam zum erstenmahl in Spiegel schauen, da sie schon beginnen ein Nachsinnen zu kriegen, so ist es ihnen ein gantz neu Wunder-Werck, und behalten die Begierde desto länger, alsdenn wird ihnen zuweilen etwas neues angezogen, welches sie im Spiegel gewahr werden, und sehen, wie es ihnen so fein stehet, und lernen bald stoltz werden, welches aber vom ersten Jahre keines weges kan besorget werden; und will ich meinen Kopff zum Pfande setzen, wenn durch das Spiegel-Schauen im ersten Jahre ein Kind zum Laster der Hochmuth verwahrloset werde. Aber / ihr lieber ehrlichen Mütter! lasset euch [56] eines andern Unheils verwarnen, nehmlich: Wenn eure Kinder, und sonderlich die Töchtergen, wollen in die Höhe wachsen, so gestattet ihnen das offte Spiegel-Schauen nicht, denn sie treten aus Hoffart davor, und werden (wenn ihr ihnen zumahl alle neue Moden zu tragen gestattet,) von demselben noch stöltzer. Und solcher gestalt / so ferne ihr ihnen diesen Mißbrauch des Spiegel-Schauens nicht zeitlich unterbrecht, so seyd ihr an der Kinder Laster, nehmlich der Hoffart, und nicht der Spiegel, schuld, werdet auch am jüngsten Gericht, sammt euern stoltzen Töchtern, schwere Rechenschafft geben müssen. Ich habe zwar mein Lebtage keine stoltze Kinder gesehen, da nicht deroselben Eltern stoltze eingebildete Narren wären gewesen, wo nicht in Kleidern, doch gewiß in Hertzen. Wer mir nicht will glauben, der sehe sich ein wenig um, undexaminire ein und andere Umstände, ich wette, daß ichs getroffen habe.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Wenn die Kinder sollen leben bleiben / und das gewöhnliche Alter erreichen / so soll man die Söhne Adam / und die Töchter Eva nennen lassen.

Es trägt sich zu weilen in der Ehe zu, daß die erzielten Ehe-Pläntzgen / die Kinder, bald durch einen frühzeitigen Tod wieder hinweg geraubet werden, und manche Eltern nicht so glücklich sind, die in ihre Ehe erzeugten Kinder groß [57] zu ziehen. Wem nun dieses Creutz betrifft, dem wird von der super-klugen und überweisen Weiber-Gesellschafft folgender Rath gegeben: Man solle nur die Kinder Adam oder Eva nennen, so bleiben sie lebendig; Die Ursach aber, aus was vor einer Krafft solches komme, wissen sie selbst nicht zu sagen / sondern verlassen sich auf deren ihren philosophischen Verstand, die solch Mittel zum ersten erfunden haben, sprechende: Die alten Vorfahren wären auch keine Narren gewesen / die dieses zum ersten erfunden hätten. Ich antworte: Unsere Vorfahren sind freylich keine Narren gewesen / aber es sind unter denenselben gleichwohl auch Narren und abgöttische Männer und Weiber gewesen, als wie es noch heut zu Tage unter denen gottesfürchtigen und festgläubigen Christen auch heydnische, abergläubische Affen giebet, welche ihr Vertrauen mehr auf ein äusserlich Schein-Wesen, das doch an sich selbst nichts ist, setzen, als daß sie alle Sachen ihrem Hülff-reichen Schöpffer in kindlicher Zuversicht überlassen solten. Und weil sie mir keine rationes vorzustellen vermögen, warum der Nahme Adam bey denen Knäbgen, und Eva bey denen Mägdgen, die Krafft haben solte /daß sie alte Leute würden, so will ich die Thorheit, welche ich vermuthe die Weiber auf diesen Aberglauben verleitet zu haben, ohngefehr eröffnen. Sie haben vielleicht vermeynet / weil Adam und Eva, als die ersten Menschen, wären diejenigen gewesen, von welchen alle andere Menschen herstammen sollen, so hätten sie nicht stracks nach der Schöpffung [58] wieder sterben dürffen, sondern nothwendig zu solcher Fortpflantzung ein langes Leben behalten müssen; so ferne nun ietziger Zeit die Kinder noch mit solchen Nahmen benennet würden, so werde GOtt gleichsam erinnert, daß er sie, wie jene erste Menschen, auch lange leben lassen werde. Aber, gleichwie der allwissende GOtt, bey welchen kein Unterscheid der Zeit ist, und der ohne dem von Anfang biß zu Ende, alles gegenwärtig siehet, keiner Erinnerung bedarff; also kan dieses vermeynte Erinnern nichts helffen, sondern, woferne eine Erinnerung in diesen Punct statt findet, ist vielmehr zu besorgen, daß GOtt an den Sünden-Fall Adams und Eva erinnert werden dürffte /als wodurch der Tod und Sterben über alle Menschen ist gebracht worden, und gemahnet mich nicht anders / als hätte einer etliche Kinder nach einander groß gezogen, die alle grimmiger und mörderischer Art wären; damit aber die Nachkommende nicht auch solcher bösen Art werden möchten, würde ihme der Rath gegeben, er solle das Kind, daß er noch zeugen würde, lassen Cain nennen, weil der erste Mörder also geheissen hätte, und würde um dieses Nahmens willen das Kind sanftmüthiger werden; Oder, wenn irgend das Alterthum des Nahmens Adams und Evä /weil solcher von Anbeginn der Welt bekannt gewesen, etwas bey der Sache thun kan, so wundert mich, daß solche abergläubische Leute ihre Kinder nicht Affen oder Meer-Katzen nennen lassen, weil doch das Affen-Geschlechte eher gewesen, als Adam und Eva.[59] Aber kurtz von der Sache zu reden, wer durch dergleichen Mittel denen Kindern das Leben zu verlängern suchet, der giebt zu erkennen, daß er sein Vertrauen nicht auf GOtt, sondern auf abgöttische Mittel setzet; über daß so laufft es wider die tägliche Erfahrung, weil ich selbst mit Kindern zu Grabe gegangen bin, die Adam und Eva geheissen haben. Und gleiches Gelichters wird auch der folgende Glaubens-Articul geartet seyn.

Das 29. Capitel
Das 29. Capitel.
Wenn ein Kind soll 100. Jahr alt werden / muß man aus drey Kirch-Spielen die Gevattern darzu bitten.

Ich stehe gäntzlich in den Gedancken, es gehet hierbey ein Error bey denen super-klugen Weibern vor, und soll irgend an statt 3. Kirch-Spiele, 3. Theile der Welt heissen, weil darzu eine seine lange Zeit erfordert würde, ehe die Gevattern zusammen zu bringen wären. Denn, was können 3. Kirch-Spiele hierbey thun, und kan solches in denen meisten grossen Städten gar mit leichter Mühe ins Werck gesetzet werden; denn wo 3. Kirchen in einer Stadt sind, ist es bald gethan, alleine ich glaube, daß es / wie gedacht, ein Irrthum sey; ist es aber keiner, sondern Ernst, so ist es ja eine rechte offenbare Narrheit, denn wie vielmahl trägt sichs in Städten zu, daß aus 3. Kirchspielen die Gevattern ersucht werden, aber wo sind denn die hundert-jährigen Leute? Solten sich demnach die abergläubischen Weiber [60] ins Hertze hinein schämen, daß sie so unbedachtsam eine Sache vorgeben, und einfältige Leute mit solchen alt-vettelischen und abgöttischen Lügen bereden mögen. Aber, ohnerachtet der Betrug am hellen Tage lieget, so giebts doch noch hier und da albere Narren, die solchen Lügen glauben, und diese Kunst an ihren Kindern mit allem Fleiß versuchen, und noch wohl so thöricht seyn, und sagen, wenn es ohngefehr geschähe, so thäte der Glaube das beste dabey. O du schöner Glaube du, daß du mir nicht irgend wegkömmst.

Das 30. Capitel
Das 30. Capitel.
Wenn die Kinder in der Tauffe schreyen / sterben sie bald / und werden nicht alt.

Weil die bösen Weiber, ohne einige Condition, absolute auf der Meynung bleiben, daß die Kinder, so in der Tauffe schreyen, bald stürben, so wird es billig als ein straffbarer Aberglaube gehalten. Denn obgleich ein Kind, das in der Tauffe schreyet, die Vermuthung und den Verdacht machet, ob habe es Reissen im Leibgen, oder andere Schmertzen, davon leicht noch mehr Unfälle bey einem solchen schwachen Kinde entstehen können, die es hernach gar zum Tode befördern; so ist dennoch bey weiten kein gewiß Argument draus zu machen, und könte ohne Mühe hierwieder das Contrarium behauptet werden. Z.E. Ich sage, die Kinder / die in der Tauffe nicht schreyen, die werden schwerlich alt werden, weil sie so matt sind, daß sie nicht schreyen können. Oder, wenn die [61] Kinder brav schreyen in der Tauffe / so sage ich, das Kind wird alt werden, denn es war so fein munter, und kunte so wacker schreyen in der Tauffe, es hatte noch gute Kräffte, und s.f.a. Wer will uns nun in diesem Streit entscheiden? In Wahrheit / der bloß gefaßte albere Aberglaube kan es nickt thun. Und weil ich täglich sehe, daß Kinder sterben, die nicht in der Tauffe geschryen haben, so achte ich diesen Glaubens-Artickel vor eine teuffliche Erfindung, dergleichen Beschaffenheit es mit allen Aberglauben hat.

Das 31. Capitel
Das 31. Capitel.
Wenn die ersten Kinder der Eltern Nahmen bekommen / so sterben sie noch eher als die Eltern.

Hier bey diesem Punct wollen die alten Weiber par force klüger seyn, als alle Könige und Fürsten, welche insgemein ihre erst-gebohrne Cron- und Stuhl-Erben nach ihrem Nahmen nennen lassen, gleichwie wir ein offenbares Exempel haben an denen 3. Chur-Fürsten, Christ mildester Gedächtniß, Hertzog Johann Georg dem andern, dritten und vierdten, die alle dreye ihre Herren Väter überlebet haben, ob sie gleich die erst-gebohrnen Söhne gewesen; anderer dergleichen Exempel, geliebter Kürtze wegen, zu geschweigen. Und wie es mit denen Söhnen falsch ist, so ists mit denen Töchtern gleichfalls nicht richtig. Es sind aber die abergläubischen Weiber (denn denen Christlichen und vernünfftigen Frauenzimmer [62] gehet dieses nicht an,) in ihrer Boßheit so hartnäckig, daß sie dennoch recht behalten wollen, wenn sie auch gleich überwiesen genung sind. Denn, als ich ohnlängst einer Compagnie solcher schönen Glaubens-Genossen zuhörete, und eben in diesem ietzt untersuchten schönen Glaubens-Artickul ihnen widersprach, auch zum Beweiß ebenfalls nur angezogene drey Churfürsten von Sachsen anführete / saß eine alte Planeten-Leserin auf der Seite, und wolte mit ihrer thörichten Klugheit denen andern zu Hülffe kommen, kehrete demnach die gantze Sache um, und gab vor, wenn die ersten Kinder der Eltern Nahmen bekämen, würden sie so alt als die Eltern, oder überlebten sie doch zum wenigsten. Allein, ich stellete eben diese 3. Churfürsten ihr wieder zum Gegen-Beweiß vor, daß keiner von diesen dreyen seines Herrn Vaters Alter erreicht hätte, und sey Hertzog Johann Georg der andere nicht so alt worden, als sein Herr Vater, Hertzog Johann Georg der erste, gewesen, Hertzog Johann Georg der dritte habe das Alter seines Herrn Vaters, des andern, nicht erreicht, und sein Herr Sohn, der vierdte, habe dessen Alter nicht erlanget; auch gab ich ihr meinen eignen ältesten Bruder, der auch meines Vaters Nahmen geführet, zum Gegen-Beweiß an, welcher zwar ins männliche Alter gekommen, daß er sein Ehren-Amt besessen, muste aber doch die Schuld der Natur eher bezahlen, als mein Vater. Durch diesen Beweiß muste zwar die alte Wahrsagerin verschämt sitzen, die andern aber meynten, daß dieses wieder [63] Wasser auff ihre Mühle wäre. Ich hoffe aber / wer nur ein wenig nachsinnen kan, der würde begreiffen können, daß dieser / und alle andere solche Glaubens-Gründe, nicht einen Pfifferling werth sind.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Wenn ein Hund in einen Back-Ofen siehet / wenn man bäckt / so wird das Brod erlöset oder abgebacken.

Ich will es glauben, aber mit der Condition: Wenn nehmlich zu der Zeit, da Brod in Ofen stehet und backen soll / ein Hund in selbigen siehet, so ist zu vermuthen, daß, da die Leute, nach dem der Teig in den Ofen geschoben worden, davon gegangen sind, irgend bald darauf ein hungriger Hund kömmt, und das vor das Ofenloch gesetzte Bret herab stösset, daß hernach nicht alleine der Hund begierig hinein siehet und Verlangen trägt, mit dem Brode, welches er wohl reucht, seinen hungrigen Magen zu füllen, und kan hernach das Brodt, wegen der zum Ofenloch hinein schlagenden kalten Lufft, nicht der Gebühr nach ausbacken, sondern fällt nieder, und löset sich ab. Und mit dieserCondition ist des Hundes Ofen-Gucken eine Ursach des Brod-Erlösens. Alleine ich zweiffele nicht, daß nicht nur ein Hund, sondern auch wohl ein Esel diese Kunst solte verrichten können.

Das 33. Capitel
[64] Das 33. Capitel.
Wer Teig im Back-Troge stehend hat / der soll die Stube nicht eher auskehren lassen / biß der Teig aus der Stube ist / man bekömmt sonst ein Brodt weniger / oder kehret ein Brodt mit hinaus.

Dieses ist ein von faulen Weibern und Mägden ersonnen Stücklein, welche nicht gern die Stube noch einmahl auskehren wollen, wenn irgend bey dem Auswürcken etwas Mehl wieder in die Stube gefallen ist. Auch nehmen diejenigen Mägde diese Glaubens-Regul gern an / welche zuweilen heimlich / ohne Wissen ihrer Herren und Frauen, Teig nehmen, und gute Kuchen davon machen, solche ihren Courtisanen und Knechten zupartiren, oder selbst heimlich fressen. Wenn nun nicht so viel Brodt worden ist, als in Ansehung des vielen Teiges hätte werden sollen, da muß alsdenn das Auskehren der Stuben daran Schuld haben. Daß es aber nicht wahr sey, könte ich leicht mit den Beckern erweisen, als welche mehrmahls ihre Stube zu der Zeit auskehren, da ihre Tröge voll Teig stehen. Wenn die Weiber doch nur sprächen, es wäre nicht gut, wenn man auskehrete, wo Teig im Troge stünde, so wäre es noch eine Sache, die man vertreten könte, wenn man spräche: Das Kehrich stübete in Teig. (Wiewohl der Teig von reinlichen Leuten stets zugedeckt seyn soll.) Da sie aber sagen, man kehrete ein Brodt mit hinaus, da ist die Thorheit [65] etwas gar zu handgreiflich gewiesen, und kommt im Superlativo alber heraus.

Das 34. Capitel
Das 34. Capitel.
Einen Eßig-Krug soll man nicht auf den Tisch setzen / denn es verdirbt der Eßig davon.

Manch böse Weib (denn es müssen böse Weiber seyn, die den Eßig ansetzen und füllen, wenn er soll fein sauer werden,) nähme nicht viel, und setzte ihren Krug, darinnen sie Eßig aufgestellet, auf einen Tisch, in Besorgung, der Eßig verderbe davon. Nun möchte ich zwar gerne gründliche Rationes hierüber hören, warum hiervon der Eßig umschlagen solte? Ich habe zwar noch biß dato keine andere Nachricht von denen Weibern erhalten können, als, sie wüsten es selbst nicht. Dahero habe ich offt bey mir selbst darüberspeculiret, ob ich irgend eine natürliche Ursach hierzu finden möchte / habe aber nichts ergründen können. Endlich aber, hinter die Wahrheit zu kommen, habe ich selbsten Eßig angestellet, und den Eßig-Krug gar offt auf den Tisch gesetzt, denselben auch auf dem Tische angefüllet, und habe dennoch gar guten Eßig behalten; ja, was noch mehr ist, kan ich einem noch diese Stunde Kirsch- und Mäyen-Blumen-Eßig weisen, den ich vor 8. Jahren schon aufgestellet habe, und inzwischen wohl 20. mahl auf den Tisch gesetzt gehabt, der doch noch biß dato so schön und sauer ist, daß mir schwerlich iemand bessern wird weisen [66] können. Hingegen erinnere ich mich, daß viele wegen ihres Zorns und Boßheit halber sehr beruffene Weiber zu mir gekommen sind, und mir geklaget haben, daß ihnen ihr Eßig nicht wolte gut werden, ohnerachtet sie solchen doch auf keinen Tisch gebracht hätten. Woraus abzunehmen ist, daß die Meynung vom Tisch setzen nichts / als ein offenbarer Aberglauben ist, dem Christliche Hauß-Mütter nicht nachhängen sollen.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Wenn eine Sechswöchnerin über Feld- oder Garten-Beete gehet / so wächset in etlichen Jahren auf solchen Beeten nichts / sondern verdirbt alles darauf.

Ich will zwar denen Wöchnerinnen, welche offt, ohne erhebliche Ursach, wenig Tage nach ihrer Niederkunfft, nicht allein im Hause, Küche, Keller und Boden, sondern auch wohl gar in Gärten und Feldern herum lauffen, ehe die von GOTT ihnen gesetzte Zeit solches vergönnet, das Wort hier nicht reden, sondern nur erweisen, daß der in dem Titul dieses Capitels enthaltene Aberglaube nicht wahr sey. Und zwar will ich auch keinen Beweiß nehmen von solchen Wöchnerinnen, welche leider! offt wieder ihren Willen das Sprichwort: Noth bricht alles Gesetz; practiciren müssen, wenn sie nehmlich durch Wassers- Feuers-Kriegs- oder andere Noth aus ihren Wochen-Stuben zu weichen forciret werden, damit mir nicht irgend der Einwurff gemacht [67] werden möge, es wären solche Nothfälle ausgenommen. Derowegen stelle ich euch abergläubischen Weibern folgende Exempel zu gnugsamen Beweiß vor: Es hatte ein nicht weit von Dreßden wohnendes Bauer-Weib viel guten Salat- und Kohl-Saamen in ihrem am Hause liegenden Garten gesäet, den sie, wenn er wüchse, nach der Stadt zu Marckte bringen wolte. Zu solcher Zeit nahete sich ihre Geburts-Zeit heran, und gelag auch bald mit einer gesunden Tochter. Sie hatte aber kaum 9. Tage die Wochen gehalten, da gieng sie in dem Garten herum, und versetzte mit eigener Hand die Salat- und Kohl-Pflantzen, welche aber keinesweges verdorben sind, sondern diese, samt andern Garten-Gewächsen, sind sowohl dieses, als auch folgende Jahre gar wohl gewachsen. Item: Es kam verwichenen Frühling einer Wöchnerin ein Schwein in ihren Garten; weil sie nun niemanden bey sich hatte, als drey kleine Kinder, lieff sie aus der Wochen-Stube in das Gärtgen, und jagte sich mit dem Schweine herum / biß sie es heraus brachte, ohnerachtet sie nun über alle Beete war hingegangen, ist doch dieses Jahr alles gar fruchtbar darauf gewachsen. Ist demnach dieser Glaubens-Artickel auch falsch.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
Wenn ein Weib in den Sechs-Wochen verstirbt / muß man ein Mandel Holtz oder ein Buch ins Wochen-Bett legen / auch [68] alle Tage das Bette einreissen und wieder machen / sonst kan sie nicht in der Erden ruhen.

Dieses ist eine Gewohnheit, die fast an allen Orten des Sachsen-Landes im Gebrauch ist, und wo kein Mandel-Holtz zu haben ist / so nehmen sie ein Scheid Brenn-Holtz oder auch ein Buch, und solte es gleich der Eulenspiegel seyn, auf daß ja etwas, an statt der Wöchnerin, im Bette liege. Wo nun diese Thorheit ihren Ursprung her bekommen haben mag, bin ich zwar offt beflissen gewesen zu erforschen, habe aber nicht stracks hinter den Grund kommen können. Endlich aber habe aus vieler Erfahrung, daß niemand anders, als die eigennützigen Weh-Mütter, diese Narrethey ersonnen haben. Denn wenn zu weilen bey wohlhabenden Leuten durch Göttlichen Willen sichs begiebt, daß die Wöchnerin durch den Tod von ihrem Manne verabschiedet, oder auch in Kindes-Nöthen samt der Geburt todt bleibet, da haben von Rechts wegen nach dem Begräbniß die Weh-Mütter nichts mehr im Hause zu schaffen, zumahl / wenn Kind und Mutter zugleich geblieben sind, bekommen auch billicher massen von dem ohne das betrübten und nothdürfftigen Wittwer nichts mehr. Alleine dieses gutenInteresse nicht verlustig zu werden, haben sie ersonnen, es müsse die gantze Sechs-Wochen hindurch täglich das Wochen-Bett von ihnen gemacht werden, so gut, als sey die Wöchnerin noch am Leben. Und durch dieses Vorgeben [69] bekommen sie Gelegenheit, täglich ein paar mahl (wenn der Wittwer etwas gutes zu essen hat) ein zusprechen, und ihr Amt mit Essen und Trincken in Acht zu nehmen, und wenn die Sechs-Wochen um sind, und sie bekommen nicht stracks so viel Lohn, als wenn sie würcklich Mutter und Kind so lange bedienet hätten, so tragen sie wohl die ehrlichen Männer aus, und reden schimpfflich von ihnen. Wenn nun ein ehrlicher Mann böse Nachrede vermeiden will, so muß er eine solche alte Katze lassen nach ihrem Vorgeben handthieren, und sie noch mit einen guten Recompens davor versehen, weil Mutter Ursel so sorgfältig vor der seeligen Frauen ihre sanffte Ruhe im Grabe ist gewesen. Ob nun gleich dieses wahrhafftig von nichts anders seinen Ursprung hat, als von denen Wehe-Müttern, so ist es doch endlich mit der Zeit zu einem würcklichen Aberglauben worden, daß ich auch bey klugen und sonst verständigen Leuten diese Thorheit gar sancte practiciren gesehen. Und ist billig zu verwundern, daß unter gläubigen Christen solche unchristliche Thaten die schnurstracks wider den wahren Glauben streiten, vorgenommen und getrieben werden. Denn da ein erfahrner Christ weiß, daß die Seelen der Gerechten, oder derer Seeligen, in GOttes Hand ruhen, und keine Qvaal sie berühret, worinnen soll denn die Unruhe des entseelten Cörpers in dem verschlossenen Grabe bestehen? Ist die Wöchnerin seelig verschieden, so wird ihr Leichnam im Grabe keine Unruhe leiden; ist sie aber verdammt, so leidet ja nur die Seele, biß der [70] Leib wieder mit ihr vereiniget wird; Und so ferne ja der Satan auch den Leib verunruhigen wolte, was würde er doch wohl nach dem täglich eingerissenen und wieder gemachten Wochen-Bette und dem darinnen liegenden Mandel-Holtze fragen, da er Eisen wie Stoppeln, und Ertz wie faul Holtz achtet? Bleibet demnach die gantze Sache mehr als zu gewiß ein schändlich- und schädlicher Aberglaube, den ein Christlicher verständiger Mann keines weges billigen soll.

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wenn man denen kleinen Kindern den ersten Brey nicht bläset / verbrennen sie hernach an heissen Suppen das Maul nicht.

Dieses Geheimniß läufft in die Mägde-Physicam. Denn wenn die Mägde / aus Faulheit, denen Kindern den Brey nicht blasen wollen, müssen sie solche Geheimnisse der Natur ersinnen. Wie wahrhafftig aber solche eintreffen, lehret zum öfftern die Erfahrung mit Schaden. Und gesetzt auch (aber nicht gestanden,) daß es wahr wäre, was Nutzen hätte ein Kind denn wohl davon zugewarten, wenn es die Suppen und andere Speisen so heiß könte hinein fressen? Solte es wol fein stehen / wenn ein Tisch voll erbare Leute sässen, und ässen von einer heissen Speise, wenn alle ihre Bissen nähmen, und vorher bliessen, und sittsam ässen, es süsse aber ein solcher unersättlicher Fraß darunter, der so heißhungrig [71] die Speise zu sich schluckte / daß er das heisse Essen auch nicht einmahl erst bließ? Aber kurtz von der Sache zu reden, so hat die tägliche Erfahrung so viel gelehret, daß diese Kunst nicht probat sey; Aber so trifft es gewiß ein, wenn man nehmlich einem kleinen Kinde den Brey gantz siedend heiß zu essen giebt, so wird sichs her nach nimmermehr an keiner heissen Speise mehr brennen. Prob. est.

Das 38. Capitel
Das 38. Capitel.
Wer will werden reich / der schneid das Brodt fein gleich.

Dieses ist zwar an und vor sich selbst nur ein Sprichwort, aber auch mit gewisser Bedingung ein wahr Wort, und könnte vor sich und und schlecht hin wohlpassiren, wenn die alten Weiber es nicht zum Mißbrauch anwendeten, und ihm unter ihren albern Aberglauben eine Stelle einräumeten, als sey es ein unbetrügliches Werck. Derowegen ich vor rathsam erachte, dieses ein wenig zu untersuchen, wie weit diese Meynung statt habe oder nicht. Es pflegen einige verständige Leute davor zu halten, daß man eines Haußwirths gantze Haußhaltung an dem Brodte könne observiren, und wollen damit so viel zu verstehen geben, daß ein unachtsamer Haußwirth seine Kinder und Gesinde nur nach ihren eigenen Gefallen daß liebe Brodt liesse berupffen und beränffteln / und unordentlich davon schneiden, daß zuweilen die Rinde um und um abgeschnitten wird, und nichts als die Brosse liegen bleibet, welche hernach gemeiniglich verschimmelt, [72] und aufs höchste denen Schweinen zu Theil wird. Wenn es nun also mit dem Brodte zugehet, so ist leichte zu vermuthen, daß die übrige Haußhaltung auch nicht besser bestellet werde, und muß solcher Gestalt ein Haußwirth verarmen. Hingegen, wer ordentlich Hauß hält, seine Sachen alle wohl in acht nimmt, und keine Unordnung mit Willen einreissen lässet, der wird auch nicht zugeben, daß das liebe Brodt von einem ieden nach eigenen Gefallen vermutzet werde / sondern es wird darüber gehalten, daß davon ordentlich abgeschnitten werde, daß es stets gleich bleibe, auch niemand mehr abschneide, als es zur Sättigung des Hungers bedarff, damit nicht alle Winckel voll Stücken verdorret Brodt gefunden werden. Wer demnach also seine Sache anstellet, dessen Nahrung nimmt zu, Prov. 24. v. 4. und trifft solcher Gestalt das Sprichwort ein: Wer will werden reich, der schneid das Brodt fein gleich. Dargegen will ich einen ieglichen versichern, daß von dem blossen Brodt gleichschneiden keiner wird reich werden, wenn nicht das übrige ordentliche Haußhalten mit darzu genommen wird.

Das 39. Capitel
Das 39. Capitel.
Wenn zu Grabe gelautet wird / soll man nicht essen /sonst thun einem die Zähne weh.

Dieser Aberglauben wird nicht allenthalben, sondern nur an etlichen Orten in Thüringen, und sonderlich auf denen Dörffern getrieben. [73] Wie gewiß aber solch alber Vorhaben eintreffe, kan man leicht in denen Städten, allwo man von dieser Thorheit nichts weiß, gewahr werden. Denn an vielen Oertern, wo der Gebrauch ist, daß gleich Mittags um Essens-Zeit zu Grabe gelautet wird, kehret man sich nicht an das Lauten, sondern isset ohne Sorge und Unfall, ohne daß hiervon iemanden die Zähne weh thun. Ich bilde mir aber ein, es habe diese Meynung ihren Ursprung von einer Schertz-Rede, wenn irgend einer mag gesagt haben: Wenn man zu der Zeit, wenn zu Grabe gelautet wird, isset, so thun einem die Zähne weh, es sey nun wer, und wo es wolle. Denn es wird keine Zeit seyn, da nicht einem hie oder da im gantzen Lande die Zähne solten weh thun. Und kömmt mir eben vor, als wenn einer sagt: Da der und jener reiche Mann ist begraben worden, und man auf den Gottes-Acker seinen Sarg nochmahls eröffnet hat, so hat ein Rabe auf seinen Beinen gesessen. Ja freylich kan ein Rabe nicht auf seinen Fliegel gesessen haben, sondern auf seinen Beinen, aber nicht auf des verstorbenen Mannes / sondern auf seinen eigenen Beinen. Also kan ich auch sagen: Wenn man isset, da zu Grabe gelautet wird, so thun einem die Zähne weh.

Das 40. Capitel
Das 40. Capitel.
Wenn einem Kinde unter einem Jahre rothe Schuhe angezogen werden / kan es hernach / wenn es erwächset / kein Blut sehen.

[74] Man solt sich kaum einbilden, daß in der gantzen Christenheit ein Mensch so alber seyn, und dieses glauben könne. Dennoch wolte ohnlängst eines Schusters Weib einen ehrlichen Mann / der vor sein Kind ein paar rothe Schuhe haben wolte, dieses mit Gewalt zu glauben bereden. Ich merckte aber fast wohl, warum sie die Sachen vor gewiß ausgab; es hatte der Schuster weder solche kleine rothe Schuhe fertig, noch roth Leder, davon er solche hätte gemacht / dahero wolte die Schusterin diesen Aberglauben zur Beschönigung ihres Schuh und Leder-Mangels zu Hülffe nehmen. Denn was könte wohl thörichter ersonnen werden / als zu glauben, daß ein Kind verwahrloset werde, daß es kein Blut sehen könne, wenn es unter einem Jahre ein paar rothe Schuhe angehabt? Was hat denn das rothe Leder vor Gemeinschafft mit dem Blute? Wolte man die rothe Farbe mit solcher Krafft beschuldigen, so mache ich hinwieder den Einwurff: Warum es denn nur rothe Schuhe, und nicht auch ein rothes Röckgen thun könne? Daß aber dieses eine offenbare Lügen sey, kan ich nicht alleine mit meinen eigenen, sondern viel andern Kindern erweisen / welche unter einem Jahre rothe Schuhe angehabt, und dennoch ohne Alteration Blut sehen können. Dahero diese Narrethey keiner weitern Untersuchung mehr bedarff.

Das 41. Capitel
Das 41. Capitel.
Wenn eine schwangere Frau vor dem[75] Brodt-Schrancke stehen bleibt und isset / so bekömmt das Kind / mit dem sie schwanger gehet / die Mit-Esser.

Ich will hier nicht disputiren, ob es auch gewiß sey, daß etliche Kinder mit solchen Würmern in der Haut geplagt werden, die man insgemein die Mit-Esser, auch an vielen Orten die zehrenden Elben, zu nennen pfleget; sintemahl vornehme, gelehrte Männer in Untersuchung solcher Würmgen sehr weit gekommen zu seyn scheinen. Ich kan aber auch nicht umhin, frey zu bekennen, daß ohnerachtet ich mich offt bemühet, auch einige Gewißheit hiervon zu erblicken, ich doch niemahls etwas unbetrügliches vor meine Augen bekommen konnen; sondern ich habe vielmehr bey genauer Untersuchung observiret / daß die so genannten Mit-Esser, welche auf ein wenig Reiben mit Honig und Weitzen-Mehl zu der Zeit, wenn das Kind im warmen Bade lieget oder sitzet, in einer Minuten sollen aus der Haut gefahren seyn, nichts anders gewesen, als die subtilen Härlein, (derer die Kinder auf denen Aermgen, Achseln und Rücken voll sind,) an welche sich im Reiben das Weitzen-Mehl angekleistert hat, daß sie gestalt worden, als wie die Maden /und habe ich niemahls können gewahr werden, daß eines einen Augenblick gelebt hätte, ob gleich die grossen Weiber noch so ein groß Wesen davon machen wollen. Es sey nun aber, wie es wolle, so thut mirs hie nichts. Wäre es nun nicht also, daß dergleichen Mit-Esser bey denen Kindern gefunden würden, so kan ja auch nicht wahr seyn, daß durch [76] der Mutter Essen vor dem Brodt-Schrancke solche erreget werden solten. Ists aber Gegentheils wahr, daß es solche verzehrende Würmgen bey denen Kindern giebt, und was hiervon curieuse und gelehrte Männer observiret und aufgezeichnet haben, so dienet es mir eben auch zu einem Beweiß wider die abergläubischen Weiber. Denn da erwehnte gelehrte Männer und Medici zur Gnüge untersucht und erwiesen haben, woher solche Würmgen ihren Ursprung nehmen, so kan derer Ursprung nicht von der Mutter Essen vor dem Brodt-Schrancke herkommen. Zu dem so laufft es auch wider die gesunde Vernunfft, daß der Ort, wo die Mutter isset, eine Ursach werden könne, daß ihre Leibes-Frucht mit Würmern in der Haut solte beladen werden. Denn die Brodt-Schräncke stehen bald so, bald anders, nachdem es die Beqvemlichkeit des Logiaments an die Hand giebt. Also ist der Ort und Platz ungewiß, und kan solchergestalt keine Ursach machen; soll aber die Ursach aus dem Schrancke kommen, so müste es bloß um des Brodts oder Speise willen seyn, die darinnen verwahret würde, sonst würden alle andere Schräncke auch solche Würckung haben müssen. Soll aber das Brodt oder Speise solche Würckung haben, so muß folgen, daß das Brodt auch ausser dem Schrancke aller Orten, wo ein schwanger Weib isser / solche Würckung habe, und solchem nach wären alle Kinder mit denen Mit-Essern beschweret; daß solchem aber nicht so ist, lehret die tägliche Erfahrung, und ist derowegen dieser Glaubens-Punct gleich denen andern wurmicht.

Das 42. Capitel
[77] Das 42. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man am Leibe flicket.

Dieses ist keiner Antwort werth, weil es allerdings wahr ist, iedoch nicht im albern abergläubischen Verstande. Denn was gut ist, bedarff nicht geflickt zu werden. Es mag nun verstanden werden der Leib selber, oder die Kleider, die man am Leibe trägt; Ists der Leib selbst, so ist es freylich nicht gut, wenn durch Fallen, grimmiger Thiere Beissen, Hauen, Schlagen, oder andere Unglücks-Fälle, der Leib verwundet worden ist, daß man daran flicken muß. Ist es aber die Kleidung, so ist es freylich, weil es Flickens bedarff, nicht gut. Ergò, trifft dieses gewiß ein: Wenn man am Leibe flicket / so ists nicht gut.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
An den Himmelfahrts Tage soll man nichts nehen oder flicken / es ziehen sonst demselben / oder wer das Genehete am Leibe trägt / die Gewitter nach.

Es haben die alten Philosophi denen sieben Planeten des Himmels so wohl gewisse Nahmen gegeben als auch gewisse Beherrschungen zugeeignet, welches auch endlich bey denen Nachkommen mehr und mehr beglaubet worden, daß heut zu Tage auch fast die verständigsten Leute noch solcher Meynung nachhengen; wie nehmlich die Venus solle beherrschen den Freytag / und [78] was an selbigen verrichtet werde: Jupiter den Donnerstag, wie auch unter denen 7. Metallen das Zinn. Unter denen Nahmen der Planeten aber stecket noch ein mehrers verborgen / wenn nehmlich solche herkommen von denen heydnischen Göttern, so ist auch hernach denen Planeten, die solcher Götter Nahmen bekommen haben, auch die Eigenschafft und Wirckung, die die erwehnten Götzen an sich gehabt haben sollen, auch angedichtet worden. Unter diesen will ich nur betrachten denjenigen, der anietzo zu meinem scopo dienet, nehmlich den Jovem, welcher nicht alleine den Donnerstag beherrschen soll, sondern ihm ist auch von denen heydnischen Philosophis angedichtet worden / daß er Blitz, Donner und Wetter verursache, dahero auch der Donnerstag den NahmenDies Jovis erhalten hat. Weil denn nun aber bekannt ist, daß das Himmelfarths-Fest unsers Heylandes allezeit auf einen Donnerstag gefället, so ist kein Zweiffel, es haben einige gauckelhaffte Narren geschlossen, es müsse um der Himmelfarth Christi willen der Jupiter noch mehr Krafft an diesem Tage zu würcken empfangen haben / als andere gemeine Donnerstage, zumahl, da auch eine Wolcke (welche vielleicht, solcher Thoren Vermuthen nach, auch eine Wolcke eines Gewitters gewesen) den HErrn Christum hinweg genommen hat. Wenn denn nun aber gebührlicher massen, wegen des Festes Heiligkeit und Hoheit halber, keine Arbeit an diesem Tage verrichtet werde, ausser, wenn irgend eine Magd nach vollendeten Gottesdienst [79] etwas nehet oder flicket, so ist Zweiffels frey der närrische aberglaubische Wahn entstanden, daß dem das Wetter nachziehe, wer am Himmelfarths-Tage flicke, oder etwas davon an sich trage. Ob aber dieses nicht unter das Tage-wehlen mit gehöre, welches GOtt so ernstlich verboten hat, lasse ich die Herren GOttes-Gelehrten nach ihren guten Gewissen urtheilen, sintemahl ich in GOttes Wort und der gantzen H. Schrifft weder einer Veneris noch Saturni, oder sonst eines solchen Kerls / in dem Verstande, wie es leider! insgemein geglaubet wird, Erwehnung finde; und frage ich einen ieden vernünfftigen Astronomum, ob der Planet Venus (welches ein Weiber-Nahme) nicht mit einem andern, und zwar Mannes-Nahmen, könne füglich beleget werden? Da nun alle diese Nahmen, und was denenselben anhängig ist / nur heydnische erdichtete Fratzen sind, so ist der Aberglaube, davon ich itzt handele, per consequens, weil er von vorgedachten Phantasten her seinen Ursprung hat, ein Narren-Gedichte, und ist nichts drauf zu halten.

Das 44. Capitel
Das 44. Capitel.
An dem Grünen-Donnerstage soll man Bretzeln essen / so bekömmt man selbiges Jahr das kalte Fieber nicht.

Ich habe es aus eigener Erfahrung, daß dieses nicht eintrifft; denn ich habe selbst das Fieber bekommen, da ich doch gewust, daß ich am [80] Grünen-Donnerstage, wie wohl nicht um dieser Ursach willen, Bretzeln gegessen habe; ist also von diesem vermeynten Fieber-præservativ nichts zu halten. Wiewohl ich auch nicht glaube, daß ein kluger vernünfftiger Mensch drauf trauen werde; ich halte vielmehr davor, daß diese Sage nur aus einer Spaß-Rede ihren Anfang genommen habe; denn es ist bekannt, daß in Sachsen-Land, gewöhnlicher massen an Fastnacht der Anfang mit Backung der Bretzeln gemacht wird, und am Grünen-Donnerstage die letzten gebacken werden. Wer demnach zu guter letzt noch neugebackene Bretzeln essen will, muß es längstens am Grünen-Donnerstage thun, dahero Zweifels ohne einer einmahl aus Schertz mag gesagt haben, wer am Grünen-Donnerstage keine Bretzeln esse, der müste gewärtig seyn / das er solches Jahr das Fieber bekomme. Hierbey fällt mir ein, was sich vor 20. Jahren in Leipzig begab / nehmlich, es bekam eine Magd einen grossen Bauch, dahero sie von iedermann vor schwanger gehalten wurde, welches sie aber hefftig leugnete / dahero sie vor die Stadt-Gerichten gefordert und besichtiget wurde, welche, da sie vor schwanger erkannt wurde, keinen Vater anzugeben wuste, sondern gab vor, sie sey am Grünen-Donnerstage auf dem Burg-Keller gewesen, eine Kanne Torgauer Bier zu holen, da hätte der Böttiger ihr geschenckt, und sie genöthiget, daß sie so viel Bretzeln darzu gegessen / nach welchen sie es alsbald an das Hertz gedrucket hätte / und sey ihr der Leib von dato an täglich mehr geschwollen. [81] Hieraus ist nun zu sehen, was die Grünen-Donnerstags-Bretzeln vor Krafft und Wirckung haben, es werden aber dieses wohl keine krummen gewesen seyn.

Das 45. Capitel
Das 45. Capitel.
Wenn man über ein Kind hin schreitet / so wächset es nicht grösser.

Ich will das Gegentheil behaupten, und sage: Wenn man über die Kinder hin schreitet, so wachsen sie grösser; und setze ich meine Ehre zum Pfande, ihr abergläubischen Thoren, daß eure Kinder, welche noch zu wachsen haben / wenn ihr gleich über sie wegschreitet, dennoch ungehindert wachsen werden; denn, so lange ihr eure Kinder überschreiten könnt, so lange werden sie auch wachsen; wenn ihr sie aber nicht überschreiten könnet, so sind sie gewiß schon so groß, daß sie ausgewachsen haben. Zu dem so frage ich euch, ob nicht eure kleinen zwey- und drey-jährigen Kinder offt sich in die Stuben, ja gar an die Thüren legen, daß die Ein- und Ausgehenden über sie hinschreiten müssen? Da schreyet ihr mit vollem Halse, man solle wieder zurück über solch Kind schreiten. Aber / ist dieses nicht eine offenbare Thorheit? Wenn das Herüber-Schreiten geschadet hat / wie soll denn das Zurück-Schreiten den vorigen Schaden wieder aufheben können? Und kommt ihr mir vor, als wie ohnlängst ein Bauer zu N. dem ein Fuhrmann über seine Wiese fuhr; da der Bauer solches ersahe, kam er herzu gelauffen, [82] da gleich der Fuhrmann an das Ende der Wiesen kam, und sagte: Er ließ sich kein Recht über seine Wiese zu fahren einführen, der Fuhrmann solle wieder zurück fahren, oder er wolle ihm ein Pferd ausspannen / also muste der Fuhrmann noch einmahl über die Wiese fahren, wolte er nicht ein Pferd verlieren. Ob nun aber der Wiesen durch einmahl fahren mehr Schaden geschehen, als durch zweymahl / kan ich mit meinen Verstande nicht erreichen? Ich will euch Weibern aber doch noch eins sagen, wie ihr in diesem euern Vorgeben dennoch recht behaltet, daß es gewiß eintreffen wird, wenn man über die Kinder hinschreitet, sie nicht grösser wachsen, nehmlich, wenn die Kinder auf den GOttes-Acker begraben liegen, und ihr gehet über die Gräber, da schreitet ihr über die Kinder hin, und solcher gestalt wachsen diese, über welche ihr so schreitet, nicht grösser. Probatum est.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
Läuse oder Flöh soll man nicht auf dem Tische knicken / man bekömmt sie sonst alle wieder.

Es ist zwar keine Zucht noch Reinlichkeit, wenn manche unflätige Säue die Läuse und Flöh auf dem Tische abschlachten, daß offt der Tisch, darauf das liebe Brodt gehöret, heßlicher aussiehet, als eine Schinder-Grube. Und mag zweiffels frey, nicht ohne erhebliche Ursach, ein reinlich Weib, um dadurch solch unflätig Wesen [83] zu verhüten / ihre Kinder und Gesinde beredet haben, daß, so sie das Ungezieffer auf dem Tisch knicken würden / so bekämen sie solche wieder. Damit ich nun nicht denen unflätigen Läuse und Flöh-Schlächtern das Wort rede, lasse ich billich die Sache ferner unberührt. Wer Vernunfft hat, wird selbst wissen, was hiervon zu halten sey.

Das 47. Capitel
Das 47. Capitel.
Wer im Holtze arbeitet / der wird nicht reich.

Dieses ist ein allgemeines Vorgeben in gantz Teutschland; Wie ferne aber solche Meynung den Stich halte, wäre mit vielen Umständen leicht zu widersprechen, wenn ich nicht der Kürtze mich zu befleißigen entschlossen wäre. Ich will aber nur diese Frage anstellen: Ob denn andere Handwercks-Leute, welche in Stein, Eisen, Thon, und andern Materien arbeiten, von ihrer Arbeit reicher werden, als die so in Holtz arbeiten? Ich meines Orts kan mit Wahrheit sagen, daß ich noch so wenig reiche Mäurer und Schlösser, als Zimmerleute, angetroffen; auch habe ich noch nicht gehöret, daß ein Drechsler gewünschet hätte, daß er möge mit einem Töpffer tauschen können. Ja ich erinnere mich eines Wagners oder Rademachers, welcher mit seinem Nachtbar, einem Goldschmidt / nicht umgesetzet hätte, und wenn dieser jenem gleich etliche hundert Thaler hätte heraus geben wollen. Kurtz zu sagen / [84] es giebt in einer ieglichen Proffesion Arme und Reiche, nachdem die Glücks- und Unglücks-Fälle über einen kommen, oder, nach dem mancher faul oder fleißig, alber oder verständig, sparsam oder verschwenderisch ist. Es giebt zwar freylich unter denen Zimmerleuten, Tischern, und dergleichen, zu weilen versoffene Brüder, aber unter andern Handwercken fehlets leider! auch nicht daran / und ist ein iedes Handwerck aller Ehren werth, so lange es nicht von seinem Meister oder Gesellen selbst geschändet wird. GOtt hat dem Menschen verordnet / daß er im Schweiß seines Angesichts sein Brodt essen / und sich mit Kummer nähren soll. Betrifft nun dieser Ausspruch GOttes einen Wagner, Tischer, Zimmermann, oder andern, der in Holtze arbeiten muß, so kan er mit freudigem Muthe leben und sterben, als mancher ungerechter Richter, Gewissen loser Advocat, betrüglicher Wucherer und Schabehals, oder dergleichen, der gantze Kästen Geld und Reichthum zusammen geschunden hat und endlich zum Teufel fahren muß; denn Armuth lähmet nicht.

Das 48. Capitel
Das 48. Capitel.
Wenn Abends Leute über einem Tische sitzen / so soll niemand unter den Tisch leuchten / es entstehet sonst ein Zanck.

Das Leuchten unter den Tisch an- und für sich selbst hat keine Krafft / einigen Zanck zu verursachen. Das ist aber nichts neues, daß, wo [85] Leute beysammen sitzen, sonderlich, wenn sie in der Karte spielen / Zanck entstehet; Nun trägt sichs gar vielfältig zu / daß bey einer Spiel-Compagnie irgend einem ein Karten-Blat oder auch etwas vom Gelde unter den Tisch fället, da denn gemeiniglich das Licht, so auf dem Tische stehet, genommen wird, und wird damit unter den Tisch geleuchtet. Unterdessen ist ein- und anderer in derCompagnie, der sich der Finsterniß zum Betrug bedienet, und machet Partiererey mit der Karte, oder nimmt einem andern vom Gelde, und so fort, dadurch hernach Zanck entstehet; alsdenn muß das Tisch-Leuchten die Ursach seyn. Ich lasse aber einen vernünfftigen Menschen hiervon unpassioniret urtheilen, ob das Leuchten untern Tisch die rechte eintzige Ursach des Zancks sey?

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Die Pathen sollen dem Kinde ein Löffelgen kauffen /sonst lernet es geiffern.

Ich kenne sehr viel Kinder, welche nicht geiffern, ob ihnen gleich kein Pathe kein Löffelgen gekaufft hat, und kan dieser albere Glaubens-Grund stracks mit der täglichen Erfahrung übern Hauffen geworffen werden. Hingegen habe ich ohnlängst eines Schneiders Kind gesehen, welches den gantzen Tag das Pathen-Geschencke (nehmlich ein klein silbern Löffelgen) im Maule hatte, und doch über alle Maassen sehr geifferte. Wo bleibt nun hier die Probe dieses schönen Glaubens-Artickels?

Das 50. Capitel
[86] Das 50. Capitel.
Wenn eine Wöchnerin einen schwartzen Latz vorlegt / so wird das Kind furchtsam.

Wie will mir doch ein Mensch in der gantzen Welt erweisen, daß dieses wahr sey? Denn ein Sechswochen-Kind kan ja weder Furcht noch noch Tapfferkeit von sich spüren lassen, und wenn es erwächset, und wird furchtsam, so kan ja niemand sagen, ob es vom schwartzen Latz, den die Mutter in Sechs-Wochen vorgehabt hat, oder von etwas anders herkomme, es wolle denn ein solcher Haase, der dieses behaupten wolte, würcklich zu verstehen geben / daß sein Kopff mit albern Haasen-Gehirn ausgefüllet sey. Wenn die Brust-Lätze ihrer Farbe halber solche Würckung bey den Kindern haben, ey / so möchten doch alle adeliche Damen rothe Brust-Lätze in Wochen vorlegen, damit ihre jungen Herren wacker Courage zum Kriege bekämen. Denn so ein schwartzer Latz etwas bey einem Kinde effectuiret, so muß ein anderfarbiger allerdings auch eine Würckung haben. Da nun aber dieses nicht ist, so glaube ich jenes auch nicht.

Das 51. Capitel
Das 51. Capitel.
In Sechs-Wochen soll man ein Kind nicht in Mantel fassen / es wird sonst melancholisch / oder bekömmt stets zu trauern.

Es ist zwar nicht gewöhnlich, daß man die [87] Sechs-Wochen-Kinder in Mantel fasse, weil sie nicht aus der Stuben getragen werden; iedoch aber, wenn es ja geschehen solte, so kan keinesweges dieses Unheil daraus erwachsen, daß ein solches Kind um dieser Ursach willen solte melancholisch werden, oder stets zu trauren bekommen; denn wenn es wahr wäre, so müsten viel 1000 Menschen melancholisch seyn, weil an vielen Orten die Gewohnheit ist / daß die kleinen Kinder von den Weh-Müttern in Mänteln zu der Heiligen Tauffe getragen werden, allwo die Gevatterin nur das Kind wieder aus der Kirche trägt. Und wie lange ist es denn wohl, daß auch die Gevattern Mäntel umgehabt? sonderlich auf denen Dörffern, daß also fast alle Kinder in Sechs-Wochen in Mänteln getragen werden; wenn diese nun alle hätten melancholisch werden sollen, wer hätte denn die Musicanten ernähret? Und so ihr so tolle seyd, und sagen woltet, die meisten hätten stets zu trauren bekommen; so sage ich dargegen, daß derjenige ewig aller seiner Sinnen müste beraubet seyn, der solches glauben wolte. Denn wenn ich mein Kind Tag und Nacht in Sechs-Wochen liesse im Mantel tragen, wie solte doch dieses eine solche starcke Würckung in meines Kindes Freundschafft haben, daß darum eines nach dem andern daraus sterben müste, damit das im Mantel getragene Kind stets zu trauren bekäme? Gleichwie nun dieses kein vernünfftiger Mensch statuiren wird, also ist jener Meynung auch schon zur Gnüge widersprochen, biß mir ein anders dargethan wird.

Das 52. Capitel
[88] Das 52. Capitel.
Wer bey dem Spielen Geld weg leihet / der verspielet.

Das kan wohl seyn. Denn so einer bey dem Spielen Geld weg leihet, so giebt er es gewiß einem andern Spielenden; so nun dieser sein eigen Geld schon verspielet hat, daß er borgen muß, und verspielet das geborgte auch darzu / da gehet es denn schwer zu, daß der, welcher ihm das Geld geliehen hat, wieder bezahlet werden soll. Ist demnach das weggeliehene Geld schon geachtet, als sey es verspielet, und trifft solcher Gestalt ein, daß wer bey dem Spiel Geld weg leihet, der verspielet. Es ist aber nicht zu verstehen, ob hätte er damit das Glück in seinem eigenen Spielen vergeben; wiewohl man auch sagen will, daß es zuweilen unter denen Spielern auch Pursche gäbe, welche mit zauberhafften Spitzbuben-Stückgen umzugehen wüsten, daß sie mit dem geborgten Geld des andern sein Glück an sich ziehen könten, welches ich aber an seinen Ort gestellet seyn lasse. Am besten demnach, wer sich des Spielens enthält, wenn man nicht versichert ist, daß man mit lauter ehrlichen Leuten zu thun habe.

Das 53. Capitel
Das 53. Capitel.
Zum Spielen muß man Geld borgen / so gewinnet man desto eher.

Ein reputirlicher Mensch wird nicht spielen, wenn er kein Geld übrig hat zu verspielen, und [89] wird dahero nichts darzu borgen / sintemahl es vor eine Schande gehalten wird / wenn einer Geld zum spielen borget; es sey denn, daß ein erbarer Mann, der nicht allezeit Geld bey sich trüge, in eine honette Compagnie käme, und Ehren halber eines mit spielen wolte, einen vertrauten Freund um etwas Geld anspräche. Ein solcher aber wird um dieses geborgten Geldes willen nicht einen Heller mehr gewinnen. Wer aber um deswillen Geld borget, daß er dem andern abgewinnen will, der hat lauter Tücke im Sinn, und hat ein liederlich Gemüthe. Denn erstlich ist er ein Abgöttischer, weil er sein Vertrauen auf das geborgte Geld setzet, dahinter doch keine Hülffe noch Glück steckt. Zum andern ist er falsch und diebisch gegen seinen Nächsten, mit dem er spielet, indem er durch solch Mittel suchet seinem Nächsten das Seinige abzugewinnen. Drittens so betrügt er sich selber, indem er sich einbildet, dadurch zu gewinnen / da es doch offt kömmt, daß er verspielet, und wird dadurch des andern, der ihm geliehen hat, sein Schuldner. So er nun wieder bezahlet, so ist sein Verlust ohnedem an sich selbst richtig. Bezahlet er aber nicht, so denckt er zwar freylich, daß er das Geborgte gewonnen habe, wenn aber dieses rechtmäßig gewonnen heißt, so ist aller Diebstahl ein Gewinst. Uber diß alles will ich noch kürtzlich beweisen, daß an diesem Aberglauben nichts seyn könne. Z.E. Es spielen ihrer dreye mit einander, welche alle dreye das Geld geborgt haben, alle dreye können aber unmöglich gewinnen, welcher demnach verspielet von diesen dreyen / der hat so [90] wohl sein Geld geborget, als die andern beyde; wie kömmt es aber, daß bey ihme das geborgte Geld nicht auch seine Würckung, wie bey denen andern, thut? Darum bedenckt es doch, ihr abergläubischen Thoren!

Das 54. Capitel
Das 54. Capitel.
Eine Mutter / die ein stillend Kind hat / soll drey Sonntage nach einander stillschweigend aus der Kirche gehen / und iedesmahl ihrem Kinde ins Maul blasen / so kommen ihme die Zähngen leichte an.

Ich solte eher vermeynen, daß wenn die Mutter dem Kinde s.v. in den Hindersten bließ sie solcher gestalt die noch verborgenen Zähngen aus dem Fleisch ins Maul bließ; da sie aber ins Maul blasen muß, besorge ich, sie bläst vielmehr die Zähne zurück. Aber, nein: wo gedencke ich hin? Die klug-ersonnene Weiber-und Rocken-Philosophie lehret uns ein anders, nehmlich, daß eine Person, die aus der Kirche gehet, eine ausgehende Krafft habe. Eine Kinder-Mutter, die aus der Kirchen gehet, soll nach dieser geheimen Lehr-Art eine ausgehende Krafft haben; Damit sie aber solche ausgehende Krafft nicht verblasenmöge, ehe sie heim kömmt, muß sie stillschweigend mit verschlossenen Munde heim gehen, und so bald sie heim kömmt, solche ausgehende Krafft dem Kinde ins Maul blasen, so kan es nicht fehlen / die Zähngen müssen leichte auskriechen, wenn ihnen solche ausgehende Krafft mitgetheilet wird. Aber höret [91] doch, ihr thörichten Weiber, hat denn der Esel, der aus der Mühle gehet, nicht auch eine ausgehende Krafft? Oder muß es eine aus der Kirchen mitgebrachte Krafft seyn, so wolte ich euch rathen, daß ihr euch eure Kinder liesset nachtragen, wenn ihr aus der Kirchen gienget auf daß, wenn euch irgend die ausgehende Krafft unter Weges sonst wo entführe, weil ihr das Maul so feste zuhalten müsset, die Kinder solche stracks auffangen könten. Denn es kan nicht fehlen, weil das Stillschweigen wider eure Natur läufft, ihr werdet bey solcher ungewohnten Verrichtung eine innerliche Angst empfinden / daß es kein Wunder wäre, die ausgehende Krafft würde durch die Angst wo anders ausgestossen. Drum überlegts ein wenig und laßt euch rathen, sagt mirs auch wieder, ob es hilfft.

Das 55. Capitel
Das 55. Capitel.
In der Christ-Nacht / zwischen 11. und 12. Uhr / ist das Wasser Wein.

Ich muß gestehen, daß ich mein Lebtage curiös gewesen bin, und manches versucht habe, daß ich nur hinter die rechte Wahrheit kommen möchte. Ob ich nun gleich groß Verlangen gehabt, einen Trunck dergleichen Wein zu schmecken / der in einer Christ-Nacht ist aus einem Brunnen oder Fluß geschöpffet worden, so bin ich doch nie so glücklich gewesen, dieses Wunder-Werck nur zu sehen, geschweige denn zu schmecken. Dahero trage ich grossen Zweifel, daß dieses wahr sey. Denn [92] in der Natur ists nicht / daß aus Wasser Wein werde; so wird gegentheils auch aus dem Weine nicht natürlicher Weise Wasser, sondern, wenn sich der Wein ändert, so wird insgemein Eßig drauß; wird aber kein Eßig drauß, so wird er doch zu einer faulschmeckenden Materie, welches niemand vor ein reines Wasser ansehen kan. Wenn denn nun mitten in der Christ-Nacht alles Wasser-Wein wird, wie kömmt es denn / daß man nach Mitter-Nacht nicht noch gantze Teiche / Brunnen und Röhr-Kästen voll Wein, oder wenn der Wein sich ja verändert hat, doch Wein-Eßig findet, sondern man findet nichts an ders, als pures Wasser. Wenn es wahr wäre, daß das Wasser in der Christ-Nacht zu Wein würde, so solte ich mir bald einbilden, es sey die Hochzeit zu Cana in Galiläa gleich am Heil. Weyhnacht-Abend gewesen /dahero es dem Herrn Christo nicht schwer gefallen, das eingefüllete Wasser eben zu der Zeit auftragen zu lassen, da es zu Wein geworden. Aber das würde auch seyn schlimm heraus gekommen, wenn die Gäste zum Theil biß nach Mitter-Nacht hätten gewartet, und hätten hernach an statt des Weins wieder müssen Wasser trincken; weil ich aber noch nie gehöret habe, daß derselbige Wein sey wieder zu Wasser worden, so muß es wohl ein besserer als Gänse-Wein gewesen seyn; unser Wasser aber in der Christ-Nacht wird wohl allezeit Gänse-Wein bleiben / davon die albern abergläubischen Gänse nicht leichtlich einen Rausch bekommen werden.

Das 56. Capitel
[93] Das 56. Capitel.
Wessen Schatten auf den Weyhnacht Heil. Abend /bey eingebrachten Lichte / keinen Kopff hat / der stirbt in selbigen Jahre.

Das glaube ich. Und wer ohne Kopff zu Bette gehet /der ist des Teufels. Aber wo giebts denn dergleichen Krüpel? Vielleicht bey dem wütenden Heer? Natürlicher Weise sind aller Menschen Schatten zu allen Zeiten vollkommen, und ist das Vorgeben, daß eines Menschen Schatten am Weyhnacht Heil. Abend ohne Kopff erscheinen solle, eine offenbare Lüge. Das ist ja wahr, daß man mit zwey Lichtern gar leichte machen kan, daß eines Menschen Schatten ohne Kopff erscheinet, aber das kan man alle Tage thun und darff nicht eben am Weyhnacht-Abend geschehen. Und da es nun eine Sache ist, die sich durchs gantze Jahr zutragen kan, so darff sich keiner die Sorge machen, dessen Schatten am Christ-Abend, durch ohngefähr hierzu beqvem gesetzte zwey Lichter, ohne Kopff erscheinet, ob sey dieses eine gewisse Bedeutung seines Todes. Hingegen rathe ichs auch keinem, dessen Schatten gleich zweyköpffig erscheinen solte, (wie denn dergleichen Schatten eben auch durch zwey Lichter gemacht werden kan,) daß er um deßwillen vor dem Tode auf ein Jahr sicher zu seyn sich einbilden möge.

Das 57. Capitel
[94] Das 57. Capitel.
In denen zwölff Christ-Nächten / nehmlich von Weyhnachten biß Heil. Drey-König Tag / soll man keine Erbsen / Linsen / oder andere Hülsen-Früchte essen / man bekömmt sonst selbiges Jahr die Krätze oder Schwären.

Ihr Gläubigen solcher Fratzen, ich will euch erstlich eine Frage vorlegen, die löset mir auf, oder gebt mir gnügliche Antwort darauf, so will ich euerm Vorgeben auch Glauben zu stellen. Ihr wisset, daß wir nur noch vor 4. biß 5. Jahren den Julianischen oder alten Calender gebraucht haben, ietzt aber haben wir den so genannten verbesserten Calender. Nach diesem Stylo haben wir ietzt 11. Tage eher Weyhnachten, als nach dem alten, und sind dadurch nunmehr mit deren Papisten, was die Zeit anlanget, einig. Da wir den alten Calender noch hatten, fienget ihr am ersten Christ-Tage an, keine Hülsen-Früchte zu essen, zu welcher Zeit die Papisten ihre Zwölff-Nächte bald zu Ende gebracht hatten, und diese / nehmlich die Papisten /fiengen an ihrem ersten Weyhnacht-Feyertage auch an, die Hülsen-Früchte zu meiden / und waren zu der Zeit bald fertig, da ihr erst anhubet, und da ihr anhubt, die Hülsen-Früchte zu meiden, huben jene wie der an / solche zu essen. Nun sagt mir: Hieltet ihr, oder die Papisten die rechte Zeit? Woltet ihr sagen /ihr hättet die rechte Zeit gehalten, so [95] frage ich: Warum haltet ihr denn ietzt die Zeit mit den Papisten? Woltet ihr aber sagen, die neue Zeit sey recht; so saget mir doch auch, warum ihr denn so viel Secula her euch nach der alten Zeit gerichtet habt? Denn es kömmt ietzt auf die Zeit, und nicht auf die Religion an, weil ihr euch doch immer noch zu der reinen Lutherischen Religion bekennet; sonst möchtet ihr sagen, wie die Religion oder Glaube sey, darnach richtete sich auch die Zeit und dero Würckung, aber Krätze ist Krätze, und Schwären sind Schwären /ohne Religion, sie mag an einen Juden / Papisten, Calvinisten oder Lutheraner kommen. Dahero könnet ihr keine Entschuldigung einwenden, ihr seyd aber dennoch in der Thorheit und närrischen Einbildung dermassen noch zum Theil ersoffen, daß ihr (damit ihr ja nicht irren wollet) die alte und neue Zeit zusammen nehmet, und esset also in 23. Tagen keine Hülsen-Früchte. Die aber solches thun, geben nur ihre Thorheit desto mehr an den Tag. Denn alles, was man ohne Grund thut, das ist vergeblich. Uber dieses, so sagt mir / ob niemand keine Schwären oder Krätze bekömmt, als wer in Zwölff-Nächten hat Erbsen gessen? Ich glaube allerdings ja; denn die Erfahrung bezeugts. Was ist denn aber vor ein Unterscheid unter einem solchen, und unter einem, der Erbsen gegessen hat? Ihr müsset gestehen, daß kein Unterscheid sey:Ergò, so könnet ihr mir auch die Gewähre nicht geben / daß diejenige Krätze oder Schwären, so der bekömmt, der Erbsen gegessen hat, eben ihren Ursprung vom Erbsen-Essen haben [96] müsse, weil der, welcher keine gegessen hat, eben auch solchem Unheil unterworffen ist. Ehe ihr mir nun auf meine Fragen gnüglich antwortet, ehe glaube ich auch nicht, daß Erbsen und Linsen in den Zwölff-Nächten schädlicher, als zu anderer Zeit, seyn können.

Das 58. Capitel
Das 58. Capitel.
Wer zu Gevattern stehen soll / und hat sich schon angezogen / zur Kirchen zu gehen / der soll nicht erst s.v. das Wasser abschlagen / sonst thut das Pathgen dergleichen ins Bett.

Wenn ich aber das Gegentheil statuirte, und spräche: Wenn die Pathen nicht erst ihr Wasser abschlagen, ehe sie in die Kirche zur Heil. Tauffe gehen, so thut das Kind dergleichen ins Bette; wie woltet ihr Abergläubischen mir wohl mit Grund widersprechen, und eure Meynung dargegen richtig behaupten und erweisen? Es dürffte versichert so schwer zugehen, daß ihr mir eher würdet gewonnen geben. Es sind alle Kinder in der gantzen Welt / ehe sie ein Jahr erlebet, auch offt wohl länger, mit dergleichen Fehler und Schwachheit behafftet; Was sie nun über Jahr und Tag gewohnet sind, das continuiren sie gemeinig ich so lange, biß sie entweder durch Beschämen, Schelten, oder auch Schläge, davon entwöhnet werden. Zum Exempel, fast alle Kinder pflegen erst auf ein Jahr an der Mutter Brust zu trincken, und nach einem Jahre entwöhnet zu [97] werden, also, daß nach zweyen Jahren ein solch Kind nicht viel nähme, und sich wieder an der Mutter Brust legte. Aber wenn sich eine Mutter vorsetzte, sie wolte ihr Kind unter 4. biß 5. Jahren nicht entwöhnen, ließ es auch würcklich ohne Beschämung oder Schelten so lange trincken, so setz ich meine Ehre zum Pfande, ein solch Kind wird sich noch im fünfften Jahre ohne Schaam an der Mutter Brust machen, und trincken; und hieran ist nicht das Kind schuld, vielweniger etwas anders, sondern die Mutter, die solche Albertät so lange gestattet, und ihr Kind nicht anders gewöhnet hat. Gleicher Gestalt ist es auch mit der biß in das dritte und vierdte Jahr continuirenden und heßlichen Benetzung der Betten beschaffen; es kömmt alleine auf euch Mütter und eure gute Zucht an / keines weges aber auf vorgegebene Verwahrlosung des Pathen. Denn, wenn euer Kind lange das Bette also verunehret, woher wollet ihr denn wissen, daß sein Pathe habe das Wasser abgeschlagen, ehe er zur Kirchen gangen ist, denn ihr habts nicht gesehen. Ich setze aber den Fall, ihr hättet es selbst gesehen, so könnet ihr doch nicht erweisen, daß dieses die Ursach sey, daß euer Kind dergleichen Fehler begehet; sonst würde man unzählich viel dergleichen auf die Bahn bringen können. Zum Exempel, wenn ein Pathe in der Kirchen hustet, und das Kind bekäme einmahl auch den Husten und ihr woltet davor halten daß es durch des Pathen Husten in der Kirche sey verwahrloset worden. Wie nun dieses nicht wahr ist, so ist jenes nicht besser; glaubet mir.

Das 59. Capitel
[98] Das 59. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man des Morgens ausgehet /und begegnet einem ein altes Weib.

Das Alter soll billich geehret werden, so wohl an Manns- als Weibs-Personen, denn diese sind so wohl Menschen, als jene; ein ieglicher Mensch will gern ein ehrlich hohes Alter erreichen, er mag männ- oder weibliches Geschlechts seyn. Das aber ist gewiß, und eine bekannte, aber auch unchristliche Sache, daß fast kein Mensch verächtlicher ist, als ein altes Weib, was aber dessen Ursach sey, kan ich eigentlich nicht wissen; ich glaube aber, daß die schröcklichen Laster, welche von manchen alten Vetteln verübet werden, hierzu Anlaß geben, daher auch das bekannte Sprichwort entstanden: Wo der Teufel nicht hinkommen kan, da schicket er ein alt Weib hin. Unrecht ist es aber, daß die Feindschafft gegen die alten Weiber sogeneral worden ist, und man fast keinen Unterschied machet, unter alten erbaren Christlichen Matronen, und unter alten Ehrvergessenen Gauckel-Huren; denn, was kan eine alte erbare Frau dafür, daß eine andere eine alte Koppel Hure ist? was kan eine ehrliche /christliche und andächtige alte Mutter davor, daß eine andere mit Seegensprechen, Aberglauben und Zaubern sich beschmitzt? dahero billig ein Unterschied zu machen ist, wiewohl man keiner ins Hertz sehen kan, und dahero es mit der bösen Beschuldigung ein gefährlich Werck ist, wo nicht die bösen Thaten [99] offenbahr sind. Das scheinet zwar nicht unwahr zu seyn, daß mehrentheils die alten Weiber unter der Canaille, nicht viel ehrliche Adern in ihren Leibern tragen. Denn, woher kommen wohl mehrentheils die schönen Aberglauben welche ich ietzt widerlege, als eben von solchen alten Wettermacherinnen, und haben sie diesen ietzt vorhabenden Glaubens-Punct zu ihrer eigenen Schande ersonnen. Wie ich denn selbst offt von dergleichen alten Weibern gehöret habe, daß sie ihre eigene Schande nicht haben verschweigen können, sondern, weß das Hertz voll gewesen, davon ist der Mund übergangen; mag ich demnach solchen gottlosen alten Weibern das Wort nicht reden, sondern lasse diesen vorhabenden Punct mit der Condition stehen, daß, soferne man früh ausgienge oder ritte, und begegnete einem eine alte Zauberin, welche durch ihre Hexerey und Vergifftung einem Schaden zuzufügen trachtete, so ists gewiß nicht gut; ist aber das alte Weib ehrlich und Christlich gesinnet, so wird es so wenig, ja viel weniger schaden, als wenn einem eine junge Hure oder ein junger Dieb begegnete.

Das 60. Capitel
Das 60. Capitel.
Wenn eine Hexe einen etwas fraget / soll man nicht mit Ja antworten / sonst kan sie durch ihre Zauberey einem etwas nehmen.

Wenn ich mich und das Meinige in den Schutz des allmächtigen GOttes befehle, so kan [100] mir weder der Teufel noch sein Werckzeug etwas nehmen noch schaden. Gleichwohl aber muß ich selbst geständig seyn / daß, als ich mich in meiner Jugend in Thüringen aufgehalten, ich vielfältig observiret habe, wie nehmlich diejenigen Personen, welche insgemein berüchtiget, oder im Geschrey waren, daß sie zaubern könten, die Gewohnheit hatten, daß sie gemeiniglich einem jeden, mit welchem sie zu reden kamen, erst etliche Fragen vorlegten, daß ihnen dreymahl mit Ja muste geantwortet werden, dahero sich auch ein jeder bestmöglichst vorsahe, daß er nicht ja sagte; wie ich denn auch etliche von diesen Purschen endlich auf den Scheiter-Hauffen bringen und verbrennen sehen. Ohnerachtet aber der Sorge eines Verlusts wegen gegebenen Ja Worts, hatte ich den Gebrauch, daß, wenn mich eine solche Vettel etwas fragte, ich ihr mit einem recht lauten, auch wohl dreyfachen Ja, auf einmahl antwortete, alsdenn liesse sie mich gehen; ich habe aber niemahl spüren können, daß mir eine etwas damit geschadet. Ich mercke auch zuweilen noch ietziger Zeit / daß es dergleichen Teufels-Geschmeiß auch hier zu Lande giebt / die ebenfalls 3. Ja-Worte von Leuten verlangen, und so dergleichen an mich kommen, fertige ich sie ohne Furcht stracks mit 3. lauten und derben Ja-Worten ab, gebe ihnen aber wenig gute Worte darzu. Nun will ich zwar nicht in Abrede seyn, daß der Satan nicht solle seinen lieben Getreuen einbilden, ob könten sie etwas durch solch erhalten Ja-Wort von einem andern ehrlichen Menschen gewinnen. [101] Allein, weil der Teufel mit lauter Lügen umgehet, so kan er dieses auch nicht wahr machen, und bleibt also darbey, daß die Hexen dadurch nichts gewinnen, und dahero ein ieglicher ohne Furcht ihnen antworten mag / wie es die Noth erfodert. Denn der HErr hat befohlen, daß eines Christen Wort soll seyn: Ja, ja, und nein, nein, und wird nicht zugeben, daß derjenige, so solchen Befehl ausrichtet, deswegen den geringsten Schaden leiden solte.

Das 61. Capitel
Das 61. Capitel.
Wenn man Hauß-Wurtzel aufs Hauß pflantzet / so ist es sicher vor Einschlagung des Wetters.

O Du elender und nichts-werther Schutz und Schirm! Es ist in Wahrheit zu bejammern und zu beklagen, daß unter solchen Menschen, die sich Christen nennen lassen, gleichwohl solche Gemüther sind, die denen dummesten Heyden in der Abgötterey nichts nachgeben. Was ist doch Hauß-Wurtzel vor ein elendes Ding, und dennoch erhebt ein abgöttischer, alberer, abergläubischer Narr dieses Gewächs über die Krafft des allgewaltigen GOttes? Ist denn nicht die Gewalt und Allmacht GOttes in- und bey dem Donner- oder Wetter-Strahl? Wie soll denn ein solches elendes Gewächs, welches ein ohnmächtiger Wurm zu nichte machen kan, dem gewaltigen Wetter-Strahl widerstehen können? Es vermag ja weder Stahl noch Eisen, weder [102] Stein noch Holtz etwas wider solche Gewalt: Oder meynet ihr abergläubischen Thoren, es habe etwan mit dem Wetter-Strahl eine Bewandniß, als wie mit einem starcken grimmigen Löwen, welcher, ob er gleich mit den stärcksten eifernen Ketten nicht mag gefesselt werden, sich doch an einen schlechten Strick lässet binden? Ach nein! es muß etwas kräfftigers seyn, das solcher Gewalt widerstehen soll, als ein solch schlecht Erd-Gewächs; dahero die abgöttischen Papisten wohl werth wären, daß man sie anspeyen möchte weil sie so vielen Lapalien grosse Krafft zuschreiben, und zwar insonderheit solchen Dingen / die vom Pabst geweyhet worden, ob wären solche dienlich, daß das Wetter nicht könne in ein Gebäude schlagen; aber zu ihrer eigenen Schande können sie nicht läugnen, daß in des Pabsts Pallast zu Rom selbst das Wetter eingeschlagen habe. Wolte aber iemand einwenden, er hätte gleichwohl sein Lebtage nicht gehöret, daß das Wetter in ein solch Hauß geschlagen hätte, worauf Hauß-Wurtzel gestanden; dem antworte ich: Ich habe auch noch nicht gehöret, daß das Wetter in ein Hauß geschlagen hat, vor welchem ein weisser Ketten-Hund gelegen; es folgt aber darum nicht, daß ein weisser Ketten-Hund die Gewalt des Wetters hindern könne / oder was ich und du nicht wissen, das wisse sonst auch niemand. Ist demnach die Hauß-Wurtzel wider den Wetterschlag gantz nichts nütze, wenn sie gleich auf dem höchsten Forst deines Hauses stehet. Will aber ja iemand etwas wider den Wetterschlag wissen, dem recommendire[103] ich zwey G.G. mit der gewissen Versicherung, daß diese so kräfftig sind, daß, ohnerachtet der starcke gewaltige GOtt mit seinem Donner und Wetter gleichsam den Erdboden beschiesset und stürmet, hingegen der Mensch mit solchen zwey G.G. den Himmel stürmen, und GOTT überwältigen werde, das eine heist Gebet, das andere Glaube.

Das 62. Capitel
Das 62. Capitel.
Wer des Morgens rücklings aus dem Bette steiget /dem gehet selbigen Tages alles verkehrt.

Wenn einem eine Arbeit nicht recht von statten gehen will, pflegt man zu sagen: Ich bin doch heute rücklings aufgestanden. Allein, es stehe einer gleich vor sich oder rückwärts auf, so wird es weder nutzen noch schaden, sondern es kömmt darauf an, wie man sonst seine Sache den Tag über anstellet; klug oder dumm. Es ist zwar unbeqvem, und wider die Gewohnheit, daß man rücklings aus dem Bette steigen soll, und wird demnach gar selten geschehen; damit ich aber dieses Geheimniß der Natur recht erforschen möchte, bin ich einst mit Fleiß rücklings aufgestanden, und habe hernach selbigen Tages ein- und anders zu verrichten vorgenommen, habe aber keinesweges spüren können / daß es in einer Sache nicht recht von statten gegangen sey, wie es gesolt; ist demnach auf diese Glaubens-Lehre auch nichts zu halten, sondern mit dem Rücken anzusehen.

Das 63. Capitel
[104] Das 63. Capitel.
Wenn das Jüdel die kleinen Kinder nicht ruhen lässet / soll man dem Jüdel etwas zu spielen geben.

Wenn ihr abergläubischen Weiber mir erst wüstet zu sagen, was das Jüdel vor ein Ding sey, se wäre es noch wohl eine Sache, die weiteres Nachsinnen gebrauchete; aber so ihr selbst nicht wisset / was es ist, wie könnet ihr ihme denn zu spielen geben? Damit aber ihr Thörinnen eurer Narrheit möchtet überwiesen werden, will ich den gantzen Qvarck beschreiben, was von eurem Narren-Spiel zu halten sey. Es begiebt sich mehrentheils bey denen kleinen Kindern von wenig Wochen, daß sie in währendem Schlaff die Aeuglein halb aufthun / die Aug-Aepffel in die Höhe wenden, als wolten sie nach etwas sehen, fangen an zu lächeln, und schlaffen denn wieder fort, oder heben auch wohl bald an zu weinen. Wenn nun die klugen Weiber solch Lächeln und Augenwenden der Kinder gewahr werden, sagen sie, das Jüdel spielte mit dem Kinde; auf daß nun aber das Kind hinfort hierdurch nicht ferner beunruhiget werde, geben sie folgenden klugen Rath: Es soll ein kleines neues Töpffgen, samt einem Qvirlgen / gekaufft, und so theuer bezahlet werden, als es geboten wird, darein wird von des Kindes Bade gegossen, und also auf den Ofen gestellet, damit soll das Jüdel spielen, und das Wasser heraus fletzschern, biß nichts mehr im Töpffgen sey. Die überklugen Weiber bedencken aber [105] nicht, daß erstlich ein gut Theil vom Wasser in das neue Töpffgen kriche, und das übrige auf dem warmen Ofen bald vertrockne. Wenn sie denn über ein- oder zwey Tage ihr eingegossen Bad nicht mehr finden, ey was wird da für ein Wunder-Werck draus gemacht, und muß es das Jüdel heraus gespielt haben; da sie doch leicht gedencken könten, wie es zugegangen sey, und daß sich auch das Wasser würde verlohren haben, wenn gleich nicht einmahl ein Kind im Hause wäre. Ferner blasen die närrischen Leute Eyer aus den Schäalen in des Kindes Brey / und der Mutter Suppe / und hängen solche hohle Eyer-Schaalen, samt etlichen Karten-Blätern und andern leichten Sachen mehr / an des Kindes Wiege mit Zwirn, daß es fein frey schwebe, wenn alsdenn die Thür aufgemacht wird, oder es gehet und bewegt sich iemand in der Stuben, also, daß diese am Faden schwebende Sachen durch die Lufft sich regen, da sagen die Weiber stracks: Man solle nur Achtung geben, wie das Jüdel mit den Sachen an der Wiegen spiele. Aber, ihr einfältigen Narren! wenn ihr nun gleich noch so viel dem so genannten Jüdel zu spielen gebet, so werdet ihr dennoch dem Kinde keine Hülffe thun, sondern ihr werdet das Kind eben noch, wie vorhin, lachen und mit denen Aeuglein spielen sehen. Sind demnach eure angegebenen Jüdels-Beschwerungen so wohl, als eure Hülffs-Mittel, lauter albere Possen, und ist weder Jüdel noch junges Hebreergen bey eurem Kinde, sondern das Lächeln und Augenwenden rühret her von einem innerlichen [106] Fresel, welchem ihr besser mit Marggrafen- oder rothen Hertz-Pulver abhelffen könnet.

Das 64. Capitel
Das 64. Capitel.
Wenn ein gantz Brodt unaufgeschnitten wieder vom Tische getragen wird / so müssen die Leute hungerig vom Tische gehen.

Wenn die Leute von dem gantzen Brodte essen sollen, und haben keines mehr darbey, und wird gleichwohl gantz wieder hinweg getragen, so kan es freylich nicht fehlen, es müssen die Leute auch wieder hungerig vom Tische gehen, und ist so viel, als wenn ich einen Durstigen ließ in einem Krug mit Bier gucken, gäbe ihm aber nicht daraus zu trincken, so würde er wohl durstig bleiben. Es kan sich aber gleichwohl zutragen, daß man erstlich einen guten particul Suppe, oder eine frische Milch mit Semmel und dergleichen isset, oder man kan den Rantzen voll Kuchen und ander Gebackens gefüllet haben, daß einer ferner keinen Appetit zu essen hat. Wenn denn solcher gestalt ein Brodt noch gantz auf dem Tisch lieget, so kan es ohne Bedencken unaufgeschnitten wieder hinaus getragen werden. Ich wette, es wird gewiß niemand hungerig vom Tische gehen.

Das 65. Capitel
Das 65. Capitel.
Wer Saltz verschüttet / soll es nicht wieder aufraffen /er hat sonst kein Glück.

[107] Wie soll doch das aufgeraffte Saltz eine Hinderniß des Glücks machen? Wer Saltz ins Wasser oder in Koth verschüttet, daß es nicht wieder kan aufgeraffet werden, der hat kein Glück, zumahl wenn des Saltzes viel gewesen, daß dadurch ein mercklicher Verlust entstanden ist. Wenn ihr Weiber aber nun gleichwohl euern Glaubens-Punct vertheidigen wollet, so saget mir doch, was denn derjenige / welcher das verschüttete Saltz nicht wieder aufraffet / vor besser Glück haben werde, als der, welcher es wieder aufgeraffet hat? Ihr werdet mir schwerlich eines vor jenen melden können. Ich aber will euch beweisen, daß der, der das verschüttete Saltz wieder aufraffet, mehr Glück habe, als der es liegen lässet, und zwar so viel, als das Saltz austrägt, das aufgeraffet wird, so viel hat auch dieser mehr Glück, der es wieder aufraffet, vor jenem, der es liegen lässet. Ist also euer Vorgeben wieder ohne Grund.

Das 66. Capitel
Das 66. Capitel.
Wer die Schuhe einwarts tritt / der wird reich / wer sie aber auswarts tritt / wird arm.

Wie geschicht aber dem, der die Schuh gar nicht schlimm, und also weder ein- noch auswärts tritt? Wenn ich wüste, daß dieses gewiß einträffe, ich wolte leicht meine Schuhe auch einwerts treten, und andere würden auch dergleichen thun; wo wolten aber alsdenn die Armen [108] herkommen, wenn wir alle reich würden? Es werden zwar die abergläubischen Leute sagen: Es sey nicht zu verstehen daß man sich zwingen möge, wie man die Schuhe treten wolle, sondern, wie es bey einem ieden die Natur frey und ungezwungen an die Hand gebe, woraus alsdenn geurtheilet würde, ob einer werde arm oder reich werden. Aber, es trete gleich einer die Schuhe aus oder ein, so tritt er schlimm. Wer aber die Schuhe schlimm tritt, sie mögen nun seyn auf welche Seite sie wollen, zu dem hab ich schlechtes Vertrauen, daß er reich werde, weil die schlimm-getretenen Schuhe eine Anzeigung sind eines Schlinck-Schlanck-Schlercksii; iedoch ist hiervon ebenfalls keine unbetrügliche Vermuthung zu machen; auch kenne ich noch diese Stunde Personen, welche ihre Schuhe einwerts treten / bey welchen aber sichs aber noch schlecht zum reich werden anlässet. Dahero halte ich von diesem Articul abermahl nichts.

Das 67. Capitel
Das 67. Capitel.
Wer in der Christ-Nacht ins kalte Bad gehet / der bekömmt selbiges Jahr die Krätze nicht / und so er sie schon hat / so vergehet sie davon.

Das will ich in Wahrheit glauben, ja ich zweifele nicht / andere Beschwerungen mehr sollen hiervon vergehen. Denn ich erinnere mich eines einfältigen Menschens, welcher sich dergleichen Thorheit auch ließ beschwatzen, daß nehmlich [109] vor die Krätze kein besser Mittel sey, als wenn man in der Oster-Nacht ins kalte Bad gienge. Der gute Kerl thät es, und wurde seiner Krätze in drey Tagen qvitt, und in acht Tagen seines siechen Lebens darzu. So kräfftig war das kalte Oster-Bad; Also kan man nun leicht urtheilen, daß das Weyhnacht-Bad viel kräfftiger seyn müsse, denn es ist weit kälter als jenes, und in der Kälte bestehet eben die stärckste Würckung dieses Bades. Wer nun Lust und einen starcken Glauben dazu hat, der mag es gebrauchen, er sage aber nicht / daß ich es ihm gerathen habe. Denn vergönnen kan ich wohl einem ieden, daß er eine Thorheit begehe, aber rathen thu ichs keinem. Wer ein wenig Verstand hat, der kan sich leichte einbilden, daß durch solche Erkältung die Krätze gar leichte vergehet, und in den Leib schlägt, was aber hieraus sonst vor Unglück und tödtliche Fälle sich ereignen können, ist unvonnöthen einem vernünfftigen Menschen zu lehren, weil es bekannt gnug ist. Ein gantz Unvernünfftiger aber kehret sich nicht daran, man mag ihm vorpredigen, wie man will, denn ein Narr bleibt ein Narr, wenn er gleich in Mörsel gestossen würde, wie Grütze.

Das 68. Capitel
Das 68. Capitel.
Wer die gelbe Sucht hat / der soll einen Schmier-Kübel von eines Fuhrmannes Wagen stehlen lassen / und hinein sehen / so vergehet ihm die gelbe Sucht.

[110] Dieses scheinet zwar ein Mittel zu seyn, welches mit unter die Sympathetischen Curen gehöret, und würde ich bey nahe zu bereden seyn gewesen, solchem auch einiger massen Glauben zuzustellen, woferne dieses die Sache nicht gar zu verdächtig machete, daß nehmlich der Schmier-Kübel solle oder müsse gestohlen werden. Welches ein offenbares Zeugniß giebt, daß dieses Mittel von bösen abergläubischen Leuten erdacht worden seyn müsse; und ob gleich gegentheils wieder eingewendet werden wolte, man behielte den Schmier-Kübel deßwegen nicht, sondern brächte solchen nach dem Gebrauch dem Fuhrmann wieder, so hält doch diese Entschuldigung keinen Stich, denn es kan hernach der Fuhrmann über alle Berge fort seyn, wer bringt ihm alsdenn den gestohlenen Schmier-Eymer nach? Und weil nun dieses ein würcklicher Diebstahl ist, so ist solch Mittel vor das erste gantz nicht zu billigen. Zum andern ist es auch an und für sich selbst ohne einige Krafft und Würckung, denn es wird sein Lebtag kein Mensch iemahls ein Exempel anzugeben wissen, daß hierdurch iemahls ein Gelbsüchtiger sey curiret worden. Worzu dienen denn aber solche närrische Mittel? Ich will meine Meynung, die ich hierüber habe, kürtzlich melden, sie dienen nicht zur Gesundheit des Patienten, sondern dem Teufel eine Kurtzweile anzurichten. Wer ein rechter Christ ist, der bedenck dieses, ob es nicht wahr sey?

Das 69. Capitel
[111] Das 69. Capitel.
Ein Hund / der in der Christ-Nacht heulet / der wird selbiges Jahr thöricht.

Was haben doch die Hunde mit der Christ-Nacht, oder diese mit denen Hunden zu schaffen, daß diese Nacht eine Würckung in solchen Bestien haben solte? Denn diese heil. Zeit gehet die Hunde gantz nichts an / und gesetzt / es habe iemand wahrgenommen, daß ein Hund in der Christ-Nacht geheulet habe, welcher hernach thöricht worden sey, so ists deßwegen noch lange keine ohnfehlbare Folge, daß er darum sey thöricht worden, weil er in der Christ-Nacht geheulet hat, oder daß er mit solchen Heulen seine künfftige Tollheit gleichsam habe verkündigen wollen. Ja wenn es auch gleich bey denen Hunden natürlicher Weise pflegte zu gescehen, daß sie eine Zeit zuvor heuleten, ehe sie thöricht würden / so würde es eben nicht die Christ-Nacht seyn dörffen, sintemahl ohne dem auf solche Zeit gantz im geringsten nicht zu bauen ist / ja wir können selbst nicht recht sagen, ob dieser Tag, den wir als den Christ-Tag feyern, ohnstreitig der rechte sey. Denn wenn wir der Sache so gantz gewiß gewesen wären, warum haben wir denn so viele Secula her 10. biß 11. Tage mit dem ietzt angenommenen neuen Calender wissendlich differiret, und haben nunmehr auf einmahl mit allen Tagen durchs gantze Jahre eine solche merckliche Aenderung treffen können? Dahero hiermit klar erwiesen wird, daß ratione solcher Aberglauben [112] und Gauckel Possen auf keinen eintzigen solcher heiligen Fest-Tage zu bauen sey. Ich setze aber den Fall, daß die Zeiten sich niemahl verändert hätten, so ist doch noch lange nicht ausgemacht, daß die Hunde, welche in der Christ-Nacht heulen, dieses Jahr thöricht würden. Denn gleich wie nicht folget, der und der Hund hat in der Neu-Jahrs Nacht gebellet, und ist im selbigen Jahre vom Hunde Schläger erschlagen worden, daß darum alle die Hunde, welche in der Neu Jahrs-Nacht bellen, ohnfehlbar vom Schinder erschlagen würden: Also kan von dem Heulen in der Christ-Nacht auch nicht geschlossen werden, daß ohnfehlbar ein solcher Hund das Jahr werde thöricht werden. Das ist zwar wahr, daß durch hefftigen Frost und Kälte die Hunde taub und thöricht werden, aber dieses geschiehet zu einer andern kalten Zeit so wohl, als in der Christ-Nacht. Denn wenn einen Hund sehr frieret, so heulet er gemeiniglich, und wenn er den Kopff zu sehr erfröret hat, folget hernach die Taubheit, und weil um die Weyhnacht Zeit gemeiniglich die Kälte hefftig ist, so ist kein Zweifel, daß in der Christ-Nacht ehemahls einige Hunde in das Ubel gerathen sind; daran ist aber nicht die heilige Zeit, sondern die zu solcher Zeit eingefallene hefftige Kälte schuld. Womit also zur Gnüge erwiesen seyn wird, daß auf diesen Punct nichts zu bauen ist.

Das 70. Capitel
[113] Das 70. Capitel.
Wer einer Katzen Schaden thut / oder dieselbe gar umbringet / dem stehet ein groß Unglück vor.

Ich möchte gern die Ursach wissen, warum doch die falschen Katzen einen Vorzug vor andern Thieren haben solten, daß man sie nicht umbringen dürffte. Das ist zwar bekannt, daß in vieler bewährter Autorum Schrifften und Historien, wie auch in denen, in Aemtern und Gerichten hin und wieder befindlichenInquisitions- und Hexen-Acten, zu finden ist, wie der Teufel offt sein Spiel durch Katzen verrichtet, und wie sich die Hexen in Katzen verwandelt haben sollen; welches ich dahin gestellet seyn lasse, wiewohl mir es nicht recht gläublich fürkömmt. Jedoch erinnere ich mich noch sehr wohl, wie ich vor ohngefehr 28. Jahren einen Bauer in Thüringen gekennet habe / der, meines Behalts, der Schwedische Hiob genennet wurde, dieser hat mir, und andern Leuten mehr, offt ohne Scheu erzehlet, daß er hätte seine Stieff-Mutter in Gestalt einer Katzen in seinem Hofe erschossen. Die Umstände / so er dabey meldete, erachte ich zu weitläufftig hier anzuführen; das Dorff aber, wo es geschehen, liegt zwischen Arnstadt und Ilmenau. Wenn nun einer an solche schöne saubere Katzen kömmt, und dieselbe beleidiget, da will ich zwar eben nicht in Abrede seyn, daß durch des Teufels List und Gewalt man nicht zuweilen ein Unglück davon tragen könne, zumahl wer sich nicht unter den [114] Schutz GOttes empfohlen hätte. Was aber die natürlichen Katzen anlanget, hat es sicherlich nichts zu sagen, ob man gleich mit selbigen nach aller Nothdurfft verfähret, und getraue ich ohne Sorge alle Katzen, die mir Schaden zufügen, (wenn sie sonst auf keine Weise hinweg zubringen wären) nicht alleine zu schlagen, sondern auch gar zu tödten. Ich bin zwar kein Feind der Katzen, iedoch auch derer Patron nicht, und kan ich nicht in Abrede seyn, daß ich mein Lebtage mancher den Schwantz abgehauen, und viele getödtet habe; und ob ich mich zwar eben keines grossen Glücks rühmen kan, sondern bekennen muß, daß mein gehabtes Glück von den Gegentheils zugestossenen Unglücks-Fällen weit überwogen worden; so weiß ich doch dieses gewiß, daß ich um der ermordeten Katzen willen kein Unglück gehabt habe. Denn die Katzen haben bey GOtt keinen Stein mehr als andere Thiere im Brete, derer doch täglich viel tausend durch Menschen-Hände umkommen, daß GOtt um der Katzen willen / (in welcher Gestalt sich der Teufel und seine Getreuen so gern verstellen sollen) einem ehrlichen Menschen soll Unglück schicken.

Das 71. Capitel
Das 71. Capitel.
Wenn sich die Katzen in einem Hause beissen / wo iemand kranck liegt / so stirbt der Patiente bald.

Daß dieses Vorgehen wider die Wahrheit streite, braucht wenig Beweiß; wiewohl einige Gelehrte die Ursach erzehlen wollen, warum [115] sich die Katzen gern in denen Wohnungen der Sterbenden einfänden. Aber ob ich gleich dieses nicht widerspreche, so ist dennoch gantz keine Folge zu machen, daß ein Patiente bald sterben werde, wenn sich die Katzen vor seinen Gemach beissen. Denn es beissen sich die Katzen ja an viel tausend Orten, wo keine Patienten sind, warum solten sie denn bey eines Patienten Gemach eine andere Bedeutung mit ihrem Geschrey und Beissen machen, als wenn es wo anders geschicht? Wenn ein zaghaffter Patiente diese Thorheit glauben wolte, und bissen sich vor seinem Zimmer die Katzen, ich frage einen ieden / wie solte einem solchen Patienten zu Muthe seyn? Ich glaube, daß dieses eine so hefftige Alteration und Gemüths-Kränckung bey ihm erwecken würde, daß er gar leichte des Todes drüber seyn könne, und dieses nicht um seiner an sich habenden Kranckheit / vielweniger um der Katzen Geschrey willen, sondern schlechterdings würde die närrische abergläubische Einbildung ihme eine Beförderung des Todes seyn. Dahero man sich vor solchen Narren-Possen wohl Ursach zu hüten hat.

Das 72. Capitel
Das 72. Capitel.
Wenn ein Weib Butter rühren will / soll sie ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß stecken / so geräth die Butter bald.

Was vor albere Gauckel-Possen unter denen Bauers-Weibern / bey dem Butter- und [116] Käse machen, Küh melcken und dergleichen, vorgenommen werden, wird einer nicht wohl auf eine Küh-Haut schreiben können. Unter diesen ist auch eines, daß sie zu der Zeit, wenn sie Butter rühren, ein dreycreutziges Messer an das Butter-Faß stecken. Da ich nun einsmahls ein Bauer-Weib um die Ursach dessen fragte, wurde ich berichtet: Es wäre der Gebrauch so, sie wüste es selbst nicht, was es zu bedeuten hätte. Andere aber haben mir gesagt, es geriethe die Butter eher, als sonst, wenn man ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß steckte. Weil denn nun die Weiber selbst nicht die rechte Ursach zu sagen wissen, so möchten sie es lieber unterwegens lassen; denn es thut doch ein verständiger Mensch nicht gern etwas, da er nicht weiß, warum es geschicht. So es aber ja soll darzu dienen, daß die Butter desto eher gerathe, so müssen die Weiber erst ausmachen, ob die Krafft von den drey Creutzen, oder vom Messer komme? Wollen sie sagen, die Krafft komme von den drey Creutzen, so antworte ich ihnen mit dieser Frage: Warum denn diese drey Creutze eben auf einem Messer seyn müssen / und nicht so wohl auf einem Löffel oder gar auf dem Futter-Faß? Sagen sie aber / das Messer habe die Krafft, (und zwar vielleicht unter der albern Meynung, weil man mit einem Messer eine Sache zertheilen könne, so zertheile sich hier auch Butter und Molcken, oder Butter Milch, um des am Fasse steckenden Messers willen) so frage ich sie hinwiederum: Warum es denn eben ein drey-creutziges Messer seyn müsse? [117] Ich habe zwar zu weilen auch wohl gesehen, daß sie ein gemein Messer ohne Creutze am Butter-Faß stecken gehabt, welches eben auch dergleichen Würckung haben solte; ich kan aber hieraus nur so viel schliessen, daß der Weiber Meynung solcher gestalt ein sehr schwach fundament haben müsse, und sind in ihren Glaubens-Puncten so ungewiß, daß sie ohne Sorge eine Kuhe und eine Ofen-Gabel vor ein Ding achten, weil iedes zwey Hörner forn naus hat. Wer Butter machen will, und hat guten Raam, und stösset fleißig zu, der bekömmt bald Butter, ohne ein drey-creutzig Messer; wer aber nicht fleißig stösset, der mag 10. drey-creutzige Messer um das Butter-Faß stecken, so wird davon keine Butter werden. Oder wenn iemand ein Stück Zucker zum Possen in Raam geworffen hätte, so würde so bald auch keine Butter zu hoffen seyn.

Das 73. Capitel
Das 73. Capitel.
Wenn an denen Thielen in einer Wohn-Stube sich Splitter ablösen / so bedeuten solche fremde Gäste.

Wenn manche Magd oder Weib einen Splitter in der Stuben siehet von denen Thielen abgehen, nimmt sie solchen alsobald, und legt ihn aufrecht auf einen Stuhl, vorgebend, daß es ein Ehren-werther Gast sey. Nun will ich mir zwar den Kopff nicht drüber zu brechen, um nach zu grübeln / woher doch solche närrische Meynung ihren Ursprung haben möge, sintemahl zur Gnüge [118] bekannt ist, daß einem nicht leicht so närrisch träumen kan, als der Weiber ihre thörichten Aberglauben mehrentheils heraus kommen. Jedoch vermeyne ich, daß ich nicht weit vom Ziel treffen werde, wenn ich glaube, daß dieser Punct daher entstanden sey, nehmlich: Es ist die Gewohnheit, daß wenn man Kirchmeß, Hochzeiten, Kind-Tauffen und andere Gast-Gebote auszurichten willens ist, so lässet man vorhero die Gemächer und Stuben scheuren. Durch dieses Scheuren aber werden gemeiniglich Splitter loß geweichet, und mit dem Sande abgekratzt. Wenn alsdenn des folgenden Tages ausgekehret wird, so mag der Besen mit denen Zweigen ein wenig unter eine Spitze eines Splitters kommen / so wird er damit folgend gar ab- und aufgerissen. Dieses geschiehet also zu der Zeit, wenn ohne dem Gäste vermuthet worden, und ist das Kehren und Scheuern schon an sich selbst eine Bedeutung der Gäste, iedoch nicht alle mahl. Die Weiber aber haben dennoch einen ohnfehlbaren Schluß machen wollen, daß die in der Stuben abgerissenen Splitter Gäste bedeuten. Wer es glauben will, der mag es thun, deßwegen beschweret er sein Gewissen nicht; ich glaubs aber nicht.

Das 74. Capitel
Das 74. Capitel.
Wenn sich die Katze putzet / kömmt ein Gast.

Das lasse mir einer eine subtile Erfindung seyn, dadurch die Katze zu einen Propheten [119] gemacht werden kan. Aber was wundere ich mich über die Katze? Im vorigen Capitel sahen wir einen leblosen Span oder Splitter; und davon ich gemeldet habe, wie daß die Weiber gemeiniglich die Stube scheuern und aufputzen, wenn sie Gäste vermuthen, dahero sich auch die Splitter von denen Thielen ablösen, und hernach desto mehr Anzeigung des bald kommenden Gasts geben sollen; also machen es die klugen Katzen auch, und putzen sich vorher, wenn ein Gast kommen soll. Schicken sich demnach solche kluge Thiere gar wohl zu denen klugen Weibern / welche aus übermäßiger Klugheit hinter die kleinen Töpffe hofiren, daß die grossen nicht umfallen. Die klugen Weiber observiren auch nicht nur alleine an der Katzen Putzen schlechterdings einen Gast, sondern auch, was es vor einer seyn werde; denn wenn sich die Katze mit der Pfote biß über die Ohren streichet, so sagen sie: Die Katze putzt sich biß über die Ohren, es kömmt ein Gast mit Stieffeln und Sporen. Ja, reime dich, oder ich freß dich! Daß ich euch poetische Damens aber nicht irre mache, so will ich euch zu Liebe noch ein paar solche Reinigen mittheilen, die eben auch so klingen, und euch allen noch nie bekannt sind, nehmlich, wenn die Katze sich unter dem Schwantze leckt, so beist es: Die Katze leckt sich unterm Zahl, es kömmt ein Gast, ist nackt und kahl. Die Katze putzet sich unter den Füssen, der Gast der kommt, ist sehr zerrissen. Item: Wenn die Katze eine Positur macht, wie ein Dudel-Sack, so beist es: Die Katze machet eine Sackpfeiffen, der Gast [120] wird unsre Jungfer begreiffen. (NB. das wird wohl ein Freyer seyn.) Verlast euch nur drauf, denn weil sichs reimet, so muß es auch eintreffen; und wenn ein aus dem Felde kommender nacketer und zerrissener Reuter, der Stiefeln und Sporen trägt, zu euch einqvartieret wird, der sich mit eurer Tochter in heimliche Bekanntschafft einlässet, so habt ihr einen Gast, an welchem alle vorgemeldte Qvalitäten zugleich zu finden sind. Dahero möget ihr von euern prophetischen Katzen halten, was ihr wollet, ich halte es nicht mit euch. Wenn sich aber die Katzen über die Ohren putzen, rühret solches, meines Erachtens, daher, wenn sie vorher mit dem Kopffe in einem Suppen Brey-oder mit Speise gefülleten Topffe gesteckt, u. sich damit besudelt haben, so setzen sie sich hernach in die Stube, und putzen sich wieder ab mit ihren geleckten Pfoten, biß sie fühlen, daß ihnen nichts mehr in denen Haaren auf dem Kopffe klebt. Wisset ihr aber eure Meynung besser zu behaupten, so thuts.

Das 75. Capitel
Das 75. Capitel.
Wenn die Elstern im Hofe oder auf dem Hause schreyen / so kommen Gäste.

Dieser Glaubens-Artickel ist denen vorigen gleich zu achten / dahers nicht nöthig seyn wird, viel Widerlegens zu machen, nur daß ich erstlich dieses zu bedencken vorstelle, daß, wenn man Gäste bekommen soll, so lässet man gemeiniglich vorhero etwas schlachten; wo aber geschlachtet [121] wird / finden sich insgemein auch die Elstern ein, und tragen die Knöchelgen davon. Es ist aber darum nicht auf das Geschrey solcher Vögel zu halten, als ob dieses die Botschafft der bald kommenden Gäste wäre; sondern ich rathe vielmehr zu bedencken, daß im 5. Buch Mosis am 18. Cap. v. 10. GOtt seinem Volcke verboten habe, daß es nicht möchte unter sich finden lassen solche Leute, die auf Vögel-Geschrey achteten. Was aber für schöne Pursche mehr mit in solche Classe gesetzt werden, und wie solche bey GOtt angesehen sind, mag ein jeder selbst am bemeldtem Orte nachsuchen, ich gebe keinen Collegen ab.

Das 76. Capitel
Das 76. Capitel.
Wem ein Floh auf die Hand hüpfst / erfähret etwas neues.

Ich glaube, daß nicht alle Flöhe ohne Unterscheid die Art haben werden, daß sie etwas neues bedeuten solten, wenn sie sich einem auf die Hand setzten, sondern es mögen nur solche seyn / welche von denen klatschichten Weibern ausgeheckt worden sind. Denn wenn ein solcher Floh sich iemanden auf die Hand setzt, so ist gewiß die Hecke-Mutter, von der er kommen, nicht weit. Und weil eine solche Mährlein-Trägerin Profession davon macht, daß sie die neuen Zeitungen von einem Orte zum andern in der Stadt herum träget, so erfähret man solchergestalt gar bald etwas neues. Und kommt mir ein solcher Floh nicht anders für, als wie manchem sein Hund / da [122] man zu sagen pflegt: Ha ha! da ist der Hund / der Herr wird auch bald kommen; also auch hier: Ha ha! da sitzt mir ein Floh auf der Hand, die Mährlein-Krämerin, von der er entsprungen ist, wird auch nicht weit seyn, und werde ich etwas neues erfahren. Ihr Weiber, sagt mir / ob ich geirret habe, ich will mich lassen weisen.

Das 77. Capitel
Das 77. Capitel.
Wenn ein Kind das Aelterlein hat / soll man es lassen in Backofen schieben.

Wie offt die armen unschuldigen Kinder derer alten Zauber-Huren ihre Probir-Steine seyn müssen, wenn sie, durch des Teufels Eingeben, erlernete Künste versuchen wollen, ist nicht genug zu beschreiben. Wenn manch armes schwach- und krafftloses Kind lange satt unter den Foltern der Nase-weisen Vetteln, mit Räuchern, Seegensprechen, Baden und dergleichen ist gemartert worden / unter dem Vorwand, ob sey es beschryen, und will doch gleich wohl nicht besser werden; alsdenn studiret des Teufels Gelichter auf etwas anders, welches aber eben auf vorige Mode kömmt, nehmlich, sie sagen alsdenn: Das Kind sey nicht beschryen / sondern es habe das Aelterlein. Was aber dieses vor ein Wunder-Thier sey, das wissen sie so wenig, als wenn sie sagen sollen, was das Jüdel sey, und vermeynen die Sache gar wohl beantwortet zu haben, wenn sie sagen: Es heist das Aelterle; die Kinder aber / welchen das so genannte Aelterlein angedichtet wird, [123] sind solche, die vom Fleisch und allen Kräfften gekommen, und einem Todten-Gerippe ähnlicher sehen, als einem lebendigen Menschen. Und ob sie gleich viel essen und trincken, so gedeyet ihnen solches doch nicht zur Nahrung, sondern weil in dem Magen eine hefftige Säure und Schärffe ist, welche stets einen Wolffs-Hunger erreget, und die eingenommene Speise stracks in eine schädliche materie verwandelt, daß hernach nichts anders davon ins Geblüt gehet, als eine scharffe verzehrende Feuchtigkeit, so verdorren alsdenn solche arme Kinder, und schrumpelt ihnen die Haut endlich zusammen, als wie bey sehr alten Leuten. Ob nun zwar wohl solchen armen kleinen Patienten / nach und nach, durch dienliche Artzney-Mittel könte wieder geholffen werden, so wird doch leider! mehrentheils solche nöthige Hülffe unterbrochen, wenn sich nehmlich allerhand nichts-werthe alte Zauber-Huren aufwerffen, und ihre verfluchte Hülffe anbieten / da sie doch nicht sagen können, woher solche Beschwerung komme. Auf daß sie aber gleichwohl nicht möchten vor unerfahren geachtet werden, geben sie der Kranckheit närrische und nachdenckliche Nahmen, und bedienen sich auch eben dergleichen toller Hülffs-Mittel, die aber eher verdienten Hencker-Foltern, als Hülffs-Mittel genennet zu werden. Denn erst sagen sie, das Kind hätte die Mitesser; wenn aber die darwider gebrauchte Mittel nicht anschlagen / so geben sie für, es sey beschryen und martern es auf eine andere Art mit Baden und Räuchern; will es noch nichts helffen [124] muß es das Aelterlein heissen, und nehmen diesen Nahmen und Benennung her von der Gestalt der kleinen Patienten, weil sie wie alte Leute aussehn; die Weiber wollen es aber recht klug geben, weil es gantz junge Kinder sind, und die Kranckheit nicht das Alter nennen, sondern richten sich nach dem Patienten, und gebrauchen das Wort in Diminutivo, und sagen, es hiesse das Aelterle. An statt aber eines heilsamen ordentlichen Hülffs-Mittels haben sie ein verzweifeltes Mord-Mittel ersonnen, nehmlich: Sie binden die Arme dem ohnedem schmachtenden Kinde auf eine Kuchen-Scheibe / und schieben solche, nach ausgenommenen Brodte, etliche mahl in einen Back-Ofen, daß es nicht Wunder wäre /das Kind erstickte in der Hitze, oder bekäme die schwere Noth, hierzu murmeln sie sachte etwas, welches ich aber nicht erfahren kan, was es für Worte seyn mögen; zweifelsfrey aber wird es wider das andere Gebot lauffen. Und also wolle ein Mensch erwegen, ob Eltern mit guten Gewissen ihre krancken Kinder solchen Hencker-mäßigen Teufels-Vetteln in ihre Cur geben können?

Das 78. Capitel
Das 78. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man die Spinnen umbringet.

Manch Weib oder abergläubische Magd nähme nicht viel, und brächte eine Spinne um; und habe ich offt gesehen, daß die Spinnen ihnen sind über die Hände gelauffen, ja sie haben ihnen [125] gar über die Nase gesponnen, und dennoch haben sie die lieben Spinnen ohne Schaden passiren lassen, auch noch überdiß vor sie gebeten, wenn iemand anders sie umbringen wollen, und gesagt / sie brächten Glück. So gar sehr sind die abergläubische Närrinnen in solchen thörichten Possen ersoffen. Ich will ihnen aber sagen, woher die albere Meynung entsprungen sey: Es ist nicht gut, wenn man die Spinnen umbringet, das ist wahr, und GOtt selbst lässet es nicht ungestraftt, denn wer Menschen-Blut vergeust, des Blut soll wieder vergossen werden; die Spinnen aber, (nehmlich diejenigen, die Wolle oder Flachs spinnen,) sind Menschen; wer demnach die Spinnen umbringen wolte, der würde der Obrigkeitlichen Rache nicht entgehen. Und solcher gestalt ist es freylich nicht gut, wenn man die Spinnen umbringet; aber die Spinnen, welche als ein Ungeziefer die Logiamenter mit ihren Geweben verunzieren, mag man ohne einig Bedencken umbringen. Wiewohl ich auch einige gelehrte Männer kenne, welche solch Ungeziefer hegen, und keine Spinnewebe in ihren Studir-Stuben oder an deren Fenstern abkehren lassen /vorgebend, daß sich die einwollende Fliegen, welche ihnen die Bücher besudelten, in solchen Geweben fingen; aber ich halte es um deßwillen nicht mit ihnen, denn es siehet beydes nicht gar fein aus, und können die Bücher wohl auf andere Art vor denen Fliegen verwahret werden.

Das 79. Capitel
[126] Das 79. Capitel.
Die neugebohrnen Kinder soll man die ersten 3. Sonntage fein anputzen / so stehen ihnen ins künfftige die Kleider schön.

Dieses ist eine solche albere abgeschmackte Thorheit, daß man sich schämen solte / solche unter Christen verspüret zu haben. Vor ohngefehr einem Jahre kam ich in eine Stube, allwo eine Wöchnerin lag, und in der neben dem Wochen-Bette stehenden Wiege lag ein auf vorbeschriebene Art geschleyertes Aeffgen, und hatte eine dermassen grosse Fontange auf dem Köpffgen, daß das gantze Kind hätte können damit bedeckt werden; über welche Gestalt ich mich des Lachens nicht enthalten kunte, und fragte: Wo denn das Bild aus der Offenbahrung Johannis, 12. Cap. sey in die Wiege kommen? dieses wolte die Wöchnerin verschnuppen, und sagte: Es sey noch um einen Tag zu thun / so müsten doch die Leute aufhören zu reden. Als ich aber der Wöchnerin ihre Schwester nach der Bedeutung dieser Rede fragte, (denn ich verstund es nicht) bekam ich zur Antwort: Weil über acht Tage der dritte Sonntag wäre, an welchen sie das Kind anputzten, damit ihm ins künfftige die Kleider fein stehen möchten, so meynete ihre Schwester, die Wöchnerin / den dritten oder letzten Tag, alsdenn würde das Kind nicht wieder also angeputzt. Hieraus kan ich schliessen, daß manche Eltern mehr besorgt sind, wie ihre Kinder in Hoffart fein möchten aufwachsen / als in guten Christlichen Tugenden [127] erzogen werden. Wiewohl die närrische Ceremonien keinesweges den geringsten effect haben können, einen Menschen geschickt und wohl gewachsen zu machen / daß ihm ins künfftige die Kleider solten wohl anstehen. Wohlgewachsenen Leuten stehen wohlgemachte Kleider allzeit fein an; hingegen mache man ein Kleid so geschickt als man will, und ziehe es einem Krüpel an, ob es ihm werde wohl anstehen, wenn er auch gleich die ersten 3. Sonntage in einem güldenen Stück gelegen hätte. Oder soll vielleicht das drey Sonntägige Anputzen die Kinder behüten, daß sie ins künfftige keinen Schaden nehmen können, wodurch sonst einer lahm oder ein Krüpel wird, das wäre gewiß noch mehr eine straffbare Meynung und Abgötterey; ist demnach eine offenbare Thorheit, daß man mit denen kleinen unschuldigen Kindern solche unchristliche Dinge fürnimmt, welches GOtt gewiß an denen Eltern, wo nicht an solchen Kindern, die in der Eltern Fußstapffen treten, ernstlich straffen wird.

Das 80. Capitel
Das 80. Capitel.
Die Weiber sollen am Lichtmeß Tage beym Sonnenschein tantzen / so geräth ihnen dasselbe Jahr der Flachs wohl.

Wenn am Lichtmeß oder Mariä Reinigungs-Tage die Sonne scheinet, kratzen sich die Schäfer hinter den Ohren, und sagen, sie wolten lieber den Wolff in ihren Höfen sehen, als die Sonne. Hingegen wollen die Weiber Sonnenschein [128] zu ihrem Tantze haben, auf daß ihnen der Flachs gerathen möge. Wie wirds denn nun der liebe GOtt einem ieden Narren können recht machen, daß keines das Maul henget? Wenn ich aber erwege / wie ferne es vom Lichtmeß biß zu der Zeit ist / da die Weiber Lein säen / so finde ich, daß der Weiber ihre Thorheit der Schäfer ihre alte Bauern-Physicam an Unverstande weit überlegen ist. Denn was der Schäfer ihre Meynung anlanget, kan solche zwar einiger massen mit natürlichen Ursachen beschöniget werden / wiewohl solche Possen ietziger Zeit gar keine Probe mehr halten wollen. Was aber der Weiber Tantz anlanget, läufft es schnurstracks wider die gesunde Vernunfft. Denn wenn die Würckung vom Sonnenschein kömmt, so brauchen sie ihn nicht zum Tantzen, kömmts aber von Tantzen, so ist der Sonnenschein nicht nöthig; wollen sie aber einwenden: Das Tantzen geschehe vor Freuden, wenn sie sehen, daß die Sonne schiene / weil ihnen damit angezeiget würde, daß der Flachs werde wohl gerathen, so frage ich sie: Warum sie denn sprächen, so einer der Flachs nicht geräth: Sie hätte gewiß nicht getantzt? Mit welcher Rede ja so viel zu erkennen gegeben wird, daß sie dem Tantzen die Krafft zuschreiben. Es sey aber wie es wolle, so erweise ich ihnen, daß an ihren Vorgeben nichts ist, wenn ich ihnen vorstelle, daß einer der Flachs geräth, und einer andern verdirbt / da doch die Sonne beyden geschienen hat. Zu dem so wird der Lein erst im Sommer, und also länger als ein viertel Jahr nach [129] Lichtmeß gesäet, daß solcher gestalt von Lichtmeß biß dahin kein Prognosticon kan gestellet werden. Tantzt demnach so lange ihr wollet, ihr werdet nichts ertantzen.

Das 81. Capitel
Das 81. Capitel.
Wer das Fieber hat / der soll einem Esel ins Ohre sagen / es hätte ihn ein Scorpion gestochen / so vergehet das Fieber von Stund an.

In keiner Profession in der gantzen Welt wird mehr gepfuscht als in die Medicin; nach der gemeinen Sage aber heists: Viel Pfuscher verderben das Handwerck. Ist wohl und wahr geredt; denn wo die Pfuscher sind, können die Meister das Handwerck nicht recht treiben, weil ihnen von jenen alle Nahrung entzogen wird. Wäre dahero kein Wunder, daß ein rechtschaffener Medicus auch verdrüßlich würde, und seine erlernte Wissenschafft und Gründe, die er mit Fleiß inmedicinischen Dingen geleget hat, nachläßig tractirete, weil es auch so gar weit mit der Stümpeley in der Medicin gekommen ist / daß sich ein Doctor muß lassen einen Esel Eintrag thun. Aber, gleichwie der weise Hauß-Lehrer sagt: Wer einen Hümpler dinget, dem wird sein Werck verderbet; Also ist leichte zu erachten, wie wohl eine solche Esels-Cur werde ablauffen. Nachdencklich kömmt mirs vor, daß der Patiente sagen muß / es hätte ihn ein Scorpion gestochen, da er doch das Fieber hat, und soll also der Esel selbst errathen, was dem Patienten fehlet. Aber, es [130] dürffte hier heissen: Wie gebeichtet, also absolviret, und weil wir hier zu Lande keine Scorpionen haben / die einen stechen können, so vermuthe ich nicht ohne Grund, es werde hiermit abgezielet auf die bösen Weiber, davon Syrach Cap. 26. v. 10. sagt: Wer sie kriegt, der kriegt einen Scorpion. Wer nun einen solchen Scorpion im Hause hat, der hat eine arge Plage, und noch ärger als das Fieber. Hiervon kan aber ein Esel eher helffen als ein Doctor; warum? der Esel weiß von nichts als von Arbeit, schlechter Kost und Schlägen. Wer sich solcher wider solche Scorpionen bedienet, der wird der Plage am ersten loß. Daß aber einer wolte das drey-oder viertägige Fieber auf vorgemeldte Weise curiren, dessen habe ich noch kein geschehenes Exempel.

Das 82. Capitel
Das 82. Capitel.
Wenn Montags iemand fremdes zur Stubenthür hinein siehet / und gehet nicht gar hinein / der macht, daß der Mann die Frau schlägt.

Wenn alle Weiber diesem Glaubens-Puncte anhiengen, so wäre zu wünschen / daß alle Tage Montag wäre, und sich dieser Casus zutrüge, so würde ihr Glaube doch recht bestätiget, woferne wahr ist, was hier vorgegeben wird. Alleine, weil dieses Vorgeben auf gar schwache Füsse gegründet ist, so wünsche ich, daß es bey denen abergläubischen alleine (iedoch nicht zu Stärckung ihres Aberglaubens / sondern nur zu ihrer Züchtigung) [131] eintreffen möge. Rechtschaffene und vernünfftige Weiber halten hiervon nichts / dahero bekommen sie auch keine Schläge, es sey denn, daß mancher redlichen Frauen ihr Mann ein grober gossel wäre, der nicht weiß / wie er ein rechtschaffen Weib tractiren soll. Wenn aber manch loses Weib des Sonntags mit andern losen Purschen, Koppel und Trödel-Huren, oder Spaß-Galanen ist spatziren gewesen, und hat, ohne ihres Mannes Wissen und Willen, mit ihnen einen guten Muth gehabt und kommen alsdenn von solchen schönen Spiel Cammeraden einige des Montags drauf, um zu sehen, ob Frau Schlampampe auch wohl geruhet habe, getrauen sich aber vor dem Manne nicht gerade zuzugehen, sondern gucken nur zur Stubenthür hinein / als wie der Hund in die Küche, und prallen alsdenn / wenn sie den Mann sehen, wieder zurück, so giebt solches stracks bey dem Manne Verdacht / und will dahero wissen, wer er sey, oder was er wolle? Wenn aber die liebe Frau nicht recht damit heraus will, entstehet ein Zanck, und Schläge bleiben auch nicht lange aussen. Auf solche Art trifft alsdenn freylich ein, was in dem Titul dieses Catels vorgegeben wird.

Das 83. Capitel
Das 83. Capitel.
Wenn ein Bräutigam seiner Braut ein Buch kaufft oder schenckt / so wird dadurch die Liebe verblättert.

Wenn die Braut von einer solchen Gattung [132] ist, daß sie mehr auf Putz und Hoffart achtet, als auf GOtt und sein Wort, so kan es freylich nicht angenehm fallen, ob ihr gleich ihr Bräutigam das allergeistreichste Gebet-Buch schenckte, sondern sie wird dieses, samt ihrem Bräutigam, verachten, und mit Verdruß in dem Buche herum blättern, auch hernach ihr Mißvergnügen ihrem Liebsten nicht lange bergen können, alsdenn heist es: Mit dem Buche ist die Liebe verblättert worden. Hätte ihr aber der Liebste ein kostbar Halßband, schöne Braseletten an die Arme, oder köstlich Band auf die Fontange geschenckt, so würde es gewiß aus einem andern Thone klingen / und heissen: Hiermit ist die Liebe recht verbunden worden; dieses aber wird nur von nichts-werthen Bräuten vermuthet. Was aber ehrliche und Christliche Bräute sind, die lieben ihren Bräutigam von Hertzen, und, nechst GOtt, über alles, sehen nur auf seinen Willen, haben darneben an alle dem einen grossen Gefallen, was sie von ihm bekommen, es sey auch so gering, als es wolle. Wie ich mich denn erinnere, daß vor diesem eine Ehr- und Tugend liebende Braut in Dreßden von ihrem damahls mit Merseburgischer Gesandschafft in Wien sich befindlichen Liebsten ein paar in einander geflochtene Kirsch-Stiele in einem Brieffe bekam, die sie so werth hielt, als ob es die kostbarste Diamantene Rose gewesen, zumahl, da sie wuste, daß ihr Liebster solche mit eigenen Händen zusammen geflochten hatte. Aber leider! giebt es ietzt dergleichen rühmens-würdige Bräute gar wenig.

Das 84. Capitel
[133] Das 84. Capitel.
Wer Eßig ansetzen will / der muß sauer darzu sehen /und böse seyn / sonst geräth der Eßig nicht.

Wenn sauertöpfige Leute dem Eßig oder dergleichen eine Säure aus ihrer Eigenschafft und Natur mittheilen können, so wird nothwendig im Gegentheil folgen, daß fromme, holdseelige und freundliche Leute dasjenige, was sauer ist, wieder süß und lieblich machen können. Zum Exempel: Wer sauer Bier oder sauern Wein hätte, müste es durch fromme und freundliche Leute anfüllen lassen, so würde sich die Säure wieder verlieren. Ey wie mancher Centner Kreyde würde unverderbt bleiben, der sonst zu Anmachung des sauern Bieres angewendet wird! Aber gleichwie ich mich nicht erinnere, mein Lebtage gehöret zu haben, daß ein freundlicher Mensch solche Eigenschafft an sich gehabt habe; also verursacht mir jenes mit denen bösen und mürrischen Leuten auch einen Zweifel bey Verfertigung guten Eßigs. Denn wenn ich erwege /daß bey Verfertigung eines ieden Dinges eine gute Wissenschafft und Handgriffe erfodert werden; also ist kein Zweifel / daß das Eßig-Machen eben auch gewisse Handgriffe bedarff. Daß aber ein Unterscheid unter denen Personen, die solchen machen, seyn müste, lasse ich mich nimmermehr bereden. Und ob mir gleich nicht anstehet, von mir selbst zu schreiben, ob ich fromm oder böse [134] sey, so kan ich doch wohl melden / daß ich noch wohl weiß, was Eßig-Machen sey, und habe vor ohngefehr 17. biß 18. Jahren, auf Veranlassen eines curiösen Engelländers, von allerhand Land- und frembden- auch Sect und Spanischen Wein, ja gar von Zucker und Honig, den besten Eßig, wie auch Brandtewein, verfertiget. Ob ich aber darzu sauer gesehen oder gelacht habe / solches ist mir nicht mehr wissend.

Das 85. Capitel
Das 85. Capitel.
Wen einem die Ohren klingen / wird man belogen.

Mancher / der mit allerhand verdrüßlichen Haupt-Flüssen beschweret ist, dürffte offt wohl wünschen, daß das Ohren-Klingen nur von Belügen herkäme, so hätte er Hoffnung, daß es bald würde wieder nachlassen / denn es heist: Hüt dich für der That, der Lügen wird wohl Rath; und würde gerne seine Flüsse mit einer angedachten Lüge vertauschen, wenn es angieng. Das ist zwar wahr, daß einem nichts unangenehmers kan in die Ohren klingen, als wenn man höret, daß man fälschlich belogen wird. Wie aber das soll zugehen / daß einem sollen die Ohren klingen /wenn man abwesend belogen wird, kan ich nicht begreiffen. Denn es kan durch keine Sympathie geschehen / weil zwischen dem Verleumbder und Verleumbdeten vielmehr eine Antipathie zu vermuthen ist. Auch wolle man nur bedencken, ob auch wohl viel Leute solten gefunden werden, [135] welche wohl in Jahr und Tag nicht einmahl solten belogen werden? Nun aber finden sich derer hingegen genug, denen in Jahr und Tag die Ohren nicht geklungen. Wenn nun das Belügen solte bas Ohren-Klingen verursachen, so müste folgen, daß gesunde Leute / denen die Ohren wohl in etlichen Jahren nicht klingen, auch so lange nicht belogen würden, welches doch mit der Erfahrung nicht überein kömmt. Mancher Mensch hingegen (sonderlich ein grosser Herr) wird täglich belogen, und klingen ihm dennoch niemahls die Ohren: Und der, welcher wohl am wenigsten in der Leute Mäuler kömmt, hat vom Ohren-Klingen die gröste Beschwerung.

Das 86. Capitel
Das 86. Capitel.
Wenn eine Henne krähet / wie ein Hahn / so bedeutet es ein Unglück.

Es ist bekannt, daß zuweilen die Hüner krähen, wie ein Hahn, und gemeiniglich, wenn sie voll Futter haben, und fett worden sind. Wenn denn dieses Krähen von einer Henne gemerckt wird, so wird es insgemein vor ein Prognosticon eines künfftigen Unglücks gehalten, und der Prophetin der Halß abgeschnitten. Ist eben nicht übel gethan; nur daß die dabey geführte Meynung unrecht ist: Denn daß die Henne durch ihr Krähen ein groß Unglück bezeigen solle, ist falsch, und bestehet das gantze Unglück im folgenden: Wenn die Hüner in vollem Futter stehen, und fett werden, legen sie keine Eyer mehr, sondern werden frech, und krähen / wie die Hähne, [136] und endlich, wenn man sie lange gehen lässet, wird aus ihrer Fettigkeit eine Kranckheit, und sterben wohl gar. Ist dahero nicht besser gethan, als daß man ihnen bey Zeiten die Hälse breche, und ist sonst kein ander Unglück zu besorgen, als daß man nun ins künfftige wenig Eyer mehr von solchen Hünern bekomme, und solchergestalt ihnen das Futter umsonst geben werde.

Das 87. Capitel
Das 87. Capitel.
Wer am Grünen-Donnerstage fastet / der ist selbiges Jahr frey vor dem Fieber; wer es aber schon hat / dem vergehet es alsobald.

Es sind mehr Hülffs-Mittel wider das Fieber, als Tage im Jahre; wenn es aber soll an ein Helffen gehen, so heist es doch wohl: Es hilfft, so viel es kan. Das ist gewiß, daß das Fasten und Hungern das beste und sicherste Mittel wider das Fieber ist; wie ich mich denn selbst vieler erinnere, die sich mit Hunger gantz glücklich davon befreyet haben. Und ob wohl der abergläubische Wahn gemeiniglich geheget wird, daß man drey Freytage nach einander biß Abends nach der Sonnen Untergang müsse fasten, und gantz nüchtern bleiben; so will ich doch einen ieglichen gantz gewiß versichern, daß an den Tagen nichts gelegen ist, und mag an statt des Freytags ein anderer seyn. Und sonderlich wirds am besten seyn an solchen Tagen, da einen am meisten hungert, denn das ist gewiß, daß, wenn einer zu der Zeit fasten [137] wolte, wenn er ohnedem einen Eckel vor dem Essen hat, so wirds nichts helffen; daß aber das Grüne-Donnerstags-Fasten in specie ein remedium wider das Fieber seyn soll, ist die lautre Unwahrheit, und die daran gläuben, sind billig mit unter die Tage-Wehler, an welchen GOtt einen Greuel hat, zu rechnen, und nimmt mich Wunder, daß solche abergläubische Leute nicht lieber die Sonnabende zu Heilung derer Kranckheiten nehmen, weil Christus viele Kranckheiten am Sabbath-Tage oder Sonnabend geheilet hat?

Das 88. Capitel
Das 88. Capitel.
Wer zu Marckte ziehet / und borget die erste Lösung weg / der verborget sein Glück.

Man pflegt zu sagen: Wie einer glaubt, so geschicht ihm. Mancher verborget den ersten Hand-Kauff nicht, und wenn er gar keinen Dreyer marcken solte, und also machens abergläubische Leute täglich im Handel und Wandel; ich bin aber gantz anderer Meynung /und achte es vor nichts schädliches, wenn einer den Handkauff weg borget, und halte ich den, der borget, vor unglücklicher, als den, der verborget. Denn ein Kramer oder Handwercksmann wird so leichte keinem etwas borgen, wenn er nicht weiß, daß der andere ihn auch gewiß werde bezahlen können. Und wenn nun ein Kramer was verborget, schlägt er es allezeit höher an, als wenn er baare Zahlung bekömmt, der andere muß es auch höher annehmen, oder bekömmt keinenCredit: muß aber doch endlich die [138] Zahlung davor thun / und hat alsdenn der Verkauffer seine Waare, die ihm vielleicht sonst wohl noch über dem Halse läge, mit Ziehung der Kauff-Gelder, samt der Interesse verthan. Das ist zwar wohl gewiß, daß, wenn man den ersten Handkauff, oder wie es insgemein ausgesprochen wird, Hanckff, einem verborgen wolte, von dem wenig Zahlung zu hoffen wäre, so würde einer freylich einen unglücklichen Marckt halten; denn ob er gleich hernach ziemliche Waare für baar Geld vertrieb, würde es doch wohl mißlich seyn, ob der profit von allen so viel austragen würde, als was er bey dem ersten Wegleihen verlohren hat. Und solcher Gestalt, oder mit solcher condition findet dieser Articul bey mir auch Glauben, aber in keinem abergläubischen Verstande.

Das 89. Capitel
Das 89. Capitel.
Wer auf einem Marckte etwas feil hat / soll den ersten Käuffer nicht gehen lassen / solte man auch gleich die Waare wohlfeiler hingeben / als sonst.

Hinter diesen und vorigen Punct stecket eine rechte List und Tockmäuserey derer betrüglichen Krämer und Verkäuffer. Und obgleich dieser Punct dem vorigen entgegen zu lauffen scheinet, so wissen doch die listigen Krämer mit beyden gar wohl zu rechte zu kommen, und um ihres Interesse willen, einem ieden Gnüge zu thun, wenn sie den Kauffer bereden, weil er der erste Kauffer sey, möchten sie ihn nicht gern gehen lassen; und damit [139] sie ihm gleichwohl aber auch den ersten Handkauff nicht verborgeten, so möchte er (woferne er nicht Geld hat zu baarer Zahlung) nur indessen einen Dreyer oder Groschen drauff bezahlen. Da denckt nun der betrogene Kauffer / es habe ihn ein Haase geleckt / und habe um des ersten Handkauffs willen, die Waare gar wohlfeil erhandelt, da er sie doch am theuersten angenommen hat. Es begiebt sich zwar auch wohl / daß zuweilen ein in Aberglauben ersoffener Kramer die erste Waare gutes Kauffs giebet, aber es gereicht dennoch zu seinem Nutzen. Denn wenn der Kauffer andern meldet, wie gutes Kauffs er seine Waare bey dem und dem erhalten hätte, so fällt alles daselbst zu, und vermeynet wohl zu kauffen; aber der Kramer weiß seine Sache schon zu machen, daß die übrigen betrogen werden. Dieses ist also die Ursach, warum mancher so steiff über diesen und vorigen Glaubens-Punct hält, da doch nichts als Betrug darunter stecket.

Das 90. Capitel
Das 90. Capitel.
Ein Bräutigam soll seiner Liebsten / vor öffentlicher Verlöbniß / kein Messer oder Scheere kauffen / es wird sonst damit die Liebe zerschnitten.

Da dencke man nur / was die Liebe vor ein zartes, weiches und gebrechliches Ding sey! stracks ist ein Loch hinein gestossen oder geschnitten, und nimmt mich Wunder, weil gleichwohl die Bräute sonst viel auf Scheeren halten, (denn [140] sie haben vor der Hochzeit viel zu nehen,) dennoch solch Unheil von denen Scheeren entstehen solle; und kan ich mir nicht einbilden, wie es zugehe, daß mit dem von dem Bräutigam gekaufften Messer oder Scheere stracks die Liebe soll zerschnitten werden? Denn weil doch die Braut ohne diß zum Essen ein Messer, und zum Nehen eine Scheere braucht, warum zerschneidet denn ihr eigen Messer und Scheere die Liebe nicht auch? da doch die Scheeren und Messer, die ein Bräutigam der Braut zu kauffen pfleget, gemeiniglich gar klein sind? Antwort: Eben darum, weil die Braut mehr vom Scheeren als kleinen Messergen hält, und lieber sähe, der Bräutigam versorgete sie mit einem rechten Schnitzer, (den sie in der Küche gebrauchen kan) als daß er ihr ein klein Messergen kaufft. Darüber wird freylich manche Jungfer Braut ungedultig, und sticht stracks mit solchen kleinen Messergen ein Loch in die Liebe, daß hernach der arme Bräutigam gnug wieder daran zu flicken hat. Dieses ist also meine Meynung über diesen Glaubens-Grund; wenn ein anderer eine bessere anzugeben weiß, so will ichs gern mit anhören.

Das 91. Capitel
Das 91. Capitel.
Die Kinder soll man Freytags nicht baden / denn sie kommen aus ihrer Ruhe.

Ich glaube, daß dieses eine zweydeutige Redens-Art sey, welche so zu verstehen ist: Wenn ein Kind in der Ruhe liegt, und man nimmt es, und badets, so kömmt es aus der Ruhe. Wenn es [141] nun an einem Freytage geschicht, so kan man wohl sagen: Wer am Freytage das Kind (verstehe das ruhende) aus der Ruhe nimmt, und badet, der störet es aus der Ruhe. Ausser dem aber ist offenbar genug, daß an diesem Aberglauben im geringsten nichts sey, weil viel tausend Kinder Freytags gebadet werden, und dennoch gar sanfft drauff ruhen.

Das 92. Capitel
Das 92. Capitel.
Wenn man stillschweigend Wasser holet / muß es aus einem Flusse von oben hinabwarts geschöpffet werden.

Das Ding ist überaus klug ausgesonnen. Denn wenn das Wasser dem Strohme entgegen geschöpfft würde, so ist zu vermuthen, daß durch solch widerwärtiges Schöpffen das Wasser auch eine widerwärtige Natur an sich nehmen werde. Hierbey fällt mir ein, was von einem Westphälischen Bauer erzehlet wird, dessen Weib ins Wasser gefallen, oder wie einige erzehlen, selbst hinein gesprungen war, sich zu ersäuffen. Da dieses dem Manne angesagt, und dabey die Gegend gewiesen wurde, wo sie hinein gefallen wäre, lieff er spornstreichs an dem Strom hinauf, und schrye nach seiner Frauen; wie ihm aber die Nachtbarn zurieffen, er müste hinabwarts gehen, antwortete er: Er wüste seiner Frauen ihre Natur am besten, sie hätte allezeit die Art gehabt, daß sie wider den Strom gestrebet hätte, also würde sie nicht ietzt diesen Augenblick ihre Natur geändert haben. Hätte der ehrliche [142] Mann sich auf das stillschweigende Wasser-Holen verstanden, so hätte er seine im still-schweigenden Wasser ersoffene Frau vielleicht nicht dem Fluß entgegen gesucht. Zum andern ist auch bewust, daß, wenn man dem Strome entgegen schöpffet, so gehet es nicht so stille zu, als wie bey dem Hinab-schöpffen, sondern es giebt ein grösser Geräusch. Ist dahero kein Wunder, daß das stillschweigende Wasser muß hinabwarts geschöpffet werden, und wenn es gebraucht ist, wozu es hat gesolt, so muß es auch wieder ins fliessende Wasser getragen, und dem Flusse nachgegossen werden, so kan es nicht fehlen, der Fluß nimmt alles mit hinweg. Diesem allen aber ungeachtet kömmt mir doch das stillschweigende Wasser, und dessen Krafft, sehr verdächtig vor. Alles Wasser ist ja stillschweigend Wasser, denn ich habe mein Lebtage kein redend Wasser gesehen. Wenn es aber daher also genennet wird, weil diejenige Person, die es holet, stille schweiget, und nichts redet, biß sie es an Ort und Stelle bringet (wiewohl / als ich einsmahls einer Magd mit einem Topffe begegnete, und sie fragte, was sie trüge? gab sie mir zur Antwort, sie hätte stillschweigend Wasser im Topffe;) so fragt sichs: Wie denn dem Wasser durch Stillschweigen eine Krafft könne einverleibet werden? Es ist denen Christen bekannt, daß das Gnaden-reiche Wasser des Lebens, nehmlich das Tauff-Wasser, seine Krafft vom Worte GOttes hat; Wie aber die abergläubischen Christen die Krafft ihres stillschweigenden Wassers erweisen wollen, will ich gerne [143] hören. Aber ich bilde mir ein, sie werden es wohl stillschweigend beantworten.

Das 93. Capitel
Das 93. Capitel.
Den Abend vor Walburge soll man drey Creutze an die Thüren schreiben / sonst können einem die Hexen Schaden thun.

Was ist doch ein blosses ohne gute Gedancken geschriebenes Creutz besser, als ein gemahlter Galgen? Ich achte, daß eines so viel nutzet als das andere, und wird der Teufel nichts nach allen Creutzen fragen, wenn gleich ein Mensch ein Kleid anhätte, welches aus lauter Creutzen bestünde. Wie denn auch ohne dem alles, was wir um und neben uns haben, aus lauter Creutzen bestehet, und trägt ein ieglicher ohne Unterlaß viel 1000. Creutze an sich; denn alle Leinwand, woraus unsere Hembden gemacht, alles Tuch und Zeige, woraus unsere Kleider bestehen, ist alles Creutz-weiß über einander gewircket, ingleichen alle Thüren bestehen aus Creutzen, über welche sowohl die Leisten qver über oder Creutz-weiß gehen, als auch die eisern Bänder, woran sie gehenckt sind, formiren Creutze, ja alles, wormit man umgehet, bestehet aus Creutzen. Wie viel Handwercker müssen Hämmer gebrauchen? Was ist aber ein Hammer anders, als ein Creutz? Ein Nagelbohrer ist ein Creutz. Wenn ein Holtzhauer ein Stück Holtz von einander schneidet, machet er mit der Säge und Holtz ein Creutz, [144] und so fort. Wie solte denn nun der Teufel und sein Anhang sich vor drey elenden mit Kreiden, Röthel oder Kohlen geschriebenen Creutzen fürchten? Das müst in Wahrheit ein elender Teufel seyn, der auch eben zu einer solchen Thüre hinein ins Gemach gehen müste, wo die Creutze angeschrieben. Was die Hexen anlanget, so ist noch lange nicht zur Gnüge erwiesen, daß solche in der Walburgis Nacht auf den Brockersberg reuten; und gesetzt, es sey wahrhafftig wahr, so lasset sie ins Geyers Nahmen reiten, ihrepassage wird nicht eben durch unsere Häuser und Kammern gehen / und wenn sie auch ja dadurch ritten, so würden die Creutze an denen Thüren doch nichts helffen, denn die Hexen formiren ja selbst mit ihrer Reuterey ein Creutz, wenn sie über der Ofen-Gabel, dem Besen, oder gar dem Bocke sitzen. Bedenckts doch demnach ihr Thoren, ob ihr nicht lauter lacherliche Narren Possen biß anhero geglaubet habt /welche mehrentheils aus dem abergläubischen abgöttischen Pabstthum entsprungen sind? Nicht dem Creutz, sondern dem Gecreutzigten gebt die Ehre. Wolt ihr aber gute Gedancken über das Creutz Christi haben, so habt sie folgender massen:


1.
O Grobes Holtz!
Bist du so stoltz?
Wilst du dem zarten GOttes-Lamm den Rücken
Unschuldig gar zerqvetschen und zerdrücken?
Muß JEsus denn, durch ungebähnte Treppen,
Nach Golgatha das schwere Creutz selbst schleppen?
[145] 2.
Verdammtes Holtz!
Steh nicht so stoltz,
Daß GOttes Sohn an dir wird aufgehencket,
Mit Lästerungen liederlich gekräncket.
Ist diß der Danck, daß er dich hat erschaffen?
Und du kanst ihn so von der Erden raffen.
3.
Elendes Holtz!
Sey ja nicht stoltz,
Daß du den König aller Herren trägest,
Und dich bey seiner Marter nicht bewegest.
Siehst du die Erde nicht vor Angst erbeben,
Sich feste Felsen von einander geben?
4.
Verfinstert Holtz!
Sey nur nicht stoltz,
Dieweil das Licht der Welt an dir erbleichet-
Ist auf der Erden nichts, das dich erweichet?
Das gantze Land hat eine finstre Sonne,
Mehr schwartz, als eine Bech-beschmitzte Tonne.
5.
Ehrgeitzig Holtz!
Laß deinen Stoltz.
Die Uberschrifft des Königes der Jüden
Wird schwerlich dich zu seinem Scepter sieden.
Sein Königreich ist nicht von dieser Erden,
Und muß ein König doch geschrieben werden.
6.
Hoffärtig Holtz!
Sey doch nicht stoltz.
Kan JEsu Demuth allen Hohn verschmertzen,
So magst du deinen Hochmuth wohl ausmertzen.
Und köntest du den höchsten Berg erlangen,
So bleibt an dir die Demuth doch nicht hangen.
7.
Erstorben Holtz!
Was soll dein Stoltz?
[146]
Muß gleich der Fürst des Lebens an dir sterben,
So kan er doch im Tode nicht verderben.
Dich aber wird der Tod zum Tod verfluchen,
Und deine Stätte in der Aschen suchen.
8.
Verfluchtes Holtz!
Was macht dein Stoltz?
Vielleicht, dieweil das Heil hängt angenagelt,
Auf welches allen Fluch der Teufel hagelt
Ists denn wohl recht, daß du den Himmels-Seegen,
Läßt so verfluchten Schimpff und Spott anlegen?
9.
Erhaben Holtz!
So hat dein Stoltz
Sich mit der Höllen-Schlange so verglichen,
Zum Weibes-Saamen in die Höh zu kriechen,
Den Fersen Stich ihn listig anzubringen;
Doch muß der Schlangen es zum Tod gelingen.
10.
Betrogen Holtz!
Du bist wohl stoltz,
Daß du des Menschen Sohn so hoch gezogen;
Doch mit der Schlangen von dem Wort betrogen.
Denn GOtt und Mensch hat jener Kopff zertreten,
Und ander Holtz läßt sich vor dich anbeten.
11.
Du Abgott-Holtz!
Betreugest stoltz:
Ist etwas ja von dir noch überblieben;
Laß dich den Pabst und seinen Anhang lieben.
GOtt den Gecreutzigten will ich nur wissen,
Nicht dich; doch ihn und seine Wunden küssen.
12.
O fruchtbar Holtz!
Sey nimmer stoltz;
Du kanst von deiner Frucht mit Wahrheit sagen:
Daß nie kein Baum dergleichen hat getragen:
Die alleredelsten und besten Früchte
Sind die, die uns befreyen vom Gerichte.
[147] 13.
O Todten-Holtz!
Sey immer stoltz;
Denn die Drey-Einigkeit aus GOttes Reiche,
Gönnt in der Lufft dir eine reine Leiche.
GOtt hängt erwürgt, der Lebens-Fürst am Creutze,
Daß er die Todten zu dem Leben reitze.
14.
Du stummes Holtz!
Sey nur nicht stoltz!
Daß du dem Wort must eine Cantzel werden;
Es hat wohl eh gepredigt auf der Erden.
Mein ist der Trost, daß GOtt für mich GOtt bittet.
Wie seine Creutziger er selbst vertrittet.
15.
Holtz! du bist Holtz!
Und ich bin stoltz,
Denn JEsus, als der edle Baum des Lebens,
Nicht ungefehr verdammet und vergebens:
Vielmehr freywillig an dir wollen hangen,
Die Arme ausgespannt, mich zu umfangen.

Hr. Joh. Daniel Schneider / Dresd.
Das 94. Capitel
Das 94. Capitel.
Bey dem Schlaffen-gehen soll man nichts auf dem Tische liegen lassen.

Warum aber nicht? Antwort: Es kan sonst das älteste oder das jüngste im Hause nicht schlaffen. Ob nun zwar diese Meynung mit unter die Aberglauben gerathen ist, weil insgemein davor gehalten wird, es habe dasjenige, was des Abends auf dem Tische liegen bleibet, schlechterdings die Krafft, das älteste oder das jüngste aus der Ruhe zu bringen; so ist dennoch auch mehr [148] zu rathen, als abzuwehren, daß alle Abend der Tisch abgeräumet werde, weil es eine Verrichtung ist, welche billig zu einer guten und ordentlichen Haußhaltung mit gehöret. Nicht, als ob ich vor wahr hielte, daß hierdurch das Kind oder der Haußwirth besser ruhen werde: Denn dieses ist schlechterdings nicht wahr; sondern weil es nicht fein stehet, daß alles auf dem Tische in Unordnung liegen bleibet, wiewohl es auch zuweilen geschicht, daß aus Vergessenheit etwas auf dem Tische liegen bleibet, woran dem Wirthe wohl was sonderlichs gelegen ist, und wenn er sich im Bette darauf besinnet, macht es ihm Sorge /und benimmt ihm solchergestalt den Schlaff. Dahero wäre ich auch diesen Punct gern gar vorbey gegangen, wenn nicht mit geglaubet würde, das jüngste oder älteste könne nicht ruhen. Denn was das jüngste soll mit den auf dem Tisch liegenden Sachen zu thun haben, daß es nicht ruhen könne, kan ich nicht ersinnen, es müste denn von der Kinder Puppen-Werck herrühren.

Das 95. Capitel
Das 95. Capitel.
Wenn eine Sechswöchnerin zur Kirche gehet / kan sie mercken / ob sie ins künfftige werde einen Sohn oder Tochter / oder gar kein Kind mehr bekommen.

Wenn der Kirch-Gängerin eine Manns-Person begegnet, soll sie einen Sohn, wenn ihr aber eine Weibs-Person begegnet, eine Tochter ins künfftige wieder bekommen; begegnet ihr aber niemand, soll sie auch kein Kind mehr bekommen; [149] item, wenn ihr zwey Personen zugleich begegnen, soll sie Zwillinge kriegen. Was aber von dieser Sache zu halten sey, kan ein Vernünfftiger leicht errathen, und trifft so gewiß ein, als wie das ietzt sehr im Schwange gehende punctiren. Wie offt wird sichs zutragen, daß niemand einer solchen zur Kirche gehenden Wöchnerin begegnet, und sie dennoch wieder schwanger wird, und Kinder gebieret? Ja es geschicht offt, daß ihrer dreye biß viere mit einander gehend ihr begegnen, und sie bekömmt wohl gar kein Kind mehr, oder doch nur eines / auch wohl nicht einmahl des Geschlechts, wie die gewesen, welche ihr begegnet sind, daß also dieses kindische Weiber-Fürgeben vor ungewiß ist. Ernsthaffte und verständige Weiber werden auch ohnedem dieses nur als einen Schertz annehmen; die albern abergläubischen aber setzen grosse Hoffnung auf solche Possen, und wenn es ohngefehr etwan einmahl zutrifft, wie sie sich haben eingebildet / ey da sind sie hernach in ihren Gedancken der Sache so gewiß, daß sie zur andern Zeit wohl gar Wetten drüber anstellen / es werde so oder so werden.

Das 96. Capitel
Das 96. Capitel.
Wer früh nüchtern nieset kriegt selbigen Tag etwas geschencket, oder bekömmt den Schnupffen.

Dieses kan wohl eintreffen; denn weil das Niesen ein Anzeichen des Schnupffens ist, so wird insgemein auf solch natürlich Niesen, das nicht mit Fleiß durch Schnupff-Tobac erreget worden ist der Schnupffen folgen. Zum andern begiebt sichs auch täglich, daß einer dem andern etwas giebt, und solte es auch nur ein Apffel, Birn oder dergleichen schlecht. Ding [150] seyn, daß demnach das erste gemeiniglich, samt den letzten erfolget. Mag also einer früh nüchtern, oder Nachmittage voller und satterweise niesen, so wird gewöhnlicher massen der Schnupffen darauf erfolgen. Was aber das Geschencke anlanget, so ist darauf wegen des Niesens gar nicht zu reflectiren. Denn was ohnedem alltäglich sich zuträgt, kan ja nicht durch eine gewisse Begebenheit vorbedeutet werden, und kömmt so einfältig heraus, als wenn ich spräche: Ich habe heute früh als ich bin aufgestanden, gehustet, ich werde entweder den Husten kriegen, oder trincke heute Bier. Eben so alber und lächerig ist das Vorgeben mit dem nüchtern Niesen auch.

Das 97. Capitel
Das 97. Capitel.
Es ist nicht gut / daß man sich Feuer oder Licht durch einen Fremden lässet aus dem Hause tragen.

Ich kenne Leute, welche dermassen in diesen närrischen Wahn ersoffen sind, daß sie auch eher was anders zugäben, als geschehen liessen, daß iemand Fremdes, oder auch ihrer Nachbarn einer, nur zum wenigsten ein Licht bey ihnen anzündete, und aus ihrem Hause trüge, und wenn sie zuweilen gesehen, daß des Abends ein und anders, denen der Wind die Lichte in denen Laternen ausgelöschet gehabt, ihre Lichte in meinem Hause wieder angezündet haben, so haben sie sich verwundert, daß ich solches zugegeben, und dabey gesagt: Sie liessen es nicht geschehen. Wenn ich gefragt habe, was es denn schaden könne? Ist erstlich die Antwort gewesen; Es sey nicht gut, und da ich auf eine genauere Antwort gedrungen, so ists endlich folgende gewesen; Es würde einem mit dem Feuer die Nahrung aus dem Hause getragen. Allein wenn ich solcher einfältigen Leute ihre Nahrung betrachtet habe, so ist sie noch schlechter gewesen, als bey andern, die auf keinen solchen albern Aberglauben iemahl etwas gehalten haben. Es ist auch gemeiniglich mit solchem abergläubischen Thoren also beschaffen, als wie mit denen, von welchen man zu sagen pfleget: Sie haben ihre Nahrung mit Schauffeln zur Thüre hinaus geworffen, und nun wollen sie sie mit Nadeln wieder zum Fenster hinein scharren. Es kan auch nicht anders seyn; denn wer seine Gedancken nur auf solche Possen richtet, und das Hertz dran hänget, der lässet hingegen das schuldige Vertrauen zu GOtt, [151] fahren, so entziehet hernach GOtt billig seinen Seegen, und heist hernach: Sie wollen des Seegens nicht, so wird er auch ferne von ihnen bleiben.

Das 98. Capitel
Das 98. Capitel.
Wenn eine Magd zu einem neuen Herrn ziehet, soll sie stracks bey dem Anzuge ins Ofen-Loch gucken.

Ich fragte einsmahls eine bey mir anziehende Magd, was es zu bedeuten hätte, daß sie stracks ins Ofen Loch guckete? Die gab mir zur Antwort: Sie wüste es nicht; und gleichwohl lieff sie stracks, da sie ins Hauß kam, nach den Ofen-Loche, und verbracht also die herrliche Mägde-Gewohnheit, ob sie gleich nicht wuste warum. Andere aber haben gesagt, es geschehe darum, auf daß sie bald gewohnten. Auf was Art nun das Ofen-Gucken verhelffen mag, daß die Magd eher als sonst eingewohnet, ist mir unwissend. Hingegen erinnere ich mich dessen wohl, daß eine Magd, welche gar bedachtsam ins Ofen-Loch gegucket hatte, dennoch 14. Tage nach ihren Anzuge wieder entlieff; woraus ja zur Gnüge erhellet, wie richtig dieser Glaubens-Punct sey. Zwar kan sichs wohl einmahl begeben haben, daß eine Magd beym Anzuge in Ofen gesehen, und einen praven Topff mit Fleisch am Feuer stehen gefunden welches ihr stracks einen Appetit erwecket, in solcher fetten Küchen bey denen Fleisch-Töpffen zu verbleiben, zumahl wenn sie irgend vorhero bey einem kargen oder hungerigen Herrn gedienet hat. Aber damit ists noch lange nicht ausgemacht, daß das Ofen-Gucken zur Einwohnung denen Mägdenuniversal seyn müsse.

Das 99. Capitel
Das 99. Capitel.
Wer Lein säen lässet / soll dem Sämann ein Trinckgeld geben, sonst verdirbt der Flachs.

Es müste einer gar eine dicke Nase haben, und hefftig mit dem Schnupffen beladen seyn, der nicht riechen wolle, wornach diese Meynung stincke, oder woher sie entstanden wäre. Denn es wird sich schwerlich ein vernünfftiger Mensch [152] einbilden können, daß eine elende Verehrung oder Trinckgeld die Krafft haben solle, daß der Flachs besser wachsen müsse. Jedoch mag vielleicht die Sache folgender massen zu verstehen seyn: Wenn der Sämann ein gut Trinckgeld bekömmt, so wendet er bessern Fleiß drauf, daß der Lein nicht zu dicke noch zu dünne geworffen werde, und fein gleich wachsen könne. Wenn er aber nichts bekömmt, so ist er darob verdrüßlich, und streuet den Saamen entweder zu dicke, daß der Flachs nicht recht wachsen kan, oder zu dünne, so wird der Flachs grobhärig. Und solcher gestalt mag wohl der gethanen Verehrung etwas zugeschrieben werden, aber sonst auf keinerley Weise.

Das 100. Capitel
Das 100. Capitel.
Wenn eine ledige Weibs Person in der Christ-Nacht heisses Bley ins Wasser giesset / bekömmt es die Gestalt als wie das Handwercks-Geräthe dessen, der sie heyrathen wird.

Die grosse Begierde, so das weibliche Geschlecht zum Männer-nehmen hat, lehret sie allerhand Narren-Possen vornehmen, daran sie mercken wollen, was sie vor einen Mann bekommen werden; und ist das Bley-Giessen nicht das geringste ihrer gewöhnlichen Proben, um hierdurch zu erfahren, was der künfftige Liebste vor einer Profession zu gethan sey. Wie schändlich aber manche sich hiermit selbst betrogen hat, brauchet wenig Beweises. Nur ein Exempel zu gedencken, so war vor diesem in Leipzig eine Magd, welche in einen Apothecker-Gesellen verliebt war, und weil sie etliche 100. Thaler in Vermögen hatte, genosse sie von ihme auch ein u. andere caressen, dahero sie sich ihn gäntzlich einbildete zur Ehe zu kriegen; dennoch aber machte sie in der Christ-Nachtpræparatoria zum Bleygiessen; wie ich dieses merckte, sagte ich zu ihr: Sie müste ein Loch durch ein Karten-Blat stechen, und das Bley dadurch giessen, so würde es nach ihrem Wunsch fallen. Dieses that sie sammt der Köchin, und bekamen beyde einerley Arten von Figuren, nehmlich, theils rund, und das musten Pillen heissen, theils an einem Ende rund, und an andern länglich zugespitzt, das musten destillir-Kolben seyn; etliche [153] waren krumm, und dieses heissen Retotten. Dieses bestärckte nicht alleine die so genannte Junge-Magd, daß sie ihren Apothecker-Gesellen würde bekommen, sondern sie brachte die Köchin auch auf diese Meynung, ob würde sie auch einen Apothecker kriegen. Aber es wurde aus beyden nichts; denn die Magd bekam einen Bareth-Kramer, und die Köchin einen Fuhrmann. Also siehet man, wie doch gantz ohne einigen Grund solche Gauckel-Possen und abgöttische Fratzen sind, und finden dennoch bey einer so grossen Menge Menschen statt, worüber sich billich ein vernünfftiger Mensch verwundern muß. Ich meines Orts werde mich nimmermehr bereden lassen, solchen Thorheiten nachzuhängen; denn, wer leicht gläubt, wird leicht betrogen. Wohl aber werde ich glauben, was in GOttes Wort gegründet ist, und solchen anhängen biß an mein seeliges


ENDE

Inhalts-Register
Inhalts-Register derer Materien, so hierinne abgehandelt worden.

Das 1. Capitel. Wenn eine Wöchnerin in einer Stube in Wochen lieget, und kömmt iemand mit einem Trag-Korbe hinein, so muß es einen Span von Korbe abbrechen, und in die Wiege stecken, sonst nimmt es der Mutter oder dem Kinde die Ruhe hinweg 13

Das 2. Cap. Wenn man gewiß will wissen, ob das Kind beschryen sey oder nicht, so muß es die Mutter an der Stirn lecken, ist das Kind beschryen, so schmeckt die Stirn gesaltzen 14

Das 3. Cap. Wenn man etwas von Wäsche linck oder verkehrt anziehet, wird man nicht beschryen 16

Das 4. Cap. Die beste Probe, ob ein Patiente beschryen sey oder nicht, soll seyn, wenn man Frauen-Flachs, Szysche, oder Ruff-Kraut kochet, und damit den Patienten badet, das Bad unter das Bett setzet, so laufft es zusammen, wenn er beschryen, ist er aber nicht beschryen, so laufft das Bad nicht zusammen 18

Das 5. Cap. Wer viel Geld einzunehmen hat, der soll Kreide darzu legen, so können böse Leute davon nichts wieder holen 23

[154] Das 6. Cap. Wenn der Drach oder böse Leute einem nichts vom Gelde holen sollen, so wasche man es nur in reinem Wasser ab, und lege ein wenig Brod und Saltz darzu 26

Das 7. Cap. Wenn die Weiber Garn sieden, so müssen sie prav dabey lügen, sonst wird es nicht recht weiß 27

Das 8. C. Es ist nicht gut, wenn man über das Kehrig gehet 29

Das 9. Cap. Es ist nicht gut, daß man die kleinen Kinder kleine Krebsgen nennet, denn sie verbutten hernach gantz 30

Das 10. Cap. Es ist nicht gut, wenn man über Land reiset, und laufft einem ein Haase übern Weg 32

Das 11. Cap. Wer aus einer Kanne oder einem Kruge getruncken hat, soll solchen nicht mit der Hand über den Deckel anfassen, daß solcher hierdurch überspannet werde, denn es ist dem andern schädlich, der daraus trincken soll 33

Das 12. Cap. Die Eltern sollen ihren Kindern nicht selbst Klappern kauffen, sondern von fremden Leuten verehren lassen, sonst lernen sie langsam reden 34

Das 13. Cap. Wenn die Kinder schwerlich reden lernen, soll man ihnen Bettel-Brodt zu essen geben 36

Das 14. Cap. Wenn man verreiset, oder sonst um ein und andere Verrichtung halber aus dem Hause gehet, und vergisset etwas, soll man nicht wieder umkehren, sondern soll lieber das Vergessene durch iemanden anders nachbringen oder holen lassen 39

Das 15. Cap. Wenn ein Fremdes in eine Stube gehet, so soll es nicht ohne Niedersitzen wieder heraus gehen, damit es denen Kindern nicht die Ruhe mit wegnehme 39

Das 16. Cap. Es ist nicht gut, daß man den Tisch decket, wenn nicht stracks das Brodt auch drauf geleget wird, und soll demnach in Ermangelung des Brodts ein Zippel vom Tisch-Tuche übergeschlagen werden 40

Das 17. Cap. Wenn die Weiber Federn in die Betten füllen, sollen die Männer nicht im Hause bleiben, sondern sollen weggehen 40

Das 18. Cap. Wenn man Hüner zu brüten ansetzet, soll es geschehen zur Zeit, wenn die Leute aus der Kirchen gehen 42

Das 19. Cap. Wenn man will viel großköppige Hüner bekommen, muß man zu der Zeit, wenn man die Gluck-Henne ansetzet, einen feinen grossen Stroh- Hut aufsetzen 43

[155] Das 20. Cap. Wie man sich bey Ansetzung einer Gluck-Henne zu verhalten habe, daß viel Hünlein oder Hähnlein, oder was man am meisten will, daraus werden 45

Das 21. Cap. Es ist nicht gut, daß, wenn man sich früh gewaschen hat, man das Wasser von denen Händen abschleudere 45

Das 22. Cap. Es ist nicht gut, wenn man eine ledige Wiege wieget 46

Das 23. Cap. Die Nägel an der kleinen Kinder Händen müssen zum ersten mahl von der Mutter abgebissen werden, damit sie nicht stehlen lernen 48

Das 24. Cap. Wer zu Gevattern stehen soll, der soll etwas zur Gevatterschafft borgen, so wird dem Pathen hernach ins künfftige nichts versaget / sondern finden allezeit Credit 49

Das 25. Cap. Mit einem kleinen Kinde soll man unter einem Jahre nicht in Keller gehen, es wird sonst furchtsam 51

Das 26. Cap. Die Kinder soll man nicht alt Männgen oder Weibgen nennen, sie verbutten sonst, und bekommen Runtzeln an der Stirn 53

Das 27. Cap. Wenn man die Kinder unter einem Jahre lässet in Spiegel schauen, so werden sie stoltz 55

Das 28. Cap. Wenn die Kinder sollen leben bleiben, und das gewöhnliche Alter erreichen, so soll man die Söhne Adam, und die Töchter Eva heissen lassen 57

Das 29. Cap. Wenn ein Kind soll 100. Jahr alt werden, muß man aus 3. Kirchspielen die Gevattern darzu bitten 60

Das 30. Cap. Wenn die Kinder in der Tauffe schreyen, sterben sie bald und werden nicht alt 61

Das 31. Cap. Wenn die ersten Kinder der Eltern Nahmen bemen, sterben sie eher als die Eltern 62

Das 32. Cap. Wenn ein Hund in einen Back-Ofen siehet, wenn man bäckt, wirds Brodt abgebacken 64

Das 33. Cap. Wer Teig im Backtroge stehen hat, soll die Stube nicht eher auskehren lassen, biß der Teig aus der Stube ist, man bekömmt sonst ein Brodt weniger, oder kehret ein Brodt hinweg. 65

Das 34. Cap. Einen Eßig-Krug soll man nicht auf den Tische setzen, denn es verdirbt der Eßig davon 66

Das 35. Cap. Wenn eine Sechswöchnerin über Feld- oder [156] Garten-Bete gehet, so wächset in etlichen Jahren auf solchen Beten nichts, sondern verdirbt alles darauf 67

Das 36. Cap. Wenn ein Weib in Sechswochen verstirbt, muß man ein Mandel-Holtz ins Bette legen, auch alle Tage das Bett einreissen, und wieder machen, sonst kan sie nicht in der Erden ruhen 68

Das 37. Cap. Wenn man den kleinen Kindern den ersten Brey nicht bläset, verbrennen sie an heissen Suppen das Maul nicht 71

Das 38. Cap. Wer will werden reich, der schneid das Brodt fein gleich

Das 39. Cap. Wenn zu Grabe gelautet wird, soll man nicht essen, sonst thun einem die Zähne weh 73

Das 40. Cap. Wenn einem Kinde unter einem Jahre rothe Schuhe angezogen werden, kan es hernach, wenn es erwächset, kein Blut sehen 74

Das 41. Cap. Wenn eine schwangere Frau vor dem Brodtschrancke stehen bleibet, und isset, so bekömmt das Kind, damit sie schwanger gehet die Mit-Esser 75

Das 42. Cap. Es ist nicht gut, daß man am Leibe flicket 78

Das 43. Cap. An dem Himmelfahrts-Tage soll man nichts nehen oder flicken, es ziehen sonst demselben die Wetter nach 78

Das 44. Cap. Am grünen-Donnerstage soll man Bretzeln essen, so bekömmt man selbiges Jahr das kalte Fieber nicht 80

Das 45. Cap. Wenn man über ein Kind hinschreitet, so wächset es nicht grösser 82

Das 46. Cap. Läuse oder Flöhe soll man nicht auf dem Tische knicken, man bekömmt sie alle wieder 83

Das 47. Cap. Wer im Holtz arbeitet, wird nicht reich 84

Das 48. Cap. Wenn Abends Leute über einem Tische sitzen, so soll niemand unter den Tisch leuchten, es entstehet sonst ein Zanck 85

Das 49. Cap. Die Pathen sollen dem Kinde ein Löffelgen kauffen, sonst lernt es geiffern 86

Das 50. Cap. Wenn eine Wöchnerin einen schwartzen Latz vorleget, wird das Kind furchtsam 87

Das 51. Cap. In Sechswochen soll man ein Kind nicht in Mantel fassen, es wird sonst melancholisch, oder bekömmt stets zu trauren 87

[157] Das 52. Cap. Wer beym Spielen Geld wegleyhet der verspielet 88

Das 53. Cap. Zum Spielen muß man Geld borgen, so gewinnet man desto eher 89

Das 54. Cap. Eine Mutter, so ein stillendes Kind hat, soll 3. Sonntage stillschweigend aus der Kirche gehen, iedes mahl ihrem Kinde ins Maul blasen, so kommen ihm die Zähngen leichter an 91

Das 55. Cap. In der Christ-Nacht zwischen 11. und 12. Uhr ist das Wasser Wein 92

Das 56. Cap. Wessen Schatten auf den Weyhnacht H. Abend bey eingebrachten Lichte keinen Kopff hat, der stirbt in selbigen Jahr 94

Das 57. Cap. In den 12. Christ-Nächten, nehml. von Weyhnachten biß auf Heil. 3. König-Tag, soll man keine Erbsen, Linsen oder andere Hülsen-Früchte essen, man bekömmt sonst selbiges Jahr die Krätze oder Schwären 95

Das 58. Cap. Wer zu Gevattern stehen soll, und hat sich schon angezogen zur Kirchen zu gehen, der soll nicht erst s.v. das Wasser abschlagen, sonst thut das Pathgen dergleichen ins Bett 97

Das 59. Cap. Es ist nicht gut, wenn man des Morgens ausgehet, und begegnet einem ein altes Weib 99

Das 60. Cap. Wenn eine Hexe einen etwas fraget, soll man nicht mit Ja antworten, sonst kan sie durch ihre Zauberey einem etwas nehmen 100

Das 61. Cap. Wenn man Haußwurtzel aufs Hauß pflantzet, so ist es sicher für Einschlagung des Wetters 102

Das 62. Cap. Wer des Morgens rücklings aus dem Bette steiget, gehet selbigen Tag alles verkehrt 104

Das 63. Cap. Wenn das Jüdel die kleinen Kinder nicht ruhen lässet, soll man dem Jüdel etwas zu spielen geben 105

Das 64. Cap. Wenn ein gantz Brodt unaufgeschnitten wieder vom Tische getragen wird, so müssen die Leute hungrig vom Tische gehen 107

Das 65. Capit. Wer Saltz verschüttet, soll es nicht wieder aufraffen, er hat sonst kein Glück 107

Das 66. Capit. Wer die Schuhe einwarts tritt, wird reich, wer sie aber auswarts tritt, wird arm 108

Das 67. Capit. Wer in der Christ-Nacht ins kalte Bad gehet, [158] der bekömmt selbiges Jahr die Krätze nicht; und so er sie schon hat, so vergehet sie davon 109

Das 68. Cap. Wer die Gelbesucht hat, der soll einen Schmier-Kübel von eines Fuhrmanns Wagen stehlen lassen, und hinein sehen, so vergehet ihm die Gelbesucht 110

Das 69. Capit. Ein Hund, der in der Christ-Nacht heulet, der wird selbiges Jahr thöricht 112

Das 70. Capit. Wer einer Katzen Schaden thut, oder dieselbe gar umbringet, dem stehet ein groß Unglück vor 114

Das 71. Capit. Wenn sich die Katzen in einem Hause beissen, wo iemand kranck liegt, so stirbt der Patiente bald 115

Das 72. Capitel. Wenn ein Weib Butter rühren will, soll sie ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß stecken, so geräth die Butter bald 116

Das 73. Capit. Wenn an den Thielen in einer Wohn- Stube sich Splitter ablösen, bedeuten sie frembde Gäste 118

Das 74. Capit. Wenn sich die Katze putzt, kömmt ein Gast 119

Das 75. Cap. Wenn die Elstern im Hofe oder auf dem Hause schreyen, so kommen Gäste 121

Das 76. Capit. Wem ein Floh auf die Hand hüpfft, erfährt etwas neues 122

Das 77. Capit. Wenn ein Kind das Aelterlein hat, soll man es lassen in Backofen schieben 123

Das 78. C. Es ist nicht gut, daß man die Spinnen umbringt 125

Das 79. Capit. Die neugebohrnen Kinder soll man die ersten drey Sonntage fein anputzen, so stehen ihnen ins künfftige die Kleider schön 127

Das 80. Capit. Die Weiber sollen an Lichtmeß-Tage beym Sonnenschein tantzen, so geräth ihnen dasselbige Jahr der Flachs wohl 128

Das 81. Capit. Wer das Fieber hat, der soll einem Esel ins Ohr sagen: Es hätte ihn ein Scorpion gestochen, so vergehet das Fieber von Stund an 130

Das 82. Capit. Wenn Montags ein Frembdes zur Stuben-Thür hinein siehet, und gehet nicht gar hinein, der macht, daß der Mann die Frau schlägt 131

Das 83. Cap. Wenn ein Bräutigam seiner Braut ein Buch kaufft oder schenckt, so wird dadurch die Liebe verblättert 132

Das 84. Capit. Wer Eßig ansetzen will, muß sauer darzu sehen, und böse seyn, sonst geräth der Eßig nicht 134

[159] Das 85. Capit. Wenn einem die Ohren klingen, wird man belogen 135

Das 86. Capit. Wenn eine Henne krähet, wie ein Hahn, so bedeutet es ein Unglück 136

Das 87. Capit. Wer am Grünen-Donnerstage fastet, der ist selbiges Jahr frey vor dem Fieber; wer es aber schon hat, dem vergehetes alsobald 137

Das 88. Capit. Wer zu Marckte ziehet, und borget die erste Lösung weg, der verborget sein Glück 138

Das 89. Capit. Wer auf einem Marckt etwas feil hat, soll den ersten Kauffer nicht gehen lassen, solle man auch gleich die Waare wohlfeiler hingeben 139

Das 90. Capit. Ein Bräutigam soll seiner Liebsten vor öffentlicher Verlöbniß kein Messer oder Scheere kauffen, es wird sonst die Liebe zerschnitten 140

Das 91. Capit. Die Kinder soll man Freytags nicht baden, denn sie kommen aus ihrer Ruhe 141

Das 92. Capit. Wenn man stillschweigend Wasser holet, muß es aus einem Flusse von oben hinabwärts geschöpffet werden 142

Das 93. Cap. Den Abend vor Walburgi soll man drey Creutz an die Thüren schreiben, sonst können einem die Hexen Schaden thun 144

Das 94. Capit. Beym Schlaffengehen soll man nichts auf dem Tische liegen lassen 148

Das 95. Capit. Wenn eine Sechswöchnerin zur Kirche gehet, kan sie mercken, ob sie künfftig werde einen Sohn oder Tochter, oder gar kein Kind bekommen 149

Das 96. Cap. Wer früh nüchtern nieset, kriegt selbigen Tag etwas geschenckt, oder bekömmt den Schnupffen 150

Das 97. Cap. Es ist nicht gut, daß man sich Feuer oder Licht durch einen Frembden lässet aus dem Hause tragen 151

Das 98. Cap. Wenn eine Magd zu einem neuen Herrn zieht, soll sie stracks bey dem Anzuge ins Ofenloch gucken 152

Das 99. Capit. Wer Lein säen lässet, soll dem Sämann ein Trinckgeld geben, sonst verdirbt der Flachs 153

Das 100. Cap. Wenn eine ledige Weibs-Person in der Christ-Nacht heisses Bley ins Wasser giesset, bekömmt es die Gestalt, wie das Handwercks-Geräthe dessen, der sie heyrathen wird 154

Das Andere Hundert
Das 1. Capitel
Das 1. Capitel.
Wer aus einer Bircken / die mitten in einem Ameisen Hauffen gewachsen ist / lässet höltzerne Schläuche oder Hähne drehen / und verzapfft Wein oder Bier dadurch / der wird geschwinde ausschencken.

Es bleibt bey dem wahrhafftigen Sprichworte: Wer leichte glaubt, der wird leichte betrogen. Nicht ohne ist es zwar, daß unter denen Aberglauben viele Dinge mit eingeschlichen sind, welche ursprünglich aus einem gantz guten Absehen, durch Erforschung natürlicher Dinge, von klugen und weisen Leuten herkommen: Aber gleichwie Irren menschlich ist, und die klügsten und vornehmsten Menschen müssen von sich sagen lassen: Grosse Leute fehlen auch; also will zum öfftern dasjenige, was ein- und anderer aus der Physica erweisen will / ob es gleich noch so klug ausgesonnen zu seyn scheinet, dennoch die Probe nicht halten. Und wie ich mir nicht einbilde, daß dieser Glaubens-Punct, den ich ietzt zu striegeln vorhabe, in einer Rocken-Stube gesponnen sey, als gemahnt michs damit, als wie mit derer Drechsler ihren [163] kleinen Kindern, welche ihrer Väter mißlungene Arbeit nehmen /und damit spielen / auch daran wohl noch grössere Freude und Vergnügen haben, als verständige Leute an der wohlgerathenen und rechten Waare. Abergläubische Leute sind sicherlich nicht anders, als wie solche albere und einfältige Kinder, ja noch viel ärger; Denn was die rechten Physici, nach genauer Untersuchung, als etwas unnützes bey Seite setzen und fahren lassen, oder verwerffen, das lesen die abergläubischen Leute gemeiniglich zusammen, als ob es Heiligthümer wären, in Meynung, jene hätten solche Rarritäten, ey, sag ich, Raritäten, aus Neid verworffen und verachtet, daß sich ein anderer solcher nicht bedienen möchte. Ja wenn die einfältigen Thoren dergleichen Dinge auch, wie die Kinder / zum Spielen gebrauchten, so gienge es noch wohl hin; aber leider! machen sie insgemein Götzen daraus, und setzen ihre gantze Hoffnung drauf. Mit diesem ietzt vorhabenden Puncte hat es gleiche Bewandniß, denn es hatten vor diesem in einer bekannten Stadt gewisse Leute / welche sich vom Bier- und Wein-Schancke nehreten, ein so grosses Vertrauen auf obbeschriebene birckene Schläuche gesetzt, daß sie gäntzlich dafür hielten, es beruhe ihre Nahrung darauf; und als ichs widersprach / wolten sie es mit Philosophischen Gründen erweisen, und gaben für, weil die Ameisen arbeitsame Thierlein wären, und stets zu Hauffen trügen, so würckte solche Eigenschafft in die Bircke / und so weiter fort. Aber es kam mir alsbald die Sache verdächtig [164] für, erstlich, daß es eben von einer Bircken, und nicht auch von an dern Bäumen / die in Ameisen-Hauffen gewachsen sind / müsten Schläuche oder Hähne seyn; zum andern, weil die Ameisen nicht hinweg, sondern zusammen tragen / hingegen der Wein oder das Bier, so man verzapffet, wird ja nicht nach Art der Ameisen zusammen getragen, sondern hinweg, und gleichsam zerstreuet, welches der Eigenschafft derer Ameisen schnurstracks entgegen ist; dahero setzte ich einen Zweifel ins gantze Werck, iedoch wolte ich die Sache nicht unversucht verwerffen, ersuchte derowegen einen Vogelsteller, welcher täglich in der Dreßdner Heyde seine Verrichtung hatte, daß, so er irgend einen Ameisen-Hauffen im Walde anträffe, worinnen eine Bircke stünde, er mir solches möchte wissen lassen. Dieser (als der nach seiner Art auch ein wenig curieus war) kam nach Verfliessung weniger Tage, und meldete mir / wie daß er eine solche Bircke angetroffen hätte, dahero gieng ich mit ihm dahin, solche selbst in Augenschein zu nehmen, und ließ solche noch ein wenig stehen, biß zur Zeit, da sie zu meinem Vorhaben solte recht seyn, abzuhauen, alsdenn ließ ich ein paar Schläuche oder Hähne daraus drehen, und gab solche zween Bier-Schencken: Einem sagte ich, was dessen Würckung solte seyn / dem andern aber sagte ich es nicht, in Meynung, ob es irgend unwissend bessere operation haben würde, aber das Spiel lieff auf beyden Seiten gar verkehrt und hatten die guten Leute zu keiner Zeit schlechtern Schanck gehabt, als da sie durch die birckenen [165] Schläuche zapfften. Also kam ich hinter die rechte Wahrheit, und erwegte darbey, wie doch so gar bald ein Mensch in seinem eigenen Vertrauen auf solche Dinge könne verstärcket, und zugleich vom Satan verführet werden, wenn durch des Teufels Hülffe die Sache also geschicht, als wie der abgöttische und abergläubsche Mensch glaubt und wünschet. Wer aber GOtt alleine vertrauet, und nur solche Hülffs-Mittel gebraucht, die ihme der einige wahre GOtt an die Hand giebt, den versichere ich, daß ihm nimmermehr keine abergläubischen Possen gelingen werden. Die Ursach aber, warum sie nur bey Abergläubischen eintreffen, bey Rechtgläubigen aber nicht, kan ein verständiger Christ gar leichte errathen.


Wer leicht gläubt wird leicht betrogen. Ist ein Sprichwort, das zwar alt, Doch ists auch noch nicht erlogen, Und will ichs erweisen bald. Daß ein Schlauch von einer Bircke Aus dem Ameis-Hauffen dir So viel Guts beym Bier-Schanck wircke, Ist Betrug, das traue mir. Denn ich hab es in den Proben Falsch befunden gantz und gar; Drum kan ich die Kunst nicht loben. Aberglauben ist nicht wahr.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Wer ein Brodt aufschneidet / und schneidet nicht gleich der hat selbigem Tag gelogen.

[166] Dieses wird gemeiniglich nur aus Schertz gesagt, dahero ich mich auch nicht lange dabey aufhalte, iedoch will ich meine Meynung hiervon kürtzlich entdecken, woher dieses Fürgeben seinen Ursprung mag genommen haben. Es ist bekannt, daß ein Lügner, Prahler oder Großsprecher insgemein ein Aufschneider pfleget genennet zu werden; dahero man auch zu sagen pfleget: Dieser Aufschneider log / daß sich die Balcken hätten mögen bügen, oder, er sagt nicht gerade zu, das ist, er schneidet treflich krumm. Hingegen sagt man von einem ehrlichen und wahrhafftigen Menschen: Er sagt gleich zu, und leugt nicht, oder, er braucht das grosse Messer nicht, wie mancher. Demnach ist ein Aufschneider, der nicht gerade zusaget, so viel / als ein Lügner. Und solchergestalt ist diese Sache aus Spaß auf den gezogen worden, der ein Brodt aufschneidet. (Denn einer, der ein Brodt aufschneidet, ist ein Aufschneider, verstehe aber des Brodts, und nicht ein lügenhaffter.) Wird nun das Brodt gleich geschnitten, so kan man sagen, dieser Aufschneider hat nicht gelogen, sondern hat gleich zu geschnitten; hingegen, wenn er krumm geschnitten, sagt man / er habe gelogen, item, er habe nicht gleich zu geschnitten.

Das 3. Capitel
Das 3. Capitel.
Wenn ein Weib über was erschrickt / oder sich erzürnet / soll sie alsbald durch einen alten Besen bruntzen / so schadets ihr nicht.

[167] Daß die Weiber gar sehr im Gebrauch haben, nach gehabtem Zorn oder Schrecken durch einen alten Besen ihr Wasser abzuschlagen, das ist gar bekannt, und glauben viele, daß es gar ein heilsam Mittel sey. Alleine, es kan der Besen weiter nichts helffen, als nur so viel, daß sie sich nicht so sehr bespritzen, als wenn sie auf die blossen Steine bruntzen. Daß aber ein alter Besen die Eigenschafft haben soll, die vom Zorn oder Schrecken entstehende Beschwerung zu hindern, oder hinwegzunehmen, wird schwer zu erweisen fallen. Gewiß ist es zwar, daß durch Zorn und Schrecken bey dem Menschen eine solche Alteration im gantzen menschlichen Cörper entstehet, daß auch das geringste Aedergen / ja alles Eingeweide ein Leiden empfindet / und will ein iedes Aederlein sich gleichsam seiner Beschwerlichkeit und Last entschütten. Wie denn ein Angst-Schweiß über den gantzen Leib ausbricht; das Hertz und Pulß schlägt haßtig, das Eingeweide ist geschäfftig, in aller Eil die in sich habenden Excrementa auszuschütten; Dahero viele in solchem Schrecken und davon entstandener Angst kaum s.v. das Secret erreichen können, daß auch, meines Erachtens, dahero das bekannte Sprichwort mag entstanden seyn: Es ist ihm s.v. scheiß bange. Ist demnach eben nichts ungereimtes / wenn die Weiber nach gehabten Zorn oder Schrecken den Urin lassen; denn hierdurch wird der Natur um ein merckliches geholffen. Aber, daß es durch einen Besen müsse geschehen, das sind nur albere ersonnene Narren-Possen, und dienet weiter zu [168] nichts, als daß die guten Weiber ihre schönen Strümpffe nicht bespritzen mögen. Denn hierdurch etwas per transplantationem in den Besen zu bringen, als wie mit mancher Kranckheit, e.g. Gicht, Brüchen und dergleichen, in Bäume und Stauden geschicht, will sich hier keinesweges thun lassen; erstlich, weil es in solchem Zustande die Noth nicht erfordert, ausser welcher die transplantation nicht soll vorgenommen werden. Zum andern, weil es auf diese Art auch nicht geschehen kan, indem der Besen / als ein todtes Reisig, das nicht mehr auf seinem Stamm stehet, nichts an sich ziehet / als wie es sonst bey solcher Verrichtung erfordert wird; wie solches weitläufftig könte erwiesen werden, wenn ich mich nicht der Kürtze befleißigen wolte. Ist demnach kürtzlich zu wissen, daß zwar die Abschlagung des Urins oder Wassers nach gehabten Zorn oder Schrecken gar was rathsames sey: Daß es aber durch einen alten Besen geschehen müsse, ist vergeblich und abergläubisch.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Ledige Weibs-Personen / als Jungfern und Mägde /welche gern Männer hätten / die sollen in der Nacht vor St. Andreas Tage St. Andresen nackend anruffen /so wird ihnen ihr künfftiger Liebster im Schlaffe erscheinen.

Ein hungriger Wolff wird kaum so begierig auf den Raub seyn, als eine geile Magd begierig [169] nach einem Mannne ist. Was vor Hertz-brechende Gebetgen und tieffgeholte Seuffzer sie zu dem St. Andreas schicken, wenn der Tag Andreä heran kömmt, solches ist zwar leider! im gantzen Teutschlande bekannt, kan aber doch kaum mit Worten ausgesprochen werden. Sie knien oder treten gantz nackend in der Mitternacht vor ihr Bette, oder an einen andern Ort / und seuffzen so wehmüthig nach einem Mann, daß kein Wunder wäre, die Lufft erbarmete sich über die armen Nymphen, und hülffe ihnen aus ihrer Noth. Ach du goldiges Andreßgen! du liebes Mann-Bescherergen! siegen sie, ach! laß mir doch erscheinen den Hertzallerliebsten mein! wird er reich seyn, so laß mir ihn erscheinen mit einem Glaß Wein; ist es aber ein armer Mann, so laß ihn erscheinen mit einer Kofends-Kann! und was vor durchdringende Stoß-Gebetgen mehr gefallen, worbey sie noch viel hundert heisse Thränen vergiessen, den lieben Andream gleichsam damit balsamiren, u. seine Gunst zu gewinnen; sie winden die Hände, daß die Haut möchte herab gehn, scheuen auch weder Frost noch ander Ungemach, und lassen sich an ihrem verfluchten Teufels-Dienst nicht irren. Wie ich mich denn erinnere, daß vor ohngefehr sechs-biß acht und dreyßig Jahren in Thüringen ein solchVenus-Bild am St. Andreas-Tage des Morgens früh, als der Knecht die Pferde aus dem Stalle hat ziehen wollen, in der Stall Thür-Schwelle gesessen, und dem Knechte, als er die Thüre aufgezogen hat, recht todt erfroren entgegen gefallen ist. Die hatte sich richtig[170] den Teufel zum Manne erbetet. Woraus mehr als zu viel erhellet, daß der Mensch in dem Dienste, den er dem Satan leistet, viel eifferiger sey, als wenn er den rechten wahren GOtt anruffet oder dienet. Es ist unstreitig wahr, daß das Andreas-Gebet, wie sie es nennen, nichts anders ist, als eine Anruffung des Teufels um einen Mann. Denn alle Abgötterey rühret vom Teufel; das Gebet aber, das die Huren zum Andreas abfertigen / fangen sie gewöhnlich also an: Dees mees, (i.e. Deus meus) mein lieber St. Andreas etc. Da nun kein anderer als der einige wahre GOtt kan GOtt genennet werden / die Huren aber zu dem nicht hörenden Andreas schreyen: Deus meus! oder: Mein GOtt Andreas! so möchte ich gerne ihre Antwort hören, wenn ich sie fragte, wer ihr Gebet denn erhörete? Ohne Zweifel würden sie mir antworten: St. Andreas erhörete sie, als welchen sie auch angeruffen hätten. Aber die Mann-thörichten Vetteln dürffen sich das gar nicht einbilden, das St. Andreas ihr geiles Gebet erhöre; auch kan sie auf diese Art der wahre GOtt nicht erhören, weil sie seiner nicht achten, noch zu ihm ruffen; sondern der Teufel, als der an solchen geilen Huren-Begierden seinen Wohlgefallen hat, der höret und erhöret sie zu ihrer Verdammniß, und der erscheinet ihnen auch hernach zuweilen so wohl wachend als schlaffend, in Gestalt ihrer vermeynten zukünfftigen Männer. Dieser wird sie auch endlich, wenn sie sich nicht von diesen Teufels-Wegen abwenden, in seine Kammer führen, [171] darinnen sie ewig eingekerckert und nackend mit grausamen Zähn-Klappen ihre Wercke der Finsterniß werden büssen müssen. Sagt mir doch aber nur noch dieses, ihr nacketen Bet-Schwestern, was ihr denn euch wohl von St. Andressen einbildet? Da euer so viel hundert hin und her eintzeln im Finstern stehen, und St. Andressen um Männer anruffen, wie denn St. Andreas euch alle hören könne? Denn ob ihr ihn gleich Deus nennet, so ist er doch nicht GOtt. Wollet ihr aber mit denen Papisten vorgeben, die Heiligen lebten in GOtt, und hätten demnach die Eigenschafft GOttes durch GOtt, alles zu hören, was die Menschen hier und dort von ihnen bäten / so müsset ihr mir solcher gestalt auch nothwendig gestehen, daß, wenn es ja also wäre, (welches ich euch doch nicht einräume) so müsten die Heiligen auch von GOtt die Gewalt bekommen, denen Menschen ihre Bitte zu gewähren; sagt ihr nun dieses, so verrathet ihr euch ja selbst, das ihr toll- und thörichte Leute seyd! Denn warum rufft ihr denn nicht den an, durch dessen Krafft die Heiligen leben, und aus dessen Gewalt die Heiligen euch helffen, und euch eure Bitte gewähren sollen, wie ihr gemeynet? Warum rufft ihr denn St. Andresen im gantzen Jahre zu keiner andern Zeit mehr an, als nur in der eintzigen Nacht vor dem 30. Novembr. Schläffet er denn irgend die gantze übrige Jahrs-Zeit / oder schweiffet seine Seele (denn der Leib ist noch nicht auferstanden) irgend die übrige Zeit in allen Ländern herum? Oder macht irgend GOtt eine [172] gewisse Eintheilung unter den Verrichtungen derer Heiligen, daß den Tag der Heilige das verrichte, ein anderer einen andern Tag was anders, und so fort, biß das Jahr um ist, daß die Reihe wieder an den ersten kommet? Oder was sind sonst eure närrische Gedancken von denen Heiligen, und sonderlich von St. Andressen; Wie kömmt denn eben St. Andreas zu dieser Verrichtung, daß er euch mit Männern versorgen soll? Vielleicht, weil Andreas so viel heist, als mannhafft! ist weit gesucht. Drum bedencket alles wohl, und ruffet lieber den einigen all mächtigen GOtt an, daß er euch nach seinem Willen mit Männern versorgen wolle. Denn


Andreas kan den Jungfern nicht Ihr hochbetrübtes Angesicht, Ob sie gleich Finger-fase nackt hintreten, Und eiffrig ihn um einen Mann anbeten, Weil er von ihnen gar nichts weiß, erfreuen, Drum wird die Albern diß Gebet noch reuen.

Das 5. Capitel
Das 5. Capitel.
Wenn eine Dienst-Magd gern wissen will / ob sie länger bey ihrem HErrn in Dienst bleiben oder abziehen werde / soll sie auf den Weyhnacht-Heiligen-Abend den Schuch werffen.

Man pflegt zu sagen: Der Glaube bestätigt alles: Und wie einer glaubt, so wiederfähret ihm. Hier wird zwar nicht der wahre Glaube, als welcher freylich alles vermag, sondern der selbst erdachte Aberglaube verstanden, als welcher, [173] auf gewisse Masse, auch kräfftig ist, eine Sache, die sonst nicht geschehen würde, durch das Vertrauen, welches der Mensch darauf setzet / ins Werck zu richten, und geschicht bey diesem vorgenommenen Punct folgender Massen: Wenn die Magd in der Christ-Nacht sich in die Stube setzt, den Rücken nach der Thür zukehret, und schleudert (auf der Erden sitzend) den Schuch vom Fuß über den Kopff weg, alsdenn giebt sie Achtung, wie der Schuch stehet, und so das Vorder-Theil nach der Thür zustehet /so glaubt sie gewiß, sie werde von ihrem Herrn abziehen. Dieser Glaube aber verursacht, daß sie hinfort ihre Arbeit nicht mehr so treu und fleißig verrichtet wie zuvor, dieweil sie dencket, so sie nicht in diesen Diensten bliebe, so hätte sie auch nicht Ursach, sich ferner durch gute Dienste beliebt zu machen. Hierdurch wird alsdenn Herr und Frau bewogen, dieser Magd auch satt zu kriegen, und sich nach einer andern umzuthun, und lassen diese abziehen. Hingegen, wenn der Magd bey diesem Schuch-werffen der Schuch mit dem Vorder-Theile einwarts, oder mit dem Absatz nach der Stuben-Thür zu stehen kömmt, so glaubt sie gewiß, sie werde nach ihrem Dienst-Jahr noch länger allda verbleiben, setzt sich demnach aufs neue für, ihren Dienst treulich und fleißig zu verrichten. Wenn alsdenn dieses Herr und Frau gewahr werden, so reden sie eine solche Magd aufs neue an, daß sie ferner bey ihnen in Diensten bleiben möchte, worzu die Magd, um ihres in der Christ-Nacht wohl gestandenen Schuchs willen, [174] auch leichte zu bereden ist. Also sag ich, wird auf solche Weise der Aberglauben bestätiget, daß die Magd entweder bleibt oder abziehet, nachdem der Schuch gestanden hat. Und solcher gestalt ist freylich der Glaube kräfftig, daß die Sache geschicht, wie man geglaubet hat. Aber ohne ietzt gemeldete condition müste einer einen tummen Ochsen-Kopff haben, der da glauben wolte, daß ein Stück Rinds-Leder, woraus der stinckende Schuch bestehet, solche prophetische Eigenschafft haben solte, daß er sich eben im Niederfallen also legen werde, daß durch solch Lager der Magd angezeiget würde, ob werde sie abziehen oder länger im Dienst bleiben.


Nicht der Schuch, noch dessen Fallen, Nicht das Schleudern, noch der Stand, Macht / daß du kanst ferner stallen Dich nach deiner Frauen Hand, Sondern nur allein die Treue, Die du brauchst, macht dich beliebt. Drum, wilt du nicht endlich Reue, Und was dich zuletzt betrübt, Selber auf den Halß dir laden, Wenn du ohne Noth wegziehst; Hilff vermeiden allen Schaden, Diene, daß du Laster fliehst.

Das 6. Capitel
Das 6. Capitel.
Wenn eine Jungfer oder Magd will wissen / was ihr künfftiger Liebster vor Haare hat / die greiffe in der Christ-Nacht rücklings zur Stuben-Thüre hinaus / so bekömmt sie solche Haare in die Hand.

[175] Nicht von rechtschaffenen ehrlichen Dirnen, sondern von Ehr-losen Huren wird das Haargreiffen oder Raffen practiciret. Denn eine ehrliche Jungfer erwartet ihres Glücks von dem Willen GOttes, und fragt nichts darnach, was ihr künfftiger Liebster vor Haare haben werde. Auch wird sie auf solche Männer-tolle Weise nicht verlangen, solche zu sehen, weil sie sich gar leichte selbst einbilden und die Rechnung machen kan, daß die Haare, die sie auf solche gauckelhaffte Weise ergreiffen möchte, keinesweges von ihres noch unbekannten Liebsten Haare seyn können, sondern (wenn ja durch solch Greiffen oder Raffen Haare gefunden würden, welches doch nicht allemahl geschicht) durch den Teufel etwan von einem Diebe am Galgen, oder Mörder auf dem Rade, oder von einem Kehrich-Hauffen dahin practiciret worden sind, um damit denen abergläubischen Huren ihre geilen Gemüther und Begierden desto mehr zu bestricken. Man hat sich billig zu verwundern, wie weit es nun der Teufel gebracht hat, daß gleichwohl unter denen Christen solche Schand-Huren genug und die Menge gefunden werden, welche vor grosser Huren-Lust und geilen Muthwillen nicht wissen, was sie mehr vor thörichte Possen vornehmen sollen, damit sie dem Satan einen angenehmen Dienst erweisen, dargegen aber GOtt erzürnen, und die liebe Weyhnacht-Zeit entheiligen möchten; da ich doch nicht absehen kan, was sie sich denn vor Nutzen davon einbilden können, ob sie[176] auch gleich würcklich von ihres Liebsten eigenem Kopffe die Haare selbst ausgeraufft hätten. Wenn ich eine Jungfer wäre, und es wolte mich iemand zu diesem Haar-Rauffen bereden; so würde ich mir die Sorge machen / daß wenn ich einen Mann bekäme der solche Haare hätte, wie ich ergriffen hätte, so möchte GOtt mich um dieser begangenen Thorheit willen straffen, und verhängen, daß durch des Satans Zuschüren (weil ich ihm hiermit gedienet hätte) mein Mann mich zu Lohne bey meinen Haaren kriegen / die Stube mit mir auskehren, und mich zur Thür hinaus schleiffen, und mit ausgeraufften Haaren allda liegen lassen möchte, auf daß ich hierdurch an mein Haar-Raffen gedächte.


In der Christ-Nacht nicht recht schlaffen, Und aus Geilheit Haare raffen Macht, daß manche wird veracht. Solt ich eine Jungfrau suchen, Würd ich einer solchen fluchen, Die dergleichen hätt vollbracht. Drum die nicht will Hure heissen, Mag sich nicht solch Ding befleissen, Dadurch sie kömmt in Verdacht.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Wenn einer eine Haasen-Lorber ohngefehr auf dem Felde oder im Walde findet / und dieselbe isset / so mag der Haase kommen / an wen er will / so wird der / der die Lorber gefunden hat / auch sein Theil davon haben.

[177] Wenn ich gleich den Kopff noch so sehr zerbrechen wolte, um zu versuchen, ob ich etwas wider diesen Punct mit Recht sprechen könne, so würde ich doch nichts darwider aufbringen. Denn wenn der Haase gleich auf eine königliche Tafel käme, so hat doch der, der den Koth gegessen hat, seinen Theil schon davon hinweg. Probatum est! die Kunst ist richtig. Wer demnach gern von Haasen isset, und will diese Kunst gebrauchen, der hat die Versicherung drüber, daß er nicht fehlet.


Wer nun so lüstern ist, vom Haasen-Fleisch zu essen, Und will derhalben erst die Haasen-Bohnen fressen, Dem sag ich ins Gesicht: Er sey ein rechter Geck, Den Haasen kriegt er nicht; es bleibt ihm nur der Dreck.

Das 8. Capitel
Das 8. Capitel.
Des Nachts soll niemand in Spiegel sehen / denn es ist nicht gut.

Wenn ich frage, warum es nicht gut sey? so geben mir einige Weiber zur Antwort: Wer in der Nacht in einen Spiegel schauete, der sähe den Teufel darinnen. Ich vermeyne aber, daß es vielleicht auf folgende Art verstanden werden muß, als wie der Teufel / den jener arme liederliche Tropff in seinem Beutel hatte / wenn er in einer grossen Compagnie Studenten vorgab, woferne iemand Lust hätte, den Teufel zu sehen, so wolte er ihm solchen, gegen Erlegung eines Groschen / weisen, weil er ihn in einem ledernen Beutel bey sich trüge. Die curiösen Herren [178] Studiosi wolten, ein solch Unthier zu sehen, keiner seinen Groschen sparen, und reichte ein jeder sein Geld dar, und verfügten sich mit dem Teufels-Jubelirer in eine Kammer. Dieser machte seinen Beutel weit auf, und ließ einen nach dem andern hinein sehen, fragte auch letzlich: Ob sie den Teufel gesehen hätten? Sie antworteten alle mit Nein; er ließ sie alle noch einmahl hinein sehen, mit der Bedeutung, daß sie sich nicht zu fürchten hätten, (denn er merckte, daß etliche gantz zitternd und von ferne nur ein wenig nein guckten) und fragte: Was sie nun gesehen hätten? und bekam die Antwort: Nichts; ey /sagte er: Das ist eben der Teufel, daß nichts darinnen ist; drum sollen die Herren bedanckt seyn, daß sie mir mit ihren Groschen den unsichtbaren Vogel heraus jagen, und steckte das empfangene Geld hinein. Also auch, wer in der Nacht im Finstern vor einen Spiegel treten und hinein sehen wolte, zu dem könte man eben auch sagen: Das müste der Teufel seyn / wenn er etwas darinnen sähe. Wenn aber einer mit einem Lichte in Spiegel siehet, dem ist es so weit nicht gut, weil durch dergleichen Spiegel-Gucken die Augen vom Glantz Schaden leiden können; dahero auch nicht ohne Ursach die Spiegel des Nachts pflegen verdeckt zu werden. Der Teufel aber hat im Spiegel nichts zu thun. Jedoch / damit die Weiber / welche solch Vorgeben glauben, auch einmahl recht behalten / so will ich ihnen sagen, welchergestalt der Teufel im Spiegel zu sehen sey. Nehmlich also: Wenn eine hochmüthige und [179] stoltze Weibs-Person sich in ihrem Kleider-Pracht und gechminckten Angesichte am Tage nicht satt vor dem Spiegel belustigen kan, sondern nimmt auch die Nacht mit darzu, so ist es wahr, daß sie den Teufel im Spiegel siehet, weil sich nicht das Ebenbild GOttes, sondern der Hoffarts-Teufel bespiegelt.


Wer ohne Noth des Nachts will in den Spiegel schauen, Dem möchte freylich zwar wohl für dem Teufel graue, Jedoch, wenns nöthig ist, dem sage ich gantz frey, Daß gar kein Teufel ie in einem Spiegel sey.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Wer mit Holtz / Stroh oder anderer brennender Materie im Feuer oder Lichte gauckelt / der harnet hernach ins Bette.

Das Gauckeln und Spielen im Lichte oder Feuer ist eine Sache, die an sich selbst zu nichts taug, und weder grossen noch erwachsenen Leuten wohl anstehet, noch denen Kindern zuzulassen ist. Nun aber ist bekannt, daß das Bett-Harnen bey denen kleinen Kindern gemein ist, und wenn die Eltern ihnen diese Untugend abgewöhnen wollen, so beschämen sie sie nicht allein deswegen, sondern geben ihnen zuweilen auch wohl gar Schläge; ohnerachtet solche Untugend denen Kindern mehrentheils unwissend und im Schlaff begegnet. Dahero die Kinder dieses Laster offt gar gerne unterlassen möchten, dem sie wider ihren Willen unterworffen sind. Wenn denn nun das Gauckeln im Lichte eine Untugend [180] der Kinder ist, welches viel mehr gefährlich ist, als das Bett-Harnen, als haben verständige Eltern nicht uneben ersonnen, denen Kindern ein Laster mit dem andern durch Klugheit abzugewöhnen / und haben dahero zu denen Kindern gesagt, wenn sie sie haben im Lichte gauckeln gesehen: Wer im Lichte gauckele, der harne hernach ins Bette. Hierdurch werden die Kinder (weil sie gäntzlich glauben, es sey wahr,) von dem Licht-Gauckeln abgeschreckt, daß sie es andere Zeit unterlassen, damit sie hernach um dieses Lasters willen nicht geschlagen oder beschämet werden möchten. Unterdessen ist dieses Vorgeben durch die lange Gewohnheit von denen Kindern unter erwachsene Leute kommen, iedoch mehr aus Schertz, als Ernst. Wiewohl es gleichwol alte Narren giebt, die es vor wahr achten.


Wenn Bett-Harnen brächte Ehr, Und das Gauckeln nützlich wär, Hätte man wohl nie erdacht Dieses / dessen man nur lacht. Doch ist dieses Sprichwort gut, Wenn man hierdurch nicht mehr thut, Was Gefahr und Schande bringt, Gut, wenn Schertz also gelingt.

Das 10. Capitel
Das 10. Capitel.
Wenn eine Jungfrau wissen will / ob sie in einem Jahre einen Mann kriegen werde / soll sie am Weyhnacht Heiligen-Abend / oder in der Mitternacht an das Hüner-Hauß klopffen / und sagen: Gackert der[181] Hahn / so krieg ich einen Mann /gackert die Henn / so krieg ich kenn.

An solchen Orten und bey Handwercks-Leuten, allwo die Hüner-Häuser nicht weit von denen Werckstätten, da offt des Abends / auch wohl des Nachts gepocht und gerumpelt wird, da sind es die Hühner schon gewohnet, daß sie sich auf ein wenig Anklopffen nicht viel, auch wohl gar nicht regen. Dahero eine solche Mann-hungrige Jungfer starck an das Hüner-Hauß anschlagen muß, wenn sich dieses Vieh soll hören lassen, und ihr angenehme Antwort geben. Wie mir denn nur jüngst eine selbst erzehlete, wie daß sie keine Antwort erhalten können, ohnerachtet sie den Hahn endlich gar bey dem Kamme gezupfet hätte; woraus ja die Thorheit solcher Mannsüchtigen Creaturen überflüßig hervor scheinet. Denn wenn diese Sache zuträffe / so hätte ja, daß sie keinen Mann hätte kriegen sollen, an statt des Hahns eine Henne gackern sollen, wie, daß dieser Glaubens-Artickel solchergestalt ja erlogen sey. Zu dem möchten diese Nacht-Gespenster und Hüner-Stöberinnen doch erwegen, daß, wenn sie an manch Hüner-Hauß klopffen, zuweilen Hahn und Hüner zugleich zu gackern anfangen; wem geben sie alsdenn am meisten Glauben, wenn des Hahnes Gackern einen Mann, der Hüner Gackern aber keinen bedeuten soll? Zwar so braucht es keines Fragens, der Hahn wird doch wohl den Vorzug haben müssen, weil denen Jungfern an der Hüner Gackern nichts gelegen ist. Und glaub [182] ich, sie machten die armen Hünergen gern stumm, damit sie ihnen mit dem unangenehmen Gackern nicht irgend ihr Glück versagen möchten. Solte ich denen Mann-tollen Mägden ein Urtheil fällen, so würde es folgendes seyn: Weil sie des Glaubens sind, daß in der Christ-Nacht das Gackern des Hahnes ihnen / einen Mann zu bekommen, propheceyet, hingegen die Hüner durch ihr Gackern andeuten / daß sie noch keinen Mann erhalten werden, dahero sie die Hüner auch nicht gern gackern hören; so solten solche Damen auch keine Eyer von Hünern essen, sondern sich mit des Hahnes seinen krummen behelffen, und solches von Rechts wegen.


Es ist ein arges Ding, wenn sich die Jungfern sehnen Nach einem lieben Mann, der sie zu Weibern macht. Drum haben sie auch wohl die Augen voller Thränen, Wenn sie starck klopffen an, auch wohl zu Mitternacht, Am Hüner-Hauß-Fenster, Fast, wie die Gespenster. Der Hahn soll ihnen zwar alleine Antwort geben, Weil sie der Hüner Stimm so gerne hören nicht, Weil aber sitzen auch die Hüner all darneben, So gackern sie auch mit, und sagen ins Gesicht Den'n albern Narren: Sie müsten harren! Das Ding gefällt zwar nicht den'n Männer-tollen Leuten, Drum gehen sie davon voll Unmuth und voll Grimm; Doch will die Weiber List die Sache anders deuten, Und richten sich allein nur nach des Hahnen Stimm Drum sind es so Sachen, Der'r man nur muß lachen.

Das 11. Capitel
[183] Das 11. Capitel.
Wenn zwey ledige Personen einander heyrathen / und sind beyde noch unbefleckt / also / daß sie eine reine Jungfrau ist / und er noch kein Weib berühret hat / so wird das erste Kind / das sie mit einander zeugen / ein Narr.

Dieses mag wohl der Teufel selbst ersonnen haben. Denn ob durch spitzfindiges Nachsinnen gleich Rationes Physicæ mochten können hervor gesucht werden, dieses aus der Natur darzuthun; so laufft es doch auf das verfluchte Absehen des Teufels hinaus, daß, wer das erste Kind, das er in seiner Ehe erzeigen will, nicht will lassen einen Narren werden, der mag sich vorher exerciren, oder eine solche Person zur Ehe Gemahlin suchen, die fein weiß, wo Barthel Most offen hat, oder wo der Kinder Zebedäi ihr Vater wohnet. Ey du schöne Lehre! wer dir will beypflichten, der mag es thun, ich halte es nicht mit dir, denn ich habe einst ein alt Sprichwort gelesen, das hieß:


Wer eine Hure nähm wissendlich /

Der wär ein Hunds-Voigt öffentlich.


Wahr ists zwar, und giebts die tägliche Erfahrung, daß aller losen Leute, und auch derer Huren ihre Kin der gemeiniglich klüger sind / als ehrlicher Leute Kinder; Aber welcher redlicher Christ weiß nicht, was unser Heyland selbst sagt / nehmlich: Die Kinder dieser Welt sind klüger, [184] denn die Kinder des Lichts / in ihrem Geschlechte. Wer nun Lust zu solcher Klugheit hat, der mag sich / auf seine Gefahr, nach der hier befindlichen Vorschrifft richten; er soll aber wissen, daß diese Lehre in des Teufels Schule tractiret werde. Drum ist mein Rath:


Laß unflätge Säue für Ehre sich hüten / Laß Huren und Böcke die Klugheit ausbrüten, Laß Welt-Witz herstammen vom geilen Geschlecht, Laß ihnen nur immer die Schande seyn recht, Laß ehrliche Kinder auch Narren gleich heissen, So lobe ich, die sich auf Narren befleissen.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Wenn die Kinder auf denen Gassen mit Spiessen und Fähnlein reiten / so ist es ein wahrhafftiges Zeichen des Kriegs / so über das Land kommen wird.

Ja freylich! es kan kaum fehlen; wenn die Kinder mit Spiessen und Fähnlein reiten, mag es entweder eine schon vergangene oder noch vorhandene Sache bedeuten; denn die Kinder nehmen nichts anders für, als was sie sehen oder gesehen haben, und sind wie der grossen Leute ihre Affen. Wenn demnach Krieg zu besorgen ist, da werden gemeiniglich die Unterthanen und Land-Miliz in Kriegs-Exercitiis geübet, die Trouppen marschieren hin und her, bald zu Fuß bald zu Pferde. Wenn nun dieses die Kinder täglich sehen /so machen es die Aeffgen bald nach, und spielen so zu sagen des Kriegs. Alsdenn, wenn der Krieg recht angehet, so heist es: Ey ja, wohl [185] haben es die Kinder gewust, sie haben mit ihren Spiel solches Unheil uns deutlich genug propheceyet; und was dergleichen Albertäten mehr sind. Ja wohl! wie wolt ihr auch wahrhafftigere Propheten haben als Kinder? Denn ihr wisset ja wohl / daß Kinder und Narren die Wahrheit sagen. Aber ihr Thoren, die ihr in Ernst viel auf solche Kinder-Possen haltet, bedenckt ihr denn nicht, daß ihr noch viel gewissere Merckzeichen des Kriegs an denen grossen Anstalten und Zurüstungen, die im gantzen Lande gemacht werden, habt, als an euren Kindern? Ja ich sage, das eure Kinder klüger sind als ihr, weil sie eher darauf Achtung geben, auch dahero diese Dinge nachäffen. Und weil sie denn solcher gestalt klüger sind als ihr, so ist es kein Wunder, daß sie eure Lehrer werden, und euch sagen müssen, was vorhanden ist.


Drum, wenn ihr warten wolt, biß euch die Kinder sagen, Was schon vorhanden ist von schweren Landes-Plagen, So wartet ihr zu lang, drum seht euch besser für, Die Plag ist nicht mehr fern, sie ist schon für der Thür.

Das 13. Capitel
Das 13. Capitel.
Wenn sich die Kinder auf der Gassen mit Creutzen tragen / so ists ein Zeichen / daß darauf Sterben erfolget.

Dieser Glaubens-Articul ist dem vorigen gleich, und dahero mit gleicher Antwort zu belegen. Denn gleichwie in vorigen die Kinder [186] die Kriegs-Exercitia nachäffen; also thun sie hier mit denen Begräbniß-Ceremonien. Und will ich mich hoch verwetten, daß die Kinder sich nicht mit Creutzen tragen und darzu singen würden, wenn sie es nicht vorhero bey Begräbnissen gesehen hätten. (Ich nehme aber hier aus das tägliche Creutz-Geschleppe, so unter denen Papisten fürgehet.) Wenn nun auf solche Art derer Kinder ihreActiones eine künfftige Begebenheit anzeigen solten, so würden durch sie unzählig viel Dinge propheceyet werden; e.g. allwo der Gebrauch ist, daß jährlich einmahl ein höltzerner Vogel an einer Stange abgeschossen wird / allda werden die Kinder gegen solche gewöhnliche Zeit etliche Wochen auf dergleichen Art Stangen abschiessen. Item, wenn ein Qvacksalber an einem Orte sich aufgehalten, der einen Pickelhering gehabt, welcher auf der Stroh-Fiedel geschlagen hat, allda werden die Kinder dergleichen nachmachen, und des Pickelherings Actiones nachäffen, und so fort. Wer wolte aber so närrisch seyn, und glauben, daß wenn die Kinder den Vogel abschössen / oder sich mit Stroh-Fiedeln trügen, gewiß auch bald werde ein Vogel abegeschossen werden, oder bald ein Artzt kommen? Ja wenns mit denen Kindern wäre, als wie mit denen wassersüchtigen Jungfern, so wolte ich eher was auf solch Prognosticon der Kinder halten. Denn das ist unzehlich offt probiret worden, daß, wenn die Jungfern die Wassersucht bekommen, so bedeutet es gern Kindtäuffen; gebt nur Achtung darauf, es trifft ein.


[187]

Solt' der Kinder Creutze-tragen Uns zukünfftigs Sterben sagen? Ist doch unser gantzes Leben Ohndem stets mit Creutz umgeben, Und der Tod ist auch bereit, Uns zu würgen allezeit. Drum, wer traut auf Kinder-Possen, Der hat daraus schlecht geschlossen, Als ob er zu warten habe, Sich zu schicken zu dem Grabe. Wohl dem, der stets fertig ist Abzuscheiden wie ein Christ!

Das 14. Capitel
Das 14. Capitel.
Wir kein Geld im Beutel hat / der soll sich hüten /daß wenn der Mond neu ist / er ihm nicht in Beutel scheine / sonst wird er / so lange dieser Monat währet / Geld-Mangel leiden.

Da möchte man wohl sagen: Man säet sie nicht, man pflantzet sie nicht, und wachsen doch so wunderlich. Wenn ich ein Liebhaber der ungegründeten Astrologie wäre, so wolte ich mich bey diesem Punct für einen Astrologum ausgeben, und sagen: Wem der neue Mond ins Gesicht scheine, der würde so helle Augen bekommen, daß er alle Geister damit erkennen würde; fiele aber dieser neue Mond-Schein in die Ohren, so würde er alsobald zu einem Esel. Ich will zwar hier nicht eine ausführliche Widerlegung machen wider das Vorgeben des Helmontii, wenn er behaupten will, es habe der Mond sein eigen Licht, ohne das, welches er von der Sonnen hätte, [188] welches er mit denen Thieren, die des Nachts sehen, behaupten will, weil eine Fledermauß, eine Eule und dergleichen auch zu Zeiten des Neumonden in der Nacht sehen könnte. Aber einer, der nur so viel Witz hat, daß er eine Muscate von einem Pferde-Koth zu unterscheiden weiß, der wird dem sonst hochgepriesenen Mann in diesen Punct gar gründlich widersprechen können. Denn ob es gleich wahr wäre, daß der Mond sein eigen Licht hätte, so könten wir dessen des Nachts doch nicht theilhafftig werden, weil die Erd-Kugel zu der Zeit, wenn der Mond neu ist, und so wohl für dem Mond als für der Sonnen stehet / und dessen Schein verhindert; solte aber dieser Neumond-Schein auf den Tag ankommen, so weiß ich auch nicht / woher man dieses Wunder-Licht leiten will? Sintemahl die Fix-Sterne bey hellem Sonnenschein noch eher ein Licht von sich geben, als der Neumond. Ich will zwar nicht sagen, daß wer den Neumond zu Gesichte bekäme, der werde einen Schatz finden, sintemahl der Fleck, welcher bey begebenden Sonnen-Finsternissen in der Sonnen zu sehen ist, eben nichts anders ist als der Mond, der allezeit zu solcher Zeit neu ist; jedoch habe ich auch noch nicht gehöret, daß einer ausser der Zeit einer Sonnen-Finsterniß, auch durch den allerkünstlichenTubum hätte den Mond erblicket, wenn es neu gewesen. Dahero leicht zu schliessen ist, was es mit dem Schein des Neu-Mondes-Lichtes in einen leeren Beutel für Bewandniß habe. Und würde ich diesen Punct nicht einmahl meiner Striegel [189] gewürdiget haben, (weil ich solches Vorgeben nur vor einen Schertz hätte angesehen) wenn ich nicht gesehen, daß solcher in Ernst, der, dem so betitulten grossen Planeten-Buche mit einverleibten alten Weiber-Philosophie mit bey gefüget, und so wahrscheinlich denen andern erlogenen Glaubens-Gründen gleich vorgestellet werde.


Wer aus der flachen Hand kan Haare rauffen, Wer ohne Bein und Fuß kan in die Wette lauffen, Wer ohne Aug im Kopff dennoch kan sehen, Bey einem solchen wird es auch geschehen, Daß ihm der Neu-Mond wird in Beutel scheinen; Ein'm solchen glaube ichs, sonst aber keinen.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wer das Glück hat / daß die Störche ihr Nest auf sein Hauß oder Schorstein bauen / der wird lange leben /und reich werden.

Ich erinnere mich, daß einst die Störche ihr Nest auf eines Mannes, der sich nicht wenig einbildete, seinen Schorstein baueten, welcher, als er solches ersehen, alsbald mit den Worten herausgeplatzet war: Man würde nicht erfahren / daß die Störche auf eines armen oder gemeinen Mannes Hauß baueten. Als mir dieses Freuden-Geschrey des unschuldig-weisen Mannes zu Ohren kam, hätte ich mir bald die Colica darüber an Halß gelacht; und so ich diese Rede aus des klugen Herrn seinem all-beeständigen Munde gehöret hätte, so würde ich mich kaum haben enthalten können zu sagen: Wie [190] der Wirth wäre, so bescherte GOtt die Gäste! und gleichwie die Störche sich hoch hinan macheten, und zu ihrer Wohnung die höchsten Stellen aussucheten; item, wenn sie von ferne andere Störche fliegen sahen / alsobald sich um selbige gleichsam bekümmerten, sie anklapperten, und ihren Neid nicht bergen könten; also hätten dißmahl diese Störche einen Wirth gefunden, der ihrer Natur gleich sey. Lächerig kam es aber heraus / als gedachte Störche ihr neues Qvarter gar wenig Jahre bewohnten / sondern das Nest wegtrugen, weßhalben es der Haußwirth auch für kein gut omen hielte. Und scoptische Köpffe spotteten dessen, und sagten: Er sey von sammeter und stoffener Einbildung, aber von grobleinwanden Verstande und Vermögen, darum hätten die Störche, als sie solches vermercket, nicht länger allda herbergen wollen, und wären wieder davon gewandert. Ich lasse aber billich diesen Senior in seinem Werth, sintemahl sich mit der Zeit es weisen wird, ob er klug oder närrisch, arm oder reich gewesen sey? Was demnach ferner unsern vorhabenden Pseudosohischen Glaubens-Punct anlanget so wird denen bekannt seyn, die an solchen Orten wohnen, allwo viel Störche sich annisteln, daß sie erstlich sich zwar gerne auf die höchsten Häuser machen, und zum andern die Beqvemlichkeit der Feuer-Essen beobachten, ob sie ihre Nester füglich darauf befestigen können? im übrigen aber nichts darnach fragen, ob der Haußwirth arm oder reich sey. Ist er nun arm / so wird er von Storch-Nestern nicht einen Heller [191] reicher werden. Weil aber die höchsten Häuser gemeiniglich denen wohlhabensten Leuten gehören, (wiewohl offt in einem kleinen Häußgen ein Besitzer steckt, der drey andere in grossen Pallästen auskauften könnte,) so ist der albere Aberglaube entstanden, ob würden diejenigen reich /oder hätten Glück, wohin die Störche ihre Nester baueten. Ich weiß aber Storch-Nester auf solchen Wohnungen, die wegen der Besitzer Unvermögenheit bald gar einfallen werden. Wo aber allda das Glück steckt, welches die Störche andeuten, das weiß ich nicht?


So wenig als der Storch wird Lieder singen, So wenig wird er Glück und Reichthum bringen. Er kömmt gantz leer mit seinem Weibe an, Und muß sein Nest von Mooß und Dornen bauen, Darinnen GOtte, Wind und Wetter trauen, Sonst aber weiter ers nicht bringen kan, Als Kröten Frösch und Schlangen für die Jungen, Und wenn sie haben diese Kost verschlungen, Und sich in Fliegen haben exercirt, Daß sie in freyer Lufft können recht fliegen, So lassen sie den Koth im Neste liegen, Und werden förder wenig mehr gespürt.

Das 16. Capitel
Das 16. Capitel.
Wenn eine ledige Dirne will wissen / ob ihr Liebster werde gerade oder krumm seyn / die soll am Weyhnacht-Heilgen-Abend an eine Klaffter oder einen Stoß Holtz treten / und rücklings ein Scheit ausziehen / wie daß Scheit ist / also wird auch der Liebste seyn.

[192] O Du heiliger Weyhnacht Abend! wie mißbraucht dich doch manche Mann-thörichte Dirne zu ihren losen Händeln! Es weiß sicherlich manche tolle Trompe sich auf nichts mehr zu besinnen, das sie gern zu dieser heiligen Zeit noch practicirte; da ich doch, ie länger ich nachsinne, ie weniger begreiffen kan, warum eben diese Nacht denen ledigen Weibs-Personen so favorable seyn solle. Nach diesem Punct stellen sie eine Probe an, ob ihr künfftiger Liebster werde krumm oder gerade seyn / da sie doch nicht einmahl versichert sind, ob sie auch noch einen werden bekommen oder nicht. Sie probiren es mit einem unbesehenen Scheite Holtz, und wollen gleichsam sich hiermit zu dem bey ihnen gewöhnlichen Spruche bekennen: So muß ich einen Mann haben, und solte ich mir einen von Stroh oder Holtze machen. Ja, wenn sie einen solchen haben wollen so können sie auf diese Art freylich gar bald zu einen krummen oder geraden gelangen. Und wäre zu wünschen, daß alle solche Mann-tolle Vetteln die so vorwitzig sind, um die Beschaffenheit ihrer zukünfftigen Männer sich vor der Zeit zu bekümmern, ihr Lebtage sich mit solchen aus dem Holtze gezogenen Männern, zur Straffe ihrer Thorheit, behelffen müsten! Solte dieses Beginnen nicht die Abgötterey derer Heyden übertreffen? welche doch gleichwohl Götzen ehren, die gewisse Gestalten und Bildnisse an sich haben; hier aber sollen ungestalte Stücke Holtz Oracula abgeben, und anzeigen, wie der künfftige Liebste soll proportionirt seyn. Die thörichten Leute möchten [193] aber doch nur bedencken, daß zwar alle diejenige, welche solche Probe vornehmen, Scheite Holtz kriegten, aber alle bekommen nicht Männer. Dahero, welche keinen Mann bekömmt, und hat doch ein Scheit Holtz ausgezogen, die siehet ja solcher gestalt, daß diese abgöttische Probe falsch und erlogen sey. Es wird mir zwar ohne Zweifel geantwortet werden: Es könten diejenigen, welche keine Männer bekämen, auch das Scheit, das sie rücklings ergriffen hätten, nicht heraus ziehen, weil es allzufeste steckete. Allein, sie kommen mit diesem Einwurff gar nicht aus. Denn da nicht allein die lieben Damens gar fein sich an einem Ort wissen zu stellen, allwo sie gedencken, das Holtz zu gewinnen, so trägt sichs ja auch offt zu, daß ob sie gleich an ein Stück Holtz kommen, so sie weder regen noch wenden können, und solches müssen stecken lassen, dennoch dasselbige Jahr noch einem Soldaten oder andern praven Kerl überlieffert werden. Woraus ja offenbahr erhellet / daß dieser Glaubens-Articul falsch sey.


Die Dirnen / die sich gar nicht schämen, Sich selber ein'n Mann aus dem Holtze zu nehmen, Und zwar auf solche Art: Daß mit dem Rücken Sie sich an einen Hauffen Holtz andrücken, Und ziehen sich den Knittel oder Scheid Heraus, es sey gerade, krumm, schmal oder breit, Die wundern sich alsdenn ja nicht, Wenns künfftig ihnen auch geschicht, Daß ihnen ihre geilen Rücken Gesalbet werden mit dergleichen Stücken.

Das 17. Capitel
[194] Das 17. Capitel.
Welche Dirne will wissen / wie ihr künfftiger Mann werde heissen / die soll den ersten Faden Garn / den sie des Tages spinnet / vor ihre Hauß-Thüre spannen wie nun der erste vorbeygehende heist / also wird ihr künfftiger Mann auch heissen.

Wie kömmt aber eine solche Trompe zu rechte, die ihren Faden aufspannet, auch Achtung giebet, wer vorbey gehet, und wie er heist / und von einem Jahre zum andern auf einen Liebsten gleiches Nahmens hoffet, aber doch biß an ihr Ende keines Mannes theilhafftig wird? Wie trifft doch bey einer solchen dieser schöne Glaubens-Articul ein? Oder wie wird eine andere dran seyn, da zugleich zwey, drey oder mehr Männer vorbey gehen, und hat ieder einen andern Nahmen? Wie will sie allda wissen, welchen Nahmen ihr künfftiger Schatz haben werde? Hierauf werde ich ohne Zweifel zu erst Antwort bekommen, (weil mein erster Einwurff wohl wird unbeantwortet bleiben,) daß der / welcher oben an, oder auch der Thür am nechsten gehe, der habe den Nahmen des künfftigen Liebsten; oder aber trüge sichs auch wohl zu, daß wenn ihrer zweye wären, die vorbey giengen, der eine Hanß und der andere Christoph u.s.f. hiesse, da hiesse alsdenn der künfftige Liebste Hanß Christoph: Oder es könte sich auch begeben, daß wenn zwey oder drey Männer vorbey giengen, die Jungfer hernach, [195] auch 2. oder 3. Männer kriegen, die derer ihre Nahmen hätten, die vorbey gegangen wären. Allein dieses sind gar zu weit gesuchte Possen: denn so zwey oder mehr Männer zugleich vorbey gehen, und der oben angehet, den rechten Nahmen haben soll, so fragt sichs, wie es bey denen Völckern könne eintreffen, welche die Lincke vor die Oberhand halten? Oder wenn es der soll seyn, der am nächsten an der Thür gehen werde, so weiß ich auch nicht, wie die Natur durch den vor die Thür gespanneten Faden solte solche Gewalt leiden können, daß durch ihre Würckung die zwey oder drey vorbey gehenden Männer sich eben in eine solche Ordnung stellen müsten, daß eben derjenige auf der Seiten gehen müste, welcher der Jungfer ihres künfftigen Liebsten seinen Nahmen führte? Denn nachdem der Gang von der rechten oder lincken Seiten des Hauses herkömmt, nachdem gehet auch dieser oder jener oben an oder dem Hause am nächsten. Daß aber der künfftige Mann einen doppelten Nahmen führen solle, nach denen Nahmen zweyer vorbey gegangener Männer, das scheinet auch der Natur zu viel Gewalt mit einem elenden Faden Garn thun wollen; als ob die Natur um des Fadens willen eben solche zwey Männer zusammen und vor dieser Thüre vorbey führen müste, allwo das Garn aufgespannet wäre. Was letzlich zwey oder drey Männer anlanget, die sich eine solche Mann-begierige Jungfer zu überkommen möchte träumen lassen, das ist mit vorigem gleiches Schlages, und sind lauter vergebliche Einbildungen [196] und abgöttische Aberglauben, derer sich ehrliche Jungfern niemahls bedienen werden.


Und so auf solche Art eine spannt auf ihr Garn, Und kömmt zu erst ein Ochs gefahren mit dem Karn, Oder wenn nach fürgezognen Faden Ein Esel kömmt mit einem Sack beladen, So müst der künfftge Mann Ochs oder Esel heissen. Gefällt dir das nun nicht, magst du das Garn wege reissen.

Das 18. Capitel
Das 18. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man einen Rost oder Dreyfuß aufs Feuer setzet / und leget nichts drauf.

Besser ists, wenn auf dem Roste ein paar gute Bratwürste liegen, und auf dem Dreyfusse ein Kessel mit einem guten Schincken oder fetten Karpffen stehet. Und solchergestalt möchte dieser Glaubens-Punkt schon beantwortet seyn. Allein, weil ich gleichwohl offt wahr genommen, daß, wenn an manchem Orte sind Fische gesotten worden, die Köchin, so bald sie den Kessel vom Dreyfuß gehoben gehabt, einem andern dabey stehenden zugeruffen, daß er den Dreyfuß möchte umwerffen, so habe ich nach solcher Bedeutung offt gefraget, aber keinen andern Bescheid erhalten, als daß es nicht gut sey, wenn der blosse Dreyfuß im Feuer stehen bliebe. Endlich ist mir gesagt worden / habe es auch in der, dem grossen Planeten-Buche mit einverleibten alten Weiber-Philosophie gefunden, daß es folgendes bedeuten solle: Nehmlich, ein Weib, welches den Rost oder Dreyfuß so frey auf dem [197] Feuer stehen liesse, das würde unscheinbar, runtzlich und alt. Ist demnach kein Wunder, daß die lieben Dinger so sorgfältig den Dreyfuß aus dem Feuer thun; sintemahl ihnen an nichts mehr gelegen ist, als an schöner Gestalt, weil sie wohl wissen, daß, so sie diese besitzen, ihnen das übrige, was ihnen gefället, auch nicht leichte entstehen werde. Denn wenn sie schön sind, so sind sie denen Manns-Personen, als um derer willen sie sich putzen, baden, pudern / schmincken, salben und balsamiren, angenehm; und wenn sie noch ledig sind / bekommen sie eher Männer; sind sie aber ehelich, so hoffen sie, um der Schönheit willen, zuweilen auch (wiewohl verbotener Weise) einer frembden Speise zu geniessen. Welche wolte denn bey so gestalten Sachen den Rost oder Dreyfuß im Feuer stehen lassen? und wolte ich nun keine mehr verdencken, wenn sie solchen, in Ermangelung einer Feuer-Zange, gleich mit blossen Händen umwürffe; Allein, weil gleichwohl eine Sache nicht nur in blossem Vorgeben bestehen darff, sondern auch gewisse rationes erfordert werden, warum das oder jenes so / oder so sey? so wollen mir die Weiber doch erst die Art und Weise entdecken, wie sie von dem auf dem Feuer bloß stehenden Dreyfuß runtzlich und alt werden, widrigen Falls wird es niemand ihnen zu Gefallen glauben. Und ob sie gleich wolten fürgeben, daß sie solches aus offt und vieler Erfahrung erlernet hätten; so wäre doch dieses noch ein gar schlechter Beweiß, weil andere Dinge mehr und öffter fürgehen / die eine Ursach zum Runtzeln [198] und alter Gestalt machen können, als der im Feuer stehende Dreyfuß. Auch werden viele ungestalt, die nicht einmahl an das Feuer kommen, viel weniger einen Dreyfuß im Feuer stehen lassen; und das sind solche liebe Dingergen, die nicht wissen eine Wasser-Suppe zu machen, sondern sich auf die Mägde verlassen. Ich will aber andere Ursachen endecken, warum die schönen Weiber manchmahl so bald runtzlich und ungestalt werden? nehmlich: Wenn sie Bocken-Gruben mit Schmincke, Kleister, Bleyweiß, Kugelag und dergleichen stets anfüllen wollen /so macht es endlich eine runtzeliche Haut; oder wenn sie die Stirne glatt in die Höhe binden, solche mit so genannten Favorittgen behängen, als ob ihnen ein Turtel-Täubgen auf dem Kopffe gesessen sey, und auf die Stirne solche runde Ringelgen s.v. geschmeisset hätte; die sie dermassen mit Mehl oder gestossener Stärcke bestreuen, daß sie aussehen, als eine aus der Mühlen kommende Palm-Sonntags-Stutte, oder, nach der teutschen Grund-Sprache zu reden, eine mit Mehl bestobene Eselin. Auch trägt zu eines jungen Weibes baldigen Runtzeln viel bey, wenn sie lieber den Kragen, als den Magen bedencket, und lieber Hunger leidet, als etwas von der verfluchten Hoffart und Putz abbrechen will, da fallen die Backen bald in Falten und die vorhin glatt gewesene Stirn bekömmt Runtzeln, und werden Crepunene Gesichter daraus. Dieses sind also meine rationes, warum die Weiber bald alt und runtzlich werden; vom Dreyfuß im Feuer halte ich aber gar nichts, biß mir die Weiber gnugsam ihr Vorgeben erweisen.


[199]

Nicht der Dreyfuß noch der Rost, Sondern eine schlechte Kost, Vieles Schmincken, Courtisiren, Und die Stirn mit Kreyde schmieren; Diese und dergleichen Sachen Sind es, die die Runtzeln machen.

Das 19. Capitel
Das 19. Capitel.
Wenn ein Weib zu Bette gehet / und grüsset die Sterne am Himmel / so nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn.

Dieses glauben die albern abgöttischen und abergläubischen Weiber, und practiciren es auch; Wenn sichs alsdenn begiebt, daß ihnen ihre jungen Hüner unverletzt bleiben, so vermeynen sie, daß wahrhafftig der Gruß, den sie an die Sterne gethan, solchen Schutz zuwege gebracht habe. Hieran aber hat der Teufel seinen sonderlichen Wohlgefallen, daher er mit Fleiß verhüten hilfft, daß der Habicht kein jung Huhn von denen erhasche, derer Frauen die Sterne gegrüsset haben; Hingegen derer ihre / die solches nicht gethan haben, hilfft er, so viel ihme GOtt zulässet, desto mehr verderben, nur darum / daß er den abgöttischen Wahn bey denen Weibern möchte vermehren. Aber die albern Narren möchten doch ein wenig überlegen, wie abgeschmackt und thöricht ihr Vornehmen sey, und der Satan denen ihren gesunden Verstand beraubet haben müsse, die solche Narren-Possen glauben unb practiciren. Denn der rechte und wahre Verstand[200] dieses ihres Glaubens-Artickels ist also beschaffen: Zu der Zeit, wenn ein Weib Abends zu Bette gehet, da die Sterne am Himmel zu sehen sind, so ist es finster; wenn sie nun die sichtbaren Sterne grüsset, so nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn, denn die Gluck-Henne sitzet zu der Zeit drüber, und ist auch in der finstern Nacht kein Geyer anzutreffen, der eines nehmen könne. Ist also freylich wahr, daß der Habicht ihr kein jung Huhn nimmt, wenn sie zu Bette gehet, oder wenn sie die Sterne am Himmel grüssen kan. Auf folgenden Tag aber hat sie dessen keinen Bürgen.


Kan auch wohl ein Peter Sqventz Einen solchen Reverentz In dem Spiele machen, Als die Weiber Abends-Zeit Mit dem Grusse sind bereit? Dessen man muß lachen. Sie begrüssen nicht den HErrn, Sondern nur desselben Stern, In besonderm Glauben, Daß darum der Geyer nicht Ihnen, wie sonst offt geschicht, Ein jung Huhn soll rauben. Aber sie sind unbedacht, Denn ja ohndem in der Nacht Kein Geyr ist vorhanden; Aber wenn ein ander mahl Holt der Geyr eins aus der Zahl, Bestehn sie mit Schanden;

Das 20. Capitel
Das 20. Capitel.
Wenn man Stroh in ein Bett thut / [201] soll man die Knoten nicht an denen Stroh-Bändern lassen / sonst kan niemand darauf schlaffen.

Offtmahls, wenn Patienten nicht haben schlaffen können, oder mancher, wegen vieler Sorgen und andern Ursachen, wenig Ruhe im Bette gehabt, habe ich kluge Weiber hören den Rath geben: Man möchte doch das Bett-Stroh durchsuchen, ob irgend unaufgeknüpffte Stroh-Bänder darinnen wären, welche eine gewisse Hinderniß des Schlaffs und Ruhe verursachten? Alleine, ob gleich solche zu weilen gefunden, und weggethan sind worden, ist dennoch kein Schlaff darauf erfolget. Also siehet man / wie die Weiber alle Kleinigkeiten zu Aberglauben machen können, wenn auch gleich öffters natürliche Ursachen darbey zu beobachten sind. Denn das ist natürlich, daß einer auf vielen Knoten, als wie an Stroh-Bändern sind, würde schlechte Ruhe finden, wenn er solche / als eine Streue / unter sich hätte. Auch kan sichs bey gar armen Leuten wohl zu weilen zutragen, wenn weder Betten noch Stroh zur Gnüge vorhanden ist, daß ein eintziger solcher Knoten einen / der darauf lieget, Unruhe verursachet. Wenn aber Stroh genug im Bette liegt, und auch noch gute Betten darzu drauf gelegt sind, so kan ein oder zwey Knoten von Stroh-Bändern keine Verhinderniß des Schlaffs verursachen; so wenig, als etliche Pflaum-Federn verursachen solten, daß einer, der sich drauf legte, sanfft ruhen werde:


[202]

Einer, der ohne Sorgen, Kranckheit u. Schmertzen, Gar wohl kan schlaffen, essen, trincken und schertzen, Der wird auch Zweifels frey in Kleidern und Schuhen, Auf der Banck oder auf Stroh-Knoten ruhen.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Wenn ein Weib zu Marckte gehet / und hat früh / als sie die Schuhe angezogen / den rechten Schuch erst angezogen / so wird sie ihre Wahre theuer loß werden.

Solte die Ursach daher kommen, daß die Bauer-Weiber ihre Butter und Käse so theuer geben, so wäre nicht unbillich / wenn die Obrigkeit anbefehle, daß die Weiber alle den lincken Schuch erst anziehen müsten. Daß aber dieser Aberglaube falsch sey, erhellet daraus, weil viel hundert Bauer-Weiber barfuß zu Marckte kommen, und weder Schuch noch Strumpff anhaben, dennoch aber hartnäckig auf ihre Wahre halten, und theuer gnug verkauffen. Und kan ich mich nicht erinnern, daß ich in zehen Jahren einem Bauer-Weibe etwas hätte abgekaufft, das sie um einen billichen Preiß gegeben hätte; denn sie wissen, daß des Volcks in denen Städten viel ist, die essen wollen, dahero wissen sie nicht, wie sie ihre stinckenden Käse und andere Victualien theuer genung ausschinden sollen. Und ob sie gleich alles über die Billigkeit verkauffen, so lassen sie sich doch noch nicht damit begnügen, sondern sinnen noch auf Mittel und schwartz-künstliche Handgriffe / die ihnen zum theuer-Verkauf fen dienen sollen, dergleichen einer dieses ist, was ich [203] ietzt untersuche, nehmlich die erst Anziehung des rechten Schuchs; andere solcher Abgötterey und losen Zauber-Griffgen vorietzt zugeschweigen. Daß aber dieses zum theuer-Verkauffen nichts thut, habe ich nicht allein schon oben angeführet / sondern es ist auch daraus zu schliessen, weil ein Bauer-Weib selten einen Unterscheid unter ihren Schuhen machet, ob er an den rechten oder lincken Fuß gezogen wird; kan dahero der Schuch als Schuch nichts wircken, sondern es müste die Krafft vom rechten Fusse oder Aufhebung des rechten Beins herkommen, aber auch dieses will sich nicht wohl reimen; denn wenn die Weiber früh, ehe sie zu Marckte gehen, erst in den Kühställen herum wandern, und die Füsse hernach waschen, so heben sie die Beine, ohne Unterscheid auf, und waschen beyde abe; woferne sie sie aber nicht waschen, so ist kein Zweifel, es werde der lincke Fuß so heßlich als der rechte stincken, und wie kan denn hernach ein Fuß dem andern die Krafft geben, daß die Wahre auf dem Marckte theuer verkaufft werde? Gleichwohl aber aus der Sach zu kommen, will ich ein wenig entwerffen, was mich düncket, wie es mit Anziehung des rechten Schuchs und dessen Wirckung zu unchristlicher Schinderey zugehe; nehmlich, der rechte Schuch ist das erkaltete und von aller Christlichen Liebe befreyete Hertz, und der rechte Fuß ist die geitzige Begierde zum unbilligen Wucher. Wenn dieser Fuß also in den kalten Lieblosen Schuch tritt, und zu Marckte wandert, so verkäufft das Weib theuer. Was aber der barmhertzige [204] GOtt darzu sagt, das können die Soldaten hernach denen Bauern am besten fürpredigen.


Wenn sich die Bauern der Billigkeit schämen, So müssen sie sich doch willig beqvemen, Zu geben, gantz ohne Geld, Käse und Butter, Brodt und Bier, Eyer, auch Haber und Futter, Wenn ihnen zur Straffe Soldaten gebieten, Dafür uns doch alle GOtt wolle behüten!

Das 22. Capitel
Das 22. Capitel.
Wer ein Hembde anhat / welches von Garn gewircket ist / das ein Mägdlein unter sieben Jahren alt gesponnen hat / der hat Glück darinnen.

Ich übergehe allhier, um Aergerniß zu verhüten, was vor verfluchte Zauberey und Gauckeley mit dem so genannten Noth-Hembde getrieben, und vor diesem von manchen Teufels-Diener höher als GOtt selbstæstimiret worden ist. Denn wenn ein frommer Christ beobachtet erstlich, was vor Personen das Garn darzu haben müssen spinnen? zum andern, in wessen Nahmen? drittens die Zeit oder den Tag, wenn es hat müssen gesponnen / gewircket und auch gemacht werden: vierdtens die Form und Gestalt? und letzlich, wenn und wofür es gebraucht worden ist, so wird ein ieder gestehen müssen, daß es ein recht Werck des Teufes gewesen sey; und zweiffele ich nicht, daß noch wohl heut zu Tage dergleichen verfertiget und gebraucht werden / weil doch in dieser Grund-Suppe der Welt fast [205] alle Laster, welche sonst schon vergessen gewesen, wieder aufs neue aufgewärmet und hervor gesucht werden. Es sey aber dahin gestellet, ob nicht jetziger Zeit noch solche Noth-Hembder gemacht und gebrauchet werden? so fehlets doch hingegen nicht an andern verdammlichen Abgottereyen und Aberglauben. Wie denn in Wahrheit ein solch Hembde, worzu das Garn von einem Kinde unter 7. Jahren gesponnen ist, wenn es mit der intention getragen wird, daß es Glück bringen soll, nichts als ein offenbares abgöttisches Werck ist. Daß es aber auch im allergeringsten keine Würckung habe bey Christlichen Leuten, wie kein Vertrauen darauf setzen / kan ich aus folgender Begebenheit abnehmen. Meine nunmehro längst in GOtt ruhende älteste Schwester hatte, vor dem Beschluß ihres siebenden Jahres, so viel gesponnen, daß sie ein Mantel Ellen Leinwand davon würcken ließ, welche ihr meine Mutter aufhub, als einen Haußrath; und weil dieselbe bey Zeiten, nechst der Gottesfurcht, zu allerhand häußlichen Verrichtungen angewiesen wurde, muste sie in ihrem vierzehenden Jahre meines ältesten Bruders Haußhälterin werden, weil er noch unverheyrathet war; als aber sein Nahmens-Tag kam, machte sie von ihrer Leinwand ein Hembd, und band ihn damit an. Nun kan ich zwar nicht wissen, indem ich davon keine observation zu selbiger Zeit gemacht habe / was vor Glück er darinnen gehabt hat? aber das erinnere ich mich noch wohl, daß, als er hernach Amts wegen, der Brandenburgischen Armee, [206] welche, wo ich nicht irre, vor 30. Jahren vom Frantzösischen Kriege aus dem Reiche durch den Thüringer Wald, in die Winter Qvartiere zog, biß auf den Frauenwald (ist ein schönes Fürstlich Gothisches Hauß und Gasthoff im Thüringer Walde gelegen) entgegen gehen muste, um zu hintertreiben / daß der March die Hennebergischen und Weimarischen Dörffer nicht so starck betreffen möchte; da trug sichs zu, daß er in diesem Gasthofe über einem allda an einem hitzigen Fieber liegenden Obersten sich dermassen entsetzte, daß er sich alsbald entfärbte, und sich kranck nach Ilmenau bringen lassen muste, allwo er den dritten Tag seinen Geist aufgab, und starb. Ob er nun zwar zu derselbigen Zeit sich nur kurtz zuvor verheyrathet hatte, war doch meine Schwester noch bey ihm, und erzehlete bey dessen Begräbniß daß er eben das Hembde, womit sie ihn angebunden gehabt, hätte auf dieser unglücklichen Reise angehabt, und hätte solcher Gestalt gar wenig Glück darinnen gehabt. Dieses habe ich also nur darum angeführet, auf daß iedweder erkennen möge, daß ein solch Hembde nicht einen Pfifferling besser sey, als ein anders. Wer aber sein Vertrauen auf dieses und dergleichen Possen setzet, bey dem hat der Teufel geschwinde seine operation, und verschaffet, daß er in seinem abgöttischen Vertrauen noch mehr gestärcket werde; drum hat ein redlicher Christ wohl Ursache, sich vor solchen losen Händeln zuhüten.


Der ist ja wohl recht geschossen, Der auf solche albre Possen [207] Seine Hoffnung also setzet / Daß er sich dabey verletzet An der Seelen und Gewissen; Denn der Teufel ist beflissen, Mit dergleichen falschen Stricken Fromme Christen zu berücken.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
Wenn es auf St. Johannis-Tag regnet / so verderben die Nüsse / hingegen gerathen die Huren.

Ey! wenn nur was geräth / auf daß das Jahr nicht gar unfruchtbar ist; wie wohl die Huren gerathen, ob gleich kein Tropffen Regen im gantzen Jahre solte vom Himmel fallen. Daß aber die Nüsse manch Jahr verderben, ist bekannt. Ob aber der Regen, welcher an Johannis-Tage fället / hierzu etwas contribuiren mag? kan ich so schlechter dings nicht annehmen, weil ich mich noch erinnere, daß, als ich vor 2. Jahren, nehmlich An. 1702. am St. Johannis-Tage, eben als es regnete, zu einem guten Freunde Schertz-weise sagte; es würden die Nüsse verderben, und hingegen, nach dem gemeinen Sprichwort, die Jungfern fruchtbar werden. Ob nun gleich an denen letztern nichts ermangelt hat als Ehre und Schamhafftigkeit, so wird doch ein ieder mit mir bekennen müssen, daß im Jahr 1702. die Nüsse dermassen wohl gerathen sind, als in sehr vielen Jahren zuvor nicht geschehen ist. Trifft also das bekannte Glaubens-Pünctlein mit der Wahrheit nicht überein. Ich kan auch nicht absehen, [208] aus was Ursachen die Huren gerathen sollen, wenn die Nüsse verdirben / und solte man vielmehr glauben, wenn die Nüsse wohl geriethen, so giengen die Jungfern mit denen Manns-Personen in die Hasel-Sträucher, allda Nüsse zu suchen, bey welcher Gelegenheit manche ein paar Nüsse aufzubeissen bekäme, davon ihr in drey viertel Jahren der Wurm aus dem Leibe kröche; denn es sind manche Nüsse wurmicht.


Wenn manche Dirne sich recht schämte, Und sich nicht alsobald beqvemte Mit ieden Pursch zu lauffen, So dürffte sie zuletzt für Grämen, Den Kopff nicht in die Hände nehmen, Und sich die Haar ausrauffen, Denn wenn sie sich nach Hasel-Nüssen Umsehen, sind sie auch beflissen Ein Vogel-Nest zu finden, Das finden sie denn gar geschwinde, Und müssen sich bald mit dem Kinde An statt des Vogels winden. Alsdenn muß diesen lieben Seegen Gewürckt habn der Johannis-Regen. Und kan auch gar wohl kommen, Wenn sie Herr Vogel-Hansen haben, Oder sonst einen solchen Knaben, In ihr Nest eingenommen.

Das 24. Capitel
Das 24. Capitel.
Am St. Johannis-Tage sollen sich die Bauern in Zwiebel-Beten herum weltzen / so werden die Zwiebeln groß wachsen.

[209] Dieses Fürgeben ist zwar wahr; jedoch muß es nicht eben am Johannis-Tage geschehen, sondern kurtz zuvor, oder vielmehr nach ietzigen neuen Calender etliche Tage hernach. Und hat es seine natürlichen Ursachen, welche die klugen Gärtner wohl verstehen /und dahero um solche Zeit das Zwiebel-Kraut mit Fleiß auf denen Zwiebel-Beten umtreten. Denn wenn das Kraut zertreten wird, so wird es hernach welck, und das übrige Wachsthum bleibet in der Wurtzel oder Zwiebel, und werden groß. Diese Verwelckung derer Zwiebel-Röhren wird auch verursachet, wenn man sich auf selbigen herum wältzet, und sie damit übern Hauffen und entzwey drucket. Und gilt gleich viel, ob sie umgetreten oder gewältzet werden, und darff auch nicht eben am Johannis-Tage geschehen.


Und rath ich dir, du guter Bauer, Laß dirs nicht werden allzusauer, Und wältz dich nicht beschwerlich rum: Denn wenn du trittst die Stengel um, Auf daß in Wurtzeln muß der Safft Verbleiben, samt der Wachsthums-Krafft, So hast du schon genug gethan. Es kömmt auch nicht so eben an, Daß es müst seyn Johannis Fest Denn wenn du es verstreichen läst, So nimm es nur hernach noch für. Du kriegst groß Zwiebeln, glaube mir.

Das 25. Capitel
Das 25. Capitel.
An Bartholomäi-Tage sollen die Mägde nicht ins Kraut gehen / Blätter vor das Vieh zu holen.

[210] Dieser närrische Aberglaube ist meines Wissens nur an theils Orten in Thüringen bekannt, allwo das gemeine Volck in dem albern Wahn stehet, es würffe Bartholomäus an diesem Tage Kraut Häupte in das Kraut, derowegen solle niemand an diesem Tage in das Kraut gehen, auf daß es den Bartholomäum nicht verjagete oder verstörete. Wo nun diese gantz albere Meynung ihren Ursprung herhaben mag, kan ich nicht erfahren; vermuthe aber nicht unbillig daß es noch aus dem Pabsthum übrig blieben sey, weil wir dergleichen Raritäten mehr ihnen noch abgeerbet haben. Wie sich aber der gute Bartholomäus so mag versündiget haben / daß er, als wie zur Straffe, die Kraut-Häupter in so vielen Ländern muß oder soll einstreuen, kan ich weder begreiffen noch glauben; welcher Narr es aber will glauben, dem will ichs nicht wehren. Und scheinet, daß Barthel müsse ein furchtsamer Kerl seyn, weil er sich stracks fürchtet, so eine Magd zu ihm ins Kraut kömmt, und sich von seiner Verrichtung lässet abschrecken; alleine, ich glaube, daß einst eine Magd an Bartholomäi-Tage mag im Kraute gewesen seyn, und hat einen Haasen sehen heraus lauffen, der zuweilen, nach der Haasen Gebrauch, sich aufgerichtet, und ein Männgen gestanden hat, diesen mag sie vor Bartheln haben angesehen, und hat gedacht, wenn dieser lang öhrige Kerl oben die kleinen Hertz-Blätgen in Kraut-Stauden gekostet hat, er sey der Barthel, und werffe Kraut-Häupter ein. Aber zum wenigsten weiß ich und jedermann, daß [211] um Bartholomäi schon viel Kraut-Häupter verkaufft werden. Derowegen solche ja nicht erst am Bartholomäi können eingeworffen werden.


Weil ohne Zweifel eine steiffe Magd Den Haasen hat aus dem Kraute gejagd Eben an Bartholomäus-Tage, So ist davon entstanden die Sage, Als sey es Barthel selbst gewesen, Drum dürfft man hinfort nicht auflesen An diesem Tag die gelben Blätter, Auf daß man nicht verjagt den Vetter, Oder Schwager Bartheln, den lieben Mann, Damit er Häupter einwerffen kan.

Das 26. Capitel
Das 26. Capitel.
Wer ein vier-blätteriges Klee-Blat findet / der soll es werth halten / denn so lange er es hat / wird er glückseelig und reich seyn.

Aller Klee, wie er Nahmen haben mag, (denn es giebt dessen sehr vielerley Arten) ist nach seiner natürlichen Eigenschafft und Gestalt ein solch Kraut, da ein dreyfaches Blatt auf iedem Stiele wächset. Wenn sichs aber ohngefehr begiebt, daß mehr als drey Blätter auf einem Stiele gefunden werden, so ist es gleichsam eine Mißgeburt, lusus naturæ, gleichwie bey manchem Menschen / der 6. Finger an einer Hand hat, oder auf einem Halm 2. 3. oder mehr Aehren Weitzen oder Korn wachsen. Da nun dieses solche Dinge sind, welche nicht wider die Ordnung der Natur sich mit natürlichen Geschöpffen hervorzuthun pflegen, so sind es allgemeine Dinge, die man, zu [212] gewissen Zeiten, suchen und nicht finden kan, sondern werden gemeiniglich ohngefehr gefunden und angetroffen. Derowegen pfleget man auch zu sagen: Wer vier-blätterigen Klee suchet, der findet keinen, und wer keinen suchet, der findet dessen. Daß aber einer, der solcher Art Klee mit vier Blättern findet und aufhebet, mehr Glück oder Reichthum zu hoffen habe, als wenn er dergleichen Klee nicht hätte, das ist eine grobe Abgötterey und offenbare Lügen. Denn ich kan einem nicht alleine wohl dreyßigerley Sorten von allerhand Klee, als Stein- Spitz- Wasser- Wiesen- Spanisch-Sauer- Hertz- Hopffen- Schnecken- Gülden- und dergleichen Arten Klee, sondern auch vier- fünff- sechs-und sieben-blätterigen Klee weisen, den ich aus curiosität aufbehalte. Ich wäre aber kein ehrlicher Christ, wenn ich gedencken wolte, ob hätte ich, um des viel-blätterigen Klees willen, um einen Heller mehr Glück, als sonst. Und ist ein solcher Mensch, der ein vier-blätterig Klee-Blatt um des Glücks willen aufhebt, nicht besser zu achten, als ein Zauberer, der einen spiritum familiarem, ein Alraungen, oder einen Hecke-Thaler verwahret. Ausser einem solchen abgöttischen Vertrauen aber mag ein jedweder gleich eine gantze Schachtel voll solchen vier-blätterigen Klee mit gutem Gewissen aufheben. Wolte mir aber iemand vorstellen / daß, wenn gleichwohl einer ohngefehr solchen Klee fände, und ohne sündlichem Vorsatz aufhübe, hernach aber gewahr würde, daß er besser Glück hätte, als sonst, ob er denn den Klee [213] solte hinweg werffen, den ihn doch vielleicht GOtt um deswillen hätte finden lassen, daß er ihn dadurch seegnen wolle? Diesem dienet zur Antwort, daß GOtt, weil die Welt gestanden hat, noch keinen eintzigen Menschen auf diese Art geseegnet hat; und braucht GOtt weder vier-blätterigen noch Gülden-Klee darzu, wenn er einen seegnen will; und würde auch auf solche Art scheinen, ob gäbe GOtt selbst Anlaß zur Abgötterey? Wenn sichs aber begiebt / daß einer bey einem solchen Klee-Blatte spüret besser Glück, als sonst, zu haben, den versichere ich, daß eine Versuchung des Satans über ihn herrsche, wenn er diesen Götzen oder abgöttisch Blatt nicht hinweg thut. Ferner wird fürgegeben, daß ein solcher vier-blätteriger Klee am kräfftigsten würcke, wenn er durch die andere biß dritte Hand einem heimlich oder unwissend zugebracht werde. Wenn es denn aber also geschehe, und derjenige / der diesen Klee unwissend bey sich trägt, zusehend glücklich ist, so ist weiter eine Frage zu beantworten: Ob selbiger ohnwissend Sünde begehe, oder nicht? Ich achte vor meine Person dafür, daß zwar ein solcher, so lange er würcklich keine Wissenschafft noch Vermuthung von der Ursach seines Glückes hat, eben nicht in diesem Punct sündige, sondern der, der ihm mit abergläubischer intention das Klee-Blatt zugesteckt hat, stecke würcklich in der Verantwortung; derjenige aber, welcher unwissend des Glücks theilhafftig wird, ist auch nicht ausser Gefahr; denn der Teufel giebt niemanden nichts umsonst, daß er nicht[214] mit der Zeit sein reichlich interesse davon ziehe. Ich kenne unterschiedliche Personen, welche (wenn man so reden mag) sehr glücklich in Findung des vier-blät terigen Klees sind, dem aber ohngeachtet besitzen sie des zeitlichen Glücks und Reichthums sehr wenig; woraus zur Gnüge erhellet, daß an der Sache gantz nichts ist. Wie aber die Meynung auf die Bahn kommen sey, daß einer, der vier-blätterigen Klee habe, Glück und Reichthum erlangen werde / das kan ich so genau zwar nicht errathen / iedoch zweifle ich nicht, daß es von einer zweydeutigen Redens-Art herkommen mag. e.g. Wenn in der Wein-Lese einer eine Erdbeere fände / das wäre etwas rares, es wäre aber ein anderer, der wolte auch eine suchen, und seiner Liebsten verehren; gienge dahero in dem gangen Weinberge herum zu suchen; der erste aber, oder auch wieder ein anderer, spräche, es würde der gut Glück haben, wenn er auch eine Erdbeere fände. Hierbey dürffte das Glück nicht weiter verstanden werden, als so viel die zur ungewöhnlichen Zeit gewachsene Erdbeere austrüge. Und eben auf solche Weise kan es ehemahls geschehen seyn, daß gute Freunde im Grünen oder Wiesen spatziren gegangen, und in dem Klee versucht, vier-blätterigen zu finden, worbey gar leichte die Rede gefallen seyn kan, daß einer gut Glück haben würde, der solchen Klee fände: Der andere aber, der ohngefehr dergleichen gefunden hat, hat diese Rede in solchem Verstande angenommen, ob werde er, um des Klee-Blatts willen Glück erlangen. Und nachgehends kan diese einfältige [215] Meynung, als wie alle andere abergläubische Possen / gar leicht unter albern Leuten fortgezogen seyn / daß sie nun würcklich mit unter der alten Weiber ihre Glaubens-Gründe gerathen ist.


Durch ein verwelcket Blatt suchst du vergänglich Glück. Der Klee wird wohl zu Mist, das Glück bleibt auch zurück. Du aber must bey GOtt dafür zur Rede stehn; Drum, so du das bedenckst, magst du dich wohl fürsehn? Daß du nicht irgend das, was alles wird genannt, Verschertzest, u. wirst selbst im Höllen Pfuhl gebrannt.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Wenn ein Rabe oder Kräh sich auf ein Hauß setzet und schreyet / worinnen der Mann oder die Frau kranck liegt / ist es ein gewiß Zeichen / daß der Krancke sterben werde.

Ehe ich hierauf meine gründliche Meynung entdecke, muß ich erstlich benachrichtiget werden, ob der Patiente um deswillen sterben werde, weil der Rabe auf dem Hause gesessen, und geschryen habe? oder ob der Rabe sich um deswillen auf das Hauß setze und schreye, weil der darinnen liegende Patiente werde sterben? wenn mir aber niemand hierauf Antwort und Nachricht giebet, so muß ich wohl beyderley Meynung untersuchen, damit eines ieden Gedancken hiervon eine Gnüge geschehe. Sage demnach auf die erste Meynung: Daß, wenn einer dafür halten wolte, ob würde der Patiente um deswillen sterben, weil ein Rabe oder Krähe auf seinem [216] Hauß gesessen und geschryen hätte, solches Fürgeben gar alber und abgeschmackt heraus komme. Denn wenn die Kranckheit nicht tödlich ist, so kan ja die Krähe oder der Rabe oben vom Forst des Hauses nicht den Tod hinein schicken, oder die Kranckheit tödlich machen, die vorhin nichts zu bedeuten hat, sonst würde es scheinen, als ob die Raben eine tödtende Seuche, dadurch sie Häuser inficiren könten, an sich hätten. Und da ein eintziger Rabe so viel würcken könte, daß der sonst ausser Gefahr stehende Patiente in Todes Noth gerathen würde, so würde es auch nicht fehlen, daß /wo viel Raben oder Krähen zugleich auf einem Hause sässen (welches sich sehr offt begiebt) die darinnen befindlichen gesunden Leute gewiß würden kranck davon werden. Weil nun aber kein Mensch, dergleichen Exempel erfahren zu haben, gefunden werden wird, als muß an der ersten Meynung nichts seyn. Was das andere anlanget, als ob der Rabe oder Krähe sich eben um deswillen auf das Hauß setzete und schrye, weil der Patiente der im Hause kranck liegt, gewiß sterben werde? so kömmt solch Fürgeben nicht klüger heraus, als das vorige. Denn, wer bringt denn dem Raben die Post, daß in dem oder jenem Hause ein Patiente todt-kranck liege, deßwegen der Rabe, als ein schwartzer Begräbniß-Bitter kommen / und seinen Dienst mit seinem Geschrey anbieten solle. Wolte hier nun iemand einwenden und fürgeben, daß die Raben einen so starcken Geruch hätten, und dadurch des Patienten Wohnung von weiten ausspürten; diesen sage ich dargegen, [217] daß, wenn es daher käme, so würde gewiß nicht nur ein eintzeler Rabe, sondern gantze Schock sich um ein solch Hauß einfinden. Weil aber dergleichen Begebenheit auch noch nicht erhöret worden ist, so fället billich solche Meynung von sich selbst weg. Dieses sind also meine Gedancken über diesen Glaubens-Punct, was anlanget die natürlichen Raben oder Krähen. Nun finden sich aber wieder andere, welche dafür halten, es wären solches nicht allgemeine oder natürliche Krähen, sondern man nennete es Todten-Krähen; ja einige wollen gar fürgeben, ob wäre es der Teufel. Was aber die von Pöbel also genannte Todten-Krähen anlanget, so ist es eben ein solch Affen- und Fabelwerck, als das erlogene Fürgeben von der Klage-Mutter, oder also genannten Weh-Klage. Wenn aber eine solche Krähe oder Rabe gar der Teufel seyn solte, so würde ich desto eher recht behalten, wenn ich sagte, das Sitzen und Schreyen einer solchen Krähe bedeute nicht den Tod des Krancken, weil (woferne der Patient in rechten Glauben beständig bleibt) der Teufel von einem frommen Christen nichts zu holen hat. Uberdiß laufft auch ohne dem allezeit des Teufels Prophezeyung auf Lügen aus. Also mag einer solch Sitzen und Schreyen derer Raben auf eines Patienten Hauß verstehen wie er will, so wird er befinden, daß gantz und gar keine Bedeutung davon zu machen sey.


Wem wolte nicht zu sterben grauen, Wenn uns ein schwartzer Galgen-Hahn, Den Tod solte ansagen? Ich will alleine GOtt vertrauen, [218] Der mich für alles schützen kan. Mit JEsu will ichs wagen, Mein JEsus wird den Tod versüssen: Durch seinen Tod und schwere Pein Ist mir die Furcht benommen. Die Raben können ja nicht wissen, Wenn mein End' möcht bestimmet seyn, Und wenn mein GOtt wird kommen. Will aber iemand noch verharren, Zu glauben, daß der Raben Stimm Werd' ihm den Tod anzeigen, Den halte ich für einen Narren, Der selbst sein Ende machet schlimm, Ich aber will nur schweigen.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Die Schäfer dürffen in denen zwölff Christ-Nächten den Wolff nicht nennen / er zerreist sonst die Schaafe.

Wo das bekannte Sprüchwort: Lupus in fabula, oder wenn man des Wolffs gedencket, so stecket er in der nechsten Hecke! herkömmt, kan ich zwar so eigentlich nicht wissen; aber das weiß ich wohl, daß es nicht alleine in denen 12. Christ-Nächten, sondern vielmehr durchs gantze Jahr gebraucht wird. Dahero erachte ich nicht zu fehlen, wenn ich glaube, daß es daher seinen Ursprung haben mag, wenn in vorigen Zeiten sich durch das verfluchte Laster der Zauberey, hin und wieder so genannte Währ- oder Behr-Wölffe haben sehen lassen, und denen Leuten unzähligen Schaden gethan haben sollen / welches aber keine natürliche Wölffe, sondern leibhafftige Teufel, oder Zauberer und Hexen, in Wolffs-Gestalt, gewesen sind, [219] die mit ihren Wüten und Toben offt sichtbarlich Schaden gethan haben, und ehe man sichs versehen, verschwunden sind. Auch wenn zuweilen iemand / in Compagnien und Gesellschafft, von solchen Wölffen geredet hat, da hat sich dergleichen Teufels-Bestie bald præsentiret; wie Remigius in seiner Dæmonolatria dergleichen Historien und Begebenheiten gnung anführet. Und solcher gestalt achte ich dafür, ist das Sprichwort: Wenn man des Wolffs gedenckt, so ist er da, entstanden. Jedoch sind dieses nur meine Gedancken / weiß es ein anderer besser / so will ich gerne davon Unterricht annehmen. Es sey aber nun dieses, wie es wolle, so glaube ich doch wenigstens, daß die Benennung des Wolffs in zwölff Christ-Nächten, vor diesen, als das Zaubern und Hexen gemeiner als ietzt getrieben worden, sein Verbot mag erhalten haben, da irgend einer, dem Teufel zu gefallen, denen Leuten, die mit einen solchen Bähr oder Wolffe beschweret worden / mag weiß gemacht haben, daß wenn iemand eine solche Teufels-Bestie einen Wolff nennen würde, so lange als die Zeit vom ersten Weyhnacht- biß zum H. 3. König-Tage währet / dem werde von solchem Wolffe Schade geschehen. Woraus alsdenn ein allgemeiner Wahn unter die Schäfer kommen ist, daß man in denen zwölff Nächten nicht dürffe Wolff sprechen, und daher geben sie ihm solcher Zeit allerhand Nahmen, als Ungeziefer, Feind / Rähes, und dergleichen. Wie sichs denn einsmahls begeben, daß ein Schäfer zu seinem Pfarr gekommen, ein Kind tauffen zu lassen; weil aber [220] der Pfarr mit Nahmen Wolffgang oder Wolff geheissen hat, hat der Schäfer seinen Antrag auf folgende Manier verrichtet: Guten Tag Herr Ungeziefer! verzeihet mir, daß ich euch ietzt in zwölff Nächten so heisse, denn ich darff den Teufel ietzt nicht recht nennen, wenn ich nicht will in Sorgen stehen, daß das Rabenaaß mir unter die Schaafe geräth. Der liebe GOtt hat mich mit einem jungen Heyden begabt, so wolt ich euch gebeten haben, ihr solt ihn tauffen, und einen Christen daraus machen, etc. Wenn denn nun aber, GOtt sey Danck, ietziger Zeit, von oben gedachten Behr-Wölffen nicht mehr gehöret wird, der natürlichen Wölffe halber aber niemand sich, um der Benennung willen / etwas zu besorgen hat, so mögen die Schäfer, ohne einiges Bedencken, in Zwölff Nächten den Wolff nennen; ich will mein Leben zum Pfande setzen, daß kein natürlicher Wolff, um der Benennung willen, ein eintziges Schaaf antasten werde.


Man mag den Wolff gleich Monsieur heissen, Wenn er das Schaaf erfasset, So wird er es dennoch zerreissen, Weil er es allzeit hasset. Es können auch die Tag und Zeiten Die Wolffs-Art nicht verkehren; Ob gleich bey abergläubschen Leuten Man pflegt solch Ding zu hören, Drum magst du abergläubscher Schiefer Gleich die Christ-Tag' ihn heissen Ein heßlich böses Ungeziefer, So wird er dennoch beissen.

Das 29. Capitel
[221] Das 29. Capitel.
Wenn man einem Kinde lässet einen Dattel-Kern bey sich tragen / so fällt es nicht viel / oder nimmt durch Fallen nicht Schaden.

Die Natur-Kündiger geben von dem Palm- oder Dattelbaum für, daß er die Eigenschafft haben solle, wenn eine schwere Last auf selbigen geleget würde, solcher sich desto mehr empor und in die Höhe richtete, und also sich nicht zur Erden bügen liesse. Ob dieses wahr sey, stelle ich dahin; wiewohl unterschiedliche Autores derer neuesten Orientalischen Reise Beschreibungen solches nicht bekräfftigen wollen. Wenn es aber wahr wäre, so dürfften wohl einige dahero muthmassen, daß der Kern von der Frucht des Palmbaums eben auch die Eigenschafft habe, wie der gantze Baum, und liesse den, der einen solchen Kern bey sich trüge / nicht zur Erden fallen. Wie ungereimt aber dieses heraus kömmt, und wie schwer es würde zu beweisen seyn, dürfften die erfahren, die davon eine Probe thun solten. Es würde aber meines Erachtens eben also heraus kommen, als wenn einer sagen wolte: Ein Kind, das einen Wolffs-Zahn anhängen hat, das wird von diesem Zahne begierig das Vieh zu essen; Oder: Wer Hanbutten isset, der sticht und kratzt die Leute; Oder: Wenn ein Cantor Nachtigallen-Federn in Brustlatz füttert, wird es ihm niemahls an heller Stimme [222] fehlen. Ich sage aber dieses, daß wer seinem Kinde, um deßwillen, einen Dattel-Kern ins Kleid nehet, daß es für Fallen soll sicher seyn, der setzet seine Zuversicht nicht auf GOtt alleine, wie er doch billig thun solte / sondern auf den Dattel-Kern, und treibt also Abgötterey damit. Ich gebe aber solchen abgöttischen Leuten nur noch so viel zu bedencken, damit sie sich gar leichte selbst überzeigen können, daß sie irren: Wenn sie einen Dattel-Kern hinwerffen, so fället er selbst zu Boden / und bleibt auf der Erden liegen, so lange, biß er wieder aufgehoben wird. Was nun aber selbst dem Falle unterworffen ist, das kan einen Menschen ja nicht vom Fallen versichern und befreyen. Ist also dieser Glaubens-Grund nichts nütze. Ich erinnere mich zwar gar wohl, was für Krafft der Edelstein, ein Türckos, in eben diesem Punct, haben soll, wie Helmontius in seinen sonst sehr sinnreichen Schrifften gäntzlich behaupten will /ja gar diejenigen gantz spöttisch ansiehet, und für eigensinnige Leute hält, welche in die Krafft des Türckosses, die dieser bey Fallenden erweiset / einigen Zweifel setzen wollen. Alleine wem des berühmtenHelmontii seine Schrifften bekannt sind / und ist nicht über die Gebühr von dessen principiis eingenommen und angesteckt, der wird gestehen müssen, daß sehr viel Alte-Weiber-Künste darinnen für gantz gewisse Dinge angebracht sind, die doch in der Wahrheit nicht bestehen / und bleibt dabey, daß alle dergleichen Sachen auf nichts anders als eine Abgötterey auslauffen.


[223]

Ich will mich verlassen auf GOttes und der Engel Schutz, Weil ich erachte, ein Dattel-Kern sey gar nichts nutz, Den Fall zu verhüten, denn es ist ja nur eine Nuß, Und ein schlecht Gewächse, das selbst zu Boden fallen muß.

Das 30. Capitel
Das 30. Capitel.
Wenn iemand zum ersten mahl in ein Hauß kömmt /und darinnen schläfft / was ihm die erste Nacht träumet / das wird wahr.

Es bezeugts die unzehlig viele Erfahrung, daß diesess.v. erlogen ist, dahero erachte ichs vor gantz unnöthig, solches weitläufftig zu widerlegen. Wer es aber dennoch glauben will, der wird eben keine grosse Sünde daran thun, es sey denn, daß ihm etwas böses träume / worüber er sich vergebliche Sorge und Kummer machen, und gedencken wolte, es müsse das Böse ohnfehlbar kommen, über welchen Besorgungen einer die Hoffnung zu GOtt vergiesset, und nicht glaubet /daß GOtt alles ändern könne, ob auch gleich etwas gewisses durch den Traum angedeutet worden sey.


Träume sind ja lauter Lügen, So die Leute nur betrügen; Drum, bey so gestalten Sachen, Muß ich nur der Possen lachen, Denn der Träume gröste Stärcke Sind ja nichts, als Schatten-Wercke.

Das 31. Capitel
[224] Das 31. Capitel.
So eine Frau oder Magd auf der Gassen oder Strasse ihr Strumpff-Band verlieret / so ists ein Zeichen / daß der Mann oder Freyer nicht treu ist.

Das ist ein wunderliches omen, welches, wofern es wahr ist, daß es diese Bedeutung hat, (das ich doch nicht glauben kan) sicherlich vielerley Gedancken verursachet. Ich habe zwar offt gehöret, wenn einem Frauenzimmer ohngefehr das Schürtzen-Band aufgefahren ist / daß sie gesagt haben: Der Liebste gedächte an sie: Hier heist es gar / wenn eine das Strumpff-Band verlieret, der Liebste würde ihr untreu. Wenn nun dieses wahr ist, so will ich meine Gedancken, die ich hierbey habe, kürtzlich eröffnen, und sind folgende: Wenn eine Frau oder Jungfer eine solche faule Schlumpe ist, daß sie keinen Strumpff recht aufbindet, und bey solcher angewöhnten Nachläßigkeit nicht einmahl fühlet, wenn ihr das Strumpffen-Band aufgehet, also, daß sie es auch gar unvermerckt verlieret, so ist es kein Wunder, daß / wenn einer solchen Schlumper-Käthen ihr Liebster solche Faulheit und schlumpige Art ersiehet, er die vorher zu ihr getragene Affection und Liebe in einen Haß verwandelt; woran ein ehrlicher Pursch eben nicht übel thut, daß er sich einer solchen schlumpigen Sau bey Zeit enthält, ehe er sie gar an Halß krieget. Ist es aber einer, der schon mit einer solchen liederlichen [225] Dame in der Ehe lebet, so muß er sie zwar behalten, wie das viertägige Fieber, ob sie gleich die Schuhe hinter sich her schleppet, und die Strümpffe über die Schlarffen hängen lässet; was aber hieraus vor Liebe entstehet, ist aus vielen Historien bekannt. Will aber, diesem ungeachtet, eine Manns-Person in seiner Treue beständig verharren, und vermahnet eine solche liederliche Weibs-Person mit guter Bescheidenheit, daß sie sich seiner Treue gewiß zu versichern haben solte, woferne sie sich sein honnet und reinlich aufführen, und sonderlich die Schuhe und Strümpffe immer fein knapp aufbinden würde; widrigen Falls aber würde er seine Treue aufheben / und die Liebe in Haß verwandeln: So sich nun ein Frauenzimmer an diese Warnung kehret, und sich darnach hält, so ist es gleichsam, als wenn ihres Liebsten Treue in die Strümpffen-Bänder verknüpfft würde, als wie der Werth des Geldes in einen Wechsel-Brief. So nun die Strümpff-Bänder / aus Nachläßigkeit verlohren werden, so gehet des Liebsten versprochene Treue auch einen andern Gang, und ist mit dem Strümpff-Bande, als wie die Versicherung des Geldes durch den verlohrnen Wechsel-Brief, auch verlohren. Darum, ihr schlumpigen faulen Taschen, nehmet eure Strümpffen-Bänder künfftig besser in Acht, und verbindet eurer Liebsten ihre Treue fein feste damit, sonst wird es euch gehen, als wie denen Leipziger also genannten Schlencker-Braten, oder aus denen Diensten gezogenen Mägden, die keine Herren haben.


[226]

Die Treue derer Freyer Ist ohndem ziemlich theuer, Drum sollen schlumpge Taschen, Die sich gar selten waschen, Und die bebruntzte Strümpffe, Dem Liebsten nur zum Schimpffe, Nachläßig lassen hangen, Nicht tragen groß Verlangen, Zu wissen und zu fragen, Was doch ihr Schatz möcht sagen. Denn vor dergleichen Sauen Möcht wohl dem Hencker grauen.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Wem s.v. der Hintere jucket / der wird bald Gevatter werden.

Im vorigen Capitel finden wir eine ominöse Begebenheit um der Weibs-Personen ihre Knye. Hier aber hat die Propheceyung ihre Herberge in der Hinterbrust oder Kunst-Kammer genommen. Und möchte ich den wunderlichen Heiligen, aus Curiosität, gern gekennet haben, der hiervon die erste Observation gemacht hat. Denn es muß sich zugetragen haben, daß ihm der Steuß nicht eher gejucket hat, als wenn er eine Gevatterschafft bekommen, und muß nicht ehe seyn zu Gevattern gebeten worden, biß ihm allezeit erst der Steuß gejucket hat; und dieses muß sich so offt zugetragen haben, daß er es endlich vor eine gewisse Bedeutung hat halten können, daß er werde Gevatter werden. Ob nun aber gleich dieses sich bey einem also möchte haben zugetragen, so kan ich doch den Zweifel nicht aus meinem Sinne bringen, da ich argwöhne, dieses [227] Jucken des Hintern oder (daß ich fein erbar nach unsrer lieben Mutter-Sprache rede) Kunst-Jucken sey keines weges universal, weil ich noch keinen einigen gefundē habe, der gesagt hätte, daß es bey ihm eingetroffen; denn ob ich gleich manchen das Hinter-Qvartier ziemlich zerreiben gesehen, auch wohl ihn hören sagen: Er würde gewiß Gevatter werden, weil ihm der Hintere juckete; diesem ungeachtet sind doch keine Gevatter-Briefe hierauf eingelauffen. Es fället mir aber hierbey ein, daß die Gevatterschafften auch ihren Unterschied haben, wenn nehmlich bey denen Papisten auch Gevattern, bey ihrem unchristlichen Glocken-Täuffen, gebraucht werden; derowegen vermuthe ich, das ominöse Kunst-Jucken bedeute eine Gevatterschafft bey einer Sau-Glocken, wenn irgend bey einem liederlichen Sauff-Gelach dergleichen gegossen wird, und einer, dem der Hintere gejucket hat, sich hierbey, als Zeuge, mit einfindet. Denn der Hintere schicket sich zur Sau-Glocke besser, als zum Heil. Tauff-Steine in der Kirche. Endlich scheinet dieser Kunst-Griff auch darum seine Probe nicht zu halten /weil man so wenig Bettler siehet zu Gevattern stehen, die sich doch gemeiniglich die Hosen bald entzwey reiben, wenn ihnen nicht alleine das gantze Gesäß, sondern der gantze Leib von denen bey sich habenden Völckern jucket. Ingleichen beweisens diejenigen, welche die Krätze haben; derer zugeschweigen, welche Hanbutten, mit samt den Kernen, gegessen haben. Noch fället mir ferner eine sich offt zutragende Begebenheit ein, wenn man insgemein [228] von einem, der eine Noth auf den Halß kriegt, daraus er nicht gar wohl zu kommen weiß / saget: Der wird das Hinter-Kratzen kriegen; Wie denn auch viel Leute die Gewohnheit haben, daß, so ihnen etwas aufstösset, worüber sie erschrecken, und nicht stracks wissen, wie sie die Sache angreiffen sollen, alsbald sich hinter denen Ohren oder am Steuse jucken. Nun aber geschicht es auch offt, daß manch Armes einen Gevatter-Brieff kriegt, das weder ein reinlich Kleid, noch einen Heller Geld zum Eingebinde oder Pathen-Pfennige hat, und also manchem Angst darüber wird daß er solcher Gestalt, wie vorgedacht, das Kunst-Jucken darüber bekömmt. Ob nun zwar auf diese Art das Jucken erst angehet /da der Gevatter-Brief schon da ist; so kan es doch wohl seyn / daß hiervon diese Meynung ihren Ursprung erlanget hat, wenn es nehmlich einem oder dem andern auf diese Art ergangen hat, und hat ihm zu einer andern Zeit dernach der Steuß gejucket, so hat er sich dessen erinnert, wie ihm bey der Gevatterschafft geworden, ist dahero mit der Rede heraus gefahren: Der Hintere juckt mich, ich werde wieder Gevatter werden; woraus die alten Weiber einen Glaubens-Grund formiret haben. Aber


Es mögen Zweifels-frey die ominösen Zeichen, Und jucken in dem Steuß, zu keinem Schmauß gereichen, Auch die Gevatterschafft kan nicht bedeutet werden, Vielmehr bedeutet es sonst krätzige Beschwerden. Wiewohl zum öfftern auch man auf dem Steuß kan sehen Die Bisse von der Lauß, und Flecken von den Flöhen.

Das 33. Capitel
[229] Das 33. Capitel.
Ein Weib / das Abends zu Bette gehet / die soll ihren Stuhl / darauf sie gesessen / von der Stelle rücken /sonst drückt sie der Alp oder Nacht-Mar.

Der Alp muß ein poßirlicher Kerl seyn, daß er dem löblichen Frauenzimmer so nachschleichet; iedoch scheinets / daß er keinen guten Spür-Hund abgeben mag / weil er, durch das wenige Fortrücken des Stuhls, nicht nachspüren kan, wohin die Frau gekommen sey, die darauf gesessen hat. Denn ich kan aus diesem Glaubens-Puncte nichts anders abnehmen, als daß der Alp erst in die Stube kommen und die Weiber auf ihren gewöhnlichen Stühlen suchen müsse, und wenn er sie nicht findet, alsbald vom Stuhle an nachspüren müsse, wo das liebe Geschlecht hinkommen sey, und wenn er sie alsdenn im Bette findet, leget er sich alsbald oben auf sie und drücket sie vor Liebe, daß ihnen der Odem möchte aussen bleiben; wenn aber der Stuhl fortgerucket wird, so kan er nicht auf die rechte Spur kommen, wohin diejenige sey kommen / die darauf gesessen hat, und lässet sie also ungedruckt. Das mag wohl heissen: Es ist keine List über Weiber-List. Denn welcher Mann wäre wohl so klug gewesen / und hätte besonnen, daß, wenn man den Stuhl fortrückte / der Alp alsdenn einen nicht finden könne? Drum lasset uns die lieben Weibergen, um ihrer Philosophie und Klugheit [230] willen, ehren! Wiewohl ich auch nicht verhalten kan, daß mir noch ein Scrupel in meinen Gedancken stecket / und dieses vorhabenden Puncts halber einigen Zweifel erwecket. Denn da der Alp zu erst die Weiber in der Stuben auf ihren Stühlen suchet, welches aus vorgegebenen Umständen nicht anders zu vermuthen, so scheinets, daß er nur zu sie komme, eine Courtesie bey sie abzulegen. Denn man hat noch nicht erfahren, daß er eine in der Stube sitzend gedruckt hätte / und wundert mich dahero, daß er sie nicht alsobald erst in ihren Betten suchet? Denn ich vermeynte, wenn er den Weg einmahl in die Schlaff-Kammer hätte gefunden, so würde er solchen ein andermahl mehr finden, wenn gleich der Stuhl verruckt worden wäre. Ferner scheinet es, daß diese Weiber viel übler müssen daran seyn, welche nur auf fest angemachten Bäncken, die sich nicht fortrücken lassen / als diese, welche auf Stühlen gesessen, und selbige verrückt haben. Und darum mögen auch vielleicht die armen Bauer-Weiber mehr Beschwerung vom Alp-drücken haben, als andere, die auf ihren beweglichen Polster-Stühlen sitzen. Weil aber von diesen Zweifels-Knoten noch keinerseits einer aufgelöset ist, so wird man mich auch nicht verdencken, wenn ich nicht glaube, daß die Fortruckung des Stuhls verhindern könne, daß einen der Alp nicht drücke. Das Alp-drucken aber an sich selbst will ich eben nicht anfechten, denn ich wohl glaube, daß nicht alleine bey manchem das Geblüte eine Angst, Drücken und Phantasie erregen kan, sondern auch zu weilen [231] der Teufel sein Spücknis und Anfechtung bey dem Menschen anrichtet. Ich meines Orts habe zwar, GOtt Lob, mein Lebtage nichts davon erfahren; weil aber der Alp in unterschiedlicher Gestalt will gesehen worden seyn, und zwar mehrmahls als eine Katze, Iltiß oder Fuchß etc. so erachte ich nicht vor undienlich hierbey zu melden, daß nur im verwichenen Jahre einst in der Nacht, als ich, wegen unterschiedlicher Sorgen Schlaff-loß in meinem Bette lag, und das Gesichte nach dem Fenster zukehrete, da fühlete und hörete ich etwas hinter mir auf mein Bette springen, als ob es eine Katze wäre, es schliche alsbald oben über das Haupt-Küssen hinüber, und schnoberte mir mit der Schnautze an mein Maul / und weil es nicht eben gar zu finster war, erkennete ich, daß es einen spitzigen Kopff hatte, als ein Iltis, dahero schlug ichs alsbald mit der Hand wider den Kopff, daß es zum Bette hinaus fiel / und darauf alsbald am Fenster in die Höhe kletterte, daß ichs wohl betrachten kunte, und sahe einem Marder oder Iltis gantz ähnlich; ich bliebe also, ohne Schlaffen liegen biß zu Tage, da ich denn die Thür und Fenster alles wohl verwahret fand, aber, ob ich gleich alles aufs genaueste durchsuchte, war doch nichts zu finden; was es demnach gewesen sey, mag GOtt wissen. Drum


Sag mir nur einer erst was denn der Alp wohl sey? Alsdenn will ich auch selbst der Meynung fallen bey, Als ob der Alp das Bett könnt eher stöbern aus. So man nicht hätt verrückt die Stühle in dem Hauß.

Das 34. Capitel
[232] Das 34. Capitel.
Wenn in einem Hause das Feuer auf dem Heerde brennet / so schlägt das Wetter nicht in das Hauß.

Ich möchte gerne wissen, wie man dieses beweisen wolte? Denn wenn einer irgend eine solche observation hiervon will gemacht haben, so muß er offt seyn in solchen Häusern gewesen, da das Wetter hinein geschlagen hat; und dennoch kan er noch keinen richtigen Beweiß hiervon bringen, ob gleich niemahls kein Feuer zu der Zeit, da das Wetter eingeschlagen, auf dem Heerde gewesen. Es ist bekannt, daß das Wetter nicht so offt in ein Wohnhauß schlägt, als wie in Kirchen und solche Häuser, in welchen keine Herrde sind; daher der närrische Wahn mag entstanden seyn, als ob das Feuer auf dem Heerde ein Schutz wider den Strahl sey. Will aber einer sagen, er hätte aus vieler Erfahrung, daß das Wetter offt in Wohn-Häuser geschlagen, allwo niemahls Feuer auf dem Heerde gewesen; so antworte ich ihme / daß, weil er der Exempel so unterschiedliche in acht genommen hat, so muß er iedesmahl nicht weit seyn davon gewesen. Wolte ich demnach eher vermuthen, das Gewitter sey ihm nachgezogen, und habe nach ihm geschlagen / hätte ihn auch vielleicht schon längst getroffen, wenn GOttes Güte und Langmuth solches nicht unterbrochen hätte. Daher riethe ich einem solchen Menschen, er setzte lieber / bey ankommenden [233] Donner-Wetter, sein Vertrauen auf GOtt, und zündete das Glaubens-Feuer im Hertzen an, und liesse sich hingegen um das Küchen-Feuer unbekümmert. Denn man dencke nur, wie närrisch das Vorgeben heraus kömmt, wenn das Wetter in ein Hauß schlägt, so sind dargegen viel hundert und tausend andere Häuser, da es nicht hinein schlägt. Ist nun in diesem Hause kein Feuer in der Küchen gewesen, da das Wetter eingeschlagen / so ists gewiß auch in vielen hundert andern / da es nicht eingeschlagen, auf dem Heerde. Warum schlägt es aber nur in eins von diesen? Es kömmt dieser Glaubens-Grund eben so heraus, als wenn ich spräche: Ich könnte mich nicht besinnen, daß das Wetter in ein Hauß hätte geschlagen, in welchen man Caninichen gehabt hätte, und es wolte einer stracks den Schluß machen: In welchem Hause Caninichen wären, da schlüge das Wetter nicht hinein.


Ein schlechter Schutz für Donnerschlag, Darauf ich gar nicht, trauen mag, Das Feuer ists nicht das helffen kan, Der GOtt allein, der Hagel schickt, Vor dem all Creatur erschrickt, Durch dessen Krafft es schlägt und blitzt, Der ists allein, der uns beschützt.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Ein Kalb / so am Valtens Tage geworffen ist / dienet nicht zur Zucht.

Frag ich einen Bauer, warum ein Kalb nicht zur Zucht diene, das am Valtens-Tage ist [234] jung worden? so antwortet er mir nicht ordentlich auf meine Frage, sondern spricht: Es würde sein Tage niemand gern solch Vieh zur Zucht behalten, das am Valtens- Tage jung worden sey, die Ursach weiß er aber selber nicht. Nach der gemeinen Sage heist es zwar: Ein Bauer thut selten etwas ohne Ursach und Nutzen; Aber dieses ist wahrhafftig ohne einigem Nutzen. Denn obgleich ehemahl ein Jahr oder auch etliche Jahre nach einander der Tag Valentini solte unglücklich gewesen seyn, so ist dennoch nunmehro so viel secula her die Zeit und die Eigenschafft der Zeiten dermassen verändert, daß gantz nicht mehr darauf zu reflectiren ist. Zu dem möchte ich gern wissen, was der gute ehrliche Valentin gethan hätte, daß sein Nahmens-Tag so unglücklich seyn solle? Wenn es ein Nahme wäre, der allezeit auf einem gewissen Wochen-Tage gefällig wäre, (dergleichen mir zwar nicht unbekannt sind) so solte ich mir eher einbilden, ob muthmassete man, daß ein über solche Tage herrschender Planete etwas bey der Sache thäte; als zum Exempel / wenn man fürgiebt, Saturnus hätte die Beherrschung über den Sonnabend, und sey ein verderblicher Planete / dahero alle solche lebendige Thiere, welche an diesem Tage jung worden, kein gut Aufkommen hätten, und was dergleichen erlogene Possen mehr sind; Aber so gefällt des Valtins-Tag / gleichwie alle andere Nahmens-Tage / bald auf einem Montag / Dienstag, Mittwoche, Donnerstag /Freytag oder Sonnabend, und ist demnach eben dergleichen Glücke und Unglücke unterworffen, [235] als wie die vorherkommende und nachfolgende Tage. Daher ich das allergeringste Bedencken nicht tragen wolte, die an diesem Tage geworffene Kälber aufzuziehen. Man sagt auch, daß man am Valtins-Tage keine Henne zum Brüten solle ansetzen, weil die jungen nicht aufkämen. Diesem gebe ich Beyfall, aber nicht, daß es geschehe um des Nahmens Valten willen, als welcher auf den 14. Februarii gefällt; sondern weil es zu solcher Zeit so kalt ist, daß die jungen Küchelgen hernach / wenn sie auskrichen, in solcher Kälte noch nicht dauren können, und so man sie in der Stube lassen wolte, ertreten würden werden. Aber wer wolte da die Ursach dem Valtens-Tage, und nicht vielmehr dem kalten Hornungs-Mond beymessen?


Wer hat denn damahls wohl die Tage auserkohren, Eh Valten selbst noch nicht war auf die Welt gebohren? Der Nahme macht ja nicht der Kälber Ungedeyen, Doch aber, halt ich wohl, die Kälte und das Schneyen, Und rauhe Winters-Zeit verderbt das junge Vieh, Das ohnedem sonst braucht zum Aufziehn grosse Müh.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
Wenn einer über Land reiset / und begegnet ihm ein Wolff / Hirsch / wild Schwein / oder ein Bär / so ists ein gut Zeichen.

Ich bin zuweilen mit albern Haasen-Köpffen über Land gereiset / die den närrischen Gebrauch gehabt haben, daß, wenn etwan ein Haase [236] übern Weg gelauffen ist, so sind sie alsobald 3. mahl zurück und wieder fort gegangen, also, daß ich anfangs, ehe ich die Ursach gewust, nicht anders vermeynete, als daß meine Reise-Gefehrten thöricht wären. Als ich aber gefragt, was dieses hin- und wiederlauffen bedeutete, gaben mir die Haasen-Köpffe zur Antwort: Wenn einem ein Haase übern Weg lieff oder begegnete, so sey es ein böses Zeichen; wenn man aber alsobald dreymahl umkehrete und zurück gienge / hätte es keine Noth. Und also furchten sich die Helden vor einen Haasen. Hier in diesem Capitel aber klingets anders, wenn es heist: Wenn einem ein Wolff, Bär, oder dergleichen wilde Bestie begegnet, so sey es ein gut Zeichen. Solche Leute, die dieses glauben, die haben eine rechte Löwen-Art; denn der Löwe gehet allen grimmigen Thieren unerschrocken entgegen, aber für einem ohnmächtigen Hauß-Hahn läufft er, und fürchtet sich. Dieses thut aber der Löwe aus Unvernunfft / als eine Bestie; hätte er aber Verstand, wie ein Mensch, so würde er solche Thorheit vielleicht nicht begehen. Vernünfftige Menschen aber solten sich billig schämen, daß sie offt so gar albern Fabeln und Narren-Possen nachhängen. Es sage mir doch nur einer die geringste Ursach, warum oder wie eine wilde grimmige Bestie, als ein Wolff, Bär, wilder Eber und dergleichen, einem könne Glück anzeigen? Es ist ja viel eher zu besorgen, daß ein solch grausames Thier einen anfalle und Schaden zufüge, dergleichen Exempel könnten angeführet werden. Oder, soll das Glück[237] etwan darinnen bestehen, daß, so man unbeschädiget vor solche böse und grausame Bestien vorbey kömmt, man alsdenn glücklich gewesen sey? so lasse ichspassiren, und gebe solchergestalt diesem Glaubens-Puncte selbst Beyfall; wünsche aber / daß mir dergleichen Begegniß nicht zuhanden kommen möge; denn des Glücks verlang ich nicht, und will mir lieber zehen Haasen begegnen lassen, als einen Wolff oder Bär.


Du schönes Glück! Bleib nur zurück, Und komm mir nicht Ins Angesicht, Es sey denn, daß Von dir etwas Einfinde sich In meine Küch, So eß ich mit, Sonst aber nit.

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wer ein Huffeisen oder ein Stück von einem Huffeisen findet / der soll Glück haben.

Man pfleget insgemein von solchen Leuten, die stets eine lachende Mine machen, zu sagen: Es zerret stets sein Maul und schmuntzelt, als wie ein Bauer, der ein altes Huffeisen gefunden hat. Aus welcher Redens-Art so viel erhellet, daß es einem armen Bauer, der ein Huffeisen findet, eine grosse Freude seyn müsse; derowegen es kein Wunder ist, daß die Findung eines alten Huffeisens ein Glück sey. Es ist aber ein schlechtes Glück, und wäre mir ein Ducaten lieber, als eine halbe Mandel alte Huffeisen. Jedoch, wenn es solche Huffeisen, als wie ehemahls grosse Könige und Herren bey ihren Einzügen die Pferde mit güldenen [238] Huffschlag belegen lassen, da wolte ich es selbst vor ein Glück achten, wenn ich einen solchen güldenen Pferde-Schuch fände. Aber ein natürlich altes Hufeisen wird wenig Glück geben. Jedoch, nachdem der Mann ist, nachdem ist auch die Kappe, und nach dem der Gast, nach dem brätt man die Wurst. Findet ein armer Bauer ein Huffeisen, ey! da ziehet er sein Maul auf 100. Gülden, lachet und ist voller Freuden, wandert damit zum Schmidt, und verkaufft es höchsten vor einem Groschen; iedoch ists ihm ein grösser Glück, als einem Könige, der einen Beutel mit 50. Ducaten gefunden hat, weil dieser sein gefundenes Glück alsobald wieder wegschencket / und nicht vor sich behält, jener weiß aber offt für Freuden nicht, worzu er seine wenige Pfennige, so er vor sein gefunden Huffeisen gemarcket hat, soll anwenden. Und wenn er sich recht wohl besonnen, so kaufft er einen Hering und eine Kanne Bier davor, und verzehret solches mit Freuden. Und so weit erstreckt sich das Glück des gefundenen Huffeisens.


Ein Bauer, der gar wenig braucht, Bey dem die Küche selten raucht, Nimmt leicht vor willen, wenn ein Pferd Ein alt Huffeisen, wenig werth, Auch wohl von diesem nur ein Stück Verlieret, und ihm trifft das Glück, Daß dieses Eisen findet er, So zieht er bald sein Maul die qver, Und lachet wie ein albrer Matz / Denckt Wunder, was für einen Schatz Er hab gefunden, und was Heyl Ihm worden sey dadurch zu Theil, Da doch das Glück und gfunden Ding Ist an sich selber sehr gering.

Das 38. Capitel
[239] Das 38. Capitel.
Wenn ein Weib oder Magd des Sonnabends ihren Rocken nicht abspinnet / so wird aus dem übrigen Flachs oder Werck kein gut Garn / und bleicht sich auch nimmermehr weiß.

Ich habe nicht gewust, wie es doch komme, daß in mancher Leinwand solche graue Streiffe sind? aber hier werde ich davon benachrichtiget, daß es Garn von solchem Flachs, der des Sonntags über auf dem Rocken geblieben ist. Dieses soll sich nimmermehr weiß bleichen, auch sonst an sich selbst wenig taugen. Nun wundert mich aber gleichwohl auch, wie es doch die Weiber können über ihr Hertz bringen, und wider sich selbst reden. Denn wenn iemand ihnen Leinwand abkauffet, darinnen graue Streffen und Fäden sind, so sprechen sie; Die streiffigte Leinwand sey die beste. Dieses aber reimet sich mit jenem gar nicht / denn schlimm Garn kan keine gute Leinwand machen. Daher achte ich dafür, es sey die Sache folgender massen beschaffen: Wenn eine gute Wirthin Mägde und grosse Töchter hat / so siehet sie nicht allein gern, daß des Sonnabends fein aufgereimet, und die häußliche Arbeit vollbracht werde; sondern sie will auch gern, daß der auf denen Spinn-Nädern und Rocken liegende Flachs vorher abgesonnen werde /auf daß solcher nicht irgend des Sonntags von Ratten und Mäusen, oder auch von Kindern, verderbet und zerzauset werde, und hernach kein gutes [240] Garn daraus zu spinnen seyn möge. Und dieses desto besser zu befördern / hat eine Frau einmahl aus Schertz, den Mägden weiß gemacht, als ob sich das Garn von dem des Sonntags auf dem Rocken gelegenen Flachse nicht weiß bleiche, auch sonst nicht gut würde. Und solches Vorgeben ist hernach mit derZeit fest geglaubet worden, daß es nun würcklich zu einem philosophischen Glaubens-Grunde worden ist. Das lasse ich zwar passiren, und glaube wohl, daß zuweilen des Sonntags der Flachs auf dem Rocken von Kindern verderbt und zerzauset wird, daß daraus kein gut Garn zuspinnen ist; daß aber solch Garn sich nicht solle weiß bleichen lassen / ist wider die Vernunfft und Wahrheit. Denn eben, wie sich das am Sonnabend gesponnene Garn bleicht, also bleicht sich das am Montag darauf gesponnene auch, so ferne es nur von einerley Flachs ist. Das aber Leinwand offt streiffig wird, geschicht, wenn zuweilen grauer Flachs unter den weissen kömmt und mit gesponnen wird, so bleiben alsdenn solche Fäden immer in der Leinwand grau, wenn die Leinwand naß wird.


Die wegen andrer Arbeit hat den Flachs nicht aufgesponnen, Die glaube mir, daß nur aus Spaß ein klug Weib hab ersonnen, Ob würde kein gut Garn gemacht, vom Flachs der an dem Rocken Des Sonntags überblieben sey, damit sie mög anlocken Die Mägde, die offt ohne Noth den Rocken nicht abspinnen, Drum hat sie diesen klugen Fund auch müssen so ersinnen.

Das 39. Capitel
[241] Das 39. Capitel.
Wer keine verzagte Kinder haben will / da soll der Vater / stracks nach der Tauffe / dem Kinde ein Schwerdt in die Hand geben / so sind sie stets kühne u. behertzt.

Seht da! kommen die Helden daher? Die Männer hätten sich dieses Kunst-Stückgen wohl nimmermehr so aussinnen können, wenn die klugen Weiber mit ihrer Weißheit nicht mit wären beyräthig gewesen. Mich wundert derowegen, daß bey so vielen Kriegs Verfassungen und Berathschlagungen man nicht Weiber-Rath mit untermengt, vielleicht wären schon längst alle Feinde aus dem Römischen Reich verjaget worden. Man gedencke nur, mit was für einer Weißheit sie ihre Kinder alsobald, da sie kaum 2. Tage alt sind, können zu Helden-müthigen Rittern machen! Sie reitzen ihre Männer an, daß sie unter dem alten Eisen einen alten verrosteten Sebel oder Rauff-Degen hervor suchen müssen, (denn vor den polirten und scharffen fürchten sich die Frau Wöchnerinnen selbst) diese alte und stumpffe Plempe müssen die gehorsamen Männer nehmen, und ihren neugebohrnen Printzen in die Hände geben, und also ist der neue Ritter fertig, und fürchtet sich vor niemanden, ausser wenn etwa Frau Wöchnerin starck nieset, da erschrickt der arme junge Fincken-Ritter / daß er das Fresel davon kriegt / und schüttet alle seine courage in die Windel, daß also der Heldenmuth auf einmahl in Koth verwandelt wird. [242] Wenn ich meine Gedancken über diese Narrethey offenhertzig entdecken soll, so vermeyne ich, daß sich die Eltern bey practicirung dieses Puncts, in Beobachtung ihrer Kinder Wohlfahrt, sehr heydnisch (will nicht sagen teufelisch) erweisen. Denn eines theils sind sie der Sache ungewiß, daß auf oben angeführteceremonien ihre Kinder so behertz werden sollen; andern theis, wenn ja die Sache, nach ihrer Einbildung, richtig einträffe, so möchten sie doch bedencken, daß sie hiermit ihrem Kinde nicht den geringsten Vortheil zuwege brächten; denn ein kühner Mensch giebt sich in Gefahr, und wer sich ohne Noth in Gefahr begiebt, der kömmt darinnen um. Was hat ein behertztes wildes Schwein davon vor Vortheil, wenn es dem Jäger unerschrocken in Spieß laufft, und daran todt bleibt? Wäre mancher Narr, der nicht weiß / wie edel das Leben ist, nicht so dumm kühne, es würde mit seinem Ende reputirlicher, und mit dem Abschiede seiner Seelen vom Leibe seeliger zugehen. Ich gestehe, daß wenn ich diesem ietzt vorhabenden Puncte Glauben zustellete, und solchen an einem meiner Kinder probiret hätte, so würde ich mir tausenderley scrupel darüber machen, als hätte ich mein Kind damit verwahrloset / daß es keines reinen Todes sterben würde; denn es sagt die Schrifft und unser Heyland selbst: Wer das Schwerdt nimmt / (verstehe, dem es nicht gehöret,) der soll durchs Schwerdt umkommen. Nun gehöret denen Kindern von ein- zwey- biß drey Jahren kein Schwerdt; weil ihnen aber die Eltern solche, aus einem heydnischen [243] Aberglauben, dennoch in die Hände geben, was vermeynet ein vernünfftiger Christ wohl, was GOtt, nach seiner Gerechtigkeit, um der Eltern angefangenen und der Kinder fortgesetzten Boßheit willen hierbey verhängen werde? Ich besorge leider! das schlimme, das sich die tollkühnen Kerl erwählen, wird ihnen zu ihrem Schaden auch werden. Es heist: Seelig sind die Friedfertigen, etc. Ich habe aber noch wenig kühne, verwegene und behertzte Leute gekennet, die darneben auch friedfertig gewesen wären. Aus dieser Vorstellung nun wird hoffendlich ein jeder sich so viel zur Uberlegung nehmen können, daß er auf diese Art keine kühne Helden aus seinen Kindern zu ziehen wird Beliebung tragen.


Wer auf diese Weise sich Helden will machen, Der wird müssen leiden, daß man seine Sachen Vergleicht mir Hanß Wursten, der alle Untugend Der Kinder kan loben, und was in der Jugend Die Söhngen verüben, das kan er fein heissen: Prav huren, prav spielen, prav balgen, prav schmeissen, Und da seine Buben prav Kerlen abgeben, Das siehet ein jeder am üppigen Leben.

Das 40. Capitel
Das 40. Capitel.
So bald ein Knäblein gebohren ist / soll man es mit den Füssen an seines Vaters Brust stossen / so soll es nimmermehr kein bös Ende nehmen.

Diese und dergleichen Possen und Aberglauben scheinen zwar von schlechter Wichtigkeit zu seyn, u. wenigzu bedeuten zu haben, indem sich [244] der hunderte nicht einbilden mag / daß etwas böses hieraus erwachsen möge. Alleine, was der Teufel mit solchen Dingen vor einen unglaublichen Gewinn schaffe, dürffte mancher abergläubischer Mensch wohl zu spät mit unüberwindlichen Schaden innen werden. Es werden zwar wohl die meisten sagen: Was denn damit böses geschehe, wenn man ein Kind mit den Füssen an des Vaters Brust stiesse? So sey ja auch das Absehen, warum es geschehe, gut, daß das Kind nicht etwan eines bösen Todes sterben möchte. Ja, es lässet sich dieses zwar hören, und scheinet wahr zu seyn; aber es verhält sich die Sache viel anders, als der äusserliche Schein und Klang ist. Denn ists nicht wahr, ihr seyd erstlich nicht gewiß versichert, daß hierdurch eure Kinder eines schmählichen Todes werden befreyet bleiben? so ist es desto schlimmer; denn ihr, und auch die Söhne, mit welchen ihr solche Possen vorgenommen habt, verlasset euch hierauf, und begehet damit grosse Abgötterey, setzet darneben die Regierung GOttes auf die Seite, und meynet, es habe auf keiner Seiten Noth. Wenn ihr aber solchem abgöttischen Wesen nicht nach hienget, so würdet ihr eure Kinder zu allerhand Christlichen Tugend-Wandel an-und von allem ruchlosen Leben abhalten, damit die Besorgung eines schmählichen Todes von sich selbst, durch GOttes Beystand, verschwinden könne. Ich will euch aber ferner melden, was ich für Besorgung beyexercirung dieses Aberglaubens hätte, wenn dergleichen mit meinem Kinde vorgenommen worden wäre, nehmlich: [245] Ich würde besorgen, daß / weil mein Kind, so bald es auf die Welt gekommen, einen GOTT mißfälligen Aberglauben zu vollziehen, mich, als seinen leiblichen Vater, mit Füssen auf das Hertz oder Brust treten müste, es hierdurch verwahrloset würde, daß es / nach seiner Erziehung, mich zu untertreten suchen, mir ungehorsam seyn, und alles gebrannte Hertzeleid anthun dürffte, dergleichen Exempel nicht ungemein sind; daß alsdenn an ihm erfüllet werden dürffte, was Sirach denen andeutet, die ihre Eltern verspotten und verachten, nehmlich: Ihnen sollen die Raben die Augen am Bach aushacken, und die jungen Adler fressen. Bey welchem Zufall denn die Hoffnung, die durch practicirung ietzt vorhabenden Aberglaubens man sich gemacht hätte, gar einen erbärmlichen Aus gang gewinnen dürffte. Dahero wird ein redlicher Christ von solchem gefährlichen Teufels-Dienst ablassen, und seine Kinder in der Furcht GOttes aufzuziehen wissen.


Wenn Eltern stracks das Gauckelspiel mit ihren Kindern treiben, Die mögen sich hernacher auch die Ursach selbst zuschreiben, Wenn GOtt verhängt, daß ihnen nicht die Kinder recht gerathen, Gemeiniglich der Sohn sich hält nach seines Vaters Thaten.

Das 41. Capitel
Das 41. Capitel.
Ein nur gebohren Töchterlein soll man alsobald auf der Mutter Brust setzen / [246] und sagen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen! so soll das Kind niemahls zu Falle kommen / oder in Schande gerathen.

Was ich im vorigen Capitel erinnert habe, kan einigermassen in diesem auch beobachtet werden / in Ansehung des unrechtmäßigen Vertrauens, das man auf solche abergläubische chosen setzet. Zwar ist an sich selbst der Wunsch, der bey diesen Ceremonien geschicht, nicht zu tadeln, wenn nehmlich die Weiber, welche das Kind auf der Mutter Brust setzen, sagen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen, welches gleichsam soviel gesagt ist, als: GOtt erhalte euch und euer Kind gesund, und gebe euch Kräffte, Verstand und Weißheit, euer Töchterlein groß und in allen Christlichen Tugenden auf zu erziehen, damit ihr nimmermehr Schande, sondern lauter Ehre an ihm erleben möget, auf daß iederman euch vor eine gute verständige und glückliche Frau achten könne, welche geschickt sey zu guter Erziehung ihrer Kinder. Dieses sag ich, ist an sich selbst nichts böses, aber das abergläubische Absehen, als ob dadurch dem Kinde schon eine Gnüge, zur Bewahrung seiner Ehre, geschehen wäre, ist schändlich und straffbar. Denn der blosse Wundsch und die betrüglichen Ceremonien, machen die Sache nicht aus, sondern die Auferziehung in der Zucht und Vermahnung zum HErrn, und die Gnade und Regierung GOttes sind die rechten Mittel, daß ein Mägdlein bey Ehren bleibe.


[247]

Der Wunsch ist manchmahl gut, die Folge aber nicht. Wenn Wündschen zwar nur recht aus Hertzens Grund geschicht, So trägt es etwas bey, daß Seegen und Gedeyen Muß einem GOttes-Freund das Hertze recht erfreuen. Wo aber Phantasey und abergläubsche Sachen Man auch mit untermengt, so werden diese machen, Daß alles wird verkehrt, die Hoffnung wird zunichte, Weil es ein Greuel ist für GOttes Angesichte.

Das 42. Capitel
Das 42. Capitel.
Wem früh morgens eine Spinne auf dem Rocke kreucht / der wird des Tages glückseelig seyn.

Es ist eine allgemeine Gewohnheit, daß wenn man das Gemüthe entdecken will, daß man einem recht gram und feind sey, so spricht man: Ich bin ihm Spinnen-Feind; oder: Der ist dem und dem so feind, als einer Spinnen. Woraus zur Gnüge abzunehmen ist, daß zwischen dem Menschen und denen Spinnen eine natürliche Feindschafft seyn müsse. Wie reimet sichs aber denn nun, eine Glück-anzeigende Creatur auch zugleich eine feindseelige zu nennen? Ich kan es nach meiner Einfalt und Vernunfft, nicht wohl ermessen. Wer einen Feind hat, der siehet solchen von weiten am liebsten; da man nun, bekannter massen, denen Spinnen von Natur feind ist, wie kan es denn möglich seyn, daß wenn ein solch Ungeziefer auf iemandes seinem Rocke kreucht, es selbigen Tag soll Glück anzeigen? Denn von einem Feinde kan, natürlicher Weise, kein Glück kommen; dahero vielmehr zu besorgen ist, daß das verhoffte [248] Glück die Eigenschafft derer Spinn-Weben und Wespen-Nester haben, und schlechten Bestand halten werde. Wer nun auf solche schöne Dinge seine Hoffnung und Vertrauen setzen will / der mag es, auf seinen Gewinn und Verlust versuchen; Ich halte nichts davon.


Das Glück, das eine Spinne bringt, Das Lied, das eine Grille singt / Das Häußgen, das die Wespen machen, Sind alles gar sehr schlechte Sachen.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
Wenn ein Mann über Land reitet / und ihm ein Weib spinnend begegnet / ists ein böses Zeichen /derohalben soll er umkehren / und einen andern Weg reiten.

Dieses Vorgeben ist eine offenbare Narrheit. Denn, ists nicht wahr? wenn derjenige / welcher über Land reiten will / gleich aus einer Stube ausgienge, allwo zehen Weiber und Mägde sässen und spönnen, so würde er sich darüber keine Sorge machen, als ob er deßwegen unglücklich reiten möchte; Also wird darmit zur Gnüge erwiesen, daß das Spinnen nichts Böses andeuten müsse, sondern das Entgegenkommen einer Weibs-Person müste solcher Gestalt verstanden werden, sie möge spinnen oder nicht. Denn wenn das Spinnen etwas Böses bedeutet, so müsten diejenigen, welche in der Stuben oder Hause, allwo der Mann ausgehet, sitzen und spinnen, vielmehr etwas Böses bedeuten, weil diese ihm viel näher sind als jene, die ihm auf dem Felde begegnet. [249] Soll aber das blosse Entgegenkommen eines Weibes das böse Zeichen seyn / warum ein Reiter nöthig hätte wieder umzukehren, so wolle man doch erwegen, wie vielmahl mancher müste umkehren, und einen andern Weg suchen; ja man würde offt nicht einmahl an den Ort gelangen können, wohin man zu reiten gedächte, weil auf mancher Strasse ohne Unterlaß Weibs-Personen hin und wieder gehen. Und weil ich auch mein Lebetage nicht erfahren habe, daß einig Bedencken gemacht würde, fort zu reiten, ob einem gleich zehen Weibs-Personen begegneten; also kan es nicht fehlen, das gantze Werck und Vorgeben, was von einer spinnenden Weibs-Person gesagt wird, ist eine abergläubische Thorheit. Uberdiß ist es auch was recht närrisches, daß wenn die Sache ja wahr wäre / (da es doch s.v. erlogen ist,) daß eine spinnende Weibs-Person, so einem auf dem Felde begegnete, ein böses Zeichen wäre, man durch das Umkehren und Reitung eines andern Weges, solch vermeyntes böses Zeichen verbessern will. Denn wo einmahl das Begegnen eines solchen Weibes geschehen ist, so macht das Umkehren ja die geschehene Sache nicht ungeschehen, und mag der Reuter fort reiten oder wieder umkehren, so lässet er das Weib hinter sich, ja er kömmt durch das Fortreiten noch eher von ihr, weil sie nicht hinter ihme hergehet, als wenn er umkehret. Ich erinnere mich zu unterschiedlichen mahlen, daß an solchen Orten, allwo die Hirten-Weiber die Gewohnheit haben, daß sie den Rocken auf die Seite in Gürtel stecken, und auf dem Felde in währendem [250] Gehen zugleich spinnen, mir dergleichen spinnende Weiber begegnet sind, ja ich bin zuweilen auch wohl mit Fleiß auf sie zugeritten, und habe sie gefragt, ob ich die rechte Strasse ritte? Aber das kan ich mich nicht erinnern, daß mir iemahls hierauf etwas unglückliches begegnet oder wiederfahren sey, derohalben ist an dieser Sache nichts.


Solt auch wohl ein älbrer Ding hier auf dieser Erden, Können auf die Bahn gebracht und ersonnen werden, Als uns dieser Punct hier weist? Es sind närrsche Sachen, Dabey man sonst nicht mehr kan als nur drüber lachē.

Das 44. Capitel
Das 44. Capitel.
Wenn gelautet wird / und schlägt die Uhr drein / so bedeutet es Feuer.

Es wollen abergläubische Leute gar unterschiedliche Vorbedeutungen eines Brandes wissen, unter welchen dieses auch eine mit seyn soll; wie aber alle solche Chosen gantz ohne Grund sind, also ist dieser Punct gleiches Schlages. In grossen Städten, allwo unterschiedliche Uhren sind; trägt sichs gar offt zu, daß in einer Kirchen zu Grabe gelautet wird, und in der andern schlägt die Uhr erst, weil eine mit der andern nicht allezeit accurat über eintrifft; oder wenn diejenigen, die zu Grabe lauten, zuweilen um ein und andern Tumults, oder auch starcken Windes willen, nicht allemahl recht hören können, ob die Uhr habe ausgeschlagen, und an zu lauten fangen, ehe die Uhr ausgeschlagen hat, alsdenn muß [251] solches Feuer bedeuten. Gleichwie nun aber auch in grossen Städten es nichts neues ist, daß zuweilen eine Feuer-Esse brennend wird: also geben die abergläubischen Affen für: Wenn die Uhr auf vorgemelde Art, irgend vor sechs, acht oder mehr Wochen, unter währenden Lauten geschlagen hat, daß es die Vorbedeutung zu solchem Brande gewesen seyn. Solcher gestalt aber könnte man noch viel wahrscheinlichere und nähere omina finden / die nicht von 6. 8. biß 15. Wochen her mit den Haaren gezogen werden dürfften. Ich lasse es aber mit Fleiß hiermit bewenden, mein ferneres judicium hiervon zu geben, weil diese Meynung eine solche Bewandniß hat, die eben nichts Böses nach sich ziehet. Denn wenn die Uhr ins Lauten schlägt, und es wird vorgemeldetem Vorgeben Glauben zugestellet, so wird manch Unachtsames erschreckt, und gehet desto vorsichtiger mit dem Feuer um, da sonst wohl Schaden entstehen könnte. Ein Verständiger weiß doch wohl, wie viel von der Sache zu halten sey?


Ihr lieben Leute, laßt euch sagen, Wenn es thut in das Läuten schlagen, So bewahrt das Feuer und Licht, Daß niemanden Schad geschicht, Und trauet GOtt dem HErren.

Das 45. Capitel
Das 45. Capitel.
Ein neugebohren Kind soll man nicht auf die lincke Seite zu erst legen / es wird und bleibet sonst sein Lebtage linckisch.

[252] Es sind unzehlig viel Leute, welche linckisch sind; so viel ich aber derer kenne, und Nachricht von ihrer Auferziehung habe, so kan ich von denen meistē mit Wahrheit bezeugen, daß sie nicht linckisch worden wären / wenn die Unachtsamkeit derer, die sie, in der Minderjährigkeit, um aller übel anstehenden Sitten willen, hätten straffen, und davon ab- hingegen zu allen anständigen Sitten anmahnen sollen, nicht Ursach gewesen wären. Weil auch, der Gewohnheit nach, die meisten Kinder auf den lincken Arm derer Kinderwärterin getragen werden, wodurch die Kinder den lincken Arm und Hand mehr frey haben, als die rechte, so gewöhnen sie sich demnach stracks mit der lincken Hand etwas eher anzufassen, als mit der rechten, und wenn ihnen solches nicht ernstlich untersaget wird, bleiben sie hernach ihr Lebtage linckisch. Und dieses ist die rechte eigendliche Ursach, warum so sehr viel Leute, sonderlich unter dem Bauer-Volcke /linck werden. Das erste Niederlegen auf die rechte oder lincke Seite aber ist nur ein alber Mährlein und erdachter Aberglaube, worauf in keine Wege nichts zu halten ist. Wer mir aber nicht will glauben, der lasse sein eigen Kind zu erst auf die lincke Seite legen, gewöhne es aber hernach, bey der Auferziehung, daß /es nicht viel in die lincke Hand fasse / als nur was daselbst hinzufassen sich ohndem gebühret, so will ich mit einem, um alles, was er will, wetten / daß ihm sein Kind nicht wird linckisch werden.


Jung gewohnet, alt gethan; ist das alte Sagen. Wie ein Kind gewöhnet wird, oder wird getragen [253] Auf dem recht und lincken Arm; also wirds auch werden Lincks und recht, wie sichs gewöhnt, ohn einig Beschwerden.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
Wer Felder hat / der soll am Walburgis-Abend mit Röhren darüber hinschiessen / so können die Hexen keinen Schaden an der Satt thun.

Es wird fast im gantzen Sachsen-Lande von dem gemeinen Volck geglaubet und dafür gehalten, daß in der Walburgis-Nacht die Hexen auf ihren Tantz und Versammlung zögen. Dahero an manchen Orten solcher Lande die Gewohnheit eingerissen ist, daß diejenigen / welche Land-Güter oder Felder besitzen, am Walburgis-Abend mit Röhren und Büchsen über die Felder schiessen, aus der einfältigen und albern Meynung, hiermit die Hexen zu scheuchen, daß sie auf ihrer Reiterey und Reise, die sie durch die Lufft über solche Felder thäten, nicht die Staat beschädigen möchten. Allein, erstlich ist nicht zu glauben, daß, wenn ja wahrhafftig die Hexen gewisse Versammlungen dem Teufel zu Dienst anstelleten, (welches Bodinus in seiner Dæmonomania, und Remigius in seinerDæmonolatria, aus sehr viel angeführten Historien, behaupten) solches eben zu keiner andern Zeit, als in der Walburgis-Nacht geschehe, sondern es kan vielmehr aus ietzt bemeldeten Historien erwiesen werden, daß solche Hexen-Versammlung gar offt angestellet[254] werde; dahero die Vorsichtigkeit, so nur alleine an Walburgis-Abend gebraucht wird, zu wenig zu seyn scheinet, auf einmahl so vielen Hexen-Zügen zu widerstehen. Zum andern, wenn ja noch wahrhafftig der Hexen-Zug durch die Lufft geschicht / (welches der bekannte Atheist D. Becker, in seiner bezauberten Welt, und andere seines gleichen, zwar gäntzlich verneinen) so geschicht es ja mit Hülffe des Teufels, auf eine solche Art und Weise, daß ein solcher an ihrer Reiterey nichts würde schaden können. Drittens wird aus vieler Hexen Bekenntniß und Aussage so viel zu ersehen seyn, daß die Verderbung der Felder, so durch die Hexen geschicht, nicht zu der Zeit, wenn sie auf ihren Convent ziehen, verrichtet wird. Denn solche Reuterey soll so schnell und ungesäumt verrichtet werden, daß dabey kein enthalten, zu Verderbung der Felder, zu gestatten ist. Also halte ich das Schiessen über die Felder am Walburgis-Abend vor nichts anders, als einen Teufels-Fund und Dienstleistung des Satans. Denn die solch Schiessen verrichten, die achten den Teufel und seine Werckzeuge, die Hexen, so mächtig, als ob sie über diejenigen Dinge, welche in dem Schutz des allmächtigen GOttes verwahret stehen, dennoch könnten Gewalt nehmen und daran Schaden thun, da doch der zwar sonst starcke und gewaltige Rumor-Meister, iedoch auch ohnmächtige Höllen-Hund, ohne GOttes Verhängniß / keinem Menschen ein Haar zu krümmen vermag. Zum andern unterstehet sich ein solcher Feld-Schiesser einer Sache / worzu er viel zu [255] ohnmächtig ist, und will sein Feld selbst für der Beschädigung des Teufels beschützen, dabey verachtet er den Schutz GOttes, ja vergisset solchen gar, welches sicherlich dem grossen allmächtigen GOtt ein Mißfallen seyn muß. Dahero es auch wohl geschicht / daß um solches Aberglaubens willen GOtt verhänget, daß denen, die daran glauben, u. doch, um ein- und ander Hinderniß willen, das Schiessen unterlassen müssen, einiger Schade an denen Feldern geschicht / weil sie es nicht anders glauben noch haben wollen. Also thut der Teufel denen Seinigen, die ihn ehren und fürchten, selbst Schaden; wer aber GOtt vertrauet / und sich seines Schutzes getröstet, den muß der Teufel wohl mit Frieden lassen.


Mit deinem Schießn gewinnst du nichts, als GOttes Ungenade, Und kömmt dir auch noch wohl darzu vom Satan grosser Schade, Für dem du dich nicht schützen kanst, als nur mit GOtt alleine; Drum übergieb du alles GOtt, der schützet dir das das Deine.

Das 47. Capitel
Das 47. Capitel.
Am Fronleichnams-Tage eine blaue Korn-Blume mit der Wurtzel ausgeraufft stillet das Bluten der Nasen /wenn man sie in der Hand hält / biß sie erwarmet.

Daß an der Zeit / oder eben am Fronleichnams-Tage, wenn die Korn-Blume ausgegraben [256] werden soll, nichts gelegen seyn müsse, sondern das Gewächs, oder vielmehr die Wurtzel hiervon, ob sie vor oder nach diesem Tage ausgegraben sey, dennoch die Krafft und Würckung von Natur habe, das Blut zu stillen, kan ich leicht ermessen aus den Worten des berühmten Sennerti, wenn er von diesem Gewächs l. 1. Pract. p. 3. s. 4. c. 8. also setzet: Radix manibus detenta hæmorrhagiam narium sistere creditur, wie solches Herr D. Zorn in Herbario Pancovii bey Beschreibung der blauen Korn-Blumen oder Cyani, p. 145. angemercket hat. Worbey aber des Fronleichnams-Tages mit keinem Buchstaben Erwehnung geschicht. Solchem nach ist der Aberglaube offenbar, wenn man dafür hält, als müste eben am Fronleichnams-Tage dieses Gewächs, mit samt der Wurtzel, ausgegraben werden, wenn es die Krafft haben solte, das Blut zu stillen. Denn was an und vor sich selbst diese Eigenschafft schon hat, wird sie freylich an diesem Tage nicht erst annehmen; eben, als wenn man sagen wolte: Wer an Petri Ketten-Feyer-Tage weisse Mohn-Häupter abschnitte, solche zerstieß, und den Safft einnähme, so machte solches schlaffen; da doch bekannt ist, daß der Mohn von Natur den Schlaff befördert. Ergo, ist dieser Glaubens-Artickel, in Ansehung des Fronleichnams-Tages, ein Aberglaube.


Was ohndem hat die Eigenschafft, Zu zeigen ein besondre Krafft, Durchaus zu allen Zeiten / [257] Darff am Fronleichnams-Tage nicht Erst werden darzu zugericht: Denn das sind Eitelkeiten, Womit man nur fein in der Still Den Satan veneriren will, Und seinen Dienst bereiten.

Das 48. Capitel
Das 48. Capitel.
Am Tage Abdon soll man den Schilff aus denen Teichen schneiden / und die Dornen aus denen Feldern rotten / so wachsen solche nicht wieder hervor.

Ich glaubs. Denn wer an diesem Tage einem alten Weibe / das Hitze in Augen hat, und besorget, daß der kalte Brand darzu schlagen möchte, den Kopff biß unter die Nasen-Löcher ablöset, den versichere ich /daß er hierdurch der Hitze steuern werde, daß sie nicht weiter überhand nehmen wird / und das Weib wird vor dem kalten Brande frey bleiben. Der Tag Abdon ist auf den 30. Julii gefällig; nun wolle man nur bedencken, wie weit der Schilff zu solcher Zeit in seinem Wachsthum gekommen sey, oder wie reiff er alsdenn schon ist? so wird man bekennen müssen, daß, wenn er zu solcher Jahres-Zeit abgeschnitten wird, von Natur nicht wieder wachsen kan, weil die Krafft aus der Wurtzel in den Schilff gegangen, und beym Abschneiden tritt das Wasser hinein und macht in der entkräffteten Wurtzel eine Fäulung, dadurch sie vergehet. Jedoch erhalten sich gleichwohl noch solche Zäserlein, die übers Jahr wieder ausschlagen. Und dergleichen [258] Bewandniß hat es auch mit denen Dornen, wenn sie im Julio oder Augusto ausgegraben werden. Es ist bekannt, daß im Frühlinge die fette Weitzen-Saat mit Sensen und Sicheln abgehauen und geschnitten wird / welches die Bauern Weitzen-Schrepffen nennen und dieser Weitzen wächset aufs herrlichste wieder in die Höhe; Alleine, es versuche es einer, und schneide ihn ab, wenn er blühet, so wird er nimmer mehr wieder in die Höhe wachsen / denn der Kopff und Hertz sind hinweg. Wenn einem Krebse die Scheeren gebrochen werden, bleibt er wohl lebendig, aber wenn ihm der Kopff zerdruckt wird, muß er sterben: Also kan freylich der aufgewachsene Schilff /wenn er zu der Zeit, da er schon ausgewachsen hat, mit Strumpff und Stiehl, so zu reden, abgeschnitten wird, nicht wieder wachsen. Damit aber die abergläubische Rotte gleichwohl ihrem Vorgeben ein scheinbares Färbgen anstreiche, so haben sie, nicht ohne Ursach, den Nahmens-Tag Abdon benennen wollen, an welchem der Schilff soll abgeschnitten, und die Dornen ausgegraben werden; denn Abdon heisset ein Verderber, und soll dahero solches Nahmens halber der an diesem Tage abgeschnittene Schilff verderben. Aber wer nur ein wenig Buchstabiren gelernet hat, der siehet wohl, daß nicht der Tag / um deß darinnen gefälligen Nahmens willen, solche Krafft habe, sondern daß die späte Jahres-Zeit solches verhindere, und mag die Ausrottung solcher Dinge vor- oder nach dem Tage Abdon geschehen, e.g. auf Jacobi, als welcher 6. Tage vorher gefällt, [259] und so viel heisset, als ein Tag des Untertreters; oder am Tage Apollonaris, welcher mit Abdon einerley Bedeutung hat; am Tage Gustavi, und so fort. Und so man diesen Männern wolte Weiber zu Gehülfinnen geben, so würden Anna, Martha und Christina sich gut darzu schicken. Ist demnach auf den Tag Abdon gantz nicht zu reflectiren.


Abdon ist nicht allein der Mann, Der Dorn und Schilff verderben kan; Apollonaris kan es auch, Jacobus hat auch den Gebrauch / Daß er die Sachen untertritt, Und wenn Frau Anna auch mit schnitt, So würd es haben gleiche Krafft, Denn aus den'n Wurtzeln ist der Safft. Und wenn auch gleich Frau Martha käm, Und alles fein zusammen nähm, So würde sie doch leiden müssen, Daß es Gustavus trät mit Füssen.

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Wenn einem Weibe der Halß oder die Kehle jucket /wird sie bald auf eine Hochzeit oder Kindtauff-Mahl gehen; jucket ihr aber der Kopff / so bekömmt sie bald Schläge.

Es ist schon im 32. Capitel, p. 227. angeführet, wie von etlichen geglaubet werde, das so iemanden s.v. der Hinterste juckete, so würde er bald Gevatter; welches eine mit ietzt vorhabender Materie gleich- und übereinstimmende Meynung ist. Dahero zweifele ich nicht, daß, weil nach vollbrachter Gevatterschafft der Schmauß angehet, [260] da allerhand gut Essen und Trincken durch den Halß oder Kehle gejaget wird, die abergläubischen Weiber ferner auf die Gedancken gerathen, solches müsse vorher, als wie die Gevatterschafft, durch ein Jucken angedeutet und prognosticiret werden, und kömmt also das Jucken s.v. aus dem Steusse ihnen in Halß, und wird alsdenn durch gut Essen und Trincken wieder curiret. Wenn sie aber das verdrüßliche Jucken hinter den Ohren oder am Kopffe fühlen, da wissen sie keinen Rath davor, drum müssen die Männer sie mit Schlag-Balsam anstreichen, biß sie recht wieder zum Verstande kommen. Denn wenn der Wein und das Bier, so sie beym Schmausen in sich geschluckt haben, ihnen in die Höhe gestiegen ist / und im Kopffe krübelt, so kan es nicht fehlen, sie befürchten den Schlag. Und ist derowegen recht etwas wunderwürdiges, wie fleißig und accurat das Weibsvolck ist, wenn sie von einer Sache observationes machen, wie es würcklich hieraus zur Gnüge abzunehmen ist, wenn nehmlich ihnen alles so genau eintrifft, daß auf das Steuß-Jucken die Gevatterschafft, aufs Halß-Jucken der Schmauß und aufs Kopff Jucken die Schläge erfolgen. Weil denn nun bey diesem Glaubens-Puncte eben keine sonderliche Sünde gethan wird, so mögen die lieben Weiber immer dabey bleiben, und sich die Köpffe fein fleißig salben lassen; was vom Kopffe abfället, wird ihnen wohl auf dem Rücken bleiben.


Wie fein es doch gradation geht bey unsern lieben Weibern, Das Jucken kommt erst an den Steuß, an ihren zarten Leibern, [261] Vom Steusse geht es in den Halß, in Schlund und in die Kehle; So sag mir einer, was denn noch den'n guten Dingern fehle? Antwort: Das Jucken an den Kopff, das bringet mit den Seegen, Bestehend in Schlag-Balsams Krafft, daran viel ist gelegen.

Das 50. Capitel
Das 50. Capitel.
Helle Christ-Nacht / finstre Scheunen; finstre Christ-Nacht / helle Scheunen.

Dieses abergläubische Sprichwort soll so viel heissen, als wenn in der Christ-Nacht der Mond scheinet, und helle ist / so soll das Jahr fruchtreich an Getreydig seyn, davon die Scheunen voll und finster werden; wenn aber zu Weyhnachten, oder in der Christ-Nacht der Mond neu ist, und nicht scheinet, auch sonst trübe und finster Wetter ist / so sollen solches Jahr die Scheunen lichte und leer bleiben. Wie gewiß aber diese Bauer-Regel eintreffe, hat sich bißher gemeiniglich in contrario erwiesen; dahero wenig, oder vielmehr gar nichts darauf zu halten ist. Und ist schon an andern Stellen erwiesen / daß solche Bauer-Physica keinen Grund mehr hat. Denn so wohl der alte Julianische, als auch neue verbesserte Calender kommen nicht mehr mit der Zeit überein, in welcher solche Bauer-Reguln ihren Ursprung genommen haben dahero eine dritte Zeit gesucht werden müste, wenn es also erfolgen solte. Denn der neue Calender kömmt etwas zu zeitlich, und der alte etwas zu langsam; also wäre es eine gantz [262] ungereimte Sache, wenn man solche Dinge, die ohnedem nichts als Einbildung zum Grunde gehabt haben, noch auf eine unrichtige Zeit gründen wolte. Zu dem so giebt uns ja der Mond nicht die Landes-Früchte, sondern der Schöpffer des Mondes. Wenn nun nach des Schöpffers gesetzten Ordnung zu Weyhnachten der Mond neu oder auch voll ist, so kan ja die von GOTT gut gemachte Ordnung des Himmels Lauffs / um unserer Calender-Ordnung willen, nicht böse noch besser werden. Dahero auch Zweifels frey es GOtt ietziger Zeit also füget, daß man wohl spüren kan, wie die vorwitzigen Bauer-Propheten lauter Lügen verkündiget haben.


Glaub was du wilt, das hilfft nicht viel, Es hat doch die Natur ihr Spiel, Nachdem es GOttes Willen bringt, Nachdem auch alles wohl gelingt, Für sich der Mond nichts richten kan, Es kömmt allein auf GOtt nur an.

Das 51. Capitel
Das 51. Capitel.
Wer ein Erd-Hüngen oder eine Hauß-Otter beschädiget / oder nur siehet / der muß dasselbige Jahr sterben.

Was ich hiervon aus eigener Erfahrung weiß, will ich kürtzlich anführen, zu einem sichern Beweiß, daß dieses Vorgeben nur ein Mährlein sey. Und bezeuge ich mit meinem guten Gewissen, daß es sich nicht anders zugetragen. Nehmlich: Als ich mich, nach dem Alt-Dreßdner Brande, alldort befand, und in dem Hause, allwo [263] ich damahls wohnete, ein Gewölbe war, in welchem ich offt meine Verrichtung hatte, so hörete sowohl ich / als auch diejenigen, die bey mir zu thun hatten, etliche Tage in besagtem Gewölbe, ein Gluckern und Pipen, bey nahe wie eine Gluck-Henne, wenn sie etwas zu fressen für die jungen Küchlein findet / oder aber wie die jungen Hühnlein selbst zu pipen pflegen; und das geschah bald in dem, bald in jenem Winckel, so wohl am hellen Tage, als auch des Nachts, ohne daß iemand etwas ansichtig worden wäre. In dem einen Winckel des Gewölbes war ein ziemlicher Hauffen Schutt und Steine aufgewühlet, und gieng darbey ein Loch, wie ein Mäuse Loch in die Erde. Jederman sagte, es wäre das Erd-Hühngen, oder die Hauß-Otter, und solten wir ihme nur kein Leid thun. Ich, als der ich, aus Curiosität, gern gewust hätte, wie das Erd-Hühngen, oder die Hauß-Otter aussähe, bemühete mich auf alle Wege, meiner Begierde hierinne eine Gnüge zu thun; kunte aber in gedachtem Gewölbe nichts, als zuweilen eine Mauß erblicken. Weil ich aber gleichwohl sahe, daß bey dem aufgeworffenen Hauffen Schutt ein Loch war, allwo allem Bedüncken nach solch Erd-Hühngen seinen Aus- und Eingang hatte / nahm ich eine Mäuse-Falle, und thät darein Wäitzen, Erbsen, Speck, Brod, gelbe Mähren, Zucker und dergleichen, und setzte diese für das Loch auf den aufgeworffenen Schutt also, daß wenn etwas in solche Mauß-Falle gienge /es unvermeidlich an das Zünglein stossen und sich fangen müste. Da nun diese Mäuse-Falle kaum [264] eine Stunde gestanden hatte, fiel sie zu, und ich wurde einer etwas dicken Mauß darinnen gewahr / diese setzte ich in der Mause-Falle auf den im Gewölbe stehenden Tisch, weil ich in dem andern darneben befindlichen Gewölbe gleich etwas zu thun hatte. Ich war aber kaum ins andere Gewölbe geschritten, als das so genannte Erd- Hühngen in jenem laut gehöret wurde, derowegen ich eilends zurück lieff / und gewahr wurde / daß es meine gefangene Mauß in der Falle war, worüber ich mich sehr verwunderte, weil ich dergleichen Stimme noch von keiner Mauß observiret hatte, ohnerachtet mir dergleichen Pipen, unter dem Nahmen Erd-Hühngen, sonst mehrmahl zu Ohren gekommen war, und kunte mir kaum einbilden, daß es diese Mauß sey, die biß anhero sich in dem Gewölbe so hätte hören lassen, wenn sie sich nicht zu unterschiedlichen mahlen, in meiner und anderer Leute Gegenwart / in gedachter Mause-Falle mit solchem Gesange verrathen hätte? Und weil ich sie nun darinnen, biß zu Abend, stehen ließ, befand ich sie letzlich als eine Kindel-Betterin mit sechß jungen Mäußgen die ich samt der Mutter in einen Kessel mit Wasser schüttete und ersäuffte, worauf das Pipen und das Auswühlen des Erd-Hühngens ein Ende hatte. Und ob mir zwar um deßwillen einige abergläubische Leute wolten bange machen, so kan ich doch mit Wahrheit sagen, daß mir weder selbiges noch das folgende Jahr das geringste Ubel begegnet, noch eine Kranckheit angefallen hätte. Welches also hoffentlich wird Beweiß genug seyn, daß von diesem Glaubens-Grunde nichts zu halten sey.


[265]

Woferne dieser Glaubens-Grund der Wahrheit ähnlich wäre, So müst ich längst gestorben seyn; denn wenn ich les und höre, So soll derjenge sterben bald, der ein Erd-Hühngen siehet, Und wer, wenn er dergleichen hört, nicht alsobald entfliehet. Ich aber habs gehört, gesehn, gefangen und erträncket, Doch leb ich noch, so lang GOtt will, der mir das Leben schencket, Drum glaub ich diesem Mährlein nicht, denn ich hab wohl erwogen, Daß es nur eine Thorheit sey, und gantz und gar erlogen.

Das 52. Capitel
Das 52. Capitel.
Ohren-Schmaltz an die Degen-Spitze gestrichen /wenn man duelliren will / das löset des andern Festigkeit auf.

Wer die Courage hinter oder aus den Ohren heror suchet, wenn er duelliren will, der möchte seine Schlägerey lieber gar einstellen, denn der andere ist ihm gewiß zu feste. Und wenn einer schon so verzagt ist, daß er sich einbildet, der andere möchte feste seyn, so ist die Schlacht schon verlohren, und wird kein Ohren-Schmaltz etwas erwünschtes effectuiren können. Ich sehe ohne dem auch nicht / welchergestalt ein wenig Ohren-Schmaltz so viel Kräffte haben solle, des andern Festigkeit aufzulösen; und halte vielmehr davor, es gehe hierunter ein Mißverstand für, und soll nicht Ohren- sondern Haasen-Schmaltz seyn. Denn das Haasen-Schmalz hat, bekannter massen, [266] die Eigenschafft an sich, daß es ziehet, und wenn es also an der Degen-Spitze klebt / so ziehets den Gegner so starck an sich, daß er selbst in die geschmierte Degen-Spitze hinein laufft, und mag der Gegner so feste seyn, als er will / so gehet doch jenem sein Degen so glatt ein, als ob er geschmieret wäre, und solche Krafft hat das Haasen-Schmaltz. Nun will ich zwar eben nicht gäntzlich in Abrede seyn, daß manchemDuellanten sein Ohren-Schmaltz die gäntzliche Eigenschafft des Haasen-Schmaltzes habe, absonderlich derer ihres / welche gewohnet sind / in fürfallender Noth das Haasen-Pannier zu ergreiffen, und sich mit dem Rücken zu wehren. Hierbey fällt mir ein, wie vor wenig Jahren ein junger Rotzlöffel, der noch nicht recht aus seinen Lehr-Jahren entgangen war, zu einem Schwerdtfeger kam, und sich eine Klinge in ein Degen-Gefäß stossen ließ / worbey er dem Schwerdtfeger vier Stücklein gab, die er mit in das Degen-Gefäß machen muste. Der Schwerdfeger fragte aus Spaß, worzu denn diese Dinge helffen solten? Jener antwortete: Eines hülffe, daß, wenn man sich schlüge, der andere alsobald eine Furcht bekäme. Das andere Stücklein lösete alle Festigkeit auf. Das dritte dienete wider die schwere Noth, wenn man den Degen Creutz-weiß auf den Patienten legte. Das vierdte beschützte ihn, daß ihn kein Feind könne beschädigen. Weil denn hierbey noch ein guter Freund stand, und zusahe, auch zu dem gelbschnäbelgen Tyrannen sagte, das beste Stücklein wäre doch vergessen; da fuhr der junge Held begierig [267] heraus: Ey! ich will es gern bezahlen, es mag kosten, was es will, der Herr lasse mir es zukommen. Jener antwortete / es kostete nichts, sondern es wäre nur ein Zettelgen / worauf gewisse vier Sylben, die denen ietzt hinein gemachten vier Stücken die Krafft gäben, geschrieben wären. Monsieur Gelbschnabel bat um Mittheilung solcher Kunst, worauf jener wieder sagte, er solte nur diese vier Sylben auf ein Zettelgen schreiben: Hunds-Voigt, wehr dich! Dieses möchten die mit Ohren-Schmaltz ihre Degen schmierende Duellanten alle auch in Acht nehmen, wiewohl es Christlicher heraus käme, wenn das verfluchte duelliren gar nachbliebe; weil aber leider! der Teufel mehr Welt-Kinder in seinem Reich versammlet hält, als Menschen in dem Reich GOttes sich befinden, so kan und will ich weiter nichts mehr von dem ietzt vorhabenden Glaubens-Punct gedencken.


O du elender Tropff mit deinem Haasen-Fette! Ja, wer für Ohren-Schmaltz etwas Courage hätte: Du Hunds-Voigt, wehre dich, das ist das beste Mittel; Sonst bleibet dir gewiß der garstge Ehren-Tittel.

Das 53. Capitel
Das 53. Capitel.
Wenn zwey Kinder-stillende Weiber zugleich mit einander trincken / so trinckt eine der andern die Milch ab.

Es will an theils Orten geglaubet werden, daß, wenn zwey Personen zugleich mit einander anfiengen zu trincken, und auch zugleich aufhöreten, so träncke eines dem andern [268] die Röthe ab. Dieses Fürgeben braucht keiner Widerlegung, weil es für sich selbst dahin fället, indem nicht alleine ietzo die galante Mode aufgekommen ist, daß nicht nur ihrer zwey, sondern wohl gar ihrer zwantzig, oder lange Tafeln voll Leute zugleich aufstehen, ihre vor sich habende Wein- und Bier-Gläser an einander stossen, und auf Gesundheit dieses oder jenes zugleich austrincken, ohne Besorgung, daß ein und anderer seine Röthe darüber verlieren werde; daher derjenige ein sehr einfältiger Schöps seyn müste, der um deßwillen nicht trincken wolte, weil ein anderer eben auch träncke. Was aber das Abtrincken der Milch bey denen Weibern anlanget, wird solches unter ihnen zwar als etwas gewisses geglaubet; ob sie aber ihr Fürgeben werden verificiren können, will ich ein wenig untersuchen. Wenn sie glauben, so ferne eine stillende Amme zugleich mit der andern träncke, so träncke eine der andern die Milch ab; also muß die eine die Milch bekommen. So nun die Weiber dieses so gewiß observiret / so möchten sie doch auch in acht genommen haben, welche von beyden denn die Milch bekomme oder verliere? die älteste oder die jüngste? oder die den Krug zu erst ans Maul setze, oder am ersten aufhöre zu trincken? so wolte ich ihnen eher Glauben zustellen; dieweil sie aber von diesen Neben-Dingen, woran doch sicherlich viel gelegen wäre, wenn der Haupt-Punct solte Grund haben, gantz im geringsten nichts melden, so kan ich leicht schliessen, daß es eine in einer Wochen-Bett-Stube ausgeheckte [269] Grille sey. Denn es ist nicht gnug, daß ich nur eine Sache sage, als verhalte sie sich so oder so, sondern ich muß es auch erweisen. Nun aber wird damit nichts erwiesen, wenn die Weiber sagen, es hätten zwey Säug-Ammen zugleich mit einander getruncken, so hätte eine die Milch verlohren. Es kan leicht ein Weib, das ein stillendes Kind hat, die Milch verlieren; es folgt deßwegen nicht, daß eine andere, die mit jener zugleich getruncken hat, solche ihr abgetruncken habe. Ich sage, wenn dieses angienge, so wäre es ein herrlich Mittel vor diejenigen Weiber, welche ihre Kinder entwöhnen wollen, diese dürfften nur eine der andern gute Worte geben, die ohnedem nicht viel Milch hätte, daß sie käme und auf solche Art ihnen die Milch, welche sie sonst ohne dem drücken und ängstigen würde, abträncke; alleine weil ich noch niemahls gehöret habe, daß eine auf diese Art habe Linderung gesucht / so will mir es auch nicht in meinen Kopff, daß etwas an dem gantzen Fürgeben wahr sey. Es trincket ja auf solche Weise keine aus der andern Kruge, sondern, wenn zwey zugleich trincken, so muß eine iede ihr absonderlich Trinck-Geschirr haben, kan demnach nicht auf eine solche magnetische Art durch einen Zug vollbracht werden, als ob die eine etwas vom ihren Speichel hätte ins Geschirr gebracht, den die andere einträncke, und alsoper Sympathiam der ersten ihre Milch an sich zöge. Nein, es ist in iedweder ihrem Geschirr absonderlich Geträncke, dahero eine iede absonderliche Nahrung empfängt, und kan dadurch keine der [270] andern den geringsten Schaden zufügen. Und so einer mit der Sympathia und Antipathia hierbey wolte aufgezogen kommen, so würde es Zweifels ohne so absurd herauskommen, als ob ich spreche: Wenn man in einem Garten zu einer Zeit zugleich zwey Aepffel- Kirsch-oder andere Obst-Bäume, von einerley Art, pfropffete, so würde der eine fruchtbar, der andere aber unfruchtbar werden, weil einer dem andern seine Krafft benehme, weil sie zu einer Zeit eingepflantzet worden wären.


Was hat die Milch vor einen Weg von einer Brust zur andern? Wird sie vielleicht auf einem Steg durch die Milch-Strasse wandern? Und soll etwan das Sternen-Heer das Holtz zur Brücke legen? Was ists, das diese Künste kan, was kan die Milch bewegen, Daß sie muß aus der einen Brust unsichtbar davon fliehen, Und gegentheils beym andern Weib in ihre Brust einziehen? Diß Wunder-Ding ist mir zu hoch, ick kan es nicht ergründen, Drum wer die Kunst ersonnen hat, mag auch die Strasse finden.

Das 54. Capitel
Das 54. Capitel.
Wer Brodt isset / davon ein anderer gebissen hat / der wird dem andern feind oder gram.

Dieses will sich mit der täglichen Erfahrung auf keine wege reimen. Denn, wenn einer [271] sich hat satt gegessen, und lässet Brodt liegen, davon er mit denen Zähnen abgebissen hat, (welches zwar keine Gewohnheit reputirlicher und erbarer Leute ist,) und ein anderer ist diesem so gewogen / daß er keinen Eckel hat, dieses sein Gebissens zu essen, so wird jener hierdurch keinen Haß erwecken, sondern, wenn etwas natürliches in ihm oder in seinem Gemüthe hierdurch solte rege gemacht werden, so wolte ich vielmehr glauben, daß es eine noch grössere Liebe verursachen würde, wie ich aus unterschiedlichen Historien anführen könnte, wenn ich mich nicht der Kürtze zu befleissigen mir fürgenommen hätte. Trägt sich aber die Sache anders zu, und einer frist des andern sein Brodt, davon er gebissen, aus Geitz u. Mißgunst, also, daß er dem andern lieber gar den Bissen aus dem Maule riß und frässe, auf daß der andere nur hungern müste; zwischen solchen Personen ist schon ein würcklicher Haß, und entstehet nicht erst aus der Geniessung des gebissenen Brodts, sondern das Brodt-Essen entstehet aus dem Haß / der schon vorhanden ist. Und solchem nach kan ein ieder leicht begreiffen, daß das Fürgeben falsch sey, als ob eines dem andern gram werde, wenn es von des andern gebissenen Brodte esse. Uberdiß ist solches auch leichte zu widerlegen mit unzählich Exempeln, so zwischen Kindern und Kinderwärtherin dißfalls fürgehen / wenn diese das Brodt, Butterfladen / Kuchen und dergleichen, was die Kinder, wenn sie davon satt sind, lassen liegen, aufessen, aber keines weges dadurch denen Kindern gram, sondern vielmehr noch günstiger werden.


[272]

Die ohne Eckel und aus Liebe / Und nicht aus Haß, wie die Brodt-Diebe, Der andern Brodt, davon gebissen, Zur Sättigung aufessen müssen; Bey denen kan ja nickt entstehen Feindschafft und Haß, wie man kan sehen Bey denen so die Kinder warten, Wenn diese mit den'n Kindern parten Das Brodt, das sie mit Beissen besser Zertheilen, als mit einem Messer.

Das 55. Capitel
Das 55. Capitel.
Eine Weibs-Person soll niemanden anders an ihrem Schürtz-Tuche lassen die Hände abwischen / jenes wird ihr sonst gram.

Ein Exempel weiß ich zwar selbst, daß es würcklich eingetroffen, wiewohl die Umstände auch darnach beschaffen waren, dahero dieses das Fürgeben keinesweges universal macht; sondern ich halte vielmehr davor, daß, wenn manchem diese Gelegenheit also zuhanden gestossen wäre, als wie dem, von welchem ich ietzo melden will, nicht eine Feindschafft, sondern vielmehr eine geile Liebe dadurch würde seyn erreget worden. Die Sache aber ergieng folgendergestalt: In einer grossen Stadt hatte ein reputirlicher Kauffmann eine, dem Ansehen nach, feine Magd gemiethet, und nicht lange in seinen Diensten gehabt; in dieser kurtzen Zeit führete sich die Magd also auf, und verrichtete ihre Arbeit hurtig und wohl / daß ihr der Herr deswegen ein gutes Lob gab, und ihr gar gewogen war. Es trug sich aber [273] zu, daß dieser Kauffmann iemanden etliche Centner Kreyde abwiegen muste, und in Abwesenheit des Jungens die Magd mit ins Gewölbe nahm, ihm einige Handreichung zu thun. Endlich, wie die Arbeit verrichtet war, sahe sich der Kauffmann nach einem Tuche um / seine Hände daran wiederum abzuwischen; weil aber keines zugegen war, offerirte die dienstfertige Magd ihrem Herrn ihr Schürtz-Tuch; da aber der erbare Mann solches ein wenig auf die Seite zog, und gewahr wurde, daß ihr der Rock und auch das Hembde dermassen weit aufgeschlitzt war, wodurch er einen solchen Ort erblickte, den die Erbarkeit zu verdecken befiehlet, dahero machte er sich Gedancken, ob hätte die Magd solches mit Fleiß gethan /ihn zu einer verbotenen Liebe damit anzureitzen. Weil er aber ein Mann war, welcher viel auf reputation und respect hielte, wurde er der Magd von Stund an so Spinnen-feind, daß er sie kaum mehr ansehen kunte, und schaffete sie wieder fort. Dieses ist nun zwar ein Exempel / wodurch man den ietzt vorhabenden Punct möchte beschönigen wollen; alleine, wenn ich diese Umstände etwas genau beobachte / so erhellet so viel daraus / daß das Abwischen der Hände schwerlich etwas zur Feindschafft würde contribuiret haben, wenn nicht vielmehr der garstige Anblick des darunter verborgenen Orts solches verursachet hätte. Behält derohalben dieser Glaubens-Punct seine Stelle wohl unter denen Aberglauben.


[274]

Die Magd hielt ohne Zweifel nichts auf diesen Aberglauben, Dennoch must sie des Herren Gunst sich hierdurch lassen rauben, Es sey nun aber, wie ihm sey, so wird ein jeder sehen, Daß dem nach dieser Glaubens-Grund mit nichten kan bestehen.

Das 56. Capitel
Das 56. Capitel.
Wenn die Schwalben in ein Hauß nisteln / bedeutets Armuth / die Sperlinge aber Glück und Reichthum.

Die armen Schwalben sind solche Vögelein, welche sich nur mit Hinweghaschung der Fliegen und dergleichen Ungeziefer behelffen, und ihre Nester von Koth und Schlamm bauen, dahero finden sie auch nirgend bessere Herberge, als bey ihres gleichen, denen armen Leuten. Denn reiche und vornehme Leute können nicht wohl leiden, daß diese arme Vögel ihre Dreck Nester in- oder an ihre grosse ausgezierte Paläste anbauen, und ihren Koth und Mist in die schönen Säle fallen lassen, sondern wenn zuweilen die Fenster aufgelassen werden, und die Schwalben thun einen Versuch allda einzunisteln, ey da müssen sie bald wieder fort, und heist: Wo die Schwalben nisteln, da ist Armuth. Und müssen demnach die armen Schwalben Herberge bey denen armen Bauern suchen, die sie gar wohl leiden können / auch noch wohl Späne an die Balcken in Häusern einschlagen, auf daß die Schwalben desto beqvemer darauf bauen können. Auch halten diese der Schwalben Ankunfft nicht für ein Zeichen [275] der Armuth, sondern des Glücks. Denn weil die Bauern mit wenigen vergnügt sind, als wie auch die Schwalben, so vertragen sich die Hauß-Genossen desto besser mit dem Wirthe, und wird demnach solche Haußhaltung desto friedsamer und glücklicher geführet; die Schwalben reinigen die Wohnung von Fliegen, Spinnen und Ungeziefer, womit sonst die Bauern sehr beschweret werden, dahero diese Vögelgen denen Bauern gar angenehm sind. Was aber ferner den Sperling anlanget, so gibt der vorhabende Glaubens-Punct zu verstehen, daß es Glück bedeute /wo die Sperlinge einnisteten. Alleine, ich glaube, daß das vermeynte Glück wohl nur auf folgende Weise mag zu verstehen seyn; nehmlich: Wo viel zu verlieren ist, da findet sich auch viel diebisch Gesinde ein. Bey reichen Leuten gehet es gemeiniglich auch reich zu in der Haußhaltung da denn mancher Diebs-Vogel sich mit darbey nähret. Der diebische Sperling findet in reicher Leute Höfen zu fressen genug / dahero er auch daselbst Herberge suchet, und auch leicht findet; denn weil diese duckmäusichte Diebs-Vögel nicht frey und aufrichtig wandeln, wie die Schwalben, die ohne Complimenten ihre Nester öffentlich vor iedermans Augen aufbauen, sondern sie hüpffen hin und her, als wäre es ihnen um nichts zu thun, und marchiren, ehe sichs iemand versiehet, in die Lufft-Löcher, welche gewöhnlich über denen Fenstern durch die Mauren in die Stube gehen, geniessen nicht alleine der Wärme aus der Stuben, sondern hören alles, was in der Stube sowohl [276] Nachts als Tages geredet wird. Am Tage stehlen und fressen sie denen Hünern, Gänsen und Tauben auch andern nutzbaren Vieh ihr Futter hinweg und dennoch heist es: Wo die Sperlinge nisteln / bedeutets Glück; aber wäre nicht schon das zeitliche Glück vorhero da, so würde es kein diebischer Sperling bringen / und mag hier sowohl mit denen Schwalben, bey denen armen Bauern, als auch mit denen Sperlingen, bey manchen Reichen, das bekannte Sprichwort wohl Statt finden: Gleich und gleich gesellet sich gern. Denn bey vielen reichen Leuten gebet es auch diebisch / tückisch, geil und wollüstig genung zu, nach rechter Sperlings-Art. Wie denn jene vornehme geile Dame, als ihr ein Priester ihre Geilheit verwieß / und die Turtel-Taube zum Fürbilde vorstellete, sagte: Wenn er ihr wolte einen Vogel zum Lehrmeister geben, solle er den Sperling nehmen. Auch ist manchen sein gantz Vermögen und Reichthum auf Sperlings-Art mit List, Dieberey, Schinderey Unzucht und dergleichen zusammen gebracht und wird auf solche Art erhalten. Da es denn nicht zu verwundern ist, wenn solche Vögel gedultet werden, die des Wirths Eigenschafft haben. Und alsdenn muß es heissen: Diese bringen Glück! Aber solches Glücks wird sich ein rechtschaffener Christ wenig zu erfreuen haben.


Ein Sperling und Schmarutzer, wenn sie an volle Töpffe Gelangen füllen sie sich gar gut ihre Kröpffe, So lang das Fressen wehrt dann wischen sie sich abe, Und dancken nicht einmahl vor die empfangne Gabe. [277] Drum acht ich des Glücks nicht, das solche Vögel bringen, Viel lieber höre ich die kleinen Schwalben singen, Denn diese sind vergnügt mit Spinnen u. mit Fliegen, Und lassen iederman das Seine treulich liegen.

Das 57. Capitel
Das 57. Capitel.
Wenn am Heil. Weyhnacht-Abend ein Reiffen von einem Gefäß springet / so stirbt das Jahr eines aus dem Hause.

Wie leichte kan doch ein Reiffen von einem Gefäß brechen, zumahl wenn er faul und mürbe worden; und wo des Haußgeräths an kleinen und grossen Fässern, Stotzen, Wannen, Kannen und dergleichen viel sind, daselbst ist das Abspringen der Reiffen nichts neues, also daß der Böttiger, wo nicht täglich, doch wöchentlich etwas zu thun bekömmt. Weil nun dieses eine Begebenheit ist, die sich so gar offt begiebt, so kan sie sich ja auch am Weyhnacht-Heiligen-Abend zutragen, absonderlich, wenn sich etwan das Wetter verändert, da auf Thau-Wetter starcke Kälte einfället, oder auf grosse Kälte gelinde Wetter, welches sich absonderlich zu solcher Jahres-Zeit gemeiniglich begiebt, bey welcher Veränderung der Lufft gewöhnlicher massen die Reiffen abspringen. Kan ich also nicht begreiffen, welcher gestalt das Abspringen eines Reiffens am Heil. Weyhnacht-Abend solle eine Vorbedeutung eines dieses Jahr in diesem Hause, allwo das Abspringen des Reiffens geschehen, für stehenden Todesfalls seyn? Ein vernünfftiger Christ soll [278] nicht ohne Ursach, solche abergläubische omina ersinnen, und mit den Haaren, so zu reden / herbey ziehen. Ich will zwar eben kein Gespötte mit dem Reiffen abspringen treiben, sondern mich also zum Tode stets bereit halten, als ob alle Reiffen abgesprungen wären zur Bedeutung meines Todes: Jedoch will ich auch also geartet seyn, daß, wenn gleich am Weyhnacht-Abend alle Reiffe in meinem Hause von denen Gefässen abgesprungen wären / solche mich doch in keine Furcht für dem Tod stürtzen sollen. Das ist wahr, daß ein Reiff welcher von einen Geväß springet, eine gar feine Veranlassung zur guten Betrachtung des Todes und Sterbens geben kan. Denn der Reiff springet plötzlich und unvermuthet ab dabey ein Christ sich gar wohl erinnern kan, wie plötzlich und unverhofft die Seele sich vom Leibe durch den Tod müsse scheiden lassen. Und wie ein Gefäß, davon die Reiffen gesprungen, zerfället und zunichte wird; also, wenn die Seele sich vom Leibe geschieden / wird der Leib auch zunichte, und zerfället in eintzele Knochen, wie die Tauben eines Gefässes. Wer aber um des Weyhnacht-Abends willen sich vom Reiff-Abspringen einige Rechnung macht, ist ein Thor und abergläubischer Geck.


Wenn um Weyhnacht-Zeit geschicht, Daß ein Reiff vom Fasse bricht, Darffst du dich darum nicht kräncken, GOtt kan dir das Leben schencken. Und ob gleich kein Reiff springt ab, Trägt man dich doch wohl zu Grab. Drum magst du zu allen Zeiten Dich zum Tode wohl bereiten.

Das 58. Capitel
[279] Das 58. Capitel.
Wenn in einer Kirchen ein Licht auf dem Altar von sich selbst verlöscht / so stirbt bald ein Priester von dieser Kirchen.

Ich will nicht in Abrede seyn, daß es zuweilen Vorbedeutungen und Anzeigungen giebt, wenn solche Personen sterben sollen / welche von gutem Ansehen und grossen Würden sind; absonderlich aber solche Männer, welche GOtt und denen Menschen gute und getreue. Dienste leisten: Auch will ich nicht widersprechen, daß es sich mehrmahls begeben haben mag, daß, nachdem ein Licht auf dem Altar verloschen ist, bald drauf ein Priester von selbiger Kirchen gestorben sey. Alleine, daß man wolle gewiß den Tod eines Priesters solcher Kirchen, allwo ein Licht verlöschet /andeuten, das ist eine Sache, die rechtschaffenen Christen nicht anstehet zu glauben, sintemahl es auch nicht eintrifft, wie aus folgender Begebenheit klärlich erhellet: Zu Alt-Dreßden wird die Kirche genannt zum Heil. Drey Königen, da geschahe es gleich an dem so genannten Heil. Drey Königs-Tage, vor nunmehro 16. Jahren, daß unter der Predigt alle beyde brennende Wachs-Kertzen von sich selbst verloschen, welches, wie leicht zu erachten, gar mancherley Urtheile erregete, wie es denn auch nachdencklich genug war, weil es eben an dem Fest-Tage geschach, davon die Kirche den Nahmen hat. Viele, und fast die meisten, prognosticirten denen damahligen Dienern GOttes an selbiger Kirchen den Tod. Der Pastor [280] damahls war HerrM. Löschke, und der Diaconus Herr M. Hahn: Jener hat noch etliche Jahr nach diesem sein Amt getreu und gesund verwaltet; und dieser lebet noch biß dato, als ein getreu und fleißiger Diener GOttes bey der Creutz-Kirche in Neu-Dreßden. Woraus ja zur Gnüge zu schliessen ist, daß auf solch Licht- oder Wachs-Kertzen-Verlöschen nichts zu halten sey. Denn ob ich mich gleich selbst, nach selbiger Zeit, etliche Jahr allda befunden, so habe doch nicht erfahren, daß iemand eine gewisse Deutung auf dieses Licht Verlöschen hätte angeben können. Ist demnach eine grosse Thorheit, wenn man stracks aus solchen Dingen, die doch natürlicher Weise sich zutragen, prognostica machen will. Wer so einfältig ist, und nicht begreiffen kan, wie es zugehe, daß eine brennende Wachs-Kertze von sich selbst auslösche, der frage einen Kirchner drum, so wird er es bald erfahren, und die davon gefassete irrige Meynung ändern.


Ein Licht verlöschet bald, Und sonderlich zu Winters-Zeit, wenn es ist hefftig kalt Und wenn die Flamme klein, Daß sie das Wachs nicht schmeltzen kan, da kan es gar wohl seyn, Daß ein solch Licht vergeht, Es sey nun gleich ein solches Licht, das in der Kirchen steht. Deßwegen folget nicht, Daß hierauf auch verlöschen müß' des Priesters Lebens-Licht.

Das 59. Capitel
Das 59. Capitel.
Wenn eine Weibs-Person den Ohren-Zwang [281] hat / soll sie ein paar Manns-Hosen um den Kopff wickeln /und schwitzen.

Eine herrliche Cur, woraus zu sehen, wie kräfftig ein paar Manns-Hosen seyn müssen! Wunderlich aber ist es / daß dieses Mittel denen Manns-Personen nicht auch selbst hilfft, sondern nur denen Weibs Personen? Woraus ich vermuthe, daß daß Vertrauen und grosse Liebe zur Sache das beste thun mag. Denn das weibliche Geschlecht hält zu weilen viel von dem Manns-Volck. Wie ich mich denn hierbey eines Gemähldes erinnere, welches ich ohnlängst bey einem Freunde gesehen habe, das war ein Bild, wie eine Magd, diese hatte in der einen Hand etwas zusammen gewickeltes, welches man so genau nicht sehen kunte, was es seyn solte, mit der andern Hand kratzte sie sich hinter dem Ohr; unter dem Gemählde war die Erklärung in folgenden Reimen beschrieben:


Es fand ein Magd einen Hosen-Latz,

Sie dacht, es wär ein grosser Schatz,

Als sie ihn nun recht wolt beschauen,

Thät sie sich hindern Ohren krauen.

Sie sprach: Ach du gar liebes Nest,

Hätt ich den Vogel, der drinn gewest,

Der solte mir viel nützer werden,

Denn alle Hosen-Lätz auf Erden.


Woraus ja sattsam abzunehmen ist, warum es denen guten Leuten zu thun sey, nehmlich, nicht um das Nest, sondern um den Vogel, und müssen also die Hosen ihre Hülffe leisten / als wie der Mönche ihre Kutten im Pabstthum. Mancher möchte [282] zwar vermeinen, ob geschehe die Hülffe nicht eben von denen Hosen, und könnte auch wohl etwas anders, an statt der Hosen, um den Kopff gewickelt, und solcher dadurch erwärmet werden / daß sich der Schmertz und das Reiffen in Ohren zertheilen müste; aber nein, es müssen Hosen seyn. Denn man bedencke nur, wie mancherley kräfftige Dünste in manches seinen Hosen verborgen stecken, welche / wenn sie warm werden, herfür und in der Patientin Nasen- und Ohren-Löcher eindringen, und die scharffen Flüsse corrigiren. Auch können die Manns-Hosen so viel gute Gedancken bey dem Frauenzimmer erregen / daß sie aller Schmertzen darüber vergessen; derowegen mag ich sie nicht in ihrer Andacht stören, noch ihnen dißfalls widersprechen / sie möchten mir noch feinder werden, als sie ohne dem schon sind.


Ach kräfftige Hosen! Ihr riechet wie Rosen, Ihr stecket voll Künste, Und köstlicher Dünste, Ihr stärcket die Krancken, Bringt gute Gedancken Von Männern u. Knaben, Wer wolt sich nicht labē? Wenn wir euch umhüllen, So können wir stillen Den Schmertzen in Ohrē, Und was uns geschören, Die aber gar schmecket, Was in euch gestecket, Die kan erst recht sagen Von köstlichen Tagen, Und wird es hoch preisen, Als niedliche Speisen.

Das 60. Capitel
Das 60. Capitel.
Wenn die Mägde Zunder brennen / so müssen sie von Manns-Hembden Flecke darzu nehmen / von Weiber-Hembden fängt der Zunder nicht.

[283] Das weibliche Geschlecht muß stets was haben, dabey sie sich der Manns-Personen erinnern können: wie aus vorher gehenden Capitel schon zur Gnüge erhellet. Sie stellen sich zwar zu weilen / als ob ihnen gar nichts drum wäre, können auch wohl solche Reden formiren, woraus man schliessen soll, ob achteten sie das männliche Geschlecht gar nicht; aber, ehe man sichs versiehet, gehet ihnen der Mund von dem über wessen ihr Hertz voll ist. Denn ob sie gleich aus angebohrnen Hochmuth gern die obere Gewalt und Herrschafft über die Männer haben und behaupten möchten, so können sie doch nicht umhin, in diesem ihren Glaubens-Articul selbst zu bekennen, daß sie so elende Creaturen seyn an denen auch die elenden Hadern ihrer Hembden ihrentwegen untüchtig würden / daß sie nicht einmahl zu Zunder zu gebrauchen wären; womit sie ja sicherlich ihre eigene Schande genug zu erkennen geben. Alleine, weil gleichwohl, aus unterschiedlichen Umständen, ersehe, daß sie sich aus einfältigen Aberglauben selbst betrügen, und in grössere Verachtung setzen, als sie von Natur verdienen, indem sie von sich selbst eine irrige Meynung hegen, so will ich ihnen so viel zur Nachricht geben, daß sie die Hadern von ihren Hembden nur fein reine auswaschen mögen, alsdenn versichere ich sie, daß solche so gut, ja wohl besser, zum Zunder seyn werden, als von manchen Manns-Hembden, die nicht ausgewaschen sind. Die Ursach aber / warum sie vorher, ehe sie ausgewaschen werden, nicht zum Zunder dienen, kan [284] eine Verständige leicht errathen; denen andern aber es mit grossen Buchstaben vor die Nase zu stellen, achte ich wider die Erbarkeit zu seyn.


Tang der Weiber Hembde, und dergleichen Plunder, Nicht einmahl zu Feuer und zu schwartzen Zunder, Sondern / wie sie selber ernstlich wollen sagen, Müst es seyn von Männern / und was die getragen, Ey so möchte manche sich doch nicht sozieren, Und den Mann um Kleider-Pracht alle Tag vexiren, Weil sie doch verderben, was sie an sich ziehen, Drum solt man die Weiber auch noch ärger fliehen.

Das 61. Capitel
Das 61. Capitel.
In der Christ-Nacht soll man nasse Stroh-Bänder um die Obst Baume binden / so werden sie fruchtbar.

Die liebe Christ-Nacht muß sich wohl zu viel und mancherley Possen lassen mißbrauchen. In der Christ-Nacht fangen die Bauern an, ihre zwölff Nächte zu zehlen, und urtheilen hernach die zwölff Monate des folgenden Jahres. Die Mägde haben tausenderley Teufels-Spiele und Gauckeley in dieser heiligen Zeit /also, daß ich Bedencken trage, alles anzuführen, was ich nur weiß, geschweige, was mir noch nicht wissend ist. Was sonst mehr vor thörichte Aberglauben von der Christ-Nacht gemacht werden wird einem alleine schwerlich alles bekannt werden. Hier in diesem Capitel giebt die schöne Rocken Philosophie Anleitung, wie man in der heiligen Christ-Nacht die Obst-Bäume könne fruchtbar machen. Die Kunst ist schlecht, und leichte zu lernen; die Materie, so darzu gebraucht wird / ist gar geringe, [285] und allenthalben zu bekommen, und wäre dannenhero eine grosse Nachläßigkeit, so ferne das Kunst-Stück zuträffe, wenn es nicht überall alle Jahre practiciret würde. Weil aber Gegentheils allzubekannt ist, das manch Jahr wenig oder nichts vom Obste geräth, so will ich vielmehr dafür halten, es halte das beschriebene Kunst-Stücklein keine Probe und mögen das wohl einfältige Tropften seyn, die daran gläuben. Denn was kan doch ein elender Stroh-Band dem Baume vor Fruchtbarkeit machen? Ich erinnere mich in meiner Jugend gesehen zu haben, daß einige Bauern in Thüringen die Bäume mit Stroh-Bänden zusammen gebunden haben, und zwar ein Ende des Stroh-Bandes an diesen / und das andere Ende an jenem Baum, vorgebend, daß die Bäume dadurch gleichsam copuliret, und zum Rammlen geschickt gemacht würden; den Tag aber, an welchen solches geschehen, habe ich aus der Acht gelassen. Es ist aber eben eine solche Narren-Kunst, als wie diese, so ich ietzo unter der Striegel habe. Wenn einer die Bäume sonst, nach guter Gärtner Manier, fleißig wartet, dinget, beschneidet, und thut, was natürlicher Weise sonst von nöthen ist, so hat er, als ein getreuer Haußwirth, das Seinige gethan, und kan weiter nichts thun, als GOtt anheim stellen, ob er die Bäume wolle lassen gute und reiffe Früchte bringen? An guten Trag-Knospen fehlet es denen Bäumen selten ein Jahr / aber hernach kömmt Mehlthau und gifftige Regen, Schlossen, Raupen, Frost und andere Zufälle, [286] welche von denen in der Christ-Nacht umgebunden gewesenen Stroh-Bändern keinesweges können abgewendet werden. Nun sage mir doch iemand / was denn die Hülff-lose Gauckeley mit den nassen Stroh-Bändern in der Christ-Nacht wohl für Nutzen bringen könne? Ich glaube, daß niemand so Hirn-loß seyn wird, wenn er die Sache ein wenig überlegen wird, daß er ferner etwas auf die Narren-Possen halten werde.


Welcher Hagel, welches Wetter wird sich lassen wehren? Weiche Raupe in den Sommer wird sich daran kehren, Daß sie nicht der Bäume Früchte öfftermahls verderben, Und welch Ungezieffer wird wohl deswegen sterben, Wenn ein halbes Jahr vorher, um der Bäume Rinden, Kluge Bauern nasses Stroh pflegen umzubinden? Damit läßt sich GOttes Hand keinesweges halten. Drum soll ein rechtschaffner Christ GOtt nur lassen walten, Und was abergläubisch ist, allzeit lassen bleiben, Auch dergleichen Narrethey keinesweges treiben.

Das 62. Capitel
Das 62. Capitel.
Wer seine Obst-Baume auf Fastnacht beschneidet /solche Bäume bekommen selbiges Jahr keine Raupen / und die Früchte keine Würmer.

Weil es gemeiniglich auf Fastnacht pfleget allerhand Narren zu geben, als bin ich in den Gedancken, daß der Erfinder dieser Lügen hiermit [287] hat wollen einen Fastnachts Narren machen und ist ihm dabey geglücket, daß derer, wider seine intention, gar viel geworden sind. Denn wer seinen guten und gesunden Verstand hat, kan leicht begreiffen, daß der Fastnachts-Tag nicht um der Bäume willen einfällt, auch ein Jahr für dem andern bald frühzeitig, bald etliche Wochen später zu kommen pfleget. Zum Exempel, in diesem Jahre fällt Fastnacht nach dem Julianischen oder alten Calender fünff Wochen später, als nach dem neuen oder Gregorianischen. Weil wir nun vor 4. Jahren den neuen Calender angenommen haben, so wird auch Zweifels frey bey denen Aberglauben liebenden Leuten die Gauckeley und abergläubische Ceremonien in der neuen Zeit vorgenommen. Hingegen, so wir noch die alte Zeit-Rechnung hätten, so richteten sie sich mit ihren Possen nach dem alten Calender, und würde in ietzt lauffenden Jahre die Baum-Beschneidung fünff gantzer Wochen längsamer vorgenommen, als nun bey dem neuen Calender geschicht. Solchem nach kan ja ein jeglicher selbst ermessen, daß dieses albere Vorgeben / mit dem Obst-Bäum-Beschneiden zu Fastnacht, nicht den geringsten Grund haben könne. Es ist auch daraus zu schliessen, daß diese Kunst nicht gar zu richtig seyn müsse, weil so wenig verständige Wirthe auf Fastnacht die Bäume zu beschneiden pflegen, da doch die Kunst eben nicht so verborgen gehalten wird / und dahero ohn allen Zweifel von iederman alle Jahr würde practiciret werden, wenn etwas daran wahr wäre.


[288]

Die gantz ungleiche Zeit, wenn Fastnacht pflegt zu seyn, Die macht, daß ich nicht glaub, daß dieses treffe ein, Was hier in diesem Punct will werden vorgebracht. Es ist ein alber Wahn, und hats ein Thor erdacht.

Das 63. Capitel
Das 63. Capitel.
Wer eine Katze oder Hund behalten will / daß sie nicht entlauffen / der treibe sie dreymahl um den Heerd / und reib ihren Steiß an die Feuer-Mauer / so bleiben sie daheime.

Hierbey will fast ein ieder Thor eine sonderbare Kunst wissen / um zu machen, daß Hunde und Katzen nicht entlauffen, oder so sie ja von jemanden weggenommen worden, doch wiederkommen müsten. Alleine, wenn diese geheimen Künste alle recht untersucht werden, ist keine darbey, die nicht auslachens werth wäre. Als ich mich vor diesem in einer sehr bekannten Stadt aufhielte, allwo viel Jäger, Officirer und Soldaten sich ohne Unterlaß befanden, hatte ich einen schönen Dänischen Hund, welcher, wegen seiner Geschicklichkeit, allda sehr bekannt und beliebt war, dahero gar viele sich bemüheten mir den Hund zu entführen; aber vergebens: Denn wenn der Hund mit mir lieff, und gleich hie und da, unter dem Gedränge des Volcks, oder auch auf dem Lande mich verlohr, traff ich ihn doch allezeit wieder zu Hause an, wenn ich heimkam. Dieses erweckete bey denen Jägern einen Argwohn zu glauben ob könte ich ein Kunst-Stücklein, daß der Hund bey mir bleiben müste. Als [289] nun einsmahls ein Jagd-Bedienter seinen Dänischen Blendling etliche Tage verlohren hatte / kam er zu mir, und klagte mir seinen Verlust, mit dem Zusatz, er wolte lieber ein Pferd verlieren, als den Hund. Darneben bat er mich, ich solte ihm doch, vor einen gutenrecompens, lernen machen, daß ihm die Hunde bleiben müsten / wie mir meiner. Ich antwortete ihme /daß ich das nicht thäte, wenn er mir gleich noch mehr geben wolte; aber das wolte ich thun, und ihm wieder zu seinem verlohrnen Hunde helffen; worüber er sehr erfreuet mir eine Wilds-Haut zu einem paar Hosen versprach. Ich wuste aber ohnedem schon daß sich sein Hund in der Stadt zu einem Materialisten gewöhnet hatte, welcher an einer Ecke wohnete, allwo ein Volckreicher Creutzgang war / und der Hund lag gewöhnlich bey der Kramerin im Laden. Dahero hieß ich ihm, er solte seinen Knecht oder Magd, welches den Hund am liebsten hätte, auf diesen Creutz-Weg stellen, und den Hund drey mahl starck ruffen lassen; wenn der Hund nicht über 24. Meilen weg wäre /würde er alsbald anfangen spornstreichs wieder heim zu lauffen, und so er in zwey Stunden nicht käme, solte er das Ruffen an diesem Orte wiederholen lassen, und denn endlich nach erfordern wieder in 2. Stunden zum drittenmahl, so müste der Hund wieder kommen. Dieses thät der Jagd-Bediente durch seine Magd; und wie die Magd zum andern mahl an besagten Ort ruffte, und eben nicht nach den Kram-Laden zu gesehen hatte, ist der Hund aus dem Kram-Laden alsobald heraus, und an der [290] Magd hinan gesprungen, worauf sie ihn, mit grossen Freuden mit heim lockete. Hierdurch wurden dieser und andere Jagd-Bedienten in ihrer Meynung desto mehr gestärcket, als ob ich verborgene Künste, zur Erhaltung der Hunde, könte; in welcher Meynung ich auch einen ieden ließ, um hierdurch zu unterbrechen, daß sie keinen Anschlag auf meinen Hund machen solten. Wie ich aber endlich alldort hinweg zog, habe ich diesen Possen iederman offenbaret. Eine solche schöne und wohl probirte Kunst ist auch der ietzt vorhabende Glaubens-Punct, der sich ohnedem auch an denen allerwenigsten Orten will practiciren lassen. Denn wie selten wird doch ein Heerd gefunden, der so frey stehet, daß man um und um gehen, und einen Hund oder Katze darum treiben kan. Und wo sich auch dergleichen Beqvemlichkeit gleich findet, so will ich doch einen ieden versichern, daß diese Gauckeley zu nichts hilfft.


Der Hund an einer Kette, Die Katz in Stub und Bette, Wenn diese kriegen Futter, Zuweilen Brod mit Butter, Und giebst ihn'n Milch zu sauffen, Die werden nicht entlauffen.

Das 64. Capitel
Das 64. Capitel.
Ein Mensch / der ehe den Wolff siehet / als der Wolff den Menschen / der darff nicht fürchten / daß ihm von solchen Wolffe ein Leid geschehe; wenn aber der Wolff den Menschen am ersten sieht / so ist der Mensch in Gefahr.

[291] Ich will es niemand rathen, daß er es hierauf wagen mag. Denn ob gleich einer, der einen Wolff eher siehet, als der Wolff ihn, solchem leichtlich kan entweichen, ehe der Wolff ihn ansichtig wird, oder zu nahe kömmt; so ist doch hierauf keines weges so schlechterdings zu trauen. Denn das blosse erste Anschauen ist viel zu unkräfftig, dem Wolff seine böse Art zu nehmen, oder zu verhindern, daß er einem Menschen, der ihn erst gesehen, nicht solte Schaden thun können. Es ist bekannt, daß fast alle Bestien die Art haben, daß sie sich für denen Menschen entsetzen, zumahl wenn sie mercken, daß ein Mensch unerschrocken ihnen entgegen gehet: Gegentheils aber so sie mercken, daß der Mensch sich furchtsam und zaghafft stellet, fallen sie ihn desto grimmiger an. Wenn nun einer einem Wolff begegnet, und denselben erst siehet, so erschrickt er alsobald, und wird furchtsam, suchet Gelegenheit die Flucht zu nehmen, die er doch nicht allezeit nehmen kan, ehe ihn die Bestie gewahr wird / dahero hernach der Wolff, wenn er den Menschen auch erblickt, solchen schon erschrocken und verzagt zu seyn mercket, und ohne allen Zweifel desto behertzter anfallen wird: Hingegen aber / wenn der Wolff den Menschen zu erst siehet, ehe der Mensch den Wolff vermuthet, so gehet der Mensch unerschrocken fort, und machet vielmehr den Wolff erschrocken, daß er weichet. Wiewohl man am klügsten thut, wenn man diesen Bestien weichet, weil sie zuweilen nicht von der Stelle gehen, wenn man über sie hinfiele. Dieses sind also meine ohnmaßgebliche [292] rationes, die ich habe, nicht zu glauben, was dieser Articul vom Wolffe lehret. Wolte aber nun einer einwenden und sagen: Dieses Vorgeben sey nicht von natürlichen lebendigen Wölffen zu verstehen, sondern von solchen, die einem gewöhnlich in heissen Tagen / im Gehen oder Reiten so nahe kämen, daß man sie ohn versehens zwischen denen Beinen fühlete, und von ihnen s.v. in Steuß gebissen würde, biß aufs rohe Fleisch, daß man hernach die Wunde wieder müsse mit Hirsch-Unschlit schmieren; so will ich dieses eben nicht widerstreiten, weil es wohl seyn kan, daß man solche Wölffe nicht so bald siehet als fühlet, und dahero freylich von solchen Wölffen Schaden empfindet.


Drum beißt dich der Wolff in Steuß, Im Sommer, da es heiß; Geh sacht, erhitz dich nicht so sehr, So beißt dich künfftig keiner mehr.

Das 65. Capitel
Das 65. Capitel.
Am St. Johannis Tage in der Mittags-Stunde soll man St. Johannis-Blut sammlen / welches für viele Dinge gut seyn soll.

Mit dieser Sache hat es folgende Bewandniß: Es gehen am St. Johannis-Tage einige Leute in der Mittags Stunde auf das Feld, und suchen ein gewisses Kraut, welches gewöhnlich auf sandigen Boden wächset und Polygonum minus, item Polycarpon von Tabernæmontano genennet wird, zu teutsch Knauel, und klein Wegetrit; dieses rauffen sie mit der Wurtzel aus, und [293] finden zuweilen an denen Wurtzeln einige röthliche runde Körnlein hangen, in der Grösse eines Tröpfflein Bluts, oder wie eine kleine Erbse. Und dieses soll, ihrem Vorgeben nach / das Blut seyn des enthaupteten Märtyrers St. Johannis. Sie bilden sich auch gäntzlich ein, daß dieses so genannte St. Johannis-Blut zu keiner andern Zeit, als nur in dieser Stunde zu finden sey, und meynen demnach / wenn sie diese Rarität gefunden haben, und solches anhängen / oder die Kleider damit schmieren, daß sie alsdenn vor vielen Unglück und Kranckheiten sicher seyn. Allein / daß es nur eine falsche Einbildung und abergläubisch Beginnen sey, erweise ich daher: Es werden diese Körnlein oder vielmehr Eyerlein, nicht allein an obgemeldten Krautes Wurtzeln, sondern auch zuweilen an denen Wurtzeln der kleinen Piloseliæ oder Maußöhrlein gefunden, und zwar nicht nur am Tage St. Johannis / sondern auch um diese Jahrs-Zeit, und werden so wohl etliche Tage vor als auch etliche Tage nach Johannis, an bemeldten Kräutern gefunden / welches ich aus eigener Erfarung erweisen kan; darbey habe ich gefunden, daß diese rothe Körnlein nichts anders sind, als Eyerlein gewisser Würmer; denn wenn ich dergleichen Eyer habe in ein Gläßlein gethan, u. an die Sonne gesetzt, so ist die äuserste Schale von einander gesprungen, und sind rothe Würmlein daraus gekommen, in der Gestalt, als mittelmäßige Wantzen. Wenn so wohl die Würmlein als auch die Eyergen zerdrückt werden, so geben sie eine schöne Blutrothe Farbe, dahero auch wohl die einfältige [294] Meynung mag entstanden seyn, ob wären es Tröpfflein Blut; allein es sind, wie gedacht, nichts anders, als Eyergen gewisser Würmer, die sich vielleicht unter oberwehnten Kräutern aufhalten, und solche Eyer an die auf dem luckern Sande liegende Wurtzeln solcher Kräuter anhängen. Es wollen einige davor halten, ob wären die aus denen Eyergen gekrochene Würmlein nichts anders, als die bey denen Schönfärbern bekannte Coccionillie, welche Meynung ich zwar dahin gestellet seyn lasse, weil sie mit der Gestalt der Coccionillie (als welches auch nichts als Würmlein sind) ziemlich gleich kommen. Jedoch weil sie nicht so häufig können gesammlet werden als wie die Coccionillie, so halte ich dafür, daß es zwar eine solche Art, aber doch nicht eigentlich die rechte seyn mag. Es sey aber wie es wolle, so ist es doch gewiß, daß es kein Johannis-Blut ist / und auch nicht nur am Johannis-Tage gefunden wird; welches einen gnugsamen Beweiß giebt / daß solchem nach die eingebildete Hülffe, die es leisten solle, auch ohne Grund seyn wird.


O närrscher Wurm! du suchst Johannis-Blut, Und denckst dabey, es sey vor vieles gut; Weißt aber nicht, daß du nur Würmer kriegst, Damit du dich in deinem Wahn betrügst.

Das 66. Capitel
Das 66. Capitel.
Wenn eine Elster auf einem Hause sitzt und schreyet /worinnen ein Krancker liegt / so wird der Krancke wieder gesund.

[295] Das ist ein angenehmer Vogel, dieser Vogel bedeutet und bringet lauter Freude: an einem andern Ort vernehmen wir, daß wenn er und seine Cameraden sich auf einem Hause hören liessen, solten bald Gäste kommen: hier aber bringt er die gute Botschafft, daß der Krancke wieder genesen soll. Ingleichen geben die klugen Weiber in ihrer Rocken-Philosophie vor, daß, so die Elster Vormittage auf einem Hause säß, und schrie / und man sähe sie von forn zu, so folgete etwas Gutes drauf; sey es aber Nachmittage, und man sähe sie von hinten zu, so folge Verdrüßlichkeit drauf. Aus welchen allen abzunehmen ist, daß dieser Vogel, um seines langen Schwantzes halber / so angenehm sey. Denn so man die Sache wohl überleget, so wird sichs nicht anders befinden, wenn sie sagen: Wenn Vormittage diese Elster von forn zu, das ist, an den Kopff, Brust und Bauch gesehen wird, so folget etwas Guts (das ist der Schwantz) hernach. Also bringt dieser Vogel alles Glück auf den langen Schwantze. Kehret er nun aber Nachmittage das Gute, das ist, den Schwantz vor, so folget das Schlimme darauf. Derogen scheinet es, ob sähen die lieben Weiber gern, wenn dieser Vogel nur hinten und forn aus lauter störtzigen Schwäntzen bestünde. Ich bin zwar selbst auch ihrer Meynung / denn mit denen Schwäntzen thun sie keinen Schaden, als wie mit dem Kopff und Schnabel, mit welchen sie denen Bauern die Eyer aus sauffen / die Qvärge fressen, die Käse-Körbe visitiren / auch wohl gar die jungen Hünlein [296] davon tragen. Welches in Wahrheit solche Untugenden sind, daraus ich kein Glück gewarten kan; und dennoch soll dieser diebische Vogel, mit seinem Geschrey, Glück bedeuten, und die Genesung eines Patienten anzeigen. Weil aber die klugen Weiber sagen, daß wenn eine Krähe oder ein Rabe auf einem Hause schrie, worinnen ein Patiente läge, es den Tod des Krancken bedeute; so kan ich nicht glauben, daß eine Elster, als welche eben auch mit unter die Zunfft der Galgen Vögel gehöret, mit seinem Geschrey etwas bessers andeuten könne als eine Krähe. Derowegen mein wohlmeynender Rath wäre, man glaubte diesem schwatzhafftigen Diebs-Volcke nicht so viel, sondern ergötzte sich nur an seinen schönen langen bundfarbigen Schwantze.


Die Elster hat einn langen Schwantz, Von bunder Farb und schönen Glantz, Drum habn sie auch die Weiber lieb, Ob sie gleich ist ein Käse-Dieb, Und säufft den'n Bauern Eyer aus, Trägt auch die Qvärge aus dem Hauß, Und stiehlt der Glucken ihre Jungen, Dennoch wird ihr ein Lob gesungen, Als ob sie ein solchr Vogel wär, Dem nichts gebührt, als Lob und Ehr.

Das 67. Capitel
Das 67. Capitel.
Wenn die Hunde heulen / bedeutets Unglück / darum soll man die Ohren zu halten / daß man sie nicht höret.

Kan denn das Zuhalten der Ohren verbindern, [297] daß die Hunde nicht mehr heulen? oder kan man das Unglück, das besorget wird, etwan dadurch abwenden? Es ist ja das Heulen der Hunde ein natürlich Werck, und derer Hunde natürliche Eigenschafft, wovon schon an einem andern Orte ein mehrers abgehandelt worden ist; daß demnach noch lange nicht erwiesen ist, daß das Hunde-Heulen eben ein Unglück bedeuten müsse. Es wird insgemein dafür gehalten / daß das Heulen der Hunde Feuer bedeuten solle; wenn es aber wahr wäre, so müste auf denen Meistereyen, oder auch in denen Jäger-Häusern täglich Feuer entstehen, weil allda täglich ein Geheule derer Hunde gehöret wird. Daß es aber nicht geschehe, ist bekannt, und dahero ein klares Zeugniß, daß das Hunde-Heulen kein Feuer bedeute. Was aber ferner ander Unglück anlanget, so kan so wenig die Bedeutung von Hunde-Heulen hergeleitet werden, als das Feuer oder Brand. Ich setze aber dem Fall, daß das Heulen der Hunde ein Unglück bedeutete, so kan doch das Zustopffen oder Zu halten der Ohren nichts dabey helffen. Und kömmt dieses so alber heraus, als ob einer einem Stein, der auf ihn zugeworffen würde, damit wolte entgehen, wenn er die Augen zudrückete. Denn das Zustopffen der Ohren hält ja das Heulen des Hundes nicht auf, so könnte es ja vielweniger das Unglück, wann ja eines fürhanden wäre / unterbrechen. Derohalben es eine sehr einfältige Thorheit ist, wenn man auf solche albere Possen etwas achtet.


[298]

Die bey dem Hunde-Heuln verstopffen ihre Ohren, Um Unglück zu entgehn, das sind wohl rechte Thoren. Der Hund heult ja für sich, das Unglück kommt von GOtt, Drum wird der Thoren That nur ihnen selbst ein Spott.

Das 68. Capitel
Das 68. Capitel.
Wenn ein Bien-Schwarm sich an ein Hauß henget / so bedeutets gern Feuers-Brunst.

Es ist zwar etwas ungewöhnliches, iedoch nichts unmögliches, daß sich ein Bienschwarm an ein Hauß henget; insonderheit kan es auf denen Dörffern sich leichtlich zutragen, wie sichs denn auch wohl in denen Städten begeben kan, und zwar, wenn, wie offt gewöhnlich, hinter denen Häusern Gärten sind, in welchen Bienen-Stöcke stehen, wenn denn dieselben nach Gewohnheit schwermen, und sich verfliegen, daß sie in die Gassen kommen, so können sie sich alsdenn nirgends anders hinhengen, als an ein Hauß. Wer aber hieraus stracks ein böses Prognosticon erzwingen wolte, würde billich vor einen abergläubischen Jecken zu achten seyn. Ich erinnere mich, daß vor etlichen Jahren, in einer wohlbekannten Stadt, sich ein Bienschwarm an das Rathhauß hengete, in gleichen nur vor wenig Jahren, in eben selbiger Stadt, hengete sich einer an die Haupt-Kirche, weßwegen beydesmahl grosse Furcht entstand; aber es stehet, GOtt sey Danck! so wohl das Rathhauß, als [299] auch die Kirche annoch unter GOttes Hut vom Feuer unbeschädiget! Es ist mir auch noch unentfallen, daß vor ohngefehr 15. oder 16. Jahren, ein Bienschwarm sich in Dreßden auf dem Neu-Marckte an die Justitz oder Galgen hinge, welcher den gantzen Tag hangen blieb, biß ihn der Scharffrichter einfangen ließ / welches eine Begebenheit war / die wohl einiges Nachdencken verdienete; alleine, es kan doch niemand sagen, was drauf erfolget sey, daß man hiervon hätte eine Bedeutung darauf machen können. Ist demnach nichts abgeschmackters, als wenn man stracks aus einer natürlichen Begebenheit will Bedeutung machen. Eben als wie in vorigen Capitel das Hunde-Heulen auch Feuer bedeuten soll / da doch nichts gewöhnlicher ist als daß ein Hund, der in einer frembden Stadt seinen Herrn verlohren hat, auf die Gasse tritt und heulet. Es verwahre ein ieder in seinem Hause das Feuer und Licht / wie sichs gebühret, es mag sich ein Bienschwarm anhengen, oder ein Hund heulen oder nicht; es ist besser bewahrt, als beklagt.


All Aberglauben sind ja insgesamt erlogen, Derhalben wird man auch mit dem Bienschwarm betrogen, Wenn man von diesen will gewisse Deutung machen; Vielmehr vertrau ich GOtt, der mich und meine Sachen Allein beschützen kan, daß aber manche schwärmen Mit denen Bienen, da will ich mich nicht drum hermē.

Das 69. Capitel
[300] Das 69. Capitel.
So lange die Lerche vor Lichtmeß singet / so lange schweigt sie nacht Lichtmeß wieder stille.

Die Lerchen schweigen offt noch eine geraume Zeit nach Lichtmeß stille / ob sie gleich vor Lichtmeß auch nicht sind gehöret worden: Und ob es auch zuweilen, iedoch selten, geschicht / daß sie vor Lichtmeß singet, so verursacht doch solches eben nicht, daß sie auch so lange nach Lichtmeß stille schweigen müsten. Denn offt singen sie bald nach Lichtmeß, offt auch erst in 3. 4. und mehr Wochen hernach, ob sie gleich nur 2. oder 3. Tage vor Lichtmeß gesungen haben. Und kömmt bloß auf das warme und schöne Wetter an; denn wenn dieses Vöglein in der Lufft noch grosse Kälte mercket, schwinget es sich nicht in die Höhe / und lässet seinen angenehmen Gesang nicht hören; trägt sichs aber zu, daß der stärckste Frost-Schnee und Winter vor Lichtmeß heraus kömmt, so wird es gewöhnlicher massen hernach schön Frühlings-Wetter, und lässet sich alsdenn die Lerche hören. Es ist aber keinesweges auf das Singen zu Lichtmeß zu reflectiren; iedoch ist es auch eine Sache, da ein jeder, ohne Verletzung seines Gewissens, davon halten mag, was er will.


Laß die Lerchen sich hoch schwingen, Und fein angenehme singen, Ob sie gleich auch spät anfiengen, Und Mit-Fasten vorbey giengen, Dürfft es doch noch kaum gelingen, Daß sie wird schön Wetter bringen.

Das 70. Capitel
[301] Das 70. Capitel.
Wenn ein Junggesell und eine Jungfrau mit einander ein Kind aus der Tauffe heben / oder Gevatter stehen /soll der Pfaff sich zwischen sie stellen / sonst / wo sie einander heyrathen / würde stets Uneinigkeit zwischen ihnen seyn.

Dieses ist ein Glaubens-Grund, der seinen Ursprung aus dem Mährlein-vollen Pabstthum hat, deswegen er auch bey denen Lutheranern und Reformirten am wenigsten in Acht genommen wird, es sey denn an solchen Oertern, allwo Papisten und Evangelische unter einander wohnen, da denn freylich der Aberglaube wie die Pest jedermann anstecket. Ich habe sonst zum öfftern (wiewohl ebenfalls aus einem abergläubischen Wahn) sagen hören, daß, wenn zwey ledige Personen einander lieb hätten / und würden mit einander Gevatter, so binde der Tauffstein; andere dargegen haben das contrarium behaupten wollen. Weil denn nun eines da hinaus, das andere dort hinaus will / so lässet man die abergläubischen Narren billig um die Welt herum lauffen, biß sie im Schlaraffen-Lande wieder zusammen kommen. Es habe demnach von beyden eines recht, welches wolle, so wird das Zwischentreten des Pfaffen doch keinen Grund finden. Denn wenn der Tauffstein bindet, so wäre ja besser, daß diese, die ohnedem zusammen sollen, zusammen gelassen, und nicht vom Pfaffen gleichsam [302] durch das Mittentretensepariret würden; denn was GOtt zusammen füget, soll der Herr Pater nicht scheiden. Wiewohl der Tauffstein keinesweges zur Copulation gewidmet ist, dahero ich nicht begreiffen kan, aus welche Weise derselbe binden solle. So er aber, nach derer andern ihre Meynung / löset, oder die zusammen versprochene Leute wieder trennet, oder die, welche einander lieb haben, in Feindschafft setzet, was kan denn das Mittentreten des Pfaffen hierbey verhindern? Soll es denn etwan seyn, als wenn sich ein Paar mit einander schlagen, daß ein dritter wie ein Schiedsmann sich einmenget, und will der Pfaff gleichsam der Schiedsmann seyn? so kommt mir es ungereimt vor, weil es nirgends keines Schiedsmanns braucht, als wo zwey Leure in Uneinigkeit zusammen gerathen. Hier aber, bey der Gevatterschafft / haben beyde einerley intention, nicht sich mit einander zu veruneinigen, sondern beyde zugleich, im Nahmen des Kindes, dem Teufel, und allen seinem Wesen und Wercken abzusagen, und demselbigen Krieg und ewige Feindschafft, im Nahmen des Unmündigen, anzükündigen. Fechten also beyde zugleich mit einerley Waffen wider einerley Feinde, und vor einen Herrn. Wolte aber einer hier einwenden, daß der Pfaff hier ins Mittel treten wüste, auf daß hierdurch die zukünfftige unter diesen zweyen Gevattern besorgende Uneinigkeit verhindert werde, so sage ich, daß darzu der Pfaff, und wenn es auch gleich ein Cardinal, ja der Pabst selbst wäre, viel zu unvermögend ist / durch sein blosses in [303] die Mitten treten, die zukünfftige Uneinigkeit zu verhindern. Gleichwie aber aus angezogenen Ursachen und Beweiß nicht kan dargethan werden, daß ein paar junge Leute, die mit einander Gevatter werden, und hernach einander ehlichten, um deßwillen eine unfriedliche Ehe führen würden; also mag die Mittenstellung des Pfaffen geschehen oder nicht, so bleibet doch alles, wie es GOtt zulässet, und demnach dieser papistische Glaubens-Grund erlogen.


Laßt die Pfaffen schwatzen, was sie wollen, Wir Luthraner glauben, was wir sollen. Die Papisten sind mit solchen Possen Allzeit fertig und gantz unverdrossen; Aber wir solln uns dran nicht kehren, Was sie all für albre Chosen lehren.

Das 71. Capitel
Das 71. Capitel.
Es soll einer seine Gevatterin nicht ehelichen / denn so offt sie sich ehelich vermischen / so donnerts / oder entstehet ein Gewitter.

Dieses ist ebenfalls, wie voriges, eine papistische Erfindung, dahero es kaum die Mühe verlohnet, solchem viel zu widersprechen, weil doch ein ieder vernünfftiger Mensch die albere Thorheit selbst begreiffen kan. Denn wenn es wahr wäre, so würden solche Ehe-Leute rechte Wetter-Macher seyn, die Donner und Gewitter erregen könten, wenn sie nur wolten, auch würden die Gewitter um Weyhnachten so gemeine seyn, als um den Johannis-Tag. Oder es müsten [304] sich solche Ehe-Leute den gantzen Winter hindurch der ehelichen Beywohnung enthalten. Dahero stehe ich in den Gedancken, es werde gar kein gewöhnliches Donnern und in der Lufft entstehendes Gewitter allhier verstanden, sondern nur ein solches, welches in einem Bette sich kan erregen / wenn nehmlich der Mann donnert, und die Frau blitzt, die Winde lassen sich hören / und endlich schlägts auch wohl ein; und mag sich ein ieder selbst die Auslegung machen, so gut er am besten dencket, denn ich menge mich nicht gerne mit unter.


Zwey Nebel kommen offt an einem Ort zusammen, Und das kan sich hier auch gar wohl zutragen. Wo aber Donnr und Blitz und Wetter soll herstammen, Das kan ich warlich keinem Menschen sagen.

Das 72. Capitel
Das 72. Capitel.
Wer die erste Kanne Bier aus einem Vasse bekömmt /soll geschwinde damit fortlauffen / so gehet das Bier bald heraus.

Ich habe selbst manchmahl gehöret, daß diejenigen, die Bier schencken, zu denen sagen, welche das erste Maaß Bier aus einem Vasse bekommen, sie solten fein geschwinde damit lauffen, daß das Bier fein bald alle werde; worauf sichs denn mehrmahl begiebt, daß die Mägde, die solche erste Losung gebracht, zwar die Keller-Stufsen schnell hinauf gelauffen, aber stracks vor dem Keller (zumahl, wenn ihnen ein seiner Soldate begegnet) so stutzig worden, als manch Pferd / oder gar, wie der von seiner Mutter verwünschte [305] Knabe in Freyberg, daß es vielmahl noth thäte, es würden ihnen Stühle gebracht, daß sich die guten Leute niedersetzen könten; und wird zuweilen wohl bald ein ander Vaß angezapfft, ehe Jungfer Micke mit dem nach Hauß kömmt, was sie erst aus dem vorigen Vasse bekommen. Und dennoch denckt die Bier-Schenckin, ihr Bier gehet um deßwillen schnell ab, weil die Magd mit der ersten Kanne so geschwinde damit ist heimgelauffen. Allein, wer gut Bier hat, dem gehet es auch gut ab, und wenn gleich die erste Kanne von einer Schild-Kröte oder einem Krebs hinweg getragen würde; hingegen so das Bier nichts nutzet, so gebe man gleich die erste Kanne einem, der in Begriff ist, den Staupbesen zum Thore hinaus zu tragen, mit auf die Reise, so wird es doch nichts helffen. Manche Leute haben auch wohl den Gebrauch, daß sie iedesmahl dem, der die erste Losung in ein Vaß Bier giebt, eine Kanne Bier stracks vor dem Vasse austrincken lassen; welches denn auch zum schnellen Abgang dienen soll, und manchem versoffenen Lehr-Jungen, oder auch mancher Sauff-Schwester ein gefunden Fressen ist, wenn sie das Glück haben, eben zu einem frischen Vasse zu kommen. Wie sich aber diese Meynung mit der ersten vergleichen lasse, kan ich nicht begreiffen, denn die ersten sollen schnell mit dem Biere fortlauffen / und die andern sollen dargegen stille stehen und sauffen; und das beydes soll doch gleichwohl einerley Würckung haben. Ob nun Lauffen und stille Stehen einerley sey? das wird wohl der allerklügste Bauer in dem grössesten Dorffe schwerlich ergründen. [306] Bleibt demnach wohl dabey, daß das beste Bier am besten abgehe.


Gut Geträncke geht schnell ab, mit dem schlimmen bleibt man sitzen, Ob auch lieffe noch so sehe, daß er möchte drüber schwitzen, Der die erste Kanne kriegt aus dem schlimmen; aber besser, Wenn das Bier ist gutes Schmacks, werden leer dieselben Vässer

Das 73. Capitel
Das 73. Capitel.
Man soll die kleinen Kinder nicht mit blossen Füssen auf den Tisch treten lassen / denn sie bekommen davon böse Füsse.

Ein klein Kind, das noch ins Küssen und Windeln gewickelt wird, das wird wenig auf den Tisch tantzen gehen, und tritt demnach nicht mit blossen Füßgen auf den Tisch: Ein grösseres aber, das anfängt zu lauffen, das lernet auch nicht auf dem Tische sondern auf der Erden lauffen, und solcher gestalt ist dieses wohl eine vergebliche Sorge. Jedoch trägt sichs zuweilen zu, daß die Kinder-Weiber mit denen Kindern, wenn sie sie in ein ander Kissen einbinden wollen, manchmahl ein wenig spielen, solche nackend in die Höhe heben, und sie, aus Spaß, mit denen Füßgen lassen auftreten, bey welcher Begebenheit sie es denn wohl in Acht nehmen, daß das Kind ja nicht mit denen Füßgen auf den blossen Tisch kömmt, in Besorgung, daß es alsdenn böse Füsse bekommen würde; legen demnach allezeit eine Windel oder ein Kissen unter. Nun ists zwar eben nicht übel gethan,[307] daß man ein solch zartes Kind mit seinem noch gantz knorpelichen weichen Füßgen nicht lässet auf einen harten, zuweilen auch wohl kalten steinernen Schie fer-Tisch auftreten. Daß aber eigentlich und ohnfehlbar ein Kind von solcher wenigen Auffussung auf den blossen Tisch solte böse Füsse bekommen, und hingegen eine schlechte untergelegte Windel solches verhüten könne, ist eine recht lächerliche und sehr einfältige Meynung. Denn woferne man besorget seyn will, ob würde das Kind, mit seinen noch weichen und zarten Füßgen, sich auf dem harten Tische Schaden thun, so kan eine dünne einfache Windel, welche gewöhnlich untergelegt wird, ja gantz und gar nichts austragen, und kömmt mir nicht anders für, als die eintzige Feder / welche Eulenspiegel unter seinem Kopff geleget hatte, um darauf weich zu liegen. Will man aber vorgeben / ob läge offt eines und das andere auf dem Tische / als Nadeln, Messer und dergleichen, darein ein Kind leicht treten / und sich Schaden thun könne; so will ich dargegen zu bedencken geben, ob es nicht dißfalls besser sey, man lasse das Kind auf dem blossen Tische auftreten, da man doch siehet, ob es auf etwas schädliches tritt oder nicht; als daß man die Windel unterbreite, und demnach nicht in Acht nehme, was manchmahl schädlichs darunter verborgen liegt, daß das Kind in Fuß stechen kan. Ist demnach der super-klugen Weiber ihre unzeitige Fürsorge gar weit gefehlet, weil an und für sich selbst ein reiner Tisch keine Ursach geben kan, daß ein Kind, das bloß darauf auffusset / solle um deswillen böse Füsse bekommen


[308]

Wenn die Kinder nicht mit Schaden Sonst am Füßgen sind beladen, Wird solch Treten nicht mißlingen, Das dem Kind solt Böses bringen.

Das 74. Capitel
Das 74. Capitel.
Wenn man Abends zu Bette gehet und löschet das Licht aus / soll man dasselbe ja nicht umgekehrt aus dem Leuchter stecken lassen; denn woferne sonst dieselbe Nacht Diebe ins Hauß kämen / könte niemand vom Schlaff erwachen.

Ich will zwar den übeln Gebrauch nicht billigen, den manche Leute haben, wenn sie ein Licht auslöschen, daß sie das Licht umkehren, und mit der Schnuppe in der Tillen stecken, und also kalt werden lassen, weil ich wohl begreiffen kan, was zuweilen vor Ungelegenheit daher entstehen kan, wenn nehmlich auf diese Art ein Licht ausgelöschet / und also umgekehrt ist stecken geblieben, so schmiltzt das warme Unschlit oder Talg in der Tillen um die Schnuppe oder den Dacht / und wenn es kalt wird / so gerinnet es zusammen, und steckt alsdenn das verkehrte Licht so feste in dem Leuchter, daß man es im Fall der Noth, wenn man es bey entstehenden Brande und Feuers-Gefahr, oder auch bey Einbrechung der Diebe / am geschwindesten anzünden will, nicht einmahl von Leuchter nehmen kan. Und wenn man es ja gleich mit Mühe und Noth endlich von Leuchter bringet, so kan man es doch so geschwinde nicht anzünden, weil der um die Schnuppe hangende [309] häuffige Talg verhindert, daß der Dacht so bald nicht anbrennen kan; welches denn wahrhafftig eine garstige und zuweilen grosse Gefahr verursachende Gewohnheit ist die sich billich iederman, der sie im Gebrauch hat, abgewöhnen solte. Und dieses ist also das Ubel / was ein umgekehrt Licht in der Nacht nach sich ziehen kan. Daß es aber ferner die Würckung haben solle, daß, bey Einbrechung der Diebe, die schlaffenden Leute im Hause nicht könten erwachen, so lange das Licht so umgekehrt stecket, ist ohne Zweifel ein Sonnenklarer Aberglaube. Denn ob man gleich, aus der mehrmahligen Erfahrung / so viel hat, daß zuweilen unter denen Mördern und Ertz-Dieben auch wohl solche gefunden werden, welche mit der schwartzen Kunst und Zauberey auch herum springen, und damit so viel verschaffen können, daß die in einem Hause, allwo sie einfahren, schlaffende Leute nicht erwachen mögen, biß die Diebe ihre verfluchte Erndte gehalten haben; so ist doch das auf vorbeschriebene Art umgekehrte Licht keines weges eine hierzu mitwirckende Ursach, sintemahl bekannt ist, daß dergleichen Künste sind practicirt worden an solchen Orten, allwo kein umgekehrt Licht gestanden hat. Ja es sind theils Schelme in solchen Teufels-Künsten auch wohl so erfahren, daß sie, durch des Teufels Hülffe, verschaffen können, daß die Leute im Hause, ob sie gleich alle wachen, dennoch mit offenen Augen gantz stumm und erstarret ihre Kisten und Kasten müssen eröffnen und ausleeren lassen, und können sich weder regen noch wenden / biß die Galgen-Vögel hinweg [310] sind. Welche Schelmerey ja sicherlich eine weit andere hierzu würckende Ursach haben muß / als das elende umgekehrte Licht, davon die zauberhafften Nacht-Raben vorher nichts wissen / ob dergleichen im Hause sey oder nicht.


Ein umgekehrt und ausgelöschet Licht, Verursacht zwar den harten Schlaff gar nicht, Jedoch ist solch Auslöschen auch nicht sein, Weil es auf manchen Fall kan schädlich seyn.

Das 75. Capitel
Das 75. Capitel.
Ein Knäblein / das gebohren wird / wenn Venus Morgen-Stern ist / bekömmt ein viel jünger Weib /als er ist; ist aber Venus Abend-Stern / so bekömmt er ein älter Weib / als er ist / mit einem gebohrnen Mägdlein ist es aber das Gegenspiel.

Daß der Stern oder Planet, welcher von denen abgöttischen Heyden ist mit dem Huren-Nahmen Venus benennet worden, solle einige Würckung bey denen Menschen haben, in ihrem Ehestande, oder in allen solchen Begebenheiten / was zur Ehe gezehlet werden mag, das lasse ich diejenigen glauben, welche viel auf Fabeln und Träume achten: Ich aber glaube, daß dieser Stern auch wohl an statt, daß er Venus heist, könte einen gantz andern Nahmen, welcher dem Nahmen Veneris gantz contrair wäre, mit eben dem Rechte haben / als ob er so viel hundert Jahr / aus angenommener abergläubischen Gewohnheit, [311] hat Venus geheissen. Denn von der Schöpffung an hat er diesen Nahmen nicht gehabt; so hat man ihn auch vom Anfang dergleichen närrische Würckung nicht zugeschrieben, als biß zu der Zeit, da sich die abgöttischen Heyden haben unterstanden, die Planeten und ansehnlichsten Himmels-Lichter mit denen Nahmen ihrer Abgötter zu bemercken, wodurch sie zugleich Gelegenheit genommen haben, das einfältige Volck zu bereden, ob wären ihre Götter mit unter die Zahl der Sternen gekommen. Nun kan ein vernünfftiger Mensch hieraus leicht schliessen, ob denen Sternen durch solche Benennung hat einige qualität derer Creaturen, davon sie benennet worden, mitgetheilet werden können. Ich meines Orts kan es so wenig glauben, als wenn man wolte fürgeben, so man einen Krebs mit dem Nahmen Blitz benennete, so bekäme er die Eigenschafft so schnell fortzufahren, als der Blitz. Damit ich aber nicht zu weit von meinem Zweck abweiche, so komme ich wieder auf das Fürgeben, wenn geglaubet wird, ob würcke der Stern Venus anders zu der Zeit, da er Morgen-Stern sey, als da er Abend-Stern ist. Worgegen ich kurtz und rund heraus sage, solche Meynung sey falsch und erlogen. Und zwar verstehe ich hier nur seine Würckung, die ihm bey denen Menschen zu haben zugeschrieben werden will; denn ausser dem weiß ich gar wohl, daß ein Unterscheid zu machen sey unter dem Auf- und Untergange, und unter dem Stande der Planeten, welche dienen zu Zeiten, Zeichen, Tagen und Jahren; wiewohl hierbey [312] auch noch limitationes genug zu machen sind, in Erwegung, daß, was ein Planete gleich in hiesigen Landen nicht zu würcken scheinet, so thut er es doch in einem andern Lande; zum Exempel, wenn es bey uns Winter ist, so ist es in denen mittägigen Ländern Sommer, und wenn wir Sommer haben, so haben jene Winter; wenn die Sonne bey uns aufgehet / so gehet sie unsern Antipodibus unter, und ist also auf der eintzigen Erd-Kugel ohn Unterlaß Abend, Morgen, Mittag und Mitternacht, Sommer, Winter, Herbst und Frühling, und ist nur der Ort zu unterscheiden. Welche Betrachtungen feine Anleitung geben können, zu bedencken, wie daß bey GOtt, als welcher dieses alles regieret, kein Unterscheid der Zeit, ja weder Anfang noch Ende, sondern lauter stetswährende Ewigkeit sey. Was nun hier vom Auf- und Untergang der Sonnen gesagt worden, das ist von andern Planeten auch zu verstehen. Wenn demnach Venus uns aufgehend ist / so gehet er unsern Antipodibus unter, und so fort; und mag er gleich Abend-Stern heissen, so hat er ja am Morgen eben auch am Himmel gestanden, wie zu Abend und so fort. Ober nun ein Jahr hinter oder vor der Sonnen herwandert, wird er in seiner Würckung gegen die Menschen keine Veränderung machen, und sonderlich auf eine so albre Weise, daß er in einem Menschen so / in einem andern anders würcken solle; und kommt so thöricht heraus, als ob einer vorgeben wolte, die Sonne erwärmet die Knäblein, macht aber die Mägdlein frostig und kalt, und zwar zu einer [313] Zeit. Dahero ja Venus nicht bey denen Knäblein anders, als bey denen Mägdlein, wird würcken können, sonst müste weiter folgen, daß dasjenige, was ein Knäblein sättigte, ein Mägdlein dargegen hungrig machte. Ferner möchten doch die Planeten-Leser bedencken, daß offt wohl Leute einander heyrathen, welche in einem Alter stegen; welches ja Sonnen-klar beweiset, daß dieser vorhabende Aberglauben erlogen seyn müsse, sonst würde sich nimmermehr dergleichen Heyrath begeben können. Endlich ist es auch nichts neues, daß ein Mann, der zur Zeit / als Venus Morgen-Stern gewesen, gebohren ist, ein alt Weib heyrathet. Oder es trägt sich zu, daß einer ein Weib bekömmt, welches zu einer Zeit gebohren, da Venus Abend-Stern gewesen, da er doch gebohren, da Venus Morgen-Stern war, und so fort: Welches ja alles Dinge sind, die schnurstracks der Planeten-Leser ihre principia übern Haussen werffen. Ja es könten diese chosen gar leichte weitläufftiger widerleget werden, wenn man sich nicht der Kürtze zu bedienen hätte. Ich hoffe aber, daß, wer ein klein Füncklein gesunder Vernunfft noch besitzet, wird selbst begreiffen, was Fabeln oder Wahrheit sey.


Wenn man die Planeten Machet zu Propheten, So wird man betrogen; Denn es ist erlogen, Was Paneten-Leser sagen, Das sich künfftig soll zutragen.

Das 76. Capitel
[314] Das 76. Capitel.
Wer von der Mahlzeit gehet / soll das Brodt / davon er gegessen hat / nicht lassen liegen; denn wenn es ein anderer über einen Galgen wirfft / so kan der / der davon gegessen hat / dem Galgen nicht entgehen.

Wenn dieses verteufelte Vorgeben nicht so gar bekannt wäre, würde ich Bedencken getragen haben, es mit in die Zahl anderer abergläubischen Laster so öffentlich zu setzen; sintemahl kaum etwas grausamers mag erdacht werden können, als dieses verfluchte Unternehmen. Wiewohl ich nun zwar gäntzlich zweifele, daß es also erfolge, wie vorgegeben wird; so wird sich doch einer auch kaum einbilden können, daß / ob es auch gleich eintreffen solte, sich auch unter Christen-Menschen einer finden möchte, der diese Kunst und verfluchtes Unternehmen zu practiciren sich unterstehen werde, weil es ein Beginnen ist, das kein ander Mensch sich unterfangen wird, als der sich mit Leib und Seele dem Teufel ergeben, und in seinem Reich zu dienen versprochen hätte; ja ich achte davor, daß ein solcher Bösewicht so durchteufelt seyn müste, daß er nicht einmahl ins Reich GOttes verlangen noch begehren könne. Allein ich setze dem Fall, daß dieses Teufels-Werck wahr sey, und sich auch solche verfluchte Creaturen unter denen Menschen befänden, die es ins Werck setzten, so ist ja keinem rechtschaffenen Christen unbekannt, [315] daß GOtt seine gläubigen Kinder vor allen Stricken des Teufels und seiner Diener mächtig beschützet und behütet, ja des Teufels Anschläge so zu nichte machet, daß er unter tausenden nicht eines, ohne GOttes Verhängniß, auszuführen vermag. Ergo, so kan auch ein von des Teufels Werckzeug über einem Galgen geworffenes Bißgen Brodt nicht würcken, daß der, welcher vorher davon gegessen hat, müsse unumgänglich an Galgen kommen. Wer an Galgen gehenckt wird, der muß es verdienet haben, (denn ohne Ursach wird keiner gehenckt /) so es einer aber verdienet hat, so ist ja er selbst Schuld daran, und nicht das Brodt, ob es auch gleich hundert mahl wäre übern Galgen geworffen worden. Ist demnach erstlich an der Sache nichts wahr. Zum andern habe ich noch von keinem eintzigen Exempel gehöret, daß eines wäre unumgänglich, aus erwehnter Ursach, dem Galgen zu Theile worden. Drittens ist bekannt, daß täglich viel tausend vornehme Herren und Standes-Personen, bey denen Mahlzeiten und Gastereyen, ohne einig Bedencken, ihr Brodt liegen lassen / ohne sich des Galgens deswegen zu befahren. Wenn demnach etwas an der Sache wäre, so würden sich weder Könige noch Fürsten und andere grosse Herren schämen, ihr übergeblieben Brodt nach der Mahlzeit zu sich zu stecken, weil doch bekannter massen solche grosse Herren viel tausend mahl mehr gewaltge Feinde, die ihnen mit Gifft und andern Dingen nach Leib und Leben stehen, haben, als eine gemeine privat-Person. [316] Dannenhero ist aus diesem allen zu schliessen, daß an der gantzen Sache nichts wahr seyn muß.


Hüt' dich für der Dieberey, und für andern Buben-Stücken, So bleibst du gewißlich frey von den bösen Galgen-Stricken. Nichts kan dir was Schaden thun, als was GOtt beschlossen hat. Drum halt du dich nur an ihm, und trau seinem Schutz und Rath!

Das 77. Capitel
Das 77. Capitel.
Einen Holunder-Strauch vor eine Stall-Thür gepflantzt / bewahret das Vieh vor Zauberey.

Wer dieses practiciret, überhebet dem lieben GOtt einer grossen Mühe; scil. denn wenn der Holunder das Vieh für dem Teufel bewahret, darff es GOtt nicht thun. Ja möchten manche sagen / GOtt hilfft durch natürliche Mittel, als wie durch die Leber des Fisches, davon im Büchlein Tobia zu lesen ist. Dem aber dienet zur Antwort: Daß in der gantzen H. Schrifft ja nicht ein eintziges Exempel zu finden sey woraus zu erweisen wäre, daß man durch dergleichen Dinge Schutz wider den Teufel, oder wider Zauberey erlangen könne; sondern es wird vielmehr an allen Orten H. Schrifft gelehret, wie ein Mensch eintzig und allein seine Hoffnung und Vertrauen auf GOtt und seine Hülffe setzen solle, und auf nichts anders. Denn was das [317] Exempel im Büchlein Tobiä anlanget, so ist solches nicht so wohl für ein Exempel und Geschichte, als vielmehr für ein Lehr-reiches Gedichte anzunehmen / sintemahl Lutherus es selbst nur für eine kluge Fabel hält. Ich setze aber den Fall, das es eine wahre Geschicht sey, so ist damit noch lange nicht erwiesen, daß wenn man diß oder das thue, so sey man für Zau berey bewahret. Denn, wenn man die Begebenheit mit dem jungen Tobia überleget, so wird man befinden /daß nicht so wohl der Rauch von der Fisch-Leber den Mord-Geist aus des Tobiä Braut-Kammer vertrieben habe, als vielmehr Tobiä u. seiner Braut ihr andächtiges und gläubiges Gebet und Vertrauen zu GOtt. Daß aber Tobias auch die Leber auf Kohlen geworffen hat, u. damit geräuchert, ist auf des Engels Rath geschehen, welchen Tobias, als einen treuen Gefehrten, schon wird erkannt haben, daß er ihm nichts rathen werde / das wider GOttes Ehre lauffe. Hat demnach die geistlichen Mittel denen leiblichen fürgezogen, aber doch auch das letzte auch nicht verworffen, weil er es in Befehl hatte zu thun. Wo stehet aber geschrieben, daß man solle Holunder für die Vieh-Ställe pflantzen, um dadurch dem Viehe Schutz wider die Hexen zu verschaffen? in GOttes Wort wirds niemand finden / aber wohl in der alten Weiber Philosophie, welche sicherlich nicht GOttes Wort, sondern des Teufels Schrifften heissen möchte. Zu dem, so habe ich nach nicht gehöret, daß einer, der um oberwehnten Ursach willen einen Holunder für seinem Stall gepflantzet [318] hat, vorher sein gläubig Gebet zu Gott gethan hätte, daß Gott ihn und sein Vieh vor allem Unglück und Zauberey behüten wolle, so lange dieser Holunder da stehen werde; sondern es wird vielmehr GOttes gantz vergessen, und verlassen sich auf den elenden Holunder, den doch weder der Teufel noch die Zauberer etwas achten, ob er sich gleich stellet, als ob er sich davor fürchtete. Denn eben darum, daß nur die Leute in ihren Aberglauben gestärcket werden mögen, hält der Satan innen, denenjenigen Schaden zu thun, die solche unnütze Mittel gebrauchen, und stellet sich, als ob er eine gewaltige Furcht vor diesen Dingen trüge; er bekömmt aber, auf solche liestige Art, die meisten Menschen in seine Gewalt, also, daß mancher unbedachter und in Aberglauben ersoffene Narr zuletzt selbst nicht weiß, welcher Teufel ihn eigendlich geschoren habe.


Satan hält ja den Holunder Nur vor einen schlechten Plunder, Da er sich doch kan so stellen, Als ob er und seine Gesellen Sich von solchen kahlen Sträuchen Müste lassen wegverscheuchen, Da er desto eher doch raubet Dessen Seel, der dieses glaubet.

Das 78. Capitel
Das 78. Capitel.
Wer eine Schnure bey sich trägt / womit ein Bruchschneider einen geschnittenen Bruch verbunden gehabt / der mag eine Last heben / so schwer er will /so wird er sich nicht zerheben.

[319] Dieses ist nichts anders als ein Spitzbuben-Streich, oder eine spitzbübische Betrügerey. Wenn zu weilen ein Bruchschneider, der hier und dort an jungen und alten gebrochenen Personen seine operation verrichtet, solche Gewissen-losse Betrüger zu Dienern und Handlangern hat, welche bey geschnittenen Brüchen /nach abgefallener Schnure oder Bande, solche zu sich nehmen, und sich damit zu Mühl-Knechten, Zimmerleuten, Mäurern und dergleichen Leuten, die schwere Last heben müssen, machen, und dieselben beschwatzen, daß wer eine Schnure, womit ein geheileter Bruch gebunden gewesen sey / bey sich trüge, der könne sich nicht zerheben; verkauffen demnach einen solchen nichts-werthen Dreck, den sie von Rechtswegen ins Feuer schmeissen solten, vor 1. 2. Thaler, dergleichen ich selbst gesehen. Und dieses heißt alsdenn nicht dem andern sein Geld aus dem Beutel gestohlen, denn er hats ihm selbst gegeben. Aber da mag es wohl heissen: Die Welt will betrogen seyn! ja wahrhäfftig betrogen genug / so wohl an der Nahrung und zeitlichen Vermögen, als auch an der Seelen. Denn das ist gewiß, daß mancher einfältiger Mühl-Knecht, Zimmer- oder Mäurer-Geselle se nicht allein sein bißgen Verdienst und Tage- oder Wochen-Lohn einem solchen Betrüger vor den stinckenden Qvarck giebt, sondern setzet auch noch sein gantzes Vertrauen darauf, daß er nun heben möge, wie er wolle, ohne Besorgung eines Schadens, und es geschicht auch wohl manchem kein Schade, iedoch nicht um des bey sich habenden[320] Bandes, sondern um des darauf gesetzten nichtigen Vertrauens willen; und damit der Betrug möge weiterrecommendiret werden, so hilfft der Teufel seinen Leuten heben und tragen, biß endlich ein einfältig alber Schaaf betrogen wird, daß sich dermassen zerhebet, daß es entwedie Erde darüber kauen muß, oder doch Zeit seines Lebens ein Krüpel bleiben. Hieran hat der Teufel seine gröste Freude, und lachet hernach einen solchen armen betrogenen Menschen, so zu reden, noch ins Fäustgen aus.


Spitzbübische Betrügerey, Qvacksalberische Dieberey Und abergläubsche Teufeley Ist alles dreyes einerley. Das Band, das sie vom Bruche reissen, Und womit sie die Leut' bereissen Das solten sie ins Feuer schmeissen, Drum mag man sie wohl Diebe heissen.

Das 79. Capitel
Das 79. Capitel.
Wenn man ein Stück Holtz von einem aus der Erde gegrabenen Sarge ins Kraut steckt / so kommen keine Raupen hinein.

Wenn ein solch Stückgen Holtz das Kraut für denen Raupen bewahrete, so würde es viel eher die todten Cörper für Maden und Würmer bewahren können, weil solche in denen Särgen verschlossen und damit umgeben sind. Da aber im contrario die todten Cörper vielmehr denen Würmern zur Speise werden, so will mir [321] das Mittel nicht in Kopff, ob solte ein Splitter von einem Sarge die Raupen aus dem Kraute vertreiben; und glaube vielmehr, daß dieses nur eine zweydeutige Redens-Art sey, dergleichen vor etlichen Jahren ein muthwilliger Soldat verübte. Nehmlich, der Soldate hatte offt unter einem Thore in der Stadt, allwo er damahls in Qvartier lag, die Wache, und wenn die Wach-Stunden nicht an ihm waren, setzte er sich unter das Thor, und machte von Binsen kleine Fisch-Reusen, und verkauffte solche. Es gieng aber ein Bauer zum öfftern durch dieses Thor, und sahe den Soldaten solche Fisch-Reusen machen, wuste aber nicht, worzu man sie brauchte, fragte derhalben, worzu er so viel solche Körbgen machte? Der Soldate sagte: Seyd ihr ein Bauer und wisset das nicht, so habt ihr gewiß kein Kraut. Der Bauer fragte: Warum Kraut? ich habe Kraut gnung. Der Soldate fragte ferner: Ob ihm denn keine Haasen in sein Kraut kämen; ach ja, antwortete der Bauer / sie thun mir Schuden gnung darinnen. Der Soldate sagte: Ey nun, warum kaufft ihr denn keine solche Körbgen? hole mich der Böse, wenn man 3. solche Körbgen ins Kraut steckt, so kömmt kein Haase hinein. Der Bauer zog demnach alsobald seinen Beutel hervor, und kauffte dem Soldatē etliche solche Fisch-Reußgen theuer genung ab, und steckte sie ins Kraut, nicht bedenckend, daß der Soldate ihn genarret hätte. Denn freylich konte der Soldat schweren, daß kein Haase in die Reusen kommen werde, er schwur aber nicht, als ob auch keiner ins Kraut kommen [322] werde, wie es doch der Bauer verstand. Auf diese Weise mag es auch wohl mit dem Holtze vom Sarge seyn, denn ins Holtz kömmt auch keine Raupe / aber wohl ins Kraut. Es sey demnach wie ihm wolle, so läufft die Sache auf eine Thorheit und nichtigen Aberglauben hinaus, davor sich verständige Leute hüten sollen.


Versuchs, ob du mit solchen Qvarge, Ich meyn' das Holtz von einem Sarge, Wirst können eine Raup' vertreiben, Du wirsts wohl müssen lassen bleiben.

Das 80. Capitel
Das 80. Capitel.
Am Fastnachts-Tage soll man keine Suppe essen / es trifft einem sonst hernach stets die Nase.

Niemanden triefft die Nase mehr, als denen alten Weibern, die keine Zähne mehr in Munde haben, damit sie etwas hartes beissen können, und dahero lauter Brey und Suppen essen müssen. Wenn sie denn in ihren Hospitälern einen Fastnachts-Schmauß anstellen, so bestehet solcher gemeiniglich in einer Bier Wasser-Erbs-Habergrütz-Kosend- oder anderer Suppe zum Vor-Gerichte, und ihr Braten ist ein Wasser-Brey mit brauner Butter betreiffelt, und mit Zwiebeln gespickt: Oder, wenns hoch kömmt, so ists ein Eyer-Kuchen, und ein Brey zum Zugemüse. Woferne nun die lieben Mütterlein sich an Fastnacht solcher Speise enthalten wolten, so würden sie gewiß aus Fastnacht einen Fast-Tag [323] machen und Hunger leiden müssen, welches ihnen aber schwer fallen würde. Demnach kehren sie sich an nichts / und verzehren ihre Suppen in Frölichkeit, thun auch wohl ein gut Freuden-Trinckgen darzu, und wollen denen Schuh-Knechten und Böttger-Gesellen in Frölichkeit nichts nachgeben, obgleich diese, an statt der Suppen, mit fetten Brat-Würsten sich ergötzen. Wenn alsdenn der Fastnachts-Tag vorbey ist, so sind denen Handwercks-Purschen ihre Gurgeln von denen gesaltzenen und gewürtzten Würsten gantz dürre: Hingegen trieffen denen alten Weibern die Nasen von der überflüßig eingeschluckten feuchten Speise und Trancke. Und also mag vielleicht mancher seyn auf die Meynung gerathen, ob verursachte das Suppenessen auf Fastnacht, daß einem die Nase tröffe. Allein, wer auf Fastnacht eine gute warme Suppe zu essen hat / der esse solche nur ohne Sorge, er wird weder den Schimpffen noch eine trieffende Nase hiervon bekommen.


Wer sich besorgt, daß er den Schnuppen Bekömmt, wenn er an Fastnacht Suppen Gegessen hat und ihm die Nase Deswegen tröff, der ist ein Haase.

Das 81. Capitel
Das 81. Capitel.
Wenn man am Nicasii Heil. Abend den NahmenNicasius mit Kreide an die Thüren schreibt / so werden solche Logiamenter frey von Mäusen seyn.

[324] Wenn Nicasius ein Mäuse-Fallenmacher hiesse oder gewesen wäre / so solte wohl mancher gedencken, die Mäuse fürchteten sich für seinem Nahmen. Allein so heist meines Behalts Nicasius ein Uberwinder des Volcks / nicht aber der Mäuse. Zum andern, so können ja die Mäuse nicht lesen, ob Nicasius oder Clauß Narr angeschrieben stehet. Drittens / so laufft die Sache wider die gesunde Vernunfft, und ist nicht möglich, daß ein blosser angeschriebener Nahme die Krafft haben könne, Mäuse zu vertreiben. Denn was kan es fruchten, ob mit Kreide so oder anders an eine Thür geschmieret wird? Es ist eine todte Schrifft und nichts mehr bestehend in etlichen toden Buchstabē, davor sich weder ein guter noch böser Geist fürchten, vielweniger unvernünfftige Creaturen daran kehren werden. Wenn es aber ja geschicht, daß auf solch Anschreiben die Mäuse weichen, so mag man sicherlich glauben / daß der Teufel mit im Spiele sey, denn es gefällt den Bösewicht gar zu wohl, wenn er die Menschen in Aberglauben und Zauber-Possen verstärcken kan, daß sie ihr Vertrauen auf etwas setzen / das doch nichts ist. Und obgleich zuweilen eine Sache scheinet, als sey es auf keine Wege wider GOtt und seine Gebote, und könne mit gutem Gewissen gar wohl fürgenommen werden, so ist doch gemeiniglich eine solche Sache die allergefährlichste, und nicht anders als ein verdeckter Fall-Strick eines Vogelstellers / damit die Vögel unvermuthet berücket werden. Also machts der Teufel auch / wenn er denen Menschen allerhand[325] wider die gesunde Vernunfft streitende Hülffs-Mittel so fein zu recommendiren weiß / daß man nicht anders meynet, als wenn es ja nicht hilfft, so schadet es auch nicht; so es aber hülffe, so wäre es desto besser, und wären lauter Mittel, die Gott selbst, denen Menschen zu gute, in die Natur geleget hätte. Aber ehe sichs der Mensch versiehet, bringt der Satan wieder etwas auf die Bahn, dabey der Mensch sich in noch mehr Fall-Stricke versitzt, ohne etwas davon zu mercken, biß der Satan seine Zeit ersiehet / und entweder den Menschen in Verzweifelung stürtzt, oder in dieser Schule also fort studiren lässet, biß er endlich von nichts anders, als solchen Künsten weiß, auch andere auch darzu in solchen Teuffels-Possen informiren kan; und wer noch ein Fünckgen eines Christlichen Gewissens heget, und nicht stracks in solchen bösen Mitteln folgen will, mit Vorgebung, daß es wider GOtt lauffe, da darff ein solcher Satans-Diener und Teuffels-Præceptor wohl ungescheuet sagen: Narr! wenn man nicht verderben will, so muß man dem Teufel zwey Lichter aufstecken, und unserm HErrn GOtt nur eines. Und dieses verfluchte Sprichwort ist leider! gar gemein. Man bedencke nur, wie eine schlechte Sache es zu seyn scheinet / wenn man mit Kreyde den Nahmen Nicasius an die Thür schreibet, zumahl, da nichts darzu gesprochen wird. Wenn nun hierdurch die Mäuse können vertrieben werden / so könte man es ja leichte thun; aber nein, mein Freund, es steckt eine andere Schelmerey darhinter. Wenn man [326] in des Teufels Schule gehen will, so ist dieses und dergleichen schlecht anzusehende Kunst-Stückgen gleichsam das A oder Anfang zum Teufels-Künsten. Wer nun anhebt, und das A lernet, der lernet das B bald auch, und folgends das gantze A B C, biß auf Z. Damit ich aber nicht zu weit gehe / so rathe ich denen abergläubischen Mäuse-Vertreibern, welche den Nahmen Nicasius an ihre Thüren schreiben, daß sie den hin und her gesetzten Gifft, und viele aufgestellte Mäuse-Fallen, auch die guten Katzen, eine Zeitlang wegthun wollen, so wird sichs bald äusern, was die Mäuse vertreibt.


Wenn du die Mäuse kanst mit einer blossen Schrifft Vertreiben, was soll denn der böse Ratten-Gifft? Weil aber gleichwohl doch man noch den Gifft offt braucht, So hat es die Gestalt, als ob die Schrifft nichts taugt.

Das 82. Capitel
Das 82. Capitel.
Wenn ein Fuhrmann eine Otter- oder Schlangen Zunge in seine Peitsche flichtet / so werden seine Pferde / ohne Schaden / die grössesten Lasten aus einem Graben ziehen / und sich auch nicht übersauffen.

Dieses ist eben auch ein solch schönes Kunst-Stücklein, wie das vorige / oder ein Buchstabe aus des Teufels A B C. Mancher Fuhrmann giebt viel Geld vor eine elende Otter- oder Schlangen-Zunge, und glaubt so gewiß daran, [327] daß es seinen Pferden helffe, wenn er solche in der Peitschen habe; wenn die Pferde sauffen, und er hält die Peitsche über sie, so glaubt er, daß sie sich nicht übersauffen können. Und also trauet er der Otter-Zunge mehr zu, als seiner eignen Vor- und Aufsicht. Und weil hiermit dem Teufel ein Dienst geschicht, so hilfft er zuweilen verhüten, daß wider des Fuhrmanns Meynung nichts geschehen darff; und solcher gestalt stärckt er nicht alleine diesen Fuhrmann in seinem Aberglauben, sondern es dienet ihm auch darzu, daß andere Fuhr-Leute mehr sich dieser abgöttischen Kunst alsdenn bedienen. Unterdessen siehet der Teufel schon eine andere Gelegenheit, wie er solchen abergläubischen Fuhrleuten in anderer Gestalt eine Grube bereite, und ihnen noch ein viel grösser Unglück zurichte, als das gewesen wäre / daß er, dem Ansehen nach, durch die Otter-Zunge hat verhüten helffen, welches aber ein wüster Fuhrmann, der Sonn-und Werckel-Tages auf der Strassen lieget, und in einem Viertel-Jahr keine Predigt höret, nicht überleget noch bedencket. Denn was würde einer vor Nutzen davon haben, wenn das Pferd durch des Teufels Hülffe heute wäre erhalten worden, daß sichs nicht übersoffen hätte / morgen aber brächte es der Teufel dahin, daß es ein Bein zerbräche? denn vor das Beinbrechen hilfft die Otter-Zunge nicht. Vorher im 78. Capitel, p. 319. habe ich eben dergleichen Thorheit, wie diese, untersucht, wenn nehmlich einige Betrüger und Spitzbuben einfältige Leute überreden, und die stinckende Schnuren, so [328] von denen geschnittenen Brüchen abgefallen sind, theuer verkauffen, unter dem Fürwand, ob könne man sich nicht zuheben, wenn man solche Schnuren bey sich trüge. Wenn ich diesen ietzt vorhabenden Punct seinem Ursprung nach betrachte, so kömmt solcher ebenfalls, wie jener, von spitzbübischen Betrügern her, nehmlich, wenn mancher sauberer Schlangen-Fänger (dergleichen sich offt auch unter denen Dienern derer Aertzte und Bruch-Schneider befinden) die Schlangen-Zungen zu nichts zu gebrauchen gewust, hat er / durch des Teufels Eingeben, auf diesen Fund gesonnen / und die Fuhr-Leute beschwatzt, ob hätten gedachte Zungen diese und jene Würckung. Gleichwie nun aber gemeiniglich ein Spitzbube bey solchen rohen Fuhr-Leuten mehr Glauben findet, als ein Prediger GOttes Worts; so menget sich denn der Teufel bald ein, und lässet, dem Ansehen nach, solche Possen etliche mahl gelingen, biß er es so weit dämit bringet, daß der Sache völliger Glaube beygemessen wird; und also hat er gewonnen, leichtgläubige Leute aber sind verführet und betrogen.


Ey! muß nicht der Teufel lachen, Daß der Mensch so böse Sachen Sich doch will zu Nutze machen: Die verfluchten Schlangen Zungen, Womit Eva ward bezwungen / Werden übers Pferd geschwungen, Wenn der Fuhrmann auf dem Lande Steckt in einem schlechten Stande, Soll diß helffen; Pfuy! o Schande!

Das 83. Capite
[329] Das 83. Capitel.
Am St. Peters-Tage soll man denen Hünern Nester machen / so legen sie viel Eyer.

Ratione des heiligen Apostels Petri kan es wohl nicht seyn, denn derselbige hat zwar mit der Fischerey wohl wissen umzugehen, aber das habe ich noch nicht gehört noch gelesen, daß er etwan auch ein guter Hüner-Voigt gewesen Und so er es auch gewesen wäre, so könte doch dieses nicht helffen / daß die Nester, welche am Peters-Tage denen Hünern gemacht werden, solche Krafft erlangeten, daß die Hüner mehr Eyer legen müsten, als sie sonst thäten. Ich überlasse den Beweiß solcher närrischen Kunst denen, die diese Lügen ersonnen haben, weil ich auf keine Art begreiffen kan, wie sie doch auf diese Thorheit müssen gerathen seyn? da doch bekannt ist, daß der Tag Petri mitten im Sommer gefällig ist, da die meisten Hüner aufhören zu legen, und hingegen anfangen zu glucken und Junge auszubrüten. Wenn es etwan ein in der Fasten-Zeit gefälliger Tag wäre, so möchte das Vorgeben seine gewisse rationes finden, weil zu solcher Zeit die Hüner anfangen zu legen, auch dieses wohl eine gute Gelegenheit zu fleißigen Legen machet, wenn nehmlich denen Hünern gewisse Nester ge macht werden; denn wo sie offt verstöbert oder die Nester verrissen werden, legen sie hernach nicht fleissig. Weiß ich demnach nicht, woher es kommen [330] soll, daß die am Peters-Tage gemachte Hüner-Nester die Hüner zu solcher ungewöhnlichen Zeit sollen starck-legend machen. Und kömmt so thöricht heraus, als wenn einer glauben wolte, daß, wenn man am Tage St. Thomä die Wochen-Betten aufschlüge und zurechte machte, so bekämen die Weiber und Mägde viel Kinder, weil Thomas ein Zwilling gewesen. Kurtz von der Sache zu reden / so ist es ein verkehrter, närrischer, unbesonnener alberer Aberglaube.


Mach dit Nester, wie du wilt, die Zeit ist nun vorbey, Ja, vielmehr machen ietzt die Büchlein ein Geschrey. Die Eyer werden faul, die Hüner brüten nun, Du magst nun was du wilt mit denen Nestern thun.

Das 84. Capitel
Das 84. Capitel.
Ein schwanger Weib / das Gevatter wird / soll ja nicht das Kind selbst aus der Tauffe heben.

Fragst du, warum? so wird der alten Weiber Philosophie dir antworten? Wenn ein schwangeres Weib ein Kind selbst aus der Tauffe hübe, so würde entweder das Kind das getaufft worden, oder ihr eigenes, das bald solte gebohren werden, bald sterben. Wenn aber die gauckelhafftigen Damens solten eine Ursach anzeigen, warum eines von beyden Kindern sterben müste? so würden sie ohne Zweifel verstummen. Oder wenn ja eine Antwort gefiel, würde sie ohne Zweifel von folgender Gattung seyn, nehmlich: Sie hätten ihr Lebtage gehöret, es sey nicht gut, wenn eine schwangere Frau ein Kind in der [331] Tauffe hübe, und daß von denen zwey Kindern, eines sterben müste, und dieses ist also ihr gantzer Beweiß; welches aber nicht anders heraus kömmt, als wie mit jenem verwegenen thummkühnen fürwitzigen Kerl, der sich stets an hohen und vornehmen Orten aufhielte / und seinen verwegenen Rath unter vornehmer Herrn Räthe ihre Consilia mit untermischte, als wie geräuchert Rind-Fleisch unter den orientalischen Saffran. Wenn denn dieser verwegene Kerl seinen Rath eröffnete, so pflegte er sich gemeiniglich nach dessen seiner Meynung zu richten, der die grösseste Autorität hatte, und fieng an zusagen: Das muß so und so seyn; oder auch Das gehet so nicht an! Wenn er alsdenn gefraget wurde, warum es nicht angienge? so war seine Antwort: Es gehet, GOtt straff mich, nicht an! Auf andermahliges Befragen, aus was Ursachen es nicht angehen solte? nahm er seine Schnupff-Tobacks-Dose, und schnupffete ein Pfötgen Tobac, gieng ein wenig bey Seite und sagte: Es gehet, der Böse hole mich / nicht an! Und das waren seine rationes alle, sammt seiner gantzen Weißheit. Auf eben einen solchen Grund sind aller abergläubischen Rathgeberinnen ihre rationes und Beweisse auch gebauet; dahero leichte zu ermessen ist, was davon zu halten sey. Es kan sich ja gantz leichte zutragen, daß, wenn eine schwangere Frau Gevatter wird, ob sie auch gleich, um ietzt-angezogenen Aberglaubens wegen, das Kind nicht selbst aus der Tauffe hübe, dennoch entweder ihr Pathgen, oder ihr eigen Kind, nach der [332] Geburth, stirbt, oder auch wohl alle beyde; welches gar nichts neues wäre. Ich frage, ob solche abergläubische Affen bey solcher Begebenheit nicht selbst würden müssen bekennen, daß ihre unzeitige Fürsorge wäre vergeblich gewesen? Ferner ist bekannt / daß kein schwanger Weib einiges Bedencken drüber machet, wenn sie gleich zehen Kinder nach einander auf ihre Arme und Hände fassete, es möchte seyn in Häusern / auf der Gassen, oder auch gar in der Kiche, die Kinder möchten auch ihr eigen oder andern Leuten seyn. Warum soll aber denn nun die heilige Handlung bey der Tauffe den Tod eines Kindes verursachen, so das Werck durch eine Schwangere verrichtet wird? Die Tauffe ist mit dem Worte GOttes ein Gnaden-reich Wasser des Lebens; aber nach der alten Weiber Regul würde es, solcher gestalt, durch ein schwangeres Weib verkehret, daß sie ein Bad des Todes wäre. Aber was verkehrt seyn will / das mag auf seine Gefahr auch verkehrt bleiben; genung / daß ein schwanger Weib, die gesund ist, ohne eintzige Gefahr ein Kind aus der Tauffe heben mag. Denn es ist eine Christliche und GOtt-wohlgefällige Verrichtung, die den Tod auf keine Weise befördern kan. Stirbt ja ein Kind, so ists nichts seltsames, und kan die Ursach keines weges daher rühren /sondern es bleibt dabey: Es leben oder sterben die Kinder / so leben oder sterben sie dem HErrn, oder nach dem Rathschluß GOttes; denn GOtt hat ja einem ieden Menschen sein Ziel gesetzt zu sterben, welches er nicht wird übergeben können. [333] Wer aber diesem fürhabenden Puncte glaubet, der verkleinert GOttes Gerichte und Rathschluß, als ob ein Kind, das entweder noch in seiner Mutter verborgen gelegen, oder das von einer schwangern Pathe aus der Tauffe gehoben worden, um solcher heiligen Verrichtung willen eher sterben müsse / als GOtt gewolt. Aber es bleibt wohl bey dem wahren Sprichwort: Was GOtt will erqvicken, kan niemand ersticken.


Drum glaub der Thorheit nicht, Verrichte du das Deine mit wahrer Zuversicht, Und trau nur GOtt alleine, Der wird bey deinem Kinde und auch bey jenem seyn, Daß beyderseits kein Leid, Viel weniger das Sterben, erfolge vor der Zeit.

Das 85. Capitel
Das 85. Capitel.
Wenn einem Frühmorgens zu erst eine reine Jungfrau oder ein Priester begegnet / so bedeutets Unglück; aber eine Hure bedeutet Glück.

Wer zwey Augen hat, und hat lesen und schreiben gelernet, der wird ohne Brille sehen können, welches Geistes Kinder diejenigen sind, welche solche Thorheit glauben. Sie belieben das Huren-Glück, das mögen sie auch behalten, sammt derer Huren Ehre. Wie wohl zwar manche Leute sich weder an Ehre noch Schande kehren, wenn sie nur in dem vermeynten Glücke bleiben, es gehe darneben so schändlich zu, als es wolle. Und gemahnen mich solche Leute nicht anders, als wie vor diesem eine Weibs-Person [334] in einer wohlbekannten Handels-Stadt, welche reiche Eltern hatte, und da sich ein Doctor mit ihr in ein Ehe-Verbündniß einließ / hatte sie sich immittelst mit einem Studioso in der Veneris Fecht-Schule exerciret / allwo sie solche Stösse bekommen hatte, daß ihr der Bauch davon geschwoll. Da dieses der Liebste merckte, ließ er von ihr ab, und bedeutete die Eltern, daß er eine solche verderbte Jungfer nicht haben möchte; sprach sie aber dargegen um die jüngere Tochter an /die er auch erhielt, und bald Hochzeit mit ihr machte. Als nun aber auf der Hochzeit die erste mit ihrer Mutter in dem Speise-Gewölbe geschäfftig war, sagte die Mutter zu ihr: Siehest du, Gretgen, was deine Schwester ietzt vor Ehre hat? Wenn du dich hättest sein gehalten, so hättest du diese Ehre gehabt. Ja, Frau Mutter, sagte die geschändete Tochter, sie sagt mir wohl viel von Ehre her, aber nicht von Unkosten. Was kostet wohl ietzt diese Hochzeit? meines kostet noch lange nicht halb so viel, als dieses? drum lobe ich die liebe Schande, denn die Ehre ist zu kostbar. Also machens Ehr- und ruchlose Gemüther, und halten die wüste Fortunam für ihren besten Schatz. GOtt gebe, sie komme vom Himmel oder vom Galgen, wenn nur gut Leben dabey gehoffet wird. Hingegen stinckt die Zucht und Erbarkeit, als welche gemeiniglich das Creutz und Wander-Stabe hat, solche Welt-Säue an. Da muß, ihren verfluchten Gedancken nach, eine Hure besser Glück bringen, als eine züchtige Jungfrau, oder ein ehrlicher Priester. [335] Und hat es der Teufel leider! so weit gebracht, daß eine liederliche Spiel-Compagnie gemeiniglich ungerne siehet, wenn ein ehrlicher Mensch darzu kömmt, weil sie meynen, sie verlöhren dadurch ihr Glück. Ist das nicht eine verfluchte Thorheit! Wenn gleich ein Priester oder auch eine ehrliche Jungfrau ihr Creutz und Noth in einem Bündelein auf ihren Rücken trügen, so würden sie es doch wohl für sich behalten müssen, und dem schwerlich aufpacken / der ihnen früh morgens begegnet. Uber diß kömmt auch die gantze Sache dieses Ehrlosen Aberglaubens gar verdächtig heraus, indem, daß solch Begegnen nur früh morgens unglücklich seyn soll, gleich als ob wären die Priester und ehrliche Jungfrauen nur früh morgens solche unglückliche Leute, die durch ihr Begegnen andere ansteckten; da hingegen die Huren allezeit Ausdämpffungen ihres Huren-Glücks haben sollen. Denn ich habe selbst liederliche Pursch gekennet / welche geglaubet haben, wenn sie einer Huren an einen ungebührlichen Ort griffen, es möchte früh oder spät seyn / so hätten sie alsdenn Glück im Spielen. O du verdammtes Glück! bleib du bey unflätigen Säuen, ich mag dein nicht, sondern nehme davor Ehr und Redlichkeit, und solte es auch mit lauter Creutz und Dornen vermenget seyn.


O du belobtes Huren-Glück / Mir ist nichts dran gelegen, Ob du von mir bleibst stets zurück, Ich lobe GOttes Seegen, Und liebe Ehr und Redlichkeit, Drum, Huren-Glück! bleib von mir weit, [336] Ich mag von dir nichts hören, Und sollst mich nicht bethören.

Das 86. Capitel
Das 86. Capitel.
Ein einmahl entwöhnet Kind soll niemahls wieder an die Brust geleget werden / denn es wird sonst ein GOttes-Lästerer / und der mit seinem Maule alles beschreyen und in Ungedieg bringen kan.

Es ist zwar etwas ungewöhnliches, daß man ein entwöhnet Kind wieder an die Brust der Mutter oder Amme leget, und trincken lässet. Denn der Mutter entgehet die Milch nach der Entwöhnung bald, und kan dahero aus denen leeren Brüsten das Kind nichts trincken, daß ich demnach nicht wüste, aus was Ursachen eine Mutter oder Amme das einmahl entwöhnte Kind wieder anlegen wolte; denn aus leeren Gefässen zu trincken ist verboten. Will man aber die Sache also verstehen, daß ein Kind auch zu der Zeit, da die Milch in denen Brüsten noch nicht vergangen ist, nicht dürffte, um voriger Ursach willen, wieder angeleget werden, so ists eine offenbare Thorheit. Denn ich gebe zum Exempel diejenigen Weiber, welche auf Märckten zu thun haben, wenn sie stillende Kinder haben, und solche daheime lassen, ziehen zuweilen aus die Märckte und kommen in Tag und Nacht kaum wieder nach Hause, da inmittelst die Kinder [337] mit Biere oder etwas anders aufgehalten werden. Wenn denn die Mütter heim kommen, bringen sie ihren Kindern volle Keller mit Geträncke mit heim, und werden solche Kinder, ohne Besorgung einiges Unheils, zum Trincken angeleget. Was ist denn allda vor ein Unterschied unter einem solchen Kinde, und unter einem, das nur vor einem Tage entwöhnet ist? Ich kan keinen sehen / ausser den, daß diese Mutter für jener einen andern Vorsatz gehabt hat / nehmlich eine hatte den Vorsatz, ihn Kind noch länger trincken zu lassen, die anders aber nicht. Nun aber ist ja ein ieder Mensch über sich selbst mächtig / einen solchen Vorsatz / der weder böse noch gut ist, zu vollziehen oder zu unterlassen. Wenn nun eine Mutter gleich sich vorgesetzt hätte ihr Kind zu entwöhnen, sie resolvirte sich aber des andern Tages wieder anders, und stillete solches ferner, warum solte denn solche Veränderung des Vorsatzes der Milch in der Brust eine solche schädliche Eigenschafft mittheilen, daß das Kind, das solche Milch träncke / ein Gotteslästerer würde? Ist sicherlich etwas recht närrisches. Und warum soll denn nur das Kind, das ohne dem schon dieser Milch gewohnet gewesen, solche böse Eigenschafft davon kriegen, ein anders aber, das aus dieser Brust noch niemahls getruncken hätte, nicht? Denn man hat ja viel Exempel, daß gemiethete Säugammen ein Kind entwöhnen, und sich wieder an einen andern Ort zur Amme vermiethen, ohne daß sich iemand besorget, ob würde das andere Kind ein Gotteslästerer, weil [338] es aus der Brust trincket, davon ein Kind entwöhnet worden. Es giebt wohl Gotteslästerer und ruchlose Mäuler, welche nicht einmahl an einer Mutter Brust getruncken haben, wenn zuweilen die Mütter bald nach der Gehurt sterben, und die Väter zu arm sind, oder keine Gelegenheit haben, Ammen zu halten. Was hat alsdenn solche Leute zur Gottes-Lästerung verursachet? Es giebt leider! überall epicurische Leute und Gottes-Lästerer genug, derowegen, wenn ja ein und andere darunter seyn solte, der nach der Entwöhnung wieder an seiner Mutter Brust geleget worden wäre, wer will mich denn versichern, daß eben die Ursach dessen seines Läster Mauls vom andermahligen Brust-Saugen / und nicht vielmehr von gottloser Zucht herrühre? Und kömmt eben so alber heraus, als wenn gesagt wird: Der kan das Stehlen nicht lassen, weil ihm seine Mutter zum erstenmahl die Nägel an den Fingern nicht abgebissen, sondern abgeschnitten hat. Da doch viel hundert Diebe in der Welt sind, denen die Nägel erst sind abgebissen worden. Dahero sind es lauter Narren-Tappen und wurmstiche Alfantzereyen, worauf ein rechtschaffener Christ im geringsten nichts achten soll.


Wenn manch Kind hätte beßre Zucht,
Und hört' nicht, wenn der Vater flucht,
Und wenn die Mutter lästerlich
Offt ohne Noth vermässe sich,
Säh auch nicht so ein arges Leben /
Und andre Laster mehr darneben,
[339]
So blieb das Kind auch beßrer Art,
Und vom Gottslästern wohl bewahrt.
Das 87. Capitel
Das 87. Capitel.
Eine schwangere Frau soll unter keiner Wagen-Deichsel hinkriechen / sie muß sonst über die gewöhnliche Zeit schwanger gehen.

Ich will nicht in Abrede seyn, daß ein schwanger Weib, (sonderlich von zarter Art,) durch das Niederbücken und Durchkriechen unter einer Wagen-Deichsel, sich solle einigen Schaden zufügen können. Denn es ist bekannt genug, wiewohl sich schwangere Weiber in Acht zu nehmen haben / daß sie sich und ihrer Leibes-Frucht keinen Schaden thun. Daß aber in specie eine Wagen Deichsel Ursach zu solchem Unheil geben solle / auch eigentlich dieses verursachete, daß das Weib länger wüste warten, ehe sie gebähren könne, als ihre von GOtt geordnete Geburts-Stunde gewesen sey, solches ist nicht der Wahrheit gemäß. Denn es kan, im Fall der Noth, ein schwanger Weib ohne Schaden unter einer Wagen-Deichsel hinkriechen, (iedoch heisse oder rathe ichs nicht, daß es ohne Noth, vielweniger aus Frevel, geschehe,) hingegen kan sie eben dergleichen Schaden nehmen, wenn sie unter etwas anders hinkreucht, als ob es eine Wagen-Deichsel gewesen wäre. Denn dasjenige Ding, unter dem sie hinkriecht, verursachet den Schaden nicht [340] so oder so, sondern des schwangern Weibes ungebührliche Krümmung und Beugung ihres Leibes verursachet eine schädliche Druckung der Frucht und Ausdehnung, oder auch wohl Zerreissung einiger Bänder /welches denn zum öfftern unglückliche Geburten verursachet. Dahero sollen sich diese Weiber, nach aller Möglichkeit, schonen und in Acht nehmen, daß sie nicht viel über sich langen, oder ihren Leib unordentlich beugen und ausdehnen. Denn wenn sie, aus Frevel, und ohne Noth, wolten etwas thun, das sich nicht geziemete, würde GOtt zur Straffe Unglück über sie verhengen. Was aber arme Bauer-Weiber sind, oder auch Soldaten-Weiber, die Tag und Nacht fort müssen, und sich an nichts kehren können, da wird aus der Noth eine Tugend, und ist an denenselben GOttes Obhut augenscheinlich zu spüren, wenn sie gleich vielmahl hier und da haben durchkriechen müssen. Dahero wer die Sache nur wolte der Wagen-Deichsel zuschreiben, der begehet einen Aberglauben.


Ein schwanger Weib von guter Art,
Gar billich ihren Gang bewahrt,
Daß sie nicht irgend etwas thu,
Daß sie und ihre Frucht darzu
Könn' in Gefahr und Schaden bringn;
Was aber sie nicht kan erzwingn,
Das übergeb sie GOtt allein,
So wird sie ohne Unglück seyn.
Das 88. Capitel
[341] Das 88. Capitel.
Der siebende Sohn ist glücklich / etwas zu heilen / zu pflantzen / und zu allerhand Verrichtungen.

Ich kenne einen Jüngling, welcher der siebende Sohn ist, und zwar also, daß seine Mutter zwischen denen Geburten seiner vorigen 6 Brüder kein Mägdlein gebohren hat. Dem aber ungeachtet kan ich keinewege mercken, worinnen er glücklicher sey, als andere Leute. Und erinnere ich mich auch, daß zu unterschiedenen mahlen Leute, aus Aberglauben, zu diesem Jüngling gegangen sind, daß er ihre an sich habenden Beulen, Kröpffe / Gewächse und dergleichen hat anrühren müssen, in der Hoffnung, daß, weil er der siebende Sohn wäre, durch sein Anrühren ihnen werde geholffen werden. Allein ich habe noch nicht erfahren, daß eines sey dadurch heil worden. Und glaube ich, daß die Einbildung bloß daher kommen mag, weil es etwas ungemeines ist, daß sieben Söhne nach einander gebohren werden; denn es ist bekannt / daß man gern aus seltsamen Begebenheiten abergläubische Wunder-Wercke machet. Die siebende Zahl wird zwar vor eine sonderlich und heilige Zahl geachtet. Wenn man aber darauf reflectiren will, so sage ich, die erste Zahl ist auch heilig, wegen des einigen GOttes, und wegen der von GOtt beliebten ersten Geburt. Die andere wegen der zwey Naturen in Christo / der zwey Tafeln des Gesetzes, [342] der zwey Sacramenta, und Testamente / etc. Die dritte wegen der drey Personen in der Gottheit / als die drey Zeugen im Himmel, ferner die drey Zeugen auf Erden; un des Sprichworts:Omne trinum perfectum, etc. Die vierdte wegen der 4. Evangelisten, etc. Die fünffte wegen der fünff heiligen Wunden unsers Erlösers, etc. Die sechste wegen der sechs steinernen Wasser-Krüge zu Canaan, der sechs Haupt-Stücke unsers Catechismi, etc. Daß also die vorher gebohrnen sechs Söhne gleichfalls sich einer heiligen Zahl zu rühmen hätten. Auch sind über der siebenden Zahl noch mehr heilige Zahlen, in Ansehung der schrifftlichen Begebenheiten, e.g. die zehende wegen der zehen Gebote, und wegen des von GOtt beliebten Zehenden, etc. Die zwölffte wegen der zwölff Apostel; der zwölff Stämme Israelis, und so fort. Warum soll denn die siebende (die doch sonst auch eine Unglücks-Zahl genennet / und als eine Lügner-Zahl gehalten wird,) vor andern einen Vorzug haben? Dahero bestehet das Werck mit dem siebenden Sohne in blosser Einbildung der Leute, in der Wahrheit ist aber nichts daran. Die nun daran glauben, begehen Abgötterey.


Der siebend Sohn soll glücklich seyn in allen seinen Sachen,
Wenns aber zum Beweise kōmmt, muß man nur drüber lachen,
Da man sieht, wie derselbe sich stets muß mit Elend plagen,
Drum, daß die Sach erlogen sey, mag ich gar sicher sagen.
Das 89. Capitel
[343] Das 89. Capitel.
Maleficanten / wenn sie torqviret werden / auf daß sie ohne Bekenntniß die Tortur ausstehen mögen /hängen einen Zettul auf den Rücken / darauf der 15. Vers aus dem zehenden Psalm geschrieben ist.

Es ist kein Zweifel / es wird mancher sagen, ich hätte diesen Punct wohl mögen unberühret lassen, dieweil hierdurch nur Anleitung zu solchen losen Practicken gegeben würde; ja ich muß selbst gestehen, daß ich auch eben um deswillen lange angestanden habe, diesen und dergleichen Punct mit anzuführen. Alleine, in Erwegung, daß dieser und dergleichen Puncte schon viel bekannt sind, und von bösen Buben ins geheimepracticiret werden, ohne daß mancher Bösewicht glaubet noch weiß, daß er damit sich nichts anders schaffe, als GOttes Zorn noch mehr auf sich lade, und sein eigen Verderben vermehre; so wird jedweder mit mir bekennen müssen, daß es rathsam wäre, wenn alle solche lose Händel, besambt rechtmäßiger Widerlegung, am Tage lägen; weil viele diese Dinge aus Unverstande practiciren, die es sonst wohl unterliessen, wenn sie der Sache gründliche Beschaffenheit wüsten. Dahero auch ohne Zweifel Herr Doctor Hartmann,Superintendent zu Rotenburg, nicht allein dieses, sondern viele dergleichen Dinge mehr in seinemTractätgen [344] so er wider das zauberische Seegnen geschrieben, gantz frey meldet, aber dargegen auch gewaltig denen, die solchen Sünden nachhängen, widerspricht. Was demnach dieser ietzt vorhabende Punct anlanget, so kan einem verständigen Christen nicht verborgen seyn, wovon der gantze zehende Psalm handelt, nehmlich von Sauls und seines Anhangs Tyrannen und Verfolgung gegen die Frommen, samt einem Gebet wider solche Tyrannen. Der 15. Vers aber lautet: Zubrich den Arm der Gottlosen, und suche das Böse, so wird man sein gottloß Wesen nimmer finden. Nun wolle man nur erwegen, ob nicht dieser 15. Vers des 10. Psalms einem ruchlosen Verbrecher und Ubelthäter schnurstracks entgegen sey, eben / als wie die fünffte Bitte im Vater-Unser denen feindseeligen und unversöhnlichen Leuten. Und kan also nichts wenigers, als dieser Vers einem bösen Buben darzu dienen / daß er auf der Folter seine böse That nicht bekennen könne, und mögen solche Buben diesen Psalm gantz und gar nicht zu ihrem Vortheil gebrauchen. Solte sichs aber zutragen, daß ein unschuldiger Mensch von einer ungerechten und Gewissen-losen Obrigkeit / zur Ungebühr, irgend aus affecten und Feindschafft, auf die Folter gebracht würde / so möchte nicht nur dieser Vers, sondern vielmehr der gantze zehende Psalm einem solchen unschuldig Leidenden zu einem Gebet dienen. Aber auf den Rücken zu hängen würde sicherlich ein Blat aus dem Eulenspiegel und dieser [345] Spruch einerley Würckung haben. Denn der Rücken und auch der todte Buchstabe ruffet nicht zu GOtt, sondern die Seele, welche insgemein unter dem Nahmen Hertz verstanden wird. Ist demnach das Anhängen einer solchen Schrifft vor nichts anders zu achten, als eine Zauberey und Mißbrauch der heiligen Schrifft. Es kan auch nichts effectuiren, ausser durch Zulassung GOttes, mit Hülffe des Teufels. Dahero man sich desto mehr davor zu hüten hat, wenn man dadurch nicht dem Teufel will zu Theil werden.


Hast du die böse That begangen und vollbracht,
So glaube, daß der Spruch des Psalmes gar nichts macht,
Das dir zu Nutzen kömmt. Der Mißbrauch heilger Schrifft
Wird dir und deiner Seel zu lauter Höllen-Gifft.
Drum rath ich, daß du frey bekennest ohne Zwangk,
Eh dein Gewissen wird des Teufels Folter-Banck.
Das 90. Capitel
Das 90. Capitel.
Daß einer auf der Folter bald bekennen müsse / hengt er an den 17. Vers des 51. Psalm / oder den 2. Vers des 45. Psalms.

[346] Dieses ist mit vorigem Puncte gleiches Schlages. Es wird aber dieses mehrentheils durch die Scharffrichter an solchen Delinquenten practiciret, wo sie vermuthen, daß sie auf der Folter nicht bekennen möchten. Allein, wenn man die Worte betrachtet / so siehet man stracks, daß es ein Werck sey / damit der Teufel nur sein Spiel und Gespötte treibet; an sich selbst aber im geringsten nichts effectuiren kan; und soll dahero billich eine iede Christliche Obrigkeit wohl Acht haben / ob durch die Scharffrichter dergleichen Dinge vorgenommen werden, und solte solches durchaus nicht practiciren lassen. Denn wenn die Scharffrichter, ihrer Pflicht gemäß, sonst Lust haben, und wollen / in und bey der Tortur, unpartheyisch ihr Amt verwalten, so wissen sie verstockte und hartnäckige Leute und böse Buben wohl, ohne solche zauberhafftige Gauckel-Possen redend zu machen, oder zur Bekenntniß zu bringen. Wenn aber (wie es wohl mehr erfahren worden ist) die Scharffrichter mit denen Malificanten in heimlichen Vernehmen stehen, oder, so zu reden, unter einer Decken liegen, so können sie auch so tractiren, daß sie / ohne Empfindung grosser Pein, die Tortur aushalten, und nichts bekennen. Dahero die Gerichts-Personen wohl Ursach haben, in solchen Fällen auf alles fleißig Achtung zu geben.


Wenn ein Cam'rad den andern soll selbst foltern undtorquiren,
So wird der Richter mehrentheils das Recht dabey verlieren.
[347]
Der Hencker, der selbst hat den Raub mit Dieben helffen parten,
Der wird auch bey der Folter-Banck die Sache also karten,
Daß ja der Dieb nicht allzuviel von Diebstahl müß' bekennen.
Vielweniger den Hencker mög' bey der Aussage nennen.
Das 91. Capitel
Das 91. Capitel.
Wer Brodt und Saltz bey sich trägt / ist sicher für Zauberey.

Ich habe noch niemahls weder gehöret noch gelesen, daß iemahls eine Hexe oder Zauberer in der Welt gewesen sey, die oder der nicht Brodt zur täglichen Speise gebraucht hätte. Da nun aber alle Hexen und Zauberer sich täglich des Brodts, auch zugleich des Saltzes, zu ihrer Speise bedienen, so ist ja Sonnen-klar darus zu sehen, daß keinesweges das Brodt die Krafft und Eigenschafft haben könne, der Zauberey zu widerstehen, oder der Hexen und des Teufels Gewalt zu schwächen. Hat der Teufel und seine getreuen Helffer die Gewalt von oben herab, einem Menschen Schaden zu thun, so wird alles Saltz und Brodt in einem gantzen Königreiche viel zu ohnmächtig seyn, das zu verrichten, was ein eintziges recht gläubiges Gebet verrichten kan. Auf daß aber der Teufel sein Werck in denen habe, die solchen Händeln nachhengen, so enthält er sich [348] zu weilen, an solchen abergläubischen Menschen seine erhaltene Gewalt zu vollziehen; nicht um deßwillen, ob könne er um solcher gebrauchten abergläubischen Hülffs-Mittel willen nichts vollbringen: sondern vielmehr nur darum, daß solche unnütze Mittel liebende und GOttes-Hülffe verachtende abergläubische Teufels-Diener in ihrer abgöttischen Thorheit ie mehr und mehr mögen befestiget werden, biß er sie endlich dahin bringt, daß sie sich nach nichts anders, als solchen verdammten Wesen umsehen, und hingegen des allein Hülff-reichen GOttes gar vergessen. So hat denn der Satan gewonnen, und der arme Mensch ist zwar nicht bezaubert, sondern leider! dem Teufel gar zu theil worden.


Behüt GOtt mich und alle Christen
Für dergleichen Teufels-Listen!
Wer Vernunfft hat, kan leicht schliessen,
Daß die Dinge fehlen müssen.
Eben / als wenn man wolt schlagen.
Und mit einem Lamm verjagen,
Einem Wolff; und mit den'n Katzen /
Man vertreiben wolt die Katzen.
Das 92. Capitel
Das 92. Capitel.
Die Weiber und Säugammen sollen die Kinder mit Koth an der Stirn bestreichen / solches bewahret sie für Neid und Zauberey.

[349] Im vorigen Capitel wird Brodt und Saltze die Krafft zugeschrieben, Zauberey zu verhindern; Hier kommen die kothigten Helfferinnen gar mit Kothe aufgezogen. Es ist aber leichte zu schliessen / daß dieses Koth-Mittel von dem unsaubern Geist oder Koth-Teufel ersonnen sey. Man hat Exempel, und aus vielen glaubwürdigen Historien so viel ersehen, daß gemeiniglich diejenigen Personen, welche sich mit dem Teufel in ein Bindniß eingelassen haben, nicht die Freyheit gehabt haben, sich reinlich zu halten; sondern haben, nach des Satans Begehren, mehrentheils in unsauberer Kleidung und mit ungewaschenen Gesicht und Händen sich müssen finden lassen. Auch ist aus vieler Hexen eigenem Geständniß bekannt, die sie theils gutwillig / theils auch in der Tortur gethan, daß sie diejenigen Personen, welche sie ungewaschen angetroffen, viel eher hätten bezaubern können, als diese, welche sich gewaschen gehabt. Und dieses ist auch wohl glaublich, weil gemeiniglich die innerliche Reinigkeit der Seelen mit der Reinigkeit des Leibes in einer guten Harmonie zu stehen pfleget, und der höllische Stinck-Bock und unfläthige Kothfincke sich gern zu seines gleichen, zu unflätigen Säuen gesellet. Wenn nun das kothige Geschmiere an der Kinder Stirn eine Hülffe wider Neid und Zauberey seyn soll, so kan es wohl auf keine andere Weise, als wenn die Zauberer und der Satan solche beschmutzte Kinder vor junge Grase-Teufel ansehen, und dencken, weil[350] sie ohne dem in ihre Koth-Zunfft gehöreten, so hätten sie nicht nöthig, ihren Zunfft-Genossen Schaden zu thun. Aber was das vor ein schreckliches Verbrechen der Mutter ist, wenn sie ihr getaufft Christen-Kind so liederlicher Weise aus Aberglauben, (wahrhafftig nur dem Teufel zur Freude) wieder mit Unflat und Koth besudelt, welches billich eine iede abergläubische Mutter besser bedencken möchte. Wenn die Weiber so viel vom Koth halten, und selbigen so grosse Krafft zuschreiben, warum beschmieren sich denn die Närrinnen nicht selbst über und über mit Koth, wenn sie sich für Zauberey und Neid fürchten, oder lassen sich auf die Köpffe s.v. etwas thun, daß es ihnen über die Stirn laufft? Denn was den Neid anlanget, so sind die Mütter und Ammen solchem noch mehr unterworffen, als die unschuldigen Kinder, und wird wohl niemand ein klein Kind um etwas neiden; Aber die schönen Weiber werden offt von andern, um der Schönheit willen geneidet. Wenn sie aber (woferne Koth soll ein Remedium für Neid und Zauberey seyn) die schönen Gesichter mit Koth bedecken, so wird derselbe wohl gewiß genug helffen. Probatum est. Die es aber nicht glauben will, hat die Freyheit zur Probe. Daß es aber auch für Zauberey helffen soll, dafür bin ich nicht Bürge, sondern setze selbst einen Unglauben drein, und bitte, nur die armen unschuldigen Kinder unbesudelt zu lassen.


[351]
Welch unvernünfftig Wesen erdenckt das Weiber-Hirn,
Daß sie mit Dreck und Koth der armen Kinder Stirn
Besudeln und beschmieren für Neid und Zauberey?
Ich kan gar nicht begreiffen, daß das vernünfftig sey.
Das 93. Capitel
Das 93. Capitel.
Für das Fieber drey Bissen gestohlen Brod genommen / in zwey Nußschaalen gespeyet / in ein Brieflein geschrieben / und gesagt: Kuh / wilt du zu Stalle /Frörer / so geh du zu Walle; Ich zehl dir das zur Buß auf im Nahmen GOttes des Vaters / des Sohnes / und des Heiligen Geistes!

Dieses ist eine so gottlose Fieber-Cur / daß ein rechtschaffner Christ, ob er gleich sein Lebtage das Fieber nicht gehabt hätte / fast einen Schauer oder gar das kalte Fieber nur vom blossen Angehör solches gottlosen Hülffs-Mittels bekommen möchte. Es wird hiermit schreckliche Sünde wider das erste Gebot begangen, wenn (zwar im Nahmen GOttes, aber Mißbrauchsweise) gestohlen Brodt und unflätig Gespyenes, samt zauberhafften Worten, zur Hülffe genommen, aber GOttes einige Hülffe und dessen ordentliche [352] Artzney darneben ist in Verachtung gesetzt wird. Wider das andere Gebot wird schrecklich gesündiget, wenn der heilige Nahme GOttes und der Heiligen Dreyfaltigkeit so schändlich gemißbrauchet, und dem Teufel zu Liebe verunehret wird. Es wird gesündiget wider das siebende Gebot, in welchem GOtt das Stehlen verbiete, hier aber wird gestohlen Brod als ein Hülffs-Mittel recommandiret und gebraucht. Auch wird gesündiget wider das fünffte Gebot; denn dieses ist keine Artzney zur Genesung / sondern vielmehr zum Tode, weil damit ohnmöglich das Fieber kan vertrieben werden. Wohl aber wird damit verhindert, daß ordentliche und dienliche Artzney-Mittel nicht gebraucht werden, daß mancher Patiente also dahin sterben und offt an Leib und Seel verderben muß. Und weiß ich selbst Exempel, daß Leute, welche solche zauberische Mittel an denen versucht haben, die das Fieber gehabt, damit so viel zu wege gebracht haben, daß hernach keine natürlichen Medicamenta etwas haben effectuiren können, biß endlich die Patienten so verzehret worden, daß sie die Erde drüber käuen müssen. Und ist das gemeiniglich der Nutzen von solcher Gauckeley, daß bey solchen Patienten, an welchen dergleichen abergläubische Possen sind versucht worden / hernach keine natürlichen Hülffs-Mittel mehr anschlagen. Wie denn auch solche Hexen und Zauber-Aertzte zu sagen pflegen: Wenn das nicht hilfft, so ist euch hernach nicht zu helffen. Wer demnach dieses [353] alles recht bedencket / der müste ja vorsetzlich des Teufels seyn wollen / wenn er dergleichen Thorheit belieben solte. Vor etlichen zwantzig Jahren war zu Mühlhausen, in Thüringen, ein spaßhaffter Raths-Diener, oder so genannter Ausreiter, der halff unterschiedlichen Leuten vom Fieber, durch Anhengung eines Zettels, den er versiegelt gab, und welchen die Patienten, nach Verlassung des Fiebers, uneröffnet ins fliessende Wasser werffen musten. Als nun ein alt Weib, welcher man sonst nicht viel Gutes zutrauete, sich auch dieses Ausreiters Raths bedienete, aber, nach verlassenem Fieber, den Zettel nicht, wie ihr befohlen war, ins Wasser warff, sondern (um die Kunst auch zu lernen) solches eröffnete, fand sie nachfolgende Worte geschrieben:


Alte, liebe Alte!
Schüttelt dich das Kalte,
So komm Hanß-Nickel, 1 und brenne dich,
So schüttelt dich das Kalte nicht.

Hierüber alterirte sich die alte Katze, und bekam das Fieber wieder, biß endlich andere Zufälle darzu kamen und sie zum Tode beförderten. Also wohl gerieth die schöne Fieber-Cur, die doch der Raths-Diener nur zum Spaß vornahm, wie ich selbst, aus seinem eigenen Geständniß, damahls vernommen habe; Doch kan man hierdurch abnehmen, wie es solchen Leuten zu gehen pflege, die liebe mit abergläubischen Gauckeleyen umgehen, als mit natürlichen Mitteln. Das Brodstehlen [354] ist unvonnöthen; denn wer das Fieber hat, der hat so grossen Hunger nicht, und kan auch den Hunger eher anwenden zu Tilgung des Fiebers, als wenn man isset, und weiß ich Exempel, daß mit Hunger das Fieber ist vertrieben worden. Mit Speyen oder durch ein Brech-Mittel ist das Fieber auch bald zu heben, aber nicht durch ein Speyen in ein paar Nuß-Schalen, die man anhenget. Auch werden weder geschriebene noch geredete Worte kräfftig seyn, das Kalte zu verjagen, sondern:


Wenn du das Fieber dir beständig wilt vertreiben,
So darffst du eben nichts auf einen Zettel schreiben:
Es sey denn ein Recept nach Apothecker-Kunst,
Die andre Gauckeley ist nichts und gar umsonst.
Und wenn du speyen wilt, so nimm was ein zu brechen,
Worzu du ja nicht brauchst ein eintzig Wort zu sprechen.
Laß iederman sein Brod; Nuß-Schalen schmeiß in Mist,
Sonst bist du sicherlich ein aberglaübscher Christ.
Fußnoten

1 Also hieß damahls der Scharffrichter daselbst.

Das 94. Capitel
[355] Das 94. Capitel.
Wenn eine Mauß einem am Kleide genaget hat / so bedeutets Unglück.

[355] Freylich kan es kein Glück seyn, nenn die Mäuse einem die Kleider zerbeissen, und ie kostbarer das zerbissene Kleid ist, ie höher das Unglück zu æstimiren ist. Daß aber dieses ein zukünfftiges Unglück zuvor bedeuten soll, kan ich keine Ursach erfinden, es sey denn mit gewisser Condition. Zum Exempel, wenn irgend das Kleid, davon eine Mauß genaget hat, an einem sonst verwahrten Orte gelegen ist, da man andere kostbare mobilia mehr verwahret gehalten, und keine Mäuse vermuthet gehabt; nachdem man aber gewahr worden, daß an dem Kleide eine Mauß genaget hat / wird man ohne Zweifel bald weiter nachschauen, ob irgend die Mäuse an andern Dingen mehr möchten Schaden gethan haben. Wenn alsdenn ein Schaden gefunden wird, so hat freylich das am Kleide genagte solch Unglück angezeiget, welches sonst noch eine Weile wäre verborgen blieben. Auf diese und dergleichen Art, sage ich, kan das Mäuse Gebissene an einem Kleide wohl ein Unglück anzeigen, sonst aber auf keine Weise.


Wenn dir die Mäuse habn das Kleid und Rock zerbissen,
So magst du ihnen bald zum Tode Gifft versüssen,
Auf daß sie ferner nicht noch mehr dergleichen Sachen,
Zerbeissen, oder auch wohl ander Unglück machen.
Das 95. Capitel
[356] Das 95. Capitel.
Wenn die Weiber oder Mägde Säcke waschen / so regnets hernach.

Solcher Gestalt müsten solche Weiber, die Säcke wüschen, rechte Wettermacherinnen seyn. Weil dieses aber eine Sache ist die mehr mit lächerlichen als ernstlichen Augen angesehen werden mag, so mögen die abergläubischen Weiber, nach ihren Gefallen, Säcke waschen. Denn ich habe noch nicht gehört, daß iemahls Sommers-Zeit / bey grosser Dürre, die Weiber mit ihrem Säcke-waschen hätten einen Regen erreget; welches sie doch schwerlich würden unterlassen haben, woferne ihre Kunst probat wäre. Dahero will ich sie in ihrer Andacht immer fort waschen lassen und sie nicht stören, weil ich besorge, es dürffte mehr Koth als Wasser regnen. Denn es sind Possen, daß sie mit ihrem Waschen


Der'r alten schmutzgen Säcke /
Die voller Koth und Specke,
Gedencken zu bewegen
Den Himmel, daß er Regen
Unordentlich müst geben /
Läßt GOtt nicht Narren leben!
Das 96. Capitel
[357] Das 96. Capitel.
Wenn einer nieset bey Anziehung der Schuhe / so bedeutets ein Unglück.

Das Unglück wird ohne Zweifel darinnen bestehen, daß einem bey solchem Niesen ein Wort entfähret, das weder Sylbe noch Buchstaben hat / welches man in Gegenwart der Leute nicht gern laut redet, sondern lieber verschwiegen hält. Wenn man denn bey dem Schuh-Anziehen in einer solchen positur sitzet / wie bekannt ist, daß, so einem ohngefehr ein Niesen dabey ankömmt, gar leichte der Fitz-Faden zerreissen, und die Lufft-Röhre der Hinter-Brust davon aufgehen kan, wobey sich gemeiniglich ein unangenehmes Murren und Brummen, samt einem übelriechenden Winde / hören lässet. Welche Begebenheit, so sie in Gegenwart reputirlicher Leute oder honetten Frauenzimmers sich zuträgt / mancher Mensch Zweifels frey als ein Unglück achten wird. Und dieses wird also das durch das Niesen angezeigte, oder vielmehr verursachte Unglück gar seyn, welches doch mancher unverschämter Rettig-Schlucker nur in ein Gelächter ausschlägt, oder wohl gar, als eine Kunst, vorsetzlichpracticiret.


Nimm dich in Acht beym Schuh-Anziehn, daß du dich nicht sehr bückest,
Und durch ein Niesen ohngefehr den Bauch zu hefftig drückest,
[358] Wodurch dir was entfahren könnt, welchs du vor Unglück achtest;
Jedoch, wenns ohngefehr geschäh, rieth ich, daß du nur lachtest.
Das 97. Capitel
Das 97. Capitel.
Wider die fallende Sucht oder schwere Noth hilfft ein Zettel angehängt / darauf geschrieben stehet:
Caspar fert Myrrham, Melchior Thus, Balthasar Aurum,
Hæc tria qui secum portabit nomina Regum.
Solvitur à morbo Christi pietate caduco.

Ey! das muß ohne Zweifel gewiß und probat seyn, wird mancher sagen; denn es ist lateinisch, und verstehets niemand, als die Gelehrten, und muß auch wohl von einem Gelehrten seyn erfunden worden, dahero die Kunst nicht so schlechthin anzusehen ist. Ja das ist wahr / daß es wohl ein gelehrter Mährlein-Krämer im abgöttischen Pabstthum mag erfunden haben, weil die gantze Narrethey auf lauter papistische Lügen gegründet ist. Denn welche Religion giebt vor, daß die Weisen aus Morgen-Lande wären Könige gewesen, als die Päbstische? Welche sagen, daß einer hätte Caspar, der andere Melchior / und der dritte Baltzer geheissen, als die Papisten? Also hat ein betrüglicher Mönch [359] oder Jesuit diesen Vers zusammen geschmiedet, und denen einfältigen Leuten weiß gemacht, daß, wenn er angehänget werde, so befreye er diejenigen, so mit der fallenden Sucht beladen wären, von ihrer Plage. Alleine, wie abgeschmackt es heraus kömmt, ist zu verwundern, und solte man solche Schurckerey von denen dummesten Menschen auf der Welt (soferne es Christen heissen wollen) kaum vermuthen, daß sie es glaubeten; Und dennoch sind die sonst klugen Papisten mehrentheils so verblendet, und meynen, es sey alles vom Himmel geredet, was ihnen ihre Pfaffen vorlügen. Es möchten aber die Papisten immer solche Mährlein vor sich glauben, wenn nur unter denen Evangelischen nicht auch Affen wären, die solche Pickel Herings-Grillen vor etwas kluges hielten. Denn wenn man den teutschen Wort-Verstand dieses lateinischen Verses ansiehet, welcher also lautet: Caspar schenckt Myrrhen / Melchior den Weyrauch, und Baltzer das Gold; wer diese drey Nahmen der drey Könige bey sich trägt, der wird von der bösen hinfallenden Sucht errettet; so möchte man diestranguriam über solchem Narren-Verstand kriegen. Und kömmt nicht besser heraus / als wenn einer die Pest wolte mit einem Zettul oder Amulet vertreiben, darein er schriebe: Claß schiert die Hunde, Matz laust die Säue, und Barthel führe die Esel zum Tantze, wer diese drey Nahmen der drey lustigen Harlequinen bey sich trägt, der ist sicher für der Pest. Gleichwie nun der, der solches [360] thäte, in aller Welt würde für einen Ertz-Narren gehalten werden; also kan wahrhafftig der auch vor nicht klüger angesehen werden, der diesen Drey-König-Vers wider die fallende Sucht ersonnen hat. Wenn Gold, Weyrauch und Myrrhen gleich solche ingredientia wären, davon ein compositum und specificum antepilepticum könte bereitet werden, so käme es dennoch tolle genug heraus, da man glauben wolte, daß die blosse Beschreibung solcher ingredientien, und die Nahmen derer, die iemanden mit solchen materialien beschencket hätten, schonkräfftig genug seyn / diese arge Kranckheit damit zu vertreiben. Denn wenn einen hungerte, so frage ich, ob er auch würde satt werden, wenn ein anderer zu ihm käme, und schrieb auf einen Zettul, wie Pancratius, der Richter von Rumpelskirchen, dem Schulmeister daselbst hätte eine Knack-Wurst und ein haußbacken Brodt verehret? Ich zweifele nicht, der Hungrige würde sagen: Narr! was hilfft mirs, da der Richter mirs nicht gegeben hat? Also kan auch ein solcher Zettul nicht wider die fallende Sucht helffen, woraus die Nahmen derer drey Könige / welche dem HErrn Christo haben Geschencke gebracht, geschrieben stehen; sondern es bleibet eine ruchlose Betrügerey und abgöttisches Teufels-Spiel.


Wenn gleich die Weisen Medici und Aertzte wärn gewesen /
So könnt ihr Nahme dennoch nicht was helffen zum Genesen.
[361]
Schreib einer gleich Galenum auf, Hippocratem darneben,
Auch den berühmten Theophrast, und die noch ietzo leben.
Den Blankart, Wedel, andre mehr, trag solche auf dem Leibe /
Und sehe, ob er seinen Schmertz mit dieser Schifft vertreibe.
Das 98. Capitel
Das 98. Capitel.
An einem Freytage ein neu-waschen Hembde angezogen / dienet für das Grimmen.

Dieses wieder die gesunde Vernunfft streitende remedium anticolicum ist ein Ding, welches hauptsächlich mit unter die von GOtt vielfältig verbotene und für einen Greuel geachtete Tagewehlerey zu zehlen ist. Die Tagewehler aber setzet Moses mit in die Classe der Zauberer, Zeichendeuter, Wahrsager und die auf Vogel-Geschrey achten. Ist sicherlich eine schöne Gesellschafft! scilicet. Wer nun um deß willen an einem Freytage ein neu-waschen Hembd anziehet, daß er dadurch gedenckt das Grimmen oder die Colica zu vertreiben, der ist ein solcher Tagewehler, an welchem der HErr ein Greul hat. Zu dem so ist es auch ein gantz närrisch Unternehmen, weil weder der Tag noch das neuwaschene Hembde die Ursache des Grimmens vertilgen kan; wo aber die Ursach einer Kranckheit[362] nicht gehoben wird, so kan noch weniger die Kranckheit gehoben werden; Eben als wenn einer wolte den von einem rauchenden Feuerbrande entstandenen Rauch vertreiben, wolte aber den rauchenden Brand nicht hinweg schaffen, oder solchen gar auslöschen. So ferne aber einer den Rauch dennoch vertriebe, ohnerachtet der rauchende Brand weder hinweg geschaffet, noch verlöschet worden wäre, so würde ein solcher Künstler sich gewiß verbotener und unnatürlicher Wissenschafft halben verdächtig machen, zumahl wenn er nicht den Rauch / durch Hülffe der Lufft, wo andershin zu leiten wüste; Also auch einer, der auf oben gemeldete Art das Grimmen vertreibet, der versichere sich nur gewiß, daß darunter etwas anders verborgen ist, und der Satan sein Spiel damit treibet / um bey denen abergläubischen Kindern des Unglaubens nur ein Wunder-Werck zu vollbringen, dafür sich aber verständige Christen hüten werden.


Schütt nicht zu viel in deinen Magen.
So wirst du nicht so dürffen klagen,
Daß dich es reiß in deinem Bauch,
Jedoch, grimmt dichs, Artzney gebrauch,
Und treib nicht solche albre Possen,
Sonst meynt man, du seyst gar geschossen
Mit Haasen-Schrot und Affen-Dunst.
Laß alten Weibern ihre Kunst.
Das 99. Capitel
[363] Das 99. Capitel.
Wer gestohlenen Käse oder Brodt isset / der bekömmt den Schlucken davon.

Daß dieses wahr seyn möchte, ist mehr zu wünschen, als zu glauben. Ja es wäre noch besser, wenn einem ieden, der solch Brodt oder Käse isset, ein Horn an der Stirn wüchse / so würde man nicht alleine bald hinter die Diebe kommen, sondern die Horntrüger derer unsichtbaren Hörner würden hierdurch einigen Trost erlangen, daß sie nicht alleine mit solchen Ochsen-Cronen sich schleppen müsten. Alleine, es bleibet beydes nehmlich die Hörner und der Schlucken, wohl aussen. Ach wie würden manche Discurse einen unangehmen Klang haben, wenn die Brod Diebe den Schlucken bekämen, (zumahl / wenn er lange anhielte,) es würden die meisten Sylben durch den Schlucken verbissen werden, daß es keiner Sprache ähnlich lauten würde, sondern es würde der Sprache derer Hottentotten, welche dem Gekaudere derer Welschen Hähne gleich lauten soll, nicht unähnlich seyn. Wenn vom gestohlnen Brodt der Schlucken entstünde, viel leicht würden manch tausend Brodt-Diebe weniger seyn, weil sich Zweifels frey etliche um deßwillen des Stehlens schämen würden. Aber ach! wo gedencke ich hin? Es ist ja leider! das Stehlen keine Schande mehr, der Brodt-Diebe giebts ja so viel / daß sich fast alle Welt auf dieses Diebs-Hand-Werck [364] nehren will. Und hat Erasmus Albertus in dem bekannten Liede: GOtt hat das Evangelium etc. wohl mit Wahrheit gesetzt: Die gantze Welt ist voller Dieb. Ja das ist wohl wahr; daß aber die Diebe vom gestohlenen Brodte den Schlucken kriegen, ist wohl nicht wahr.


Ach daß doch wäre wahr das Sagen.
Daß sich die Diebe müsten plagen /
Mit Schlucken, wenn sie gessen hätten
Gestohlen Brodt! So wolt ich wetten,
Das Land das würde gar bald rein
Und ledig von Brodt-Dieben seyn.
Das 100. Capitel
Das 100. Capitel.
Bey Vermeidung grossen Unglücks soll niemand über eine Spur gehen / allwo sich ein paar Hunde belauffen haben.

Also warnete unlängst, ein der Einbildung nach / über alle Massen verständiger Mann einem guten Freund, als er sahe ein paar Hunde auf der Gassen sich belauffen. Der gute Herr ließ auch dabey einen solchen Eifer spüren daß, so ferne ein Häscher gleich damahls wäre zugegen gewesen, so hätten ohne Zweifel die unverschämten [365] Hunde Gefängniß davor leiden müssen, zumahl wenn der Häscher den Befehl dieses erzürnten Mannes schlechterdings würde respectiret haben. Der gute Freund, zu dem die Warnung geschah, war etwas curiös und fragte, worinnen denn eigentlich die Gefahr bestünde, die sich der zu besorgen hätte / der über einen solchen Tantz-Platz der Hunde gienge?Monsieur Elogius Bilibaldus (war des verständigen Mannes Nahme) antwortete: So iemand einen Schaden an seinem Leibe hätte / und gieng über eine solche Spur, so würde der Schaden gantz unheilbar werden. Der gute Freund kunte das Lachen kaum verbergen, bisse sich in die Zunge, drehete sich davon, und hätte sich bald durch das Verbergen des Lachens die Hosen voll gehustet. Dieser kam hierauf zu mir, und erzehlete, was Herr Elogius Bilibaldus ihm gelernet hätte; welche Erzehlung mir eben zu statten kam, weil ich gleich mit Striegelung des 99. Aberlgaubens hatte Feyerabend gemacht. Da ich nun bißanhero mit Neun-und neuntzigern hatte gehandelt, und nicht in Abrede seyn kan, daß, so ich nicht ein Naar alleine seyn will, ich unter dieser Zahl auch einige Glaubens-Genossen vor mich angetroffen hatte; Und da ich diese ietzt erzehlte super-weise Thorheit hatte angehöret, war mir es nicht wenig lieb, daß die hunderte Zahl meiner gestriegelten Aberglauben mit einem solchen grossen Heiligen solte completiret werden. Diesem nach wird dem geehrten Leser die Sache zu [366] bedencken überlassen, oh ein paar lauffende Hunde, durch diese ihreConjunction, unter freyem Himmel, auf freyer Gassen, oder auch wohl im freyen Felde, den Ort, allwo sie sich belauffen haben, so hefftig vergifften können, daß wer einen Schaden an sich hätte, und gienge über eine solche Spur, der Schaden damit unheilbar würde? So frage ich, wie viel tausend unheilbare Schäden doch wohl die Leute beschweren würden? Kan demnach der geehrte Leser leicht urtheilen / daß entweder an dem Fürgeben nichts sey, oder es müsten diejenigen, welche daran glauben, einen Schaden im Verstande und Gehirne gehabt haben, und über eine solche Hunde-Spur gegangen seyn, dadurch solcher Schaden unheilbar worden. Das mag aber wohl heissen: Hirnwund bey gesunden Leibe. Und damit ich mich nicht zu weit in diese Thoren-Possen einmische, so mag ein ieder davon halten, was er will, ich will die Bauern auf ihren Kirchmessen, und die Hunde bey ihren Hochzeiten, nicht hindern, so werde ich weder geschlagen noch gebissen. Unterdessen werde ich, mit guter Gelegenheit, wieder ein hundert solcher abergläubischen Raritäten sammlen, wie ich denn derselbigen schon wieder eine feine Anzahl beysammen habe, und [367] so ich vernehme, daß diese ersten zwey Hundert wohl aufgenommen werden, so soll alsdenn das dritte Hundert bald auch darzu kommen.


Wer denen Hunden ihre Lust
So beschnopert und behust /
Und nicht will die Hochzeit leiden.
Mag sie alle lassen schneiden.
Doch weils gleichwohl solche Sachen
Sind, die er nicht selbst kan machen,
Laß er machen iedes Thier,
Was ihm die Natur legt für.
Inhalts-Register
[368] Inhalts-Register dererjenigen Sachen und Materien / so in diesem andern Hundert sind abgehandelt worden.

Das 1. Capitel.


Wer aus einer Bircken, die mitten in einem Ameisen- Hauffen gewachsen ist, lässet höltzerne Schläuche oder Hähne drehen, und verzapfft Wein oder Bier dadurch, der wird geschwinde ausschencken pag. 163


Das 2. Capitel.


Wer ein Brod aufschneidet, und schneidet nicht gleich, der hat selbigen Tag gelogen 166

Das 3. Capitel.


Wenn ein Weib über etwas erschrickt, oder sich erzörnet soll sie alsbald durch einen alten Besen pruntzen, so schadets ihr nicht 167


Das 4. Capitel.


Ledige Weibes-Personen, als Jungfern und Mägde, welche gerne Männer hätten, die sollen in der Nacht vor St. Andreas Tage St. Andresen nackend anruffen so wird ihnen ihr künfftiger Liebster im Schlaff erscheinen 169


Das 5. Capitel.


Wenn eine Dienst-Magd gerne wissen will, ob sie länger bey ihrem Herrn im Dienst bleiben, oder abziehen werde, soll sie auf den Weyhnacht-heiligen Abend den Schuch rücklings übern Kopff werffen 173


Das 6. Capitel.


Wenn eine Jungfer oder Magd will wissen, was ihr künfftiger Liebster vor Haare hat, die greiffe in der Christ-Nacht rücklings zur Stuben-Thür hinaus, so bekömmt sie solche Haare in die Hand 175


Das 7. Capitel.


Wenn einer eine Haasen-Lorber ohngefehr auf dem Felde oder im Walde findet, und dieselbe isset, so mag der Haase kommen / an wem er will, so wird der, der die Lorber gefunden hat, auch sein Theil davon haben 177


Das 8. Capitel.


Des Nachts soll niemand in Spiegel sehen, denn es ist nicht gut 178

Das 9. Capitel.


Wer mit Holtz, Stroh, oder anderer brennenden Materie, im Feuer oder Lichte gauckelt, der haruet hernach ins Bett 180


Das 10. Capitel.


Wenn eine Jungfer will wissen, ob sie in einem Jahre einen Mann kriegen werde / soll sie am Weyhnacht-heiligen Abend, oder in der Mitternacht an das Hüner-Hauß klopffen, und sagen: Gackert der Hahn, so krieg ich einen Mann, gackert die Henn, so krieg ich kenn 181


Das 11. Capitel.


Wenn zwey ledige Personen einander beyrathen, und sind beyde noch unbefleckt, also, daß sie eine reine Jungfrau ist, und er noch kein Weib berühret hat / so wird das erste Kind, das sie zeugen, ein Narr 184


Das 12. Capitel.


Wenn die Kinder auf denen Gassen mit Spiessen oder Fähnlein reiten / so ist es ein wahr, hafftiges Zeichen des Kriegs, so über das Land kommen wird 185


Das 13. Capitel.


Wenn sich die Kinder auf der Gassen mit denen Creutzen tragen, so ists ein Zeichen, darauf Sterben folget 186


Das 14. Capitel.


Wer kein Geld im Beutel hat, der soll sich hüten, das wenn der Mond neu ist, er ihn nicht in Beutel scheine, sonst wird er so lange dieser Monat währet, Geld-Mangel leiden 188


Das 15. Capitel.


Wer das Glück hat, daß die Störche ihr Nest auf sein Hauß oder Schorstein bauen, der wird lange leben und reich werden 190


Das 16. Capitel.


Wenn eine ledige Dirne will wissen, ob ihr Liebster werde gerade oder krumm seyn, die soll am Weyhnacht-heiligen Abend an eine Klaffter oder einen Stoß Holtz treten, und rücklings ein Scheit ausziehen, wie nun das Scheit ist, also wird auch der Liebste seyn 192


Das 17. Capitel.


Welche Dirne will wissen, wie ihr künfftiger Mann werde heissen / die soll den ersten Faden Garn / den sie des Tages spinnet, vor ihre Hauß-Thür spannen, wie nun der erste Vorbeygehende heist, also wird ihr künfftiger Mann auch heissen 195


Das 18. Capitel.


Es ist nicht gut wenn man einen Rost oder Dreyfuß aufs Feuer setzet / und leget nichts darauf 197

Das 19. Capitel.


Wenn ein Weib zu Bette gehet / und grüsset die Sterne am Himmel, so nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn 200


Das 20. Capitel.


Wenn man Stroh in ein Bette thut, soll man die Knoten nicht an denen Stroh-Bändern lassen, sonst kan niemand darauf schaffen 201


Das 21. Capitel.


Wenn ein Weib zu Marckte gehet, und hat früh, als sie die Schuh angezogen, den rechten Schuch erst angezogen, so wird sie ihre Waare theuer loß werden 203


Das 22. Capitel.


Wer ein Hembde an hat, welches vom Garn gewircket ist / das ein Mägdlein unter sieben Jahren gesponnen, der hat Glück darinnen 205


Das 23. Capitel.


Wenn es auf St. Johannis Tage regnet, so verderben selbiges Jahr die Nüsse, hingegen gerathen die Huren 208


Das 24. Capitel.


Am St. Johannis-Tage sollen sich die Bauern in Zwiebel-Beeten herum wältzen, so werden die Zwiebeln groß wachsen 209


Das 25. Capitel.


Am Bartholomäi-Tage sollen die Mägde nicht ins Kraut gehen, Blätter vor das Vieh zu holen 210

Das 26. Capitel.


Wer ein vier-blätteriges Klee-Blatt findet, der soll es werth halten, denn so lange er es hat, wird er glückseelig und reich seyn 212


Das 27. Capitel.


Wenn ein Raabe oder Krähe sich auf ein Hauß setzet, und schreyet / worinnen der Mann oder die Frau kranck liegt, ist es ein gewiß Zeichen, daß das Krancke sterben werde 216


Das 28. Capitel.


Die Schäfer dürffen in denen zwölff Christ-Nächten den Wolff nicht nennen, er zerreißt sonst die Schaafe 219


Das 29. Capitel.


Wenn man ein Kind läst einen Dattel-Kern bey sich tragen, so fällt es nicht, oder nimmt durch Fallen nicht Schaden 222


Das 30. Capitel.


Wenn iemand zum ersten mahl in ein Hauß kömmt, und darinnen schläfft, was ihm die erste Nacht träumet, das wird wahr 224


Das 31. Capitel.


So eine Frau oder Magd auf der Gassen oder Strassen ihr Strümpff-Band verlieret, ist es ein Zeichen, daß der Mann oder der Freyer nicht treu ist 225


Das 32. Capitel.


Wen s.v. der Hintere jucket, der wird bald Gevatter werden 227

Das 33. Capitel.


Ein Weib, das Abends zu Bette gehet, die soll ihren Stuhl, darauf sie gesessen, von der Stelle rücken, sonst drückt sie der Alp oder Nacht-Marr 230


Das 34. Capitel.


Wenn in einem Hause das Feuer auf dem Heerde brennet, so schlägt das Wetter nicht in das Hauß 233

Das 35. Capitel.


Ein Kalb, so am Valtens-Tage geworffen ist, dienet nicht zur Zucht 234

Das 36. Capitel.


Wenn einer über Land reiset, und begegnet ihm ein Wolff, Hirsch, Wild-Schwein, oder ein Bär, so ist es ein gut Zeichen 236


Das 37. Capitel


Wer ein Huf-Eisen oder ein Stück von einem Huff- Eisen findet, der soll Glück haben 238

Das 38. Capitel.


Wenn ein Weib oder Magd des Sonnabends ihren Rocken nicht abspinnet, so wird aus dem übrigen Flachs oder Werck kein gut Garn / und bleicht auch nimmer weiß 240


Das 39. Capitel.


Wer keine verzagten Kinder haben will, da soll der Vater stracks nach der Tauffe dem Kinde ein Schwerdt in die Hand geben, so sind sie stets kühne und behertzt 242


Das 40. Capitel.


So bald ein Knäblein gebohren ist, soll man es mit den Füssen an seines Vaters Brust stossen, so soll es nimmermehr kein böß Ende nehmen 244


Das 41. Capitel.


Ein nur gebohren Töchterlein soll man alsobald auf der Mutter Brust setzen, und sagen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen; so soll das Kind niemahls zu Falle kommen, oder in Schande gerathen 246


Das 42. Capitel.


Wem Frühmorgens eine Spinne auf dem Rocke kreucht, der wird des Tages glückseelig seyn 248

Das 43. Capitel.


Wenn ein Mann über Land reitet, und ihm ein Weib spinnend begegnet, ists ein böses Zeichen, derhalben soll er umkehren, und einen andern Weg reiten 249


Das 44. Capitel.


Wenn geläutet wird, und schlägt die Uhr darzu, so bedeutet es Feuer 251

Das 45. Capitel.


Ein neugebohren Kind soll man nicht zuerst auf die lincke Seite legen, es wird und bleibet sonst sein Lebtage linckisch 252


Das 46. Capitel.


Wer Felder hat, der soll am Walburgis-Abend mit Röhren darüber hinschiessen, so können die Hexen keinen Schaden an der Saat thun 254


Das 47. Capitel.


Am Fronleichnams-Tage eine blaue Korn-Blume mit der Wurtzel ausgeraufft stillet das Bluten der Nasen, wenn man sie in der Hand hält, biß sie erwarmet 256


Das 48. Capitel.


Am Tage Abdon soll man den Schilff aus den Teichen schneiden, und die Dornen aus den Feldern ausrotten, so wachsen solche nicht wieder heraus 258


Das 49. Capitel


Wenn einem Weibe der Halß oder die Kehle jucket, wird sie bald auf eine Hochzeit oder Kind-Tauff- Mahl gehen / jucket ihr aber der Kopff / so bekömmt sie bald Schläge 260


Das 50. Capitel.


Helle Christ-Nacht, finstere Scheunen, finstere Christ- Nacht, helle Scheunen 262

Das 51. Capitel.


Wer ein Erd-Hüngen oder eine Hauß-Otter beschädiget, oder nur siehet, der muß dasselbe Jahr sterben 263


Das 52. Capitel.


Ohren-Schmaltz an die Degen Spitze gestrichen, wenn man duelliren will, das löset des andern Festigkeit auf 266


Das 53. Capitel.


Wenn zwey Kinder-stillende Weiber zugleich mit einander, trincken, so trincket eine der andern die Milch ab 268


Das 54. Capitel.


Wer Brodt isset, davon ein anderer gebissen hat der wird dem andern feind oder gram 271

Das 55. Capitel.


Eine Weibs Person soll niemanden anders an ihren Schürtz-Tuche lassen die Hände abwischen, jenes wird ihr sonst gram 273


Das 56. Capitel.


Wenn die Schwalben in ein Hauß nisteln, bedeutets Armuth, die Sperlinge aber Glück und Reichthum 275

Das 57. Capitel.


Wem am H. Weyhnacht-Abend ein Reiffen von einem Gefäß springet, so stirbt das Jahr eines aus dem Hause 278


Das 58. Capitel


Wenn in einer Kirchen ein Licht auf dem Altare von sich selbst verlöscht; so stirbt bald ein Priester von dieser Kirchen 280


Das 59. Capitel.


Wenn eine Weibs-Person den Ohren Zwang hat, soll sie ein paar Manns-Hosen um den Kopff wickeln und schwitzen. 281


Das 60. Capitel.


Wenn die Mägde Zunder brennen, so müssen sie von Manns-Hembden Flecke darzu nehmen, von Weiber-Hembden fängt der Zunder nicht 283


Das 61. Capitel.


In der Christ-Nacht soll man nasse Stroh-Bänder um die Obst-Bäume binten, so werden sie fruchtbar 285


Das 62. Capitel.


Wer seine Obst-Bäume auf Fastnacht beschneidet, solche Bäume bekommen selbiges Jahr keine Raupen, und die Früchte keine Würmer 287


Das 63. Capitel.


Wer eine Katze oder Hund behalten will, daß sie nicht entlauffen / der treibe sie dreymahl um den Heerd, und reibe ihren Steiß an die Feuer-Mauer, so bleiben sie daheime 289


Das 64. Capitel.


Ein Mensch, der ehe den Wolff siehet, als der Wolff den Menschen, der darff sich nicht fürchten, daß ihm von solchem Wolffe ein Leid geschehe; wenn aber der Wolff den Menschen am ersten siehet, so ist der Mensch in Gefahr 291


Das 65. Capitel.


Am St. Johannis-Tage, in der Mittags-Stunde soll man St. Johannis-Blut sammlen / welches für viele Dinge gut seyn soll 293


Das 66. Capitel.


Wenn eine Elster auf einem Hause sitzt und schreyet, worinnen ein Krancker liegt / so wird der Krancke wieder gesund 295


Das 67. Capitel.


Wenn die Hunde heilen, bedeutets Unglück, drum soll man die Ohren zu halten, daß man sie nicht höret 297


Das 68. Capitel.


Wenn ein Bien-Schwarm sich an ein Hauß henget, so bedeutet es gern Feuers-Brunst 299

Das 69. Capitel.


So lange die Lerche vor Lichtmeß singet, so lange schweigt sie nach Lichtmeß wieder stille 301

Das 70. Capitel.


Wenn ein Jung-Gesell und eine Jungfer mit einander ein Kind aus der Tauffe heben, oder Gevatter stehen, soll der Pfarer sich zwischen sie stellen, sonst wo sie einander heyrathen, würde stets Uneinigkeit zwischen ihnen seyn 302


Das 71. Capitel.


Es soll einer seine Gevatterin nicht ehlichen, denn so offt sie sich ehelich vermischen, so donnerts, oder entstehet ein Gewitter 304


Das 72. Capitel.


Wer die erste Kanne Bier aus einem Fasse bekömmt, soll geschwind damit fortlauffen, so gehet das Bier bald ab 305


Das 73. Capitel.


Man soll die kleinen Kinder nicht mit blossen Füssen auf den Tisch treten lassen, denn sie bekommen davon böse Füsse 307


Das 74. Capitel.


Wenn man Abends zu Bette gehet, und löschet das Licht aus / soll man dasselbe ja nicht umgekehrt auf dem Leuchter stecken lassen, denn woferne sonst dieselbe Nacht Diebe ins Hauß kämen, könnte niemand im Hause vom Schlaft erwachen 309


Das 75. Capitel.


Ein Knäblein, das gebohren wird, wenn Venus Morgen-Stern ist / bekömmt ein viel jünger Weib, als er ist; ist aber Venus Abend-Stern, so bekömmt er ein älter Weib, als er ist, mit einem gebohrnen Mägdlein ist es aber das Gegenspiel 311


Das 76. Capitel.


Wer von der Mahlzeit gehet / soll das Brodt davon er gegessen hat, nicht lassen liegen, denn wenn es ein anders über einen Galgen wirfft, kan der, der davon gegessen hat / den Galgen nicht entgehen 315


Das 77. Capitel.


Ein Holunder-Strauch vor eine Stall-Thüre gepflantzet, bewahret das Vieh vor Zauberey 317

Das 78. Capitel.


Wer eine Schnur bey sich trägt, womit ein Bruchschneider einen geschnittenen Bruch verbunden gehabt, der mag eine Last heben, so schwer er will, so wird er sich nicht zerheben 319


Das 79. Capitel.


Wenn man ein Stück Holtz von einem aus der Erde gegrabenen Sarge ins Kraut stecket, so kommen keine Raupen hinein. 321


Das 80. Capitel.


Am Fastnachts-Tage soll man keine Suppe essen, es treufft einen sonst hernach stets die Nase 323

Das 81. Capitel.


Wenn man am Nicassi H. Abend den Nahmen Nicasius mit Kreide an die Thüren schreibt, so werden solche Logiamenter frey von Mäusen seyn 324


Das 82. Capitel.


Wenn ein Fuhrmann eine Otter- oder Schlangen Zunge in seine Peitsche flichtet, so werden seine Pferde ohne Schaden die grössesten Lasten aus einem Graben ziehen / und sich auch nicht übersauffen 327


Das 83. Capitel.


Am St. Peters-Tage soll man denen Hünern Nester machen, so legen sie viel Eyer 330

Das 84. Capitel.


Ein schwangeres Weib, das Gevatter wird, soll ja nicht das Kind selbst aus der Tauffe heben 331

Das 85. Capitel.


Wenn einem Frühmorgens zuerst eine reine Jungfrau oder ein Priester begegnet, so bedeutets Unglück; aber eine Hure bedeutet Glück 334


Das 86. Capitel.


Ein einmahl entwöhnet Kind soll niemahls wieder an die Brust geleget werden, denn es würde sonst ein Gottes Lästerer, und das mit seinem Maule alles beschreyen und in Ungedieg bringen kan 337


Das 87. Capitel.


Eine schwangere Frau soll unter keiner Wagen-Deichsel hinkriechen / sie muß sonst über die gewöhnliche Zeit schwanger gehen 340


Das 88. Capitel.

Der siebende Sohn ist glücklich etwas zu heilen, zu pflantzen, und zu allerhand Verrichtungen 342

Das 89. Capitel.


Maleficanten, wenn sie torquiret werden, auf daß sie ohne Bekenntniß Tortur ausstehen mögen / hängen einen Zettul auf den Rücken, darauf der 15. Vers aus dem 10. Psalm geschrieben ist 344


Das 90. Capitel.


Daß einer auf der Folter bald bekennen müsse, hängt er an den 17. Vers des 51. Psalms / oder den 2. Vers des 45. Psalms 345


Das 91. Capitel.


Wer Saltz und Brodt bey sich trägt, ist sicher für Zauberey 348

Das 92. Capitel.


Die Weiber und Säugammen sollen die Kinder mit Koth an der Stirne bestreichen, solches bewahret sie für Neid und Zauberey 349


Das 93. Capitel.


Für das Fieber drey Bissen gestohlen Brod genommen, in zwey Nuß-Schalen gespeyet, in ein Briefflein geschrieben und gesagt: Kuh, wilt du zu Stalle, Frörer, so geh du zu Walle! Ich zehl dir das zur Buß auf, im Nahmen GOttes des Vaters, des Sohnes und Heil Geistes 352


Das 94. Capitel.


Wenn eine Mauß einem am Kleide genaget hat, so bedeutets Unglück 355

Das 95. Capitel.


Wenn die Weiber oder Mägde Säcke waschen / so regnets hernach 357

Das 96. Capitel.


Wenn einer nieset bey Anziehung der Schuhe, so bedeutets ein Unglück 358

Das 97. Capitel.


Wider die fallende Seuche oder schwere Noth hilfft ein Zettul angehencket, darauf geschrieben stehet:


Caspar fert Myrram, Melchior Thus, Balthasar Aurum,
Hæc tria qui secum portabit nomina Regum,
Solvitur â morbo Christi pietate caduco 359

Das 98. Capitel.


An einem Freytage ein neuwaschen Hembde angezogen, dienet für das Grimmen 362

Das 99. Capitel.


Wer gestohlnen Käse oder Brod isset, der bekömmt den Schlucken davon 364

Das 100. Capitel.


Bey Vermeydung grossen Unglücks soll niemand über eine Spur gehen, allwo sich ein paar Hunde belauffen haben 365

Das dritte Hundert
Vor-Rede über das dritte und vierdte Hundert Aberglauben
Vor-Rede über das dritte und vierdte Hundert Aberglauben.

Alls ich ohnlängst in meiner gestriegelten Rocken-Philosophiæ zweyhundert allerhand närrische Aberglauben untersuchet / und nach möglichster Kürtze widerleget / auch solche / aus Liebe zur Wahrheit /und aus Haß zu allen zauberhafften abergläubischen Phantasien / meinem Neben-Christen zum Besten /dem Drucke übergeben; so habe am Ende derselben versprochen / daß / wenn selbige zwey hundert würden wohl aufgenommen werden / so wolte ich das dritte Hundert mit ehisten auch darzu bringen. Wann ich denn von dem Verleger vernommen / daß die ersten Exemplaria dieses Werckleins bey nahe schon verthan wären / und er gesonnen sey / solches ehistens wiederum aufs neue aufzulegen / weil er verspürte /daß es von jedermann gar wohl aufgenommen würde; So haben auch einige Liebhaber dieses Werckleins /wiewohl unbekannter Weise / durch den Verleger /Brieffe an mich befördert / darinnen sie nicht alleine melden / wie ihnen das Wercklein wohl gefiele / sondern ersuchen mich auch darbey / darmit fortzufahren / mit dem Erbieten / daß / so es mir an gnugsamer Materie mangelte / sie bedürffenden Falls mir mit ein-und andern an die Hand gehen wolten. Dieses hat mich angefrischet / sowohl das versprochene dritte Hundert / welches ich schon fertig hatte / der Presse zu übergeben / als auch das vierdte Hundert mit beyzufügen. Und weil ich eine solche Anzahl von diesen losen Glaubens-Puncten so bald zusammen gebracht habe / auch überdiß noch täglich mehr erfahre / daß ich bedürffenden Fall wohl bald noch ein Hundert mit anhängen könte; so kan der geehrteste Leser daraus abnehmen / wie sehr doch derer meisten Menschen Thun und Vornehmen mit unnützen / abgöttischen /und theils lächerlichen Aberglauben besudelt und vermenget sey: Und gehet mir bey nahe mit Aufsuchung derer Aberglauben / als wie manchem / der in einem Hause etlicher so genannten Schwaben gewahr wird /und solche auszurotten sich möglichst bemühet / aber bey Aufhebung derer Thielen in der Stuben / unter diesen des Ungeziefers so eine schreckliche Menge antrifft / daß er nicht weiß / wie er sie vertilgen soll; Dahero einen Kessel siedend Wasser über solche herschüttet / und alle zugleich verbrennet / ausser die /welche sich anderswo hin verlauffen haben. Denn wenn ich alle die Aberglauben / die mir täglich zu Ohren kommen / wolte eintzeln durchhecheln / so würde ein grosser Foliante daraus werden. Daß ichs demnach zu diesem mahl mit vier Hunderten bewenden lasse / thue ich, weil in diesen hoffendlich so viel wird vorkommen / daß ein Verständiger gar leicht die übrigen alle / die in dieser Zahl nicht mit begriffen sind / wird beurtheilen können / in was für Verstande solche anzusehen seyn. Unterdessen bitte ich / der geehrteste Leser wolle sich noch ferner diese meine zwar geringe / iedoch wohlgemeynte / und hoffendlich nicht vergebliche Arbeit gefallen lassen. Den Tadler aber ersuche ich / nicht nur seinen schmähsüchtigen Rüssel hieran zu reiben / sondern lieber das / was er tadelt besser zu machen.

AUTOR.

Das 1. Capitel
[369] [6]Das 1. Capitel.
In der Mitternacht vor dem Johannis-Tage soll man Teufels-Abbiß graben / so sind die Wurtzeln unabgebissen / und dienet alsdenn den Teufel zu vertreiben / und zu andern Dingen mehr.

Ey, sehet ihr Leute, wie die Natur spielet! Was viel frißt, macht viel Mist. Drum halt, laßt sehen, ob uns diese Wissenschafft noch zu mehrern Nutzen dienen kan: In der Mitternacht vor Sanct Johannis-Tage soll der Teufels Abbiß an der mittlern Wurtzel nicht stumpff seyn, sondern eine gantze Wurtzel gerade in die Erde haben, weil zu solcher Zeit der Teufel (als welcher denen Menschen diese Wurtzel, um ihrer grossen Krafft willen / nicht gönnet / und sie deßwegen alle abbeisset) keine Gewalt haben soll, solche abzubeissen, biß wieder nach Mitternacht alsdenn ist keine mehr unabgebissen anzutreffen. Ergo, so muß der Teufel in dem moment, da die Mitternacht vorbey ist, gleichsam so schnell als der Blitz, in der Erden, als eine Schur-Mauß oder Maulwurff herum reiten, und diese Wurtzeln abfressen. Der arme Teufel hat solcher gestalt sehr viel zu thun / und wäre kein Wunder, daß er den Tag hernach sich s.v. zu todte hofierte; Denn, wie gesagt: Wer viel frißt, macht viel [6] Mist. Darum wäre mein ohnmaßgeblicher Rath, daß diejenigen Leute / welche in der Nacht die Wurtzeln grüben, hernach auflauerten und sähen, wenn der Teufel sich so voll frässe, wohin er zu Stuhle gienge, ob sie könnten seines Koths einer guten Qvantität theilhafftig werden, den sie hernach denen Materialisten und Apotheckern verhandeln könnten; Sie müssen sich aber in acht nehmen, daß es ihnen nicht etwan gehet, als wie jenem Bauer, welcher in einen Wald, Heidelbeeren zu suchen, gangen war, wie er aber ohngefehr eines Kohlenbrenners gewahr worden, welcher niedergekauert, und s.v. seine Nothdurfft verrichtet / hatte der gute Bauer vermeynet, es wäre der Teufel, versteckt sich derowegen hinter einen Busch, biß der Kohlenbrenner fertig ist, und hinweg gehet / worauf der Bauer hinschleicht, ein Stück Baum Rinde nimmt, und den warmen Koth in sein Köberlein zum Heidelbeeren legt, in Meynung, daß er da den rechten Teufels-Dreck erschnappet hätte. Voller Freuden wandert er damit nach der nähesten Stadt, gehet in eine Apothecke, und fragt, wie theuer ein Pfund Teufels-Dreck wäre; als er davon Bescheid erhalten, bietet er dem Apothecker seinen zu verkauffen um einen bessern Preiß an; der Apothecker fragt, wo er solchen bekommen hätte /worauf der Bauer seinen Kober eröffnet, und zur Antwort gegeben hatte / welcher gestalt er das Glück zu diesem Schatze gehabt hätte. Allein der gute Bauer, ob er gleich Glück zum Finden gehabt hatte, so war er [7] doch unglücklich im Handel; Denn ob er gleich auf seine Seele schwur / der Koth wäre unverfälscht, und hätte er selbst gesehen, daß ihn der Teufel gehofiret hätte, so sagte doch der Apothecker, es wäre kein Teufels-Dreck. Muste derowegen das arme Bäuerlein seinen Unflath wieder heimtragen / und die Heidelbeere waren dadurch auch verderbt und stinckend worden. Auf daß ich aber von der Betrachtung des Teufels-Abbisses mich nicht zu weit abwende, so erachte vor nöthig zu untersuchen, was das Sagen von der Mitternachts-Zeit vor dem St. Johannis-Tage, und die gantzen Wurtzeln des so genannten Teufels-Abbisses in solcher Zeit, und denn die abgebissenen Wurtzeln vor einen Grund haben kan, wie auch endlich, was von der Krafft, die man der unabgebissenen Wurtzel zuschreiben will, zu halten sey? Aus dieser Wunder-Sache aber desto leichter heraus zu kommen, ist vonnöthen, vorhero die Eigenschafft des Teufels erst zu beobachten, als welcher nach dem thörichten Vorgeben derer abergläubischen Haasen-Köpffe die mittlern Wurtzeln von dem Abbiß abfressen soll. In Erwegung nun, daß der Teufel ein Geist ist, der weder Fleisch noch Bein hat, so wird mir ein ieder vernünfftiger Mensch zugestehen müssen, daß er nicht von solchem Geschicke sey / daß er eine eintzige, will geschweigen so viel tausend Millionen Wurtzeln, in einem moment abbeissen solte können. Denn was beist, das muß Zähne haben, die aber dem Teufel / als einem Geist, ermangeln, und ob ich zwar D. Bekkers[8] Meynung nicht beypflichte / als ob der Teufel gar keine Gewalt hätte, in der Welt auf einige Cörper zu würcken / so ist es doch gewiß, daß weil GOtt der Allmächtige der Schöpffer aller Gewächse ist, so lässet er nicht zu, daß sein und unser ärgster Feind, der Teufel, sich so viel heraus nehmen könnte, und das gerinste Pfläntzgen, das GOtt gut erschaffen hat, dem Schöpffer gleichsam zum Hohn, und denen Menschen zum Nachtheil und Schaden, verderben, und zwar also, daß kein eintziger Mensch die Güte geniessen könne, ein solch gut geschaffen Gewächs in seiner geschaffenen Vollkommenheit zu sehen, ausser / wenn es in Mitternacht, vor dem St. Johannis-Tage, ausgegraben würde. Alleine, es fällt das Sagen und närrische Meynung von der Zeit der Mitternacht vor Johannis von sich selbst, in Erwegung, daß der so genannte Teufels-Abbiß auch vor dieser Mitternacht keine volle Wurtzel in der mitten gerade hinunter in die Erde hat, und kan demnach unmöglich in einem Augenblick wachsen, und den andern wieder vergehen; denn das läufft wider die Art der Natur, und auch wider die gesunde Vernunfft, daß eine Wurtzel in einem Augenblick wachsen und auch wieder vergehen kan. Ist demnach die Mitternacht-Zeit nichts anders, als eine Zeit und Gelegenheit / darinnen manchen abergläubischen Haasen-Kopffe die närrischen Träume wachsen, die mehr versprechen und anweisen, als die Natur darreichen kan, sintemahl weder zu solcher Mitternacht-Zeit, noch ein ander [9] mahl, der so genannte Teufels-Abbiß mitten mit einer gerade in die Erde wachsenden langen Wurtzel wird gefunden werden, und so ja auch dergleichen gefunden würde (wie denn selten eine Art von Gewächsen ist, die nicht zu weilen aus ihrer Art und Eigenschafft der Gestalt nach abtreten, und eine fremde Figur vorstellen solte) so würde es doch von keiner andern als der allgemeinen Krafft seyn. Weil der Teufels-Abbiß aber von Natur die Gestalt hat, als ob er in der Mitte unten abgebissen wäre, da es doch nicht abgebissen, sondern abgefaulet ist, denn dieses Gewächs die Eigenschafft hat, daß die Wurtzel stets von unten hinauf faulet und vermodert, hingegen oben gegen das Kraut zu frische Zaseln auf die Seite hinaus wachsen, also ist bey denen unbedachtsamen, abergläubischen Leuten die Meynung entstanden, ob würde der mittlere Sturtzel unter den Neben-Zaseln vom Teufel stets abgebissen, auf daß der Mensch der Wurtzel grosse Krafft nicht theilhafftig werden könne. Und daher ist diesem Gewächs auch der närrische Nahme, Teufels-Abbiß, gegeben worden, da es doch eine offenbare Thorheit ist, die ein Mensch von gesunder Vernunfft billich nicht von sich solte vernehmen lassen. Und ob ich gleich bey diesem Punct noch eines und das andere zum Beweiß der Thorheit anführen könnte, so muß ich doch um beliebiger Kürtze willen abbrechen / weil dieses Capitel ohnedem länger worden, als mein Wille gewesen, und wird gnug seyn, wenn ich nur noch sage:


[10]

Solt in der Johannis-Nacht denn der arge Teufel Nicht so mächtig, als sonst, seyn? ja wohl, ohne Zweifel; Doch ist er so mächtig nicht, daß er könnt abbeissen Eine Wurtzel, weils ihm nicht von GOtt ist geheissen; Auch wär das ein alber Ding, wenn man wolte sagen Ob ließ er sich treiben ab, und weit weg verjagen Mit der Wurtzel, die er doch könnte selber fressen; Drum sinds Lügen, welches kan iedermann ermessen.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Sanct Johannis-Kraut ist von so grosser Krafft / den Teufel und Hexen zu vertreiben / dahero auch der Teufel / aus Boßheit / dieses Krauts Blätter alle mit Nadeln durchsticht.

Weil dieses Vorgeben mit dem vorigen gleiches Schlages ist, so werde ich nicht Ursach haben, solches gar weitläufftig zu untersuchen. Es ist fast iedermann bekannt, daß die Blätter an dem Johannis Kraute, wenn man sie gegen die Sonne oder das Lichte hält, das Ansehen haben, ob wären sie voller kleinen mit Nadeln gestochenen Löchlein. Hiervon aber hat die abergläubische Welt nichts anders ersinnen können, als es müste der Teufel solche Löchlein mit Nadeln also stechen, entweder wegen der gegen dieses Kraut tragenden grossen Feindschafft, oder aus Neid, weil dieses Kraut von so grosser Krafft sey, damit er durch solch Durchstehen dessen Krafft verderben möchte /daß sie denen Menschen nicht zu Nutze käme. Allein, welcher vernünfftiger [11] Mensch kan wohl so tumm seyn / daß er nicht solte begreiffen können, wie dieses Vorgeben nichts, denn eine lautere Phantasie sey? Denn wer solche närrische Gedancken von dem Teufel haben wolte, der müste ihn nicht ansehen als einen Geist, sondern, als ob er ein cörperliches und begreifliches Geschöpffe wäre, welches aber schnurstracks wider die heilige Schrifft streitet. Also kan der Teufel kein Gewächs weder mit Nadeln durchstechen, noch mit Zähnen zerbeissen, sondern muß, wider seinen Willen / alle Geschöpffe GOttes in der Krafft und Güte, als wie sie von GOtt denen Menschen gegönnet werden, unverderbet lassen; und ist diese Meynung von dem Durchstechen derer Blätter des Johannis-Krauts gantz falsch. Auch ist an der Krafft, die die das Johannis-Kraut wider den Teufel oder dessen Gewalt haben soll, im gerinsten nichts; aber die Krafft und Tugend, welche dieses Kraut zu derer Menschen Nützen hat, bleibet ihm / ob gleich die Blätter das Ansehen haben, ob wären sie mit Nadeln gestochen, und ist dieses des Krauts natürliche Gestalt / daß die Blätter solche helle Tüppeln haben, als ob es mit einer Nadel gestochene Löchlein wären. Weil aber die abergläubische Rotte einmahl auf eine so närrische Meynung von diesem Kraute gefallen ist, so bleibet ihr Anhang hinfort noch ferner beständig auf solchen Gedancken, nicht bedenckend, daß dieses Gewächs von Natur nicht anders hervor kömmt. Zu verwundern ist es / daß vor Alters auch wohl gelehrte Leute es mit [12] einem so einfältigen Nahmen benennet haben, als wenn sie es Fugam Dæmonum, zu teutsch, Jage-Teufel und Teufels-Flug betittelt haben, woraus zur Gnüge das Wort des Psalmisten wahr gemacht wird: Grosse Leute fehlen auch. Ja es hat vor Alters ein vor klug gehaltener / aber in Wahrheit sehr einfältiger Poete folgenden albern Reim hiervon gesetzt:


Dost, Harthan, (ist St. Johannis-Kraut,) und weisse Heyd

Thun dem Teufel vieles Leid.


Aber, das müste ein sehr einfältiger Teufel seyn, der sich durch diese drey Kräuter beleidigen liesse, ja ich hielte vor klüger / wann, an statt, thun dem Teufel vieles Leid, wäre gesetzt worden: Macht dem Teufel manche Freud; Denn der Teufel freuet sich, daß durch diese und dergleichen Dinge mehr so viel Leute in Aberglauben verwickelt, und in seinen Dienst gebracht werden. Ist demnach einem verständigen Leser genug gesagt, daß das Harthau oder Johannis-Kraut im geringsten nichts wider des Teufels Gewalt taug, vielweniger, daß der Teufel um deswillen solches Kraut zu verderben, oder mit Nadeln zu durchstechen mächtig sey.


Manch dummer Mensch ersinnt viel albre närrsche Sachen, Worüber gegentheils ein Witziger muß lachen. Wie solt ein böser Geist ein Kraut mit Nadeln stechen, Als welcher ja nicht kan ein Hälmgen Stroh zerbrechen, Wenns GOtt ihm nicht befiehlt, und aus Erheblichkeit Ihm irgend lässet zu? Drum ist es nur Thorheit.

Das 3. Capitel
[13] Das 3. Capitel.
Wenn eines in einem Hause oder mogiament stirbt /so sollen alsobald die Fenster aufgemacht werden /auf daß die Seele kan hinaus fahren.

Weil diese Sache so gar klug und vorsichtig ersonnen ist, so will vonnöthen seyn, daß ich meine Frage, die ich deswegen thun will, desto alberer anstelle, auf daß die Krümme in die Beuge kömmt, und das Werck, wegen gar zu grosser Klugheit, bey einfältigen Leuten nicht irgend unvernehmlich fallen möchte, zumahl bey solchen, die noch nicht wissen, was weit und enge, dicke oder dünne, klein oder groß ist. Frage demnach billig: Wie es alsdenn gehalten wird, wenn der Verstorbene ein grosser, dicker, vierschrötiger Bauer gewesen ist, und die Fenstergen sind so kleine, daß die grosse Seele keinen Raum findet / dadurch zu fahren, darinnen sie könte hangen bleiben, oder sich an die Nase stossen? Wäre dahero, meines Erachtens, ja besser / daß man die Fenster, mit samt denen Rähmen, aushübe, am allerbesten und sichersten aber / daß man gar eine Wand einrisse, so könte die liebe Seele mit Wagen und Pferden hinaus fahren. Hierauf wird mir ohne Zweifel das gantze Collegium Philosophiæ Colus antworten: Alberer Mann! die Seele braucht so grossen Raum nicht, und kan gar leichte hindurch kommen; denn ein Geist braucht zum Durchzuge [14] eben keinen grossen Thor-Weg. Gut! Wenn das die Antwort auf meine einfältige Frage ist, wie ich vermeyne, daß sie es seyn wird, so werde ich nicht irren, wenn ich sage, daß / so die Seele zu ihrer Ausfahrt keinen grossen Raum braucht oder vonnöthen hat, so braucht sie auch keinen kleinen; Also braucht sie gar keinen Raum. Kan derohalben das Fenster um der Seelen willen wohl zubleiben. Und so die Seele ein Geist ist, wie man sagt, und wie sie auch in Wahrheit ist, so hoffe ich, man wird mir auch zugestehen müssen, daß ein Geist ein solch subtiles und unbegreifliches Wesen sey, daß schwerlich etwas wird ersonnen werden können, welches unbegreiflicher wäre, man wolte denn den unerschaffenen Geist, welcher alles in allen ist, nehmlich GOtt selbst, verstehen. Bey so gestalten Sachen nun thue ich noch eine Frage, nehmlich: Wenn einer in einem verschlossenen Gemach sitzet, wie er denn mit seinen Gedancken kan heraus kommen, daß er nicht zum wenigsten ein Fenster darzu aufmache, dadurch die Gedancken hinaus wandern? Ich kan mir zwar leichte einbilden, daß man mir ohngefehr hierauf diese Antwort geben wird: Meine Frage wäre abermahls gar zu alber und abgeschmackt, sintemahl ein grosser Unterscheid unter einer Seelen oder Geiste, und unter denen Gedancken wäre, denn es könte einer e.g. in Hamburg seyn, und in einem Augenblick nach Constantinopel dencken; aber ein Geist könte nicht in einem Augenblick von Hamburg nach Constantinopel kommen. Auf diesen [15] Einwurff will ich zwar nichts sagen, sondern habe hierbey meine ungebundene Meynung, und lasse einem andern auch seinen Willen und Gedancken; Jedoch gebe ich nur zu bedencken, ob denn ein Geist oder die Seele cörperlicher und unbegreiflicher sey, als die Gedancken, die eine Frucht der Seelen sind? Was vom Geist gebohren ist, das ist Geist. Kurtz / um der ausfahrenden Seelen willen darff man kein Fenster eröffnen, wenn man nicht vor einen einfältigen albern Geck will gehalten seyn. Es thut sich aber noch etwas anders hervor, wodurch die Eröffnung der Fenster will beschöniget werden, nehmlich: Man sagt, daß von einem Krancken bey dem Tode / oder bey der Scheidung Leibes und der Seelen, zugleich die malignität von der Kranckheit hefftiger, als sonst, evaporirte; und damit solche desto freyere Lufft hätte zu verfliegen, würde um deswillen ein Fenster aufgemacht. Wider die Beschönigung will ich zwar nichts einwenden, weil es nicht mit unter die Aberglauben zu rechnen ist, und ich auch nur mich mit meinem Widersprechen in einen weitläufftigen Disputat mit manchen vornehmen Männern würde einlassen müssen. Jedoch, so iemand wäre, der Lust zu zancken hätte, würde ich mich nicht scheuen, zur Gnüge ihm zu erweisen, daß die Eröffnung der Fenster auch in diesem Fall gantz und gar unnütze, und theils noch schädlich wäre.


[16]

Kan ein verklärter Leib durch Wand und Mauern gehen, So darff auch vor die Seel kein Fenster offen stehen. Sie findet wohl den Weg, dahin sie ist bestimmet, Wenn in ihr nur der Glaub an JEsum hat geglimmet, Da sie im Leib noch war; So kriegt sie bald Geferten, Wenn sie die Engel schnell in Himmel tragen werden.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Wenn ein Kind soll fromm werden / so muß es die Pathe / oder das Weib / das es von der Tauffe aus der Kirche in das Hauß oder Wochen-Stube bringet /alsbald unter den Tisch legen / und der Vater muß es wieder hervor nehmen / und der Mutter geben / so wird es ein fromm Kind.

Das scheinet gar ein schönes Kunst-Stücklein zu seyn, fromme Kinder zu machen; weil aber nicht probatum est dabey stehet, so besorge ich noch / es dürffte in der Probe nicht bestehen. Auch kömmt mir die Sache etwas zweifelhafftig vor, weil der Vater soll das Kind wieder unter dem Tisch hervornehmen / da doch manche Wöchnerin (die ehrlichen Weiber ausgenommen) selbst nicht einmahl weiß, wer ihres Kindes Vater ist. Es heißt zwar allezeit der Wöchnerin ihr Ehemann des Kindes Vater, allein offtmahls verdient er diesen Titul nicht, weil er manchmahl, will nicht sagen wissendlich, mit Neben-Buhlern haußgehalten hat. Und solche Gümpel sind hernach am allerwilligsten, das unter dem Tische liegende Kind hervorzuziehen, und vor ihr eignes [17] auf- und anzunehmen, haben auch noch wohl grosse Freude darüber, wenn ein alt Weib auf der Seiten stehet, und spricht: Das Kind sehe aus, als ob es ihme, dem so genannten Herrn Vater, aus den Augen geschnitten wäre. Ja wohl, alberer Schöps! ist dirs aus den Augen geschnitten, darüber du bald gar um dein Auge hättest kommen können, denn dein Weib hat dich offt blind gezaubert /daß du nicht hast gesehen, was für Helffer und Mit-Arbeiter du gehabt hast. Es werden mich hoffendlich meine Gedancken nicht betrügen, wenn ich argwöhne, daß die Gauckeley, welche hier mit dem Kinde vorgenommen wird, nicht so wohl geschicht, um hierdurch das Kind fromm zu machen, als vielmehr hiermit zu probiren, ob auch der Mann so ein alberer Weiber-Narr seyn, und das unter dem Tisch gelegte Kind hervor langen werde. Da denn / wenn dieses geschicht, zur Gnüge erhellet, daß ein solcher einfältiger Schöps sich noch in andern Dingen mehr dem Willen seiner lieben Frauen unterwerffen werde. Denn ich kan zum wenigsten nicht begreiffen, wie durch solche Ceremonien dem Kinde einige Frömmigkeit zuwachsen könne, sondern halte gäntzlich davor, daß es blosse abergläubische Hülpers Griffe derer losen Weiber seyn. Drüm frage ich euch abergläubischen Weiber:


Liegt denn die Frömmigkeit unter dem Tisch verwahret, Daß ihr so wunderlich mit euern Kind gepahret, Als ob es unterm Tisch dieselbige solt' finden; Ich kan die Narrethey in Wahrheit nicht ergründen. Und ist ein solcher Mann, der eurer Thorheit glaubet, Ein ärgrer Narr als ihr, und des Verstands beraubet.

Das 5. Capitel
[18] Das 5. Capitel.
In welchem Jahre keine Eißfarth wird / in solchem geräth die Gerste nicht wohl.

Dieses ist also zu verstehen, wenn nemlich im Früh-Jahre Thau-Wetter einfället, davon die Flüsse und Wasser-Ströme aufbrechen und die Eyß-Schollen häuffig daher schwimmen, solches nennet man insgemein eine Eißfarth. Wenn aber das Wetter so beschaffen ist, daß es nur successive thauet / und das Eyß auf denen gefrornen Strömen allsachte hinweg gehet, daß keine grosse Stücken auf denen Strömen treiben, so heist es keine Eyßfarth, und soll also bey solcher Bewandniß (dem abergläubischen Fürgeben nach) selbiges Jahr die Gerste verderben. Allein, ich kan nicht begreiffen, was die Eyßfarth mit dem Wachsthum der Gerste vor Verwandschafft haben solle? Denn obgleich einige wolten einwenden, als ob es gar vernünfftig und natürlicher weise könte behauptet werden, in Ansehung des Gewitters, wenn nemlich auf langen harten Frost ein schnelles Thau-Wetter einfiele, und eine Eißfarth machte, so wäre es der Gersten-Saat zuträglicher, als wenn es lange des Nachts scharff gefröhre, und hingegen des Tages, wegen der schon hochgestiegenen Sonne, thauete, dadurch nach und nach das Eyß vergienge / und keine Eyßfarth werden könte, welche Witterung der Gerste nicht wohl zu statten käme, und was dergleichen Vorgeben [19] mehr seyn möchte; so scheinet dieses alles doch schlechten Beweiß abzugeben, und kan ich mich dieses keinesweges bereden lassen, weil die Eyßfahrten nicht allemahl zu einer Zeit im Jahre geschehen / sondern manchmahl früh im Jahre, zuweilen auch langsam,item, zuweilen gefriert es nach geschehener Eyßfahrt noch hefftig und lange / zuweilen bleibet auch wohl der Winter nach der Eyßfahrt gar aussen / und lässet sich zu einem beständigen Frühlings-Wetter an / welche Veränderungen ja sicherlich nicht einerley effectuiren können. Uber dieses, so habe ich aus der Erfahrung, daß gar nichts auf dieses Fürgeben zu trauen sey, weil manch Jahr, da keine Eyßfahrt gewesen ist, dennoch die Gerste wohl gerathen; hingegen, wenn starcke Eyßfarthen gewesen, die Gerste verdorben ist, welches eine Sonnen-klare Widerlegung dieses Aberglaubens ist. Also ist und bleibet es ein Aberglaube, ohnerachtet mancher die Sache also vorzustellen sich bemühet, und erweisen will, ob hätte alles um der Witterung willen seine natürlichen Ursachen.


Die Erfahrung hat bißher sattsam uns gelehret, Daß die Zeiten mit der Zeit ziemlich sind verkehret, Drum ob gleich auch olim hätt etwas eingetroffen, So darff man doch itzt nicht mehr solche Dinge hoffen. Zu dem, so ists Phantasie, worauf nichts zu halten. GOtt ists, der uns Früchte giebt, drüm laßt den nur walten.

Das 6. Capitel
Das 6. Capitel.
Wenn an einem Orte ein Wehr in einen [20] Strohm gebauet wird / so regnet es nicht in selbigen Lande /biß das Wehr fertig ist.

Ob gleich theils vernünfftige Leute sich kaum einbilden können, daß es unter denen Menschen so gar verruckte, und der gesunden Vernunfft ermangelnde Narren gäbe, die solch gar zu abgeschmackt thöricht Zeug fürgeben könten / so kan ich doch selbst bezeugen, daß ich in eben diesem itzt vorhabenden Punct wohl ehemahls mich mit solchen Leuten gezancket habe, welche doch vor klug und verständig haben wollen angesehen seyn, und haben wohl ihre Seele bey tausend Teufelholen zu verschweren sich vermessendlich unterstanden, daß es so lange nicht regnen könte, wenn ein Wehr gebauet würde, als biß es fertig wäre. Woher nun diese Thorheit ihren Ursprung genommen haben mag, kan man leicht erachten: Wenn man Wasser-Gebäude, und sonderlich Wehre bauen will, so muß man die Zeit und Gelegenheit in acht nehmen, wenn die Ströme klein sind, und gut trocken Wetter ist vorher aber muß man alles, das zum Bau gehöret, im Vorrath halten und anschaffen /und wenn man die Arbeit im Wasser anfänget, muß man so viel Arbeiter darzu anlegen, daß sie aufs allerschleunigste mit dem Bau fertig werden, weil noch das Wetter gut bleibet, u. ehe Regenwetter einfället, und die Arbeit verhindert, oder ein groß Wasser das angefangene Werck vor der Endigung wieder übern Hauffen reißt. Da nun gemeiniglich [21] von Klugen und Bau-Verständigen dieses genau observiret wird, daß solcher Bau (wenn das Glück gut ist) vor einfallenden Regen zur perfection kömmt, so sind einige Aberglauben- liebende Phantasten auf die närrischen Gedancken gerathen, als ob es nicht ehe regnen könte, wenn ein Wehr gebauet würde, als biß solcher Bau fertig wäre; Und was alsdenn solche Leute einmahl sich in ihr Haasen-Gehirn imprimiren, das lassen sie sich hernach auch nicht ausreden. Sonderlich aber sind diejenigen am allereiferigsten in solcher abergläubischen Religion, welche die Sache nur von Hören-sagen haben, oder in der Narren-Philosophie informiret sind, die schweren denn Stein und Bein, es sey die Sache gewiß wahr, und wenn ein anderer ihnen opponiret, mit dem zancken sie sich wohl biß aufs Schlagen. Auf daß aber dieses ietzt vorhabenden Puncts halber ins künfftige kein Zanck mehr, viel weniger gar ein kleines Blutvergisssen oder Schlägerey entstehen möge, so will ich einen jedweden, der noch in solcher närrischen Meynung ersoffen ist, zu denen alten, erfahrnen und verständigen Zimmerleuten gewiesen haben, die werden zur Gnüge bezeugen, daß sie mehrmahls, durch eingefallen Regen-Wetter, an Bauung ein- und andern Wehres sind verhindert worden, welches hoffentlich Beweiß gnug seyn wird / daß dieser Glaubens-Punct mit Recht eine Stelle unter den gestriegelten Aberglauben bekommen hat.


Wer klug ist / schickt sich in die Zeit, Und ist stets fertig und bereit, [22] Daß er mit allen richtig sey, Wenn die Beqvemlichkeit vorbey. Bey grossen Regn und Wasserfluth Baut sichs in Flüssen gar nicht gut, Drum baut der wohl und mit Bedacht; Der Zeit und Wetter nimmt in acht.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Daß eine Ganß / wenn sie weg läufft / müsse wieder kommen / soll man sie folgender massen einsegnen: Man stecke sie drey mahl durch die Beine / und käue drey Bissen Brod / gebe solches der Ganß zu fressen /und spreche: So lauff hin in GOttes Nahmen / so bleibt sie nicht aussen / wenn sie weg läufft.

Diese Art, das Vieh ein zusegnen, daß es nicht aussen bleibe, wenn es weg läufft, habe ich schon mehrmahl gesehen, und sonderlich erinnere ich mich, daß ich einmahl ein Paar Tauben kauffte, die ich wolte ausfliegen lassen, aber weil ich besorgte, sie würden nicht wieder kommen, gab mir das Weib, die mir die Tauben verkauffte, den Rath, ich solte sie folgender massen einsegnen nehmlich: Ich solte die Tauben 3. mahl durch die Beine stecken, und sagen: Bleibt fein daheime, – – – (den andern Vers verbietet die Erbarkeit zu melden) und alsdenn solte ich aus meinen Hand Becken ihnen die Beine waschen, und also auf den Taubenschlag oder Höler setzen, so kämen sie unfehlbar wieder. Ich stellete aber die Tauben ohne solche Ceremonien ein, und hatte eben auch das Glück / [23] daß sie eingewohnten, und so ich die zauberhaffte Gauckeley hätte vollbracht / so hätte es müssen die Ursach seyn, daß die Tauben geblieben wären. Gleiche Bewandniß hat der Teufels-Gebrauch mit den Einsegnen derer Gänse und andern Vieh. Wer diese Teuffeley practiciret, dem kommen seine Gänse wieder heim, wenn er sie auslässet, u. wer dieses nichtpracticiret, dem kommen sie auch wieder heim; nun sage mir doch einer, was denn wohl das Einsegnen hilfft, da auf beyderley Wege einerley erfolget? Soll man demnach diejenige Leute nicht vor toll und thörigte Narren achten, welche solche alberne Chosen vornehmen? Soll man sie nicht vor rechte Gotteslästerer halten, weil sie bey solchen Einsegnen nicht allein nur schlechter dings den Nahmen GOttes, sondern gewöhnlicher massen die Nahmen GOttes, sondern gewöhnlicher massen die Nahmen der drey Personen der heil. dreyeinigen Gottheit höchststraffbar zu mißbrauchen pflegen. Die Gänse, ohnerachtet sie von männiglich vor gar alberne Thiere gehalten werden, kan ich doch, mit gewisser Bedingung noch vor klüger achten, als solche unvernünfftige Menschen, welche die Gänse zum Bleiben oder Wieder heimkommen einsegnen wollen. Denn wenn die Gänse zwey oder drey mahl von dem Hirten aus- und eingetrieben worden sind, so darff sie hernach derselbe nicht mehr heim treiben, sondern sie werden die Gasse und das Hauß, darein sie gehören, perfecter finden als manch Mensch, ob sie gleich nimmermehr auf solche albere Hexen-Art sind eingesegnet worden, und dieses thun auch die Schweine und ander dergleichen [24] Vieh, ohne Einsegnen. Wenn aber eine Ganß oder ander Thier von iemanden eingefangen und eingesperret würde, so würde es auch auf ein hundertfaches Einsegnen nicht wieder an seinen gehörigen Ort kommen. Woraus ja gnugsam zu ersehen, daß das verfluchte Einsegnen nichts ist, als ein blosser Teufels-Dienst, und dennoch wollen sich viele gottlose Weiber nicht davon abrathen lassen. Wenn bey dem Gänse-Einsegnen nicht der heilige Nahme GOttes gemißbrauchet würde, so wolte ich zwar die übrigen Ceremonien, als einen Spaß, passiren lassen; Denn daß weiß ich wohl / daß, wenn man die Gänse zwischen die Beine steckt, solche gemeiniglich hernach nicht mehr weglauffen, denn man setzt ihnen gern das Schlacht-Messer an den Halß, da kan es denn nicht fehlen, daß sie bleiben müssen. Es bleibet aber dabey:


Gauckeln, Zaubern, Gänse segnen, Nicht gern iederman begegnen, Geister bannen, Schätze graben, Heiligthümer bey sich haben, Zum festmachen Schrifft verschlucken, Und in die Crystallen gucken, Feur Versprechen, Tage Wählen, Und der Vögel Schreyen zählen, Alraunmänngen fleißig pflegen, Holtz ins Wochen Bette legen, Hände-Schauen und Wahrsagen, Characteres bey sich tragen / Solche Stückgen allzusammen, Ja ein iedes kan verdammen.

Das 8. Capitel
[25] Das 8. Capitel.
Vor das kalte Fieber soll der Patient in währendenParoxysmo, wenn er irgend vor Mattigkeit nicht gehen kan / an ein fliessend Wasser krichen / eine Hand voll Saltz nehmen / und dieses ins Wasser /dem Flusse nach / streuen / und sagen: Ich säe meinen Saamen in GOttes Nahmen / wenn dieser Saamen wird aufgehen / so will ich mein Kaltes wieder sehen /das zahl ich dir zur Buß / im Nahmen GOttes des V.S. und H.G.

Eine nachdrückliche Cur vors Fieber! Und mag sichs der Mühe verlohnen oder nicht, so will ich diese Sache von Anfang biß zu Ende in möglichster Kürtze durchgehen. Anlangend demnach das Krichen des Patientens an ein fliessend Wasser, so ists eine offenbare Narrheit, denn wenn der Patiente so schwach ist, daß er nicht geben kan, so will ich mein Leben verwetten, daß er vielweniger wird krichen können, weil bekannter massen einem gesunden Menschen das Krichen viel beschwerlicher ankommen wird, als das Gehen, will geschweigen einem Krancken; Wer demnach nicht geben kan / muß diese Cur einstellen / weil er gewiß desto weniger wird können krichen. Daß es an ein fliessend und nicht stehend Wasser soll geschehen, hat auch seine Ursach, und soll ohne Zweifel die Kranckheit dahin gehen, als wie das Wasser [26] in Strom, ja wenn so wohl die Kranckheit, als wie das Saltz könte in Strom geworffen werden / wolte ichs glauben / daß es angienge, aber so kan ichs nicht glauben. Es darff nichts anders gesäet werden als Saltz, und zwar von dem Patienten selber. Warum dieses geschicht, kan ich mir leicht einbilden, nemlich: Erstlich soll der Patient das Saltz in der Hand tragen, weil denn aber in denen Händen das Fieber sich am meisten zu äussern pfleget, so bildet man sich vielleicht ein, es soll sich aus der Hand das Fieber ins Saltz ziehen / und also mit hinweg geworffen werden; alleine es ist diese transplantation gar alber ausgesonnen. Saltz ist eine Materie, die alsobald im Wasser zerfliesset, und gleichsam zu einem Nichts wird, also soll das Fieber, nach der Einbildung derer Abergläubischen Narren, mit dem Saltze auch vergehen und zu nichts werden. Aber ein anders ist Saltz, ein anders eine Kranckheit, und kan ohnmöglich eines wie das andere weggeworffen werden. Auf daß aber die Narrethey recht scheinbar, ja vielmehr verdammlich heraus komme, so dürffen nicht alleine die schon bemeldten Ceremonien vorgenommen werden, sondern es muß ein sonderbarer Segen darzu gesprochen, und die Sache in GOttes Nahmen angefangen, und im Nahmen der Heil. Dreyfaltigkeit beschlossen werden, welches alles bey dem gemeinen Manne nicht allein als gar was Gutes, und als eine wohl zugelassene Verrichtung angesehen und gehalten wird, sondern sie erkennen es auch vor ein nothwendiges Werck, als wodurch die erste Handlung [27] (nemlich das von dem Patienten selbst verrichtete Saltz-Säen in fliessend Wasser) gleichsam die Krafft oder das Leben und rechte Würckung erlange. Aber, wenn dieses nicht wieder das andere Gebot GOttes gesündiget heißt / so weiß ich nicht, ob mir in meiner Jugend recht sey gelehrt worden, was das sey, den Nahmen GOttes mißbrauchen? Denn ob gleich niemand unrecht thut der seinen Saamen in GOttes Nahmen ausstreuet / auf daß GOtt sein Gedeyen darzu geben, dessen Wachsthum befördern, und vor allen Schaden behüten wolle; So ist doch hier bey diesen zauberhafften Säen keine intention, daß das, was gesäet wird, aufgehen und wachsen soll, sondern es soll vergehen und verderben. Ergò ists ein Mißbrauch und ein Gespötte, daß man sagt: Ich säe meinen Saamen in GOttes Nahmen. Die fernen Worte sind von gleicher Beschaffenheit, denn was in Nahmen GOttes des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes gethan wird, muß von Rechts wegen eine gebührliche, zuläßige und ordentliche Verrichtung seyn. Diese Handlung aber ist ungebührlich, weil sie redlichen Christen zu verrichten nicht geziemet. Sie ist unzuläßig, weil sie wider GOttes Gebot laufft; unordentlich, weil GOtt den Artzt und Artzney wider die Kranckheiten erschaffen und verordnet, diese Gauckelpossen aber gäntzlich verboten hat. Mit diesen allen werde ich hoffendlich zur Gnüge, wiewohl in möglichster Kürtze, erwiesen haben, daß diese Fieber-Cur närrisch, ungebührlich und auch unnütze sey.


[28]

Ein Fuchs-Peltz und ein warmer Hut, Sind beyde für das Kalte gut. Wilt du nicht brauchen diese zwey, So brauche reckte Artzeney, Denn all solch närrisch Gauckelspiel Das hilfft dich nichts und schad't doch viel, Und wirst dafür in dem Gewissen Den Grauß und Schauer fühlen müssen.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Wer im Frühlinge den Guckguck zum ersten mahl schreyen höret / der soll den Guckguck fragen: Guckguck / Becken-Knecht / sag mir recht / wie viel Jahr ich leben soll? Alsdenn muß man Acht haben /so viel mahl / als der Guckuck schreyet / so viel Jahr soll einer noch leben.

Ohnerachtet diese Narrethey von denen meisten verständigen Leuten aus Spaß getrieben wird, so weiß ich dennoch auch Narren, welche behaupten wollen, es träffe gantz gewiß ein. Wie gewiß es aber eintrifft, ist daraus abzunehmen, wenn mancher vorm Jahre gefraget hat, wie viel Jahr er leben soll, und der Guckuck hat zwey- oder drey mahl geschryen, so ist die Meynung gewesen / daß man nur noch so viel Jahr zu leben habe; Wenn nun dieser in diesem jetzigen Jahre den Guckuck wieder gefraget hat, und der Guckuck hat funffzehen- oder zwantzig mahl geschryen, so ist das jährige Prognosticon aufgehoben / und muß das heurige wahr seyn; solte er aber künfftig den Guckuck noch einmahl fragen / [29] und derselbe schrye vier oder fünff mahl, so zweifle ich nicht, es würde heissen: Es ist nicht recht, denn er hat vorm Jahre funffzehen mahl geschryen, das vorige muß wohl eher eintreffen, als das ietzige. Also prognosticiret sich mancher Narr selbst, was ihm gefället, und hält dennoch den Guckuck vor seinen Propheten. Solte an dem Guckucks-Geschrey etwas wahr seyn / so müßte einer Person, der vor dreyen Jahren der Guckguck neun mahl geschryen hatte, dieser vor zwey Jahren ihr acht mahl, und vorm Jahre sieben mahl, heuer aber sechs mahl geschryen haben. Alleine, ich will den loben, der mir mit Grund der Wahrheit und gutem Gewissen wird erweisen, daß dergleichen einem Menschen wiederfahren sey; So nun aber dieses nicht ist, warum ist mancher denn so unbesonnen, und achtet so viel auf solche Kinder-Possen? Woher will doch der Guckuck aller Menschen Todes- oder Sterbens-Zeit errathen? Denn obgleich einige an statt des Teufels pflegen den Guckuck zu nennen, und man hier vorgeben wolte /der Teufel sey es, der die sterbende Zeit durch das Geschrey des Guckgucks anzeigete, so weiß ja der Teufel so wenig des Menschen Ende / als der Mensch selber. Bleibet demnach dieser Punckt wohl unter denen stehen, welche von losen Leuten, die auf Vogel-Geschrey achten, handeln. Hierbey kan ich nicht ungemeldet lassen, weswegen die Frage an den Guckguck also geschicht, daß man ihn nennet Guckguck, Becken Knecht? Das geschiehet darum, weil die alten Rocken-Weiber fabuliren, es sey [30] der Guckguck ein Becken-Knecht gewesen, welcher in theurer Zeit denen armen Leuten hätte von ihren Teige gestohlen, und wenn GOtt den Teig im Ofen geseegnet hätte, so hätte der Becken-Knecht vor dem Ofen gestanden, den Teig wieder heraus gezogen, und bezupfft, und hätte allezeit, wenn er den Teig im Ofen angesehen, gesagt: Guckguck! Worauf ihn GOtt gestrafft hätte, daß er zu einen Raub-Vogel worden wäre, welcher nicht anders, als Guckguck! schreyen könte. Und dieses wäre also der Ursprung des kleinen Sperbers oder Guckgucks; Aber so wahr als es ist, daß die Schmerl eine Jungfrau, der Kaulkropff ein Doctor Medicinæ, und der Weltz ein Ambtmann gewesen ist, so wahr ist auch das Mährlein vom Becken-Knecht und Guckguck.


Was weiß der Guckuck wohl von unsern letzten Ende? Da er ja selber nicht weiß, wie schnell und behende Ihn treffe ein Geschoß, davon er sterben müsse, Und er fall todt herab für seines Feindes Füsse. Drum, weil er niemanden kan einge Nachricht geben, So fragt man ihn umsonst, wie lang man noch soll leben.

Das 10. Capitel
Das 10. Capitel.
Wenn eine ledige Weibs Person das Angebrannte vom Brey aus denen Töpffen isset / so regnet es auf ihrer Hochzeit / und so es regnet / so werden die neuen Ehe-Leute reich.

Da siehet man, wie gütig der Himmel gegen das liebe Frauenzimmer ist. Denn ohnerachtet [31] die Jungfer Braut gleich sechs / acht oder mehr Jahre vor ihrer Hochzeit vom Angebrandten gessen, so will derselbe doch noch am Tage der Hochzeit mit einem gnädigen Regen den in der Braut befindlichen Brand ablöschen, und aus ihr hinweg schwemmen, aus daß ja der Herr Bräutigam nicht irgend eine angebrannte oder nach Brand riechende Braut ins Bette bekommen möge. Dem ohnerachtet, so sehen die Jungfern doch nicht gern, wenn es an ihren Hochzeit-Tage regnet; Warum? Der Bräutigam möchte daher in Argwohn gerathen, als ob seine Jungfer Braut eine gute Näscherin oder Topff-Leckerin wäre, die auch nicht einmahl das Angebrannte in denen Brey-Töpffen unbenaschet lassen könte. Und dieses lassen sich die guten Jungfern nicht gerne nachreden / ob sie auch gleich noch so gern naschen, sondern sie wollen immer mehr Lob haben, als sie verdienen / und solte es auch zu ihren eigenen Schaden geschehen. Denn in Erwegung, daß die Philosophischen Weiber dafür halten, wenn es am Hochzeit-Tage regnete, so würden die neuen Ehe-Leute reich werden, so ists der Braut dennoch kein Gefallen, wenn es am Hochzeit-Tage regnet, und will lieber den Reichthum entrathen, als in dem Verdacht seyn, ob wäre sie näschicht. Ich kan die lieben Bräute auch nicht drum verdencken, und wolte ich die guten Dinger gerne aus dem Verdacht der Näscherey setzen, und gleichwohl ihnen auch gerne gönnen, daß sie reich würden, dahero stehe ich nicht unbillig hierbey ein wenig [32] stille, und kraue mich hinter den Ohren, nehme meine Sorgen zusammen, und gedencke mit allem Fleiß auf ein beqvemes Mittel / wie ich auf beyden Seiten, nehmlich bey denen / die das Angebrannte genascht haben, auf derer Hochzeit es regnet, und bey denen, an welcher Hochzeit-Tage schön Wetter ist, die aber hingegen arm werden, möge sattsamen Trost finden. Zwar könte ich am allerleichtesten darzu kommen, wenn ich denen ersten riethe, sie solten es nicht achten, ob es gleich auf ihrer Hochzeit regnete, sondern solten keck und frey bekennen, sie hätten mit allem Vorsatz und Fleiß das Angebrannte vom Brey genaschet, nicht darüm, als ob sie sich darnach gesehnet hätten, sondern aus der Begierde, reich zu werden. Denen andern aber, an welcher Hochzeit schön Wetter wäre, könte ich leichte folgenden Trost geben: Sie hätten den Ruhm, daß sie vergnügsam, sparsam und nicht näschigt wären, und ob gleich das schöne Wetter an ihren Hochzeit-Tage Armuth bedeutete, so würde doch durch die Tugend ihrer Sparsamkeit aller Mangel ersetzet werden; zudem, so wäre der Reichthum dieser Welt vergänglich, und grosser Gefahr unterworffen, und könte ein Armer viel ruhiger schlaffen als ein Reicher, weil dieser immer in Sorgen seyn müßte, daß Diebe über den Mammon kommen möchten; und was ihnen noch mehr zum Trost dienen könte. Allein ich finde gleichwohl noch auf beyden Seiten Schwürigkeit und einiges Mißvergnügen; dahero ich ihnen beyderseits nicht besser und aufrichtiger [33] zu rathen weiß, als daß sie sich alles solchen abergläubischen alten Weiber-Tands entschlagen mögen, und gar nicht glauben, daß auf das Essen des angebrannten Breyes ein nasser Hochzeit-Tag erfolge /noch auf einen schönen Hochzeit-Tag Armuth komme / es wäre denn Sache, daß sie den Regen verblümter Weise verstünden, wenn nehmlich die Braut so näschicht wäre / daß sie an dem Hochzeit-Tage darum gescholten würde, daß sie deswegen zu weinen anfienge, und wolte also die Thränen einen Regen nennen; Oder aber, wenn die Braut nebst der Näscherey auch gerne zechete, daß sie nach eingenommenen vielem Geträncke an ihrer Hochzeit gar das Bette s.v. benetzete. Es sey nun aber, wie ihm sey / so wird mein letzter aufrichtiger Rath wohl der beste bleiben:


Reichthum kömmet nicht vom Regen, Sondern von des Höchsten Seegen. Regen kömmt auch nicht vom Naschen, Wie uns zwar viel alte Taschen Wolln bereden und beschwatzen. Drum mag man die Töpff auskratzen. Kömmet Regen, mag er kommen, Allzeit ist er nütz den Frommen.

Das 11. Capitel
Das 11. Capitel.
Um das auf den Marckt gebrachte Vieh bald zu verkauffen / soll man es mit einer aus der Mitte eines Ameisen-Hauffens gegrabenen schwartzen Kugel räuchern / so will jedermann das Vieh kauffen.

[34] Alle Dinge, die man am wenigsten begreiffen kan, und die sich vom Teufel und seiner Großmutter herschreiben, oder aus Egypten und von denen Herren Ziegeunern ihren Ursprung her haben sollen, die finden gemeiniglich den allermeisten Beyfall, obgleich meistentheils die gantze Kunst von einem einheimischen Betrüger und Spitzbuben sich her deriviret. Dieses ietzt vorhabende rare Pünckt- oder Kunst-Stücklein wird gefunden in einem Drecktätgen, welches betitult wird: Neu-erfundenes Kunst-Büchlein D. Pelins, weyland gewesenen Leib-Medici des Königes in Egypten, etc. Alleine, wenn ich selbige gantzeCharteque ansehe, so bestehet es in erlogenen und aus allerhand Calendern ausgeschmierten und zusammen getragenen nichtswerthen Künsten, von welchen keine wahr ist, iedoch aber geglaubet wird, weil der Titul anweiset, ob wären es Egyptische Künste, und lauter rare Erfindungen. Weil denn nun aber in specie dieser Punct in nichts anders als einem offenbaren Aberglauben bestehet, und keinesweges mit unter andere natürliche Künste zu rechnen ist; so habe ihn mit hierher zu bringen vor dienlich erachtet: Und befinde bey dessen Untersuchung, daß es fast eine dergleichen Materie ist, als wie ich im vorigen 2. Hundert im 1. Capitel schon untersucht habe, wenn nehmlich daselbst gemeldet wird, wie das Bier oder Wein zum Ausschanck geschwinde abgienge, so man höltzerne Laß-Hähne oder Schlänge darzu gebrauchte, die von[35] einer Bircke, welche mitten in einem Ameisen-Haussen wüchse, gedrechselt worden wären. Dahero kommt hier und dort die Sache darauf an, daß die Krafft und Eigenschafft des schleunigen Verkauffs aus dem Ameisen-Hauffen kommen müsse oder solle. Was aber hievon zu halten sey, habt ich in jenem ersten Capitel des vorigen Hundert schon gemeldet. Weil aber hier so wohl die aus dem Ameisen-Hauffen kommende Materie, als auch die damit vor genommenen Ceremonien, wie auch die zu verkauffen habenden Dinge mit jenen nicht überein kommen, und hier an statt des Bircken-Holtzes eine schwartze Kugel aus der Mitten eines Ameisen-Hauffens gesucht, und das zu verkauffen habende Vieh damit geräuchert werden soll, so ist erstlich zu wissen, daß dergleichen Kugel in dem zehenden Ameiß-Hauffen nicht zu finden ist, und so ja endlich eine gefunden wird, so muß sich derjenige, der sie suchet, nur einbilden, daß es eine Kugel, und an der Farbe schwartz wäre. Denn es ist in Wahrheit nichts anders, als ein von unreinem Hartz, welches von denen dabey stehenden Kifern oder Tannen ist abgefallen, zusammen geklebtes Klümpgen Pech, dergleichen die Ameisen in denen hartzigen Wäldern in ihre Hauffen tragen, und, so es reines Hartz ist, von denen einfältigen Leuten vor weissen Weyrauch gebraucht wird. Kan ich derowegen nicht absehen / warum das mit Koth vermischte Hartz dem reinen soll an Kräfften vorgezogen werden, und da es, wie schon gedacht, nichts anders ist, als ein Klümpgen [36] unreines Hartz oder Pech, welches ohngefehr von einem dabey stehenden Hartz-Baume ist in Ameisen-Hauffen gefallen, entweder schon in der Grösse, als wie es gefunden wird / oder aber (welches ich fast eher glaube) sind es kleine Körner gewesen, und von den Ameisen eintzeln zusammen getragen worden, in dem Ameisen-Hauffen aber von der Wärme, die gemeiniglich darinnen ist, also zusammen in einen Klumpen gebacken; wovon soll denn nun die Krafft kommen, solch Wunder zu thun, als in der Uberschrifft dieses Capitels gedacht wird? Thut es das Hartz, so braucht es nicht die Mühe, solches erst aus dem Ameisen-Hauffen zu suchen, weil es ausser diesen häufig zu haben ist; thut es aber der Ameisen-Hauffen, so braucht man nur von diesem etwas auf Kohlen zu werffen. Aber es mag sich die Sache neh men lassen, aus welcher Seiten sie wolle, so wird man lauter Superstitiones finden. Ist demnach dieses ein unzuläßig Werck, und eine abgöttische Gauckeley.


Ein wenig Rauch vom Hartz aus einem Ameißhauffen Soll helffen, daß das Vieh man könne bald verkauffen. Ob ich nun dieses zwar hab hin und her erwogen, So find und glaub ich doch, daß es gantz sey erlogen. Es ist ersonnen Werck, von einem Leut-Betrüger, Wers glaubet, der ist dumm, wers nicht glaubt, der ist klüger.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Wider das Bluten der Wunden und Nasen sollen folgende Worte helffen:
[37]

Sangvis, mane in venis, sicut Christus pro te in pœnis

Sangvis, mane fixus, sicut Christus crucifixus.


Diese Blutstillung wird ohne Zweifel manchmahl von solchen Personē gebraucht, welche weder schreiben noch lesen können / vielweniger wissen, was der eigentliche Verstand dieses Lateinischen Verses sey. Denn ich habe mein Lebtage noch nicht erfahren, daß ein rechtschaffener Medicus, oder sonst ein Christlicher und verständiger Mann, sich solcher ungeziemenden Mittel bedienet hätte. Solche Curen geschehen insgemein nur von solchen Purschen, welche nicht wissen / welcher Teufel sie geschoren hat, oder woher die eingebildete Hülffe komme, sondern sind damit vergnüget, wenn sie nur die Kunst von einem berühmten Scharffrichter / beruffenen Schwartz-Künstler, oder betrüglichen Mönche erhalten haben. Und erinnere ich mich, daß als ich einsmahls in Dreßden eine gefährliche Niederlage hatte, dabey sich ein hefftiges Nasenbluten einfand, welches 3. Tage anhielt, und ein gäntzliches Ansehen des baldigen Todes machte, dahero viel gute Bekannte alles versuchten, was zur Stillung solches Blutflusses dienen solte: Unter diesen war auch ein Bauer-Artzt, welcher sich sehr vermaß / er wolte einem den Kopff abschneiden und doch verschaffen, daß nicht ein Tropffen Blut solte heraus lauffen, und weil dieser mich, guter Bekanntschafft halber, auch besuchte, bot er mir seine Hülffe an, und gab vor, er wolte nichts mehr thun / als mit dem Blute wenig [38] Worte auf Pappier schreiben, und mir solches auf die Stirn kleben, so würde das Bluten in dem Augenblick bestehen. Ob ich nun zwar durchaus nicht trauen wolte, weil dieser Mann in Verdacht war, daß er durch des Satans Hülffe zu curiren pflege, zu dem auch mir diese Art das Blut zu stillen billig verdächtig vorkam, dennoch beredeten mich andere gute Freunde, daß ich es mit der Condition zulassen solte, woferne sonst nichts darbey verdächtiges vorgenommen würde, und er mir die Schrifft zu lesen gäbe, ehe er sie an meine Stirn klebete. Dieses wurde also bewilliget, und schrieb er etliche Buchstaben mit meinem Blute auf ein rein Pappier, und klebte mir es an die Stirn. Es war aber eine Schrifft, welches weder Teutsch noch Lateinisch, Griechisch noch Hebräisch, Welsch noch Spanisch war, ohngefehr eine Bärenhäuterey / als wie das Abracatabra, welches Wort ebenfalls in solchen Phantasien gebraucht wird, ohne zu wissen, was es heist oder bedeutet. Wit was grossem Vermessen nun der Herr Doctor Rusticorum, (wie wohl er bey viel vornehmen Herren auch in grossen Ansehen war) mir Hülffe versprach, so wolte seine Kunst doch an mir nicht Probe halten, sondern bestand mit Schanden, denn dieses wurde des andern Tages versucht, da hingegen das Bluten den dritten Tag noch anhielt. Wie ich aber diesen Bauer-Doctor fragte, was denn die Buchstaben oder Schrifft bedeute, so schwur er hoch und theuer / er wüste es nicht, hätte es aber mehr als 100. [39] mahl probat befunden, und wüste nicht, was die Ursach seyn müste, daß es ietzt bey mir nicht helffen wolte? Also siehet man, was das falsche Vertrauen vermag. Wenn ich nun ansehe den Lateinischen Vers, den ich itzt untersuche, so gehet zwar dessen eigentliche Bedeutung dahin, daß es ist eine gebietende Anrede an das fliessende Blut der Wunden oder Nasen in folgendem Verstande:


In deinen Adern bleib, du Blut,

Wie Christus in seiner Straf thut,

Blut, bleib bestehen steif und hart,

Wie Christus gecreutziget ward.


Allein, wo stehet denn geschrieben, daß man auf solche Art das Blut stillen solle? oder, wer kan mit gutem Gewissen sagen, daß er eine Blutstürtzung mit diesen Worten gestillet habe? Ists irgend einmahl gelungen, daß hierauf das Bluten nachgelassen hat, so ist doch lange nicht erwiesen, daß es hiervon geschehen sey. Denn ohne Zweifel sind vorher viel innerliche und äusserliche Mittel schon versucht worden, die nicht eher ihre Operation gethan haben, als zu der Zeit, da auch solche Pseudo-Medici sind darzu gekommen, welche hernach unverdienter Weise den Ruhm davon getragen haben, als wären sie die Helffer gewesen; denn man pflegt gemeiniglich nicht ehe solche Mittel zu gebrauchen / als biß alle andere Mittel scheinen vergeblich zu seyn, und da man der ordentlichen Mittel ihre Operation nicht erwarten will, wird aus Desperation zu verbothenen Mitteln gegriffen, ist aber weit gefehlet. [40] Denn obgleich der Verstand der Worte scheinet also beschaffen zu seyn, daß man sich dessen ohne Verletzung des Gewissens wohl bedienen könne; so ist es doch offenbar, daß hierdurch GOttes Güte und Langmuth, oder Christi Barmhertzigkeit gemißbraucht wird, wenn man hiermit dem Blute gebieten will, daß es also bestehen bleiben oder mit Lauffen einhalten solle, als wie Christus mit seiner Straffe nicht eilet; qvasi, ob hätte ein solcher liederlicher Lumpenhund, als wie solche Kerls insgemein sind, die dergleichen sich unterstehen, Freyheit und Macht, daß er könne gleichsam in göttlicher Krafft und in Christi Nahmen und Gewalt, dem Blute in denen Adern befehlen, daß es müsse stehen bleiben. Wenn es ferner heißt: Sangvis mane fixus, sicut Christus crucifixus, so ist ja allen Christen bekannt, daß das heilige Blut Christi bey dessen Creutzigung nicht geruhet hat, sondern es ist biß auf den letzten Tropffen für unsere Sünde aus seinem heiligen Leibe geflossen; Wenn nun demnach das Bluten der Nasen oder einer Wunden nach dem Wort-Verstande dieses lateinischen Verses auf solche Weise soll stehen, als wie das Blut Christi bey der Creutzigung, so muß ja der Patiente sich eben auch also, als wie Christus / zu todte verbluten. Wie schöne der Erfinder dieser Kunst also das rechte Fleckgen getroffen habe, kan ein vernünfftiger Christ leicht spüren, wenn er die Sache nur ein wenig Christlich und vernünfftig überlegen will. Uber dieses hat mich ein [41] glaubhaffter und erfahrner Chirurgus berichtet, daß er vor diesen die gefährlichsten Blutstürtzungen zwar auch mit dergleichen Gauckel-Possen gestillet habe, er müßte aber gestehen, daß es niemahls sey glücklich geschehen; denn obgleich das Bluten einmahl habe nachgelassen, so wäre es doch bey erster Aufbindung noch hefftiger gekommen, und wäre hernach weder mit diesem Versprechen, noch mit natürlichen Mitteln zu stillen gewesen / und hätte handgreiflich gespüret, daß GOtt einen grossen Mißfallen an solchem Vornehmen haben müsse, derowegen er sich dergleichen nimmermehr bedienen wolte.Ergò mercke es ein jeder, und bleibe bey denen von GOtt verordneten zuläßigen Mitteln. Der Ehr-lose Mönch, welcher ohne Zweifel diesen lateinischen Vers gemacht hat, mag damit Zweifels frey sein Absehen gehabt haben aus des Propheten Esaiä Worte: Die Straffe liegt auf ihm / auf daß wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilet; Aber wo stehet denn in GOttes Wort geschrieben, daß üm der Wunden Christi willen wir niemahls eine Verwundung an unsern Leibern zu befürchten haben solten, oder das Bluten unserer Nasen und leiblichen Wunden durch das Blutfliessen der Wunden Christi auf eine solche ungewöhnliche Weise solle gestillet werden. Denn


Auf sich hat zwar genommen der HErr Christ unsre Strafe, Und hat gelitten selbst der Hirte für die Schaafe, [42] Doch so, daß er uns heile die Wunden an der Seele, Nicht aber, daß am Leibe uns auch gar nichts nicht fehle. Denn unsre Leibes-Mängel die wollen uns nur sagen, Daß wir noch von der Sünde viel Sckwachheit an uns tragen.

Das 13. Kapitel
Das 13. Kapitel.
Es ist nicht gut / daß man etwas über eine Wiege hinlanget / worinnen ein Kind liegt / oder daß die Wiege offen stehe.

Es wäre dieses nicht mit unter die Aberglauben gerechnet worden, wenn die Weiber eine Ursach anzugeben wüßten, warum es nicht gut sey, wenn man etwas über eine Wiege hinlange; denn wenn ich noch so viele darum frage, so können sie alle nichts mehr zur Antwort geben / als daß sie iederzeit gehöret hätten, es wäre nicht gut. Ich will ihnen aber zu Gefallen die Ursache melden / warum es nicht gut sey, nehmlich darum: Weil die Kinder gewöhnlicher massen auf dem Rücken liegen, und die Gesichter aufwärts kehren, so ist es leicht geschehen, daß, so man etwas über die Wiege hinlanget, und das Kind die Augen offen hat, einem in dem Hinüberlangen etwas entfallen, und dem Kinde ins Gesicht oder gar in die Augen fallen kan. Ingleichen, wenn die Wiege offen stehet, oder das Kind nicht mit der Zudecke verwahret ist / so kan ebenfalls leicht etwas dem Kinde auf den Leib fallen, oder die Fliegen solches beunruhigen / oder es kan das Kind gar aus der Wiegen fallen. Dieses ists also,[43] warüm das, was die Weiber in diesem Punct uns lehren wollen, nicht gut ist. Wenn aber kein Kind in der Wiegen liegt, und man will dennoch diesem Vorgeben Glauben zustellen, so ist es vor nichts anders, als vor einen albernen Aberglauben zu achten; es sey denn Sache / daß man besorget wäre. als ob etwas in die Wiege fiele, daß das Kind stechen oder ihm sonst schädlich seyn könte, wenn es unversehens darauf geleget würde: Solchergestalt wissen doch nun die guten Weiber, wofür sie sorgfältig sind.


Den närrisch ists gethan, nicht wisse, wag man machet; Wenn demnach euer Kind in seiner Wiegen wachet, Mit offnen Augen liege, auch wohl nicht zugedecket, So langt nichts über hin. womit ihr es erschrecket, Sonst aber sckad't es nichts, langt was ihr habt vom nöthen, Daß man nicht sagen darff: Ihr treibet Albertäten.

Das 14. Capitel
Das 14. Capitel.
Diebes-Daumen bey sich getragen / oder zu der zu verkauffen habenden Waare gelegt / macht / daß man gute Nahrung hat / und bald verkaufft.

Abscheulicher kan kaum auf der Welt etwas ersonnen werden, als dieses, und ist bekannt, daß manchem Menschen dermassen vor einen am Galgen hangenden Diebe grauet, daß ihm die Haut schauert, wenn er solchen ansichtig wird; ja ich kenne Personen, welche als sie unwissend vor einem Galgen vorbey gefahren, und ohngefehr aus der Kutschen den am Galgen hangenden armen [44] Sünder erblicket haben, in Ohnmacht gesuncken sind; Diesem aber ohngeachtet, was die Natur würcket, so giebt es doch gegentheils auch solche verwegene und Ehr-lose Leute, welche keinen Abscheu noch Grauen haben, auch gleichsam wider die Natur zu fechten, und bloß dem Teufel zu Dienst, und aus der verdammlichen Begierde, reich zu werden, sich solche Dinge zu Gott erkiesen, worfür dem Teufel selbst grauen möchte; Unter welchen nicht das geringste ist, daß manche gottlose Leute die Daumen von denen am Galgen hangenden Dieben abschneiden, oder vor viel Geld von denen Scharffrichtern und Schindern an sich erhandeln, in der gäntzlichen Beglaubung stehend, daß hierdurch ihr Glück und Nahrung befördert werde. Aber bey solchen Leuten trifft wohl der Spruch recht ein: Die da reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Stricke, und viel thörichter und schädlicher Lüste, welche die Menschen sencken ins Verderben. Denn ausser dem, daß die Natur ohnmöglich bey diesem verfluchten Fürnehmen etwas würcken, oder durch einen Diebs-Daumen gute Nahrung geben kan, fallen solche Leute wahrhafftig in des Teufels Stricke, an welchen sie der Satan, als wie der Polacke einen Tantz-Bär, in allerhand thörichten Lüsten, herum wältzen und tantzen lässet, biß er sie in die Hölle versenckt. Wer wolte demnach nicht billig einen Abscheu haben, sich auf solche Weise zu nehren? Aber leider! giebts solcher Leute genug, die nur wünschen / daß sie einen solchen Nahrungs [45] -Götzen / oder Diebs-Daumen möchten habhafft werden können; Bedrucken aber nicht, daß es ihnen nicht allein an ihrer Nahrung nichts helffen kan, sondern vielmehr daran schädlich ist, wie folgende wahrhafftige Begebenheit genugsam beweiset: Als ich mich vor 14. Jahren in einer gewissen Stadt aufhielt, ließ einer meiner Nachbarn bey einem andern Bier holen; als dessen Tochter aber den letzten Trunck aus dem Kruge thät, bekam sie ein Knöchlein von einem Finger, samt noch ein wenig daran hangenden Fleisch, in den Mund, und alterirte sich hierüber dermassen, daß sie auch in eine schwere Kranckleit fiel. Denn / da ohnedem diejenigen Leute, welche das Bier verzapfften, in dem Verdacht waren, ob hätten sie einen Diebs-Daumen, so wurde gar leicht vermuthet, daß dieses Knöchlein von einem Diebs-Daumen wäre, welchen sie vermuthlich in das Faß gehenget hätten / um das Bier desto geschwinder und glücklicher zu verzapffen, und weil er durch dergleichen öfftern Gebrauch endlich mürbe und weich worden wäre, so sey er Stück-weise vom Bande ab- und in den Grund des Fasses gefallen, und durch den offenen Schlauch mit dem Biere heraus geschossen. Damit ich aber die fernere Begebenheit nicht zu weitläufftig fürstelle / so melde nur so viel, daß dieses verursachete, daß hinfort diesem Bier-Schencken niemand gerne eine Kanne Bier mehr abtrunck, weil jedermann einen Eckel vor dem Diebs-Daumen hatte, und da diese Leute vorher ihre beste Nahrung vom Bier-Schancke[46] Schancke gehabt hatten, musten sie, um angeführter Ursach halber / das Bier-Schencken gar einstellen, und diese gute Nahrung entbehren. Dieses war also die Frucht, die zuletzt der Diebs-Daumen trug; und mag nur ein jedes gewiß gläuben, daß das Ende oder der Ausgang bey solchen Leuten, die dergleichen eingebildete Hülffs-Mittel brauchen, allezeit so verkehrt und armseelig ablauffen werde. Denn dieses scheinet nicht wohl möglich zu seyn, daß GOtt demTeufel seine Gewalt zu einem (auch nur dem Scheine nach) guten Ausgange kommen lasse. Demnach frage ich alle und jede, die iemahls Lust gehabt haben, sich mit dergleichen Dingen zu bereichern, oder noch Appetit kriegen möchten, auf solche Weise ihr Brod zu gewinnen / ob sie denn gar nicht in Bedencken nehmen, daß das Ende, wenn es gut sey, alles vorhergegangene Böse verbessern könne; hingegen, so das Ende schlimm, schimpflich, nahrloß, ja gar zur ewigen Verdammniß ausschlägt / was sie denn damit vor Vortheil suchen, wenn sie sich solcher Dinge, wider ihr gut Gewissen, bedienen, die in keine Wege den allergeringsten Vortheil bringen können? Denn die eingebildete Hülffe kömmt nimmermehr, sondern, wenn ja bey dem Gebrauch eines Diebes-Daumens bey jemanden die Nahrung wächst, so wolte ich viel andere Ursachen melden / woher es komme, wenn ich mich nicht ohnedem in diesem Capitel zu weitläufftig hätte müssen erklären. Wer Vernunfft hat, und ein redlicher Christ ist, deme wird an dem, was gesagt ist, [47] schon genug seyn; wer aber abgöttisch ist, der wird zu seinem Schaden auch zu spät die Reue empfinden.


Wer sich so thöricht lässet traumen, Ob hülffte viel ein Diebes-Daumen Zu werden bald an Nahrung reich, Der glaube doch mit mir zugleich, Daß er in Wahrheit recht sein Glück Nur suchet durch ein Diebes-Stück, Und ihm zuletzt wird Nahrung fehlen, Worauf denn folget Lust zum Stehlen, Daß endlich ihm das böse Glück Zu Lohne bringt den Galgen-Strick.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wer ein Bund geerbte Schlüssel zu der Zeit an eine Stuben-Thüre wirfft / wenn iemand davor stehet / und einen behorchet / so wird der Horcher sein Lebtage taub bleiben.

Ich will zwar denen das Wort nicht reden, welche das garstige Laster an sich haben, daß sie vor die Thüren und unter die Fenster treten, und die Leute behorchen; sondern gestehe gerne, daß es eine schändliche Art von Leuten sey, die aber insgemein zum Lohn erfahren, was das alte Sprichwort von ihnen saget:


Wer horchet an der Wand,

Der hört sein eigne Schand.


Muß auch wohl zum öfftern denen Wiedertäuffern stille halten, die ihn mit einer übel-riechenden Kammer-Lauge begiessen, und mit einem Dutzend Maulschellen wieder fortschicken. Und [48] dieses ist aller Horcher lhr billiger und rechtmässiger Lohn. Diesem aber ungeachtet, so kan ich hingegen auch diejenigen nicht loben, welche mit ietzt-angeführter Straffe gegen die Horcher sich nicht vergnügen, sondern in der Rachgierigkeit so excessivè verfahren, daß sie denen Horchern ein ewiges Denckmahl anzuhängen trachten, und zwar auf diese Art, als wie in der Uberschrifft dieses Capitels angewiesen wird. Es sollen aber solche allzurachgierige Leute wissen, daß sie erstlich durch dieses Fürnehmen ohnmöglich das jenige nach ihren Wunsch und Vorsatz erreichen werden, was sie hoffen / weil es wider die Natur und gesunde Vernunfft streitet, und ich die Zeit meines Lebens noch nicht einen eintzigen Menschen gesehen habe, der in solcher Begebenheit hätte sein Gehör verlohren. Zum andern, so möchten solche gar zu rachgierige Leute vornehmlich auch bedencken / daß, so ja die Sache nach ihren Wunsch ausschlüge, (welches doch nimmermehr natürlich sich begeben kan) sie hiermit eine solche böse Sache fürnähmen und vollbrächten, welche keinem Heyden, geschweige einem Christen, zu billigen, noch gegen GOtt und den hierdurch beleidigten Nechsten zu verantworten wäre. Wer den Nahmen eines redlichen Christen führen will, der wolle doch bedencken, wie ihm seyn würde, wenn er von dato an biß an sein Ende nicht einen eintzigen Trost-Spruch mehr aus GOttes Wort hören, sondern gantz und gar taub bleiben solte, und das allergeringste nicht mehr in sein Gehör fallen könte? Denn, ob [49] gleich alle fünff Sinne so edel sind, daß ein Mensch, ohne sehr grossen Verlust, keinen dieser entbehren kan, so zweiffle ich doch nicht / es wird mit mir iedermann gleiche Meynung haben, wenn ich sage, so ich Gehör oder Geruch verliehren solte und müste, aber doch dabey die Wahl hätte, welches von beyden ich verlieren wolte, so wolte ich ohne Bedencken lieber den Geruch entbehren, weil das Gehör unter denen fünff Sinnen das vornehmste ist, gleichwie das Gold unter denen Metallen. Wenn nun einer so gottloß handelte, GOtt die Rache nähme, als welchem sie alleine ist und zukömmt, und rächete sich so gewaltig gegen einen andern / der hinter seiner Stuben Thür stünde und horchte, daß er ihn Zeit seines Lebens des Gehöres beraubte, den frage ich, was er wohl meynet, daß ihm der gereckte GOtt dargegen werde wieder vor eine Straffe aufheben? Ich besorge sicherlich, sie würden nicht geringe seyn. Und also wäre es ein unverantwortliches Vornehmen, wenn die Sache warhafftig also erfolgte, wie die Uberschrifft dieses Capituls ausweiset / daß es demnach nothwendig soll unterbleiben; weil es aber in Warheit ein Aberglaube ist, und ohnedem das Vornehmen in effectu nicht operiret, so ist es auch am klügsten, daß solche unchristliche Dinge gar unterbleiben / auf daß GOtt nicht bewegt werde, den bösen Vorsatz, und das unverantwortliche Fürnehmen, ob es gleich nicht zum würcklich effect ausschlägt, ernstlich zu bestraffen.


[50]

Wer sich will and em Horcker rächen, Dem wird man gar nicht unrecht sprechen, Wenn er mit Maulschelln ihn belonet, Auch ihn wohl nicht zu baden schonet Mit einer guten Kammer-Laugen, Und was hierzu sonst möchte taugen. Wer aber sich will unterstehen Noch weiter in der Rach zu gehen, Dem mird man dieses Urtheil sprechen: Daß GOtt es werde wieder rächen.

Das 16. Capitel
Das 16. Capitel.
Am Fastnächte-Dienstage soll man Milch essen / so brennet einen im Sommer die Sonne nicht.

Das ist ein schönes Kunst-Stückgen vor das zarte und delicate Frauenzimmer; und ob es gleich gar wenig kostet, so ist es doch viel Geld werth, weil sie hierdurch verhüten, daß sie hernach im Sommer denen Apotheckern nicht viel Geld vor Schmincke und so genannte Jungfer-Milch zutragen dürffen. Ich kan aber den lieben Leuten auch nicht verhalten, daß sie gleichwohl etwas anders darbey zu befürchten haben, daß sie nehmlich dennoch ihr Geld, so sie in Entrathung der Jungfer-Milch ersparen möchten, denen Apotheckern zu überlassen dürfften genöthiget werden, wenn sie die kalte Milch zur kalten Fastnachts-Zeit / ungewöhnlicher Weise, essen, davon ihnen gantz leichte ein Kneipen und Reissen üm dem Nabel entstehen kan, weswegen sie hernach in die Apothecken schicken, und Mutter-Elixir oder Biehergeil-Tinctur müssen holen lassen. [51] Wollen sie aber einwenden, daß sie die Milch nicht kalt, sondern in Suppen essen; so ist hingegen wieder zu besorgen, daß, so sie an Fastnacht Suppe essen, ihnen hernach die Nasen stets trieffen möchten, wie mit mehrern zu ersehen in dem 80. Capitel des vorigen andern Hundert unserer schönen Aberglauben. Auf daß aber die lieben Kinder, die viel auf Schönheit halten, aller solchen Sorgen möchten befreyet bleiben, so rathe ich ihnen aus guter Freundschafft, daß sie nur alle solche Aberglauben vor verdächtig halten wollen, und lieber gäntzlich verwerffen mögen. Und so ich ihnen recht soll aus dem Traume helffen, und sagen, was es mit diesem ietzt vorhabenden Puncte vor eine Bewandniß habe, so versichere ich sie bey meiner Ehre, daß es keine andere seyn wird, als auf folgende Art: Wer an Fastnacht Milch isset / den brennet im Sommer die Sonne nicht. Das kan freylich nicht fehlen, weil am Fastnacht-Tage nicht Sommer, sondern noch Winter ist, und kan einen zu Winters-Zeit ja die Sonne im Sommer nicht brennen; so wenig, als der wird Fastnacht halten, welcher am St. Johannis-Tage Bratwurst isset.


Das lst ja keine Kunst, wenn man im Winter den Sommer vexiren, Und am Johannis-Fest den Frost und Kälte will nackend praviren, Also ists eben auch, wenn man an Fastnacht deswegen Milch isset, Auf daß die Sonne nicht Sommers-Zeit einen mir Stechen begrüsset.

Das 17. Capitel
[52] Das 17. Capitel.
Wenn eine Braut ins künfftige die Herrschafft über ihren Mann behaupten will / soll sie sich am Tage ihrer Hochzeit in einem Back-Troge anziehen / und an die Kirch-Thüre klopffen.

Ich zweifele nicht, daß, wer diesen Glaubens-Punct liest, und hat vorher noch nichts davon gehöret, der wird sagen, daß, so zu reden, des Teufels seine Groß-Mutter kaum etwas thörichters ersinnen können, als dieses wäre, und wird sich nicht einbilden können, daß sich solch toll Ding iemahls begeben habe, ja ich muß selbst bekennen, daß ich es noch niemahls gehört gehabt; weil mir aber ietzt eben, als ich das vorige Capitel geschloffen, von einem guten Freunde ein Tractätgen zugeschicket worden, welches Herr M. Johann Martin Richter, Archi-Diaconus zu Finsterwalda, vor zweyen Jahren hat heraus gegeben, und betitult: Ungegründete Furcht und Vertrauen der Menschen; oder: Deutliche Fürstellung und Verwerffung des Aberglaubens; In welchem Tractätlein er nach dem Alphabeth viele Aberglauben anführet oder benennet / unter welchen ich denn unterschiedliche finde, die mir noch unbekannt gewesen; mache ich dahero kein Bedencken, etliche davon, welche ich noch nicht in meinem vorigen Numero habe, ietzt mit in das dritte Hundert zu bringen. Wenn mir denn unter andern dieser ietzt vorhabende [53] der allerseltsamste zu seyn deucht, so nehme ich dahero auch solchen zuerst vor mir: Befinde aber stracks Anfangs darbey, daß dieser Aberglauben nicht allem sehr lächerlich und recht thöricht, sondern auch insonderheit sehr sündlich aussiehet; Ich wünsche auch hierbey nichts mehr, als daß ich derer Bräute, die dergleichen practiciren, ihre Rationes hören solte, warüm denn ein Back-Trog solche Krafft haben soll / daß, so sie sich am Hochzeit-Tage darinnen anziehen, sie die Herrschafft über ihre künfftige Männer behaupten mögen. Weil mir aber mein Wunsch ietzt noch nicht wird gewähret werden, als will ich mich ein wenig bemühen, ob ich vielleicht ihre Gedancken einigermassen erforschen kan. Ich finde demnach in dem ersten Anschauen auf dem Back-Troge, daß selbiger oben und unten Beine oder viel eher Hörner hat; was nun aber Hörner insgemein bedeuten, das wird denen / die gelehrter sind als ich, wohl wissend seyn; so viel aber, als ich mich erinnere / so sind jedesmahl in Propheceyungen, Träumen, Gleichniß-Reden, und dergleichen, wenn sie von Hörnern gehandelt, die Hörner an statt der Gewalt und Herrschafft bemeldet und verstanden worden. Dahero zweifele ich nicht / weil solchergestalt der Back Trog ein solcher gewaltiger Kerl im Hause ist, der oben und unten Hörner hat, als vermeynen die Monsieur- seyn-wollende Bräute: Principiis obstare, und nehmen-stracks am ersten Tage Possession in dem am gewaltigsten zu seyn scheinenden Mobili, und ansehnlichsten [54] Haußrathe, nehmlich in dem großbäuchigten Back-Troge, darinnen sitzen sie, als wie der Esel in der Metzen, oder wie der Ober-Steuer-Mann im Schiff, und gedencken damit oben hinaus / aber nirgend anzufahren, und sind nicht, wie St. Petrus,Luc. V. der erst den Befehl erwartete von Christo, ehe er in die Höhe oder ins Meer mit seinem Fischer-Kahne fuhr; Nein, also sind die herrschsichtigen Weiber nicht, sondern sie fahren wider GOttes Ordnung und Befehl stets in die Höhe, über Stock und Stein, Mann und Knecht hin, nur daß sie Herr bleiben /GOtt gebe, sie mögen Fische oder Frösche, Kräten oder Kröten fangen. Ferner, so wissen die herrschsichtigen Damen / daß der Teig, der in denen Back-Trögen gekneten wird, die Art hat, daß, ob er gleich noch so sehr gedruckt und gekneten wird, dennoch immer wieder aufgehet, und sich empor machet; also vermeynen die hochtrabenden Bräute, sie wollen mit solchen Ceremonien in dem Back-Troge die Art des Teiges an sich bekommen, daß, ob sie gleich von Männern, aus grosser Liebe, öfftern gekneten und unterdrückt würden, sie dennoch immer wieder empor kämen, und die Ober-Hand behielten. Mit diesem Hauß-Regiment oder Herrschafft im Hauß-Wesen sind sie aber allein nicht zufrieden, sondern sie klopffen auch an die Kirch-Thüre, damit anzudeuten, daß sie auch, im Fall der Noth, diejenigen zu seyn vermeynen / welche capabel wären, in geistlichen Streitigkeiten die Schwürigkeiten zu entscheiden. Aber, o ihr dumm-kühnen [55] Närrinen! Ich will euch (soferne ich eure Rationes, wie ich hoffe, errathen habe) eure alberne Träume wohl anders auslegen / nehmlich: Der Back-Trog kan euch nichts, als Unterthänigkeit und Gehorsam bedeuten, weil die an beyden Enden hervorragende Spitzen euch nicht so wohl Hörner mögen bedeuten, als vielmehr Beine; die Beine aber können niemahls keine Gewalt noch Herrschafft, wohl aber Unterthänig- und Dienstfertigkeit, oder etwas, das Last träget, bedeuten und anzeigen. Will man die Epitzen des Back-Trogs aber weder vor Hörner noch vor Beine paßiren lassen, so bin ichs auch zufrieden; unterdessen bleiben es doch Handhaben, und der gantze Back-Trog ist zum Dienste da, aber keinesweges zur Herrschafft; der Back-Trog lässet auf sich und in sich drücken und kneten ohne Widersetzen; dahero die Weiber viel eher eine Moral zum Gehorsam gegen die Männer vom Back-Troge machen können. Was noch mehr zu erinnern wäre, muß dißmahl, wegen beliebter Kürtze, versparen, und mag hiermit, was anlanget die gesuchte Herrschafft der Weiber im Hause, genug seyn. Was sie aber mit dem Anklopffen an die Kirch-Thür haben wollen, weiß ich so genau nicht; rathe ihnen aber treulich, sich nicht mehr zu unterstehen, als ihnen zukömmt; sonst dürffte es ihnen gehen, als wie einsmahls, als ein Paar Weiber auf einem Gelag in einen geistlichen Disputat und Zanck geriethen, der gegenüber-sitzende Hr. Schulmeister es ihnen aber mit folgenden Worten [56] verwieß: Sie sollen das Zancken nachlassen, weil sie es doch nicht verstünden. Diese Weiber befanden sich deswegen offendirt, und sagten: Sie hätten die Bibel so wohl gelesen, als er / der Schulmeister. Dieser aber sagte: Wenn sie denn so gelehrt und belesen wären, so solten sie ihm doch sagen, wer denn der Kinder Zebedäi ihr Vater sey gewesen? Die Weiber schlugen einen gantz höhnischen Lach auf, sagende: Der Schulmeister müßte sie doch gar für Ochsen ansehen; sie würden ja das wissen, daß es der Zebedäus gewesen. Der Schulmeister antwortete: Ey nun, so behelfft euch damit, und lasset euch um andre Heiligen ungezanckt. Hieraus sehet ihr hochmüthigen Bräute, was ihr vor einen unbilligen und ungegründeten Vorsatz habt zu einer Herrschafft, die euch nicht zukömmt. Darum besinnet euch eines bessern, und lasset solche Narrethey unterwegens; sonst wird man euch in einem Back-Troge, samt euern Braut-Habit / abschildern, samt der Beyschrifft:


Hier will der alte Sauerteig die Ober-Hand gewissen, Er steiget in die Höh, der Trog ist fast zu klein. Drum wird, wie Butter an der Sonn, derselb gewiß zerrinnen, Es scheinet, daß er woll rein ausgefeget seyn, Seht da! Es ist die Jungfer Braut, die gern will Herre werden, Weil Eva ihr schon längst das hat so angeerbt. Sie bleht sich auf, wie Sauerteig, und zeigen die Geberden, Daß sie mit Prügeln muß recht werden ausgegerbt.

Das 18. Capitel
[57] Das 18. Capitel.
Wenn ein Weib ihr Kind will entwehnen / soll sie es in die Stube setzen / und mit dem Fuß umstossen / so vergiesset es die Mutter desto eher.

Natürlicher scheinet es zwar zu seyn, daß, so einer mit Füssen getreten wird, er deme, der ihn tritt, mit keiner grossen Liebe oder Affection, viel weniger mit grossen Vertrauen, wird zugethan verbleiben; Also vermuthen die Weiber ohne Zweifel, daß ihr Kind, wenn sie es mit dem Fusse umstossen, hier auf alles kindliche Vertrauen, so es zur Mutter gehabt, hinfort vergessen werde, und werde dahero sich auch nicht mehr getrauen, aus der Mutter Brüsten seine Nahrung, als wie vorhin.zu nehmen, oder zu begehren; aber /weil die Kinder, welche von der Brust entwehnet werden, noch lange nicht bey solchem reiffen Verstande sind / daß sie bey dem Umstossen mit dem Fusse der Mutter sich dieses könnten so zu Gemüthe ziehen oder der Sache so weit nachdencken, daß sie um des willen sich nicht mehr getraueten aus der Mutter Brust zu trincken, so glaube ich sicherlich, daß diese närrische Ceremonien vergeblich sind. Wie es denn auch offt die Erfahrung bezeuget, daß solche Kinder, die auf solche Art sind umgestossen worden, dennoch der Mutter Brust lange nicht haben vergessen können, hingegen andere, mit welchen dergleichen Possen nicht ist vorgenommen worden, die haben [58] ihr alt Trinckgeschirr bald vergessen, und werden dieses viel verständige Weiber wissen und gestehen. Derowegen bleibet dieses ein Aberglaube.


Ein Kind kan ja nicht wissen, So man es stößt mit Füssen, Was es bedeuten soll. Drum kan man leicht ermessen, Daß das Kind werd vergessen Der Mutter närrschen Groll. Wenn sie es tritt in Schertzen, Und liebt es doch von Hertzen / So bleib ick doch darbey, Daß ein solch närrsch Beginnen, Nicht kömmt von guten Sinnen, Und lauter Thorheit sey.

Das 19. Capitel
Das 19. Capitel.
Wenn einer Frauen ein Hund durch die Beine läufft /so schlägt sie der Mann.

Ich habe mich vielmahl verwundert, wenn ich habe gehöret, daß manch Weib ärger hat gehellet als ein Kettenhund, warum sie es doch thäte, sintemahln sich auch die Nachtbarn zuweilen über solche bellichte und beissigte Hunde zu beschweren gehabt; aber nunmehro, da mir dieses schöne Glaubens-Pünctlein zu Ohren kömmt / fället meine Verwunderung auf einmahl dahin. Denn da ein Weib, um oben bemeldeter Ursache, keinen Hund im Hause leidet, so erfodert es ja sollter gestalt die Noth / daß sie selber bellet, und so zusagen / des Hundes Amt verwaltet, ehe der Mann sich einen Hund zuleget, der ihr hernach leichte durch die Beine kriechen und eine Tracht [59] verursachen möge, daß die Frau von Manne geschlagen werde, wenn er ihr durch die Beine kriechet, kan ich noch zur Zeit keine natürliche Ursache finden, und die Weiberselbst können mir auch keine sagen, wiewohl mir dießer Tage eine zur Antwort gab, als ich sie um diese Sache fragte: Ob mir es denn gefallen würde, wenn ich eine Frau hätte / und ich erführe, daß sie einen hätte lassen durch die Beine kriechen / sie zweifelte nicht / ich würde ihr Schläge geben. So nun dieses diejenigenRationes sind, warum ein Weib von Manne geschlagen wird, nachdem ihr ein Hund durch die Beine gelauffen, so kan ich ja freylich die Weiber nicht verdencken, daß sie so gern bellen lernen. Das kleine Hündlein / dessen im Büchlein Tobiä erwehnet wird, das wedelte mit dem Schwantze, und stellete sich über alle massen freundlich, als es von der mit seinem jungen Herrn gethanen weiten Reise wieder nach Hause kam; bey welcher Freundlichkeit und frölichen Herumspringen es wohl nicht so leer wird abgegangen seyn, daß es nicht der Frau Hanna solte einmahl durch die Beine gelauffen seyn; jedoch lieset man nicht, daß der alte Tobias ihr hätte Schläge gegeben, wohl aber liefet man vorher Tob. 2. v. 22. ehe sich dieses Hündlein mit seinem jungen Herrn auf die Reise begeben hat, daß dessen Hauß-Frau dennoch das Bellen oder Keiffen gut mag gekunt haben. Ob nun damahls dieses Hündgen noch gar nicht vorhanden gewesen ist, stelle ich dahin, genug, daß Frau Hanna selbst hat gebellet. Denn [60] als sie, als eine gute fieißige Wirthin, eine Ziege ersponnen hatte, und ihrem ehrlichen, blinden; alten Mann ein gut Gerüchte davon machen /oder sich der Milch davon in ihrer Haußhaltung bedienen wolte / hörete der alte Tobias die Ziege blöcken, und fragte, mit was Recht diese in sein Hauß kommen sey, in Besorgung / sie möchte gestohlen seyn? Ey da fing Frau Hanna an zu bellen, und nösselte den guten alten Tobiä die Ohren so voll, daß es kein Wunder gewesen, sie hätte ihn zu seiner Blindheit auch taub gepelffert. Was das vor eine schöne Music muß gewesen seyn, wenn eine Ziege geblöcket und ein alt Weib dar zu gekiffen hat, ist leicht zu erachten, und möchte ich das Stücklein in Tabulatur gesetzt sehen, und wenn damahls das Hündgen schon im Hause gewesen, so hat es als ein guter Discantiste, ohne Zweifel die dritte Stimme gehabt. Dieses alles aber giebt mir die geringste Vermuthung nicht, daß unser ietzund vorhabender Glaubens-Punct könne verificiret werden. Derowegen mag er unter andern Aberglauben stehen bleiben, biß ihn die resoluten Männer durch ihre Rücken-Salbe, aufbedürffenden Fall, wahr machen.


Weil theils Weiber solche närrsche Dinge glauben, So solt billig man den'n Männern auch erlauben, Daß mit Schlägen sie der Weiber Glauben stärckten, Biß sie anders ihre albern Fehler merckten.

Das 20. Capitel
Das 20. Capitel.
Denen Verstorbenen soll man Geld [61] ins Maul stecken/so kommen sie / wenn sie irgend einen verborgenen Schatz hinterlassen haben / nicht wieder.

Wer dieses an einem Todten oder Verstorbenen practiciret, der will zwar wohl ein Christe beissen, giebt aber mit diesen Vornehmen offenbarlich zu erkennen /daß er nicht besser, als ein blinder Heyde sey. Denn wer ein vernünfftiger Christ ist, der weiß ja, daß die Seele keinen Mund hat, darein sie Geld fassen kan, so nimmt sie auch auf ihrer Himmel- oder Höllenfahrt kein Nachtqvartier in einem Wirthshause, da sie Geld zu einer Kanne Bier bedürffte, oder die Herberge bezahlte / der Leib bedarff dessen auch nicht, weil er in die Erde geleget wird / allwo er alsobald anfänget zu vermodern und zu faulen, auch sich nicht eher wieder reget, als auf den grossen allgemeinen Gerichts-Tag, wenn die Erde vergehet, und die in sich gehabten todten Leiber ihrem Schöpffer wieder überlässet. Was soll demnach einem verstorbenen Leichnam das Geld im Maule, das er bey Lebzeit nicht hat beissen können? Soll er fressen, was noch keine Creatur hat heissen können? Das läufft ja wider die Natur, wider die gesunde Vernufft, und wider den Christlichen Glauben. Wenn es wahr wäre, daß solche Leute, die verborgene Schätze hinterlassen hätten, sich nach ihrem Tode wieder sehen liessen, so würden sie sich gewiß von einem ins Maul gesteckten Groschen, oder noch weniger, nicht abspeien lassen / und den grossen Schatz drüber vergessen. [62] Und möchte ich aus Curiosität solcher närrissen Köpffe ihre Gedancken gerne wissen, die vermeynen, ob hülffe ein Stücklein Geld in des verstorbenen Munde / daß er nicht wieder käme, und könnte ich wohl sagen, daß ein solcher Hasen-Kopff so wenig gesunde Vernunfft haben müsse, als ein Verstorbener. Denn da alle vernünfftige Menschen wissen, daß bey dem Tode eines Menschen die Seele sich von Leibe absondert, und dem Verstorbenen alle Sinne entgehen, wie kan denn ein Todter wissen, ob er ein Stück Geld im Maule habe oder nicht? oder wie kan er im Tode an seinen hinterlassenen Schatz gedencken? Denn der Leib kan ja ohne die Seele nichts dencken. die Seele aber kan sich ohne den Leib nicht sehen lassen. Sind demnach dieses die allerunverständigsten Thoren, welche dafür halten, es sey möglich, daß ein verstorbener Mensch, nach seinem Tode könne wieder erscheinen, und ob gleich viele Bücher von solchen Fabeln voll sind, so ist unter tausenden nicht eine wahr; ja es muß sich gar der Teufel insgemein bey solchen Mährlein lassen zum Stichblat gebrauchen, wenn gesagt wird, der Satan erscheine in des Verstorbenen Gestalt. Alleine, (ob ich gleich nicht in Abrede bin, daß der Teufel zuweilen, auf GOttes Zulassung, in eines verstorbenen Menschen Gestalt erscheinen könne) wenn allzeit bey. Zeiten nach dem erschienenen Gesichte recht gesehen worden wäre, so wäre ohne Zweifel die tausende Fabel nicht vor eine Wahrheit genommen worden, und wolte ich wetten, daß die allermeisten s.v. erstuncken [63] und erlogene Träume gewesen seyn würden.


Wer einmahl gestorben ist, und der Leib begraben, Der kan zu dieser Frist kein Gedancken haben Auf das, was ihm in den Mund hat ein Chor gestecket, Auch hat das Gesckwätz nicht Grund, das manchen erschrecket, Als ob käm der todte Mensch iezuweilen wieder. Da doch längst vermodert sind alle seine Glieder, Und längt mancher Hasen, Kopff viel her von Gesichtern, Womit er die Albern nur machtvergeblich schüchtern.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Wer Wein im Keller hat / der soll an die Vässer schreiben:Gustate & videte, (Ps. 34. v. 9.) so wird der Wein nicht umschlagen.

Dieses ist nichts anders, als wie ein Gedenck-Spruch, zum Exempel: Wenn einer seinen Sohn in die Frembde thäte, etwas zu lernen, und schriebe über des Sohns Kammer-Thür: Dic, cur hic? oder: Ora & labora, so hilfft zwar diese Schrifft nicht darum, daß sie da stehet / sondern, soferne als der Sohn sich hiernach richtet, und wohl bedencket / weßhalben er da ist, betet fleißig, und thut unverdrossen, was ihm zukömmt. Es würde aber einer für einen wunderlichen Heiligen zu achten seyn, der vermeynen wolte, diese Schrifft machte schlechterdings, daß der Sohn zu einen braven Kerl würde; Eben auf diese Art verhält sichs auch mit dem ietzt vorhabenden Aberglauben /als welcher, ohne Zweifel [64] aus guter Meynung eines verständigen Mannes, seinen Anfang zum Nutzen genommen / dessen Fortgang aber zur Thorheit geworden ist, weil der gute Verstand zum Unverstand, und der rechte Gebrauch zum Aberglauben und Mißbrauch ist angewendet worden. Der Anfang und Fortgang dieser Sache kan sich aber nicht anders zugetragen haben, als folgendergestalt: Es hat einmahl ein unverständiger Mensch Wein in seinem Keller gehabt, welcher / wegen übler Wartung, umgeschlagen ist, der Wein-Herr hat seinen Schaden, den er am Wein erlitten, einem anderen, der gute Wissenschafft um den Wein gehabt, erzehlet / dieser, als der wohl wird verstanden haben, daß jenem sein Wein aus der Ursache umgeschlagen sey, weil nicht fleißig darnach gesehen, derselbe nicht fleißig gefüllet, gewischet, und zu rechter Zeit, ehe er gantz unbrauchbar worden, gekostet worden, als hat er jenen mit diesem Denck-Spruch zum Nachdencken bringen wollen, und hat gesagt, er solte hinführo an seine Wein-Vässer die Worte schreiben: Gustate & videte! i.e. Schmecket und sehet! damit zu verstehen zu geben / er solle hinfort seinen Wein eher kosten, und fleißiger darnach sehen, so würde er nicht umschlagen. Wenn jener alsdenn diesem Rath gefolget hat, und solchen gut befunden, auch wohl im Schertz einem Einfältigen erzehlet, daß diese Worte an die Wein-Vässer geschrieben hülffen den Wein erhalten, so ist die Sache bey Unverständigen zu einem würcklichen Aberglauben gemacht worden; wie denn viel [65] hundert Aberglauben auf dergleichen Art ihren Anfang haben, z.E. wenn ewige Thoren die Worte: Eripiam eum, (Ps. 91. v. 15.) auf ein Holtz schreiben. und damit die Zähne stochern. in Meynung, die Zahn-Schmertzen damit zu stillen.


Trau nicht zu viel deinen Leuten. Sondern geh fein selbst bey Zeiten In den Keller / sieh zum weine, Kost denselben, wart das Deine. Denn was man kan selbst verrüchten, Darffs Gesinde nicht verrichten.

Das 22. Capitel
Das 22. Capitel.
Wem die Zähne weh thun / der soll einen Splitter von einem Stück Hotz / worein der Donner geschlagen /nehmen / und die Zähne damit stochern / so vergehen die Schmertzen.

GOtt behüte einen jeden Menschen für einem solchen schnellen Tode, als schnell der Donnerschlag auf den Blitz folget! Ich halte aber darfür, daß wem der Donner gar in die Zähne schlüge, dem würden die Zahn-Schmertzen plötzlich vergeben. Ob aber ein Splitter eines Balckens oder Baums, worein einmahl der Donner geschlagen hat, so viel Kräffte habe, als der Donnerschlag selbst, daß wird schwer zu beweisen fallen. Im Beschluß des vorigen Capitels habe ich einen andern Splttter vorgestellet, welcher, einiger Thoren Meynung nach. die Zahn-Schmertzen vertreiben soll; wenn man aber diesen mit jenem vergleichen soll, so werden sie beyde einerley [66] Kräffte haben. Die Schrifft, so man auf vorigen schreiben soll, aus den 91. Psalm v. 15. Eripiam eum, oder: Ich will ihn heraus reissen; die will dem Patienten nur zu verstehen geben, wie er mit dem bösen Zahne verfahren soll, nemlich, denselben nicht stochern, sondern ausreissen lassey. Was den ietzt zu untersuchen habenden Splitter anlanget, so hat es eben dergleichen Bewandniß. Denn wie der Donner eine Sache gewaltig rühret, und zerschmetter; also soll ein Patiente, der hefftige Zahn-Schmertzen hat / einem hohlen und unnützen Zahne auch Gewalt anthun, und denselben ausbrechen lassen. Jedoch kan ich nicht läugnen, daß mir diese Meynung auch etwas weit gesucht zu seyn scheinet, wiewohl ich sie eher getraue zu behaupten, als zu glauben, daß natürlicher Weise die Zahn-Schmertzen aufhören solten von dem blossen Stochern mit einem Splitter eines von Donner berührten Holtzes. Denn ob man gleich davor halten wolte, daß durch den Donnerschlag sich eine Sulphurische Materie in das Holtz begäbe, und mit demselben sich vereinigte, welche die Krafft hätte die Zahn-Schmertzen zu stillen; so stehet mir doch gegentheils dieses wieder im Wege, daß nicht eben zu der Zeit, wenn der Donnerschlag geschehen ist, der Splitter pflegt gebraucht zu werden, weil nicht eben zu solcher Zeit die Zahn-Schmertzen da sind, sondern der Aberglaube schreibet einem solchen Holtze die Krafft zu, so lange es Holtz bleibet / welches aber wieder die gesunde Vernunfft läufft, indem solche flüchtige Theilgen, die Anfangs stracks nach dem [67] Donnerschlag noch im Holtze seyn möchten, mit der Zeit verfliegen, und keine operation im Geblüte des Zahn-Fleisches haben können / als wie vielleicht bald nach geschehenen Donnerschlage sich begeben kan, welches ich doch noch nicht vor etwas unbetrügliches achte; denn mir hat die Erfahrung gar zu offt gelehret; daß die Einbildung allzuviel Dinge angiebet, die in der Wahrheit keinen Mrund haben. Es ist bekannt, daß es in hefftigen Zahn-Schmertzen offt gut gethan, wenn man das Zahn-Fleisch zum Bluten bewegt hat; dahero manche auch gar mit Schröpft-Eisen das Zahn-Fleisch hacken lassen, und also kan auch durch vieles Stochern mit einem Holtze das aufgeschwollene Zahn- Fleisch leicht zum Bluten gebracht werden, dadurch eine Alteration entstehet, und die Schmertzen gestillet werden; es ist aber nicht eben der Art des Holtzes oder Splitters die Krafft zuzuschreiben, sondern bloß dem Bluten. Also ist hoffendlich abermahl sattsam erwiesen / daß dieser Punct ein Aberglaube sey.


Es kan ein Donnerschlag gewaltig zwvar durchdringen, Und starcke Felsen leicht, ja harten Stahl bezwingen; Das folget aber nicht, daß das, was er berühret. Auch kriege eine Krafft. Ich habs noch nie verspüret.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
Es ist nicht gut, daß man ein Messer auf den Rücken lege.

Warum? Es werden die Engel damit verletzt. Diese Kinder-Possen wolte ich nicht [68] mit in die Zahl derer im Ernst getriebenen Aberglauben gebracht haben, wenn nicht bekannt wäre, daß bey dem einfältigen Bauer-Volck und andern Leuten der Unverstand so groß sey, daß manches, auch wohl mitten im Vater-Unser-Beten, sich durch ein auf dem Rücken liegendes Messer lässet irren, und kehret es alsbald um, unter dem Vorwand, daß, so die Schneide des Messers in die Höhe läge, sich die Engel darinn verletzen können; welches aber in Wahrheit eine Sache ist, die viel alberer heraus kömmt, als wenn man einem Kinde etwas vom Ruppert fürschwatzt. Denn so ein Mensch gläubet, daß die Engel allzumahl dienstbare Geister sind, welche auf GOttes Befehl uns vor allerhand Schaden behüten, wie kan denn ein Mensch, nebst diesem rechten Glauben / auch so verkehrt glauben, als ob ein Mensch die Engel bewahren könne, daß sich diese nicht irgend in ein auf dem Rücken liegendes Messer verletzen? Solchergestalt wären ja die Engel nicht unsere, sondern wir waren ihre Beschützer; zudem, so möchte ich wissen, auf was Weise sich denn ein Engel / als ein Geist, verletzen köne, da er weder Fleisch noch Blut hat?


Ist demnach das wohl ein Bengel, Der so närrisch von dem Engel Sich Gedancken macket. Engel, die sich nie verletzen, Sollen sich ins Messer setzen? Ein Geist, der stets wachet, Und der dir zum Schutz gegeben, Solte deines Schutzes leben? Wunder nicht, man lachet.

Das 24. Capitel
[69] Das 24. Capitel.
Wenn in einer Stadt ohngefehr zwey Uhren zusammen schlagen / so werden ein Paar Eheleute von einander sterben.

Man bedencke nur / was das vor eine seltsame Vergleichung ist, ein Uhrwerck mit einem Ehegatten zu vergleichen, oder zu statuiren, daß, wenn zwey auf zwey unterschiedenen, und offt ziemlich von einander entlegenen Thürnen stehende Uhrwercke zugleich schlügen, dieses eine gewisse Anzeigung gäbe, daß ein Paar Ehe-Leute von einander sterben würden. Ehegatten stnd ja solche zwey Personen, die von Rechts wegen einen Willen mit einander haben sollen, ob wäre es ein Leib; hingegen zwey Uhrwercke. die zugleich auch weit von einander gebauet sind, die kommen nimmermehr zusammen, als wie ein Paar Ehe-Leute-Tag und Nacht beysammen seyn sollen, und wüste ich nicht / wie oder worinnen man die Uhren könne mit Ehe-Leuten vergleichen; es sey denn, daß man sagen wolte, daß gleichwie ein Paar richtige Uhren eine wie die andere eine Zeit zum Schlagen richtig inne und einerley Zeit halten, also wären ein Paar gute Ehe-Leute auch stets einig, oder ein Paar guten Uhren gleich einstimmig. Nun lasse ich diese Vergleichung gar gut seyn; es dienet mir aber dieses vielmehr zur Widerlegung dieses ietzt vorhabenden Glaubens-Artickuls, als zu dessen Bekräfftigung. Denn wie reimet sich denn die Zusammenstimmung [70] mit der Zertrennung? Wenn demnach ein Paar Uhren zugleich zusammen schlagen, so stimmen und treffen diese mit einer Zeit just zusammen, daß keine eher oder langsamer, als die andere, gehet: Hingegen, wenn ein Paar Ehe-Leute von einander sterben / so werden diese zwey Personen von einander getrennet, und die vorhergegangene Conjunction zerrissen und aufgehoben, daß solchemnach man noch eher sagen möchte, wenn zwey Uhren zugleich schlügen, es würden ein Paar verlobte Leute copuliret werden; das vorige Vorgeben aber will sich unmöglich reimen. Uber dieses wolle man nur das einfältige Vorgeben erwegen: Es soll das Zusammenschlagen zweyer Uhren bedeuten, daß ein Paar Ehe-Leute von einander sterben; solchergestalt müsten in grossen Städten die Uhren alle Tage zusammen schlagen. weil alle Tage entweder ein Mann oder eine Frau durch den Tod von einander scheiden. Und gesetzt, es schlügen alle Tage 2. Uhren zusammen, woher will man denn aus einer täglichen Begebenheit ein Omen erzwingen? Solte sich demnach wahrhafftig ein ieder vernünfftiger Mensch schämen, daß er sich mit solchen albern und ungegründeten Aberglauben zum Narren macht.


Läßt zweyer Glocken Klang sich gleich auf einmahl hören, Ist doch der Uhren Stand dem Orte nach, zertrennt. Drum lässet sick der Mensch vom Glocken-Klang bethören, Wenn er die Glocken meynt, und doch die Uhren nennt.

Das 25. Capitel
[71] Das 25. Capitel.
Wenn ein Kind oder auch eine erwachsener Mensch sich eine Beule an den Kopff stösset oder fället / und mit einem dreycreutzigen Messer drückt / so heilet die Beule ohne Gefahr.

Als ich vor einigen Jahren auf meiner Reise einen Papisten zum Reise-Geferten hatte, und unter andern Discursen auch auf der Papisten ihr übermäßiges Vertrauen und Machung des äusserlichen Creutzes kam, absonderlich aber derer dreycreutzigen Messer gedacht wurde, wie nehmlich keine Krafft mehr in einem dreycreutzigen Messer / als in einem andern, stäcke, wolte doch der Papiste behaupten / daß allerdings in denen Creutzen auf den Messern eine Krafft stücke; wie ich ihme dieses umständlich widersprach, daß er seine Meynung nicht weiter defendiren kunte, da hielte er von dieser Materie zu reden inne, über eine Weile fieng er wieder an, und vermeynte mich mit Worten zu fangen, sagende: Wenn wir in unserer Litaney die Worte sängen: Durch dein Creutz und Tod hilff uns, lieber HErre GOtt! ob wir Lutheraner denn hiermit wolten, daß uns Christus durch sein Creutz und Tod so wohl aus leiblicher, als geistlicher Noth helffen solte? Ich antwortete ihm: Allerdings ja! Ey nu, sagte er, so müste ich ja gestehen, daß drey Creutze auf einem Messer in der Noth bey einer gefallenen Beule ihre Hülffe leisteten; weil doch [72] bey uns Christen allzeit der Gebrauch eines ieglichen Creutzes die Bedeutung des Creutzes Christi hätte. Ich gab ihm aber zur Antwort, daß wir mit den Worten in der Litaney nicht begehrten / daß GOtt uns durch des Creutzes Holtz, sondern durch das am Holtze gehabte Leiden, oder durch seine Creutzigung helffen wolle. Ich fragte ihn auch ferner, daß, so er etwas übels begangen haben solte, weßhalben er solte gehangen werden, es käme aber seiner guten Freunde einer. und ließ sich freywillig an seiner statt an den Galgen hängen, ob er denn bey einer solchen Begebenheit seine Lebens Erhaltung wolte dem Galgen zuschreiben / oder dem, der sich an seine statt hätte an Galgen hängen lassen? Er antwortete, ober gleich der gehangenen Person sein Leben zu dancken hatte, so würde er doch das Zeichen des Galgens um dieser Person willen und zu dessen guten Andencken ehren, und an Halß, als ein Bild, hängen. Gut, sagte ich / das könte er wohl thun, er würde sich aber mit dem Zeichen des Galgens auf keine Weise aus einer Gefahr erretten können; also ehreren wir Lutheraner zwar auch des Creutzes Zeichen um des Gecreutzigten willen, wir erwarteten aber vom Creutz keine Hülffe / sondern vom Gecreutzigten. Hiermit wurde mein Reise-Geferte zufrieden gestellet, und vermochte weiter nichts vorzubringen. Damit ich nun aber auch auf die Messer-Creutze komme, so gebe ich einem jeden das, was ich hier schon angeführet habe, zu bedencken; und hoffe, es wird ein ieder verständiger [73] Christ erwegen können, wie daß ein dreycreutzigtes Messer nicht mehr Krafft haben könne, als ein anders mit einem andern Zeichen. Daß aber eine Hülffe geschicht, wenn eine frische Beule mit einem sollten Messer gedrückt wird /geschicht nicht um der drey Creutze, sondern um des Druckens willen / und wird alles und iedes Drucken von allerhand Materia einerley Effect haben. Wie denn auch die Angst, darinnen manche Mutter oder Magd stehet, wenn ohngefehr ihr Kind eine Beule gefallen, schon selbst mehrmahls etwas anders, in Ermangelung eines Messers, zu ergreiffen / und die Beule damit zu drücken, angewiesen hat, und ist mir sehr bekannt, daß die Weiber ihre Schürtz-Tücher genommen, und mit der am Ende derselben befindlichen Raat die Beule mit gutem Success gedrückt haben. Das beste Mittel aber, das man in solchem Fall gebrauchen mag, ist, daß man die Beule mit ein wenig Butter schmiere, oder ein Schiebelgen Speck darauf binde, so setzt sich nicht allein die Beule bald, sondern hinterlässet auch nicht leicht blaue Flecken.


Wer frisch-gefallne Beulen Glücklich und bald will heilen, Druck solche sanffte nieder, So setzen sie sich nieder, Man sagt zwar, daß ein Messen Mit drey Creutzen sey besser Zu Druckung solcher Beulen, Als andre; da doch Feilen, Ein iedes Messer, Scherben, Geld, Löffel, Holtz mit Kerben Dergleichen auch verrichten; Die Creutze thuns mit nichten.

Das 26. Capitel
[74] Das 26. Capitel.
Eine Braut soll ihren Einzug in des Bräutigams Hauß im Finstern halten / so werden künfftig alle Winckel voll seyn.

Die Finsterniß muß solchergestalt eine Eigenschafft haben, die Braut mit einem Seegens-vollen Willkommen zu begrüssen, oder die Braut geseegneter zu machen, als der Tag und Sonnen-Licht. Ich glaube aber nicht, das ein einiger Philosophus und Natur-Kündiger in der Welt wird angetroffen werden, der dieser Sache natürliche Ursachen wird erfinden können; derohalben ich auch Ursache nehme, an der Wahrheit der Sache gäntzlich zu zweifeln, und vor unwahr zu halten. Wahr ists zwar, daß, weil eine Braut im Finstern in ihres Bräutigams Hauß einziehet, sie in keinem Winckel einigen Mangel verspüren wird, weil sie für der Finsterniß nichts erkenen kan. Dargegen kan sie auch keinen Vorrath erkennen, und muß doch zuletzt das Licht und der Tag alles beleuchten und vorstellen, und die künfftige Zeit soll denn erst der Sache den rechten Ausschlag geben, ob alle Winckel werden voll seyn, nachdem die Braut im Finstern eingezogen ist. Will ich diesem Aberglauben etwas genauer nachsinnen, so befinde ich nur dreyerley zu erwegen, nehmlich den Einzug an sich selbst, und denn die Zeit, wenn solcher geschehen soll, drittens den Entzweck, was nehmlich auf einen zu rechter Zeit angestellten Einzug [75] geschehen soll. Dieses letztere nun zuerst vorzunehmen / wird wohl die Sache am kürtzesten ausmachen, wenn das weibische albere Fürgeben will andre glaubend machen, als ob auf einen auf oben angeführte Weise angestellten Einzug künfftig alle Winckel voller Reichthum seyn würden. Muß demnach eines unter denen vorigen zwey Stücken dieses zu würcken die Krafft haben, nehmlich der Einzug an sich selbst, oder die Zeit, wenn solcher geschicht. Verursacht der Braut ihr Einzug den Reichthum, so kan es nicht die Finsterniß thun, und mochte so wohl bey hellen Sonnenschein geschehen, als im Finstern, so würde es ein Thun seyn. Zwar wenn die Braut fein reich einziehet, mit vielen Betten, Flachs und andern Reichthum, und noch darneben mit einem guten Beutel Geld, so fehlet es nicht, der Braut ihr Einzug bringet so viel zuwege, daß ins künfftige alle Winckel voll seyn, zumahl wenn die Braut eine gute Wirthin ist. Darzu gehöret aber keine Finsterniß, es wolle denn die Braut, aus Singularität, dasjenige, was sie bey ihrem Einzuge mitbrächte, nicht von jedermann besehen und bereden lassen, und erwehlete deswegen das Dunckele zu ihrem Einzuge, aus welchem Unternehmen auch vielleicht der gantze Aberglaube seinen Ursprung haben mag, wenn der Braut Einzug aus nur bemeldten Ursachen ist im Finstern geschehen, und die wenigsten Leute gesehen haben, daß die Braut etwas Hausrath zum Bräutigam gebracht, und dennoch hernach von nöthigen Haußrath und Mobilien alle Winckel [76] angefüllet gefunden; so haben albere Leute sich die Gedancken gemacht / ob sey der Einzug im Finstern eine Ursach, daß alle Winckel des Hauses voll geworden. Alleine, wenn ich drittens die Zeit erwege, nehmlich die Finsterniß oder Nacht, so kan solche im geringsten nichts zum Reich-werden thun, und läufft gantz wider die Natur. Und gesetzt, die Finsterniß hätte eine natürliche Eigenschafft zum Reichmachen, so gehet das der Braut ihrem Einzuge nichts an, und mag dieser am Tage geschehen, so folget doch die Finsterniß und Nacht auch darauf. Ist demnach dieser Punct eine offenbare Narrethey.


Hat die Braut nichts mit gebracht, Ob sie gleich zu Mitternacht Eingezogen wäre, Und der Bräutgam ist nicht reich, Daß sie beyde also gleich Sind an Gut und Ehre, Auch Haußhalten nicht verstehn, Wird man künfftig doch nicht sehn Viel in Winckeln liegen. Ordentlich Haußhalten soll Füllen alle Winckel voll; Das wird nicht betrügen.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Am Tage Sylvester soll man die Maulwurffs-Hügel von einander reissen / so werffen die Maulwürffe selbiges Jahr nicht wieder auf.

Dieses Pünctlein kan mit gutem Recht Schertz und Ernst genennet werden / weil [77] es Schertz-weise geredt, und im Ernst verstanden wird. Denn wenn einer dem andern den Rath giebt, daß er am Sylvester-Tage soll die Maulwurffs-Hügel umreissen, so geschichts im Schertz; wenn er aber die Ursach darzu meldet, damit nehmlich solch Jahr die Hügel nicht wieder aufgeworffen würden, so wird es im Ernste verstanden, weil es eine gewisse Sache ist, und nicht anders seyn kan; denn es ist Sylvester der letzte Tag im Jahre; so man nun an diesem Tage die Hügel umreisset, so werden sie freylich in dem Jahre nicht wiederum aufgeworffen, weil in wenig Stunden das Jahr aus ist, und in solcher kalten Zeit die Maulwürffe sich nicht heraus machen. Ob nun gleich dieser Schertz und Ernst gar leichte von einem jeden einfältigen Menschen kan verstanden werben; so giebt es dennoch Leute, welche so dumm sind, und reissen an bemeldten Tage die Maulwurffs-Hügel üm, in dem gäntzlichen Vertrauen, daß dieselben im folgenden Jahre nicht würden wieder aufgeworffen werden; da doch solche albere Leute bedencken solten, das die Verheissung nur auf das Jahr, in welchem die Umreissung geschehe, gerichtet sey. Und kömmt mir diese Schertz-Rede eben vor, als wenn einer spricht: Wer auf den Abend bey dem Niederlegen oder Schlaffen-gehen seine Stirn mit seinem eigenen nüchternen Speichel streichet, der bekömmt nicht leicht einen Rausch.


Gar offt im Schertz was wird erdacht, Und wird doch wohl an Mann gebracht, Denn mancher sinnt nicht weiter naus, Als von der Katz aufs Tauben Hauß. [78] Sylvesters Tag der schließt fürwahr, Und gschicht nichts mehr in solchem Jahr.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Wenn ein Hund zwischen ein Paar guten Frenden hindurch läufft / so wird die Freundschafft zertrennet.

Nachdem man dieses vergehet, ist es wahr oder nichtwahr; iedoch wolte ich den nicht gern defendiren, der behaupten wolte, es sey wahr, weil ich besorge, daß ich und er gar bald würden zum Stillschweigen genöthiget werden. Denn ob man gleich sagen wolte, es werde die Freundschafft zertrennet, so lange der Hund zwischen sie hinlieff, auf die Art, als wie man mit einem Stabe ein Wasser durchstreichen und gleichsam theilen könne, welches aber alsobald wieder zusammen käme; also werde die Freundschaffts-Zertrennung auch verstanden. Wenn der Verstand also ist, so lasse ichs, als eine Schertz-Rede, die nichts auf sich hat, gerne gelten; wenn man aber in der Absicht diese Sache annehmen will, als ob durch das Zwischenlauffen eines Hundes die Freundschafft also zertrennet würde / daß sie zugleich aufgehoben und in Feindschafft verwandelt würde, so würde eine solche Meynung in Ewigkeit nicht können erwiesen werden; denn die Freundschafft zweyer guter Freunde hat ihren Sitz in der Seelen / und kan sie ohnmöglich der Hund auf den Schwantz fassen und mit hinweg nehmen. Wenn es wahr [79] wäre, so würden es wahrhafftig nicht nur etliche abergläubische Narren wissen, sondern es würde bey vornehmen Leuten auch bekannt seyn, welche ihre liebkosende Schooß-Hündgen und andere häufig üm sich habende Hunde, im der Ursache willen, nicht lange dulten würden. Da aber bekannt ist, daß vornehme Standes-Personen in der vertrautesten Conversation Hunde um sich herum lauffen lassen; also ist zu schlieffen, daß das Vorgeben falsch seyn mag. Wie ich denn auch diese Thorheit von niemand verständiges, sondern nur von einfältigen Weibern habe gehöret. Es ist unter allen lebendigen Creaturen, meines Wissens, keines, das dem Menschen getreuer ist, als ein Hund; dahero ich desto weniger eine Ursache erdencken kan, warum dieses getreue Thier, nur bloß durch das Zwischenlauffen, die gute Freundschafft zweyer gerreuen Freunde solte hemmen oder zertrennen können? Denn das will ich ja nimmermehr hoffen, daß die Hunde eine solche magnetische Krafft haben sollen, die Freundschafft und gute Treue von denen Menschen aus- und an sich zu ziehen? Denn wo dieses wäre, müste man sich besser vor ihnen hüten. Alleine, es scheinet doch nicht wohl gläubisch zu seyn, weil sie auf solche Weise nicht eben zwischen zweyen Personen hindurch, sondern auch neben hinweg lauffen, und ebenfalls die Freundschafft an sich ziehen würden. Aber halt, wo gedencke ich bin! ich versteige mich gewiß zu weit in meinem Widersprechen? vielleicht kan es seyn, daß die Beraubung der Freundschafft zweyer Personen [80] also geschicht, als wie folgendes Gleichniß irgend vorstellen kan: Man nehme etwas Sand, vermische darunter ein wenig von gefeilten Eisen oder Stahl, diesen wohl vermischten matialischen Sand theile man in zwey gleiche Theile, undformire damit auf einem Tisch zwey gantz schmaale Striche oder längliche Häuflein, in der Breite eines Strohhalms, lege diese so genau aneinander, daß ohngefehr eines doppelten Strohhalms breit Spatium darzwischen bleibe, und also bedeuten diese zwey gleich geartete Sand-Häuflein zwey gute Freunde; Nun muß man auch einen Hund haben / der, wenn er zwischen zwey guten Freunden hindurch laufft, ihnen ihre Freundschafft beraubet; Hierzu schicket sich nichts besser / als ein guter Magnet-Stein; diesen nimm, und fahre damit zwischen denen zwey Sand-Häuflein sachte hindurch, so wird er aus beyden Sand-Häuflein zugleich den Stahl oder Eisen ausziehen, und an sich hänhen / und den blossen Sand liegen lassen. Auf diese Art nun wird vielleicht der Hund die Freundschafft, aus zwey bey einander stehenden Personen /auch aus- und hingegen an sich ziehen. Drum hegen die Raben-Aeser, die Hunde / solche Freundschafft und Treue gegen ihre Herren. Dieses will ich also hiermit zu bedencken vorstellen, aber niemanden zu glauben nöthigen; denn ich glaube es selbst nicht. Halte aber vielmehr davor, daß offtmahls zwey Personen zusammen kommen, und sich stellen, als ob sie einander für Liebe fressen wollen, und können doch kaum ihren [81] innerlicten Haß so lange bergen, als ein Hund zwischen sie hindurch läufft; alsdenn muß der Hund Ursach an der Feindschafft seyn; ja weit gefehlt!


Philander oder Menschen-Freund wird mancher Hund genennet, Ob man gleich dessen Falschheit wohl, auch seine Untreu kennet. Also zwey Freunde äusserlich sich offt zusammen finden, Da ders Feindschafft dennoch kaum man sattsam kan ergründen.

Das 29. Capitel
Das 29. Capitel.
Wer einen Schatz graben oder heben will / der soll nicht darbey reden.

Ja freylich, das versteht sich ohnedem wohl! denn wer Vögelfangen will, darff nicht mit Prügeln drein werffen, sondern muß mit jenem alten Hundepeitscher sich des Sprichworts bedienen: Fein Bomehle, Bomehle,i.e. fein sachte. Es ist bekannt, daß die vergrabenen Schätze dem Landes-Herrn gehhren; wenn sichs aber zuträgt, daß ohngefehr eine Privat-Person in seinem Hause oder anderswo einen Topff oder ander Gefässe mit Geld findet, so ist die Person gemeiniglich darbey so verschwiegen, als sonst kaum in der geheimesten Verrichtung, damit ja nicht irgend iemand die Sache erfahre, und dem Landes-Heern / oder des Orts Obrigkeit, hintergienge und offenbare. Das ist also der Nutzen / den man vom Stillschweigen beym Schatzgraben hat, nehmlich / daß man nicht verrathen [82] werde. Auch ist bekannt / daß einer, der reich ist, und sonderlich ein solcher, den man im Verdacht hat, daß er sein Reichthum von einem gefundenen Schatz habe / mehr Zulauff von Schmarutzern und Mit-Essern kriegt, als ein anderer; ingleichen kömmt bald dieser, bald ein anderer, und will ihm Geld abborgen, aber mit schlechtem Vorsatz, es wieder zu bezahlen. Wer wolte demnach rathen, daß einer beym Schatzgraben viel Redens machte? Wer ein Collega der abergläubischen Rotte ist, der wird zwar wohl mit dieser meiner Erklärung nicht vergnügt seyn wollen, sondern wird sagen: Daß das Reden bey dem Schatzgraben allerdings verbothen wäre, weil sich der Schatz alsbald bey Sprechung eines einigen Wortes verrückete, und sich hernach nicht wieder sehen ließ. Ey ja, seht da! wächst mir das Geheimniß da heraus? Es gehet vielleicht mit denen vergrabenen Schätzen zu, als wie mit denen Sieben-Schläffern, welche, als sie erwachet sind, die Sprachen derer Leute selbiges Landes nicht mehr verstanden haben; also mag es wohl seyn, daß zu der Zeit, da die Schätze vergraben worden sind /eine solche Sprache mag geredet worden seyn, die mit der ietzigen nicht überein kommet; nun wird doch wohl ein ieder Geist, der ein- und andern Schatz besitzet (wie die meisten Affen vermeynen) nur die Sprache dessen verstehen, der den Schatz vergraben gehabt; wenn demnach iemand über den Schatz kömmt, solchen zu heben, und redet etliche Worte /so verstehet der Geist [83] des Schatzes solche Sprache nicht, und vermeynt, es sey ein Spitzbube / der irgend Rothwelsch rede, und den Schatz stehlen wolle; und hierinnen hat der Geist auch gar rechte Gedancken; denn diese so genannten Schatz-Sucher oder Gräber sind mehrentheils Spitzbuben, wie viel tausend Exempel erweisen können; demnach nimmt der Geist seinen Schatz, und wandert damit an einen andern Ort; da stehet alsdenn der Schatz-Gräber, als wie ein Affe, und sucht es hinter den Ohren. Aber, noch ein Scrupel fällt mir ein: Wenn gleichwohl so offt gesagt wird, es habe ein Geist sich hören lassen, und habe diese oder jene Person heissen mit kommen, um einen Schatz zu heben; so muß ja ein solcher Geist eine bekannte Sprache geredt haben, oder verstehen vielleicht die Menschen derer Geister ihre Sprachen, diese aber hingegen unsere nicht? das wäre auch etwas! Aber ich glaube vielmehr, es sey das hunderte mahl nicht wahr / wenn vorgegeben wird, es habe das und das sich sehen lassen, es habe den und den geruffen, sey ihm in der und der Gestalt erschienen, und so fort. Mein seeliger Vater pfiegte vor diesen zu sagen, wenn sich ein Gespenst hören oder sehen ließ: Ihr Leute! gebt Achtung, was gilt es, es wird in dem Hause, oder in der Nachbarschafft, entweder etwas gestohlen, oder wird Mutter Ursel bald einen lebendigen Schatz aus einer Magd zu graben kriegen. Denn wenn zuweilen des Nachts die Mause-Köpffe, oder auch die Buhler im Finstern schleigen, und sich anstoffen, daß daher ein Gepolter [84] entstehet, so heist es alsbald: Es hat gespücket; die verliebte Magd spricht bald, es hätte sie geruffen, es sey in der und der Gestalt vor ihr Bette kommen, und so fort. Ja, besiehet man aber die Sache bey Lichte, so ist es s.h. erlogen. Dieses sind also meine Gedancken, in möglichster Kürtze entworffen /die ich vom Schatz-Graben, und dem dabey gewöhnlichen Stillschweigen, hege. Es wird aber auch vielen bekannt seyn, wie daß es auch wohl Leute gebe, die diesen ietzt beschriebenen schnurstracks zuwider handeln, wenn nehmlich die Schatzgrabende, oder die, so einen Schatz bekommen haben, gerne stille schweigen, so reden hingegen jene (ob sie auch gleich ihr Lebtage kein alt Huf-Eisen gefunden haben) gern davon, und machen Mine, ob hätten sie etwas Grosses gefunden. Das thun sie aber, sich damit in grossenCredit zu setzen, und einen grossen Staat zu machen, auch wohl in Heyraths-Sachen ehe etwas zu erhaschen. Aber, aber!


Hasche immer, wer haschen will; Man sucht Sckätze, drum schweig ich still.

Das 30. Capitel
Das 30. Capitel.
Wer Lust hat / Störche auf sein Hauß hecken zu lassen / der mache ihnen ein Nest mit der lincken Hand auf die Feuer-Esse / so werden sie gewiß dahin kommen / und immer da bleiben.

[85] Sehet doch! ihr Leute, was thut die lincke Hand nicht? Das mag wohl heissen: Die lincke Hand gehet von Hertzen. An einem andern Orte wird vorgegeben, daß diejenigen Leute Glück und Reichthum überkämen, auf derer Häuser die Störche baueten. Ist dieses nun wahr (wie ich mir doch nicht einbilden kan.) so ist es in Wahrheit eine künstliche und sehr kluge Erfindung, daß man die Storchs-Nester mit der lincken Hand bauet, und damit man das Glück erhaschen kan; sintemahl ich öffters gehöret und auch geglaubet habe, das Kugel-runde Glück hätte die Art der Irrwische, daß es sich nicht haschen liesse. Aber auf diese Art muß es herbey, es mag wollen oder nicht, und ist diese Erfindung vel Geldes werth. Wenn ich aber gleichwohl diese Narrethey in Ernst betrachte, so kan ich keine natürliche Ursache finden, warum ein Storchs-Nest, das mit der lincken Hand eines Menschen gemacht ist, die Eigenschafft durch solch Bauen erlanget haben solle, daß die Störche, die sonst nicht daselbst hingekommen sind, nicht alleine dahin kommen müsten, sondern sich auch / ausser Winters-Zeit, nicht davon wegwenden könten. Wenn es ja natürlich sich also zutrüge, so kömmt mir doch die Sache um deswillen verdächtig für / weil gleichwohl nur ein Paar Störche an einem Orte zu wohnen pflegen; soferne aber diese Kunst natürlicher Weise die Störche herbey lockete, so würden sich gewiß mehr als ein Paar einfinden, und sich so lange um das neue Qvartier heissen, biß ein Paar den [86] Sieg erhielt, und den Posesi allem behaupteten. Weil sich aber, meines Wissens, dergleichen Exempel noch nicht zugetragen hat, ohnerachtet ich mehrmahls gesehen, daß sich die Störche um die Nester gebissen, auch dieselben einander wohl gar eingerissen haben, die aber anfänglich nicht von Menschen-Händen, sondern von denen Störchen selbst erbauet gewesen sind; so erachte ich billig, dieser Glaubens-Punct sey ein närrischer Aberglaube.


Was hast du denn davon, wenn dir auf deinem Dache Die Störche klappern schon; es ist ja schlechte Sache Um solche Musica! du hast doch nichts im Winter, Wenn der Storch von dir zieht, und mitnimmt Weib und Kinder. Er läßt dir nichts, als Roth, daß dir dafür möcht grauen, Drum wollst du, Thor! ihm nicht noch selbst ein Nest aufbauen.

Das 31. Capitel
Das 31. Capitel.
Wer einen geschwollenen Halß hat / soll stillschweigend in die Mühle gehen / ein Band von einem Sacke stehlen / und um den Halß binden / so hilfft es.

Ja, woferne der Patiente nicht nirgend gar darüber stirbt, und behält das Diebs-Stricklein um den Halß, so lange es hält; so kan wohl die Cur eintreffen. Auch ist sie sonst gar sehr klug ausgesonnen; und ist Wunder, daß das Band nicht zu einer gewissen Stunde gestohlen werden soll, als wie insgemein der abgöttische [87] und Zauberey-ergebene Theophrastus seine Phantasien gehabt. Wer einen geschwollenen Halß har, ist gewöhnlich auch darneben heischer, daß er kein laut Wort zu reden vermag; und so er in die Mühle kömmt, wird es ihm desto weniger möglich seyn / so laut zu reden / daß es vor dem Geklappe der Mühle könne verstanden oder gehöret werden; dahero mag es wohl ein loser Vocativus einem solchen mit einem geschwollenen Halse begabten einfältigen Schöps gerathen haben, wie daß er stillschweigend in die Mühle gehen, daselbst eine Binde üm den Halß von einem Sacke stehlen, und sich damit curiren solle. Es kömmt immer ein Dieb über den andern, und alle verrichten ihre Diebs-Griffe stillschweigend. Dahero mir auch alles für nicht-richtig, sondern für verdächtig vorkömmt, was stillschweigend geschehen soll, als das stillschweigende Schatzgraben, stillschweigende Wasserholen, stillschweigende Wünschel-Ruthen-Schneiden oder Brechen, stillschweigende Farren-Saamen-Holen, Alraungen unter dem Galgen graben; und was dergleichen stillschweigende Teufels-Arbeit mehr ist. Denen allensamt (wenn sie nicht noch in Zeiten Busse thun) der Satan endlich davor stillschweigend die Seelen in Abgrund der Höllen führen, und sie daselbst laut genug wird schreyen lernen. Wer sonst ehrliches Gemüthes ist, dem schauert die Haut vor einen Diebs Titul, und ist auch kein schändlicher Nahme, als Dieb. Wer will denn nun so verzweifelt toll und alber seyn, und sich den Diebs-Nahmen an einem elenden [88] Sack-Band erwerben? sintemahl es ja wider alle Vernunfft streitet, daß das Stehlen die Geschwullst soll heilen. Es sey denn zu verstehen, daß einer, der stiehlt, und gehenckt wird, ob ihme gleich der Halß noch so dicke geschwollen wäre, des Henckers Strick ihme dennoch einschnüren würde, daß er dünne werde. Soll es das Sack-Band aber an- und vor sich selbst thun, und einen geschwollenen Halß heilen, so wird ja wohl ein ieder Hauß-Wirth einen Mehl-Sack in seinem Hause haben, daß er nicht erst diebischer Weise in der Mühlen darnach suchen müsse. Aber natürlicher Weise kan weder das Stehlen noch das Band etwas fruchtbarliches ausrichten, und bleibt demnach diese Kunst ewiglich erlogen Diebs-Werck. Man giebt sonst insgemein vor, daß, so die Diebe in der Mitternacht in einem Hause könten stillschweigend einen grossen Hauffen auf den Tisch s.v. hofiren, so könten sie in selbigen Hause so lange, als der Koth warm wäre oder rauchte, ungebindert stehlen. Dieses glaube ich aber keinesweges; es sey denn, daß andere Gauckel- und Zauber-Possen mehr dabey fürgenommen würden, Aber das wolte ich fast eher glauben / daß ein abergläubischer Affe seinen geschwollenen Halß noch viel eher solte heilen, wenn er einen solchen ietzt erwehnten warmen Hauffen um den Halß legte, als daß er ein elendes Sack-Band um solchen bindet. Ich weiß aber vor dergleichen Halß-Beschwerungen viel andere und bessere Mittel, die nicht nach Dieben stincken, als wie die vorigen.


[89]

Wer sich den Strick um seine Kehlen Und Halß stillsckweigend selbst will stehlen, Derselbe muß gar nicht bedencken, Daß er könn bleiben dran bedencken.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Wer Frühlings-Zeit die erste Schwalbe siehet / der stehe alsbald stille/ grave mit einem Messer in die Erde und zwar unter den lincken Fuß / so findet er eine Kohle/ die ist das Jahr gut wider das kalte Fieber.

Daß die Kohlen vors Kalte gut sind, kan kein Mensch läugnen? Und ie mehr gebrannte Kohlen in einem Ofen liegen, ie mehr Kälte vertreiben sie aus dem Gemach, darinnen der Ofen stehet. Ob aber ein Köhlgen, welches man unter dem lincken Fusse aus der Erden graben soll, zu der Zeit / wenn man in Frühlinge die erste Schwalbe siehet, auch so kräfftig ist, das kalte Fieber zu vertreiben, das will mir nicht zu Kopffe gehen. Uberdiß so wolle man mir doch zu erst sagen, wo denn die Kohle in die Erde komme, und zwar gerade unter den lincken Fuß dessen, der zum erstenmahl im Jahre eine Schwalbe siehet. Ich muß zwar selbst gestehen, daß ich einsmahls dergleichen Kohle auf ietzt beschriebene Art gefunden habe, aber weder in vorigen noch nachkommenden Jahren habe ich das geringste Köhlgen nicht finden können. Das mahln, da ich eine fand, stund ich gleich in unsern Hofe, allwo es kein [90] Wunder war, weil durch vielen Brand- Schutt die Kohle mit kunte allda begraben liegend blieben seyn. Ich habe nur ohnlängst in eines berühmten Mannes herausgegebenen Tractat gelesen, daß dieser meldet, er habe allemahl, wenn er im Früh-Jahre die erste Schwalbe gesehen, unter seinen lincken Fuß in der Erden eine Kohle gefunden. Wiewohl ich nun zwar diesem Autori nicht eben wiedersprechen will, so vermuthe ich doch, er habe die Sache einmahl vor allemahl probirt, aber hernach im Aufschreiben einmahl vor allemahl gesetzt. Denn ob es gleich nichts rares ist, daß man eine Kohle oben in der Erden findet, weil solchem der ausgelauchten Asche, bald auf die Aecker und Felder / auf die Wiesen, und in die Gärten gestreuet wird, und weil eine Kohle leichtlich nicht faulet, so werden derer überall angetroffen, die auf nur beschriebene Art verstreuet worden sind. Daß aber dieser Glaubens-Punct alle Jahr, und bey einem iedweden universal sey, und ohnfehlbar eine Kohle gefunden werde, solches kan ich, aus eigner offt versuchten Probe, mit Wahrheit verneinen. So nun die Findung solcher Kohlen nur zuweilen geschicht, so erhellet daraus Sonnen-klar, daß es nichts als natürliche Kohlen sind, welche ohnversehens mit in die Erde geackert, oder auf andere Weise verschüttet worden sind. Wer nun diesen Kohlen die Krafft das Fieber zu vertreiben zueignen will, der muß wahrhafftig auch allen andern in der Erden liegenden Holtz-Kohlen diese Eigenschafft beylegen, oder mag gewärtig seyn, daß er mit unter die [91] Zahl derer abergläubischen Weiber gerechnet werde. Ob aber das Fieber sich mit solchen Kohlen vertreiben lasse, habe ich noch keine Probe gesehen. Vielweniger hat mir noch iemand erwiessen, daß durch das Anschauen der fliegenden Schwalbe einer könte der unter seinem lincken Fuß in der Erden liegenden Kohle stracks eine solche Krafft mittheilen. Und warum muß es denn eben die erste Schwalbe (die doch wohl schon von 1000. anderen Personen gesehen worden ist) seyn, die man doch nur gemeiniglich nur eine Minute im Gesichte behält. Daher ich schliesse, daß die Schwalbe ebenfals nichts beytragen kan.Ergo sage man mir von diesem Specifico antifebrili her, was man will, so finde ich doch nichts nützliches daran.


Ein ieder will vors Fieber etwas wissen, Doch wird ein ieder wohl Mit einer schlechten Kohl Das Fieber uncuriret lassen müssen.

Das 33. Capitel
Das 33. Capitel.
Wenn man bey Grabung eines Schatzes Brod bey sich hat / so können einen die Gespenster nicht verstören.

Man lieset zuweilen in denen Inqvisitions-Acten derer Diebe, daß manche Diebe / bey Besteigung derer Häuser, die rumorenden Ketten-Hunde mit einem Stück Brod besänfftigen, daß sie von denselben an ihrer Mauserey nicht gestöret würden. Dieses lässet sich gar wohl practiciren [92] und ist gar natürlich. Wie aber will man mit ein wenig Brod den höllischen Ketten-Hund, den Teufel, besänfftigen, daß er einem Menschen den in seiner Gewalt habenden Schatz solte hinweg practiciren lassen? Das müste wahrhaftig ein sehr hungriger Teufel seyn: Ich frage euch toll und thörichte, abgöttische, abergläubische, Schatz-begierige, albere Hasen, was haltet ihr denn wohl von denen Geistern, welche die Schätze zum Theil (denn die in Kriegs- und anderer Noth verwahrten Schätze sind solcher Wächter nicht unterwürffig) besitzen? meynet ihr denn, weil sie zuweilen (wo es anders noch wahr ist) als grosse schwartze Hunde erschienen sind, sie riechen euer Brodt / und bekommen einen Appetit darnach? Ach! weit gefehlet. Ihr sprecht, es wären Geister; kan wohl seyn. Sind es denn Geister, so können es keine gute seyn; wie solches nach unserer wahren Evangelischen Lehre weitläufftig und zur Gnüge kan erwiesen werden. Sind es denn böse, so müssen es Teufel seyn. Dieses werdet ihr mir alle gestehen müssen, oder ihr seyd keines reinen Glaubens. So es denn nun Teufel sind, so wird sich kein Teufel vor dem Brod fürchten; solte der Satan sich vor dem Brodte fürchten? warum heist er denn unsern Heyland, JEsum Christum, in der Wüsten aus Steinen Brod machen? Hat er sich damahls nicht vor dem Brod des Lebens gescheuet? ey so wird er sich auch vor gantzen Backöfen voll, geschweige vor einem Stücklein Brod im geringsten nicht scheuen. Will mancher [93] Narr gedencken, es sey gewiß genug / und will es auch aus eigener Erfahrung bekräfftigen; dem sage ich ohne Scheu, daß er mit dem Brodte keinesweges den Teufel oder seine Engel betrogen habe /sondern der Teufel habe vielmehr ihn damit betrogen, und vermuthlich seine Seele gefangen. Ich bekenne, daß ich des Geldes so benöthiget bin, als einer, wer der auch sey; aber das sage ich auch mit unveränderter Resolution, daß, so ich in einem Hause wohnete, von dem man sagete, es läge um die oder die Gegend ein Schatz vergraben, welcher aber besessen wäre, welches man daher behauptete, weil vorige Zeit gedachter Schatz wäre gesehen worden, es hätte sich aber das und das (ja wenn es auch nichts, als ein Licht gewesen wäre) dabey sehen lassen, etc. so sage ich, wenn ich gleich selbst nichts weder gehöret noch gesehen hatte, und ich ließ an selbigem Orte ohngefehr zu einem Bau aufgraben, und träffe unverhofft daselbst den ehemahls beschriebenen Schatz an, könte selbigen auch, ohne einige Hinderniß, gleich hinweg nehmen, so würde ich mich doch sehr bedencken, mich dessen anzumassen; in Besorgung, daß dieses des Teufels sein Werbe-Geld seyn möchte, womit er mich zu seinem Dienst zu erkauffen gedächte. Denn was der Teufel einmahl in seiner Gewalt hat, wird er schwerlich umsonst aus seinen Klauen fahren lassen. Wenn das mit saurer Müh und Fleiß rechtmäßig erworbene Geld / oder das mit Recht ererbte Reichthum capable genug ist, viel tausend Seelen ins Satans Gewalt zu stürtzen; Ey [94] was will denn erst das Geld und Gut, das des Teufels eigen schon gewesen ist, wohl vor einen Weg weisen? Geld und Guth macht zwar Muth; Muth aber macht Ubermuth, und Ubermuth thut nimmer gut. Wer nun aber dennoch von vergrabenen Schätzen suchet reich zu werden, der wage es auf seine Gefahr; ich versichere ihn, er nehme gleich zu sich, was er nur wolle, der Geist wird sich daran nicht kehren.


Ein Geist, der so viel Jahr gesessen, Den Sckatz bewacht, und nichts gefressen; Der wird auch wohl ein Stücklein Brod Mehr achten nicht, als wäre es Koth.

Das 34. Capitel
Das 34. Capitel.
Pathen-Geld machet reich / und bringet Glück.

Ja, nachdem damit verfahren wird, und nachdem GOtt will. Nicht weit von Arnstadt in Thüringen war eines Bauern Sohn, welcher, als ein Knabe von zwölff Jahren, hatte in seines Vaters Stoppeln, zur Erndten-Zeit / Aehren aufgelesen, und das Geträyde ausgeklopffet; Nach der Erndte nahm er eine Hacke und ein Grabescheit, und grub mit seines Vaters Bewilligung ein Stück lange Jahr wüste gelegenes Feld, so viel er vermeynte zu seinem Bißgen aufgelesenen Saamen zu bedürffen, auf, worzu ihm seine Schul- und Spiel-Cammeraden mit Lust halffen. Ferner gieng er mit einem alten Trag-Körblein auf denen Angern herum, allwo das Vieh geweydet wurde, und schauffelte den Koth [95] vom Vieh zusammen / und trug es auf sein Bißgen aufgegraben Feld, ja wenn er seine eigene Nothdurfft s.v. verrichten wolte / lieff er dahin, und setzte es auf sein Feld, weil es nahe lag. Zu gewöhnlicher Zeit säete er sein Bißgen Saamen im Nahmen GOttes hinein, und erlangete GOttes Seegen / daß er im andern Jahr zehenfach einerndten konnte. Er fuhr auf solche Art noch ferner fort / und war so glücklich, daß er hier durch ein reicher Bauer wurde, ohne iemandes Beyhülffe. Solte man nun nicht können glauben, das Geträyde, so aus denen aufgelesenen Aebreu geklopffet worden ist, machte reich; aber doch erinnere ich mich nicht, solches iemahls gehöret zu haben, da mir doch die Gefahrenheit aus obig-angeführten Exempel es selbst gewiß machet. Derowegen setze ich den Fall, daß ein oder das andere mahl geschehen sey, daß Kinder ihr Pathen-Geld an etwas angeleget haben, dabey sie guten Profit gemacht, und endlich sich ein gut Stück Geld erworben haben. Aber da bin ich gut davor, daß es dem Hunderten nicht glücket. In meiner Jugend gedachte mein lieber Vater mir und meinem Geschwister auch einen Profit mit unsern Pathen-Gelde zu machen, nahm derowegen selbiges, und kauffte Haber davor, welcher damahls sehr gutes Preisses war. Was geschah? Der Haber blieb ein Jahr liegen, dem lieben Vater fielen selbiges Jahr zwey Pferde um; derowegen er mit grossem Verlust sich ein paar andere kauffen muste. Sein eigener Haber, den er ausgesäet hatte, wurde vom Wetter [96] zerschlagen / derowegen er den vor unser Pathen-Geld erkaufften Haber verfüttern ließ; u. obgleich selbige Zeit der Haber wieder theuer war, so hatte doch mein Vater sein eigen Geld vor die Pferde ausgegeben, und gieng also Haber und Geld zugleich dahin. Hierbey kan ich keine Probe finden, daß das Pathen Geld reich mache. Denn ob gleich der Haber theuer wurde / und also gar leicht ein guter Gewinn daran zu machen gewesen wäre, so wölte doch kein Glück dabey erscheinen; hingegen hätte es mögen Pathen- oder ander Geld seyn, so hätte doch wohl der profit erfolgen können, wenn der Seegen Gottes und das Glück sich hätte dabey einfinden wollen.


Der Seegen GOttes machet reich, Ob wär das Pathen-Geld auch gleich Nicht mehr verhanden und verthan, Es kömmt auf GOtt und Glück nur an. Bet' und arbeit fein mit Verstand, So kömmt dir GOtt und Glück zur Hand.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Ein ohngefehr gefundener Huff-Nagel ist gut / wenn einem etwas gestohlen worden ist / und man schlägt solchen auf die Stätte / da allzeit Feuer ist / so muß einem das Seine wieder werden.

Saenge deinen Huth an einen Pflock an die Wand, so magst du ihn wieder hinweg nehmen / wenn du wilt; oder setze deinen Stab hinter die Thür, so must du ihn auch daselbst wieder [97] erlangen. Also wird es bey diesem Glaubens-Punct auch seyn: Schlägst du deinen Huff-Nagel in den Heerd, so muß er dir wieder werden, und magst ihn wieder heraus ziehen, wenn du wilt; also wird dir das Deine, das du eingeschlagen hast, wohl wieder werden, denn an einem alten Huf-Nagel vergreifft sich so leicht niemand; Aber, ob du was werdest wieder bekommen, was dir gestohlen worden ist, davon habe ich bey keinem Evangelisten etwas gelesen, und glaube dahero nicht / daß es wahr sey. Wäre es auch wahr, so würden gewiß die ohngefehr gefundenen Huff-Nägel in mehrern Ehren gehalten werden, als so. O wie würde ein jeder so leichte wieder zu seinem verlohrnen Gute gelangen; aber da es mehr als zu bekannt ist, daß, so iemand etwas verlohren hat, ob auch gleich vielmahl grosse Unkosten /gnugsamer Fleiß und Vorsichtigkeit / auch wohl zuweilen mit Lebens-Gefahr, angewendet worden, er dennoch das Seinige, so ihm gestohlen worden, nicht wieder erlangen können; so ist destoweniger glaubwürdig, daß man durch ein so elendes Ding, wie ein gefundener Huff-Nagel ist, wieder zu dem, was einem Diebe entwendet haben, gelangen könne. Denn natürlicher Weise geschicht es nicht, und kan auch nicht geschehen; übernatürlicher Weise aber wird GOtt in dergleichen unerheblichen Fällen auch niemanden einen absonderlichen Braten, so zu reden, anrichten.Ergò ist es Thorheit und alberer Aberglaube.


[98]

Nimmst du den Canon wohl in acht,

So wirst du bald ersehen,

Daß ihn ein loser Schalck erdacht,

Und must ihn so verstehen:

Wenn iemand, wo stees Feuer ist,

Kan frey ein Loch einbohren,

Derselbe wird der Diebe List,

Wo er was hat verlohren,

Durch seine Kunst auch treiben bald,

Daß ihm muß wiederkommen,

Was ihm durch ihre Diebs Gewalt

Sie haben weggenommen.


Denn gleichwie niemand so leicht wird zu Einschlagung eines alten stumpffen Huf-Nagels, an einem solchen Orte, wo stets Feuer brennet, können ein Loch bohren, weil die grosse Hitze es ihme nicht wird erlauben / also wird es auch schwer zugehen, daß einer das, was die Diebe geholet haben / wird wieder bekommen, und ist eine Redens-Art, als wenn man saget: Wer einen Mohren weiß badet, der wird eine Erbschafft von hundert tausend Reichs-Thalern bekommen.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
Die Huren-Kinder sind glücklicher / als ehrliche Leute.

Das will ich wohl glauben! Denn gleichwie ohne allem Zweifel hier verstanden wird das zeitliche und vergängliche Glück / worzu die Gottlosen am ersten gelangen; Also ist kein Zweifel, daß ein Huren-Kind, als welches von seiner bösen und weltlich-gesinnten Mutter, in allerhand Hilpers-Griffgen und losen Räncken [99] erzogen worden ist, ungescheuet ein Ding hazardiret, und offt bey einer Sache glücklich fähret, die ein ehrlicher Mann vorzunehmen Bedencken träget, weil er besorget, dabey in einen Schimpff zu fallen. Glückt es nun einem Huren-Kinde, so wird es gerühmet, und heist ein kluges Unternehmen. Glückt es aber nicht, und die Sache läufft auf einen Schimpff hinaus / so achtet ein Huren-Kind den Schimpff so wenig, als ein Feuermäuer-Kehrer einen rußigen schwartzen Fleck im Angesichte. Ja wenn eine unehrliche Person einen Fehler begehet, da wird niemand sonderlich davon reden, und der Schimpff ist nicht halb so groß, als wenn das Versehen von einem ehrlichen Manne geschehen wäre. Der Mund der Wahrheit sagt ja wohl recht: Die Kinder dieser Welt sind klüger, denn die Kinder des Lichts in ihren Geschlechte. Die Huren-Kinder sind Kinder dieser Welt, nach ihren Herkommen und Geschlecht. Ergò sind sie, nach weltlicher Art, auch klug, das ist: Listig / betrüglich, verschmitzt, kühn, verwegen, und auf solche Weise auch glücklich. Wem nun aber dieses Glück gefällt, der mag sich auch mit unter die Huren-Kinder rechnen, weil ohnedem mancher nicht weiß, ob der sein rechter Vater gewesen sey, nach dem er sich aus der Mutter Anleitung nennet. Und habe ich mich viel-und offtmahls verwundert, warum es doch in der Welt so eingeführet sey, daß ein Mensch sich nach dem Vater nennet, da doch die rechte ehrliche Geburt und Ankunfft eintzig und allein auf der [100] Mutter Ehre und Treue ankömmt. Denn wenn gleich einer noch so ein ehrlicher und berühmter Mann ist, dessen Ehe-Weib aber hält es mit andern Manns-Personen, es sey so heimlich, als es wolle, so sind doch die Kinder, die sie gebieret, s.v. Huren-Kinder. Schade aber ists / daß diese nicht im Mutter-Leibe gezeichnet werden, daß sie vor andern kenntlich wären. Es sey aber immer, wie es sey; Haben die Huren-Kinder Glück vor andern, so mögen sie es haben, ich gönne es ihnen gern, und lieber, als mir selbst; denn dergleichen zeitliche Ehre will ich gerne entbehren, und will mich mit meinem Creutz und gewöhnlichen Trübsal und Elendbehelffen, und es vor lauter Glück achten, auch mit Hiob sagen: GOtt ist mein Gold.


Obgleich ein Huren-Sohn Offt trägt viel Glück davon, So bleibt sein Nahme doch Unehrlich immer noch.

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wenn man bey Tauffung eines Kindes ein Stücklein Brod weyhen lässet / so fehlet es des Kindes Eltern nicht an Brod.

Weil die Narren ein solch bißgen Brod gemeiniglich fleißig einwickeln, und heilig aufheben, so bleibet ihnen dieses Brod allezeit, und fehlet ihnen solcher gestalt kein Brod, also, das sie gar kein Brod hätten /denn wenn sie gleich [101] sonst kein Brod hatten, so haben sie doch dieses, und haben also allezeit Brod. Ob es aber ihnen nicht an Brod fehlen würde, wenn Theuerung und Hungers-Noth über ein gantz Land käme, darinnen solche Leute wohneten? wolte ich fast zweiffeln, ja vielmehr gar glauben, daß solche Leute mehr Mangel an Brod haben würden, als andere, die ihre Hoffnung auf die Vorsorge GOttes gesetzt hätten. Und so die Langmuth und Güte GOttes nicht so gar groß wäre, so wäre kein Wunder, GOtt straffte solche abgöttische Thoren mit Hungers-Noth, daß sie nicht mehr Brod erlangen könnten, als das eintzige Bißgen, das sie mit haben tauffen oder weyhen lassen, und wenn dergleichen Straffe und Gerichte GOttes über einen oder zwey ergienge, so würden die übrigen Narren wohl klug werden; Aber wo gedencke ich hin? Hören sie Mosen und die Propheten nicht, so würden sie auch nicht gläuben, ob ihnen solches wiederführe.


Wer sich mit einem Bissen Brod Will sättigen in Hungers-Noth, Dem laß ich seinen Willen gern, Ich aber trau auf GOtt den HErrn, Und weiß, daß nicht allem ich leb Vom Brod, das mir zwar GOtt auch geb, Sondern vielmehr von seinem Wort, Das mich woll nehren hier und dort!

Das 38. Capitel
Das 38. Capitel.
Wer im Neuen Mond sein Geld zehlet / der hat hernach immer Geld.

[102] Warum? der Mond nimmt alsdenn zu, biß er voll wird. Ist zwar gut gezielet, aber blut-übel getroffen. Der vierzehende Aberglaube des vorigen andern Hundert lehret, daß man den Neumond nicht soll in leeren Beutel scheinen lassen / weil man sonst so lange, als solcher Mond währet, würde Geld-Mangel haben. Dieser ietzt vorhabende Punct aber weiset schnurgerade das contrarium an / und wenn man diese Puncte beym vollen Monden-Licht recht beschauet, so sind sie alle beyde s.v. erlogen. Solte deswegen das Geld zunehmen, wenn es im neuen Mond gezehlet würde, das wäre etwas schnackisches; darbey aber würde doch gleich wohl auch zu besorgen seyn, daß bey dem vollen Mond hernach das Glück wieder ins Abnehmen kommen dürffte, wenn sich das Geld nach dem Monden-Wechsel richten thäte. Nicht ohne ist es zwar, daß der Mond in unterschiedliche Dinge wircket, nach dem er ab- oder zunimmt; als zum Exempel: In Pflantzen, Bäumen und Gewächsen, in Witterung und dergleichen / (wiewohl auch gewöhnlich in diesen Fällen mehr geglaubet wird, als offt die wahre Erfahrung ausweiset) alleine in Zehlung des Geldes zur Zeit des Neumondens kan natürlicher Weise der Mond nichts würcken; und gemahnet mich nicht anders, als wenn am Neuen-Jahrs-Tage manche Narren vorgeben wollen, daß alles, was man am Neuen-Jahrs-Tage thäte, man das gantze Jahr thun müste, als zum Exempel: Wer am Neuen-Jahrs-Tage etwas borget, der muß das gantze Jahr borgen; Wer an diesem Tage kranck [103] Ey ja freylich, wer am Neuen-Jahrs-Tage stirbt, der ist gewiß das gantze Jahr todt; und wer am Neuen-Jahre ein Narr ist, der wird wohl das gantze Jahr nicht viel klüger werden. Wie lange währet denn wohl die Zeit, da der Mond neu ist? es trägt ja nur so zu sagen einen Augenblick aus, und nimmt alsdenn stracks zu. Wer kan aber so just denselben Augenblick treffen, daß er sein Geld nicht zu bald noch zu langsam zehle? Wahr ist es, daß so man im Neumond das Geld zehlet, und solch Geld aufhebt / man alsdenn immer Geld hat, nemlich das, welches man aufgehoben hat; so man aber das Geld ausgiebt, und hat sonst auch keines mehr, so wird es daran fehlen, ob es auch gleich alle neue Monden gezehlet gewesen wäre.


Zehl dich satt mit deinem Gelde / Biß der Mond im weiten Felde Seinen Schein läßt sehen. Hast du viel, wirds schwerlich bleiben, Nichts kanst du mit Null beschreiben, Keines bleibt bestehen. Wie der Mond nimmt zu und abe, Also ist auch Geld und Habe Beyden'n Arm und Reichen. Bald wird einer Reich gepriesen, Bald ins Armen-Hauß verwiesen. Stets muß etwas weichen.

Das 39. Capitel
Das 39. Capitel.
Wenn man einen Creutz-Dreyer oder dergleichen Dreyhellers-Pfennig auf einen [104] Schatzwirfft / so kan er nicht wegweichen oder verschwinden.

Das mag wohl seyn! noch weniger aber würde der Schatz verschwinden, wenn du s.v. einen feinen grossen Haussen drauf hofirtest. Aber / o einfältiger Tropff! bist du denn nicht so klug / daß du den Wort-Verstand besser erkennest? Wenn du den Schatz also hast, und dessen theilhafftig bist, daß du einen Dreyer kanst drauf werffen, so wird er nicht verschwinden; denn das sind lauter Lügen und Fabeln, da zuweilen gesagt wird / es habe sich hier oder dort ein Schatz sehen lassen / sey aber wieder verschwunden; denn etwas cörperliches kan natürlicher Weise nicht verschwinden: Wenn aber etwas gesehen wird, und verschwindet, so ist es nichts gewesen, als eine teufelische Blenderey, darauf du nimmermehr einen Dreyer wirst werffen können. Also ists freylich wahr, daß ein Schatz nicht verschwindet, worauf man einen Creutz-Dreyer wirfft. Ja, wer erst den Schatz hätte, der fein viel austrüge, zum Creutz-Dreyer würde wohl Rath, und so ja auch keiner zu haben wäre, so riethe ich, man nehme einen Creutz-Thaler, an statt des Dreyers; aber daß es nicht heissen möge, Wasser in die Elbe tragen, so soll und muß es ein Creutz-Dreyer, und nicht ein Thaler seyn. Es ist aber beydes nicht vonnöthen, denn wenn man den Schatz gewiß, und nicht mit verblendeten Augen siehet, so setze ich meine Ehre zum Pfande, er wird nicht verschwinden. Das Verschwinden wird auch nimmermehr einem begegnen / [105] als nur solchen Leuten, welche groß Verlangen tragen nach Reichthum, oder Tag und Nacht begierig sind, einen Schatz zu finden, denen ihre Gedancken stets voll sind von solchen Phantasien, und bllden sich immer in Vorrath ein, ob hätten sie den Schatz oben beym Kopffe. Ja, es hat sich aber gar übel geschatzt, wenn das Hauß und der Keller unterwühlet und grundloß gemacht sind, und man hat nichts, als Koth / bekommen. Das mag wohl heissen: Die da reich werden wollen, fallen in Versuchung und Stricke, und viel thörichter und schädlicher Lüste, welche sencken ins Verderben / was denn Resp. nicht allein der Menschen Seelen, sondern auch dero Häuser und Vermögen. Und kenne ich selbst sehr viele, die eintzig und allein durch das verfluchte Schatz-Suchen sind zu Bettlern und verachteten Leuten worden. Drum wäre mein Rath: Manum de tabula.

Das 40. Capitel
Das 40. Capitel.
Am Fastnächte-Tage soll man Hirsen essen / daß einem das Geld qvillet.

Das weiß ich wohl, daß der Hirse qvillet, wenn er gekocht wird; aber das hab ich mein Lebtage noch nicht erfahren, daß das Geld qvillet, und wird nimmermehr kein Groschen so groß aufqvellen, daß er einen Thaler gilt, ob man ihn auch gleich im Spanischen Weine oder Malvasier kochete. Das weiß ich auch wohl, daß das Geld viel eher noch kleiner wird, als es von [106] Anfang gewesen; sonderlich, wenn es in der Jüden, oder auch in der diebischen Kipper und Wipper ihre Diebs-Hände geräth, die es so fein und sauber zu beschneiden wissen / daß man es kaum gewahr werden mag. Das Geld, so erst aus der Müntze kömmt / ist nichts anders, als der volle Mond. Denn das neue Geld ist noch voll, und ohne Abnahme; aber sobald es aus der Müntze ist / sobald fängt es auch an abzunehmen, biß fichs gar verkrichet, und unsichtbar in die Schatz-Kästen flieget. Auf was Weise aber das Geld qvellen soll, und wie der Hirse hierzu seine Mitwürckung verrichten könne, das kan ich mit meinen Sinnen nicht erreichen. Und ob auch gleich das Geld eine solche Materie wäre, die könte aufqvellen, so kömmt mir doch die Sache zu absurd vor / daß man den Hirse essen soll, und zwar eben am Fastnachts-Tage. Warum muß man denn den Hirse essen? Ich vermeynte, es wäre besser / man frässe das kleine Geld, und hofirte s.v. wieder grosse Thaler; welche seine Arbeit wäre, als wie bey jenem Bretschneider, der sein Pferd mit Säge-Spänen fütterte, in Hoffnung / daß es würde Bret-Klößer hofiren. Aber was mag ich mich denn verwundern über eine so offt probirte Sache? Ist denn nicht bekannt genug, wie nehmlich einige Künstler aus Bley, Kupffer und andern Metallen können grosse Qvantitäten Gold machen, so kan es auch wohl seyn, daß aus Hirse Geld wird. Die Materia, woraus die Alchimisten Gold machen, heissen sie Lapidem Philosophorum; wer weiß, ob die Fastnachts-Narren [107] und Hirsen Fresser nicht eine Materiam bey sich oder vielmehr in sich haben, die Lapis Stultorum heißt, welche den Hirsen, den sie essen, zu Gelde macht. Gleichwie ich aber noch nicht gesehen habe, daß einer hat Gold machen können aus einer Materia, worinnen kein Gold gewesen ist; also glaube ich auch nicht, daß das Hirsen-Brey-Fressen an Fastnacht kan einigen Beytrag geben, daß einem das Geld qvellen müsse. Ist es aber ja einmahl geschehen zu der Zeit /da das lederne Geld ist gangbar gewesen, daß einer sich hat voll Hirsen-Brey gefressen, und hernach irgend seine lederne Müntze voll gespyen / davon sie aufgeqvollen ist, so ist darauf gar nicht zu sehen, weil ein grosser Unterscheid zwischen lederner und metallener Müntze ist; und wäre demnach ietziger Zeit nicht mehr darauf Reflexion zu machen. Uber diß alles / so weiß ich nicht, was der Fastnachts-Tag zum Gelde helffen soll? und reimet sich der Hirse-Brey, das Geld / und der Fastnachts-Tag zusammen, als wie die Stadt Nürnberg, und die grosse Glocke zu Erffurth, und denn drittens ein alt Weib, das in die Butter-Milch gehustet hat.


Frißt du an Fastnacht Hirse-Brey, Wird dir der Bauch zwar qvellen; Doch wird dein Geld deswegen frey Und sicher seyn vorm Schwellen. Der Hirse qvillt, der Bauch geschwillt, Das Geld bleibt immer kleine. Drum friß gleich Hirse, wenn du wilt, Vielleicht qvillt dirs alleine,

Das 41. Capitel
[108] Das 41. Capitel.
Wer etwas auf dem Marckt feil hat / und kaufft ihme zu erst ein Knabe oder eine Jungfer ab / der hat selbiges Tages gut Glück zum Verkauff.

Da heist es: Ich habe gute Hanckff gelöset, es hat mir eine Jungfer Hanckffgegeben. Der Anfang ist gut, ich lasse ihn auch gut seyn. Aber mein! sage mir, wo bleibet denn hier das Huren-Glücke, wovon sonst so viel Rühmens gemacht wird, wenn der Teufel denen abergläubischen Leuten einbildet / daß, so einem frühe morgens eine Jungfer begegnet, so bedeutete es Unglück, begegnete einem aber eine Hure, so bedeutete es Glück? wie im 85. Capitel des vorigen Hundert mit mehrern zu sehen seyn wird. Wenn einem früh eine Jungfer begegnet, soll sie Unglück bedeuten; Hier aber / wenn sie einem die erste Loosung bringet, soll es Glück bedeuten; Wie reimet sich denn das mit jenem? und scheinet es, als ob die abergläubischen Hasen selbst nicht recht wissen, wie sie bekehret sind. Ein ieder trägt groß Verlangen nach Glück und gutem Verdienst, und diese Begierde gebieret die Hoffnung, dahero nebst der Begierde immer auch gute Hoffnung ist, ob würde das, wornach man Verlangen trägt, sich bald finden; so aber die Hoffnung nicht bald erfüllet wird, so pfleget der Mensch auf Mittel zu dencken, dadurch dasjenige möge erlanget werden, was nicht von selbst kommen will, und in solcher närrischen Verwirrung und mit Begierde [109] und Hoffnung vermengten Gedancken fället er insgemein auf solche seltsame Mittel, die mehr närrisch und ungereimt, als vernünfftig angesehen werden können. Und weil in solchen Fällen die List des Satans nicht säumig ist, so ists gar leichte / daß allerhand Aberglauben auf solche Weise ersonnen werden. Ein Reicher, der seine Scheune und Böden voll Korn und andere Früchte liegen hat / der ist doch noch nicht ersättiget, sondern verlanget noch mehr Glück, und bildet sich allerhand Glücks-Zeichen darbey ein, daß auch der Sperling, als der an einem solchen Orte sich gern aufzuhalten pfleget, muß Glück bedeuten, die Schwalben aber, als welche allda nicht viel annisteln, müssen Unglück bedeuten. Hingegen eines armen Mannes Hause, allwo sich kein Sperling, wohl aber die Schwalben ernähren, und die daselbst befindlichen Fliegen hinweg schnappen können, allda bildet sich der Arme ein die Schwalben brächten Glück. Also bildet sich ein ieder selbst eine Glücks-Bedeutung nach eigenen Gefallen ein, es mag sich auch gründen, worauf es wolle.


Es ist alles Glück Ja nur ein Geschick. Glücks, so glücks nach GOttes Willen, Drum mach ich mir keine Grillen, Es geb Handkauff, wer es sey, GOttes Seegen sey darbey.

Das 42. Capitel
Das 42. Capitel.
Die erete Loosung oder Handkauff soll man an die Erde werffen / und mit Füssen treten, [110] so wird der Handel den Tag desto glücklicher gehen.

Ich habe wohl eher selbst mit Augen gesehen, daß die Kramer das Geld, so sie früh zuerst einbekommen haben, nicht allein auf die Erde geworffen, und mit Füssen darauf getreten, sondern es auch nicht eher, als auf den Abend, wieder aufgehoben haben. Woher nun aber dieses närrische Vornehmen seinen Ursprung haben mag, weiß ich nicht. Die Erstlinge derer Früchte im Alten Testament wurden GOtt gewidmet und übergeben, ohne Zweifel darum, daß damit GOtt solte gedancket, und durch das Dancken zu fernern gnädigen Gedencken bewogen werden. Die erste Loosung oder der erste Handkauff ist in der Handlung nicht anders, als die Erstlage des Seegens GOttes zu achten; dahero wohl nicht übel gethan würde, so die Krämer solch Geld oder die Erstlinge GOtt widmeten, oder seine Glieder, nehmlich Lehrer und Prediger, Kirchen und Schulen / auch arme fromme Christen, damit begabten. Aber, aber! ob sie gleich die erste Loosung hin auf die Erde, oder, wie es einige aussprechen, zu GOttes Boden werffen, so sind sie doch / wie die unverschämten, irraisonnablen Kinder, welche zwar offt einem etwas schencken, aber bald wieder haben wollen. Sie nehmen das bald wieder zu sich / und heben es von GOttes Boden oder der Erden wieder auf, nehmen es zu sich, nicht bedenckend, daß Gott ihnen anderer Zeit wieder eine Vergeltung [111] thun werde. Was vor allerhand Thorheiten zwischen Käuffern und Verkäuffern ersonnen werden, in Ansehung der ersten Loosung oder so genannten Hanckff, das ist theils im vorigen, theils auch im 88. und 89. Capitel des ersten Hundert dieser Aberglauben mit mehrern abgehandelt und gewiesen / und will ein jeder bemühet seyn, durch allerhand albere Künste sein Interesse zu befördern. Der Käuffer denckt, wenn er den ersten Hanckff giebt, so bekömmt er die Waare etwas bessers Kauffs; der Verkäuffer kan es auch dem Käuffer so einschwatzen; auch gehet es also mit der letzten Loosung auf den Abend oder zum Feyerabend zu. Da gehet es beyderseits an ein Lügen, Schweren und Vermessen, daß einem, der zuhöret, der Schauer möchte überlauffen. Da heißt es wohl recht, wie Sirach cap. 27. schreibet: Ein Kauffman kan sich schwerlich hüten für Unrecht, und ein Krämer für Sünden. Denn um Guts willen thun viel Unrecht, und die reich werden wollen / wenden die Augen ab. Wie ein Nagel in der Mauren zwischen zweyen Steinen steckt, also steckt auch Sünde zwischen Käuffer und Verkäuffer. Solte zu Sirachs Zeiten nicht auch Aberglauben unter denen Kramern getrieben worden seyn, solte michs Wunder nehmen? Aber was bekümmert mich dieselbige Zeit, gnug, daß ietzo so vielerley solche Zauber-Possen getrieben werden, daß mancher abergläubischer Narr gern noch mehr thäte, wenn die alten Weiber nur noch mehr erfinden könten. Was diesen ietzt vorhabenden Punct anlanget / [112] würde mir es wenig Mühe machen, solchen gründlich und zur Gnüge zu widerlegen; ich hoffe aber, ein verständiger Mensch wird aus dem jenigen, was ich schon angeführet habe, zur Gnüge ersehen, daß der Canon auf einer thörichten Phantasie beruhet, die in der Natur keinen Grund findet, sondern allerdings eine Stelle unter denen Aberglauben haben muß.


So du dein Geld werffen wilt, Wirffs in GOttes-Kasten. Daselbst wird es reich und mild, Ohne Ruh und Rasten, Dir vielfache Zinnse tragn; Aber von der Erden Wird man wenig Danck dir sagn, Nichts wird dir dafür werden.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn der Guckguck nach St. Johannis-Tage schreyet.

Warum? Es bedeutet Theurung. Ey so schrey du Galgen-Vogel, daß du deine Ehre Vergucketest, wenn du nichts guts schreyen wilt! Aber halt, daß ich mich auch nicht irre, was kan der arme Guckguck dafür, daß wir ietzo unsern Johannis-Tag nach dem Gregorianischen Calender feyern? Er richtet sich ohne Zweifel nach dem alten Stylo. Gnug, daß er seinen gewöhnlichen Gesang so wohl nach, als vor Johannis behält; dahero kan ich nicht sehen, ob man dem ehrlichen Kerl könne beymessen, als wäre er mit seinem Geschrey Ursache an der Theurung. Ich [113] habe zwar anderswo gemeldet, wie einige fabuliren, ob wäre der Guckguck ein Becken-Knecht gewesen, der in der Theurung denen armen Leuhen ihren Brodt-Teig bezupffet hätte, weßhalben er auch zur Straffe in einen solchen Raub-Vogel wäre verwandelt worden. Wenn dieses nicht eine Fabel wäre / so möchte man wohl muthmassen, daß ein zu ungewöhnlicher Zeit gehörtes Geschrey eines solchen Wunder-Vogels etwas sonderliches zu bedeuten haben würde: Aber da verständige Leute solche Kinder-Mährlein nur verlachen / so wird niemand unter denselben gefunden werden, der diesem einfältigen Glaubens-Artickul nachhängen wird. Und ob auch gleich einige sich finden möchten, welche dieses Vorgeben wollen beschönigen, als wäre es kein Aberglaube, sondern könte aus natürlichen Ursachen dargethan werden, daß, so der Guckguck nach Johannis schrye, Theurung darauf erfolgte, so werden doch ihre Rationes auch nicht besser beschaffen seyn, als das, was sie damit zu behaupten gedencken. Ich habe etliche Jahre her mit allem Fleiß in Acht genommen, was hier und da die Bauern von der nachkommenden theuren oder wohlfeilen Zeit haben propheceyet, und was sie zum Zeichen angegeben haben; allein, ich habe erfahren, daß nicht ein eintziges mahl die Sache richtig erfolget ist; dahero lasse ich nur die itzige Lügen auch für keine Wahrhett einschwatzen.


Laß nur den Guckguck schreyen so lange, als er will, Wenn er sich satt geschryen, sckweigt er doch endlich

Das 44. Capitel
[114] Das 44. Capitel.
Wenn eine Braut heimgeholet wird / soll sie keine Umwege / sondern die gemeine Strasse fahren / sonst würde sie kein Glück haben.

Gerade zu ist der kürtzeste Weg, sagt Herr D. Heinrich Müller in seinen geistlichen Erqvick-Stunden; und ist dieses auch wahr: Denn wenn man viel Umwege suchet, muß man immer in Sorgen stehen, daß hie und da einer einen Feld-Graben aufgeworffen hat, weßhalben man wieder umkehren muß, und zu der vorgesetzten Zeit nicht an Ort und Stelle anlangen kan. Es ist sonst ein Sprichwort gewöhnlich, das heißt: Sachte mit der Braut, sonst fällt sie. So man nun bey der Heimholung einer Braut wolte sachte fahren / und auch noch Umwege darzu suchen, so würde man langsam mit ihr heimkommen. Dahero ist das wohl am rathsamsten / daß man sachte fahre mit der Braut, aber fein in der ordentlichen Strasse bleibe, wenn sie ja alsdenn fället, so fället sie nicht aus dem Wege. Denn wenn eine Braut auf einem Schlupff-Wege fiel, und könte nicht selbst wieder aufstehen, wer würde sie sobald finden, als wie auf der gemeinen Strassen? Man hat ohnedem wohl eher gehöret, daß gesagt worden, die oder die Braut sey zu Falle gekommen; aber was gehet mich das an? der Bräutigam mag sie wieder aufheben, denn sonst gilt bey einer Braut kein anderer [115] nicht. Daß ich aber nicht zu weit aus dem Wege gehe, so frage ich die Jungfern Bräute auf der allgemeinen Strasse: Worinnen denn das Unglück bestehen würde, wenn sie einen Neben-Weg zögen? Oder worinnen das Glück bestehe, das sie erlangen, wenn sie auf der gemeinen Strasse fahren? Ich zweifele nicht, sie werden mir antworten: Gerade zu sey der kürtzeste Weg, und ie kürtzer der Weg, ie eher kämen sie heim zum Liebsten. Ja, wenn dieses Ihre eintzige Antwort wäre, möchte ihre Meynung wohl nicht zu tadeln seyn; aber so kommen sie mit dem Glück und Unglück aufgezogen, welches ich ihnen nicht zugestehen kan. Denn ob sie gleich sagen wolten. das Glück, so sie auf der gemeinen Land-Strassen hätten, könte darinnen bestehen, daß sie bald an Ort und Stelle kämen, und daß diejenigen, welche ihnen gewöhnlicher Massen entgegen ritten oder führen, sie nicht fehleten, und was dergleichen Lapalien mehr sind; Hingegen könten sie auf einem Um-Wege sich leichtlich verirren, oder, wenn sie irgend iemanden zu nahe auf seine Wiesen oder Aecker führen, gepfändet werden, oder, ander Unglück mehr haben, das in einer freyen Strasse nicht zu besorgen sey. Ja / das ist alle gut, ihr lieben Dinger, aber höret doch auch noch eines: Wenn denn nun auf der freyen Strasse Strassen-Räuber auf euch passeten, oder es gäbe gefährliche ausgefahrne Schläge und Löcher darinnen / welches aber auf Neben-Wegen nicht zu besorgen wäre, was woltet ihr alsdenn wohl einwenden? Heutiges Tages [116] wollen ja überall krumme Wege die besten seyn, und wolte es nicht vor gar langer Zeit ein Klein-Städtischer Bürgermeister gar nicht wohl leiden, wenn einer gerade zu in die Raths-Stube eingieng, sondern fuhr wohl ehe die Leute mit der grämischen Rede an: Oho! fein gerade zu, als wie die Lauß über die---! Darum wäre mein getreuer Rath, eine iede Braut führe den sichersten und beqvemsten Weg, ohne speciale Besorgung eines Unglücks, weil doch Glück und Unglück nur alleine bey GOtt stehet. Und ob zwar wohl bekannt ist, daß manche Braut, zu ihres Bräutigams höchsten Mißfallen, zuweilen Neben-Wege suchet, (welche Huren-Wege auch wohl Zweifels frey in diesem ietzt vorhabenden Punct von dem Urheber mögen verstanden, und von den einfältigen Weibern im abergläubischen Verstande angenommen worden seyn) so bleibt es doch dabey, daß bey Heimholung einer Braut, soferne der gemeine Weg böse ist, man ohne einige Besorgung einen beqvemern Weg fahren mag, alle Huren- und Ehebruchs-Wege aber ausgenommen.


Wers Glück hat, mag die Braut heimführen, Verführen aber nicht, Wiewohl es offt geschicht. Da denn muß lassen sich vexiren Der albre Bräutigam, Der gute Hahnen-Kamm. Drum führ ein jeder seine Braut Fein selbst heim, geb ihr Ständel-Kraut, Wenn sie ihm erst ist angetraut.

Das 45. Capitel
[117] Das 45. Capitel.
Wer will recht Eyer sieden / der soll die Eyer ins siedende Wasser legen / und alsbald drey Vater-Unser nach einander beten / weil sie sieden / alsdenn sie wieder heraus nehmen / so sind sie recht.

Ich glaube, die Weiber haben diesen Zeit-Wecker, oder diese Sand-Uhr aus der Heiligen Geist-Kirche, welche an der Mulda bey Zwickau gantz wüste lieget / gestohlen. Denn die Diebe pflegen gemeiniglich mit dem Kirchen-Raube nicht recht umzugehen. Also wenden die Weiber bey ihren Eyer Sieden das heilige Vater-Unser auch zum Mißbrauch an, als wenn es eine gestohlene Wahre wäre, womit man nach eigenen Gefallen möchte umgehen. Ist das nicht recht leichtfertig? Das allerheiligste, das allernöthigste und vollkommen sie Meisterstück und Kern aller Gebete, das Vater-Unser, welches uns von GOtt selbst zu beten gelehret und befohlen worden, das wird zu solchen Lapalien angewendet, als ob man nicht ein vielaccurater Merckmahl zum Eyer-Sieden machen könne, als eben drey Vater-Unser? Eben, als wenn man das Vater-Unser nach dem Tact zu beten pflegte, daß eines so bald als das andere müste fertig werden. Ists nicht wahr, einer, der das Vater-Unser mit rechter Andacht betet, der wird mit einem eintzigen Vater-Unser so lange zubringen, als einer, der es ohne einige Gedancken auf der schnellen [118] Post fortschicket, zu sechsen kaum Zeit bedarff? Nun sagen mir doch die andächtigen Eyer-Siederinnen, ob es denn langsame oder schnelle Vater-Unser seyn müssen? Zwar, was brauch ich viel Fragens, höret man doch offt mit Verwunderung daß sie nicht einmahl das Vater-Unser nach seinen rechten Worten beten können, wenn sie beym Tisch-Gebet das liebe Vater-Unser recht radebrechen, und Wörter aussen lassen, dargegen auch wohl einige hinein flicken, die nicht hinein gehören, woraus man zur Gnüge kan abnehmen, daß sie zum theil (ich sage zum theil, weil es nicht alle so machen) nicht wissen, was das heilige Gebet, das Vater Unser, auf sich habe. Es ist bekannt, daß die frisch gelegten Eyer etwas länger müssen sieden, als solche, die etliche Wochen alt sind; auch habe ich schon angeführet, daß man das Vater-Unser könne langsam oder auch geschwinde beten; wie kan denn nun bey so gestalten Sachen das Vater Unser zu einen Zeit-Maaß beym Eyer-Sieden dienen? Die Erfahrung bezeugets offt, wie schöne die Kunst hat eingetroffen, wenn entweder die Eyer noch lauter / oder auch wohl gar hart auf den Tisch kommen, da sie doch sollen auf gewöhnliche Weise weich seyn. Demnach rathe ich, die Köchinnen bedienen sich anderer Zeit nur eines guten judicii, und mißbrauchen das liebe Vater-Unser zum Eyer-Sieden nicht mehr.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
Wenn man unter einer Stange hingegehet / [119] auf welcher Hüner sitzen / und man wird von einer Henne beschmissen / so bedeutets Unglück; wenn es aber vom Hahne geschicht / so bedeutet es Glück.

Freylich ist es kein Glück wenn einen die Hüner bestulgängeln, und können die Hüner mehr verrichten, als ein Hahn, denn der Hüner sind viel, aber nur ein eintziger Hahn; denn zwey Hähme leiden einander nicht auf einer Stange. Ob nun zwar einerley Vortheil draus entstehen wird / es beschmeisse einen ein Hahn oder eine Henne, denn von beyden werden die Kleider auf einerley Weise besudelt; dennoch wird gesagt, als sey es ein Glück, wenn einen der Hahn unter einer Heerde Hüner s.v. beschmeissete. Es mag aber diese Rede nicht proprie zu verstehen seyn, als ob man vom Hahnen-Koth etwas glückliches zu gewarten hätte, sondern weil nur ein Hahn unter viel Hünern sitzet, so ist es eine gewöhnliche Redens Art, daß man das, was seltsam heist, mit dem Nahmen Glück oder glücklich benennet. Zum Exempel, es hätte ein Weib eine Mandel Aepffel in einem Sacke / worunter ein eintziger ein faules Fleckgen hätte, es solte aber einer in Sack greiffen, und einen Apffel nehmen, so kan er sagen: Wenn das Glück gut ist, so ergreiffe ich wohl eben den faulen Apffel. Also kan man auch hier sagen: Es sind auf der Stange lauter Hüner, und nur ein eintziger bahn, und so ich darunter hingehe, kan mir leicht eine Henne etwas auf meine Kleider thun, und wenn das [120] Glück gut ist / trifft mich wohl der Hahn selbst auf den Buckel. Wem nun das Glücke gefället, dem gönne ichs lieber, als mir selbst; es soll Glück seyn, möchte aber vielmehr Kleck heissen, weil der Koth mehr beklecket, als beglücket. Aus daß aber die abergläubischen Weiber sehen mögen, daß sie sich in ihren Irrthum, was sonderlich anlanget diesen Punct, gantz verkehrt erzeigen, so setze ich ihnen alle Eyer, sowohl vom Hahn, als von Hünern, für, um zu sehen, ob sie lieber nach denen krummen Hahnen-Eyern, oder nach denen runden Hüner-Eyern greiffen werden? Und da ich schon voraus gewahr werde, daß sie über die ersten die Nasen rümpffen, und nach denen letztern greiffen, so bitte ich sie alle / die auf den ietzt vorhabenden Glaubens-Punct etwas halten, daß sie mir doch sagen wollen, woher der Hahnen-Koth s.v. vor dem Hüner-Kothe einiges Glück bedeuten könne? Denn es nicht genug ist, daß man eine Sache närrisch genug aussinnet, sondern man muß das Fürgeben auch erweisen: Ehe und bevor sie mir aber etwas hiervon erweisen, werde ich, und niemand von gesunder Vernunfft, nicht zu bereden seyn / daß das allergeringste an diesem Vorgeben wahr sey.


Ich lieb, was Hüner legn, und lob derselben Eyer, Der Hahnen kochgee Glück das ist, war auch nicht theuer, Doch nehm dasselbe hin, wem es so sehr beliebet, Weils doch so manchen Sinn, so viel als Köppffe, giebet.

Das 47. Capitel
[121] Das 47. Capitel.
Ein neues Kleid soll man nicht leer anziehen /sondern es soll einem vorher etwas in die Schüh-Säcke oder Taschen verehret werden.

Warum das? Darum, weil einer sonst kein Glück im Kleide haben wird. Das werde ich wohl an mir selbst gewahr; denn ohnerachtet ich mir gar selten ein neues Kleid machen lasse, so will sich dennoch bey solcher Seltenheit niemand bereden lassen, der mir nur etliche Ducaten wolle in die Taschen stecken. Dahero muß ich mich auch immer mit Hoffnung speisen, daß das Glück sonst woher kommen werde. Es gehet aber recht wunderlich in der Welt her; denn ist das nicht recht poßierlich, daß derjenige soll Glück haben, deme etwas ins neue Kleid ist verehret worden, da er doch ohnedem des Glücks genug hat / erstlich / daß er vermag, sich ein neues Kleid machen zu lassen; und zum andern, daß ihme etwas verehret worden, und um deßwillen soll er noch mehr Glück bekommen. Wäre es denn nicht billiger, derjenige arme Tropff bekäme das Glück, deme das Hembde zum Hosen heraus hienge, und der aus Armuth sich nicht helffen könte? Aber es heißt hier vielleicht, wie das bekannte Sprichwort lautet: Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu. Wenn ein Reicher, der alle vier Wochen ein neu Kleid machen läßt, iedesmahl eine gute Verehrung in seine Schühsäcke (oder, wie die [122] Bauern in Thüringen sagen, Diebs-Säcke) bekömmt, so kan es ihme nicht fehlen, er muß Glück haben; also haben die abergläubischen Weiber gleichwohl auch einmahl geredet, daß sie bestehen können, und werden dißmahl billig mit denen Wahrsagern in eine Classe gesetzt, welcher Wahrsagung also lautet: Du viel Geld hast, du reich bist; und so du lange lebest, du alt wirst.


Dem Reichen wird gemeiniglich etwas ins Kleid verehret. Da gegentheils dem Armen nichts in Rittel ist bescheret. Doch ist der Arme auck noch eh befriedigt im Gewissen, Da offt dem Reichen seines wird geängstein, zerrissen.

Das 48. Capitel
Das 48. Capitel.
Wer Gevattern bittet / soll eine ledige und noch unverheyrathete Person mit darzu bitten; sonst hat das Kind kein Glücke zum Heyrathen / und bekömmt auch keine Kinder.

Das ist eine Lehre der überklugen Weiber, wie sie aber bestehen wird, wollen wir bald vernehmen. Das vermeynte Glück wird ohne Zweifel im folgenden bestehen: Wer um obiger Ursachen willen eine ledige Person zu Gevattern bittet, der siehet sich gemeiniglich nach einer solchen um, die 1. noch jung ist; welche, so das Kind groß wird, und heyrathet / noch am Leben seyn / u. mit einem schönen Hochzeit-Geschencke erscheinen kan. 2. die reich ist; daß sie nicht allein einen grossen Pathen-Pfennig einbinden / sondern auch [123] hernach dem Kinde zuweilen etwas verehren kan. 3. die Eltern noch hat; weil die Eltern gemeiniglich gerne sehen, wenn ihre Kinder zu Ehren ersucht werden, und daher desto lieber etwas hergeben, daß sie dem Pathen etwas spendiren können. Also hat das Kind solch Glück von seinem ledigen Pathen zu gewarten. Wenn aber die ledige Person ein alter, geitziger, funffzig jähriger Tantz-Knecht oder Tobacks-Bruder wäre, oder eine sechtzig-jährige Jungfer Ursel, die mit Flederwischen auf dem Marckte sitzet, oder Rabüntzeln hausiren trügt, so wird ein Kind schwerlich viel Glück von einem solchen ledigen Pathen zu gewarten haben. Und wie soll es denn auch zugehen, daß ein Kind um seines noch ledigen Pathens halber Glück zum Heyrathen haben soll / da der (die) Pathe selbst noch nicht verheyrathet gewesen ist, als er dem Kinde die glückliche Eigenschafft mitgetheilet haben soll? Gleiche Bewandniß wird es auch mit dem Kinder-Bekommen oder Kinder-Zeugen haben; es wäre denn, daß eine schwangere Jungfer mit Gevatter stünde, und dem Kinde ihre fruchtbare Eigenschafft anerbte. Denn natürlicher Weise kan eine ledige Person ihrem Pathen weder einig Glück zum Heyrathen, noch einige Fruchtbarkeit zum Kinder-Zeugen einpflantzen. Darwider will ich zwar nicht streiten, daß offtmahls ledige Personen vor oder bey dem heiligen Tauff-Steine stehen / und an statt, daß sie solten heilige Gedancken haben, ungehindert aufs Heyrathen und Weiber-oder Männer-Nehmen, ja gar auf das [124] Kinder-Zeugen, gedencken. Ob aber solcher Pathen Gedancken eine Würckung auf das nur getauffte Kind haben kan, sonderlich, wenn nebst einem solchen verliebten Pathen noch ein Paar andächtige und Christliche Personen zugleich mit stehen, glaube ich nicht, sondern will das Beste hoffen. Das ist wohl gewiß, daß junge Leute insgemein die Gevatterschafft gerne verrichten, und eine weit grössere Affection auf ihre kleine Pathgen werffen, als von manchem alten Schabehalß geschicht; dahero helffen sie auch gebührender massen vor die kleinen Pathgen sorgen, daß sie nicht alleine wohl erzogen, sondern auch mit Heyrathen wohl versehen werden. Was denn die Beyrathung zum Kinder-Zeugen anlanget, davon will ich nicht zu tieff in die Schrifft kommen, denn das giebt sich gemeiniglich, wie das Geiechische. Dieses ists also, was von einem ledigen Pathen dem Kinde kan zuwachsen, welches aber auch nicht universal ist, sondern nur von wenigen iezuweilen geschicht.


Zum Heyraths-Glück und Fruchtbarkeit Kan keine Pathe vor der Zeit Dem Kinde etwas geben. Zwar kan die Pathe guten Rath Mittheilen, auch wohl Hülff und That, Jedoch kein Kind, noch Leben.

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Wer in der Jugend glücklich ist / muß im Alter betteln / und wer in der Jugend bettelt / wird im Alter reich und geehrt.

[125] Dieser Punct kan zwar mit viel hundert / ja tausend Exempeln bekräffriget werden, daß er dahero billig nicht mit unter die Zahl derer Aberglauben solte gesetzt werden; weil sichs aber vor ohngefehr einem halben Jahre begab, daß ich einem Weibe / welche noch wohl ihr Auskommen hatte, einen kleinen Verweiß gab, daß sie ihr Kind ließ vor denen Thüren betteln gehen, dieselbe mir zur Entschuldigung antwortete: Sie hätte ihr Lebtage gehöret, und wüste auch unterschiedliche Exempel, daß die Kinder, welche in der Jugend betteln giengen, im Alter hernach reich würden, und zu Ehren kämen; so hat mich solche Thorheit bewogen / diese Meynung etwas genauer zu untersuchen, und beyderley Ursachen an das Licht zu stellen, warum nehmlich arme Kinder offt im Alter zu Ehren kommen, hingegen reiche Kinder und Zärtlinge offt im Alter Bettler werden. Es ist bekannt genug, und fehlet gar an keinem Beweiß, daß es viele sehr gelehrte und Welt-berühmte vornehme Männer giebt, von denen man weiß, daß sie von geringen Herkommen sind, daß sie in ihrer Jugend viel ausgestanden, und jedermann zu Dienste gewesen / die die Kühe gehütet, ja gar das Brodt vor denen Thüren suchen müssen, derer Rath und Hülffe ietzt doch die Könige und Fürsten sich bedienen, und durch dero Regierung und Verstand Land und leute in Ruhe erhalten werden, (wiewohl auch offt das Sprichwort wahr wird: Es ist kein Messer, das schärffer schiert, als wenn ein Bauer oder Bettler ein Edelmann oder ein Herre [126] wird) woher aber solche wunderliche Glücks-Veränderungen entstehen, will ich meine Meynung eröffnen. Vor allen Dingen kommt es auf den Willen GOttes an, daß sich GOtt offt solche Leute aus dem Kothe, so zu reden, aussuchet, und ihnen seine Gnade vor andern schencket, auf daß hierdurch sein Nahme gepreiset, dem armen Nechsten gedienet, und die grossen, reichen, faulen Hansen / samt ihren zärtlich-erzogenen Kindern, beschämet werden möchten. Es gehet offt mancher arme Knabe betteln / der fein vom Gesicht und Gemüthe ist, dessen Eltern aber nicht vermögend sind, ihn zur Schule zu halten / oder etwas lernen zu lassen. GOtt aber regiert manch Christlich Hertz, die sich eines solchen armen Knabens annehmen, ihn kleiden, in die Schule lassen gehen, nach Nothdurfft mit Kost versorgen, und so fort. Ein solcher armer Knabe aber siehet, daß er nichts vermag, als was er von guthertzigen Leuten aus Gnaden bekommt, lernet sich dahero in die Leute schicken, und eines jeden Willen gleichsam an Augen absehen; er mercket, daß die Dienstfertigkeit und Treue ihn bey jedermann beliebt machet, dahero befleißiget er sich solcher Tugenden desto mehr; er lernet erkennen, daß der vor andern werth gehalten wird / welcher etwas kan; derowegen treibet ihn die Begierde auch zum Fleiß, dasjenige recht zu fassen und zu lernen, was ihm vor- oder aufgegeben wird. Je mehr nun ein solcher armer Mensch kan / ie mehr Lob und Ruhm hat er hernach zu gewarten, und heißt: Dieser arme Mensch ist fieißig gewesen, da [127] ihm doch die Mittel ermangelt haben; was solte er gethan haben, wenn er bißhero Mittel gehabt hätte? Und da er ohne Mittel hier- und darzu geschickt worden, so ist kein Zweifel, daß, wenn man ihm so und so hilfft, er wohl zu dem oder dem Ambt, oder zu der wichtigen Verrichtungcapable zu gebrauchen seyn wird. Da es denn vielmahl geschicht, daß mancher armer Pursch hervor gezogen und erhoben wird. Dieser suchet sich alsdenn in seinem Ambte bey Armen und Reichen ie länger ie mehr beliebt zu machen, weil er solch Verfahren von Jugend auf practiciret, und nützlich befunden hat. Er weiß, so ihm etwas geklaget wird, stracks, wo der Schade sitzt, weil er selbst in allerley Nöthen gestecket hat. In Summa, er ist nütze, wie Joseph, so lange er die Furcht GOttes zum Grunde behält. Daß aber mancher reicher Leute ihre Kinder offt im Alter müssen Noth leiden, oder auch wohl gar betteln gehen; das mag meines Erachtens wohl daher kommen, weil theils reiche Leute vermeynen / es werde ihren Ansehen und Respect was entzogen, wenn sie ihre Kinder nicht alsbald, wenn sie anfangen zu reden, ja schon, wenn sie noch an den Ammen saugen, liessen Herren oder Messieurs nennen, dürffen auch wohl, wenn irgend ein einfältiger Bauer kömmt, und, nach alter teutscher Art, ein solch Kind fraget: Hänßgen, wu ies dei Voter? den guten ehrlichen Bauer mit folgenden Worten anfahren und aushecheln: Du grober Flegel! meynest du Tölpel denn / daß das junge Herrgen deines gleichen ist? Ein Bauer [128] bleibt doch ein Bauer, und so man ihn gleich unter die Banck steckte, so guckete er doch mit denen Stieffeln hervor. Ja freylich bleibt ein Bauer ein Bauer; aber ein reicher Mann bleibt nicht immer ein reicher Mann. Sobald nun ferner reicher Leute Kinder reden lernen, müssen sie, an statt des Vater-Unsers und der Zehen Gebote, Frantzösisch lernen beten, ob sie gleich das Teutsche nicht verstehen, ihnen wird Gesinde und Aufwärter genug gehalten, die ihnen, an statt der Engel, aufwarten, daß sie ihren Fuß nicht an einen Stein stossen. Da darff bey Leib und Leben solchem lieben Söhngen niemand etwas sagen, daß es sich nicht irgend erbosse, in Besorgung, es möchte das Fresel bekommen. Es müssen solche Kinder die kostbarsten Kleider und neuesten Moden haben; mit einem Worte / die Eltern lassen es ihre Kinder wissen, daß sie dermahleins eine reiche Erbschafft zu gewarten haben, worauf sich alsdenn die jungen Herrgen verlassen, und sich um nichts bekümmern, lernen niemanden aufwarten, und alles, was sie lernen sollen, das lernen sie nicht recht, in Meynung, sie hätten es nicht nöthig; sie gewöhnen sich an lauter gute Speise und Tranck, werden stoltz, verachten einen Armen neben sich, und weil sie keine Noth haben, so gedencken sie wenig an Gebet und GOtt, und dieses treiben sie also, so lange ihr Vermögen dauret; Endlich / wenn es alle ist, der Herr ist der guten Bißgen, und alles, was herrlich heißt, gewohnet, der Nachdruck aber nimmt ab, da wird alsdenn ein solch [129] Pürschgen von allen Leuten wieder verspottet, und niemand hat ein Mitleiden mit ihm, und wenn er ein Bettler ist, so spotten ihn die Kinder mit dem Vers: En! Jacet in Drecko, qui modo Reuter erat. Ist denn ein solcher Mensch einmahl von der Mähre, so kommt er selten wieder hinan, und muß wohl, als ein verachteter Lumpen-Hund, ersterben. Also wird der geneigte Leser aus diesem nach möglichster Kürtze angeführten ersehen, und selbst urtheilen können, wie es komme, (ich sage offt, und nicht immer, denn die Sache ist nicht universal) daß ein arm Kind ein reicher Mann, und manch reich Kind ein armer Mann wird. Wer in solchen Begebenheiten die Aspecten der Planeten und Gestirne beschuldigen will, dem will ichs nicht wehren; ich aber halte auf die astrologische Nativität gar nichts, wohl aber, daß alles auf die göttliche Direction und dessen Gnade ankomme. Denn:


Es seynd ja GOtt sehr schlechte Sachen, Und ist dem Höchsten alles gleich, Den Reichen klein und arm zu machen, Den Armen aber groß und reich.

Das 50. Capitel
Das 50. Capitel.
Wenn man will / daß sein Vorhaben soll fortgehen /soll man es niemand offenbaren.

Ja, nachdem die Sache ist. Denn eine solche Sache, der man alleine nicht gewachsen genug ist / und worzu man allerdings anderer Leute [130] Rath haben muß, die läßt sich nicht verschwiegen vornehmen. Wenn es aber eine Sache ist, die wohl in Verschwiegenheit kan ausgeführet werden, so ist es freylich wohl am rathsamsten, daß man es niemanden eher offenbahre, als biß das Werck ausgeführet ist. Z.E. Im Kriege wäre ein General willens, den oder jenen Ort zu überrumpeln, oder um die und die Zeit den Feind in seinem Lager anzugreiffen; so er nun wolte seinen Vorsatz vor der Unternehmung offenbaren, so kan ein anderer solchen Anschlag an den Feind verrathen / daß der General entweder seinen Vorsatz ändern, oder gewärtig seyn muß, daß er dermassen empfangen werde, und solche Gegen-Verfassung finde, als er sich nicht eingebildet gehabt. In dergleichen Vorhaben, sage ich, ist die Verschwiegenheit höchstnöthig. Wenn man aber zu allen Vorhaben wolte stillschweigen, und alles nur auf eigene Hörner fassen / und auf eigenen Verstand trauen / guter vertrauter Freunde Rath aber gäntzlich verwerffen, das wäre auch nicht klug verfahren. Das ist zwar leider! bekannt, daß gute, aufrichtige und vertraute Freunde mit unter das rareste Wildpret gehören; aber ein vernünfftiger Mann wird wissen, wie er sich in der Offenbarung seiner Heimlichkeiten zu verhalten habe, daß er nicht den gantzen Sack mit allen Arcanis auf einmahl ausschütte.


Wer vor der Zeit Die Heimlickkeit Will iedermann entdecken, Deßn Werck wird nicht Gar wohl verricht, [131] Noch sein Thun weit sich strecken, Und kömmt wohl gar ins Stecken.

Das 51. Capitel
Das 51. Capitel.
Wenn man Wermuth bey sich trägt / kan man nicht beschryen werden.

Die Beschreyer werden vielleicht ein bitter Maul davon kriegen, wenn sie es zu weit aufthun mit dem Beruffen. Was von dem Beruffen oder Beschreyen zu halten sey, hab ich schon an andern Orten zur Gnüge gemeldet; dahero ich vor unnöthig achte, hier etwas davon zu wiederholen. Was demnach die Krafft des Wermuth-Krauts dißfalls anlanget, wird der verständige Leser leicht selbst urtheilen, daß die Wermuth also aus Aberglauben zu einen Abgott gemacht wird. Derowegen lasse ich zwar die Wermuth, als ein gar gutes Kraut in der Artzeney, passiren, aber in diesem ietzt vorhabenden Puncte werffte ich sie, als unnütze, auf den Kehrich-Hauffen oder Mist. Die alten abergläubischen Weiber sind nur bedacht, wie sie ein Mittel ausfinden mögen wider das Beschreyen; Sie würden aber vielmehr verdienen, wenn sie auch etwas erfinden könten, welches dienete, daß einer beruffen würde. Denn mancher ehrlicher Mann lässet sichs Blut-sauer werden, und ist Tag und Nacht fieißig, in Hoffnung, daß er mit seiner Wissenschafft werde in Beruff kommen; aber es wird seiner doch wohl selten gnug gedacht, und kan nicht beruffen werden, da er doch gern im [132] Beruff wäre. Hingegen kommt mancher in einen bösen Ruff, oder ein büß Geschrey, das er gern überhoben wäre. Davor aber weder Wermuth noch Beruff-Kraut etwas helffen kan. Ein gut Gewissen aber ist hiervor das allerprobateste Remedium.


Wer solche albre Possen hegt, Und darum Wermuth bey sich trägt, Daß man ihn nicht beschreyen soll: Dem sag ich, daß er zwar nicht toll, Doch, wenn er den Punct glaub also, Er sey ein Narr in Folio.

Das 52. Capitel
Das 52. Capitel.
Wenn man eine Nadel findet / die einem die Spitze zukehret / so wird man Unglück haben: Kehret sie aber einem die Koppe zu / so wird man Glück haben.

Wer den Hund beym Schwantze nimmt / der wird leicht gebissen, nimmt man ihn aber beym Kopffe oder Ohren, ist man sicherer; also, wem eine Nadel-Spitze entgegen stehet, kan sich leichte drein stechen, hingegen die Koppe wird wenig Schaden thun können. Wer sich nun ohngefehr in eine Nadel sticht, der findet solche ja freylich auf diese Art, daß sie ihm die Spitze zukehret, und das darauf erfolgte Unglück ist der empfindliche Schmertz des Stichs. Das Finden der Nadel aber an- und für sich kan weder Glück noch Unglück andeuten. Wer einen Bien-Schwarm eingefangen hat, und ist nicht gestochen worden / zu dem sagt man: Er habe Glück [133] gehabt, daß er nicht sey gestochen worden; also man ohne Zweifel hier das Glück, das einer / welcher eine mit der Koppe sich zu ihm kehrende Nadel findet, haben soll, auch nicht weiter zu verstehen seyn. Wenn einer dem andern ein Messer zulanget, so fasset er es bey der Spitze an /und reichet es dem andern mit dem Heffte zu, damit er sich nicht irgend in die Spitze stechen, und Unglück nehmen möge. Also wird hoffendlich aus diesem Puncte aufs kürtzeste das Glück und Unglück zur Genüge entdeckt seyn.


Triffst du was an, das spitzig ist, Und du nicht recht vorsichtig bist, So wird das wohl dein Unglück seyn, Daß du dich leicht kanst stecken drein: Drum kehr die Spitze bald zurück, Stich dich nicht drein; so hast du Glück.

Das 53. Capitel
Das 53. Capitel.
Man soll früh nichts in Mund nehmen / man habe denn vorher einen Bissen Brod genommen.

Warum? Darum; weil man sonst kan Menschen und Vieh beschreyen, sagen die abergläubischen Weiber. Ey so schreyet euch recht satt, biß ihr nicht mehr schreyen könnet / ich will doch unbeschryen bleiben, denn ich bin nicht schön, so habe ich auch offt meine halben Ermel lincks an, trage mich auch sonst immer mit etwas, daß das Beschreyen nicht schadet; und ob ihr mich auch beschreyet / was würde mir es schaden? Ich weiß so wohl, daß ich nicht unbeklatschet [134] bleiben werde, ob ich mich auch gleich gar einmauern ließ, und käme gar nicht an die Sonne; und wie mir es gehet, also ergehen allen Leuten. Drum laß immer beschreyen und reden, die Närrinnen haben sonst nichts zu thun. Sie sagen: Wer früh erst Brod in den Mund nähme, der beschreye nicht mehr. Da sehe man, was ein Bissen Brod vermag, und wie solcher Bissen Brod in einem Augenblick alle böse Eigenschafft von dem Menschen hinweg nehmen kan. Aber was sag ich hinweg nehmen? Das Brod wird ja gegessen, und in den Magen verschlungen; also ist es gläublicher, daß die böse Beschrey-Art gar mit in den Leib gefressen wird. Drum darff man sich nicht verwundern, daß manchem der Leib so wehe thut, und wer weiß, woher so vielerley Kranckheiten kommen? Ey daß dich das Mäußgen beiß, das ist eine gefährliche Sache, und macht mich diese Sache in meinen Gedancken so confus daß ich nicht recht weiß, was ich rathen soll: Denn wenn ich gleich vermeyne, daß wer etwas anders früh nüchtern ins Maul nehme, als Brod, der beschreye andere Leute; Hingegen, wer erst Brod isset, bey dem muß das böse Beschreyen selbst besitzen bleiben / also ist allemahl ein Theil übel dran. Was Raths nun? Meinen Vorschlägen folget ihr nicht, und eure sind nichts nütze; also bleiben die meisten mit der Thorheit des Beschreyens inficiret. Aber, ihr alten abergläubischen Narren! sagt mir doch / wo denn das Malum, oder die böse Eigenschafft des Beschreyens seinen Sitz habe?[135] Sitzt es in der Stimme? wie kan denn die Stimme, welche aus der Lunge und Lufft-Röhre kommt, in einen Bissen Brod fahren, und därinnen augenblicklich so fix werden / daß sie nicht wieder wegfliegen kan? Sitzt es auf der Zunge, und wird mit dem trockenen Brodte davon abgewischet, eingeschluckt, verdauet, und durch den Stuhl weggeführet, so wünsche ich euch nichts, denn fein grob hart Brodt, das die schlüpfferigen Zungen fein wohl abkratzen kan, zu essen, worzu der Pompernickel am beqvemsten seyn mag. Ferner möchte ich wissen, zu welcher Zeit denn solche böse Eigenschafft ausgeheckt wird, und was sie vor einen Vater oder Mutter hätte? Denen Umständen nach muß die Geburt nach Mitternacht geheckt werden, weil sie nur des Morgens kan gefangen werden. Endlich, wenn ich frage, durch was Gelegenheit solche böse Eigenschafft von einem Menschen auf den andern kömmt? So gebt ihr mir zur Antwort: Durch das Reden / Loben und Angäcken. Aber, ihr Vetteln! wenn das wahr wäre, so gebe ich euch dieses zu bedencken: Ihr meynet, wer beschryen sey, der werde davon kranck / also, daß er auch gar sterben müste, so ihm nicht geholffen würde; ist nun die böse Eigenschafft des Beruffens oder Beschreyens so gewaltig schädlich? Ey warum schadet es denn dem nicht, von dem es hergekommen seyn soll? Ja, möchtet ihr mir antworten, das wäre eine andere Frage, ich solte doch bedencken, daß ein Basiliske mit seinen Augen vergifften könte, ihm selbst aber schadete sein Gifft nicht. Hierauf [136] thue ich euch die Gegen-Antwort, daß kein Basiliske, oder einig gifftig Thier seines gleichen mit seinem Gifft tödten werde; aus euern altvettelischen Beschreyen aber erhellet, daß wider alle natürliche Eigenschafft ein Mensch den andern so vergifften könne ohne Anrühren, daß der andere auch wohl des Todes drüber seyn könne, davon der erste doch nichts übels empfunden hätte. Es ist zwar schon ein sehr altes Laster, daß ein Mensch den andern mit der Zunge todt schlagen kan; und das ist auch das rechte wahrhafftig-schädlichste Beschreyen, welches aber bestehet in Belügen und Verleumbden, und von solchem verfluchten Beschreyen haben schon die lieben Patriarchen und Propheten Klage-Lieder wissen zu machen; aber ihr alten Vetteln habt eine gantz andere Art von Beschreyen, welches nicht belogen noch gescholten seyn soll, sondern es soll in Loben und Rühmen bestehen. Dahero kan sich niemand in eure Pfylosevieh schicken oder finden, als die Teufel, von dem ihr die Sache erlernet habt.


Drum glaubt ihr, was ihr wollet, dafür ihr wissen sollet, Daß euch der Satan lohnen wird, weil ihr mit ihm gern trollet.

Das 54. Capitel
Das 54. Capitel.
Wer im Frühlinge den ersten Frosch im Wasser / und nicht auf dem Lande siehet hüpffen/ der hat das gantze Jahr über Unglück zu gewarten.

[137] Wenn ich nun das Contrarium staruirte, so wolte ich doch sehen, wer mir mit Nachdruck widersprechen würde? Denn ists nicht wahr, diese Redens-Art ist viel gewöhnlicher, daß, so man etwas rares und ungewöhnliches antrifft / pfleget gesaget zu werden: Der oder diese wird Glück haben, so er oder sie das oder das sehen oder erfahren wird. Z.E. Es suchte einer um Martini Erdbeere, oder unter etlichen hundert Krähen und Raben einen weissen, so sagt man: Er wird Glück haben, wenn er findet, was er suchet. Warum? weil es etwas ungemeines ist. Nun aber möchte ich gern iemanden antreffen, der iemahls einen Frosch habe im Wasser hüpffen gesehen; denn so wenig, als ich mich erinnere, daß ich einen Frosch auf trockener Erden hätte schwimmen gesehen, so wenig erinnere ich mich, einen im Wasser hüpffen gesehen zu haben. Es giebt in der See Fische, welche fliegen können; wenn sie aber fliegen, so fliegen sie über der See in der Lufft, aber im Wasser müssen sie, wie andere Fische, schwimmen: Also auch die Frösche, ob sie gleich von Natur auf trockener Erde hüpffen, so können sie es doch im Wasser nicht, und könte man demnach viel füglicher sagen: Wer den ersten Frosch im Wasser siehet hüpffen / der wird gut Glück haben, denn es wäre etwas rares. Ich setze aber auch den Fall / daß die Sache eben nicht vom Hüpffen verstanden werde, sondern nur schlechterdings, ob der erste Frosch im Frühlinge im Wasser oder auf dem Lande gesehen werde, er möge sitzen, schwimmen oder hüpffen, [138] so kan sich doch um des Ansehens wollen kein Unglückgeneriren / sondern das Unglück, das über einen verhänget ist / das kömmt, ob man auch den ersten Frosch auf gantz dürrem Lande hätte hüpffen gesehen, und so einer solle das gantze Jahr lauter Unglück haben, so wird um deßwillen schwerlich ein eintziger Frosch ihm zu Gefallen aus dem Wasser hervor wandern, der nicht ohnedem hervor gekommen wäre. Also ist nach dem klaren Wort-Verstande an diesem Glaubens Puncte gantz und gar nichts. Wenn man aber den Verstand verdrehet, und auf folgende Weise verstehen will, daß, so einer im Frühlinge ins Wasser fiel, und darinnen ersöffe, vor seinem Tode aber einen Frosch erblickete, von dem kan mit Wahrheit gesagt werden, er werde dasselbe gantze Jahr kein Glück haben. Und wäre freylich glücklicher, wenn er auf trockenen Lande gestanden wäre, und hätte einen Frosch gesehen, so lebete er noch. Jedoch / wer kan es wissen /ob er glücklicher wäre? denn jener lose Dieb, als er ins Wasser fiel, wüste wohl, was ihme vor ein Tod gebührete, rieff derowegen mit vollem Halse aus dem Wasser: Galgen! behalte dein Recht.


Man melde mir nur erst den klaren Wort-Verstand, Und mache mir zuvor die Deutung recht bekannt. Alsdenn will ick gewiß auch meine Meynung sagen, Daß man vergnügt soll seyn, und mich nicht mehr drum fragen.

Das 55. Capitel
Das 55. Capitel.
Wer in ein neu Logiament ziehet / der [139] soll es im zunehmenden oder vollen Mond thun / und zuerst Brod und Saltz hinein tragen / so wird in solchem Logiament alles voll / und an nichts ein Mangel seyn.

Wenn die närrischen abergläubischen Leute bedächten, daß der volle Mond nach seiner unbeständigen Art eben in procinctu sey zum Abnehmen, so würden sie nicht glauben, daß der volle Mond etwas zum Wachsthum ihrer Nahrung und Vermögens contribuiren könne. Denn ists nicht wahr, wenn der Pfeil am höchsten in die Lufft geflogen ist, so ist er am aller schwächsten, und dem Fallen am nächsten? Drum gehet dieser Aberglaube schon auf Steltzen, und stehet nicht feste. Was anlanget die andere Ceremonie mit der ersten Eintragung des Brodtes und Saltzes, so gehöret auch mehr, als ein schlechter Köhler-Glaube darzu, und wolte ich viel lieber rathen /daß sie die Bibel erst ins Hauß trügen, wenn sie wolten geseegnet werden, (ich verstehe aber nicht nur /daß, wenn man das Bibel-Buch erst ins Hauß trüge, man um deßwillen werde reich werden, sondern ich verstehe GOttes Wort im Hertzen zuerst ins Hauß bringen) denn es heist: Trachtet am ersten nach dem Reiche GOttes, und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches (nehmlich die zeitlichen Güter) alles zufallen. Dieses ist allen Menschen gesagt, drum erwehle sich ein jeder nach Gefallen den Seegen oder den Fluch.


[140]

Zeuch ein nur, wenn du wilt, Es ist nichts dran gelegen, Auch alles gleich viel gilt, Wenn GOtt dir gönnt den Seegen, Ob du erst Saltz und Brodt Wirst in das Hauß eintragen; Tran nur allein auf GOtt, So wirst du nie nichts klagen.

Das 56. Capitel
Das 56. Capitel.
Wer die Pferde höret wyhern oder schreyen / der soll fleißig zuhören / denn sie deuten gut Glück an.

Deuten sie mit dem Geschrey gut Glück an, so mag ich sie hören oder nicht, das Glück muß doch kommen. Denn ists nicht wahr, wenn ein Herold den Frieden ausrufft, so gemesset der / der das Ausruffen nicht höret, den Frieden hernach sowohl, als der, welcher dem Herolde mit aufgesperrten Maule hat zugehöret? Es ist sicherlich ein recht närrisch Thun um die abergläubischen Leute, es muß alles, was sie sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen, ein Glück oder Unglück bedeuten, und wissen sie gar keinen Mittel-Weg zu suchen. Ihr Ohren-Klingen, Augen-Fippern, Nasen-Halß Bauch-Podex s.h. und Füsse-Jucken muß eine Bedeutung haben, und sind von dem verdammten Aberglauben so sehr eingenommen, daß alle ihre Gedancken davon verwirret und inficiret sind. Hier soll der Pferde Geschrey ein sonderbares Glück bedeuten; nun höre man doch das Glück an: Wenn [141] ein gantz Regiment / oder noch mehr Soldaten, oder auch eine Bürgerschafft beysammen auf einem Marckte stehen, und es fähret eine Kutsche vorbey, da die vorgespanneten Pferde irgend eine Stutte sehen, und anfangen zu wyhern, so hören ja die etliche hundert oder tausend Mann alle das Geschrey der Pferde; da möchte ich alsdenn wissen, wem unter ihnen das Glück gehöre, oder wie sie sich alle darein theilen würden? Vielleicht wird ein in der Kutsche sitzender ihnen ein Vaß Bier verehren, davon sie alle zu trincken bekommen. Ey das wäre ein grosses Glück! Ich meines Orts würde nicht davor dancken. Vor einen Stumm oder Tauben wäre es zwar allerdings ein grosses Glück, wenn er die Pferde schreyen hörete; aber eben dergleichen Glück würde er solchergestalt auch vom Esels-Geschrey zu gewarten haben. Mit einem Worte, dieser Punct ist und bleibet eine abergläubische altvettelische Thorheit, welcher ein verständiger Mensch nicht nachhängen soll.


Wer auf der Pferde Wyhern acht't, Und solches, als ein Glück, betracht't, Derselbe kan nicht besser seyn, Als die mit denen stimmen ein, Die achten auf der Vogel Gschrey, Die Todten fragn, wahrsagn dabey, Die Glück suchn in der Lufft und Wind, Und die dem HErrn ein Greuel sind.

Das 57. Capitel
Das 57. Capitel.
Wenn ein Weib in ihren Sechs – Wochen [142] spinnet / es mag seyn Wolle / Hanff oder Flachs / so verursacht sie hiermit / daß ihr Kind gehenckt wird.

Das mag wohl seyn! und wohl dem, der ehrlich und seelig gehenckt wird! Denn wer eines natürlichen Todes stirbt, und wird ehrlich begraben, der wird ja an Stricken mit dem Sarge in das Grab gelassen, und also gehenckt. Trifft demnach freylich ein, daß diejenigen gehenckt werden, derer Mütter in Sechs-Wochen gesponnen haben; Wer aber vermeynen und glauben wolte, es würden solche Kinder an den Galgen gehenckt, der müste aller gesunden Vernunfft beraubet seyn / weil viel tausend arme Weiber sich einig und alleine vom Spinnen nehren / und allerdings in ihren Sechs-Wochen solche Arbeit auch vornehmen müssen. Ist es irgend einmahl geschehen, daß einer gehenckt worden ist, dessen Mutter in Sechs-Wochen gesponnen hat, was ist es denn wohl Wunder? Um seiner Mutter ihres Spinnens willen ist er ja nicht gehenckt worden, sondern um seines bösen Verbrechens willen; und wäre er eben auch zu dieser Ehre gelanget, wenn seine Mutter gleich ihr Lebtage das Spinnen nicht gelernet hätte. Dieser Punct giebt gut Wasser auf derer Weiber ihre Mühle, die nicht gerne spinnen, sondern sich in den Sechs-Wochen lieber lassen die Bissen ins Maul schneiden / als daß sie ohne ihrplaisir solten eine Hand regen. Was aber hauß wirthliche ehrliche Weiher sind, die ihren Mann und Kinder nicht wollen [143] zu Grunde gehen lassen, die sitzen in Sechs-Wochen (soferne ihnen GOtt Gesundheit verleihet) nicht müßig, sondern spinnen, nehen, stricken, und thun, was sie in ihrer Wochen-Stuben verrichten können, ohne Besorgung eines daraus entstehenden Unheils. Denn obgleich GOtt geboten hat, daß sie sich viertzig Tage nach der Geburt in ihren Wohnungen innen halten, und nicht in die Gemeine kommen sollen; so hat er doch nicht verboten, daß sie zu Hause etwas möchten arbeiten. Spinnen ist derer Weiber ihre gewöhnlichste Arbeit, und kan in denen Sechs-Wochen gar wohl verrichtet werden, denn das Kind hat zu der Zeit noch keinen Bart, daß die Weiber irgend Sorge tragen müsten, sie spönnen dem Sohne den Bart mit ein. Wenn eine Mutter ernstlich für ihr Kind betet, und selbiges in aller Gottesfurcht und Vermahnung zum HErrn auferziehet, so wird das Kind, soferne es seiner getreuen Eltern ihrer Christlichen Vermahnung folgt, dem Galgen wohl entgehen; folgt es aber nicht, und wird gehenckt oder sonst durch einen gewaltigen Tod hingerichtet, habeat sibi! Wie man arbeitet, so wird man belohnet. Der Mutter ihr Spinnen in den Sechs-Wochen thut nichts hierzu.


Ein ernstlich Gebet, auch Vermahnung und Sorgen, Macht, daß ein Kind nicht darff am Galgen erworgen.

Das 58. Capitel
Das 58. Capitel.
Wenn es am Tage Laurentii regnet / so soll es das Jahr viel Mäuse geben.

[144] Ich wolte viel eher glauben, daß hierdurch die Mäuse einen Anstoß litten; denn der Tag Laurentii fällt am 10. Augusti, zu welcher Zeit die Mäuse in denen Feldern gemeiniglich pflegen Nester voll Junge zu haben. Wenn es denn an diesem Tage starck regnet / so läufft das Wasser in ihre Löcher, und erträncket die jungen Mäuse; und solchergestalt träffe die Weiber-Philosophie nicht ein. Ich kan auch schlechterdings nicht begreiffen / wie durch den Regen, der am Lorentz-Tage fällt, sollen Mäuse bedeutet werden? Ist denn irgend Lorentz ein guter Mäuse-Patron gewesen, daß es nun abermahl an seinem Nahmens-Tage / an statt des Wassers, Mäuse regnet? Das habe ich mein Tage noch nicht erfahren, auch noch nie in keinen Historien gelesen / daß es iemahls hätte Mäuse geregnet? Denn die Mäuse fliehen von Natur das Wasser, und müste ein sonderbares Wunder und Straffe GOttes seyn; wie denn auch solch Ungeziefer vor nichts anders, als eine Straffe GOttes, zu achten ist. Warum sich nun GOtt eben an den Lorentz-Tag binden solle, daß er an diesem und an keinem andern seine Straffe verkündigen, und mit nichts anders, als einem Regen, andeuten wolle? das kan ich auf keine Wege begreiffen, es will sich auch weder mit der Vernunfft noch mit dem Worte GOttes reimen. Daß ichs aber schlechterdings denen Bauern und alten abergläubischen Weibern glauben soll, stehet mir nicht wohl an; derowegen werde ich nicht sündigen, [145] / wenn ich es vor eine Lügen achte, so lange biß man mir eine beßre Erklärung davon macht. Ich erinnere mich, daß in meiner Jugend ein alter Wurtzel-Mann aus Erffurt offt zu uns kam, welchen man den alten Kräuter-Lortz (i.e. Lorentz) hieß, dieser fragte mich gemeiniglich, ob ich nichts gefangen hätte? denn er wuste, daß ich die Mäuse-Fallen fleißig in Acht nahm. Wenn ich nun eine feine grosse Mauß gefangen hatte, stackte er solche zu sich, nahm sie mit, zog ihr die Haut ab, und briet sie, als wie einen Grammets-Vogel, verzehrete auch solche mit grossem Appetit. Ob dieses nun geschahe aus Liebe, als wie man davor hält, daß die Säue ihre Jungen aus Liebe wieder fressen, und ich auch einst in Leipzig eine Ratte ihre Jungen wieder fressen gesehen? oder aus Feindschafft? oder aus einer Verwahrlosung, da dieses Wurtzel-Mannes seine Mutter irgend einen unordentlichen Appetit zu solchem Wildpreth gehabt hat? oder um des Nahmens willen, weil er Lorentz hiesse? das weiß ich nicht. Jedoch zweifle ich gäntzlich, daß der Nahme Lorentz etwas hierbey gewürcket habe; denn ich sonst sehr viel Manns-Personen gekennet habe, und noch kenne, die dieses Nahmens sind, aber unter allen ist mir keiner bekannt, der auch dergleichen Art an sich habe, woraus zur Gnüge erhellet / daß der Nahme Lorentz hierbey nichts würcke. So wird auch aus dem Regen, der am 10. Augusti fället, keine Mauß wachsen; wer aber dennoch so dumm bleiben, und solchen Narren-Possen Glauben zustellen will, der mag es thun, [146] und der Sache. Gewißheit beym Ausgange erwarten.


Der Lorentz-Tag heckt keine Mauß, Der Regen wirfft sie auch nicht aus: Drum kan ichs nicht ergründenn, Wie doch solch unvernünfftig Ding, Denn die Thorheit ist nicht gering, Bey Menschen könn'n statt finden, Die Meynung muß verschwinden.

Das 59. Capitel
Das 59. Capitel.
Am Freytage sollen sich die Weiber nicht bürsten oder flechten / es wächst ihnen sonst das Ungeziefer darnach.

Sieh da! kommen vielleicht die Lause-Schwestern daher? Ey, ihr lieben ehrlichen Weiber! so nehmet euch in Acht, und hütet euch für dem Bürsten am Freytage / weil es eine garstige Sache um die Läuse und Ungeziefer ist; noch gärstiger aber wäre es, wenn ihr euch um des Freytags-Bürsten oder Strehlen halber einen übeln Nahmen zuzöget. Ihr geplagt Weibs-Volck! (zum Theil, denn ich weiß viele, die sich an solche Händel nicht kehren,) ihr erbarmet mich sehr, daß ihr so vielerley Sorge auf dem Halse haben müsset; Glatt seyd ihr gern um den Kopff, und haltet viel vom Bürsten / und dieses alle Tage; Aber, aber / aber / daß dich der Hahn hacke im Stroh-Sacke! der Freytag / der Freytag, der macht lose Händel; werdet ihr am Freytage gebürstet, so bekommt ihr Läuse. Was Raths? gieng es denn nicht an, daß ihr [147] euch desto öffter! s.v. lausen liesset? ja wohl! aber da ist wieder zu besorgen, der Lause-Schwester Titul möchte euch zugetheilet werden, und das habt ihr auch nicht gern. Wie denn nun zu thun? Ich habe mich die gantze Nacht zersonnen und zuspeculiret, wie ich doch möchte ein expediens erfinden, wie das Freytags-Bürsten nicht möge verursachen, daß Läuse daraus wüchsen, aber ich bin heute früh so klug wieder aufgewacht, als ich gestern Abend eingeschlaffen war. Weil nun heute, da ich dieses schreibe, Dienstag ist, und ich mich erinnere, daß / als ich in die Schule gieng, gesagt wurde / Dies Martis hieß Dienstag / und Dies Veneris Freytag; also bilde ich mir ein, dieser habe den Nahmen von der schönen Frau, Venere, und jener von Monsieur Marte. Dahero auch wohl Zweifels ohne der berühmte kurtzweilige Rath. Senior Lompatius, aus diesen zweyen Tagen die Ankunfft eines ihme ähnlich-sehenden Knäbgens bemercket, wenn er spricht: Es sey ein Venus-Kind, das im Mars gebohren wäre, weil es am Dienstage gebohren, und Freytags getaufft worden. Sinne ich der Sache nun weiter nach, so finde ich noch in einem Kehricht-Hauffen meines Gedächtnisses, daß zur Zeit, da der alte Olim noch lebte, die Madame Venus im Geschrey war / daß alles, was sich von ihr der derivirte, gar in gutem Flor stehen, und fruchtbar seyn solte. Ob nun zwar zuolims Zeiten die Leute (ich weiß nicht eigentlich, warum?) sich schämeten, etwas an sich zu haben, das den Nahmen und Ankunfft von der Venus hatte, und es demnach [148] mit einem gantz natürlichen Nahmen benenneten, und mit leiser Stimme aussprachen; so ist es ietzo in der unverstämten und verkehrten Welt doch gantz anders worden, derowegen die bey mancher verliebten Person ausfahrenden spitzigen Blattern nicht mehr die Frantzosen oder Spanischen Bocken, sondern Venus-Blümgen genennet werden; ach ihr lieben goldigen Rubingen! solte man euch doch nur um des an muthigen Nahmens willen gern haben. Ich lasse aber dieses schöne Geschmeide und Juwelen fahren, und mache mich wieder ans Bursten. So ich demnach die Sache etwas genau überlege, ob nehmlich das Bürsten oder der Freytag, oder beydes zugleich, die Ursach sey, daß Läuse darnach wachsen? so gebens alle Umstände, daß es von der Bürste oder dem Bürsten nicht seyn kan; denn wenn das wäre, so würden allezeit Läuse nach dem Bürsten wachsen. Von dem blossen Freytage kan es auch nicht seyn, weil die Weiber vorgeben, so sie nicht an diesem Tage gebürstet würden / bekämen sie auch keine Läuse; so muß es demnach beydes zugleich seyn. Wie aber dieses zugehe, oder warum auf solche Weise Läuse wachsen? kan ich so gar gewiß nicht sagen; muß aber doch aus der gantzen Sache Beschaffenheit schliessen / daß weil, dem alten Heydnischen Vorgeben nach, die Venus die Regierung am Freytage über dieses Tages Geschäffte haben soll, ob nicht die Läuse von der heydnischen Göttin, der Venus, oder dem also genannten Planeten, geschaffen oder gezeuget werden? Ist es nun also, [149] wie ich einigermassen vermuthe, so will ich dem Frauenzimmer, welches sich bißhero um obbemeldter Ursach willen am Freytage nicht gern hat wollen bürsten, einen guten Vorschlag thun / wie sie sich den verhaßten Nahmen, Lause-Schwester, entschütten können, nehmlich: Gleichwie die vor diesen genannte Spanischen Bocken ietzt Venus-Blümgen genennet werden; also dürffen sie nur die Läuse auch nicht mehr Läuse, sondernVenus-Thierlein nennen. Wenn nun dieses geschehen wird, so mögen sich die Weiber lassen am Freytage bürsten, wie sie wollen, auch Läuse kriegen, wie sie wollen / so heissen es doch nicht Läuse, und sie, per consequens, nicht Lause Schwestern; Wie aber denn? Antwort: Wie sich der Nahme derer Läuse ändert, also richtet sich der Lause-Schwester-Nahme auch darnach, und heissen hinfort Venus-Bilder. Ey, ist das nicht eine unvergleichliche Veränderung? Das mag wohl recht beißen: Das Böse in Gutes verwandeln. Nun will ich doch sehen, was ihr mir werdet zum Recompens verehren, daß ich dieses herrliche Mittel habe ausgefunden, und euch nun das Freytags-Bürsten mehr nützlich, als schädlich seyn wird? Denn ein Venus-Bild heissen ist keine schlechte und geringe Sache.


Drum laßt euch nun bürsten am Freytag, und immer, Die Sache wird doch nun eh besser, als schlimmer, Vor Weiber und Jungfern, und all Frauenzimmer.

Das 60. Capitel
Das 60. Capitel.
So man des Morgens nüchtern Geld [150] auf der Erden findet / und liegt kein Holtz drunter / so ists ein unglücklicher Fund.

Warum? Das weiß ich nicht, du, er, wir, ihr, sie auch nicht; also wissen wir es alle nicht. Wovon aber niemand weiß, das kan nicht viel zu bedeuten haben, und also kan ein solcher Fund auch nicht gar unglücklich seyn. Vor den, der das Geld verlohren hat, muß zwar freylich ein solcher Fund unglücklich seyn, denn wenn er seinen Verlustinnen- oder gewahr wird, und gehet an den Ort, allwo er sein Geld verlohren hat, in Hoffnung es wieder zu finden / so ist zu seinem Unglück ein anderer schon da gewesen / und hat es weggenommen. Für den aber / der es findet, kan es keinesweges unglücklich seyn, weil solch Geld, so es auf freyer Strassen im Kothe gefunden wird, von rechtswegen dem Finder gehöret und auch bleibet, biß sich ein Eigenthums-Herr richtig legitimiren kan, daß das sein eigen verlohren Geld gewesen sey. Also wolte ich viel eher erweisen, daß es glücklicher sey / wenn man etwa Geld fände, da kein Holtz darunter sey, als wo Holtz darunter ist. Denn ists nicht wahr? wenn eine Magd Geld in der Stuben findet, da sie des Morgens auskehret, so hülfft es ihr nichts, weil es nach dem gemeinen Sprichwort heißt: Sie hat es unter einer ungekehrten Banck gefunden, und muß es ihrem Herrn oder Frauen zustellen, und ist demnach die gute Magd nicht glücklich in ihrem Finden gewesen, weil Holtz, nehmlich die Thielen in der Stuben, darunter gewesen, oder weil das [151] Geld auf ihres Herrn Boden gelegen ist. Hätte sie es aber auf GOttes Boden, nehmlich im Felde oder sonst auf der Erden gefunden, so würde es ihr so leichte niemand abdisputiren, es möchte das Finden früh nüchtern oder des Abends geschehen; ja ich wolte auch noch darzu sagen, daß es früh nüchtern glücklicher sey, als zu Abend, weil solcher gestalt das Geld vermuthlich des Nachts gelegen hat, und des Abends zuvor verlohren worden ist, daß dahero so leicht niemand, der es verlohren, es wird wieder an dem Orte suchen, als wie es wohl ehe geschehen kan, so eine Sache nur verlohren ist, und es der, der es verlohren hat, gewahr wird. Wer demnach hieraus nicht urtheilen kan / daß der ietzt-vorhabende Aberglaube gantz verkehrt ist, den werde ich wohl nicht klug machen, weit er lebt.


Fänd ich nur Geld all Morgen früh, ob gleich auf blosser Erden, Es solte mir dem ungeacht, noch wohl zu Nutze werdē. Wer früh Geld findt, und liegen läßt, ist billig zu verlachen, Denn das Unglück, das er befürcht't, sind nur erdachte Sachen.

Das 61. Capitel
Das 61. Capitel.
Wer am Sonntage gebohren ist / der ist glücklich für andern.

Das kan man wohl dencken. Denn am Sonntage ziehet man ein besser Kleid an, als andere Tage; man pfieget bessere Speise zu essen, als an Werckel-Tagen; man darff nicht arbeiten, [152] wie andere Tage. GOtt giebt an dem Sonntage Nahrung ohne Mühe, da man gegentheils in Werckeltagen alles mit saurer Mühe und Arbeit muß erhalten, wie zu sehen bey den Kindern Israel in der Wüsten, welche alle sechs Tage in der Wochen das Manna musten mit Mühe auflesen, und nichts in Vorrath machen kunten, daß also ein ieder Tag seine Plage hatte; aber des Sabbathtages brauchten sie weder Mühe noch Sorge, GOtt erhielt ihnen den Vorrath ohne Würmer. Wiewohl jenes Dies Saturni oder Sonnabend, und nicht Dies Solis oder Sonntag war. Da wir aber nun unter denen Christen den Sonntag zum Sabbath haben / so ist alle reflexion darauf zu machen, als wie die Juden auf dem Sonnabend thun. Woferne nun ein Mensch, der am Sonntage gebohren ist, auch ein und andere Eigenschafft dieses Tages an sich hätte, so dürffte wohl etwas von diesem Puncte zu halten seyn, zumahl, wenn Dies Solis auch heißt ein Gold-Tag, denn das Signum? bedeutet so wohl die Sonne / als auch Gold, und wäre also kein Wunder, wenn ein Sonntags-Kind glücklicher, als andere, wäre? Allein, die Erfahrung will solches nicht bekräfftigen, sintemahl mir selbst Sonntags-Kinder bekannt sind, welche ihre liebe Noth auch wohl genug haben. Man giebt auch vor, daß die Sonntags-Kinder vor andern die Gespenster alle sehen; es will aber so wenig durch die Erfahrung bekräfftiget werden, als das erste. Mancher Narr giebt zwar vor, er habe das und jenes gesehen, da es dochs.v. erstuncken und erlogen ist, [153] und machte mancher aus einer kleinē Mauß gern ein groß Gespenst und Polter-Geist / wenn es nur wolte recht angehen. Das heist aber nicht wie dort Joh. 12, 21. Wir wolten JEsum gern sehen; sondern solche Leute geben vielmehr zu verstehen, daß sie gern den Teufel möchten sehen / und solche Herrlichkeit, scilicet, wird von denen so genannten glücklichen Sonntags-Kindern vermuthet. Was mein Judicium über die Sonntags-Kinder anlanget, so bin ich der Meynung, es sey der Sonntag zu der Geburt eines Menschen nicht besser, als ein anderer Tag, und halte diejenigen billig vor Tage-Wähler, welche um des Tages willen eines Menschen Geburt für des andern vor glücklich achten. Wiewohl ich nicht zweifele, daß die Herren Astrologi dißfalls mir wider sprechen werden. Es möchten aber Astrologi oder andere abergläubische Leute seyn, die mich bereden wollen, als ob die Sonntags-Kinder glücklicher, als andere, wären / und als ob diese die Gespenster mehr gewahr würden, als andere; so wolte ich fein teutsch und derb ihnen ins Gesichte sagen, es sey s.v. erstuncken und erlogen, und darzu nicht wahr; und wolte ihnen das contrarium mit meinem eigenen Exempel darthun / weil ich selbst am Sonntage gebohren bin; solte aber mancher meine von Mutter-Leibe an / biß hieher gehabten unglücklichen Fata wissen, so bin ich versichert, daß er sich nicht alleine sehr verwundern, sondern auch bekennen würde, daß er unter viel tausend Menschen keinen so unglücklichen gefunden, als mich. Jedoch [154] doch hat mich GOtt allezeit, ihme sey ewig Danck! aus aller Noth also gerissen, daß ich niemahl eine Schande davon gehabt; seine Güte wolle ferner also über mich walten, wie ich auf ihn hoffe. Was anlanget die Sehung der Irrgeister oder Gespenster, so kan ich mit GOtt und gutem Gewissen bezeugen / daß ich mein Lebtage dergleichen nichts gesehen habe. Wäre nun etwas an der abergläubischen Leute ihren Vorgeben von Sonntags-Kindern / warum wäre ich denn alleine gantz anderer Art, als wie die andern? Aber, was mag ich viel sagen? Die abergläubischen Gecken haben doch recht. Denn habe ich nicht Glück gnug, daß ich aus so vieler Noth errettet worden bin, und kan noch / als ein ehrlicher Mann leben? Es wird / wie schon erwehnet / der Sonntag von der Sonnen benennet, weil die Sonne diesen Tag insonderheit regieren soll; auch wird die Sonne und das Gold mit einem Zeichen bezeichnet, dieweil dieser Planet und dieses Metall eine grosse Verwandtschafft haben sollen; dahero auch die Sontags-Kinder in dem Verdacht sind, ob hätten sie gülden Glück. Ich meines Orts habe zwar dieses gelben Metalls sehr wenig, und hat es fast das Ansehen, als ob es sich vor mir fürchtete, denn es bleibet keines lange bey mir; iedoch bin ich auch mit Golde satt vergnügt, und rühme mich freudig mit Hiob, cap. 22, 25: GOtt ist mein Gold. Habe demnach Goldes gnug, durch die Sonne der Gerechtigkeit, aus Gnaden. Irrgeister und Gespenster sehe ich auch, wenn ich einen Aberglauben [155] nach dem andern mit offenen Augen erblicke. Auf solche Weise ist dieser Punct richtig.


Es ist ja wohl ein Sonntags-Kind So wenig, als ein anders, blind. Doch wird es auce mehr ins Gesicht Wohl von Gespenstern kriegen nicht, Als andre. Auch wird ihm das Glück So wohl, als andern, manchen Tück Erweisen, welches ich wohl weiß, Und habs gemerckt mit allem Fleiß.

Das 62. Capitel
Das 62. Capitel.
Welches Weib alle Morgen zu ihrer multum lacca! die kan viel Butter und Käse machen.

Da sahe man, wie theils Kühe-Schwestern gefahrt sind, und wie sie mit ihren Krühen einen lateinischen Morgen-Seegen beten, welchen sie, wie die Kühe, und die Kühe / wie sie, auf eine Weise verstehen, und ist viel künstlicher, als wie der Ochsen Bauern ihr guter Morgen, wenn sie ihre Horn-Pferde also anreden: Guten Morgen, Ochs! Mu! ist das warme Bier fertig? Mu! etc. Aber mich wundert doch gleichwohl, warum die Küh-Priester ihren Zuhörern mit lateinischen Predigten begegnen; da ich doch vermeynet habe / die Kühe verstünden das teutsche kaum. Ich glaube dahero, es sey nur dieses denen Kühen mit Fleiß gelernet worden, auf daß nicht irgend eine Hexe auf der Seiten stehen und hören möge, was die Kühe mittheilen sollen, [156] und die Milch hinweg rauben. Aber da gleichwohl die Kühe dieses Latein verstehen, so wundert mich doch / daß es die Hexen nicht auch verstehen sollen. Denn der Satan kan die Sprachen alle, und kan seinen Hexen solche gar bald lehren; wie denn die Historien bezeugen, daß der Satan aus Besessenen lateinisch geredet habe, da der besessene Mensch sonst kein Wort Latein verstanden hat. Daß also die guten Weiber mit ihrem Küh-Latein der Hexen halben nicht unangefochten bleiben würden. Was den Inhalt dieser lateinischen Worte anlanget, so heißt erst die Anrede an die Kuh: ò bona vacca, oder, o gute Kuh! so nun ein Weib mit Wahrheit ihre Kuh eine gute Kuh kan heissen, so wird diese gute Kuh ohne allem Zweifel um deßwillen eine gute Kuh seyn, weil sie viel gute und fette Milch giebt. Giebt nun eine Kuh schon vor sich selbst viel Milch, so ist nicht vonnöthen, durch lateinische Predigten die Milch zuwege zu bringen. Aber, die lateinischen Worte lauten ferner: Da mihi lacca, oder / gieb mir Milch. Nun habe ich noch nicht erfahren, daß die Kühe die Milch selbst von sich geben / sondern es wird die Milch durch das Melcken von ihnen genommen: Also braucht es ja nicht zu sagen: Gib mir Milch; sondern man darff nur so viel, als die Kuh im Eiter hat, heraus melcken, es sey denn, daß die Kühe die Art hätten, als wie der Hottentotten ihre Kühe bey dem Cap de bone Esperance, welche die Milch nicht von sich lassen; wie George Meister in seinem Oriental. Ind. Kunst- [157] und Lust-Gärtner p. 252. mit folgenden Worten meldet: Sie nehmen die Kühe, binden ihnen die hintersten Beine mit einem ledernen Riemen feste, geben dem Kalbe das Eiter ins Maul / daß es ziehen muß, als nun die Kuh die Milch gehen läßt, nehmen sie dem Kalbe das Eiter aus dem Maule, und melcken in einen Topff oder Schmutz-Fell, sobald solches die Kuh mercket / lässet sie keine Milch mehr gehen, darauf muß der Mann kommen, und durch ein Rohr, so einer Spanne lang, in die Vitumel blasen, denn muß sie die Milch wieder fahren lassen, sonst geben sie sie nicht wieder, und wenn sie todt geschlagen würden; manche blasen auch ohne Rohr-Pfeiffe hinein, nehmlich, sie ziehen die Posteriora weit von einander, und blasen drein, etc. Weil ich aber noch kein Exempel weiß, daß dergleichen Art unter denen hieländischen Kühen wäre angetroffen worden, so scheinet / daß der Weiber ihre lateinische Bitte an die Kühe wohl unvonnöthen sey. Wenn die Worte ferner lauten: Et multum lacca, so habe ich schon angeführet, daß es keine gute Kuh könne genennet werden, wenn sie nicht viel Milch gäbe; weil die Welber aber sagen: ô bona vacca, so muß sie, wie schon gedacht, viel Milch geben. Was denn nun schon da ist, darüber braucht man ja nicht erst viel zu betteln; dahero offenbar ist, daß diese lateinische Rede an die Kuh ohne einigen effect sey. Denn wer eine gute Kuh hat, die viel Milch gibt, der kan auch viel Butter und Käse machen.


[158]

Red Griechisch, Welsch, Spanisch, Lateinisch und Teutsch, So wird dirs die Kuhe doch besser nicht machen, Sing, pfeiffe und fiedle, brauch gleich auch die Peitzsch, Nimm Stecken und Prügel, und andere Sachen, So wirst du doch damit nicht mehr Milch erzwingen, Als aus der Kuh hat wolln ins Eiter eindringen.

Das 63. Capitel
Das 63. Capitel.
Wer am Fastnacht-Dienstage früh vor der Sonnen Aufgang stillschweigend drischet / der vertreibet die Maulwürffe damit.

Dieses mag ein wohl-ausgesonnen Kunst-Stück seyn, nur daß es kein Mensch begreiffen kan, und ist sehr Schade, daß dieser Punct nicht wahr ist, er wäre sonst wohl werth, daß man ihn aufgeschrieben hätte. Und muß ich gestehen, daß dieses eine unvergleichliche Sache ist, denn ich kan es mit keinem natürlichen Dinge vergleichen, weil es schnurstracks wider die Natur läufft. Wenn die Maulwürffe auf dem Scheun-Tenne herum liessen, so wolte ichs glauben, daß sie durch das Dreschen vertrieben, oder vielmehr erstlagen würden; allein ausser dem will mir es nicht in Kopff. Es ist bekannt, daß der, der drischet, nicht viel Redens oder Plauderns machen kan; also kan man leicht gedencken, daß die Drescher des Morgens früh nicht erst eine Predigt bey ihrem Dreschen werden anstellen, auch pflegen solche Arbeiter zur Fastnachts-Zeit bald früh, wenn es noch finster ist, schon über ihrer [159] Arbeit zu seyn, daß demnach kein Jahr fehlet, daß nicht solte am Fastnachts-Dienstage früh vor der Sonnen Aufgang stillschweigend gedroschen werden. Woferne nun das obenbemeldte Kunst-Stück wahr wäre, so würde kein Maulwurff mehr zu hören noch zu sehen seyn. Denn es giebt überall in Städten und Dörffern Scheunen, darinnen gedroschen wird. Wolte aber die abergläubische Rotte einwenden, und sagen /es vertriebe solch Dreschen keine andere Maulwürffe, als diese, welche auf dessen Grund und Boden aufwühleten, dem die Scheune gehörete, in welcher zu der Zeit stillschweigend gedroschen würde; so wird solche Meynung ohnmöglich können behauptet werden. Denn die Felder und Wiesen liegen so nahe nicht bey denen Scheunen, daß die Maulwürffe könten das Dreschen hören; und so sie es nicht hören, so kan ja das Dreschen sie weder erschrecken noch tödten. Und ob sie es gleich alle in ihren Löchern in der Erden höreten, so frage ich, wer denn denen Maulwürffen sagt, daß es Fastnacht sey, und daß dieses Dreschen um ihrem willen in der Scheune geschehe, welche dem Herrn gehörete, dem das Feld oder die Wiese zustünde, allwo sich die Maulwürffe aufhielten? Oder sollen irgend die Maulwürffe gedencken / daß das Dreschen eben also, wie es auf den Tennen geschicht, auch über ihre aufgeworffenen Hügel kommen werde? Das wäre sicherlich eine grosse Klugheit von einem solchen kleinen Thiergen. Kömmt demnach dieser Glaubens-Punct sehr unbesonnen heraus, [160] und hätten sich die närrischen Erfinder wohl besser bedencken mögen, ehe sie solch läppisch Zeug erfunden hätten.


Gedenckest du mit deinem albern Dreschen Die Maulwürff aus den Wiesen wegzusprechen, So glaube nur, daß dir wird keiner welchen, Denn dein Geklapper wird sie nicht erreichen.

Das 64. Capitel
Das 64. Capitel.
Wem die Zähne / Ohren / Kopff und dergleichen weh thut / der stehe zur Zeit des abnehmenden Mondens gegen den Mond / und sage: Gleichwie der Mond abnimmt / also nehmen meine Schmertzen ab.

Ja, wenn Wünschen wahr würde / so wolte ich viel auf dieses Mittel halten, und dürfften die Hrn. Medici und Apothecker nicht viel Geld warcken; wer ist aber so einfältig, und weiß nicht, daß das Wünschen nichts hilfft? Und wer ist in einer Noth, der nicht wünschet davon befreyet zu werden? Was kan aber das Wünschen fruchten, wenn es nicht bestehet in einer billigen Begierde und ernstlichen Seuffzen zu GOtt, nebst demüthigen Vertrauen zu desselben Hülffe? In diesem ietzt vorhergehenden Punct findet sich ein Wunsch, der zwar Himmel- angeschicht, aber nicht / wie Christen geziemet, zu GOtt, sondern, auf heydnische Weise, zum Mond. Wer nun ein redlicher Christ ist, der kan leicht urtheilen, daß auf solch abgöttisch Wesen keine Hülffe erfolgen werde, es wäre denn Sache, daß, aus [161] göttlicher Verhängniß, der Satan denen Kindern des Unglaubens hülffe, auf daß er sie damit nur desto mehr in solcher Abgötterey erhielte.


Drum brauch ich diese Hülffe nicht, Es plag' mich Zahn-Weh oder Gicht, Mein Hülff' such ich bey GOtt allein, Und achte nicht des Monden Schein.

Das 65. Capitel
Das 65. Capitel.
Die Ofen-Gabel soll man nicht im Ofen lassen / sonst können die Hexen täglich einen Orts-Thaler aus selbigem Hause holen.

Warum aber nur einen Orts-Thaler, und nicht einen gantzen? Auch möchte ich wissen, ob es Species-Oertgen seyn müssen, oder ob es nur sechs Groschen Current-Geld seyn mag? Auch weiß ich nicht /wie doch die Rabenäser, die Hexen, denen Leuten über das Geld kommen können? Dürffte aber bald vermuthen, weil sie diesen Diebstahl nicht vollbringen können, ausser nur / wenn die Ofen-Gabel im Ofen stecken bleibet, daß sie zu der Zeit, wenn die Spitzen der Ofen-Gabel heiß sind, hiermit die Geld-Kästen eröffnen müssen. Ich weiß aber nicht, warum sie es denn nicht auch mit denen kalten Ofen-Gabeln thun könten: Die Galgen-Huren die die! ietzt kämen sie mir gleich recht, wenn meine Ofen-Gabel im Ofen steckte, und sie wolten mir einen Orts-Thaler stehlen, ich wolte ihnen allen die Hauben von Köpffen reissen, und keiner wieder [162] geben; da möchten sie die Schande und den Schaden auch haben, denn ich habe mich recht über die diebischen Huren erzürnet, habe auch den gantzen Tag mit des Nebucadnezars seines abgedanckten Muster-Schreibers Degen werzehen Tage hinter dem Ofen-Loche gelauert, aber ich kan keine ansichtig werden; glaube derowegen, die Rabenäser können sich unsichtbar machen. Was sage ich aber viel von denen Hexen? Scheinet es doch, als ob sie gute Ursach hätten, das Geld zu holen; denn man hält ja dafür, ob wären die Ofen-Gabeln der Hexen ihre Pferde, worauf sie auf den Block-Berg ritten; ist nun dem also, so ist kein Wunder, daß man sie erzörnet, wenn man ihre Pferde will in Ofen stecken und verdorren lassen; dahero sie das Jus Talionis gebrauchen, und nehmen wieder so viel an Gelde hinweg, als ein solch Pferd kostet. Aber wie machen sie es denn bey gar armen Leuten, welche gar selten einen Orts-Thaler im Hause haben? Ich glaube, daß / weil der Käyser an dem Orte / wo nichts ist / sein Recht verlohren hat; so werden die Hexen kein besser Recht haben als der Käyser. Denn die armen Leute haben seiten so viel Orts-Thaler in ihren Häusern, als ich gern haben möchte. Mancher Phantasie klaget über Geld-Verlust, das ihm die Hexen geholet hätten, und weiß nicht, daß die Hexen täglich mit ihm aus der Schüssel essen, ja gar bey ihm im Bette liegen, wenn nehmlich mancher so ein Weiber-Narr ist, und gestattet dem lieben Weibgen allen verfluchten Hoffart zu tragen; oder [163] der es ist dergleichen schönes Töchterlein vorhanden, oder ein liederlich Mutter-Söhngen. Ey diese können einen frommen einfältigen Schöps in einer Wochen so viel hinweg zaubern, als in Jahr und Tag kan erworben werden, es mag gleich die Ofen-Gäbel im Ofen stecken bleiben oder nicht. Ja solche Leute stecken mit Fleiß die Ofen-Gabel in den Ofen /und machen hernach dem einfältigen leichtgläubigen Vater weiß, das sey die Ursach des Geld-Verlusts. Eben, als wie eine versoffene Priester-Frau thät / als sie das Bier zur Mahlzeit aus dem Keller holete, kam sie eilends aus demselben gelauffen, stellete sich gantz erschrocken, und sagte, Arme und Beine zitterten ihr, so sey sie erschrocken, denn es hätte eine grosse Heyme oder Grille oben auf dem Fasse gesessen, und aus dem Spund-Loche Bier gesoffen / die hätte ein paar Augen gehabt so groß, als ein paar Käse-Näpffe. Das lasse mir eins eine grosse Grille gewesen seyn! Ich mache zwar offt selbst Grillen, aber mit so grossen Augen habe ich doch noch keine gesehen. Die gute Frau Bier-Amsel wolte ihren ehrlichen Ehe-Herrn bereden, zu glauben, ob sey diese großäugige Grille eine Hexe gewesen, welche das Bier aussöffe; aber der Herr Pastor nahm alsbald ein Licht, und gieng visitiren, fand zwar nicht die Grille, sondern nur die zwey grossen Augen, womit die Grille zu sehr hatte ins Faß gegucket, nehmlich ein paar grosse Töpffe voll Bier, welche die versoffene Frau Pfarrin hatte hinter die Kofent-Fässer in fördern Keller verstecket. Sehet! also [164] gebet es insgemein zu mit dem Geld-Holen derer Hexen.


Drum glaubet solcher Thorheit nicht, ihr werdet sonst betragen, Denn nichts ist wahr, und schicket sich, und ist gewiß erlogen.

Das 66. Capitel
Das 66. Capitel.
In einem Schalt-Jahre soll man nichts sonderliches bauen / pflantzen oder vornehmen / denn es wird nichts recht gerathen oder fortkommen.

Es würde dieses Capitel zu weitläufftig, und mein Absehen verrücket werden, wenn ich gantz ausführlich melden wolte, was es vor Beschaffenheit mit denen Schalt-Jahren habe: Denn denen Verständigen thut es nicht vonnöthen; daß aber die gar Einfältigen einiger Massen aus ihren dißfalls gefaßten falschen Meynungen sich möchten wickeln können, so melde ihnen zu fernerem Nachdencken nur so viel: Daß nehmlich ein Schalt-Jahr nicht natürlicher Weise von GOtt zu einem Schalt-Jahre geschaffen sey, sondern, weil der Sonnen-Lauff in 365. Tagen und bey nahe 6. Stunden ihren Jahres-Lauff vollendet, daß also iedes Jahr sechs Stunden über die 365. Tage hat, solche 6. Stunden aber eine solche Unordnung machen würden, daß die Weyhnacht-Feyertage bald im Sommer, und St. Johannis-Tag im Winter fallen würden, weil iedes Jahr 6. Stunden, in 4. Jahren 24. Stunden, und also einen gantzen Tag [165] austragen; so ist von des ersten Römischen Käysers Julii seiner Regierung an, biß daher, von klugen Astronomis disponiret worden, daß unter vier Jahren allezeit einem ein Tag mehr zugerechnet werde, also, daß drey Jahr iedes soll 365. das vierdte aber 366. Tage haben, auf daß die übrigen 6. Stunden nicht in Viertels-Tage sondern in 4. Jahren in einen gantzen Tag möchten mit verrechnet werden. Und hätte wohl zu Zeiten Julii Cæsaris geschehen können, daß in einem andern Jahre der Anfang zu solcher Ordnung wäre gemacht worden, so wären die jetzigen Schalt-Jahre als wie andere gemeine Jahre, hingegen einige gemeine Jahre wären Schalt-Jahre. Ist demnach ein Jahr wie das andere, der Natur nach, gleich, aber um desto ordentlicher sich in die Zeit zu schicken, so wird unter vier Jahren einem ein Tag zugegeben oder zugeschaltet, und selbiges Jahr wird ein Schalt-Jahr genennet. Dieses alles aber ist eine Menschen-Satzung, so zu reden, weil es Menschen alsodisponiret haben. Ob nun Menschen können aus ihren Kräfften und Vermögen ein Jahr vor dem andern glücklich oder unglücklich machen, das wolle man doch erwegen, ehe man so fürwitzig ist, zu sagen, daß ein Schalt-Jahr vor andern unglücklich sey? Zur Zeit Mosis wuste man noch nichts von Schalt-Jahren, aber es gab Leute, welche einen Tag vor dem andern vor glücklich ofung, Tage-Wähler nennete, und hatte einen Greuel an ihnen: Hätte man aber zu selbiger[166] Zeit ein solch Spiel mit denen Schalt-Jahren gehabt, als wie ietzt, so bin ich versichert, GOtt würde über solche Jahres-Wähler so sehr, als über die Tage-Wähler, geeyfert haben. Dahero möchten solche abergläubische Leute doch bedencken, daß sie GOtt eben, wie die Tage-Wähler, ein Greuel sind. Solte GOtt nicht einen Greuel daran haben, wenn die abergläubische Welt dafür hält, ob wären die Schalt-Jahre denen schwangern Weibern unglücklich; die darinnen gepflantzten Obst-Bäume kämen nicht fort; man solle kein jung Vieh zur Zucht in Schalt-Jahren behalten; und was alle vor närrische Ding mehr vorgebracht wird, welches doch nichts denn lauter Phantasien sind, die von solchen unerfahrnen Leuten ausgeheckt werden, welche nicht weiter nachsinnen können / als nur so weit sie ihr dummes Gesicht trägt und weiset; und was ihnen alsdenn in ihr verwüstetes Gehirn kömmt, das machen sie zu lauter Glaubens-Articuln, bekommen auch gar bald Religions-Verwannten, dieweil von Natur der Mensch zum Aberglauben geneigter ist / als zu rechten vernünfttigen Grund-Regeln. Also siehet mein günstiger Leser, wie abgeschmackt die (zwar sehr gemeine) Meynung heraus kömmt, daß man vorgiebt und glaubet, ob wäre ein Schalt-Jahr mehr geneigt zum Mißwachs und andern Ungeding, als andere Jahre. Es ist ja manch Schalt-Jahr in vielen Dingen glücklicher, geseegneter und besser, als manch gemein Jahr, und ob es sich auch zuträgt, daß in manchem Schalt-Jahre ein- [167] und ander Vornehmen unglücklich abläufft, so ist das Schalt-Jahr im geringsten nicht daran Schuld, und wäre die Sache eben nicht anders ansgeschlagen, ob es auch kein Schalt-Jahr gewesen wäre. Mit einem Worte: Dieser 66. Punct ist ein verwerfflicher Aberglaube.


Wenn man doch liesse GOtt nur walten, Der lang' die Welt regieret hat, Die Menschen möchten Tag einschalten, Weil solches doch dem Glück nichts schadt. Ein iedes Jahr hat sein Geschick, Und GOtt giebt Glück und Unglück.

Das 67. Capitel
Das 67. Capitel.
Wenn man von einem Orte hinweg gehet / und bleibet mit den Kleidern an einer Thür / Nagel oder sonst hängen / so soll man noch ein wenig allda verweilen /sonst hat man Unglück.

Eilen thut kein gut; sagt man im gemeinen Sprichwort. Wenn sichs nun offt zuträgt, daß einer aus einem Hause hinweg gehet, und bleibet im Fortgehen entweder mit einem Ermel an dem Schlosse der Thüre, oder mit dem Rocke an einen Nagel, oder an einem Spliter hängen, item, es bleibet einer mit der Degen-Spitze zwischen Thür und Angel, oder sonst einer Klunse, stecken, so ist es rathsam, daß er stille stehe, und sich erst loß mache, denn wenn er wolte schnell fort lauffen, so würde er entweder einen Ermel am Hembde, oder die Manchette oder den Rock zerreissen, oder den Degen zerbrechen, [168] welches aber kan vermieden werden, wenn man ein wenig verziehet /biß man sich loß gewickelt hat / drum eile mit Weile, es sey denn Eilens Zelt, als wie es offt die Noth in Feuers-Brunst erfordert, da man wohl gar nackend entfliehen und alles im Stiche lassen muß / oder auch, wenn das Gewissen einem nicht vergönnet zuwarten, wie den frommen Joseph bey dem Bette Potiphars, welcher seines Oberkleides nicht, wohl aber sein Gewissen schonete, und entrann. Also bestehet das Unglück, das man hätte / so man bey der Hangenbleibung nicht ein wenig verzöge, in nichts mehr, als daß man sich Schaden an der Kleidung thäte. Wer es aber auf ein ander Unglück deuten wolte / der heget einen Aberglauben.


Lauffe nicht allzugeschwinde, Denn es thut nicht allzeit gut, Fahre auch nicht zu gelinde, Eile, wenns vonnöthen thut. Doch ein iedes mit Bedacht, So wird alles wohl vollbracht.

Das 68. Capitel
Das 68. Capitel.
Wer des Freytags die Nägel von Fingern schneidet /der hat Glück.

Das mag ein wunderlich Glück seyn! ja, wenn man die Nägel verkauffen könte an die Kamm Macher, als wie die Bauer-Mägde ihre Haare an die Peruqven-Macher, oder wie man denen Schaafen die Wolle abschiert und verkaufft, so möchte es noch wohl ein klein Glück [169] setzen; aber so ist bekannt, daß die abgeschnittenen Nägel nicht allein zu nichts zu gebrauchen sind, sondern es hat ein jedes auch noch einen Abscheu davor. Warum auch eben am Freytage? sind sie denn irgend am Freytage allezeit reiff zum Abschneiden? Zwar wenn man Freytag ein wenig per anagramma versetzt, so heist es Reiftag; aber das macht die Sache noch nicht aus, und müste gantz eine andere Ursache des Glücks können dargethan werden, wenn ja etwas ander Lügen solte wahr seyn; aber ich glaube,


So groß, als hier seyn die Stück, Also wird auch seyn das Glück.

Das 69. Capitel
Das 69. Capitel.
Wenn man einer Hexe einen Besen in Weg leget / daß sie darüber schreiten muß / so wird sie ohnmächtig /und kan kein Unglück stifften.

Ich will es zwar nicht widersprechen, iedoch es auch nicht, als eine ohnfehlbare Wahrheit / glauben, daß die Zauberer gewiß in der Walburgis-Nacht nach ihrem Tantz auf den Brockels-Berg ritten, weil / wenn man die Sache vernünfftig überleget, es natürlicher Weise nicht geschehen kan. Es sey aber an der Sache, was da wolle, so will es doch mit dem ietzt vorhabenden Punct sich weder reimen noch schicken. Denn man bedencke nur! die Hexe soll ohnmächtig werden, wenn sie über einen Besen schreiten müsse; da doch vor gewiß will gesagt werden, daß die Hexen [170] auf Besen und Ofen-Gabeln nach dem Brockels-Berge ritten. Wie können sie denn aber darauf reiten, wenn sie solche nicht überschreiten und sich darauf setzen? und wie können sie darauf sitzen und reiten, wenn sie ohnmächtig davon werden? sie würden gewiß bald aus der Lufft von ihren Gabeln- und Besen-Pferden herab-und zu GOttes Boden fallen; dergleichen Exempel aber noch nicht bekannt ist. Da sie nun bey der Reuterey auf denen Besen nicht ohnmächtig werden, wie kömmt es denn, daß sie ohnmächtig werden sollen, wenn sie nur über einen Besen, der auf der Erden liegt, wegschreiten sollen? Es will ja auch sonst noch vorgegeben werden, ob könten sich die Hexen hinter einen Besen verstecken, wenn man nehmlich das Kehricht in einen Winckel zusammen kehrere, und stellete den Besen davor, wie theils Weiber und Mägde sehr im Gebrauch haben. Hat es denn irgend mit denen Hexen und Besen die Bewandniß, als wie von theils gifftigen Thieren und einigen Kräutern geglaubet wird, daß sich die gifftigen Thiere unter theils Kräutern gern aufhielten, aber bey Verlust ihres Lebens nichts davon geniessen dürfften, wie von denen Kröten und Schlangen mit der Salbey und Raute gesaget werden will? Wenn dieses wäre, so möchte unser vorhabender Punct noch ein klein wenig einen Schein behalten; aber auch auf diese Art will kein Beweiß an den Tag kommen. Bleibet demnach wohl ein lahmes und ungegründetes Vorgeben. Oder wolte man folgendes zur Ursach [171] bei Hexen-Ohnmacht nehmen, so pflichte ich eher bey / nehmlich: Wenn eine Hexe aus dem ihr in den Weg gelegten Besen merckte, daß solcher mit Fleiß um ihrent willen hingeleget sey, und schlösse daraus, daß die Leute, welche ihr den Besen in den Weg geleget hätten, allerdings Nachricht haben müsten, daß sie eine Hexe wäre, aus welcher unverhofften Vermuthung die Hexe erschröcke, das sie dar über in Ohnmacht fiele, wie man wohl ehe dergleichen Exempel hat / daß, so einem unverhofft eine böse Sache vorgerücket worden ist, dieser vor Schrecken in Ohnmacht gesuncken. Auf solche Weise wolte ichs glauben, sonst aber nicht. Jedoch kömmt mir es noch zweifelhafftig vor, weil das Schrecken von der stillschweigenden Versuchung mit dem Besen entstehen soll, da man doch nicht erfahren hat, daß eine Hexe so sehr erschrocken wäre, daß sie in Ohnmacht darüber gefallen, wenn man ihr wohl gar frey ins Gesicht hinein gesagt hat, sie sey eine Hexe. Scheinet also diese Sache gar keinen Grund zu haben.


Wie soll die Hexe wohl sich fürchten für dem Besen, Den sie zur Reiterey sich eigen auserlesen? Es klingt gar abgeschmackt, und will nicht gläublich seyn, Drum, wenn sie fürchtet sich, so thut sies, nur zum Schein.

Das 70. Capitel
Das 70. Capitel.
Glück in Spiel zu haben / soll man ein Eulen-Hertz /oder den Stein aus dem Rücken einer Fledermauß /oder den Kopff eines Wiedehopffs bey sich tragen.

[172] Das Geflügel ist bald nach einander her genennet, aber nicht so bald gefangen, und erinnere ich mich, daß in meiner Jugend meine Eltern einen Knecht hatten, welcher offt sagte, er wolte gerne einen Thaler vor eine Fledermauß geben. Dieser Knecht bemühete sich auch manchen Abend sehr, stackte ein weiß Tuch an eine Stange, oder nahm einen blossen Degen, und trat damit in Garten, und lauerte auf, in Meynung / es solte sich eine Fledermaus daran setzen, oder daran fliegen, daß er sie erschlagen könnte. Ob nun zwar alle Abend solche Finsterniß-liebende Vögel um ihn herum flohen, so war er doch niemahls so fix, als sie, und blieben sie demnach für ihm alle am Leben. Ohne Zweifel war dieses Knechts Absehen auch dahin gerichtet, von der Fledermaus etwas zu nehmen, davon er wolte Glück im Spiel haben. Kein Zweifel ists, daß es dergleichen Narren giebt, welche sich eben so sehr um einen Wiedehopff oder um eine Eule bemühen, als jener um die Fledermauß. Wenn nun mancher Geck sich lange bemühet hat nach einer solchen Sache, und gelanget endlich darzu, so denckt er, er habe nun gewonnen Spiel, und ist auch wahr, er hat gewonnen Spiel. Denn ists nicht so? wenn der Jäger einem Wild lange nach gestellet hat, und hat es nicht ertappen können, und das Wild kömmt endlich ins Netz, so hat der Jäger gewonnen. Also ist hier auch die Meynung dieses Puncts / wer das Hertz von der Eule, oder den Stein aus der Fledermauß, (wiewohl ich sehr zweifele, daß die Fledermäuse [173] Steine bey sich haben) oder den Kopff vom Wiedehopffe hat, der hat gewonnen. Wer hat aber verspielt? Antwort: Die Eule / Fledermauß, oder Wiedehopff; denn wer sein Hertz oder den Kopff hergeben muß, der verspielt. Also kan es nicht fehlen, wer das Hertz von der Eulen / den Kopff vom Wiedehopffe, und dergleichen bey sich trägt, der gewinnet, oder hat vielmehr gewonnen. Denn gewinnen, oder gewonnen haben, wird offt in einerley Verstände genommen / wie zu sehen, wenn eine Compagnie spielet, und es hat Peter und Conrad gewonnen, Johannes und Friedrich aber verspielet, der fünffte aber kömmt darzu, und fraget, wer verspielt, oder wer gewinnet? so folget die Antwort: Peter und Conrad gewinnen,i.e. haben gewonnen. Wer aber nun ein Eulen-Hertz, und dergleichen, um deßwillen bey sich trägt, daß er im Spielen gewinnen will, der wird sich nicht allein selbstbetrügen, sondern begehet auch Abgötterey, wie auch Diebstahl an seinem Nechsten, obgleich nicht in effectu, doch in affectu, weil er den Vorsatz hat, durch dieses Mittel das Spiel zu biegen / daß er des andern sein Geld abgewinnen könne. So nun ohngefehr ihm das Glück im Spielen zufället, so gläubt er steiff und fest, das Eulen-Hertz, oder Fledermäuse-Stein, habe dieses zuwege gebracht. Aber weit gefehlet.


Fang eine Fledermauß, Such ihr fein in dem Rücken, und nimm den Stein heraus, [174] Hasch einen Wiedehopff, Und reiß von dessen Rumpffe geschwinde ab den Kopff. Und wenn die Eule schreyt, So fang sie, nimm das Hertze, und sey damit bereit, Nimm alle diese Stück. Steck sie zu dir beym Spielen, es bringt dir doch kein Glück.

Das 71. Capitel
Das 71. Capitel.
Wenn das Licht zu Abends Rosen brennet / so bekommt man des andern Tages Geld / oder hat sonst ein Glück zu gewarten.

Ich glaubs, daß, wenn das Licht Rosen brennet, Glück bedeute, zumahl / wenn es im Winter ist, da die Rosen rar sind; wie ich mich denn erinnere, daß wohl eher um Weyhnachten eine Rose hat 16. Groschen gegolten. Wenn brennet aber ein Licht Rosen? Ich habe noch nie keine gesehen, die man mit Recht könte Rosen nennen. Denn das, was die Weiber Rosen nennen wollen, sind weder der Gestalt, noch dem Gebrauch nach, Rosen zu vergleichen, sondern es sind an der Spitze des List-Tochtes zusammen gebrannte runde Kohlen, welche einen heßlichen Gestanck von sich geben, daß man die Nase davor zuhalten muß; dahero diese Kohlen, welche einen heßlichen Gestanck von sich geben / daß man die Nase davor zuhalten muß, mehr scoptice, als im Ernst, Rosen genennet werden. Wer aber dennoch sie als Rosen willpassiren lassen, dem will ichs nicht wehren; und mag er zusehen, wie [175] gut das davon gemachte Rosen-Wasser riechen werde. Wer Verstand hat, wird demnach leicht können urtheilen, wie das auf solche Rosen-Er scheinung erfolgte Glück und Geld beschaffen seyn werde. Ihr lieben Weiber! wenn eurer erliche in einer Stuben sitzen und spinnen, und das auf dem Tische stehende Licht brennet eine Rose, (wie ihr es nennet) so sprecht ihr / es bedeute des andern Tages Geld oder sonst an der Glück; so sagt mir doch, ob es denn euch allen, die ihr in der Stuben sitzt, Glück bedeute, oder nur einer alleine? Soll es allen gelten, so würde es ein groß Wunder seyn, wenn ihr alle zu einer Zeit Glück bekämet; solte es aber einer alleine gelten, so sagt mir doch, welche unter euch solches Glücks sich zu getrösten habe, weil gleichwohl das Licht einer so wohl als der andern scheinet / und solchergestalt eine iede von dem Glücke wird Theil haben wollen? Derowegen glaube ich, das wird wohl euer größtes Glück seyn, daß, wenn das Licht verbrannt ist, ihr des andern Tages ein neues Licht anzündet.


Es riechen diese stinckge Rosen, Noch ärger, als beschmierte Hosen, Drum kriegt man, so man sie erblickt, Auch wenig Geld, und schlechtes Glück.

Das 72. Capitel
Das 72. Capitel.
Wer in der Erndte das erste Korn einführet / der soll von denen ersten Garben etliche nehmen / und in die vier Winckel der Scheunen Creutze damit legen / so kan der Drach nichts davon holen.

[176] Das müste ein wunderlicher Drach seyn, der die Garben wegholete! Ich setze aber den Fall, er könne sie wegtragen, da denn freylich dieser Punct einträffe; aber, wie gewöhnlich, so werden etliche Fuder Geträyde auf die unten am Boden Creutz-weiß gelegten Garben gelegt, so müste doch der Drach erst das obenliegende Korn holen, ehe er auf die unten Creutz-weise liegenden Garben kommen kan; und also könte er freylich das Korn nicht holen, das unten Creutz weise liegt, weil er nicht darzu könte, dahero der Vortheil gar schlecht wäre, und dürfften wohl die Ratten und Mäuse das, was der Drache nicht finden könte, am allerersten ausstöbern. Weil aber insgemein gesaget wird / daß der Drache das und jenes holete, so möchte ich doch wissen, was man denn eigentlich durch den Drachen verstehe? denn es kan dieser Nahme auf dreyerley Art verstanden werden. Erstlich der Teufel an- und für sich selbst; zum andern der in der Lufft fahrende feurige also genannte Drach, und drittens ein natürlicher Drach, welcher ein grausamer grosser gifftiger Wurm oder Schlange, dergleichen der Ritter St. George soll erlegt haben. Es mag nun aber von diesen dreyen verstanden werden, welcher es wolle, so wird es doch Wunder geben, wenn dieser Punct soll behauptet werden. Denn so der Teufel an-und für sich verstanden wird, so kan dieser ja ohne GOttes Willen keinen Strohhalm biegen, noch von der Erden aufheben, geschweige, daß er gantze [177] Garben wegtragen soll: Zudem, so müste das ein Ehr-loser Christ seyn, welcher nicht bessere Waffen wüste für den Satan, als etliche Garden Creutz-weise zu legen: Solte denn ein andächtig gläubig Gebet nicht hundert mahl kläfftiger seyn? Der Teufel fragt viel nach deinen Creutzen, und holet, auf GOttes Zulassung, wohl dich abergläubischen Narren mit samt deinen Creutzen hinweg. Wolte iemand den in der Lufft zuweilen sichtbar fliegenden feurigen Drachen verstehen; wie denn manche wollen vorgeben, daß sie dergleichen in die Häuser, auch in die Scheunen hätten fliegen sehen; so muß ich zwar glauben, was der oder jener herschwatzet gesehen zu haben, was doch nicht wohl glaublich ist; iedoch kan ein auf diese Art verstandener Drache keinesweges Garben aus einer Scheune holen, weil solche Drachen nichts anders sind, denn natürliche Feuer, welche sich in der Lufft schnell entzünden, und mit der Lufft fortgetrieben werden, weil sie leichte und subtile schweflichte Dünste sind. Ob nun zwar mehrenmahls der Satan mit solchen Lufft-Feuern sein Spiel treibet, so würde solches doch nicht in das Stroh und ohne Anzündung aus demselben wieder heraus fahren, und gantze Garben mit hinweg nehmen, sondern es würde ein solch Meteorum oder fliegender Drache (zumahl, so der Teufel mit im Spiele wäre) gar bald die Scheune anzünden; auf welche Weise man freylich sagen möchte: Der Drach hätte das Korn hinweg geholet. Aber da würden 1000. Creutze nichts helffen. Wolte [178] einer aber drittens einen rechten natürlichen Drachen oder Lindwurm verstehen, so ist ja bekannt genug, daß dergleichen, GOtt Lob! in Europa nicht gefunden werden. Was denn aber nicht ist, dafür hat man sich auch nicht zu fürchten, noch zu dessen Abwendung einigeCeremonien zu gebrauchen vonnöthen. Bleibet demnach dieser ietzt vorhabende 72ste Punct wohl ein abgöttisches abergläubisches Wesen. Denn da dein Geträyde auf dem Felde unter GOttes Schutz für dem Teufel sicher gestanden hat, warum solte es denn GOtt, der dirs in die Scheune bescheret hat, daselbst nicht auch für dem Teufel behüten, ohne daß du deine Creutze ihm zu Hülffe machen müstest. Zwar wird auch fabuliret von einer Art Hexen-Schnitt, so auf dem Felde geschehen soll, wovon hier zu Lande viel Redens gemacht wird; weil ich aber noch nicht hinter die eigentliche Meynung der leichtgläubigen Leute gekommen bin, so übergehe es hier, will es aber in einem andern Capitel ins künfftige, gel. GOtt! genauer untersuchen. Zu diesem ietzigen Punct aber gebe meine offenhertzigen Gedancken an den Tag und bekenne, daß ob ich gleich das Creutz-Zeichen um des gecreutzigten Christi willen sehr hoch achte, so besorge ich doch, daß um solcher abgöttischen Creutze willen der Teufel desto mehr Macht an dem Korn oder Geträyde finden werde, als er sonst hätte, wenn der Herr des Geträydes sein Gut einig und allein dem Schutze GOttes anvertrauet hätte.


[179]

Es kömmet offt was weg von ein und andern Sachen, Da man deßwegen nicht beschuldgen darff den Drachen. Es thut es nicht der Drach, vielweniger der Teufel, Die Frau, Knecht, Magd und Kind sinds eh; glaubs ohne Zweifel.

Das 73. Capitel
Das 73. Capitel.
Wenn es am kürtzesten Tage gefrieret / so fällt das Korn im Preise; ist es aber gelinde Wetter / so steigt der Preiß.

Jedes hat seine Zeit, und wenn iedes zur rechten ordentlichen Zeit geschicht, so geräth alles wohl. Wenn es aber im Sommer gefrieren, und im Winter Sommer-Wetter einfallen wolte, so würde weder Geträydig noch Obst wohl gerathen. Was aber nicht wohl geräth, das schlägt im Preisse auf, und wird seltsam. Derowegen dieses bedenckend, hat man geschlossen, wenn es am kürtzesten Tage gefröre, so werde das Geträyde wohl gerathen und wohlfeil werden; so es aber an diesem Tage warm gelinde Wetter wäre, das wäre der Zeit nach eine unordentliche und verkehrte Witterung, welche Mißwachs und theure Zeit anzeiget. Denn am 20. 21. oder 22. Decembris, als zu welcher Zeit der kürtzeste Tag einzufallen pfleget, ist uns die Sonne am weitesten entfernet, wenn sie den Tropicum Capricorni erreicht hat, und natürlicher Weise müste es zu solcher Zeit am kältesten seyn. Daß aber dieses selten accurat eintreffe, kan man leicht daraus abnehmen, weil man sich der Kälte halber insgemein[180] vor dem groß- und kleinen Hornung, das ist, den Januarium und Februarium so sehr fürchtet, und auch die Erfahrung bezeugt, daß in diesen zweyen Monathen die Kälte viel hefftiger zu seyn pfleget, als zur Zeit des kürtzesten Tages, da doch die Sonne sich schon etliche Gradus uns genähert hat. Woraus zu schliessen ist, daß der HErr, der die Zeit geschaffen hat, auch die Witterung mache, ohn sich an die Zeit zu binden, und uns auch die Früchte des Landes aus Gnaden gebe. Und wiewohl GOtt zwar gemeiniglich eine unordentliche Witterung, zu Verderbung der Gewächse anwendet, so ist er doch daran eben nicht gebunden; dahero keinesweges ein gewisser Schluß darauf zu machen ist, daß, wenn es am längsten Tage gefröre, gewiß wohlfeile Zeit, wenn es aber gelinde Wetter wäre / theure Zeit folgen werde. Es haben die Bauern dergleichen abergläubische Regeln so viel, daß es fast nicht auszusagen ist. Alleine, so viel in meinem Vermögen gewesen ist, habe ich diese, welche mir bekannt sind, zu unterschiedlichen mahlen sehr genau in Acht genommen, und Observationes davon gemacht, aber fast mehr das Contrarium befunden, als daß das Vorgeben einigmahl richtig erfolget sey. Dahero ich mir auch vorgesetzt, hinfort von diesen Bauer-Flegeln, ey wolt ich sagen Regeln, nicht das geringste mehr zu halten. Kömmt es ja, daß zuweilen ja etwas so erfolgt, wie die alte Weiber-Philosophie in sich hält, so ists kein Wunder, daß es manchmahl ohngefehr geschiehet, denn eine blinde Taube findet zuweilen [181] auch eine Erbse; unterdessen muß man die Sache nicht universal zu seyn achten. Denn zuweilen im Sommer ein kühler, und im Winter ein gelinder Tag ja wohl ehe einfället, und ist gar nichts neues; das aber wäre etwas neues / wenn es im Sommer am längsten Tage so kalt würde, daß es Gyß gefröre, da sage ich, würde man gewiß genug theure Zeit darauf kriegen / weil alle zu selbiger Zeit in der Mild stehende Früchte erfrieren würden. Gnug aber von diesem Punct.


Offt ändert sich die Zeit, Offt ändern sich die Leut, Offt wird das Wetter kalt, Offt warm, offt ungestalt. Wenn aber theure Zeit kömmt an, So glaub, das habe GOtt gethan.

Das 74. Capitel
Das 74. Capitel.
So viel die Theuerlinge Körner in sich haben / so viel wird das Korn hinfort Groschen gelten.

Die Theuerlinge sind eine Art gantz kleiner Schwämmlein, welche aus der Erden heraus wachsen, (wiewohl ich sie auch einsmahls an einer Mühlen auf einem feuchten Bret wachsend gefunden) wie kleine unten etwas zugespitzte, und mit subtilen Deckelgen versehene Näpflein, in der Grösse eines kleinen Pfennigs. Diese Näpflein, wenn das Deckelgen abgenommen wird, haben inwendig einen Saamen, wie gantz kleine Linßgen, an Farbe grau, und sind die Näpffgen mit diesen Körnlein angefüllet. Nach der Zahl [182] dieser Körnlein oder Käsgen pflegt sich der Bauer gar sehr zu richten, und vermeynet, so viel, als in den Theuerlingen Körner wären, so viel würde auch hinfort das Korn Groschen gelten. Wie ungewiß aber diese Meynung sey / kan man leicht daraus abnehmen / weil die Zahl derer in denen Theuerlingen befindlichen Körner sehr different ist, und zu einer Zeit in einem Näpffgen viel, in andern wenig Körner gefunden werden. Wenn das Korn alsdenn abschlägt, oder wenig gilt / so muß die Zahl der Körnlein in einem Näpffgen, worinnen wenig gewesen, die rechte Zahl seyn; gilt das Korn aber viel / so muß eine grössere Zahl die rechte seyn, und so fort; dahero wissen abergläubische Leute ihre Dinge so artig zu beschönigen, und sagen, das Korn bliebe durch das gantze Jahr nicht in einerley Preiß, sondern schlug auf und ab, demnach deuteten die Näpfflein mit wenig Körnlein die wohlfeile Zeit an, diese aber, worinnen mehr Körner wären, zeigeten an, wenn es im Preisse stieg. Allein, wenn man also willPrognostica machen, so wird man hunderterley andere Gelegenheit finden, und könten die Korn-Aehren selbst zu dergleichen dienen, wenn man die Körner zehlete. Ja / sagte heuer ein einfältiger Schöps zu mir / GOtt wird die Theuerlinge nicht vergeblich wachsen lassen / man höret ja sein Tage nicht, daß sie zu was anders gebraucht würden. Der gute Mensch bedachte aber nicht, daß wohl 1000. andere Gewächse mehr gefunden würden, welche unsern Gedancken nach zu nichts nutz sind / dem ohnerachtet [183] hat doch alles seinen Nutzen, ob es uns gleich unbekannt ist. Und müssen diese Schwämmlein nicht eben vor unnütze gehalten werden, weil wir noch nicht den Gebrauch davon wissen. Vielleicht kömmt einmahl ohngefehr iemand hinter dero Nutzen, gleichwie andere unzehlige Dinge mehr in der Natur in dem ietzigen und nur verwichenen Seculo ausgefunden worden sind. Ferner dienet auch zum Beweiß, daß die so genannten Theuerlinge nicht können den Preiß des Korns anzeigen, weil immer in einer Stadt und in einem Lande an der Maaß ist, als in dem andern, dahero auch der Preiß unterschieden ist, also / daß die abergläubischen Leute auch nicht gewust, wie sie die Propheceyungen aus denen Theuerlingen solten in eine Vergleichung bringen; sie sind aber geschwind auf dieses Mittel gefallen, nehmlich, wo die Qvantität des Maases so beschaffen ist, daß das grösseste Maaß auf etliche Golden kömmt / z.E. wo das grösseste Maaß nach Strichen gerechnet wird, da ein Strich etliche Scheffel, und so fort, hält, da sagen sie: So viel, als Körner in dem Näpffgen sind / so viel Gülden wird der Strich Korn gelten; Und also können die guten Leute den Mantel nach dem Wind hängen. Ist aber alles lauter erzwungen Werck und abergläubisch Wesen, das keinen Stich hält.


Der Preiß des Kornes steigt und fällt, Wies pflegt zu gehen in der Welt: Niemand kan vorher sagen recht, Was es in Zukunfft gelten möcht. [184] Man muthmaßt, trifft doch selten ein, Wie all un'gwisse Dinge seyn.

Das 75. Capitel
Das 75. Capitel.
Wenn man was suchet / und kan es nicht finden / da man doch weiß / daß es da seyn muß; da hält der Teufel die Hand / oder / wie etliche sagen / den Schwantz drüber.

Aus ist wohl ein rechter Galgen-Vogel der Teufel! Er will irgend die Sache gar verparthieren und stehlen. Aber ein Mittel hiervor ist, wenn du ein wenig Saltz drauf streuest, so muß er die Hand alsobald davon ziehen. Es ist leider! der unchristliche Gebrauch unter den Christen, daß dem Satan immer mehr zu Willen gethan wird, als GOtt, von dem wir doch alles haben; und dieses geschicht auch hier in diesem Punct, wenn man etwas suchet / und nicht alsbald findet, da heißt es gleich: Der Teufel hat doch seinen Schwantz drüber. Auf daß aber der Teufel mit guten Worten möge wieder davon gebracht werden, da fängt man an wacker zu fluchen, zu donnern und zu hageln, daß sich der Himmel möchte verschliessen / und die Hölle aufthun, (denn dieses nimmt der Teufel vor lauter gute Worte an) da findet sich alsdenn die Sache gar bald, denn man hat dem Teufel die Zinnse davon gegeben. Aber, GOtt lasse sichs erbarmen, daß wir Christen so unbedachtsam dem Teufel dienen, und uns die Ungedult so schnell [185] einnehmen lassen. Denn nicht des Teufels Hand oder Schwantz ists, die die Sache verdeckt hält, sondern unsere Ungedult; denn so wir nur in Gedult verharren, und nur manchmahl eilten mit Weile, wenn uns nicht stracks alles wolte vor die Nase kommen, wir würden offt eher eine Sache finden / als wenn wir vor Ungedult kaum die Augen aufthun können. Und ob nun gleich dieses, was ich sage, die offenbare Wahrheit ist, und solchergestalt wir selbst, und nicht der Teufel, Schuld daran haben, daß sich eine Sache zuweilen nicht will finden lassen, so brauchen wir doch lieber ein Mittel wider den Teufel, (dadurch dem Satan doch vielmehr gehofiret wird) als daß wir unsere eigene Schuld erkennen lernten. Wie wir uns aber hiermit bey GOtt insinuiren, wird mancher leider! mit größtem Schaden zeitlich gnug erfahren.


O unbesonnner Mensch, o unbedachtsam Fluchen, Soll dir der Teufel denn die Sache helffen suchen? Gedenck an Teufel nicht, gedulte dich nur was! Such mit Bedacht ein Ding; ich wett, du findest das.

Das 76. Capitel
Das 76. Capitel.
Wer zu Marckte gehet / der soll sich vorsehen / daß ihm nicht iemand mit Wasser begegne / sonst kehre er lieber wieder um / und gehe heim / denn er wird kein Glück weder zum Kauffen noch Verkauffen haben.

Da habt ihr das liebe Gut! nun wird wohl aller Handel zu Wasser werden, wenn euch [186] iemand begegnet, der Wasser tragt. Es müste dieser lügende Grund conditionaliter angesehen werden, ausser dem wolte ich sagen, es sey nicht ein wahres Wort daran. Und lasse ich in so weit etwas daran wahr seyn, wenn einerConfect, Zucker, Saltz, Bot-Asche und dergleichen zu Marckte trüge / und begegnete iemanden mit Wasser, der die Waare damit begösse / und zu Schanden machte, daß sie zerflösse, unbrauchbar würde, so würde freylich hernach ein unglücklicher Handel zu hoffen seyn. Wenn aber der Wasser-Träger bey dir vorbey gehet / ohne dich zu benetzen, so setze ich dir meine Ehre zu Pfande, daß dir diese Begegnung nichts schaden wird. Ja, ich wolte vielmehr glauben, daß es ein gut Zeichen sey, wenn man iemanden mit Wasser begegnet; denn ists nicht wahr, wenn du einen Krug voll matte Fische zu Marckte trügest, und fändest unterwegens keinen Brunnen oder Fluß, daß du deine Fische erqvicken köntest, es begegnete dir aber eine Magd mit ein paar Wasser-Kannen voll frisches Brunnen-Wassers, du würdest nicht umkehren, sondern der Wasser-Trägerin entweder gute Worte um ihr Wasser geben, oder eilen, daß du selbst an den Brunnen kämest? Ingleichen / so du durstig wärest, so würdest du dich nicht scheuen, um einen Trunck Wasser zu bitten. Wenn das Wasser Ursach ist, daß man im Kauffen unglücklich ist, so nimmts mich Wunder, warum niemand des Unglücks sich befürchtet, wenn er gar über einen Fluß hingehen, oder auf einem Kahn überfahren muß, so er zu Marckte [187] gebet? Hierauf wird mir die abergläubische Rotte zwar antworten, das blosse Wasser thäte nichts, sondern müste von iemanden einem, der zu Marckt gienge, entgegen getragen werden. Alleine, warum hinderts denn nichts, wenn einem jemand ohne Wasser begegnet? mit Wasser aber soll es den Handel verderben; woraus ja Sonnen klar abzunehmen, das alleine das Wasser beschuldiget wird! Denn das blosse Tragen kan das Wasser in seiner Eigenschafft, wenn es sonst gut ist /nicht verderben. Sonst müsten Bier, Wein, und dergleichen Liquida oder fliessende Materien durch das Tragen noch viel eher verschlimmert werden. Aus diesen allen aber ist zu schliessen / wie ungereimt dieser Aberglaube heraus kömmt.


Wenn dir entgegen käm jemand mit einem Topff, Darinnen Wasser wär, und goß dirs auf den Kopff, Daß du gantz würdest naß, wie ein' gebadte Mauß, So wär es besser dir, du bliebest gar zu Hauß.

Das 77. Capitel
Das 77. Capitel.
Aus dem Korn der zuerst ausgedroschenen Garbe kan man sehen / wie das Korn das folgende Jahr alle Qvartal steigen und fallen werde.

Diese Narredey wird von denen Bauern auf folgende Weise vorgenommen: Wenn sie anfangen zu dreschen, so nehmen sie die erste Garbe aus der Scheune, (einige nehmen auch die erste Garbe, die sie auf dem Felde haben binden lassen, zu diesem Werck) dreschen oder klopffen [188] das Korn daraus, nehmen alsdenn einen Topff, Napff, oder anders Maaß / machen solches voll mit dem ausgedroschenen Korne, und streichen es glatt ab, schütten es auf den Tisch, und dieser erste Hauffen bedeutet das erste Viertel-Jahr. Dieses Maaß messen sie auf solche Art vier mahl voll, und schütten iedes absonderlich auf den Tisch. Wenn dieses geschehen ist, so nehmen sie den ersten Hauffen, und thun ihn wieder in das Maaß, und streichen es eben / wie zuvor, glatt ab. So sie nun etliche Körner abstreichen, da kratzen sie sich hinter den Ohren, und vermeynen, das Korn werde im ersten Viertel-Jahre wohlfeil werden; streichen sie aber nichts ab, oder es scheinet / als ob noch einige Körner mangelten, so lachen sie, und schmutzeln mit denen Mäulern, als wie ein Esel, der Teig frißt, und vermeynen, es werde das Korn aufschlagen; also machen sie es ferner mit denen übrigen drey Hauffen, da ein ieder ein Qvartal nach der Ordnung bedeutet. Wie es aber nun zugehe, daß das Korn denen Bauern eben so zu Willen seyn, und ihnen zu Gefallen eine weissagende Krafft annehmen, und nach denen vier Jahres-Zeiten sich richten, auch ab- und zunehmen müsse? das ists, was ich ietzt zu untersuchen habe. Auf daß aber dieses Capitel nicht zu lang werden möchte, will ich in aller Kürtze meine Meynung hiervon folgend eröffnen: Das aus der ersten Garben gedroschene Korn hat keine andere Eigenschafft, als alles andere, und bestehet das Ab- und Zu, nehmen, wie auch die weissagende Art, in nichts [189] anders / als in der selbst gemachten Einbildung der Bauern; und kan sich bey Messung solches Korns gar leichte zutragen, daß einmahl gar sachte damit umgegangen, das andere mahl aber ein wenig am Tische oder auch am Maasse gerüttelt, und also zusammen derb gemacht wird, daß das Maaß nicht recht, wie erst, voll wird; oder auch umgekehrt, wenn das erste gerüttelt worden ist, so bleibet zum andern mahl etwas übrig. Auf daß aber ein jeder recht erfahren möge, daß die Sache keinen Grund habe, so lasse man etliche Bauern zugleich diese Probe machen, also /daß keiner von des andern Verrichtung erfahre, biß die Proben gemacht sind, so will ich mein Leben zum Pfande setzen, wenn eine Probe seyn wird, wie die andere; sondern es wird bey einem in diesem Qvartal fehlen, ein anderer wird dargegen übrig haben. Wenn nun aber diese zu einer Zeit gemachte Proben nicht überein treffen, so frage ich / welcher unter diesen Beyfall könne gegeben werden? Ich glaube, keiner.Ergo ist diese Kunst nichts nütze.


Wer Proben machen will, der seh, ob sie bestehen, Auf daß er nicht zuletzt muß sagn, es sey versehen. Wer etwas untersucht, der untersuch es recht, Denn thut ers obenhin, besteht die Probe schlecht.

Das 78. Capitel
Das 78. Capitel.
Wer leichte Ducaten oder Goldgülden hat / der weiche sie eine Nacht ins Kammer-Becken / und lasse den Urin darauf / so werden sie schwer.

[190] Ich erinnere mich, daß, als ich vor 26. Jahren mich in Mühlhausen aufhielte, ein Bürger daselbst wohnete, den ich, Ehren halber, verschweige, dieser hatte von dieser Kunst auch gehöret, und wolte die Probe davon machen; nahm derowegen seine Ducaten und Gold-Gülden, legte sie Abends in das Kammer-Becken, und ließ sein Bißgen warme Fleisch-Brühe fein säuberlich drauf, und setzte das Geschirr unter das Bette. Des Nachts, als ihm abermahl ankam / sich von der übrigen Feuchtigkeit zu entledigen, nahm er das unter dem Bette stehende Kammer-Becken, und gedachte nicht an seine Ducaten / schüttete es zum Fenster hinaus auf die Gasse, da denn frühe, ehe dieser Bürger aufstund, unterschiedliche Vorbeygehende die Ducaten fanden, und ohnerachtet sie ihnen leicht zu finden waren, kehrten sie sich doch nicht daran / sondern nahmen sie leichte mit. Wie sich aber der Bürger auf seine Ducaten besann, waren sie zwar leichte verschüttet, aber sehr schwer wieder zu erlangen. Ich bekomme niemahls leichte Ducaten, sondern sie werden mir schwer zu verdienen, ja mehr, als zu schwer, aber wenn sie zu mir kommen, werden sie noch schwerer zu behalten, und ehe ich michs versehe, sind sie gantz leicht wieder fort. Was hilfft es demnach, wenn sie noch so schwer und wichtig wären, wenn sie dennoch so leichte können ausgegeben werden? Es ist sicherlich recht zu verwundern, daß ein Mensch, als welcher unter allen Creaturen alleine vollkommenen Verstand haben solte, dennoch sich in manchem [191] Stücke unverständiger und unbedachtsamer erweiset, als ein Vieh. Bekannt ist es zwar, daß die betrüglichen Menschen zuweilen eine zu verkauffen habende Waare einweichen oder anfeuchten, auf daß sie bey dem Verkauff desto besser ins Gewicht falle. Was aber Gold, Silber und dergleichen Metall anlanget, das will sich durch keine Feuchtigkeit lassen aufqvellen, ob es gleich von aussen etwas benetzet werden mag. Dennoch giebt es einfältige Tropffe, die glauben, daß, wenn die leichten Ducaten in Urin geweicht, oder auch mit Ohren-Schmaltz beschmieret würden, so würden sie ihr Gewichte wieder bekommen; ja freylich! wenn du Koth daran schmierest, so hat derselbe gleichen effect, denn wenn ein Ducaten zu leichte ist / so beträgt der Mangel irgend ein- oder zwey Eßgen; wenn du nun halbweg ein wenig Ohren-Schmaltz daran schmierest, so trägt solcher so viel aus, als am Gewicht gefehlet hat. Oder, wenn der Ducaten im Urin naß gemacht wird, müste es Wunder seyn / daß diese Feuchtigkeit nicht das Gewichte geben solte. Aber wer Ducaten nach dem Gewichte annimmt, der wird ja nicht so alber seyn / und solche naß wiegen, oder einen Klumpen Koth oder Ohren-Schmaltz daran hangen lassen. Wird denn das Gold abgewischt, so wird es sein altes Gewichte bekommen, und solte es auch ein gantzes Jahr im Urin gelegen haben.


Gold ist bald schwer gemacht von Urin und von Koth, Jedoch wischt sichs auch bald vom selben ohne Noth.

Das 79. Capitel
[192] Das 79. Capitel.
Neue Eheleute sollen von ihrer Hochzeit Brod aufheben / so werden sie hernach niemahls Mangel an Brodte haben.

Dieser Punct erläutert sich selbst; denn so man sonst kein Brodt hat, so hat man doch das, was von der Hochzeit ist aufgehoben worden; sobald man es aber isset, so ist die Herrlichkeit auch aus. Die Aufhebung des Hochzeit-Brodtes dienet nicht sowohl, im Fall der Theurung den Brodt-Mangel damit zu ersetzen, sondern vielmehr, als ein morale, sich der Sparsamkeit dabey zu erinnern. Denn wer gar nichts aufhebet oder sparet, der muß zuletzt Armuth und Mangel leiden. Dahero auch ohne Zweifel das bekannte Sprichwort mag entstanden seyn: Junges Blut! spar dein Gut; Hunger im Alter wehe thut. Wer sich aber einbildet, so er ein Brodt von seiner Hochzeit in seinem Hause hätte, so sey dieses ein ohnfehlbares Mittel, daß kein Brodt-Mangel vorfallen werde, der treibet Abgötterey damit. Auch ist das ein sehr abergläubisches Wesen, wenn der Mann seines, und die Frau ihres absonderlich aufheben, und Achtung geben, welches am ersten schimmelt, oder verdirbt, und daraus urtheilen, welches von ihnen am ersten sterben werde.


Sey sparsam, verschwende nicht alles zugleich, So hast du in Nöthen, und wirst zuletzt reich.

Das 80. Capitel
[193] Das 80. Capitel.
Wer sein Kleidgen / das er mit hat auf die Welt gebracht / aufhebet / und bey sich trägt / der hat Glück in allem Vornehmen.

Was hiermit vor vielfältige Abgötterey und Aberglauben getrieben wird, ist leider! allzubekannt, und will ich nicht alles specificiren, was für allerhand Thorheiten damit vorgenommen werden / um dadurch diejenigen nicht zu ärgern, die noch nichts davon wissen. Daß aber alles dieses Beginnen gantz und gar nichts nütze sey / vermeyne ich mit folgenden zur Gnüge zu erweisen: Es stehen viel Leute in dem Wahn, als ob nicht alle Kinder mit dergleichen Häutlein oder Kleidgen gebohren würden, und nehmen dahero Gelegenheit, nicht allein diejenigen Kinder, so solche Häutlein mitbringen / vor andern glücklicher zu achten /sondern schreiben auch denen Häutgen selbst vielerley Krafft unverdienter Weise zu; aber sie irren in einem, wie in dem andern, denn es sind alle Kinder mit dergleichen Häutgen oder Kleidgen umgeben; allein, weil solche Häutgen wegen ihrer subtilen Zärtlichkeit gar leichte zerreissen, und in schweren und ungeschickten Geburten verlohren gehen können, so werden sie nicht bey allen Kindern gefunden. Es macht aber dieses keine Folge / daß dasjenige, was nicht gefunden wird, auch nicht da gewesen, oder noch da seyn könne; und will ich zum Gleichniß [194] diesecundinam oder Affter-Geburt vorstellen, diese kommt bey glücklichen Geburten alsbald nach dem Kinde mit von Mutter-Leibe; so es aber bey der Geburt nicht nach Wunsch zugehet, so bleibet sie auch wohl zurück, und fänget an zu faulen, daß wohl mehrmahls die Wöchnerin um deßwillen die Erde käuen und selbst verfaulen muß. Bey dieser Gelegenheit könte man nun mit viel besserm Fug sagen, ein Kind /das mit der Affter-Geburt auf die Welt käme, wäre glücklich, hingegen ein anders unglücklich: Denn das Kind ist unglücklich gnug, dessen Mutter bald nach der Geburt stirbt. Nimmt mich derohalben Wunder, daß hiervon kein Aberglaube formiret, und daraus Glück und Unglück prognosticiret wird, als wie von dem elenden Kleidgen geschicht, welches doch gleich / wie die Affter-Geburt, könte hinweg geworffen werden, weil es wahrhafftig nicht mehr Ehre verdienet, als jenes. Ich zweifele zwar nicht, wenn die Affter-Geburt so leichte vor der Fäulung und Gestanck zuconserviren wäre, als wie das Kleidgen, daß damit vielmehr Aberglauben würde getrieben werden. Ists aber nicht eine recht unmenschliche Thorheit, daß man ein allgemein Ding will zu einem sonderlichen Dinge machen? Denn gewiß ists, daß kein Kind gebohren worden, das nicht ein solch Kleidgen gehabt; was kan aber das Häutgen oder Kleidgen, oder auch das Kind davor, daß das Häutgen zerrissen worden? Kan denn das Kind oder die secundina davor, wenn die secundina ihren Fortgang nicht gewinnet, [195] sondern bey der Mutter verbleibet und faulet? Wolte man denn deswegen, wenn sonst die Mutter um deswillen nicht in Gefahr käme, ein Kind / mit dem die secundina nicht zugleich gebohren wäre, vor unglücklich achten? Davon habe ich zwar noch nicht gehöret, müste aber bekennen, daß es sicherlich, wenn es geschähe, etwas närrisches wäre. So närrisch aber, als dieses wäre, so närrisch ist auch das Vorgeben von denen Kleidgen, ja noch viel närrischer, weil das elende Häutgen bey weiten nicht von solcher Wichtigkeit ist, als wie die Affter-Geburt. Solten sich demnach alle abergläubische Weiber ins Hertz hinein schämen, die so viel Gauckeley und Zauberey mit dem Kleidgen ersinnen, insonderheit theils Weh-Mütter, welche manche ehrliche Leute, die von solchen Narren-Possen noch nicht wissen, fein unterrichten, was sie mit dem Kleidgen thun sollen; sie bedencken aber nicht, daß dieses wider ihre schwere Pflicht lauffende Practiquen sind, davor sie dermahleins schwere Rechenschafft werden geben müssen.


Es ist ja ein unnützes Ding, das man für Koth solt achten, Und billig, mit der Affter-Bürd, hinweg zu werffen trachten, Warum will man denn grosse Krafft ein'm solchen schlechten Plunder Zuschreiben, das doch nicht verdient, und macht davon groß Wunder.

Das 81. Capitel
Das 81. Capitel.
Eine abgebissene Maulwurffs-Pfote [196] bey sich getragen dienet zum wohlfeilen Einkauff / und zu theuern Verkauff.

Ich bitte, man wolle nur die ungereimten Hasen-Possen mit Vernunfft erwegen / so wird man stracks hinter des Satans Streiche kommen / und dieselben erkennen. Der Bauer, wenn der oder sein Weib mit Weitzen, Korn, Gerste, Erbsen, Butter, Käse und dergleichen zu Marckte gehet, trägt eine abgebissene Maulwurffs-Pfote in seinem Schub- oder Dieb-Sack, daß er theuer verkauffe: Der Bürger oder sein Weib, wenn sie auf den Marckt gehen, haben eine Maulwurffs-Pfote bey ihrem Gelde liegen, daß sie wohlfeil einkauffen wollen. Also hat der Käuffer und Verkäuffer einerley Materia bey sich, die doch zweyerley effect haben, nehmlich, einem soll es helffen zum theuern Verkauff, dem andern aber zum wohlfeilen Einkauff. Das reimt sich, als wie / wenn man saget: Komm herein, und wärme dich auf der Gassen. Wenn der Bauer theuer verkaufft, so kan der Bürger nicht wohlfeil einkauffen; oder wenn der Bürger wohlfeil einkaufft, so kan der Bauer nicht theuer verkauffen. Bey einem muß die Kunst fehlen. Wer nun dem an dern zu weichen genöthiget wird, kan man fast errathen, und werden die Bauern gemeiniglich die Ober-Hand behalten. Warum? Wenn ihrer zwey sich mit einander schlagen / so gewinnet der stärckste, oder der die grösten Talpen hat; also, wenn hier auch zweyerley Tatzen oder Pfoten zusammen [197] kommen, und mit einander streiten, eine will theuer, die andere wohlfeil, so wird wohl die gröbste den Sieg behalten, und also der Bauer die Beute davon tragen; denn die Maulwürffe auf denen Dörffern werden Zweifels ohne stärcker und tölpischer seyn, als die bey denen Städten. Drum, ihr guten abergläubischen Bürger zum Theil, (denn ich verstehe keine, als nur die / welche /um obangeführter Ursach willen, Maulwurffs-Pfoten bey sich tragen) bleibt mit euren Pfötgen zu Hause, denn es kommen grosse Talpen über dieselben, und krellen dieselben samt eurem Gelde zu sich; drum so ihr wolt Herr über die Bauern werden, so nehmet Esels-Füsse mit zu den Bauern, und begegnet ihnen fein grob damit; denn auf ein grob Klotz gehöret ein grober Keil; wiewohl mancher Bürger in Grobheit dem zehenden Bauer nichts nachgiebt. Was ist aber die Ursach? Resp. weil ietziger Zeit die Bauern in die Städte ziehen, und Bürger werden, so hängt diesen immer die alte grobe Art noch an / daß sie auch wohl gar mit solcher Seuche manchen Nachbar inficiren.


Alles bleibt in der Welt, Drum laßt nur ungekrellt Mit euren Maulwurffs-Pfoten, Ihr groben Bauers-Knoten! Es wird ja noch die Erden Uns alln zur Gnüge werden.

Das 82. Capitel
Das 82. Capitel.
Wer seinem Kinde das erste Kleid lässet [198] machen / der soll dem Schneider an dem geforderten Macher-Lohn nichts abziehen / es hat sonst das Kind hinfort ie weniger Glück / ie mehr dem Schneider abgezogen worden.

Ey das reimt sich, wie eine Faust auf ein Auge! Umgekehrt wird ein Schuch daraus! Das, was du dem Schneider abziehest, das kanst du ja dem Kinde zu etwas anders anlegen, und möchte wohl der Schneider, als der deinen Aberglauben vielleicht weiß, noch so viel fordern, so würde es deinem Kinde schlechtes Glück bringen, wenn du dem unbilligen Kerl woltest geben, was er fordert. Zwar ist ein Arbeiter seines Lohns werth; und so der Schneider nicht über die Gebühr Macher-Lohn fordert / so ists billig, daß ihm solches auch ohne Abbruch gereicht werde, und weiß ich nicht / was vor ein Seegen denjenigen begleiten soll / der alle Tage herrlich und in Freuden lebet, in kostbaren Kleidern sich aufführet, und sonst überall sich sehen lässet; aber wenn er einem armen Handwercksmann seinen wohlverdienten Lohn auszahlen soll, da muß dieser etliche Tage nach dem Bißgen Lohne lauffen, und vor der Stuben-Thüre aufwarten /ehe er einen Heller kriegt, und wenn er ja was bekömmt, so wird ihm an der schon einmahl bedungenen Arbeit noch wohl gnug abgezogen, also daß er seines Verdienstes weder satt noch froh wird? Aber wer sich von armen Handwercks-Leuten auf solche Art bereichern will, der ist ein rechter Blut-Hund. [199] Ich will zwar manchem stoltzen Schneider, als der manchmahl nicht weiß, wie er vor sein Bißgen Arbeit gnug soll fordern, das Wort hiermit nicht geredet haben; soferne seine Forderung aber der Christlichen Billigkeit gemäß ist, soll er auch darunter verstanden seyn. Was nun ferner den vorhabenden Punct anlanget, so weiß ich nicht, woher das Unglück kommen soll, wenn man dem Schneider viel abbricht? man wolle es denn also meynen, wenn nehmlich des Kindes Eltern so arm sind, daß sie die Noth treibet, dem Schneider viel abzubrechen, weil sie ihm die Forderung aus Unvermögen nicht zahlen können; da ist es freylich ein unglücklich Zeichen vors Kind, und wäre besser / die Eltern wären bey so viel Mitteln, daß sie ein so weniges nicht achteten. Alleine, es ist gar was rares, daß ein Reicher auch freygebig sey, denn der Reichthum ist insgemein mit dem Geitze verknüpfft. Hierbey kan ich nicht unbemercket lassen, was ich ohnlängst mit Fleiß an einem alten Schabe-Halß in Acht genommen habe / nehmlich, es war derselbe auf einem Ehren-Gelag, allwo denen Armen, denen Musicanten und dem Koche aufgeleget wurde. Weil ich nun wuste, daß dieser reiche Gast s.v. ein rechter Käse-Seicher (wie man solche Geitz-Hälse hier zu Lande nennet) war, gab ich mit Fleiß auf ihn Achtung, wurde aber mit grössester Verwunderung gewahr / wie geschickt und künstlich dieser Geitzhalß seine Sache zu tractiren wuste, daß es zwar schiene, als legte er was ansehnliches auf, allein weder die[200] Armen, noch die Musicanten bekamen von seinen Händen einen Heller, und wäre es dem Koche wohl auch also gegangen, wenn ich dieses nicht bey ein paar andern Gästen hätte offenbaret, die ihm zu genau Achtung gaben, daß er seine Practiquen nicht ins Werck richten kunte. Bey dieser Begebenheit gedachte ich an das Wort Christi: Die Kinder dieser Welt sind klüger, denn die Kinder des Lichts in ihrem Geschlechte. Und zweifele ich sehr, ob ein solcher reicher Schinder solte liberal seyn, und dem Schneider vor seines Kindes erstes Kleid am Macher-Lohne nichts abbrechen.


Wer muß aus Unvermögen dem Schneider viel ab, dingen, Da wird es Zweifels ohne dem Kinde nicht gelingen, Doch ist es GOtt gar leicht, und sind ihm schlechte Sachen, Wenn er aus arm will reich, und arm aus reich will machen.

Das 83. Capitel
Das 83. Capitel.
Wer im Garten oder auf dem Acker etwas säen will /der soll den Saamen nicht auf den Tisch legen / er gehet sonst nicht auf.

Dieses ist wahr, und auch nicht wahr. Wahr ists, wenn man den Saamen / es sey Weitzen, Korn oder Gerste, den man zu Saamen-Geträyde hat aufgehoben, dennoch aus Noth muß mahlen und backen lassen, so kömmt der Saame solchergestalt auf den Tisch, und wird [201] nimmermehr aufgehen; er kommt aber nicht in seiner Gestalt, als Saamen, sondern als Brodt auf den Tisch. Ingleichen / wenn man Erbsen, Linsen und dergleichen gekocht auf den Tisch setzt, so dienet solcher Saamen hernach freylich nicht zum Fortpflantzen oder Säen. Und auf diese Art und nicht anders hat der Urheber dieses Puncts solches Schertz-weise verstanden; es ist aber hernach von einfältigen Leuten im Ernst aufgenommen, und zu einen Aberglauben gemacht, auch auf alle andere Saamen gezogen worden. Alleine, ich versichere einen jedweden, daß, so der Saame, den er säen will, sonst nur zum Säen tüchtig ist, so mag er solchen gleich ein Viertel-Jahr auf dem Tische haben liegend gehabt, er wird nicht alleine wohl aufgehen / sondern auch aller Gebühr nach wachsen, wo ferne nicht durch andere Unfälle und übele Witterung derselbige Schaden leidet. Es mag auch wohl seyn /daß dieser Punct verstanden werden soll, daß, so lange der Saamen auf dem Tische lieget, oder wenn er auf dem Tische liegt, kan er nicht aufgehen; denn auf dem Tische gehet freylich keiner auf, aber bringe ihn hernach in die gebauete Erde, so wird er wohl aufgehen. Wilt du hinter die Wahrheit kommen, so versuchs.


Wer seinen Saamn zu Brodt läßt backen, Der darff darzu das Feld nicht hacken. So er ihn aber zu Saamn läßt liegen, So mag er auch das Feld umpflügen. So lang er auf dem Tisch bleibt stehen, Kan er nicht auf dem Feld aufgehen. Drum wirff den Saamen in das Land, So hast du ihn recht angewandt.

Das 84. Capitel
[202] Das 84. Capitel.
Wenn man nach dem Neuen Jahre zum ersten mahl bäckt / soll man so viel kleine Kuchen machen / als Personen im Hause sind / und iedem Kuchen einen Nahmen geben / auch mit dem Finger ein Loch eindrucken. Wenn die Kuchen backen / so bäckt sich das Loch dessen / der sterben soll / aus; wer aber nicht stirbt / dessen seines bleibt.

Es ersinnen sich die abergläubischen Weiber so viel Narren-Possen, daß es nicht sattsam kan beschrieben werden. Dieser ietzt vorhabende Punct ist aber sicherlich einer von den allereinfältigsten mit. Denn man bedencke nur, was das für alber Zeug ist! die Natur soll sich lassen Gewalt anthun, und sich schlechterdings nach der Weiber ihrem Willen und Gedancken schicken. Eben, wenn man zum ersten mahl nach dem Neuen Jahr bäckt, es sey 1. 2. 3. 4. 8. 14. oder mehr Tage hernach, (denn die Natur muß warten, biß den Weibern das Backen ankömmt, und wenn es ihnen gefället,) eben zu solcher Zeit / sagen sie, und zu keiner andern, muß die observation gemacht werden /wie der Titul dieses Capitels anweiset. Warum aber eben zu der Zeit, die doch keine gewisse Zeit ist, denn eine die bäckt den ersten Tag, die andere den 3. 6. 10. und mehr Tage nach dem Neuen Jahre; und dennoch muß einer jeden zu Gefallen die Natur eben zu [203] der Zeit, wenn dem lieben Weibe das Backen ankömmt, sich in den Teig, wie auch in das Feuer des Back-Ofens so wunderlich geben, und selbiges also ordnen, daß, ohnerachtet der Teig wohl unter einander gemenget und gekneten ist, dennoch das Weib eben das Klümpgen Teig von der völligen Maasse abrupffen kan, das eines ieglichen von der Familie im Hause seinen Tod oder Leben anzeigen kan. Möchte man sich doch fast todt wundern über die unvergleichlichen Erfindungen. Müssen die Weiber nicht ein Hauffen Kuchen haben gebacken, und Butter vertauscht /ehe sie hinter das Geheimniß kommen sind, und muß ich mich verwundern, daß sie diese Kunst nicht längst gar gefressen haben. Ich muß gestehen, daß bey so gestalten Sachen die Natur des Feuers und des Teiges zu der Zeit, wenn die Weiber zum ersten mahl nach dem Neuen Jahre backen, in der Liebe und affection gegen sie, mich weit übertreffen müsse / weil das Feuer sich gantz nach der Weiber Verlangen richtet, und eben deme seinen Kuchen, der selbiges Jahr sterben soll, das eingedruckte Loch ausbäckt, die Löcher aber in derer ihrer Kuchen, die lebend bleiben sollen, die bleiben. Zwar, was sag ich? ich rede confus Zeug, und weiß fast selbst nicht, wie ich die Sache verstehen soll; denn das Geheimniß ist mir zu hoch, und scheinet, als ob denen Weibern mehr Geschicke und Klugheit müste zugeschrieben werden, als der Natur selbst. Denn wenn ich die Sache hin und her überlege, so befinde ich, daß alles nur auf der Weiber [204] Willen ankomme, und ausser dem nichts geschicht. Wenn das Weib nicht will, so wird der Teig nicht eben in so viel Kuchen getheilet, als Personen im Hause sind. Wenn das Weib nicht gewolt hätte, so wäre der Teig nicht einmahl bereitet worden. Wenn das Weib nicht will, so wird nicht einem ieden Kuchen eine absonderliche Person aus dem Hause zugeeignet, und stehet hier die Sache bloß in des Weibes Gefallen, weme sie diesen oder jenen Kuchen zuschreiben will. Wenn das Weib nicht will, so wird nicht in ieden Kuchen ein Loch gemacht. Nur über das Feuer scheinet das Weib nicht Herr zu seyn / sondern muß sich dem Willen des Feuers übergeben, ob es dieses oder jenes Loch werde auspacken. Ihr abergläubischen Weiber! wenn ich an eurer Stelle wäre / so würde mir bey Betrachtung dessen bange werden. Es gehet gleichwohl, dem Ansehen nach, fast alles nach euerm Willen, biß es an das Feuer kömmt, das will seine Herrschafft über euch haben und behalten; drum rieth ich euch, ihr bedächtet euch wohl / und liesset von allem abergläubischen Wesen ab / ehe das höllische Feuer seine Herrschafft über euch ausübete. Denn wer heißt euch so fürwitzig seyn, mit euern Kuchen eines jeden Tod und Leben zu verkündigen, und manchem ohne Ursache bange, hingegen einen andern sicher zu machen? Meynet ihr, daß ihr solchen Fürwitz und Frevel so leicht bey GOtt werdet verantworten können? ich sorge leider! es wird schwer mit der Verantwortung hergehen.


[205]

Es kömmt euch ja nicht zu, daß ihr solt prophezeyen, Laßt ihr das Ding nicht nach, wirds euch zu spät gereuen. GOtt ists, der Leben giebt, GOtt heißt den Tod auch kommen, Daß er bring auf den Weg zum Himmel hin die Frommen. Die Bösen muß er zwar auch von der Erden raffen, Nur, daß sie Satan kan zu Lohn mit Feuer straffen. Drum untersteht euch nicht, fürwitzig zu errathen, Was GOtt vor sich behält; denn es sind böse Thaten.

Das 85. Capitel
Das 85. Capitel.
Wer ein Kind will tauffen lassen / der soll es / wenn es zur Tauffe getragen wird / zum Fenster hinaus stecken / so wird das Kind von keiner bösen Kranckheit Anstoß leiden / und lange leben.

Ich glaube, die Weiber wollen dem Tod und der Kranckheit ein hoccus poccus spielen mit ihren Kindern, daß sie die Kinder nicht zur Thür aus- und eintragen lassen, sondern stecken sie zum Fenster aus-und ein. Es ist aber Wunder, daß sie nicht zum Keller-Löchern damit heraus kriechen, und auch allda wieder hinein wandern, so könten sie hernach auf dem Kind-Tauff-Schmause desto füglicher des Hänßgens im Keller Gesundheit trincken! da würde kein Teufel nicht wissen, wer damit gemeynet wäre; denn vor der Geburt ist des Hänßgens im Keller Gesundheit ohne Zweifel auch getruncken worden, da denn die Kranckheit und der Tod wohl auf dieses Hänßgen in der Hauß-Thür werden gelauert [206] haben, daß sie dasselbe gewiß auf dem Wege nach der Tauffe antasten möchten. Wenn aber die Kranckheit und der Tod betrogen, und die Kinder zum Keller-Löchern aus- und eingesteckt, auch Hänßgens im Keller Gesundheit noch ferner getruncken würde / so würden die Kranckheit und der Tod nicht wissen, wie sie dran wären und endlich verdrüßlich werden, so lange zu warten, auch zuletzt gar davon gehen, und also das Kind vor Kranckheit und Tod gantz frey bleiben können. Wie meynet ihr nun, ihr sinnreichen Weiber! solte dieses nicht rathsamer seyn, als mit dem durchs Fenster stecken? Zwar, als ich vorm Jahre eine Weh-Mutter deswegen fragte, und diesen Vorschlag mit dem Keller-Loche that, wurde ich von ihr höhnisch verlacht, und mit der Rede abgewiesen: Warum nicht zu der Feuermäuer hinaus? es gehört sich durchs Fenster; und damit hatte ich meinen Bescheid. Wenn es denn nun durchs Fenster seyn muß, so möget ihr immer dabey bleiben, ich will durch die ordentliche Thüre ein- und ausgehen; denn wer anderswo hinein steiget, der ist ein Dieb und ein Mörder. Sehet, oder überleget aber doch nur, was ihr mit euern Kindern vor thöricht Zeug fürnehmet! meynet ihr denn nicht, daß, so GOttes Güte nicht allzugroß wäre, der gerechte GOtt eure Thorheit an euern Kindern zu straffen guten Fug hätte, und zwar also, daß / weil ihr die Gauckeley um deßwillen fürnehmet, daß eure Kinder nicht sollen kranck werden, oder an einiger Kranckheit bald sterben, sie Diebe würden, [207] und zum Fenstern aus- und einstiegen / wie ihr sie schon vor ihrer Tauffe zu ihrer Verwahrlosung also angewiesen hättet, worauf denn folget ein solcher Tod, der nicht durch Kranckheit verursacht / sondern vom Hencker am Galgen oder Rade befördert wird. Oder meynet ihr denn, wenn ja eure Kinder alt würden, welches ihr doch nicht erfahren könnet, weil ihr so lange selbst nicht lebet / meynet ihr denn, sage ich, daß eurer Kinder Alter von eurer Gauckeley und Fensterstecken herkomme? giebt es denn nicht mehr alte Leute, mit denen in ihrer Kindheit solche Narren-Possen nicht sind vorgenommen worden? wie könnet ihr denn wissen, daß hiervon eure Kinder ein hohes Alter erlangen werden? Das vierdte Gebot hat die Verheissung zum langen Leben; von euren Narren-Possen ist aber kurtzum nichts zu halten.


Wollt ihr den Kindern so ein langes Leben schaffen, So wird sie desto eh GOtt von der Erden raffen. Zieht sie auf in der Zucht, vermahnet sie zum HErrn, Daß sie GOtt fürchten stets, und euch gehorchen gern, So gehets ihnen wohl; alsdenn auch das geschicht, Was im vierdten Gebot GOtt ihnen selbst verspricht.

Das 86. Capitel
Das 86. Capitel.
Wenn iemand etwas erzehlet / und nieset darzu / oder es nieset ein anders / das dabey stehet / so ist die Erzehlung wahr.

Ey! die Erfahrung weisets zum öfftern aus, wie schöne dieses Pünctgen wahr sey, oder [208] eintreffe. Manche alte Avisen-Trödlerin setzt sich, erzehlet eine alte Geschichte, und nieset darzu, darneben entfähret ihr noch ein Wörtgen von hinten / das weder Sylbe noch Buchstaben hat, alsdenn heißt es: Ich beniese es, es ist wahr. Ja, es ist wohl wahr, daß sie es benieset hat, und der Hinterste hats auch mit seinem Echo bekräfftiget; aber das, was sie erzehlet hat, bleibet doch wohl eine Lügen oder Mährlein. Das Niesen ist ja gar eine gemeine Begebenheit, das sich täglich an Million tausend Oertern zuträgt. Wenn nun aber eine Lügen erzehlet wird, u. es nieset ohngefehr iemand, der dabey ist, wie solte doch das Niesen die Lügen wahr machen können? oder aber, meynet ihr, daß die Lügen das Niesen unterbrechen? das wäre was neues, und dürfften auf solche Weise die Lügen ein gut remedium wider den Schnupffen seyn. Daß dieses aber nicht so sey, kan ich daraus schliessen, weil manche alte Vettel viel alte erlogene Geschichte zu erzehlen weiß, welche sich niemahls begeben haben, und darneben immer mit Wischung der trieffenden Nasen zu thun hat. Dannenhero kan ich nicht begreiffen, aus was für einem Fundament diese Meynung entstanden seyn mag, daß durch das Niesen eine Erzehlung gleichsam recht kräfftig werde, oder daß das Niesen gleichsam das Siegel oder das gewisse eigentliche Zeichen der wahrhafftigen Erzehlung sey.


Wenn manche sich hat dichte derb gelogen, Kömmt eine mit dem Niesen aufgezogen, Denn heißts: Die Frau beniest, es ist wahr; Und das ist der Beweiß der Lügen gar.

Das 87. Capitel
[209] Das 87. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn ihrer zwey an einem Kinde wiegen.

Es ist eines so gut und so schlimm / als das andere; nehmlich, wenn zwey an einem Kinde, oder auch, wenn eines an zwey Kindern wieget. Wenn zwey an einem Kinde wiegen, so mag es wohl deswegen nicht gut seyn, weil es eine Anzeigung ist, daß eines zum Uberfluß dabey sitzt und wieget, welches wohl etwas anders verrichten könte, und wie es im Sprichwort lautet: Viel Hirten, übel gehütet; also ist kein Zweifel, daß ihrer zwey ein Kind schlimmer werden wiegen, als wenn es nur eines thäte. Denn wo nur eines zur Wartung des Kindes bestellet ist, so wird es auch sorgen, wie es das Kind gebührend warte; wo aber ihrer zwey sind, da verlässet sich immer eines auf das andere, und wenn etwas versehen wird, will keines die Schuld haben. Also ists nicht gut, wenn ihrer zwey an einem Kinde wiegen; denn es ist ein Uberfluß, und wird ein fauler Müßiggänger dabey ernehret, anderer dergleichen Ursachen zu geschweigen, derer aber die abergläubischen Weiber keiner mit einem Worte gedencken / sondern schlechterdings in dem albern Wahn stehen, als wäre das die rechte Ursach, daß nehmlich hiermit ein Kind aus seiner Ruhe gebracht würde; Aber hierinnen kan ich ihnen ohnmöglich Recht geben, es sey denn mit der Condition, wenn nehmlich ein paar faule [210] Klatschen sich an eine Wiege setzen, und einen Waschmarckt aufschlagen, einander allerhand Geschichte von guten Cordisyen und dergleichen erzehlen / auch dabey zuweilen einen Lach aufschlagen, und darzu juchzen, als eine Armee Türcken oder Pohlen, wenn sie ein Feld-Geschrey machen. Mit dieser Bedingung lasse ichs seyn, daß ein Kind aus seiner Ruhe gebracht werde; welches aber nicht die Ursache des doppelten Wiegens, sondern des starcken Geschreyes und Gelächters ist, ausser welchem das doppelte Wiegen dem Kinde die Ruhe nicht nehmen kan. Ubrigens aber ist das doppelte Wiegen allerdings nicht gut, weil es eine Arbeit ist, die eine Person alleine gar gut gemachsam verrichten kan. Hingegen ists auch nicht gut / wenn eine Person zugleich zwey Kinder wiegen muß, welches sich insgemein bey armen Leuten zuträgt, wenn nehmlich GOtt entweder Zwillinge bescheret, oder auch, wenn ein Kind noch kaum etliche Wochen alt ist / und das ältere auch noch nicht lauffen kan, und darbey kranck ist, daß es muß gewieget werden, die Eltern aber aus Armuth niemanden halten können, der ein Kind warte, und sich also die Mutter alleine mit zweyen Kindern plagen muß. Also ist nicht gut, eine zweymännische Wiege, man verstehe nun, daß zwey Personen an einer Wiege wiegen, oder daß zwey Kinder zugleich drinnen liegen. Noch weniger kan es gut seyn, wenn das Kind so groß wäre / das gewieget würde, daß es auch eine so grosse Wiege erforderte, die eine Person alleine [211] nicht erziehen könte, und dahero ihrer zwey daran ziehen müsten; wiewohl ich selbst noch keine dergleichen gesehen habe.


Zweymännsche Schlitten kenn ich zwar, Und auch zweymännsche Betten; Jedoch wolt ich fast wetten, Verpflichte mich auch gantz und gar, Wenn ein Kind drey Ellen lang Solt in einer Wiegen Ausgestrecket liegen, Eben, als auf einer Banck, Daß zwo faule Trompen Müsten daran pompen. (i.e. wiegen.)

Das 88. Capitel
Das 88. Capitel.
Das Stroh / darauf man geschlaffen hat / soll man nicht verbrennen / sonsten kan man nicht ruhen.

Hier reden die Weiber gleichwohl einmahl, damit sie bestehen können. Denn auf der Aschen wird sichs so ruhig nicht schlaffen, als auf dem Stroh; oder / wenn iemand auf dem Stroh, darauf er geschlaffen hätte, liegen bliebe, und wolte noch ferner darauf ruhen, es käme aber ein anderer und zündete das Stroh unter ihm an, da würde ihm sicherlich die Ruhe vergehen, und er würde sich geschwinde nach der Flucht umsehen. Stroh ist in einem Bette das vornehmste, und müste einer viel Betten unter sich haben / wenn er darauf wohl will liegen und ruhen, so ferne nicht auch Stroh untergebreitet ist. Wenn aber die Streue vom Stroh gut ist, so mag leicht ein Bette noch drauf kommen, so wird [212] das Lager geruhig, und läst sich gut darauf schlaffen. Hätte nun einer kein ander Bett noch Stroh, als ein solches, und er wolte doch das Stroh verbrennen, worauf wolte er denn hernach ruhen? Gewiß würde es ihme beschwerlich gnug vorkommen, wenn er (zumahl, da er dergleichen nicht gewohnet wäre) solte Scamnum decliniren lernen. Ey, wie eine verdrießliche Mine würde er machen, wenn er wider seinen Willen das Ende dieses Gesängleins: Allemahl, allmahl geht es so zu, habn wir kein Bette, so schlaffn wir aufm Stroh; habn wir kein Stroh, so schlaffn wir also, (ie wie denn? Auf der harten Banck, weil das Stroh verbrannt ist) und tantzen in seidenen Strümpffen / anstimmen müste. Es es hat sich wohl getantzt, wenn man auf der harten Banck gelegen hat. Jedoch fragt mancher frischer Stutzer auch nicht viel darnach, ja ich wolte fast selber lieber auf einer reinen Banck liegen, als auf unreinem Stroh, in welchem man die Läuse und Flöh s.v. rauschen höret. Wer nun irgend auf dergleichen halblebenden Stroh geschlaffen hat, und weiß ein reines und bessers, der lasse das lausichte ohne Sorgen verbrennen, ich versichere einen ieden, daß auf solche Weise ihm an seiner Ruhe, um des verbrannten Strohes willen, nichts abgehen werde. Die abergläubischen Weiber mögen nun mit mir einstimmig seyn oder nicht / gnug / daß ich ihnen im Anfange habe Recht gegeben.


Wer das Stroh braucht zu der Ruh, Hats allein, kein Bett darzu, [213] Und wird ihm das Stroh verbrannt, Wenn er keins mehr hat zur Hand, Dem gehts eben, wie dem Schwein, Das im Koth muß ruhig seyn.

Das 89. Capitel
Das 89. Capitel.
Wer in der Kirchen kranck wird / der geneset nicht leicht / sondern muß sterben.

Das ist einiger alten Vetteln ihre Meynung, ohne, daß sie wissen, woher diese Sache ihren Ursprung herhaben möge; wie sie sich denn auch niemahls um die rechte Ursach einer Sache bekümmern, sondern vergnügen sich mit dem blossen Vorgeben, es mag hernach erwiesen werden, wie es wolle. Diesen Punct können sich die unfleißigen Kirchengänger hauptsächlich zur Ursach ihres Aussenbleibens bedienen. Denn wenn es so mißlich um die Genesung eines Patienten, der in der Kirchen kranck worden / stehet, wer will denn gern in die Kirche gehen? Weit davon ist gut für dem Schuß; wenn der Tod in der Kirchen seine Pfeile so gern auf einen schiesset, so kan man ja wohl daraus bleiben; denn wer sich in die Gefahr begiebt, der kömmt darinnen um, möchte mancher leichtfertiger verwegener Mensch nach diesem bösen Vorgeben sich vernehmen lassen. Jener liederliche Flegel sagte: Die Kirche wäre von Kalck, und der Teufel ein Schalck, sie möchte einfallen, und ihm erschlagen, darum wolle er lieber zu Hause bleiben. Monsieur Korn-Hammer hat seinen Willen; ich aber will ohne Sorge hinein gehen, und unterdessen [214] diesen Punct ein klein wenig durch ein ander Perspectiv betrachten, oder mit etwas Theologischen Augen anschauen, auf welche Art ich denn gewahr werde, daß wer diesen Punct behaupten will, denselben auf eine geistliche Weise erklären muß, nehmlich: Wer in der Kirche kranck wird, verstehe kranck am Glauben und der reinen Evangelischen Lehre, und gehet also kranck heraus, irgend nach denen papistischen Qvacksalbern sich allda curiren zu lassen, der geneset freylich nicht leicht, sondern muß des ewigen Todes sterben; es sey denn, daß GOtt ein solch kranck und verirret Schaaf aus Gnaden wieder holete. Wer also geistlicher Weise diesen Canon betrachten will, der dürffte noch eher bestehen, als die alten Vetteln, die mit Fleiß nicht gern in den Tempel / oder das irrdische Gebäu, und an den Ort, wo GOttes Ehre wohnet, gehen, in Besorgung, daß sie allda möchten kranck werden, und hernach nicht genesen können, da sie sich doch dessen im geringsten nicht zu befahren hätten; denn die Meynung, so sie dißfalls haben, rühret einig und allein vom Teufel her, als welcher die Menschen viel lieber im Sauff-Hur-Spiel-Hause, und auf der sündlichen Handels-Börse siehet, als im Hause GOttes; und so es auch in des Satans Gewalt und Willen stünde / so würde er wenig fromme Christen lebendig aus der Kirche gehen lassen.


Auf die Gefahr will ichs wagen, Trotz dem Tod und Teufel! Denn was alte Vetteln sagen, Das ist lauter Zweifel. [215] Die Erfahrung lehret täglich, Daß die auch genesen, Welche vorher kranck und sehr siech In der Kirch gewesen.

Das 90. Capitel
Das 90. Capitel.
Wer den Zunder mit den Fingern anrühret / dem fängt er nicht.

Hier reden die Weiber abermahl wahr, und wenn sie also in der Wahrheit fortfahren werden, so werde ich, wider meinen gefasseten Vorsatz, mir eine andere resolution fassen müssen, und ihnen allen mit einander durch die Banck meine affection mitzutheilen mich schuldig finden. Was könte wohl gewisser seyn, als dieses, wenn man den Zunder mit den Fingern anrühret, so fängt er nicht? Ist eben so gewiß, als wenn man den Saamen auf den Tisch leget, so gehet er nicht auf. Denn ich habe mein Lebetage noch nicht erfahren, daß einer mit den Fingern hätte den Zunder angezündet, sondern hat müssen Stein und Stahl zusammen über dem Zunder schlagen, daß die Funcken davon hineingefallen sind; so lange aber einer Stein und Stahl zusammen schlägt, kan er den Zunder nicht angreiffen, weil er in einer Hand den Stein / und in der andern den Stahl hält; hingegen, wenn einer in dem Zunder mit den Fingern rühret, so kan er zugleich nicht Feuer hinein schlagen; also bleibet dieser Punct unwidersprechlich wahr. Wer ihn aber anders verstehen will, und stehet in dem albern Wahn, als ob der[216] Zunder, den man mit denen Fingern berühret hätte, hernach ferner kein Feuer fienge, der erweiset hiermit / daß er in die Classe derer abergläubischen Narren gehöre. Denn man wird den Zunder nicht mit der Ofen- oder Mist-Gabel in das Feuer-Zeug thun / sondern man greifft ihn ja mit denen Fingern und Händen an; wiewohl ich auch zum öfftern wahrgenommen habe / daß die Mägde / wenn sie Zunder gebrannt haben, die Hadern mit einem Holtz oder mit der Feuer-Zange übers Licht gehalten, und mit dem Deckel ausgedruckt / daß sie es nicht mit denen Fingern angegriffen haben; allein, dieses geschicht ohne Zweifel, daß sie sich nicht an die Finger brennen wollen. Denn wenn ich dargegen andern Zunder, welcher gewöhnlicher Massen in kleinen Ruß-Böttgen verkauftt wird, betrachte, so wird derselbe wohl schwerlich selbst in die Böttgen gelauffen, vielweniger darinnen gebrannt worden seyn, sondern er wird mit Händen angegriffen, und hinein seyn gefüllet worden; dahero das Angreiffen dem Zunder nichts schadet, es sey denn, daß einer nasse, fette / oder andere besudelte Hände hätte, womit der Zunder unbrauchbar gemacht werden könte; mit reinen Fingern oder Händen aber schadet es dem Zunder im geringsten nichts. Uber diß gebe ich noch zu bedencken, wie ja der bekannte Feuer-Schwamm, samt dem Feuer-Steine, in eine Hand, und in die andere ein Stahl genommen, und also gar geschwinde Feuer geschlagen wird; worüber ich alle Tobacks-Brüder will zu Zeugen [217] angeruffen haben. Was ist aber der Feuer-Schwamm anders, als Zunder? Also mögen sich die Weiber erst recht expliciren, wie sie eigentlich diesen Punct verstehen; widrigen Falls werden sie mich nicht verdencken, wenn ich ihn mit unter die abergläubischen Fratzen setze.


Wie offt geschicht es doch, daß man wohl mit den Händen Den Zunder in dem Zeug gar viel mahl muß umwenden, Daß desto leichter ihn die Funcken können zünden: Drum kan an diesem Punct ich auch nichts wahres finden.

Das 91. Capitel
Das 91. Capitel.
Wenn man Käse auf dem Tisch-Tuche schabet / so werden einem die Leute gram.

Als ich einsmahls, als ein Junge, bey meinem damahligen Herrn den Tisch decken, und die Speise auftragen muste, kam es unter andern auch an die Butter und Käse; weil aber diesen letzten unsere damahlige nicht gar zu saubere Köchin nicht abgeputzet hatte, fragte mich mein Herr, ob ich wüste, was eine garstige säuische Magd vom Käse schabete? Ich war alsbald mit der Antwort fertig, und sagte: Koth. Mein Herr aber sagte: Nein, sie schabt nichts herab, sondern lässet den Koth daran; denn wenn sie nicht eine säuische Magd wäre, schickte sie den Käse nicht so säuisch auf den Tisch. Also lernete ich, was eine säuische Magd vom Käse schabet, [218] nehmlich nichts. Und auf gleiche Weise verfahren auch die garstigen Sauhämmel, theils heßliche Weiber, mit dem Käse, und bringen ihn zuweilen auf den Tisch, daß dem Hencker davor grauen möchte / wie er aussiehet, also, daß derjenige, der etwas davon zu essen verlanget, den daran klebenden Unflath über Tisch erst abschaben, und gemeiniglich das Tisch-Tuch damit besudeln muß. So nun irgend die unflätige Frau Hauß-Wirthin, oder die säuische Magd, keinen Käse isset, so wird sie gewißlich dem, der das Tisch-Tuch mit dem stinckenden Käse-Schaben besudelt hat, keine Liebe um seiner Arbeit willen zuwerffen, sondern vielmehr mit einem finstern Gesichte und flähmischen Mine belohnen. Ich kan selbst nicht läugnen, daß ich niemanden gar grosse Gunst mittheilen würde, der ein aufgedeckt Tisch-Tuch mit dem abgeschabten von einem stinckenden Käse besudeln würde; ohnerachtet ich doch selbst ein grosser Liebhaber des Käses bin. Wenn ich aber gleichwohl die Haupt-Ursach / woher eine solche Feindschafft komme, die auf den geworffen wird, der den Käse aufs Tisch-Tuch schabet, betrachte, so befinde ich, daß derjenige die Feindschafft keinesweges verdienet, der den Käse aufs Tisch-Tuch schabet, sondern das Weib oder die Magd, welche den Käse ungeschabt auf den Tisch gesetzt. Denn hätte sie den Käse in der Küchen vorher geschabt, so dürffte er nicht erst mit Besudelung des Tisch-Tuchs über den Tisch geschabet werden. Wenn auch ein Weib selbst, oder eine Magd, den Käse aufs [219] Tisch-Tuch schabete, so würde sie billig verdienen, daß ihr die Leute gram würden, weil die Dreck-Sau solche Arbeit in der Küchen, und nicht auf dem Tisch-Tuche, verrichten solte. Dahero mögen die garstigen Weiber und Mägde ein ander mahl die Käse fein schaben, ehe sie solche auf den Tisch tragen, oder man wird ihnen zu Ehren nach der Mahlzeit folgendes Liedlein anstimmen:


1.
Es sind theils Weiber wohl recht heßlich-garstge Schweine,
Wenn sie die Löffel nicht zur Suppe halten reine;
Die Speise, die man hat verzehrt vor vierzehn Tagen,
Wird offt gantz angedorrt in Löffeln aufgetragen.
2.
Am Rand der Schüssel hängt noch Speise von drey Wochen,
Die Pflaumen können sie in Kammer-Töpffen kochen,
Meerrettig wird versaltzt mit Tropffen von der Nasen,
Der Teig zum Brodte wird mit Wasser aus der Blasen,
3.
Da aller Koth und Brack wird täglich nein gewaschen,
Stets säuisch eingemacht; sind das nicht garstge Taschen,
Wenn sie das saure Kraut mit den beschmierten Füssen
Ins alte Tröber-Faß fein einzutreten wissen?
4.
Pfuy Teufel! wem wolt nicht für solchen garstgen Sauen
Recht eckeln, und darzu für ihren Händen grauen.
Wenn sie voll Krätz und Gründ den Teig zum Kuchen tanschen,
Und sonsten überall damit im Essen manschen?
5.
Wenn ihnen um dem Kopff, nach garstger Schweine Weise,
[220]
Die Haare hangen stets, auch wohl voll Nüß und Läuse.
Wenn man fein dick den Staub auf Tellern und auf Krügen,
Ingleichen Fliegen-Koth, sieht auf den Schüsseln liegē.
6.
Die Käse, die voll Haar, voll Koth und Unflat kleben,
Sie tragen ungeschabt zu Tische hin, und geben
Die Butter auch darzu, worauf die Flöhe wimmeln.
Eh kömmt die Wurst zu Tisch, muß sie erst recht verschimmeln.
7.
Der andern Säuerey will ich ietzt nicht gedencken,
Ich möchte sonst zu sehr, wem eckelt, damit kräncken.
Genug, daß ich damit theils garstger Weiber Leben
Schon sattsam hab allhier ans Tage-Licht gegeben.
Das 92. Capitel
Das 92. Capitel.
Wer viel schimmlicht Brodt isset / der wird alt.

Und wer viel Geld findet, der wird reich. Die Ziegeuner sagen: Du lange lebest, du alt wirst. Aber hier heists: Wer viel Schimmel isset, der wird alt; und dieses kan auch wohl seyn. Denn wenn mancher nur seinen eintzigen feinen grossen Schimmel, oder schimmlichen Karn-Gaul verzehren solte / er würde wohl eine Weile damit zu thun haben, geschweige, wenn einer viel dergleichen Schimmel essen würde. Schimmlicht Brodt, schimmlicht Brodt, und nicht schimmlichte Pferde müssens seyn! also höre ich eine Traum-Deuterin hinter dem Ofen hervor ruffen. Ja, ja, du altes Müttergen, ich höre es gar wohl: und bin, GOtt Lob! nicht blind, [221] und was sag ich vom blind seyn? hilfft doch das schimmlichte Brodt auch davor; denn ihr sprecht ja, wer schimmlicht Brodt esse, der bekomme helle Augen; weil ihr es denn sprecht, so muß es ja wohl auch wahr seyn. Ich will mich aber bey dieser Augen-Cur nicht lange verweilen, sondern wende mich zum Alterthum. Dieses soll nun, der alten Weiber Vorgeben nach, durch Essung des schimmlichten Brods zuwege gebracht werden können. Weil es denn alte Weiber sagen, so scheinets / daß sie ihr Alter auch davon erhalten haben mögen, sonst würden sie dieses Mittel nicht so zu recommendiren wissen; wiewohl ich vielmehr dafür halte, daß die guten Müttergen die jungen Leute nur um deßwillen dieses bereden wollen, auf daß diese ihnen ihr altes verschimmeltes Brod sollen verzehren helffen, und bessers davor geben. Es kan auch wohl seyn / daß die Eltern zur Zeit / wenn das Brod schimmlicht worden / ihre Kinder und Gesinde mit dieser Vertröstung nur beschwatzen wollen, das verschimmelte Brod zu essen, damit es nicht gäntzlich umkommen oder verderben möchte. Das scheinet wohl gewiß zu seyn, daß es etwas gutes bedeutet, wo das Brod schimmlicht wird, denn bey armen Leuten / die Mit-Esser haben / und aus Unvermögenheit keinen grossen Vorrath backen können, da wird das Brod nicht leicht schimmlicht, sondern bey Zeiten verzehret. Daß aber das schimmlichte Brod ein langes Leben befördern solle, da gehöret noch mehr als ein schlechter Köhler-Glaube darzu.


[222]

Wer isset schimmlicht Brodt biß neun und neunzig Jahr, Den hält man wohl für alt, und ist auch sicher wahr. Jedoch verschimmelt Brodt hilfft nicht zum Alterthum, Und legt man diesem bey vergeblich solchen Ruhm.

Das 93. Capitel
Das 93. Capitel.
Wenn ein Mann sein Messer anderswo / als auf dem ordentlichen Wetz- oder Schleiff-Steine wetzet / so entstehet Zanck oder Streit im Hause.

Diesen Fratzen habe ich zwar sehr offt gehöret, aber doch in genere von eines ieden Messer-Wetzen ausserhalb des Wetzsteines; ich habe aber nur diese Tage von einer sorgfältigen Weibs-Person vernommen, daß dieser Punct in specie den Hauß-Wirth angienge, wenn dieser sein Messer irgend an einer Kachel, an der Schuh-Sohle, Thür-Schwelle / oder sonst an etwas anders, und nicht auf dem im Hause befindlichen Wetz- oder Schleiff Stein wetzete. Mit diesem Vorgeben gab mir diese Weibs-Person so viel zu bedencken, daß in diesem Punct nicht ein natürlich schneidend Messer, noch ein natürlicher Wetzstein / sondern nur unter diesem Nahmen etwas anders verstanden werde, und zwar auf die Art, als wie man ein Rätzel verstehet. Wiewohl ich nun aber nicht eben sagen will, ob hätte ich ohnfehlbar das rechte Pflöckgen getroffen, so wird es auch nicht fehlen, wenn ich sage, es gehe die Meynung dieses Puncts dahin / daß wenn der Mann sich mit seinem ordentlichen Weibe nicht vergnügte, sondern gieng [223] an andere Weiber herum naschen; welches so viel heissen kan, als er wetzet sein Messer nicht auf dem ordentlichen Wetzsteine. Wenn es denn also zugehet, so ist bekannt, wie mancher Zanck und Streit daraus entstehet, und thut ein ehrlich Weib auch gar recht, wenn sie nicht leidet, daß ihr Mann sein Messer an andern Kacheln und allerhand garstigen Frantzösischen Feld-Flaschen wetzen will. Denn man hat wohl ehemahls erfahren, daß wenn ein Barbierer sein Scheer-Messer auf einer unrechten Leder-Feyle (diese führen zwar nur die Bader) oder Streich-Riemen gestrichen, er hernach wohl dem, welchen er damit barbirt oder geschoren hat, ein grindicht Gesicht gemacht hat. Derowegen eyffern die Weiber gantz billich, wenn ihre Männer nicht auf ihren eigenen Schleiff-Mühlen schleiffen. Dargegen aber möchten theils Weiber auch ihrer Schleiff-Mühle nicht generis communis oder gar generis omnis seyn, so müste mancher Näscher zu Hause in seiner Mühle bleiben, und würde so mancher Zanck und Streit ja manche Prügel-Suppē unangerichtet unterbleiben. Merckts!


Wenn ein Schleiffee sein Messer wetzt auf einem fremden Stein, So kan es ja der Schleifferin nicht wohl gefällig seyn, Und entsteht zu beyden Seiten Alsobald ein Zanck und Streiten.

Das 94. Capitel
Das 94. Capitel.
Wer am Weyhnacht- oder Christ-Abend keine Bohnen isset / der wird zum Esel.

[224] Was schadt es? gilt doch heute zu Tage ein reicher Esel mehr, als ein armer Doctor. Jetziger Zeit, da man nicht mehr nach Erbarkeit viel fragt, sondern nur, ob einer ein gut Vermögen habe, da muß mancher geschickter / ja auch wohl mancher grundgelehrter erfahrner Mann mit Erbsen und Bohnen vorlieb nehmen, davon er zwar den Trost behält, daß er um solcher geringen Speise willen nicht zum Esel wird /(denn Bohnen sind ein gewöhnliches Pferde-Futter,) er wird aber im übrigen wenig geachtet, weil er vor so viel im Wege stehenden und mit Geld-Säcken beladenen Eseln nicht kan an das Bret kommen. Wie geschicht aber denen Weibs-Personen / die keine Bohnen essen? soll denn aus einem Fœminino ein Masculinum werden, und ein Weib in einen Esel sich verwandeln? da würde die Natur allzu grosse Gewalt leiden müssen. Derowegen erachte ich, daß die Verwandelung nur in den Worten, Nahmen und Benennung bestehen mag, dahero es vielleicht also wird verstanden werden, wenn die Frau vorhero hat Elisabeth geheissen / so heist sie hernach, wenn sie keine Bohnen isset, Else / das ist, per Anagramma, Esel. Nehme ich den Esel in lateinischer Sprache, so kan ich zwar wenig mit ihme schwatzen, weil ich allzeit am meisten auf meine Mutter-Sprache gehalten habe; iedoch mercke ich gleichwohl, daß er sich verwandeln lasse auch in lateinischer Sprache / wenn man Asinus per Anagramma [225] is Anus lieset. Aber was ist is Anus? Resp. Es ist ein alt Weib. Ja, weit gefehlt! wohl geziehlet, aber übel getroffen, werden hier einige sagen. Denn, is, ea, id is, cujus generis? Antwort Generis Masculini. Ergo kan Anus nicht ein alt Weib seyn, sondern es wird wohl was anders seyn, und hat es das Ansehen, als ob ich mit meinem Küchen-Latein gar wolte s.h. in den Hintern gerathen. Ach nein / dahin lasse ich mich noch nicht treiben, sondern beruffe mich auf etliche Cardinäle, welche den Cardinal Bona zum Pabst vorschlugen, ohnerachtet einsmahls des Morgens am Pasquino ein Zettel gefunden wurde, worauf zu Rom geschrieben war: Papa Bona wäre kein gut Latein, weil Papa generis Masculini, bona aber generis Fœminini wäre. Und was frage ich denn auch darnach, ob gleich einige Griebler mir meinAnus oder alt Weib, aus der vierdten Declination wieder zurück in die andere, ja gar s.v. in podicem schieben und verwandeln wollen? Ich folge diesen Grieblern doch nicht nach, sondern bleibe bey meinem alten Weibe; kehre derowegen lieber das is um, und wenn es nicht soll is Anus heissen, so mag es si Anus heissen, so behalte ich doch recht. Ich muß aber auch an die Erfinder dieses Puncts eine Frage thun, warum denn eben am Christ-Abend die Bohnen müssen gegessen werden, wenn man nicht zum Esel werden will? und warum nicht lieber am Palm-Sonntage, da von einer alten Eselin und jungen Füelln gehandelt wird? welches ja [226] bessere Gelegenheit gäbe, um der Eselin willen, auch die Weiber mit darzu zu rechnen, weil es fast scheinet, daß zu Weyhnacht Zeit die Weiber nicht mit Esel würden, indem Asinus per anagramma is Anus, sich so schwer will aufs alte Weib ziehen lassen? Ja, weil doch die Weiber selbst die Erfinder dieses Puncts zu seyn scheinen, so frage ich ferner, ob sie denn viel Exempel wissen, daß diejenigen sind zu Eseln worden, die am Christ-Abend nicht haben Bohnen gessen? Ich glaube aber, die guten Weiber haben / weil sie Bohnen oder Erbsen gegessen, durch die Hülsen gegucket, und Menschen vor Esel angesehen; denn wenn ich gantz Sachsen-Land ausgienge, und deßwegen Nachfrage hielte / so zweifele ich doch, ob iemand würde angetroffen werden, der einen solchen Esel gesehen haben würde. Wolten sie sagen, der Esel bey dem Krippelein zu Bettlehem wäre also verwandelt worden, so müssen sie es erst erweisen, weil ich davon noch nichts gehöret noch gelesen habe, unterdessen mag dieser Punct ein närrischer Aberglaube bleiben.

Das 95. Capitel
Das 95. Capitel.
Wer am Grünen Donnerstage nicht neunerley Kraut isset / der krieget das Fieber.

Das läßt sich fast noch eher glauben, als das vorgehende, denn es heist: In verbis, herbis, [227] lapidibus, est magna virtus; und weil es hier 9erley Kräuter seyn sollen, so kan es nicht fehlen, es muß nach dem Spruche ergehen, in herbis est magna virtus. Man sagt sonst, alle gute Dinge müssen dreye seyn. Hier aber wird 3. mit 3. multipliciret, und 3. mahl 3. zusammen genommen / also, wenn eine 3. nicht hilfft / so hilfft die andere; hilfft diese auch nicht, so muß die dritte helffen, sie mag wollen oder nicht. Nur kan ich mich darein nicht finden, was doch der Grüne-Donnerstag vor Verwandtschafft mit dem Fieber habe, daß eben an diesem Tage, das neunfache grüne Kraut soll verwehren daß einer, der davon isset, das Fieber nicht bekommen könne? hingegen, wer keines isset, der bekomme das Fieber. Hat denn dieser Tag irgend sonderliche Gewalt über das Fieber, weil auch sonst schon an einem andern Ort ist gemeldet worden, daß die Grüne-Donnerstags-Bretzeln sollen gut vor das Fieber seyn? Hat sich denn irgend die Kranckheit, so das Fieber genennet wird, eben an dem Donnerstage, da unser HErr Christus das H. Abendmahl eingesetzet hat, zum ersten entsponnen? das müste man mir erst darthun; und ob es auch so wäre, so folget ja nicht, daß allezeit oder alle Jahre hernach an diesem Gedächtniß Tage, durch Essung neunerley grünes Krauts / die Gewalt des Fiebers aufs gantze Jahr gehemmt, hingegen / bey Entstehung solches Grün-Kraut-Essens, das Fieber erreget werde. Es gehen aber sicherlich die abergläubischen [228] Weiber sehr vorsichtig und sorgfältig in ihrer Philosophie; denn sie wissen, daß manch Jahr Ostern und der Grüne-Donnerstag gar früh einfället, da es noch kalt ist, und da nicht wohl neunerley Kraut zu bekommen ist. Dieser Mangel aber wird von ihnen ersetzt mit Bretzeln. Wie sie aber die Bretzeln mit neunerley Kraut vergleichen können, das mag ein Klügerer errathen / denn mir ist dieses Geheimniß zu krumm gebacken worden. Soll ich aber meine Gedancken hiervon offenhertzig entdecken, so kan ich nicht anders sagen, als daß die Sache so wohl mit denen Bretzeln, als mit dem grünen Kraute, erlogen sey. Denn wie viel hundert Exempel sind offenbar, daß viele das Fieber bekommen / die doch am Grünen Donnerstage haben Grün-Kraut gegessen; hingegen bleiben sehr viele vom Fieber frey, die weder Grün-Kraut noch Bretzeln gegessen haben.


Schüttelt dich das Fieber, schauert dir die Haut, Mache du zu Pulver Tausendgülden Kraut, Cordobenedicten, Scharlach, Scordium, Eisen Kraut und Wermuth, Erdrauch mit der Blum, Wasserklee, ingleichen Roßmarin darbey, Diese Kräuter alle sind ja neunerley; Nimm sie ein in Weine, deck dich wacker zu, So läßt dir das Fieber und das Kalte Ruh.

Das 96. Capitel
[229] Das 96. Capitel.
Wenn man an seinem eigenen Leibe etwas nähet oder flickt / so muß man allezeit etwas ins Maul nehmen.

Ey, habet Danck, liebes altes Müttergen! daß ihr mirs gesagt habt. Denn wie offt kömmt es, daß man einen Knopff annehet, oder ein Loch in Strumpff reißt, und solches zusticht, bey welcher Begebenheit ich niemahls etwas in Mund genommen habe; aber ich habe darneben zu bitten, mir die Ursach zu eröffnen /warum solches geschehen müsse? oder was einem denn begegnet, so man nichts im Mund hat? Resp. Wenn man nicht etwas ins Maul nimmt, so wird man vergeßlich; drum soll man etwas ins Maul nehmen, und solte es auch nur ein Schaaf- oder Ziegen-Lorber seyn. Da seht ihrs, ihr lieben Leute, wodurch bey manchem die Vergeßlichkeit herkömmt; tausend Thaler wären mir lieber, als daß ich diese Kunst hätte vor hundert Jahren gewust. Denn ich habe alles vergessen, was damahls geschehen ist, ja, ich weiß mich nicht einmahl zu erinnern, was nur drey Tage vor meiner Geburt sich hat zugetragen, und wenn mir nicht mein Vater und Mutter zuweilen etwas erzehlet hätten, ich wüste noch diese Stunde nichts davon. So gehets, wenn man nicht unter die Leute kömmt / so erfähret und lernet man auch nichts; und muß ich gestehen, daß ich damahls [230] keinen Menschen gekennet habe, mit dem ich ein Wort hätte reden können; und, wie man mir erzehlet hat, hätte ich den Kopff zwischen die Knye gestecket, und mehrentheils geschlaffen; derowegen ists kein Wunder, daß ich so vergeßlich worden bin. Zu diesem kömmt nun noch, daß ich niemahls was ins Maul genommen, wenn ich etwas an mir genähet habe. Ey nu! wer kan sich helffen? versehen ist auch verspielt; andere Zeit will ichs anders anfangen, aber die Sache nicht / wie die Weiber rathen, mit Ziegen-Lorbern practiciren, sondern ich will es lieber machen, als wie ich von einem gewissen Doctor gesehen, welcher, wenn er des Abends studirte, allezeit eine Feige oder Morschelle ins Maul nahm, und sich damit sowohl das Gedächtniß stärckte, als auch den Schlaff vertrieb. Euch aber, ihr alten Weiber, lasse ich euer Ziegen- oder Bocks-Confect, denn von den Feigen möchtet ihr irgend Läuse kriegen.


Wollet ihr die Kosten schonen, Und daß ihr könnt mercken, Mit Schaafs- oder Ziegen-Bohnen Das Gedächtniß stärcken, Mögt ihr sie ins Maul gleich fassen, Euch wirds niemand wehren, Sondern euch den Willn gern lassen, Solche zu verzehren.

Das 97. Capitel
[231] Das 97. Capitel.
Wenn ein Kind vor dem ersten Jahre seines Alters an etwas riecht / so lernet es hernach nicht riechen.

Was es schon kan / das darff es hernach nicht erst lernen. Doch möchte ich wissen, in was vor einer Schule, oder bey was vor einem Lehrmeister man doch die Kinder lasse riechen lernen? weil die abergläubische Weiber-Rotte hier in diesem Punct vorgiebt, daß ein Kind, welches im ersten Jahre an etwas röche, hernach nicht lernete riechen. Meines Wissens wird das Riechen ja denen Kindern nicht gelehret, so wenig, als eines, das Hören oder Sehen lernet, sondern es ist das Riechen einer von denen fünff Sinnen, die GOtt einem ieden Menschen von Natur mitgetheilet hat. Können dahero die Weiber desto eher mit ihrem närrischen Fürgeben bestehen, wenn sie sagen: Das Kind, das im ersten Jahre an etwas röche, lernete hernach nicht riechen. Ist eben so viel gesagt, als wenn ich spräche: Das Kind, das in Sechs-Wochen die Augen aufmacht, das lernet hernach nicht sehen. Freylich lernet es hernach nicht erst sehen, weil es vorhero schon hat sehen können; item, was ich vorher schon kan, darff ich nicht hernach erst lernen. Wenn aber ein Kind im ersten Jahre eines Sinnes beraubet wäre, und es fände sich solcher hernach erst, so möchte man mit besserm Rechte sagen, [232] das Kind habe das oder das gelernet. E.g. Es hätte ein Kind im ersten Jahre keinen Geschmack gehabt, nach verflossenem Jahre aber solchen erst bekommen, von dem könte man sagen, es hätte lernen schmecken; wiewohl es keine Sache wäre, die das Kind hätte lernen können, sondern wenn man verständig davon reden will, so muß man sagen, der Geschmack habe sich bey dem Kinde gefunden, oder das Kind habe den Geschmack, dessen es vorher ermangelt gehabt, bekommen. Ist demnach hieraus zur Gnüge zu ersehen, wie dieser ietzt vorhabende Punct seinem Ursprung nach müsse verstanden werden. Daß ihn aber die abergläubischen Weiber verkehrt verstehen, und haben ihm eine Stelle unter ihren pfylosopiehischen Glaubens-Artickuln eingeräumet; das mögen sie verantworten. Ich bin immittelst wohl versichert, daß ihr Beweiß werde kahl genug heraus kommen. Ob ich mich auch gleich selbst zu ihrer Secte bekennen, und allen Fleiß anwenden wolte zu Behauptung ihrer Meynung, so würde ich doch incapable bleihen, die Sache nach Nothdurfft zu defendiren; denn wenn gleich ein Kind mit anwachsenden Jahren des Geruchs ermangelte, und man wolte vorgeben, es sey hieran Ursach, daß das Kind unter einem Jahre an etwas gerochen hätte, so würde doch nimmermehr können erwiesen werden, daß das Kind gewiß unter einem Jahre gerochen habe, weil das Kind zu solcher Zeit noch nicht reden, und also, ob es gerochen habe /oder [233] nicht, selbst nicht sagen können. Denn das ist keine Kunst, daß ich einem Tauben eine Music mache, einem Stummen ein Buch vorlege zu lesen, oder einem, der keinen Geruch hat, einen wohlriechenden Strauß vor die Nase halte, da der erste die Music nicht vernimmt, der andere die geschriebenen Worte nicht aussprechen, und der dritte den Geruch nicht urtheilen kan. Also kan man wohl einem Kinde unter einem Jahre etwas vor die Nase halten, daß es daran riechen möge, allein, das Kind kan nicht sagen, ob es rieche oder nicht; und so es nicht riechet, so kan ja dieses keinesweges einige Ursach des künfftigen nicht-riechens seyn. Wie will doch demnach eines solch alber Zeug behaupten, und sagen, wer unter einem Jahre an etwas röche, der bekäme keinen Geruch?


Was ich dieses Jahr schon kan, Fang ich künfftig nicht zu lernen an; Drum bleibt es wohl darbey, Daß dieser Punct sey nur Phantasey.

Das 98. Capitel
Das 98. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn das liebe Brodt auf dem Rücken lieget.

Es ist freylich besser, das Brodt lieget auf dem Tische, als wenn es einer auf dem Buckel oder Rücken liegend hat, zumahl, wer es weit tragen muß, und des Brodts ist viel und [234] schwer. Jedoch bestehet auf solche Weise das nicht gut seyn in nichts weiter, als in der Beschwerlichkeit des Tragens / welches Ubel endlich zu erdulten ist. Ob mir nun zwar die philosophischen Weiber werden fürwerffen, ich verstünde diesen Punckt nicht einmahl recht / wie er zu verstehen sey; sintemahl die Meynung nicht sey, ob wäre es nicht gut, wenn das Brodt auf dem Rücken eines Menschen läge, sondern wenn es auf seinem eigenen Rücken läge; So gebe ich doch denen super-weisen Schwestern erst auszumachen, welches denn des Brodts Rücken sey? dieweil ich an einem Brodte keinen Rücken finde, ich mag es um und um, oben und unten beschauen; daß ich demnach gute Ursach habe, entweder den Rücken eines Menschen oder eines lastbaren Esels zu verstehen. Wollen sie aber dennoch bey ihrer Phantasie verharren, und des Brods Rücken verstehen, so wünschte ich, daß sie mir erst sagten, was sie mit des Brodts Rücken meynten? denn so sie die Unter-Rinde verstehen, so ist es ja des Brodts ordentliches Lager, daß es auf der Unter-Rinde lieget, und kan demnach nichs Böses bedeuten: Sagen sie aber, es sey die obere Rinde, so ist die Vergleichung mit einem Rücken gar ungereimt, indem ja insgemein das, was erhoben und aufgeschwollen ist, eher ein Bauch, als ein Rücken, pfleget genennet zu werden. Jedoch sey es drum, daß die Ober-Rinde am Brodte mag der Rücken genennet werden; wenn die Weiber alsdenn[235] sprechen, es sey nicht gut, wenn das Brodt auf dem Rücken liege; so möchte ich doch wissen, worinnen das nicht gut seyn bestehen solte? das weiß ich wohl, daß es nicht gebräuchlich ist, daß man das Brodt auf die obere Rinde legt, und wäre also ein verkehrt Lager; welches meines Erachtens kein ander Ubel anzeigen kan, als einen Ubelstand; das aber weiß ich nicht, daß es eben ein Unglück oder sonst etwas Böses nach sich ziehen solle. Was sonst auf dem Rücken liegt, das kehret gemeiniglich den Bauch in die Höhe. Wenn nun die obere Rinde am Brodte der Rücken heist, so muß per consequens die untere Rinde der Bauch heissen. Wenn es nun nicht gut ist, wenn das Brodt auf dem Rücken liegt / warum legen denn die Weiber andere Speisen auf den Rücken, und tragen sie in solcher positur auf den Tisch, als nehmlich Hüner, Gänse, Enten, und alles Feder-Vieh? Wie wohl ich mich erinnere, daß wir einsmahls in Thüringen eine solche verschämte Magd hatten, welche, als sie an unserer Kirmes oder Kirchmeß die Ganß auftragen muste, vor der Stuben-Thür solche in der Schüssel umwandte, und auf den Bauch legte, in der Meynung stehende, meine Mutter müste aus Versehenheit die Ganß gelegt haben, daß sie den Bauch in die Höhe kehre, welche sie in solcher, unverschämten positur nicht in die Stube zu tragen getrauete, in Besorgung, sie möchte ausgelacht werden; aber das Blat wandte sich um, denn da gefragt wurde, [236] wer die Ganß hätte auf den Bauch gelegt? und endlich an Tag kam, daß es die verschämte Magd gethan hatte, so wurde sie um ihrer allzugrossen Schamhafftigkeit willen nicht wenig verlacht. Ob auch die Weiber das liebe Brodt etwan auch aus einer Schamhafftigkeit nicht wollen lassen auf dem Rücken liegen, das kan ich so genau nicht wissen; so es aber sich also verhielte, wolte ich es ihnen gern zu gute halten, weil ich weiß, daß ihnen die Schamhafftigkeit dermassen angeerbet ist, daß, ehe sie etwas auf den Rücken legten, sie sich eher selber in solchem Lager præsentirten, und den daraus wachsenden Schaden auf sich nähmen; woraus der lieben Dinger ihre Treuhertzigkeit sattsam abzunehmen ist. Drum komme nun iemand, und gebe den guten Weibern einen Tadel, den sie nicht haben.


Ich tadle zwar die Weiber nicht, Doch ihre albern Fratzen, Und sage ihnen ins Gesicht Das, was sie offtmahls schwatzen; Seyn Kümmernisse ohne Noth, Woran nichts ist gelegen: Auch diese ietzt vom lieben Brodt Möcht bleiben unterwegen.

Das 99. Capitel
Das 99. Capitel.
Wenn einer dem andern den Kofend zutrinckt / und der andere geseegnets dem ersten / und thut auch Bescheid / so kriegt er s.v. Läuse.

[237] Es hat das Ansehen, ob habe die Lauß den Nahmen vom lateinischen Wort Laus, welches Lob heisset; denn nunmermehr werden die Weiber ihren untreuen hündischen schwartzen Flöhen das Lob geben können, als wie eine getreue Lauß verdienet. Dahero bekömmt der, der einem in Kofend Bescheid thut, von Rechts wegen Läuse / (hier wird Laus nach dem Teutschen decliniret, und in Plurali Läuse ausgesprochen, da es sonst Laudes hieß) das ist, er bekömmt Lob. Warum? Resp. Er bleibt nüchtern und bey Verstande, welches eine Lobens-werthe Tugend ist. Er ist höfflich, weil er, ohnerachtet der Tranck geringe ist, der ihm zugebracht wird, dennoch es dem geseegnet, der es ihm gebracht hat; Ist also lobens-werth. Er ist demüthig und nicht stoltz, weil er den Kofend nicht verachtet; ist demnach lobens-werth. Da heist es ja wohl recht: Wer dem andern den Kofend geseegnet, und thut ihm auch Bescheid, der bekömmt laudes, oder Läuse, i.e. der wird gelobt. Wenn ich nun ansehe der natürlichen Läuse oder pediculorum ihre Eigenschafft, so sind sie erstlich nicht so schwartz und ungestalt, als wie die heßlichen Flöhe, sondern sind fein weiß, und tragen ihr schwartzes Bündlein auf dem Rücken. Zum andern sind sie nützlich, das böse Geblüte dem Menschen auszusaugen. Drittens sind sie wegen ihrer Treue berühmt, sintemahl sie so beständig bey dem Menschen beharrensollen, daß sie sich auch mit an Galgen hencken lassen. Vierdtens sind die [238] Läuse aller tapffern Soldaten ihre gewisse Beute, und solte ein Soldate keinen Heller mit aus dem Felde bringen, so wird er doch wenigstens mit Läusen versehen seyn. Wer wolte demnach sich scheuen, einem den zugetrunckenen Kofend zu seegnen, und aus Furcht vor denen Läusen nicht Bescheid thun, da man um der Läuse willen doch alle Ehre hat? Es ist die Historia ja nicht unbekannt, daß, als einsmahl einem Könige eine Lauß auf seinem Kleide gekrochen, und ein dabey stehender Diener solche, (wiewohl in Furcht) hinweg zu nehmen sich unterstanden; der König, als er erfahren, was es gewesen, dem Diener einen Ducaten davor gegeben; als aber ein grosser Fuchs-Schwäntzer vermeynete / auf diese Art auch ein noch besser Trinckgeld zu gewinnen, und einen Floh fieng, und sich stellete, als ob er den Floh von des Königes Rocke hinweg nähme / und der König fragte, was es sey / und vernahm von dem Cavalier, daß es ein Floh gewesen, fuhr er auf und fragte mit zorniger Mine, ob der Cavalier gedächte, daß er ein Hund wäre, der Flöhe hätte? Es wollen einige gewiß glauben, daß die über alle massen grosse Einbildung, womit mancher stoltze Schneider eingenommen undinficiret ist, (die andern haben sich dessen nicht anzunehmen) von nichts anders herrühre, als daß dero Ur-Groß-Vater einsmahls einem Könige habe etwas am Kleide ändern müssen, bey welcher Arbeit er ohnversehens eine Lauß entzwey geschnitten, und [239] hernach das Blut von der Scheere geleckt hätte, woraus hernach die Einbildung entstanden sey, er wäre Königl. Geblüts. Ich lasse aber die hochmüthigen Schneider bey ihrer närrischen Einbildung beruhen; ein kluger Schneider weiß dennoch wohl, daß er nicht aus Königl. Stamme entsprossen sey. Ich habe aber dieses um der belobten Läuse willen wollen mit anführen, auf daß die unnöthige Furcht vor diesem ehrlichen Ungeziefer nicht noch grösser werden, und endlich niemand dem andern seinen Kofend mehr geseegnen möchte. Wenn ich das Wort Lauß ein klein wenig verändere, und nur den ersten Buchstaben mit dem letzten verwechsele, so heist es Saul. Wer war aber Saul? Es war der erste König in Israel; Da gedencke man nur, was man aus einer Lauß kan vor einen grossen Helden machen. Jedoch wünsche ich einem ieden Christlichen Leser, daß ihn ja nimmermehr eine solche Angst-Lauß beissen möge, als wie den König Saul gebissen hat, welches war ein unruhig böses Gewissen. Versichere aber auch dabey / daß vom Kofend trincken dergleichen Angst-Läuse niemand bekommen werde.


Drum höre, lieber Clauß! Trinck deinen Kofend aus, Es kreucht dir keine Lauß Deßwegen auf der Krauß. Und wenn es auch gleich wär, So wär dirs eine Ehr', Drüm, prosit! lieber Clauß! Trinck frisch den Kofend aus.

Das 100. Capitel
[240] Das 100. Capitel.
Wenn man die auf dem Tische stehende Speise fein reine aufisset / so wird den folgenden Tag gut Wetter.

Weil dieses Gerüchte gleichsam zum Zugemüse aufgetragen, und eben dieses dritte Hundert Raritäten damit beschlossen wird, so will nach der Weiber Rath vonnöthen seyn rein aufzuessen, oder reine Arbeit zu machen, auf daß man zum vierdten Hundert bey gutem Wetter die Schüsseln waschen, und aufs neue wieder anrichten könne. Der Küchen-Zettul ist schon gemacht, und die Speisen im Gewölbe nach einander hingesetzt; Nur warte ich auf gut Wetter, auf daß der vierdte Kirmes-Tag fein frölich möge zugebracht werden. Immittelst will ich dieses hunderte oder letzte Gerüchte ein wenig beschauen, und sehen was daran gut oder nicht gut sey. Esset fein reine aus / daß morgen gut Wetter wird / sagen die super klugen Weiber. Verheissen also die Wettermacherinnen gut Wetter denen, die das Essen fein reine aus der Schüssel leeren. Auch sagen sie, wenn die Esel schertzen, so würde gut Wetter werden; halten sich also diese Weiber mit ihrem Wettermachen zu den Eseln; wenn sie nun im Calendermachen sich auch zusammen halten, dürffte wohl ein rares Calender-Werck an das Tage- Licht kommen, wobey sie diesen Vortheil haben würden, daß sie keine Unkosten auf ein Privilegium [241] wenden dürffen, weil es ihnen niemand nachmachen wird. Gleichwie aber die Astrologi im Calenderschreiben insgemein mehr verheissen, und in ihrer Propheceyung weiter gehen, als sie von Rechts wegen sollen; dahero sie zuletzt beym Ausgange bestehen, als wie Butter an der Sonnen, so will es fast das Ansehen gewinnen / als ob die Weiber mit diesem hunderten Gerüchte oder Zugemüse auch nicht gar wohl dürfften angesehen werden, weil es keinen reinen Geschmack zu haben scheinet. Sehe ich dieses Werck überhaupt an, so befinde ich stracks die Sache falsch; denn welch Weib kan mich versichern, oder wer hat iemahls erfahren, daß alle Leute in einem gantzen Lande zugleich reine aufgegessen? Wenn denn von dem Reinaufessen soll des andern Tages gut Wetter werden, so muß ja folgen, daß alle müsten reine aufgegessen haben, die des guten Wetters mit theilhafftig würden, weil die Weiber ausdrücklich sagen: wenn man nicht reine aufesse / so würde des andern Tages kein gut Wetter. Nun trägt sich täglich zu, daß in einem Hause gar feine reine Arbeit gemacht und das Essen alles aus denen Schüsseln geleeret wird, hingegen bey dem nechsten Nachtbar bleibt genug übrig. Dieser soll, nach der abergläubischen Affen ihrer Meynung, des andern Tages kein gut Wetter, jener aber schön Wetter zu gewarten haben. Da möchte ich aus Curiosität gern die wunderliche Witterung, die einem Nachtbar schlimm und dem andern schöne erscheinen könnte, mit ansehen. [242] Mir kommt es als eine unmogliche Sache vor, es sey denn daß man diesen Punct in andern Verstande wolle ansehen. Wiewohl es derer Weiber Gebrauch nicht ist, daß sie ihre Philosophische Glaubens-Articul anders verstehen, als die klaren Worte ihnen an die Hand geben; derowegen es gewiß genung ist, daß sie dieses Werck schlechterdings verstehen / wie ihre Worte in diesem Punct an sich selbst lauten. Daß sie aber im geringsten nicht damit bestehen, daß habe ich hoffentlich zur Gnüge erwiesen. Von armen Leuten hat man ein gewöhnlich Sprichwort, daß man sagt: Es sey die liebe Sonne eher in ihrem Hause, als das liebe Brodt. Wer nun so reine aufisset, und nicht etwas übrig lässet, bey denen kan der ietzt vorhabende Punct nach diesem Sprichworte wohl eintreffen, wenn den andern Tag nichts mehr zu essen vorhanden ist, und nicht alleine die lichte Sonne im Hause scheinet, sondern auch Schüsseln und Teller, Schranck und Keller lichte und leer sind. Da heist es: Das Wetter ist gut gnug, aber es giebt wenig zu essen. Wem es nun auf solche Art gefället, der esse fein reine auf, daß nichts übrig bleibet, so hat er, wenn es gleich sonst an allen mangelt / doch gut Wetter. Ein schönes Weib wird eine Hauß Sonne genennet, ob nun gleich alles verzehret wäre, so wird dennoch des andern Tages solche Sonne schön leuchten, woferne sie nur nicht mit Untugend beflecket ist. Wiewohl offtmahls der widerwärtige Saturnus alles gute[243] Wetter verderbet, und Donner und Hagel im Hause entstehet, wenn irgend widerwärtige Aspecten sich hervor thun / und unfreundliche Witterung verursachen, welches mehrmahls herrühret von allzu heller Sonne, wenn nehmlich zuweilen die schöne Hauß-Sonne in andere Häuser und Augen ihre Strahlen wirfft; oder auch, wenn man gar zu reine hat aufgezehret, und die Schüsseln in allen Winckeln leer gemacht, daß hernach Schmalhanß zu regieren anfänget, der ist denn ein ungedultiger Kerl, und wirfft Töpffe und Tiegel durch einander, also, daß wenn die Sonne am besten scheinet, am ersten das unfreundliche Wetter entstehen kan. Darum wäre mein Rath, man ässe nicht so reine aus, sondern ersparte etwas, auf daß aus dem verhofften guten Wetter nicht ein Ungewitter entstünde.


Du magst alles rein aufzehren, Und die Schüsseln heben auf, Auch zugleich den Tisch umkehren, Und mit Füssen springen drauf, Wie Verwüster alle pflegen; Dennoch wird wohl derentwegen, Dir der liebe Sonnenschein Morgen schwerlich günstig seyn.

Inhalts-Register
[244] Inhalts-Register derer Aberglauben / so in diesem dritten Hundert widerleget worden.

Das 1. Capitel. In der Mitternacht vor dem Johannis- Tage soll man Teufels-Abbiß graben, so sind die Wurtzeln unabgebissen, und dienet alsdenn den Teufel zu vertreiben, und zu andern Dingen mehr pag. 6

Das 2. Capitel. Sanct-Johannis-Kraut ist von so grosser Krafft, den Teufel und Hexen zu vertreiben; dahero auch der Teufel, aus Boßheit, dieses Krauts Blätter alle mit Nadeln durchsticht 11

Das 3. Capitel. Wenn eines in einem Hause oder Logiament stirbt / so sollen alsbald die Fenster aufgemacht werden / auf daß die Seele kan hinaus fahren 14

Das 4. Capitel. Wenn ein Kind soll fromm werden / so muß es die Pathe, oder das Weib, das es von der Tauffe aus der Kirche ins Hauß oder Wochen- Stube bringet, alsbald unter den Tisch legen, und der Vater muß es wieder hervor nehmen, und der Mutter geben, so wird es ein frommes Kind 17

Das 5. Capitel. In welchem Jahre keine Eyßfahrt wird, in solchem geräth die Gerste nicht wohl 19

[245] Das 6. Capitel. Wenn an einem Orte ein Wehr in einem Strohm gebauet wird, so regnet es nicht in selbigem Lande, biß das Wehr fertig ist 20

Das 7. Capitel. Daß eine Gauß, wenn sie wegläufft, müsse wiederkommen, soll man sie folgender massen einseegnen: Man stecke sie dreymahl durch die Beine, und käue drey Bissen Brodt, gebe solches der Ganß zu fressen, und spreche: So lauft hin in GOttes Nahmen; so bleibt sie nicht aussen, wenn sie wegläufft 23

Das 8. Capitel. Vor das kalte Fieber soll der Patient im währenden Paroxismo, wenn er etwan vor Mattigkeit nicht gehen kan, an ein fliessend Wasser krichen / eine Hand voll Saltz nehmen, und dieses ins Wasser dem Flusse nach streuen, und sagen: Ich säe meinen Saamen in GOttes Nahmen / wenn dieser Saamen wird aufgehen / will ich mein Kaltes wieder sehen, das zahl ich dir zur Buß, im Nahmen GOttes des V.S.u.H. Geistes 26

Das 9. Capitel. Wer im Frühlinge den Guckguck zum ersten mahl schreyen höret, der soll den Guckguck fragen: Guckguck, Becken-Knecht, sag mir recht, wie viel Jahr ich leben soll? Alsdenn muß man Acht haben, so viel mahl, als der Guckguck schreyet, so viel Jahre soll einer noch leben 29

Das 10. Capitel. Wenn eine ledige Weibs-Person das Angebrannte vom Brey aus denen Töpffen isset / so regnet es auf ihrer Hochzeit, [246] und so es regnet, so werden die neuen Eheleute reich 31

Das 11. Capitel. Um das auf den Marckt gebrachte Vieh bald zu verkauffen soll man es mit einer aus der Mitte eines Ameisen-Hauffen gegrabenen schwartzen Kugel räuchern, so will jedermann das Vieh kauffen 34

Das 12. Capitel. Wider das Bluten der Wunden und Nasen sollen folgende Worte helffen:


Sanguis, mane in venis, sicut Christus pro te in pœnis,

Sanguis, mane fixus, sicut Christus crucifixus 37


Das 13. Capitel. Es ist nicht gut, daß man etwas über eine Wiege hinlanget, worinnen ein Kind liegt, oder daß die Wiege offen stehe 43

Das 14. Capitel. Diebs-Daumen bey sich getragen / oder zu der verkauffen habenden Waare gelegt, macht / daß man gute Nahrung hat / und bald verkaufft 44

Das 15. Capitel. Wer ein Bund geerbte Schlüssel zu der Zeit an eine Stuben-Thüre wirfft, wenn iemand davor stehet, und einen behorchet / so wird der Horcher sein Lebtage taub bleiben 48

Das 16. Capitel. Am Fastnachts-Dienstage soll man Milch essen, so brennet einen im Sommer die Sonne nicht 51

Das 17. Capitel. Wenn eine Braut ins künfftige die Herrschafft über ihren Mann behaupten [247] will, soll sie sich am Tage ihrer Hochzeit in einem Back- Troge anziehen / und an die Kirch-Thüre klopffen 53

Das 18. Capitel. Wenn ein Weib ihr Kind will entwehnen, soll sie es in die Stube setzen, und mit dem Fuß umstossen, so vergisset es die Mutter desto eher 58

Das 19. Capitel. Wenn ein Hund einer Frauen durch die Beine läufft / so schlägt sie der Mann 59

Das 20. Capitel. Denen Verstorbenen soll man Geld ins Maul stecken / so kommen sie, wenn sie irgend einen verborgenen Schatz hinterlassen haben, nicht wieder 61

Das 21. Capitel. Wer Wein im Keller hat / der soll an die Wein-Vässer schreiben: Gustate & videte, (Ps. 34.9.) so wird der Wein nicht umschlagen 64

Das 22. Capitel. Wem die Zähne weh thun, der soll einen Splitter von einem Stück Holtz, worein der Donner geschlagen, nehmen, und die Zähne damit stochern / so vergehen die Schmertzen 66

Das 23. Capitel. Es ist nicht gut, daß man ein Messer auf den Rücken lege 68

Das 24. Capitel. Wenn in einer Stadt ohngefehr zwey Uhren zusammen schlagen, so werden ein paar Ehe-Leute von einander sterben 70

Das 25. Capitel. Wenn ein Kind, oder auch ein erwachsen Mensch sich eine Beule an den Kopff stösset oder fället, und mit einem dreycreutzigen [248] Messer drückt / so heilet die Beule ohne Gefahr 72

Das 26. Capitel. Eine Braut soll ihren Einzug in des Bräutigams Hauß im Finstern halten, so werden künfftig alle Winckel voll seyn 75

Das 27. Capitel. Am Tage Sylvester soll man die Maulwurffs-Hügel von einander reissen, so werffen die Maulwürffe selbiges Jahr nicht wieder auf 77

Das 28. Capitel. Wenn ein Hund zwischen ein paar guten Freunden hindurch läufft, so wird die Freundschafft zertrennet 79

Das 29. Capitel. Wer einen Schatz graben oder heben will, der soll nicht darbey reden 82

Das 30. Capitel. Wer Lust hat, Störche auf sein Hauß hecken zu lassen, der mache ihnen ein Nest mit der lincken Hand auf die Feuer-Esse, so werden sie gewiß dahin kommen / und immer da bleiben 85

Das 31. Capitel. Wer einen geschwollenen Halß hat, soll stillschweigend in die Mühle gehen / ein Band von einem Sacke stehlen, und um den Halß binden, so hilfft es 87

Das 32. Capitel. Wer Frühlings-Zeit die erste Schwalbe siehet, der stehe alsbald stille, grabe mit einem Messer in die Erde, und zwar unter dem lincken Fuß, so findet er eine Kohle, die ist das Jahr gut vor das kalte Fieber 90

Das 33. Cap. Wenn man bey Grabung eines Schatzes Brodt bey sich hat, so können einen [249] die Gespenster nicht verstöhren 92

Das 34. Cap. Pathen-Geld machet reich und bringt Glück. 95

Das 35. Cap. Ein ohngefehr gefundener Huf-Nagel ist gut, wenn einem etwas gestohlen worden ist, und man schlägt solchen auf die Stäte, da allezeit Feuer ist, so muß einem das Seine wieder werden. 97

Das 36. Cap. Die Huren-Kinder sind glücklicher als ehrliche Leute. 99

Das 37. Cap. Wenn man bey Tauffung eines Kindes ein Stücklein Brodt weyhen lässet, so fehlets des Kindes Eltern nicht an Brod. 101

Das 38. Cap. Wer im Neumond sein Geld zehlet, der hat hernach immer Geld 102

Das 39. Cap. Wenn man einen Creutz-Dreyer oder dergleichen Drey-Hellers-Pfennig auf einen Schatz wirfft, so kan er nicht wegweichen oder verschwinden. 104

Das 40. Cap. Am Fastnachts-Tage soll man Hirse- Brey essen, daß einem das Geld qvillet. 106

Das 41. Cap. Wer etwas auf dem Marckt feil hat, und kaufft ihm zuerst ein Knabe oder Jungfer ab / der hat selbiges Tages gut Glück zum Verkauff. 109

Das 42. Cap. Die erste Losung oder Handkauff soll man an die Erde werffen, und mit Füssen treten, so wird der Handel den Tag desto glücklicher gehen. 110

[250] Das 43. Cap. Es ist nicht gut, wenn der Guckguck nach St. Johannis-Tage schreyet. 113

Das 44. Cap. Wenn eine Braut heimgeholet wird, soll sie keine Umwege, sondern die gemeine Strasse fahren, sonst würde sie kein Glück haben. 115

Das 45. Cap. Wer will rechte Eyer sieden, der soll die Eyer ins siedende Wasser legen, und alsbald drey Vater-Unser nach einander beten, weil sie sieden, alsdenn dieselben wieder heraus nehmen, so sind sie recht. 118

Das 46. Cap. Wenn man unter einer Stange hingeht, auf welcher Hüner sitzen, und man wird von einer Henne beschmissen, so bedeutets Unglück, wenns aber vom Hahne geschicht, so bedeutets Glück. 119

Das 47. Cap. Ein neues Kleid soll man nicht leer anziehen, sondern es soll einem vorher etwas in die Schubsäcke oder Taschen verehret werden. 122

Das 48. Cap. Wer Gefattern bittet, soll eine ledige und noch unverheyrathete Person mit darzu bitten / sonst hat das Kind kein Gelück zum Heyrathen / und bekömmt keine Kinder 123

Das 49. Cap. Wer in der Jugend glücklich ist / muß in Alter betteln, und wer in der Jugend bettelt, wird im Alter reich und geehrt. 125

Das 50. Cap. Wenn man will, daß sein Vorhaben soll fortgehen, soll man es niemand offenbaren. 130

[251] Das 51. Cap. Wenn man Wermuth bey sich trägt, kan man nicht beschryen werden 132

Das 52. Cap. Wenn man eine Nadel findet, die einem die Spitze zukehret, so wird man Unglück haben: Kehret sie aber einem die Koppe zu, wird man Glück haben. 133

Das 53. Cap. Man soll früh morgens nichts in Mund nehmen, man habe denn vorher einen Bissen Brodt genommen. 134

Das 54. Cap. Wer im Frühlinge den ersten Frosch im Wasser und nicht auf dem Lande siehet hüpffen, der hat das gantze Jahr über Unglück zu gewarten. 137

Das 55. Cap. Wer in ein neu Logiament ziehet, der soll es im zunehmenden oder vollen Mond thun, und zuerst Brodt und Saltz hinein tragen, so wird in solchem Logiament alles voll, und an nichts kein Mangel seyn 139

Das 56. Cap. Wer die Pferde höret wihern oder schreyen, der soll fleißig zuhören, denn sie deuten gut Glück an. 141

Das 57. Cap. Wenn ein Weib in ihren Sechs Wochen spinnet, es mag seyn Wolle, Hanff oder Flachs, so verursachet sie hiermit, daß ihr Kind gehenckt wird. 142

Das 58. Cap. Wenn es am Tage Laurentii regnet, so soll es das Jahr viel Mäuse geben. 144

Das 59. Cap. Am Freytage sollen sich die Weiber nicht bürsten oder flechten, es wächst ihnen sonst das Ungeziefer darnach. 147

Das 60. Cap. So man des Morgens nüchtern Geld auf der Erden findet, und liegt kein Holtz [252] drunter, so ists ein unglücklicher Fund. 150

Das 61. Capitel. Wer am Sonntage gebohren ist, der ist für andern glücklich 152

Das 62. Capitel. Welches Weib alle Morgen zu ihrer Kuh saget: O bona vacca, da mihi lacca, & multum lacca, die kan viel Butter und Käse machen 156

Das 63. Capitel. Wer am Fastnachts-Dienstage früh vor der Sonnen Aufgang stillschweigend drischet, der vertreibet die Maulwürffe damit 159

Das 64. Capitel. Wem die Zähne, Ohren, Kopff und dergleichen weh thut, der stehe gegen den Mond, wenn derselbe abnimmt, und sage: Gleichwie der Mond abnimmt, also nehmen meine Schmertzen ab 161

Das 65. Capitel. Die Ofen-Gabel soll man nicht im Ofen liegen lassen, sonst können die Hexen täglich einen Orts-Thaler aus selbigem Hause tragen 162

Das 66. Capitel. In einem Schalt-Jahre soll man nichts sonderliches bauen, pflantzen, oder vornehmen, denn es wird nichts recht gerathen oder fortkommen 165

Das 67. Capitel. Wenn man von einem Orte hinweg gehet, und bleibet mit den Kleidern an einer Thür, Nagel oder sonst hängen, so soll man noch ein wenig allda verweilen, sonst hat man Unglück 168

Das 68. Capitel. Wer des Freytags die Nägel von den Fingern abschneidet, der hat Glück 169

[253] Das 69. Cap. Wenn man einer Hexe einen Besen in Weg leget, daß sie darüber schreiten muß, so wird sie ohnmächtig, und kan kein Unglück stifften. 170

Das 70. Cap. Glück im Spiel zu haben, soll man ein Eulen-Hertz, oder den Stein aus dem Rücken einer Fledermauß, oder den Kopff eines Wiedehopffs bey sich tragen. 172

Das 71. Cap. Wenn das Licht zu Abends Rosen brennet, so bekömmt man des andern Tages Geld, oder hat sonst ein Glück zu gewarten. 175

Das 72. Cap. Wer in der Erndte das erste Korn einführet, der soll von denen ersten Garben etliche nehmen und in die vier Winckel der Scheunen Creutze damit legen, so kan der Drach nichts davon holen. 177

Das 73. Cap. Wenn es am kürtzesten Tage gefrieret, so fällt das Korn im Preisse; ist es aber gelinde Wetter, so steigt der Preiß. 180

Das 74. Cap. So viel die Theuerlinge Körner in sich haben, so viel wird das Korn hinfort Groschen gelten 181

Das 75. Cap. Wenn man was suchet, und kan es nicht finden, da man doch weiß, daß es da seyn muß, so hält der Teufel die Hand, oder wie etliche sagen, den Schwantz drüber 182

Das 76. Cap. Wer zu Marckte gehet, der soll sich fürsehen, daß ihm nicht iemand mit Wasser begegne, sonst kehre er lieber wieder um, und gehe heim, denn er wird kein Glück weder zum Kauffen noch Verkauffen haben. 185

Das 77. Cap. Aus dem Korn der zu erst ausgedroschnen Garbe kan man sehen, wie das Korn das folgende Jahr alle Qvartal steigen und fallen werde. 187

Das 78. Cap. Wer leichte Ducaten oder Gold-Gülden hat, der welche sie eine Nacht ins Kammer-Becken, und lasse den Urin darauf, so werden sie schwer. 190

Das 79. Cap. Neue Eheleute sollen von ihrer Hochzeit Brod aufheben, so werden sie hernach niemahl Mangel am Brodte haben. 193

Das 80. Cap. Wer sein Kleidgen, das er mit hat auf die Welt gebracht, aufhebet und bey sich trägt, der hat Glück in allem Vornehmen. 194

Das 81. Cap. Eine abgebissene Maulwurffs-Pfote bey sich getragen [254] dienet zu wohlfeilem. Einkauff und zu theuren Verkauff. 196

Das 82. Cap. Wer seinem Kinde das erste Kleid lässet machen, der soll dem Schneider an dem geforderten Macher-Lohn nichts abziehen, es hat sonst das Kind hinfort ie weniger Glück, ie mehr dem Schneider abgezogen wird. 198

Das 83. Cap. Wer im Garten oder auf dem Acker etwas säen will, der soll den Saamen nicht auf den Tisch legen, er gehet sonst nicht auf. 201

Das 84. Cap. Wenn man nach dem neuen Jahre zum ersten mahle bäckt, soll man so viel kleine Kuchen machen, als Personen im Hause sind, und iedem Kuchen einen Nahmen geben, auch mit dem Finger ein Loch eindrücken. Wenn die Kuchen backen, so bäckt sich das Loch dessen, der sterben soll, aus, wer aber nicht stirbt, dessen seines bleibt. 203

Das 85. Cap. Wer ein Kind will tauffen lassen, soll es, wenn es zur Tauffe getragen wird, zum Fenster hinaus stecken, so wird das Kind von keiner bösen Kranckheit Anstoß leiden, und lange leben. 206

Das 86. Cap. Wenn iemand etwas erzehlet, und nieset darzu, oder es nieset ein anders, das dabey stehet, so ist die Erzehlang wahr. 208

Das 87. Cap. Es ist nicht gut, wenn ihrer zwey an einer Wiege wiegen 210

Das 88. Cap. Das Stroh, darauf man geschlaffen hat, soll man nicht verbrennen, sonst kan man nicht ruhen. 212

Das 89. Cap. Wer in der Kirchen kranck wird, der geneset nicht leicht, sondern muß sterben. 214

Das 90. Cap. Wer den Zunder mit den Fingern anrühret, dem fängt er nicht. 216

Das 91. Cap. Wenn man die Käse auf dem Tisch- Tuche schabet, so werden einem die Leute gram 219

Das 92. Cap. Wer viel schimmlicht Brodt isset, der wird alt. 221

Das 93. Cap. Wenn ein Mann sein Messer anderswo als auf dem ordentlichen Wetz- oder Schleif-Steine wetzet, so entstehet Zanck oder Streit im Hause. 223

[255] Das 94. Cap. Wer am Weyhnacht- oder Chist-Abend keine Bohnen isset, der wird zum Esel. 224

Das 95. Cap. Wer am grünen Donnerstage nicht neunerley Kraut isset, der bekömmt das Fieber 227

Das 96. Cap. Wenn man an seinem eigenen Leibe etwas nehet oder flicket, so muß man allezeit etwas ins Maul nehmen. 230

Das 97. Cap. Wenn ein Kind vor dem ersten Jahre seines Alters an etwas reicht, so lernet es hernach nicht riechen. 232

Das 98. Cap. Es ist nicht gut, wenn das liebe Brodt auf dem Rücken lieget. 234

Das 99. Cap. Wenn einer dem andern den Kofent zutrinckt, und der andere geseegnets dem ersten, und thut auch Bescheid, so kriegt er s.v. Läuse. 237

Das 100. Cap. Wenn man die auf dem Tisch stehende Speise fein rein aufisset / so wird den folgenden Tag gut Wetter. 241


ENDE

Das vierdte Hundert
Das 1. Capitel
Das 1. Capitel.
Wer den Schlucken hat / der stecke ein bloß Messer in eine Kanne mit Bier / und trincke einen guten Trunck in einem Oden davon.

Das erste Gerichte das beste, pflegt man insgemein zu sagen; Also trifft es gleich itzt auch / daß ich zu diesem ersten Capitel eine Materie anzurichten überkomme, woran sich nur dieser Tage einer bey nahe den Tod gefressen oder vielmehr gesoffen hat, wie hernach soll gemeldet werden. Das letzte Capitel in dem vorigen 3ten Hundert derer Aberglauben handelt von dem rein-auf-essen derer auf dem Tische stehenden Speisen; Dieser itzt vorhabende Punct aber handelt von solchen Instrumenten, die zum Fressen und Sauffen geschickt sind, nehmlich von einem blossen Messer in einer Kannen mit Biere angefüllet. Ich sage aber nicht sonder Ursach Fressen und Sauffen, weil auf das nothdürfftige Essen und Trincken nicht leichte ein Schlucken erfolget / als wie aufs Fressen und Sauffen gewöhnlich zu geschehen pfleget. Wenn sich denn mancher dermassen mit Essen und Trincken angefüllet hat, daß er kaum Odem holen kan, und wie eine Herbst-Sau anfänget zu gruntzen und [259] zu schlucken, da heist es alsdenn: Man müsse / so zu reden, Hunds-Haare aufn Hunds-Biß legen, und sey der beste Rath, daß man einen wackern Pommerischen Soff in einem Odem thue, so soll der Schlucken wieder vergehen. Dieses mag wohl recht heissen, den Teufel durch Beelsebub austreiben. Auf daß auch die Sache ein desto besseres Ansehen gewinnen, und mehr Nachdencken erwecken möge, so muß ein blosses Messer in die Kanne gesteckt, und also davon getruncken werden. Wenn ich nun von diesem Puncte meine aufrichtige Meynung soll an den Tag legen / so sage ich / und ist auch einem ieden, der ein wenig Verstand hat, ohne dem schon bekannt, daß der Schlucken herkomme entweder von einem erkalteten, oder überfülleten Magen, wodurch in dem Magen-Munde einige alteration, und also, wieder des Patienten Willen, ein Schlucken entstehet. Wo nun etwa einige geringe alteration der vorigen entgegen kömmt, als zum Exempel / ein unverhofftes Schrecken, oder auch eine sonderliche Verwunderung, ingleichen ein etwas langes Odem halten, wie auch ein unverhoffter Zorn, so macht diese alteration jene gleichsam zu nichte, und der Schlucken lässet nach. Wer nun einen starcken Soff Bier thut, der muß hiermit den Odem auch lange an sich halten, und wird durch das viele Schlingen der Magen-Mund gleichfalls wieder alteriret / worbey zu weilen der Schlucken nachlässet. Aber was soll das Messer in der Kannen machen? sicherlich nicht [260] das allergeringste, und würde ich das Trincken vor den Schlucken nicht vor einen Aberglauben erkennen, wenn nicht die Hasen-Possen mit dem Messer darzu kämen. Was aber vor ein Nutzen aus solchen Gauckelpossen zu erwachsen pfleget, das hat sich unlängst in folgender Begebenheit ausgewiesen: Als nur diese Tage ein gewisser Bier-Schencke den Schlucken (ohne Zweifel von vielen Sauffen) bekommen, und diesen ietzt vorhabenden Punct, als sein gewöhnliches remedium wider den Schlucken, auch zupracticiren vorgenommen / und das Messer in die Kanne hinein geworffen, woraus er, sammt etlichen Gästen, unter welchen etliche fremde Mühl-Knechte waren, trancke, wolten die Mühl-Knechte nicht mehr aus dieser Kannen trincken, vorgebende, der Wirth hätte mit dem Messer etwas gehext, kamen auch darüber in einen hefftigen Streit, und von diesem gar zum Schlägen, und tractirten den Wirth so unbarmhertzig / daß ihm zwar von dieser alteration der Schlucken vergangen ist, hingegen aber hat er nicht alleine die gefährlichen Schläge empfangen, sondern den Schlucken leider gar mit der schweren Noth oder Fresel verwechselt, daß auch an seiner Genesung sehr gezweiffelt wird. Aus dieser Begebenheit ist zu schliessen, was der Satan vor Freude an practicirung derer Aberglauben habe. Hätte der Wirth nicht den närrischen Aberglauben mit dem Messer practiciret, so wäre er in keinen Verdacht des Zauberns gekommen, und wären ihm keine Schläge zu Theil [261] worden, wäre auch ietzt solchem gefährlichen Zufall nicht unterworffen. Und besorge ich / daß, wenn er sich nicht bey Zeiten in die Cur eines verständigen Medici und Chirurgi begeben wird, denn bißher hat ihn ein ruchloser, verwegener, unerfahrner Esel, ein Schaaf-Schinder von einem Dorff, verbunden, dieser Zufall noch wohl sein Leben kosten dürffte.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Wenn ein Krancker oder Sterbender Hüner-Tauben-oder andere Vogel-Federn unter sich hat / so kan er nicht sterben.

Wenn Alexander Magnus dieses Kunststücklein hätte gewust, so hätte er nicht, wie ein Bettseicher, verschämt stehen müssen, als auf sein großsprecherisch Anerbieten (einem ieden zu geben, was er begehre,) der Philosophus Unsterblichkeit haben wolte, sondern er würde bald mit denen Hüner- oder Vogel-Federn seyn parat gewesen, und solche unterzulegen recommendiret haben. Scheinet demnach, daß die alte Welt in den übernatürlichen Künsten nicht mag so weit gekommen seyn, als wie ietzo theils super-kluge Weiber, durch ihre fleißige Erforschung / alles ergrübelt haben, und wenn sie ferner also fortfahren, so scheinets, als ob sie gar dem grossen GOtt in seine Gerichte sehen, und seine Geheimnüsse, so zu reden, erforschen wolten. Aber, o ihr fürwitzigensuper-klugen Taschen! [262] Manum de tabula! es sind Weinbeere darinnen. Greiffet ihr zu tieff, so werdet ihr gewaltig auf die Finger geklopffet werden. Uberdiß werdet ihr mit euren eingebildeten Künsten so kahl bestehen / als nimmermehr Alexander mit seinen Verheissungen. Denn was diesen ietzigen Punct anlanget, so ist die darinnen steckende Thorheit ja mehr als zu offenbar, weil noch kein einig Exempel vorhanden ist / welches erweiset, daß iemahls eines Menschen Leben sey nur einen Tag durch Unterlegung der Hüner- oder Vogel-Federn erlängert worden. Ja die Hüner und Vögel ersterben ja selbst auf ihren eigenen Federn, wie sollen den solche Federn denen Menschen einige Unsterblichkeit zu wege bringen können? Wenn derjenige nicht sterben kan / welcher Vogel-oder Hüner-Federn unter sich hat, ey, warum lassen denn die Weiber ihre Männer auf lauter Gänse-Federn dahin sterben, und wenn sie todt sind, warum stellen sich denn diese falschen Schwestern so kläglich, als ob sie sich mit den abgeschiedenen Männern wolten lebendig vergraben lassen, ja sagen wohl gar, wenn es möglich wäre gewesen, den Männern das Leben damit zu erhalten, sie wolten gern an statt ihrer gestorben seyn. Hätten nun die Vogel-Federn solche Krafft, wie oben gesagt, so könnte ja der Tod gar leichte damit aus der Welt gejaget werden; oder aber, wenn er nicht selbst wolte Hunger und Kummer leiden / müste er Ratten und Mäuse oder ander Ungezieffer erwürgen. Auf daß ich mich aber nicht zu lange hierbey aufhalte, so sagt [263] mir doch, ihr Weiber, woher die Krafft der Hüner Federn komme, daß sie einen nicht sterben lassen? Wollet ihr irgend vermeynen, weil der Hahn so munterer und wachsamer Natur wäre? so sag ich euch dargegen, es würde mir schwer fallen, die Ganß eben mit dieser Tugend zu beehren, und will euch nur in die Engels-Burg nach Rom gewiesen haben, allda nachzufragen, aus was Ursachen daselbst allezeit ein paar lebendige Gänse gehalten werden? Daß man keine Hüner- oder Vogel Federn in die Betten thut /das hat andre Ursachen, weil nehmlich selbige sich nicht so wohl halten / als wie die Gänse-Federn, und klümpern sich einige zusammen, und einige bekommen bald Milben und Motten, daß also die guten Gänse-Federn sammt jenen verderben würden / wenn man sie mit untermischen, und in die Betten stecken wolte. Daß man aber auf Hüner- und Vogel-Federn nicht soll sterben können, ist, mit Ehren zu melden, eine offenbare Lügen. Es wollen auch einige unkluge Weiber sagen, ob könne man auf solchen Federn gar nicht schlaffen, aber ich habe aus der Erfahrung so viel, daß es auch nicht wahr sey. Wenn aber an diesem Puncte das geringste wahr wäre, so wolte ich sagen, es rühre etwan die Ursach daher, daß die Hahnreyschafft so lange daure, und nicht einmahl in der verdammten Welt absterbe, weil sie durch die Hahnen-Federn gleichsam immer aufs neue belebet werde, daß sie nicht absterben könnte. Und wer weiß, ob nicht hieran die Weiber diese geheime Kunst observiret haben?

Das 3. Capitel
[264] Das 3. Capitel.
Wenn der Wind sehr wehet / so kan man solchen stillen / wenn man einen Mehl-Sack ausstäubet / und darzu spricht: Siehe da / Wind / koch ein Muß für dein Kind.

Bey dem Evangelisten Matthäo Cap 8. v. 27. heist es: Die Menschen aber verwunderten sich, und sprachen: Was ist das für ein Mann, daß ihm Wind und Meer gehorsam ist? Denn da der HErr JEsus das wütende Meer und den stürmenden Wind bedräuete, wurde es zu iedermanns Verwunderung alsbald stille. Hier nach diesem Puncte wollen sich des HErrn JEsu seine Affen sehen lassen, und auch den Wind besänfftigen. Allein, ohne daß diese Verrichtung ihnen nicht zukömmt, so gehen sie einen gantz andern Weg, und halten einen lächerlichen Gebrauch zu solcher Wind-Stillung. Denn wenn der HErr JEsus aus eigener göttlicher Macht den Wind bedräuet, so kommen diese Affen mit einer Schmeichel-Rede aufgezogen, und melden sich mit ihrem Geschencke, damit sie den zornigen und stürmenden Wind begütigen wollen, wenn sie sprechen: Siehe da, Wind! koche ein Muß für dein Kind. Das ist eine Practica nach dem heutigen Staat, da es heisset: Wer wohl schmiert, der fähret wohl, i.e. wer wacker spendiret, der erhält, was er will. Aber was hat denn der Wind vor ein Kind, das Brey oder[265] Muß isset? Es ist sicherlich eine recht zauberhaffte Handlung, und zugleich auch recht närrisch und unbedachtsam, und können es die Heyden kaum närrischer machen, dennoch aber sollen die Bäyerischen Bauern dieses albere Stücklein noch sehr practiciren und im Brauch haben. Ob sie aber in Wahrheit etwas damiteffectuiren, daran zweifele ich sehr, weil es natürlicher Weise ohnmöglich geschicht; soferne es aber geschicht, so thut es der Teufel auf folgende Weise: Erstlich weiß der Satan schon, wer ihm dienet und anhanget, oder solchen abergläubischen Fratzen Glauben zustellet; wenn denn ein Wind entstehet, so weiß der Satan solche Narren schon so lange aufzuhalten, und an seinen Stricken herumzuführen / biß er aus natürlichen Umständen, als ein kluger Natur-Kündiger, vermercket, daß der Wind bald einhalten werde zu stürmen, alsdenn giebt er seinen lieben Getreuen Anlaß und Gelegenheit / ihr vermeynt Kunst Stücklein zu probiren, und den Mehl-Sack auf vorbeschriebene Weise auszustöbern. Wenn denn hernach der Wind nachlässet, so schwüren solche verblendete Affen Stein und Bein, ihre Gauckeley habe solches zuwege gebracht, sie wissen aber nicht, daß der Teufel ein Schelm ist, der sie nur damit betreuget.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Wenn man sich gewaschen hat / und trocknet die Hände an das Tischtuch / so bekömmt man Wartzen.

[266] Hoeret doch, ihr Abergläubischen! wenn ihr kein Tischtuch hättet, und decketet eine feine grosse Handqvele auf den Tisch, und speisetet darauf, so wäre die Handqvele ein Tischtuch, und auch eine Handqvele, ihr würdet auch kein Bedencken tragen, euch daran, auf bedürffenden Fall, zu trocknen, ohne Besorgung, daß ihr Wartzen möchtet bekommen: Oder, wenn ihr Mangel an Handqvelen, und hingegen guten Vorrath von Tischtüchern hättet, so würdet ihr, ohne Zweifel, etliche Tischtücher spalten, und Qvelen draus machen, und wenn ihr die Hände hieran trocknet / so bekommt ihr keine Wartzen; aber wenn ihr sie vorher hättet an das Tuch getrocknet, ehe es zur Handqvele gemacht wurde, so glaubet ihr, daß ihr Wartzen bekämet. Wie gehet nun aber dieses zu, daß der blose Nahme (Tischtuch) soll Wartzen machen? Ohne Zweifel mögen die Narren-Possen daher rühren, daß irgend einmahl iemand sich an ein Tischtuch hat getrocknet gehabt, an welchem gekochte Erbsen oder Linsen, die man vorher zur Speise gehabt, gehangen, und sich hiermit an die Hände geklebet haben, dieses mag ein anders gesehen und gedacht haben, es wären Wartzen; als er nun gefragt, wo er zu den Wartzen käme, kan er zur Antwort bekommen haben, wenn man sich an ein Tischtuch trocknete, so bekäme man Wartzen. Wenn mir nun die abergläubischen Narren nicht wollen glauben, so gebe ich ihnen ferner zu bedencken, daß ja viel tausend mahl die Hände an die Tisch-Tücher gewischt werden, wenn [267] man über Tische die Hände mit der Speise beschmieret hat, und hat keine Serviette oder ander Tuch bey der Hand, ohne daß iemand davon Wartzen bekömmet, würden auch, wenn sie hiervon wüchsen, wenig Leute seyn, denen die Hände nicht voller Wartzen sitzen würden. Oder, will man irgend einen Unterscheid machen unter dem Abwischen, wenn man sich besudelt, und unter dem Abwischen, wenn man sich gewaschen hat, so muß ichs zwar geschehen lassen, es würde aber dieser Unterscheid nicht besser seyn, als der, wenn eine Hure spräche: Der Kerl, der sie geschwängert hätte, der hätte sich eben barbieren lassen, und wäre so fein glatt um das Maul gewesen, hiervon hätte sie das Kind bekommen; vorher aber hätte es ihr nicht geschadet, wenn er einen rauchen Bart gehabt hätte. Dieses sind also meine Gedancken, welche ich über diesen Punct habe, soferne man solche Wartzen verstehen will, die manchen an Händen wachsen. Wollen aber die abergläubischen Weiber irgend Wartzen an denen Brüsten verstehen, so will ich ihnen gar gern nicht widersprechen, sondern will vielmehr von Hertzen wünschen, daß alle diejenigen Weiber, welche klagen, daß sie wegen Ermangelung der Wartzen an ihren Brüsten nicht könten ihre Kinder selbst stillen, ihre Hände nicht allein fleissig an das Tischtuch trocknen, sondern auch rechte geschickte Wärtzgen bekommen möchten, auf daß nicht mancher ehrlicher Mann seine lieben Kinder an garstigen frantzösischen Schand-Huren müsse trincken lassen. Ich besorge aber, mein [268] Wünschen werde vergebens seyn, weil diedelicaten Dames alsdenn eine andere Einwendung würden auf die Bahne bringen, warum sie ihre Kinder nicht selbst stillen könten? und mag es demnach ein ehrlicher Mann anfangen / wie er will, so ist er (soferne sein Weib nicht auch eines ehrlichen und verständigen Gemüths ist) geplagt und vexiret genug.

Das 5. Capitel
Das 5. Capitel.
Wenn die Glocken geläutet werden / und klingen dumpfig / so stirbt gemeiniglich eines drauf.

Was hat es denn aber zu bedeuten, wenn die Glocken helle klingen? Respons. Eine Braut-Messe oder Hochzeit, wenn es die Glocken auf dem Kirch-Thurm sind; ist es aber eine Glocke auf dem Rath-Hause, so bedeutet es, daß bald iemand werde den Staup-Besen kriegen. Sehet doch! wie sich die Glocken so fein nach dem Spruche: Seyd frölich mit den Frölichen, und traurig mit den Traurigen, zu richten wissen. Was aber bey einem / der den Staup-Besen kriegt, vor Freude seyn mag, kan ich nicht wissen, iedoch mir wohl einbilden, daß sie nicht gar groß seyn kan; dahero ich mich nicht darein zu finden weiß, warum um solcher Frölichkeit willen, welche doch mit Schimpff und Spott, mit Schmertzen und Schlägen vermenget und versaltzen ist, die Glocke heller klingen solle, als sonst? bilde mir aber ein, es geschehe eines Theils des [269] Henckers und der Büttel halber, als welche bey solcher Solennität, wegen ihrer dabey habenden Accidentien, frölich sind; andern theils, weil dabey ziemlich scharff getantzet, auch wohl von dem Bestrafften öffters gejuchtzet wird / wenn ihm der Rücken zu sehr gekützelt wird. Dieses lasse ich nun an seinen Ort gestellet seyn, verwundre mich aber sehr, wie doch eine leblose von Metall gegossene Glocke könne wissen, ob sie werde zu Freud oder Leid gebraucht werden, daß sie sich vorher darzu præpariret? und will mir das Geheimniß gar nicht in Kopff, zumahl, wenn ich bedencke / daß offt einen Tag eine Leiche, und auch wohl zugleich eine Hochzeit ist, da ja die Glocken nicht zugleich helle und auch dumpfig klingen können. Uber diß möchte ich wissen / wo man hiervon wolle eine Gewißheit der Sache finden, wenn in grossen Städten, allwo täglich Leichen sind, die Glocken helle oder dumpfig klingen; denn so sie helle klingen, und doch eines stirbt, so ist die Wahrsagerey schon falsch; klingen sie aber heute dumpfig, da sie gestern helle geklungen haben, so ist es abermahl falsch, wenn gestern sowohl, als heute, iemand gestorben ist. Woraus ja Sonnen-klar abzunehmen ist, daß die Sache nichts, als ein alt Weiber-Geschwätze sey.

Das 6. Capitel
Das 6. Capitel.
Wenn eine Braut getrauet wird / und regnet unterwegens / so hat sie gewiß geweinet; scheinet aber die Sonne / so hat sie gelacht.

[270] Weil der Autor der Philosophiæ Colus, die Anno 1662. zu Arnstattgedruckt worden, eben über diesen Punct nicht uneben Canon. LXXXIV. glossiret; so trage ich kein Bedencken, (ob ich schon dergleichen noch nirgends gethan) seiner Worte mich hier zu bedienen, auch es dabey bewenden zu lassen. Es lauten aber solche also: Freylich, daß die Tropffen vom Himmel fallen: denn kein unerhörtes ist es, daß der Regen solte ein Weinen genennet werden. Sintemahl ein andächtiger Poet saget: Quod Deus cœlum solvat in lacrymas propter peccata nostra. Im Gegenspiel sagen sie: daß die Braut gelachet habe; so die Sonne scheinet: (ridet Apollo.) Hierauf philosophiren die armen Schöpse immer drauf, daß es raucht: Hoho, die Jungfer Braut hat gewiß geweinet, weil es regnet; &contra. Aber wovon solte sich denn das Weinen und das Regnen her causiren? kömmt etwan, daß, wenn die Braut mildiglich weinet, die Sonne solche Zähren in die Höhe zeucht, und bald wiederum herunter resolviret fallen lässet? Nach dem: Wie du kömmest, so gehest du. Siehe, also stammete der Regen von den Bräuten her / und wäre also zu folgern / wenn es viel und offte regnete / daß alsdenn viel Hochzeiten gewesen wären, da die Bräute geweinet: Ach das wäre ein gut Thun um dieselbige Zeit, da es dürre ist, und nicht regnen will. Traun gienge das Ding an, so solte man alsdenn freyen lassen, was freyen wolte: Ja man solte zugeben, daß ein Mann zwey oder drey Weiber (nicht aber ein Weib etliche [271] Männer, denn ihrentwegen regnet es nicht, wenn sie auch schreyen und heuleten wie Schafs-Hunde) nähme; daß es nur fein dichte oder häuffig regnete: Ja, so es noch nicht bald angehen solte, so möchte auch ein Bräutigam drüber her seyn /und zu prügeln seine Stutte, daß sie immer vor Grausen vergehen dürffte: Was gilts, es würde Wasser geben: Hinwieder, wenn es zu viel regnete, so könnte man es auch bald ändern: Nehmlich, es müste der Bräutigam seine Liebste immer kützeln, damit sie lachete, daß das Braut-Bette wackelte: was gilts, es würde die Sonne scheinen? Höret dieses ihr Neogami! wollet ihr also, daß es regnen soll, so nehmet einen Stock, und zuschlaget eure Nymphen, daß beyde Wangen voll Thränen schwimmen, und stecket hernach den Stecken hinter das Hochzeit-Bette in Winckel, und lauffet auf die Gassen herum schreyende als ein Zahnbrecher: Baculus stat in angulo, ergo cras pluet! etc. So weit ermeldter Autor. Woraus das Frauenzimmer sattsam wird ersehen können, daß ich, ob ich gleich keiner politischen Complimenten gewohnet / dennoch ein wenig mitleidiger in allen Puncten mich gegen sie aufführe, als wohl andere vor mir gethan haben, und noch thun dürfften. Von diesem Puncte aber sey es hiermit genung.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Wenn ein Weib Butter rühret / und kömmt iemand ohngefehr darzu / und zehlet [272] die Reiffen am Butter-Faß von unten aufwärts / und nicht wieder von oben hinab / so kan das Weib keine Butter zuwege bringen / sie rühre / so lang sie wolle.

Ein junges Pürschlein reisete von Coburg nach Bamberg, vermeynende, er käme an den Ort, wo die Welt mit Bretern verschlagen wäre; fragte derowegen zu Coburg jedermann, mit wem er redete, wie weit es nach Bamberg sey, und auf was für Dörffer er zukäme? und bekam allewege zur Antwort: Es wären 6. Meilen; Als er aber mit etlichen nach Nürnberg fahrenden Fuhr Leuten zu Bamberg anlangete, fragte er alsbald im Wirths-Hause, wie weit es von Bamberg biß Coburg sey? und weil er zur Antwort hörete, es wären 6. Meilen, verwunderte er sich nicht wenig, daß es eben so weit hin, als her war, und hatte gäntzlich vermeynet, es würde von Bamberg nach Coburg etwas näher seyn. Wie dieses ein spaßhaffter Mann hörte, machte er dem Jüngling weiß, weil er hörte, er sey von Coburg gebürtig, so wolle er ihme aus Landsmannschafft einen Fußsteig sagen, daß er eine Stunde näher hätte, und wenn er sehr lieffe / könte er wohl 2. Stunden eher kommen. Das Pürschlein ließ sich den Vorschlag gefallen, war vergnügt, daß er die Stadt Bamberg erblicket hatte, und wanderte wieder nach seiner lieben Mutter zu. Ober aber auf dem Heimwege weniger, als 6. Meilen, gehabt, kan ich nicht wissen, weil ich ihn nicht wieder gesehen habe. Hier [273] dieser ietzt vorhabende Punct hält eben so viel Verstand in sich, als der nur beschriebene Coburger hatte. Denn ist es nicht wahr / wenn einer die Reiffen am Butter-Fasse von unten hinauf zehlete, und befände derer zehen, so weiß er ja gewiß, daß von oben hinabwärts nicht mehr seyn werden, als von unten hinauf gewesen sind; und müste einer wohl ein Ertz-Narr seyn, welcher, so er versichert wäre, daß er von unten hinaufwärts die Reiffen richtig gezehlet hätte / sich dennoch einbilden wolte, daß von oben hinab eine andre Zahl heraus kommen könne. Es mag nun aber mit dem Zehlen seyn / wie es wolle: Hier bey diesem Punct ist nur zu fragen, wie es komme, daß keine Butter werden könne, wenn die Reiffen des Butter-Fasses von unten hinauf / und nicht wieder zurück, gezehlet würden? Natürlicher Weise finde ich keine rationes, es sey denn, daß die Sache verstanden werde, wenn das Butter-Faß umgekehret stehe, daß der Boden oben sey, und man also mit Zehlung der Reiffen den Anfang von unten oder vom Boden an machen müsse, so kan freylich in einem solchen umgekehrten Butter-Faß nicht eher Butter gemacht werden, biß es recht aufgesetzt werde, daß die Reiffen auch von oben hinab gezehlet werden können. Im übrigen aber ist, nach einer nur ohnlängst selbst gemachten Probe, dieser Punct gantz falsch und s.v. erlogen.

Das 8. Capitel
[274] Das 8. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man über die Finger / oder die innere flache Hand siehet.

Muß doch nicht eben alles gut seyn, wenn es nur nicht böse ist, und liegt nicht viel daran, so es weder böse noch gut ist, dergleichen unzehlich viel Dinge sind; zum Exempel: Ich hebe einen Arm in die Höhe, das ist nicht gut, wenn es nicht aus erheblichen Ursachen geschicht, denn es hilfft mich nichts; es ist aber auch nicht böse / weil mirs nichts schadet. Wenn ich ohngefehr iemanden sehe vorbey gehen, so ists nicht gut /aber auch nicht böse. Ein Storch flieget mir über mein Hauß weg / das ist nicht gut; warum? Respons. weil michs nichts hilfft, etc. Also ist es auch nicht gut, wenn man über die Finger hinsiehet. Ich halte aber noch mehr davon, wenn man über die Finger hinweg siehet, als durch die Finger, welches letztere in Wahrheit nicht gut / sondern böse ist, und geschiehet zuweilen von Gerichts-Personen, wenn sie das Böse nicht der Gebühr nach straffen, sondern durch die Finger sehen. Welch durch die Finger Sehen auf zweyerley Weise kan verstanden werden, als erstlich, wenn man die Hand vors Gesicht hält, als ob man eine böse That nicht inne würde, da man doch alles durch die Finger gesehen hat; zum andern, wenn man auf eines Verbrechers Hände Achtung hat, ob derselbe irgend die Hände voll hat, daß die spendage zwischen denen Fingern [275] hervor gucket, und siehet ihm also durch die Finger in die Hand; ist denn was zu hoffen, ey so kömmt das erste durch die Finger sehen bald darzu, und will niemand etwas gehöret noch gesehen haben; welch böse Ding aber der Teufel erdacht hat. Was nun anlanget unsern ietzigen Punct, so ist es freylich nicht so gut, wenn ich über die leere Hand hinweg sehe, als wenn ich etwas kostbares in der Hand hätte, und sähe hinein: Jedoch halte ich dafür, daß es besser sey, über die Finger oder flache Hand hin sehen, als drunter weg. Denn wenn einem ein sehr grosses Unglück zuhanden stößt / so pfleget man gewöhnlich die Hände über den Kopff zusammen zu schlagen, und also unter denen Händen hinweg zu sehen, von welchem hoffentlich niemand viel gutes halten wird. Die alten Mütterlein haben aber ihren Willen, über oder unter denen Händen hin zu sehen.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Wenn man einem Wochen-Kinde zu allererst / an statt des Breyes / von einem rothen gebratenen Apffel zu essen giebt / so bekömmt das Kind rothe Backen.

Giebst du ihme einen geräucherten Schincken zu essen, so bekömmt das Kind einen schwartzen Hinter-Backen; denn der Schincken ist ja ein Hinter-Backen vom Schweine, und vom Rauche schwartz worden; wer nun solchen isset, [276] der bekömmt einen schwartzen Backen. Ein rother Apffel, oder der nur rothe Flecke hat / der wird ein rothbäckiger Apffel genennet; also bekömmet einer, der einen solchen Apffel isset, rothe Backen, nicht aber im Gesichte, sondern in die Hände oder in Magen. Jedoch kan ich dieses nicht auf ein Wochen-Kind gar wohl appliciren / weil solches die Schaalen des rothen gebratenen Apffels nicht mit geniesset, sondern nur das innwendige heraus, die Schaalen aber isset die Amme oder Mutter, wo sie solche nicht hinweg wirfft. Wenn ich ein wenig nachdencke, woher die Weiber dieses Geheimniß, denen Kindern rothe Backen zu machen, doch wohl mögen erlernet haben, so scheinet es nicht unmöglich zu seyn, daß Mademoiselle Eva (Madame war sie damahls noch nicht, sondern war noch eine unbefleckte Jungfer, als sie nach dem Apffel griff) die Urheberin sey. Denn ohne Zweifel hatte die Frucht im Paradieß auch schöne rothe Backen, die der Jungfer Even einen über alle Maassen grossen Appetit macheten, daß sie sich des Naschens ohnmöglich zu enthalten wuste, zumahl da der Teufel diese Frucht vor allen andern, die im Paradieß waren, so treflich herauszustreichen, und der guten Even damit das Maul wässerich zu machen wuste. Aber was geschah? so bald, als Eva den Apffel gekostet hatte, wurde sie so schamroth, und wurde gewahr, daß sie nacket war; die Backen wurden ihr ohne Zweifel so roth, als die verschluckte rothe Frucht gewesen, als sie an sich verspürete die Blösse, da hingegen [277] Adam noch mit dem Kleide der Unschuld umgeben war. Damahls nahm die Weiber-List ihren verfluchten Anfang / wenn die Eva ihren Adam beredete, daß er eben in die Pfütze fallen muste, darinnen sie schon lag / auf daß er / samt ihr zugleich / schamroth würde. Aber, ach! ihr verzweifelten rothen Backen, die von Essung rother Aepffel entstanden sind, solte nicht die natürliche Farbe schöner gewesen seyn? Also sind die heutigen Närrinnen alle noch, welche so grossen Gefallen an rothen Backen haben, und sich um deßwillen schmincken und die Backen färben. Aber diese Betrügerinnen müssen nicht bedencken, daß von solchen rothen Backen gesagt wird, daß sie aussähen, als wie s.v. ein geklitzschter Bauer-Steiß; Ich rede aber nur von geschminckten Backen, und nicht von denen, die die gesunde Natur färbet. Ubrigens ist bekannt, daß Adeliche Damen mehr auf weisse / als rothe Farbe achten. Ich aber nehme beydes zugleich; denn mein Freund ist weiß und roth.

Das 10. Capitel
Das 10. Capitel.
Wer einen Enten-Schnabel in seinen Hosen-Saum nehet / dem muß das Frauenzimmer gut seyn.

Ey hader / ey hader! welch ein Ding hat unser Bader? hatte jene Magd gesagt: Ob diese nun die Leder-Feile, worauf die Bader ihre Scheermesser zu streichen pflegen, gesehen oder gefühlet, und nicht gewust hat, was es vor ein [278] Ding sey, kan ich so eigentlich nicht erfahren, wiewohl ich mich auch darum unbekümmert lasse. Dieses fällt mir aber um deßwillen bey, weil ich hier einen sehr lächerlichen Punct zu untersuchen, und zu striegeln habe, wie sich nehmlich mancher Hasen-Zwirn durch einen in den Hosensaum geneheten Entenschnabel gedencket beliebt beym Frauenzimmer zu machen. Bey welchen närrischen Unternehmen auch gar leicht geschehen könnte, daß bey Fühlung solches Schnabels eine in solchen Worten heraus bräche, als wie oben angeführte Magd gethan. Es ist sicherlich dieser Punct so etwas närrisches und lächerliches, daß ich solches nicht besser, als mit lächerlichen Gespötte zu beantworten vor dienlich achte. Denn gleichwie auf einen lustigen Tantz-Platz ein sauertöpffiger Kerl sich gar nicht schicken würde; also will sichs auch nicht wohl schicken, daß ich diesen spöttischen Aber glauben mit einer spanischen oder gar zu ernsthafften Striegel überfahren wolte. Mein! was mag sich doch wohl mancher Hasenkopff, der in seinen Hosensaum einen Entenschnabel, um dadurch dem Frauenzimmer gefällig zu werden, eingenehet hat, vor Gedancken und speculationes machen? wie und auf welche Weise doch wohl ein solcher Entenschnabel also operire, und warum er also würcken möge? Ich zweifle nicht mancher wird gedencken / es sey ein sonderliches Geheimniß darunter verborgen, wenn allhier in Sachsen-Lande die Enten gewöhnlich geruffen werden: bey, bey, bey, bey Entel bey! auf welches Ruffen[279] denn die Enten gemeiniglich ihre Schnäbel aufsperren und gleichsam antworten, wie ihnen die Natur an die Hand giebt, oder wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das offt wiederholte Wort, bey, oder herbey, erwecket ohne Zweifel bey denen verliebten Latten-Läuffern die Meynung, als ob sie durch den Entenschnabel eben auch die Eigenschafft derer Enten bekämen, und von dem Weibes-Volck hernach auch, als wie die Enten, bey, bey oder herbey geruffen würden. Das lasse ich zwar an seinen Ort gestellet seyn. Ich weiß aber wohl, daß die Enten nicht an allen Orten also geruffen, oder Bey-Enten genennet werden; sondern es werden an vielen Oertern diese auch Bil-Enten genennet, und geruffen: bil, bil, bil etc. Hierüber nun viel Auslegung zu machen, erachte vor unnöthig zu seyn. Beobachte ich aber die dritte Benennung derer Enten, so hat es das Ansehen, als ob die Ziegeuner solchen Nahmen aus Egypten in unser Teutschland gebracht hätten / wenn man sie nehmlich von dem Egyptischen Flusse, dem Nilo, her ruffet, und daher Nil-Enten benahmet. Letzlich fällt mir auch ein / wie einsmahls ein Bauer gesagt haben solle, daß es sehr vielerley Enten gäbe, aber seine Tochter hätte unter allen die Stut-Enten am allerliebsten. Bey so gestallten Sachen nun ist kein Wunder, daß mancher eine verborgene Krafft dem Entenschnabel andichtet, dem Frauenzimmer damit zu gefallen, wenn die Enten dem Weibs-Volck zum theil so angenehm sind. Ich will hier nicht [280] anführen, wie sich mancher geiler Huren-Hengst bemühet, zu gewisser Zeit, einem Enterich die über dem Schwantze stehende und aufwarts gelegene krumme Feder auszurauffen und derselben theilhafftig zu werden; und erinnere ich mich noch eines solchen liederlichen Kerls, welcher einen Ducaten vor eine solche Feder zu geben versprach. Da ich denn nicht zweiffelte / es bestehe die Krafft solcher Feder auch nur in der blossen Einbildung eines geilen Huren-Hengsts, sintemahl natürlicher Weise solche so wenig, als der Schnabel effectuiren kan. Wenn ein Schnabel von einer Enten soll so grosse Krafft haben, so wird vermuthlich ein Storch-Schnabel noch viel kräfftiger seyn; aber was sagt hierzu theils Frauenzimmer?


Ach nein, ach nein, bey leibe nein, Storchschnabel möcht zu spitzig seyn, Der Entenschnabel kulbig-rund Ist allen lieb und auch gesund. Drum sind es angenehme Chosen, Wenn wir ihn wissen in den Hosen.

Das 11. Capitel
Das 11. Capitel.
Wenn man ein klein unmündiges Kind ein Würmgen /Jäckel / Ding und dergleichen heist / so beschreyet man es / daß es hinfort nicht gedeyen kan.

Es ist zwar eine böse Sache, und klinget garstig, wenn manche Leute ihre eigene Kinder nicht allein dermassen verwünschen und verfluchen, daß einem, der es mit anhöret, die Haut [281] schauern mochte; sondern es ist auch nicht fein, wenn sie die Kinder wohl gar Donner- und Hagels-Aeser, Wetter-Kröten / Jäckel und dergleichen nennen, da es denn freylich denen Kindern zu keinen Schmeere gedeyen kan, wenn ihnen die Eltern mit keinem bessern Seegen begegnen. Denn es werden doch insgemein solche böse Benennungen in grossem Zorn, den die Eltern gegen die Kinder haben, heraus gestossen, woraus, nach des Sittenlehrers Syrachs Worten, nicht viel gutes zu gewarten ist. Wenn man aber ein Kind aus Liebe ein Mäußgen, Dingelgen, auch wohl Schweingen / oder aus Mitleiden und Erbarmung ein Würmgen nennete, so will ich nicht ehrlich seyn, wenn dieses iemahls einem Kinde geschadet hat, oder noch schaden wird. Jedoch will ich denen Weibern sagen, auf was Art, oder zu welcher Zeit es gewiß eintreffe, daß ein Kind hinfort nicht mehr gedeye, wenn es ein Würmgen genennet werde; Nehmlich, wenn das Kind stirbt, und wird beym Begräbniß das Lied gesungen: Ein Würmlein bin ich arm und klein etc. Da wirds ja ein Würmgen genennet / und gedeyet auch nicht mehr. Man wolle aber bedencken, ob hier diese Benennung etwas vermag, daß ein Kind nicht gedeye / oder ob das zeitliche Verderben allbereit vor der Benennung zugegen sey gewesen? Auch wird bey Lebzeit eines Kindes man es nicht leichtlich ein armes Würmgen nennen, man werde denn durch des Kindes miserablen Zustand zu dieser Benennung veranlasset / daß dannenhero diese nicht vor dem [282] Ungedieg hergehet, sondern erst hernach folget, und aus dem Ungedieg selbst erwächst. Also siehet ein vernünfftiger Mensch ja Sonnenklar, daß an diesem aberglaubischen Fürgeben nichts sey.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Wen die Katze zu der Zeit / da sie sich putzet /ansiehet / der wird ausgemacht oder gescholten werden.

Darum mögen die Weiber fein auf die Seite gehen, wenn sich die Katze putzt, auf daß das Schelten nicht irgend über sie komme, weil sie ohnedem sonst alles über sich nehmen müssen. Gern möcht ich aber wissen, wie dann die Katze zu solcher Wissenschafft komme / daß sie so just wisse, wer da werde ausgemacht oder gescholten werden, und dahero niemand anders ansehe, wenn sie sich putzet / als nur dasjenige, so da wird ausgemacht oder gescholten werden? Gewiß, wenn sich dieses in Wahrheit also verhält, (welches ich doch keines weges glaube) so müsten die Katzen mit einem prophetischen Geiste begabet seyn, und dürffte man sich dannenhero nicht so sehr verwundern, wenn sie, der alten Weiber ihrem Vorgeben nach, manchem gar den Tod mit ihrem Geschrey ankündigen sollen. Wenn zuweiln ein Mensch den andern scharff ansiehet, und dieser will es nicht leiden, so pfleget jener zu sagen: Siehet doch die Katze den Käyser an. Wenn nun dieser ietzt fürhabende Punct wahr wäre, und die Katze sähe einmahl zu der Zeit, da sie sich putzte, den Käyser an, da [283] möchte ich dargegen den gern sehen, der den Käyser ausmachen oder schelten würde, weil der Käyser niemanden über sich hat, der ihn schelten dürffte / ausser GOtt / den HErrn aller Herren. Wenn ich aber nun von dem Käyser, als Ober-Herrn des gantzen Römischen Reichs, auf einen kleinen Herrn falle, nehmlich auf einen Wirth in einem Hause, als der auch in seinem Hause niemanden hat, der Fug und Macht hätte, ihn zu schelten oder auszumachen, so kan ja eine Katze, wenn sie in der Stuben sitzet und sich putzet, gar leicht den Wirth oder Herren des Hauses ansehen; solte nun dieser ausgemacht oder gescholten werden, so weiß ich nicht, wer es thun solle? Denn denen Kindern und Gesinde, wie auch dem Weibe kömmt es von Rechtswegen durchaus nicht zu; müste demnach auf den Beicht-Vater ankommen, welcher aber schwerlich würde mit Schelten herum kommen / wenn er allemahl die Männer solte ausmachen oder schelten, welche von einer sich putzenden Katzen wären angesehen worden. Aber was mache ich mir hierbey viel Kopffbrechens? Es haben ja die Herren Beicht-Väter in allen Häusern ihre Vice Beicht-Väter / oder vielmehr Beicht-Mütter, welche die Männer viel ärger aushecheln können, als die rechten Beicht-Väter, und das sind die sträflichen Weiber zum Theil; (denn alle thun es nicht) also mag die Katze ansehen, wen sie will, so wird es ausgemacht. Wie es aber eigentlich zugehe / daß auf das Anschauen der Katzen ein Schelten entstehe, das kan ich so [284] genau nicht errathen; vermuthe aber, daß wenn die Katze irgend einen Topff in der Küchen umgewendet, und die Speise daraus genaschet hat, sich aber hernach in die Stube setzet, und die Pfötgen wieder lecket, auch hierbey irgend die Magd oder Frau ansiehet, die die Katze über dem Naschen ertappet und geschlagen hat, so kan leicht unter denen Anwesenden eine Frage entstehen, warum sich denn die Katze so lecke, sie habe gewiß etwas genaschet, und wenn alsdenn der geschehene Schade bekannt wird, so wird die Frau oder Magd gescholten, daß sie die Sache nicht besser vor der Katzen verwahret hat. Dabey trägt sichs denn gemeiniglich zu, daß wenn der Hauß-Herr hierüber die Frau oder Magd schilt, diese das Blat umkehren, und dem ehrlichen Manne die Ohren dargegen so voll keiffen und beissen, daß er möchte aus dem Hause lauffen. Und auf solche Weise wird auch offt (iedoch ohne Recht und Billichkeit) ein Haußwirth gescholten. Ob aber dieses Schelten allezeit auf das Anschauen der Katzen erfolge, wird mir schwerlich ein verständiger Mensch bejahen. Also stehet dieser Punct, gleich allen andern, auf gantz lahmen Füssen.

Das 13. Capitel
Das 13. Capitel.
Wenn die Köchin das Essen lässet anbrennen / so ist sie verlobt oder versprochen.

Das will ich wohl glauben, und müste einer ein sonderlicher Liebhaber der angebrannten [285] Speisen seyn, der eine solche Köchin, die das Essen lässet anbrennen, nicht solte versprechen, i.e. übel von ihr sprechen. Denn Lobens werth ist sie nicht, drum wird sie verlobt oder unrecht gelobt; und auf diese Art ist eine Köchin, die das Essen hat lassen anbrennen, verlobt oder versprochen, das ist so viel gesagt, als, die Köchin ist unrecht gelobt, oder übel von ihr gesprochen. Denn bey uns Hoch-Teutschen ist die Gewohnheit, daß man sagt, wenn iemand ist verkleinert oder verachtet worden, er ist versprochen worden. Gleiche Bewandniß hat es mit dem verlobt seyn, und ist so viel gesagt, als wenn man spricht, sie sey überlobt, oder mehr gelobt, als sie verdienet habe. Dahero man keinesweges dencken darff, als sey es zu verstehen, daß die Köchin mit einem in Ebe-Verlöbniß sey getreten, wenn sie das Essen lässet anbrennen, und wäre sicherlich eine solche Magd oder Köchin auch nicht einmahl werth, daß sie eine Verlobte heissen soll, wenn sie so unachtsam das Essen lässet anbrennen, welches bey ihrem Liebsten eine schlechte recommendation abgiebet. Mir ist auch bekannt / daß, wenn eine Speise angebrannt ist, man insgemein zu sagen pfleget, die Köchin wolle gewiß gern einen Mann haben; und dieses dürffte eher eintreffen, als das erste, denn die Mägde hätten alle gar zu gerne Männer / und weil sie mehr auf die Männer dencken / als auf die untern Händen habende Speise, so ist es kein Wunder, daß sie diese vergessen und anbrennen lassen. Gnade GOtt demnach einem Herrn und Frauen, wenn [286] sich die Mademoiselle Köchin irgend einen Freyer oder Liebsten einbildet. Gewiß wird kein guter Bissen auf den Tisch kommen, sondern entweder versaltzen, angebrannt, oder gar nicht gesaltzen seyn. Denn sie gehet stets in Gedancken herum, und sinnet nur auf den Liebsten, nicht aber auf ihre Arbeit, dahero vergisset sie, so zu sagen, die Zunge im Maule, und gedencket auf nichts, was ihr befohlen ist. Ich muß aber bey diesem Punct noch gedencken, daß gleichwohl offtmahls Köchinnen und Weiber das Essen lassen anbrennen, welche schon so viele Jahre Mäner gehabt haben, und also weder auf einen Freyer gedencken /noch verlobt oder versprochen mit einem Liebsten seyn können; dahero sattsam zu spüren ist, daß dieser Punct nicht also zu verstehen seyn müsse, als wie er lautet, sondern wie ich ihn Anfangs erläutert habe. Wiewohl zwar auch, leider! manche Ehe-Frau in die ser Grund-Suppe der verderbten Welt versprochen ist, wenn sie nehmlich einem andern sich versprochen hat, daß sie um diese oder jene Zeit da oder dorthin kommen wolle, oder sie hat einem andern versprochen, ein Zeichen zu geben, wenn ihr Mann nicht zu Hause sey, da jener zu ihr kommen könne. Aber, o verfluchte Versprechung! ich sorge, der Teufel wird hierzu der Goldschmidt zum Mahl-Schatze werden, und zuletzt Braut und Bräutigam in den Topff schmeissen, worinnen alles ewig brennet, aber doch nicht verbrennet: Allda manche verhurte Köchin an ihre Unachtsamkeit, wie liederlich sie ihrem Herrn das Essen verbrannt und verderbet [287] habe, gedencken, und zu spät bereuen wird. Wiewohl sich eine ehrliche Frau oder Magd, welche, wegen allzuvielen Verrichtungen, oder aus Versehenheit, irgend einmahl eine Speise lässet anbrennen, dieses nicht anzunehmen hat; denn man weiß gar wohl, daß, gleichwie Brauen und Backen nicht alle mahl geräth, also ist es auch leicht beym Kochen versehen, und verderbt offtmahls der beste Koch die Speise am ärgsten.

Das 14. Capitel
Das 14. Capitel.
Welche Jungfer die Katzen lieb hat / die bekommt einen frommen Mann.

Den verdient sie auch. Denn unerachtet man vor denen Katzen weder Topff noch Schüssel darff stehen lassen, sondern man muß alles vor ihnen wohl verwahren, so ist es doch offenbahr, daß eine gute Katze der Mäuse wegen sehr nöthig in einem Hause ist. Wenn nun eine Jungfer oder Köchin ihre Küche und Speisen wohl verwahret und in acht nimmt, daß die Katzen keinen Schaden daran thun können, auch noch über dieses der Katzen zu rechter Zeit zu fressen giebet, und solcher Gestalt alles fein ordentlich hält, die ist werth, daß sie einen frommen und vernünfftigen Mann bekomme. Und kan ich leicht urtheilen, daß eine Köchin, die die Katzen lieb hat, gewiß auch derer Katzen Eigenschafft wissen werde, und so sie diese weiß, und doch die Katzen liebet, so ist zu schliessen, daß ihr die Katzen nicht viel Schaden gethan haben mögen, [288] welches doch ohne Zweifel nicht würde nachgeblieben seyn, wenn sie, nach derer unachtsamen Köchinnen Art, alles hätte lassen im Wege stehen. Und also muß von Rechts wegen eine einen frommen Mann kriegen / die die Katzen lieb hat. Ich sage von Rechts weger, denn ich weiß wohl, daß es von Rechts wegen nach ihrem Verdienst, also seyn solte, aber nicht allemahl also erfolget, und kenne ich viel wackere verständige Weiber, welche wohl werth wären, daß sie auch vernünfftige Männer hätten, da sie hingegen rechte unvernünfftige Flegel und unbescheidene Wütteriche zur Ehe haben. Ob sie nun diese mit andern Sünden verdienet haben, oder ob GOtt ihnen solche Bengel und unvernünfftige Röckel aus Gnaden, als ein Creutz, aufgebürdet habe, darum lasse ich mich unbekümmert. Gnug, daß viel hundert wackere und verständige Männer auch mit rechten Ehr-losen Weibern sich plagen müssen, und können offtmahls nicht begreiffen, womit sie es verschuldet haben / daß ohnerachtet sie doch gut Lutherisch sind, GOtt sie dennoch mit einem solchen heissen Fegfeuer straffe. Aber wer kan mercken, wie offt er fehle? man bildet sich freylich ein, als habe man nichts verschuldet, da man doch offt wohl ein ärgers verdienet hat. Drum


Leid alles mit Gedult;

Gedencke an die Jugend,

Und an die alte Schuld;


so wirst du gewiß innen werden, daß GOtt deiner noch ziemlich schonet, und dir nicht lohnet, [289] wie du verdienet hast. Dem Frauenzimmer aber gebe ich diese Versicherung, daß sie so schlechterdings von der Katzen-Liebe, oder um der Katzen-Liebe willen keine frommen Männer bekommen werden / sondern wenn sie GOtt fürchten, fleißig beten, ordentlich haußhalten, und selbst fromm seyn werden, so wird es endlich mit ihnen und ihren Männern heissen: Gleich und gleich gesellet sich gern.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wenn eine schwangere Frau über ein Grab gehet / so stirbet hernach ihr Kind.

Wer diese Lügen ersonnen hat, der muß nicht weiter, als hinter das Ofen-Loch gedacht haben, oder muß selbst nicht weiter gewandert seyn, als aus dem Küh-Stalle nach dem Hüner-Hause. Denn wie viel giebt es doch wohl Städte, da um iedwede Kirche ein Gottes-Acker ist, da man nicht kan in die Kirche gehen, man muß über Gräber hingehen? Und ob gleich wolte gesaget werden, daß die Wege zwischen denen Gräbern hingiengen; und man eben nicht über die Gräber, dürffte hingehen; so weiß ich doch gleichwohl auch, daß an solchen Orten mehrmahls die Wege verändert, und über alte eingegangene Gräber hin gemacht werden. Und mag man an solchen Orten gleich mitten auf denen Wegen eingraben so wird man Todten Beine genug finden, daß also ein schwanger Weib entweder bey ihren Schwangergehen [290] gar nicht zur Kirchen gehen dürffte, oder den Tod ihres Kindes besorgen müste. Will man aber wieder einwenden, daß die Wege nach solchen Kirchen nur über alte und eingegangene Gräber giengen, welche nicht mehr als Gräber könnten æstimiret werden, um hätten auch keinen effect mehr; so halte ich diesem wieder entgegen, wie man doch bedencken wolle, welcher gestalt derer Todtengräber ihre Weiber, wenn sie schwanger gehen, so wohl über neue und alte Gräber fast alle Tage, pflegen hinzugehen, wenn sie ihren Männern Handreichung thun, wie auch, wenn sie Sommers-Zeit das Graß von denen Gräbern abzugrasen pflegen. Dem aber ohnbeschadet bekommen sie ihre Kinder nicht allein glücklich, sondern ziehen sie auch groß, wie dergleichen Exempel genug bekannt sind. Will man sich denn irgend einbilden, derer Todtengräber ihre Weiber wären Katzen und nicht wie andere Weiber, sondern die Gewohnheit hätte bey ihnen die Natur geändert, so mag man es thun / unterdessen wird diese Meynung sehr schwer zu behaupten fallen. Denn wenn ich gleich zugebe, daß ein Mensch offtmahls durch viele Gewohnheit die Natur verändern kan, so kan doch die Gewohnheit der Mutter dem ungebohrnen Kinde nichts angehen / weil dieses noch von keiner Gewohnheit weiß, indem es noch eine ungebohrne Frucht ist. Scheinet demnach sattsam erwiesen zu seyn, daß man mit solchen Aberglauben sich eine vergebliche Furcht mache, und ist dieser Punt so unrichtig als der, wenn man [291] spricht, es dürffte eine Frau, wenn sie schwanger gienge, kein Kind aus der Tauffe heben.

Das 16. Capitel
Das 16. Capitel.
Wer Processe führet / und siehet seinen Gegenpart eher / als der Gegner ihn / wenn sie vor Gerichte gehen / der behält Recht.

Dieser Punct kan gar leicht Glauben finden, und pflichte ich ihme selbst mit bey. Aber wie? Jener Dieb hatte recht biß an den Galgen, und geschahe ihm sein Recht, er behielt auch Recht, ob ihm der Brod-Sack gleich schon zugezogen war. Denn wer wolte sagen, daß einem offenbahren Diebe, der gehenckt ist worden, nicht sein Recht wiederfahren sey? es ist ihme ja nicht Unrecht geschehen / sondern er hat recht behalten. Also mögen zwey oder mehr Personen, die einander zuwider sind, oder Proceß- und Streit-Sachen mit einander haben, wenn sie vor Gerichte gehen wollen, gar leichte sich einbilden, und können auch wohl alle beyde Partheyen hoffen, daß sie wollen Recht behalten: Denn wenn der Richter unpartheyisch ist, so soll und muß er billich einem ieden sein Recht wiederfahren lassen, es mag nun wohl oder wehe thun. Aber was soll denn solcher gestalt das erste Anschauen des Gegenparts / wenn sie alle beyde Recht erhalten?Resp. Gar nichts hilfft es, und wäre kein Wunder, daß GOtt verhinge, daß er einem solchen abergläubischen Narren das [292] Recht also treffen ließ / daß es ihm recht wehe thät. Denn die Begierde und der Vorsatz, den sich ein solcher Mensch machet, ist nicht Christlich, weil ich nicht will, daß ihme eben das rechte und gleiche Recht, sondern das gebogene oder krumme Recht (wie man zu sagen pfleget) wiederfahren soll. Ists nicht wahr, einer der eine böse Sache hat, oder unrecht ist, und dennoch in der Begierde und Hoffnung stehet, daß der Richter ihn soll vor gerecht, und hingegen den andern (der doch gerecht ist) vor unrecht verurtheilen, der ist ein Dieb und ein Mörder? Und so er den festen Glauben heget, daß er seinen Gegner werde über den Tölpel werffen können, wenn er ihn erst zu Gesichte bekäme / so ist er ein Abgöttischer. Wiewohl er mit diesem Aberglauben seinem Gegenpart nicht das allergeringste abgewinnen wird. Denn es bleibt dabey / es wiederfähret allemahl beyden Partheyen entweder Recht oder Unrecht, und so einem Unrecht geschiehet / so geschiehet dem andern auch Unrecht. Zum Exempel: Ich hätte eine heimliche Feindschafft auf meinen Nachtbar, und thäte ihm allerhand heimlichen Schaden, das ich doch nicht verantworten könnte, und da er es endlich gewahr würde, sich genöthiget befände, mich bey der Obrigkeit zu verklagen, und um Schutz und Hülffe anzusuchen; die Obrigkeit aber wäre mir irgend wegen einer Sache gewogen und zugethan, und zöge mich dannenhero nicht alleine zu keiner Straffe, wegen meines Verbrechens, sondern foderten auch von Klägern noch viel Unkosten [293] und Gerichtsgebühren, so geschähe Klägern Unrecht / und mir auch; denn wenn mir Recht wiederführe, so müste solches in Bestraffung meines Verbrechens geschehen. Ob aber nun das erste Anschauen kan so viel würcken, daß meines Gegners seine gerechte Sache um des Anblicks willen müsse ungerecht werden, und daß stracks die Gerichtspersonen sich mir zu Gefallen müssen partheyisch aufführen, und ihrer schweren auf sich haben den Pflicht vergessen, und ich Ungerechter dadurch müsse gerechtfertiget werden, das wird ein vernünfftiger Mensch / der die Sache genau überleget, sich nimmermehr einbilden, wie es denn auch in Wahrheit wider die Natur und gesunde Vernunfft läufft. Ich weiß zwar gar wohl, daß dieser Aberglaube in viel und mancherley Fällen getrieben wird, daß man meynet, wenn man den andern eher sehe, als jener ihn, so entfalle dem andern das Hertz. Dahero auch die Scharffrichter es in acht zu nehmen pflegen, wenn sie irgend iemanden torquiren oder justificiren sollen, und befleißigen sich, daß sie den Maleficanten zu erst sehen; anderer dergleichen Begebenheiten vorietzo zu geschweigen. Es ist aber eine lautere Phantasie und vergebliches Vornehmen, damit man GOtt erzürnet, und sonst auch nichts gewinnet.

Das 17. Capitel
Das 17. Capitel.
Wer vor Gerichte etwas zu schaffen hat / und hat sein Messer bloß eingesteckt / der behält recht.

[294] Abergläubischer Geck! warum nimmst du denn nicht auch einen Fuchs-Schwantz darzu? was willst du denn mit einem blossen Messer machen? soll sich denn irgend dein Gegenpart dafür fürchten, oder willst du ihm damit seine Ehre abschneiden, oder gedenckest du damit den Richter zu bestechen, wenn es spitzig ist, oder was hast du damit vor ein Absehen? Von diesen nur bemeldten dreyerley Stücken wird keines angehen, weil für deinem Messer dein Adversarius sich nicht fürchtet, indem er nichts davon weiß; so hast du auch das Messer nicht nöthig zum Ehr-Abschneiden, weil deine Zunge darzu viel geschickter seyn wird; den Richter kanst du auch nicht damit bestechen, sintemahl ein Pappierlein mit Spitz-Groschen, oder besser / mit Ducaten, viel eher die Gemüther durchdringet, als ein blosses Messer, und obs auch gleich gar ein Böhmischer Schnitzer wäre. Es ist ja sicherlich eine rechte thörichte Sache, wenn ein Mensch solche albere Dinge practiciret, dabey weder Sinn noch Vernunfft gebraucht wird. Das blosse Messer soll hier dienen zu Erhaltung des Rechts oder der Gerechtigkeit; wie kan es aber einem die Gerechtigkeit zuwege bringen, der doch ungerecht in seiner Sache ist? Kan denn das Messer das Schwartze weiß, oder das Unrecht recht machen? das wird mich in Ewigkeit niemand bereden. Zu dem schaue man doch nur die Unbesonnenheit an, die hierbey vorgehet. Die Narren sagen, es müsse das Messer bloß seyn, das ist so viel, als daß es nicht in der Scheide stecke, hingegen stecken es [295] die Narren in den Schub- oder Diebs-Sackeben, als obs der Diebs-Sack nicht so wohl verdeckte / als eine Scheide. Denn mit einem blossen Messer in der Hand darff niemand vor Gerichte erscheinen. Was soll denn nun das leblose Messer im Schub-Sacke vor Junge hecken? Es werden schöne junge Affen herauskommen, womit der Alte, der sie trägt, fein wird spielen können. Im übrigen wird der geneigte Leser im vorigen Capitel von dieser Materie schon ein mehrers vernommen haben, sintemahl es einerley Gelichters ist; dannenhero ich mich hierbey auch nicht länger verweile, sondern mich mit meiner Striegel weiter begebe.

Das 18. Capitel
Das 18. Capitel.
Wer nicht wohl schlaffen kan / es sey ein Kind / ober alt Mensch / dem soll man einen Ruhe-Wisch unter den Kopff oder unter das Küssen legen.

Als ich neulich ohngefehr an einen Ort kam, da ein Patiente kranck lag, und klagte, daß er nicht schlaffen könte, vermahnete ich ihn zur Gedult, und rieth darneben, daß er wider seine Kranckheit nur gute Mittel gebrauchen solte, so würde sich der Schlaff auch wohl wieder finden; ehe aber seine Beschwerung und Kranckheit euriret würde, wäre die Beförderung des Schlaffs nicht wohl zu rathen. Es hatte aber, diesen Patienten zu besuchen, auch eine sehr weise Frau sich eingestellet / welche alsobald den heilsamen Rath [296] ertheilte, wie nehmlich der Patiente nur solte sehen, wie er einen Ruhe-Wisch bekäme, der stillschweigend einem Bauer-Weibe wäre genommen worden, diesen solle er sich lassen unter sein Haupt-Küssen legen, so würde er sehen, wie wohl er darauf ruhen würde. Ob ich nun gleich diesen Fratzen sonst schon mehr gehöret hatte, so stellte ich mich doch, als wäre mir es unbekannt / und fragte die hochverständige Frau, was denn ein Ruhe-Wisch vor ein Ding wäre? worauf diese ihr rathsames Maul in so viele hochweise Falten zusammen sitzte, und recht dreyeckicht formirte, woraus eine rechte melirte Antwort wurde, da von einer Ecke die Klugheit, von der andern die Erbarkeit / und von der dritten eine sonderbare Freundlichkeit sich hören ließ, und zwar in nachfolgenden Worten: Wenn die Bauer-Weiber mit Trage-Körben zu Marckte gehen, so legen sie unter den Korb einen Wisch Stroh, daß der Korb darauf ruhet, und sie nicht so sehr drücken kan, und das heist man einen Ruhe-Wisch. Ich halte viel darauf, denn ich habe es alle mahl gut befunden, und ist besser, denn die kostbarste Artzney. Wenn ich einem Bauer-Weibe etwas abkauffe, so sehe ich zu, wie ich ihr den Ruhe-Wisch hinweg parthiere, und wenn sie es auch gleich sehen / sie sagen nichts darzu, denn sie wissen schon / worzu man sie nimmt; ach ich halte gar zu viel darauf, etc. Das war wohl eine treffliche Recommendation der so genannten Ruhe-Wische, und glaube ich, daß, wenn es mancher Medicus hätte gehöret, er hätte denen Apotheckern [297] befohlen, daß sie grosse Kästen mit gestohlnen Ruhe-Wischen sich anschaffen möchten, und hingegen das Laudanum opiatum hinweg schmeissen solten, weil von diesem leicht eine überschrittene Dosis gar gefährliche Fälle erregen könte / welche Gefahr hingegen von denen Ruhe-Wischen nicht zu besorgen ist. Da siehet man, was Weiber-Rath und Weiber-Witz erfindet / wovon man sich zwar bald s.v. hehusten möchte; aber ob auch Schlaff oder Ruhe durch solchen Rath zu erlangen sey, dessen habe ich noch keine wahre Probe. Daß ich aber so schlechterdings der nur erwehnten hochweisen Frauen soll Glauben zustellen, achte ich vor allzusimpel zu seyn. Ich habe bey Untersuchung des funfzehenden Puncts des ersten Hundert Aberglauben observiret, daß es fast schiene, als ob die super-klugen Weiber die Ruhe in fremder Leute ihren Steissen suchten. Dieser ietzt vorhabende Punct erinnert mich nicht alleine meiner damahls gehabten Gedancken, sondern versichert mich noch mehr, daß ich dasselbige mahl nicht bin irrig in meiner Meynung gewesen. Denn ehe ein Stroh-Wisch zu einem Ruhe Wische wird, so muß er erst auf einer Bäuerin ihren Steiß, unter den Trage-Korb / geleget werden, und so dann wird der Stroh-Wisch ein Ruhe-Wisch. Also ist offenbar, daß die Ruhe aus dem Steisse müsse in den Stroh-Wisch kommen. Dahero wäre meines Erachtens am allerbesten gethan, wenn ein Patiente nicht könne einen solchen Ruhe-Wisch bekommen, daß er an dessen Statt ein Bauer-Weib [298] ins Bette unter das Haupt legte, und zwar also, daß ihr Steiß ihm an statt des Haupt-Küssens dienen müste, so ist kein Zweifel, es werde mehr Kräffte geben, als ein Stroh-Wisch, der nur ein wenig auf dem Steisse gelegen hat: Jedoch hat ein jeder seinen freyen Willen; wie ich es denn auch keinem andern recommendire, als nur denen, die gerne dem Rathe super-kluger Weiber folgen. Ich meines Orts halte auf dergleichen Dünste und Künste, so aus der Weiber ihren Steissen ausfliegen, nichts.

Das 19. Capitel
Das 19. Capitel.
Wenn man ein Vieh / das geschlachtet wird / beklaget / so kan es nicht ersterben.

Dieser einfältige und albere Aberglaube ist bey dem gemeinen Volck so bekannt, als wie der Rupert bey denen Kindern. Gleichwie aber die Furcht für dem Rupert vergeblich ist; also ist die Furcht, als ob ein beklagt Vieh nicht ersterben könte, auch vergeblich. Es ist die Phantasie eben beschaffen, als wie das so genannte Beschreyen. Denn gleichwie ein Mensch in Ungedieg kommen soll, wenn er von einem andern gelobt worden ist; also soll ein Vieh auch längere Todes-Qvaal leiden müssen, so es geschlachtet wird, und wird von einem dabey-stehenden Menschen beklaget. Es hat aber eines, wie das andere, nicht den allergeringsten Grund, und ist ein lauters Mährlein und Alt-Weiber-Gewäsch. [299] Wie soll doch das Beklagen einem sterbenden Vieh den Tod hemmen können, da doch das Vieh das Klagen nicht verstehet, und nicht weiß, ob es beklagt oder gefrolocket heist? Ich bin auch der gäntzlichen Meynung, daß / wenn ja wahr wäre, daß man durch das mitleidige Beklagen könne eine sterbende Creatur aufhalten, oder dessen Tod schwer machen, so würde der wahre effect solches Beklagens am allermeisten an der alleredelsten Creatur, nehmlich dem Menschen, können und müssen beobachtet werden. Wer hat aber wohl erfahren, daß iemahls ein Scharffrichter geklagt hätte, daß er einem armen Sünder nicht hätte vom Leben helffen können, weil dieser von so vielen umstehenden Zuschauern wäre beweint und beklaget worden? denn es kömmt ja viel eher der Natur gemäß, daß ein Mensch auf seines gleichen würcke, als daß ein Mensch auf eine Bestie würcken solle, zumahl, wenn die operation auf eine solche übernatürliche Weise geschehen solte, als wie der ietzt vorhabende Punct uns bereden will, so ist aber keines von diesen möglich; dahero nicht nöthig wäre, mich noch länger hierbey aufzuhalten. Jedoch ich gebe nur noch zu bedencken, wie offt doch wohl mancher Hund, Katze, oder ander Thier, das man lieb oder werth hält, ohnversehens tödtlich geschlagen, geschossen oder geworffen wird? und ohnerachtet mans mit Wasser begießt, und allerhand versucht, ein solch Vieh vom bevorstehenden Tode zu retten / es darneben auch sehr beklaget / so stirbt es doch offte unversehens unter [300] den Händen. Warum hält das Beklagen denn ein solch Thier nicht auch vom Tode auf, als wie eines, das mit Vorsatz erwürget wird? Ihr abergläubischen Meer-Affen, bedenckt dieses nur ein wenig, so werdet ihr wahrhafftig selbst innen werden, daß euer Glaube irrig sey. Als ich in meiner Jugend, als ein kleiner Knabe, eine gewisse Henne beklagte, die unsere Magd abwürgte, gab sie mir eine Maulschelle, und sagte, ich solte das Maul halten, die Henne könte sonst nicht ersterben. Hierauf warff sie die Henne in den Hof in Meynung / sie würde liegen bleiben, und sterben, aber die Henne lieff davon. Da war nun niemand daran Schuld, als ich, (wie die Magd sagte) weil ich sie beklagt hätte; wie aber der Knecht die Henne haschete, sahe er alsbald, daß die Magd nur die äuserste Haut am Halse hatte entzwey geschnitten, aber die Gurgel unbeschädigt gelassen; also war ich keinesweges Ursach, daß die Henne nicht starb, sondern die Magd selbst, weil sie nicht tieff genug geschnitten hatte, daß sich die Henne hätte verbluten können. Auf solche Art kan sichs auch mit andern Thieren zutragen. Und dieser Punct bleibt erlogen.

Das 20. Capitel
Das 20. Capitel.
Es ist nicht gut wenn man das Brod auf den Tisch leget / daß das aufgeschnittene Theil vom Tische schaue.

Es ist nicht gut! das ist die alte Leyer aus der alten Weiber Pfylosophie. Warum es [301] aber nicht gut sey /weiß weder jung noch alt, genung, daß es die alten Weiber sagen. Warum man das Brod also auf den Tisch legt, daß der Aufschnitt auf den Tisch und nicht vom Tische schaue, das geschicht ohne Zweiffel, weil es von uralten Zeiten also bräuchlich ist; daß es aber etwas übels nach sich ziehen solle, wenn es ohngefehr verkehrt gelegt wird, das wird nimmermehr erwiesen werden. Ich meines Orrs besorge mich gantz nichts Böses, denn ich weiß es, und bin versichert, daß, ob das Brod gleich von meinem Tische schauete, so laufft mir es doch nicht vom Tische. Wenn die abergläubische Rotte nur bedencken wolte / daß wohl tausend mahl sich zutrüge, wenn irgend der Tisch klein ist, und ein ieder über Tisch ein Stück Brod abgeschnitten hat, das liebe Brod gar nicht auf den Tisch, sondern an einen andern Ort in der Stube / wo Raum darzu ist, geleget werde, und zwar ohne Unterschied des aufgeschnittenen Theiles; darzu aber schweiget iederman stille, und habe ich noch nicht gehöret / als ob es nicht gut wäre. Da es nun nichts übels zu bedeuten hat / wenn das Brod gar vom Tische weggelegt wird, viel weniger kan es schaden, wenn es auf dem Tische liegt, und mit dem aufgeschnittenen Theile nur vom Tische sich abwendet. Es wolte zwar ein guter Freund, mit dem ich nur heute von dieser albern Materie discourirte, vermeynen / ob wäre irgend das die Ursach, daß es nicht gut sey, so man den aufgeschnittenen Theil des Brods also legte, daß es vom Tisch abwerts sehe, weil auf [302] solche Weise ein böser Mensch leicht könnte Gifft oder etwas schädliches an den aufgeschnittenen Theil partieren, und dem, der am ersten davon schnitte, Schaden zufügen. Allein, diese Besorgung in ohne Noth, weil ja auf solchen Fall, da man das Brod gar vom Tische auf eine Banck oder andern Ort, wie vor gemeldet, legt, solches böse Unternehmen noch viel eher könnte ins Werck gerichtet werden. Zu dem wird ein böser Mensch / der solche verfluchte Dinge practiciren wolte, viel tausend andere und bessere Gelegenheiten, als diese, zu seinem bösen Vorhaben finden. Verdienet demnach dieser Punct gar wohl eine Stelle unter denen närrischen und verworffenen Aberglauben.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Wer ein Gespenst höret / der soll sich nicht umsehen /sonst wird ihm der Halß umgedrehet.

Ich möchte gerne mit iemanden reden, der iemahls ein Gespenst gehöret oder gesehen hätte, denn ich kan mit meinem gutem Gewissen bezeugen, daß mir noch mein Lebtage kein eintziger wahrhafftiger Mensch ist vorkommen, der mir hätte erzehlen können, daß er ein Gespenst gesehen habe. (Was das Hören anlanget, das ist an sich selbst betrüglich.) Das bin ich zwar nicht in Abrede / daß mir manchmahl ist vorgelogen worden, als ob man das und jenes gesehen oder gehöret hätte; wenn ich aber genau nachgefraget [303] / und alles wohl erforschet habe, so ists eine perfecte Lüge gewesen. Es gehöret ja gar zu viel Beweiß darzu, wenn man eine Sache will zu einem Gespenst oder Spückniß machen, denn es trägt sich so offt das und jenes so seltsam zu, daß dessen Gedancken, der es ansiehet oder höret, nicht anders geführet werden können, als auf teuflische Spückerey, da die Sache doch wohl offt einen gantz lächerlichen Ausgang gewinnet. Um beliebter Kürtze willen nur anietzo eines eintzigen Exempels zu gedencken. Vor ohngefehr vier Jahren erzehlte mir ein guter Freund, daß er bey nahe durch eine vermeynte Spückerey sey bethört worden / und das hätte sich folgender Gestalt zugetragen: Er hätte ein paar Paucken auf seinem Boden stehend gehabt; da nun seine Magd des Abends, einiger Verrichtung halber, wäre auf dem untern Boden gegangen, hätte sie gehöret, daß auf dem andern Boden wären die Paucken geschlagen worden / sey dahero voller Schrecken gelauffen kommen, und hätte gesagt, daß iemand auf dem Boden wäre, und die Paucken schlüge. Weil nun aber niemand im Hause zu vermuthen gewesen wäre, so wäre er, samt allen seinen Leuten, hinauf gegangen, und hätten die Magd immittelst verlacht; als sie aber nur eine Treppe in die Höhe gewesen, hätten sie alle mit Verwunderung und Bestürtzung beyde Paucken gehöret, dahero er etliche mahl gefraget hätte, wer droben wäre? hätte aber keine Antwort erhalten; iedoch hätten sie endlich ein Hertz gefasset / und wären vollends [304] hinauf gegangen, aber forn bey der Treppe stehen geblieben, und über den Boden hin nach denen Paucken geleuchtet, die sie zwar gar wohl erkennet, aber niemanden dabey gesehen hätten; iedoch hätte das Schlagen auf beyden Paucken nicht nachgelassen, derohalben hätten sie es alle für eine sondere Bedeutung gehalten, und wieder davon gehen wollen. Er aber hätte doch gleichwohl dieses Wunder-Werck in der Nähe beschauen wollen, und wäre mit dem Lichte gar darzu gegangen, da er denn befunden, daß etwas von dem obersten Boden wechsels-weise auf beyde Paucken getropffet hätte /und wenn ein Tropffen aufgefallen wäre, so hätte es geklungen, als wenn es wäre geschlagen worden. Wie er nun weiter auf den obern Boden gesehen, so hätte eine Katze das Wasser dahin gelassen gehabt, und wäre also aus der Furcht und Verwunderung ein Gelächter entstanden. Dahero bin ich der Meynung, daß, so iemand ein Gespenst (wofür er es hält, und doch nicht / oder aber sehr selten ist) höret, so sehe er sich lieber recht darnach um, so wird er der Sache gewiß. Zwar muß ich ihm dieses versichern, und kan es nicht läugnen / daß ihm / so offt er sich wird umsehen, der Halß wird umgedrehet werden, iedoch ohne Verletzung seines Lebens. Denn ein iedweder, der sich umsiehet, dem wird ja der Halß, auch wohl der gantze Leib umgedrehet aber nicht vom Gespenste, sondern ein ieder drehet sich ihm solchen selbst um; denn niemand kan sich umsehen, er drehe oder wende denn den Halß oder auch [305] den gantzen Leib um. Und auf solche Art möchte dieser Punct wahr seyn, in andern Verstande aber keinesweges.

Das 22. Capitel
Das 22. Capitel.
Am Tage Mauritii soll man keinen Weitzen säen / er wird sonst rußig.

Dieses Nasen-weise Geheimniß scheinet aus der betrüglichen Bauer-Physica genommen zu seyn: Jedoch mag die erste Erfindung wohl von keinem schlechten Bauer herkommen, sondern von einem Nase weisen betrüglichen und dabey abergläubischen Halbgelehrten, welcher irgend einsmahls am Tage Mauritii hat guten Weitzen aussäen lassen, der aber hernach ist brändigt oder rußig worden; aus übermäßiger Klugheit aber wird der halbgelehrte Bauer haben nach dem Tage gesehen, wenn der Weitzen ist ausgesäet worden, ob irgend etwas an solchem Tage zu finden sey, das eine Ursach des Brandes oder Rußes geben könnte, und wenn er in seinem Calender eingeschreiben, den 22. Septembris sey sein Weitzen ausgesäet, so hat er befunden, daß dieses der Tag Mauritii sey; dieweil aber Mauritius ein Schwartzer heist so wird der sinnreiche halbgelahrte Bauer stracks geschlossen haben, daß um des schwartzen Moritzen willen der Weitzen sey schwartz oder rußig worden, und hat hernach diese Regul auf seine abergläubischen Nachfolger fortgepflantzet. Denn solche Dinge finden gemeiniglich eher Glauben, als etwas [306] gewiß- und wahrhafftiges. Wenn man aber diesen Punct mit rechter Vernunfft überleget, so wird man alsbald befinden / daß im geringsten nichts zu fürchten sey an dem Mauritio. Denn wenn nur der Moritz-Tag Ursach des russigen Weitzens wäre, so würde gar kein rußiger Weitzen zu finden seyn, als nur der, der an solchem Tage wäre gesäet worden. Allein da gleichwohl ausser dem dennoch brandiger oder rußiger Weitzen überall anzutreffen ist; so muß es gantz eine andere Ursache seyn, warum der Weitze brandig wird. Was nun andere Zeit Ursach zum Brandte oder Ruß ist, das ist es auch am Moritz-Tage. Der Moritz-Tag aber an und für sich selbst thut nicht das allergeringste darzu. Uber diß so wird ja nicht allein der Weitzen brandig, sonders auch offt die Gerste, Hafer und dergleichen Früchte. Warum aber soll man sich denn nur mit dem Weitzen für dem schwartzen Moritz in acht nehmen, und nicht auch mit denen andern Früchten? Vielleicht, weil der Weitzen die vornehmste Frucht des Feldes ist. Aber die Sache kömmt gar lahm heraus, und ist gewiß, daß eben das, was andere Früchte rußig oder brändig machet / auch die Ursach des Rußes im Weitzen ist, der Moritz-Tag aber nicht.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man über den Kopff siehet.

[307] Die Meynung gebet dahin, daß man nicht in die Höhe über die Stirn hinweg nach etwas sehen soll, und heisset sonst so viel, als übersichtig. Hier aber, nach der klugen Rocken Philosophie, heist es über den Kopff sehen / und dieses über den Kopff sehen sey nicht gut. Zwar muß ich selbst bekennen, daß ich das Sehen über den Kopff (soferne ichs schlechterdings nach fleischlichen Sinn betrachte) mag anschauen, nach welcher Meynung ich will, so befinde ich, daß es nicht gut sey. Denn was die Ubersichtigkeit anlanget, so ist solches ein übler Zustand an einem Menschen; dahero die Weiber bey denen kleinen Wochen-Kindern sich nicht ohne Ursach in Acht nehmen, daß sie nicht viel über des Kindes Köpffgen herum gauckeln oder machen, darnach das Kind die Augen wenden, und also übersichtig werden möchte; und ist demnach nicht gut, daß man solchergestalt über den Kopff sehe. Der allweise Schöpffer hat dem Menschen nicht die Augen oben auf den Kopff, sondern forn in die Mitte desselben gesetzt, auf daß der Mensch sowohl unter sich auf die Erde, davon er ist, als auch insonderheit über sich nach dem Himmel, dahin er nach dem Willen GOttts gelangen soll, sehen könne. Wenn sichs denn zuträgt, daß ein Mensch kranck wird, daß er zu Bette liegen muß, so legt der Kopff darnieder, und das Gesichte kehret sich in die Höhe, und muß also der Patiente ohne seinem Willen über den Kopff sehen, welches Sehen über den Kopff ja allerdings nicht gut ist. Drittens, wenn auch gleich ein Mensch am Gesichte [308] keinen Fehler aus der Natur erhalten hätte, oder nicht übersichtig wäre, auch wegen Kranckheit nicht darnieder liegen müste, er hätte aber sonst so viel Angst und Noth auf dem Halse, daß ihn solche trieb / die Augen offt in die Höhe zu werffen, und zu GOTT um Hülffe zu seuffzen, so stehet es, leiblicher Weise davon zu reden, auch nicht gut um einen solchen Menschen. Dahero mag das Sehen über den Kopff kommen, wie es wolle, so ist es nicht gut. Jedoch muß man es auch so verstehen, daß man es nicht nach einem abergläubischen Sinn betrachtet, sonst solte mir es wenig Mühe kosten, so wolte ich gnugsam erweisen, daß es auch in mancherley Verstande könte gut seyn. Damit ich aber denen Weibern auch einmahl eine Freude machen, und ihnen Recht lassen möchte, so lasse ichs vor dißmahl also bewenden.

Das 24. Capitel
Das 24. Capitel.
Wenn am Tage Johannis-Enthauptung in einen Baum gehauen wird / so muß derselbe verdorren.

Ich stehe in denen Gedancken, und verhoffe, meine Gedancken werden mich auch nicht betrügen, daß die Nahmen in dem Calender mehrentheils nach Gutdüncken einiger Päbstler, ohne einige Gewißheit, daß eben accurat zu der Zeit und den Tag die jährige Zeit derer Personen, die solche Nahmen geführet / ihr Geburts-oder Todes-Tag sey, angesetzt worden sind. Und[309] würde es dem Pabste noch eine gar schlechte Kunst seyn, an statt der ietzt im Calender befindlichen Nahmen, durch den gantzen Calender, auf alle Tage, lauter andere Nahmen (die auch offt, der Bedeutung nach, mit denen alten gantz nicht überein kommen würden) zu setzen. Denn er hat ja so unzehlich viel Canonisirte Heiligen / daß sie auch der Teufel selbst nicht alle wird zu nennen wissen, wie denn gewiß will gesaget werden, daß einige davon noch niemahls auf der Welt gewesen / sondern nur dem Nahmen nach erdacht worden wären. Es mag aber dieses nun seyn, wie es wolle, und so auch die Tage allesamt gantz richtig ein Jahr, wie das andere, einträffen, welches doch nicht geschicht; so kan doch im geringsten / um des Nahmens willen, der an diesem oder jenem Tage, der Gewohnheit nach, gefällig ist, sich in der Natur nichts verändern. Und ob ich zwar dieses gar eigentlich und weitläufftig mit allerhand Vorstellungen und Exempeln erweisen könte; so will ich doch, um beliebter Kürtze willen / anietzo nur bey dem verbleiben, wovon der vorhabende Punct handelt, nehmlich bey dem 29. Augusti, oder dem Tage Johannis-Enthäuptung. Nun frage ich erstlich, ob auch wohl in der gantzen Welt ein einiger Mensch, so verwegen seyn könne, der sich unterstünde, gewiß zu erweisen, daß St. Johannes ohnfehlbar den 29. Augusti, unsers Calenders, sey enthauptet worden? Ich meyne, es wirds ein jedweder müssen unerwiesen lassen. Da nun dieses etwas ungewisses ist, wie kan man denn um deßwillen dem 29. Augusti eine [310] solche Eigenschafft gewiß zuschreiben, die er von der Enthäuptung Johannis des Täuffers soll erlanget haben, da doch sint der Enthauptung Johannis eine so merckliche Veränderung der Zeit und Calender vorgangen ist? Ja so gar unrichtig sind wir in der Wissenschafft solcher Tage, daß wir nicht einmahl wissen, welchen Tag unser einiger Seeligmacher JEsus Christus, in die Welt gekommen, ob es Sonntag, Montag, Dienstag, oder ein ander Tag in der Wochen gewesen sey, woran uns zwar auch nichts liegt sondern sind vergnügt / daß wir gewiß darinnen sind, daß er wahrhafftig gekommen ist, und uns erlöset hat. Wie viel ungewisser nun sind wohl solche Tage, die wir gantz und gar nicht zu wissen vonnöthen haben? Ich will aber den Fall setzen, daß wir in der Wissenschafft und der Nachricht von allen Nahmen und Tagen richtig und gewiß wären; so würde es uns doch zu keinem Beweiß dienen, als ob um deswillen dieser oder jener Tag eine sonderbare Würckung vor andern hätte. Zum Exempel: Die abergläubische Rotte philosophiret bey dem ietzt vorhabenden Punct auf folgende Weise: Weil nehmlich der heilige Johannes am 29. Augusti wäre unschuldig enthäuptet oder getödtet worden / so, daß alles Blut und alle Lebens-Geister ihm entgangen wären; also geschähe es auch nun, daß, wenn an diesem Tage ein guter Obst- oder anderer Baum verletzt würde, so müsten ihm auch alle Kräffte entgehen, biß er gar verdorrete / und das geschähe um deßwillen, weil St. Johannes in der Wüsten [311] und im Walde bey denen Bäumen sich hätte so lange aufgehalten, und sich zum Theil der Früchte, des wilden Honigs, als auch der daselbst befindlichen Heuschrecken zu seiner Speise bedienet, so geschähe solche Verderbung der an solchem Tage verletzten Bäume gleichsam zum ewigen Gedächtniß der unschuldigen Verletzung dieses heiligen Mannes. Alleine, ohne dem, daß diese albere Meynung sehr hincket, so will sichs gar nicht reimen, daß um einer an einem unschuldigen Menschen unrecht-vollzoge nen Execution willen derselbige Tag eine gantz andere Würckung, von der Zeit der Execution an, biß an der Welt Ende, bekommen solte, als er vorhero gehabt hätte, zumahl, da die Würckung auf leblose Creaturen / die mit der Execution nichts gemein gehabt, geschehen soll, als wie hier bey diesem Puncte. Was gehet doch die Enthäuptung Johannis denen Bäumen an? und wie soll doch um deswillen der 29. Augusti, und kein anderer Tag, die Art und Eigenschafft nach dem erst bekommen haben, daß die Bäume müsten verdorren, welche man an diesem Tage beschädigte? Es ist ja sicherlich eine solche albere und abgeschmackte Sache / die wider alle Vernunfft und die Natur läufft. Das ist zwar gewiß genug / daß man einen Baum verletzen kan, daß er verdorren muß, wie manchem ehrlichen Mann wohl mehrmahls an seinen Obst Bäumen wiederfähret: Alleine, wer solches thut / der begehet ein Schelmstück und verdienet den Staup-Besen, und muß auch nicht eben am Tage der Enthäuptung [312] Johannis geschehen, sondern kan es alle Tage thun. Also vermeyne ich zur Gnüge erwiesen zu haben, daß dieser Punct ein närrischer Wahn und Aberglaube sey.

Das 25. Capitel
Das 25. Capitel.
Wenn man ein Brod aufschneidet / muß man mit dem Messer selbiges unten mit drey Creutzen bezeichnen /sonst können die Hexen Theil daran haben.

Ich habe schon anderswo zur Gnüge erwiesen, daß der Teufel nach den blossen Creutzen nichts frage, die Hexen auch nicht, und / wie die Heren selbst allerhand Creutze formiren, und, der gemeinen Meynung nach, gern auf denen Creutz-Wegen tantzen sollen. Ob nun das Tantzen auf denen Creutz-Wegen um deßwillen geschicht, daß sie den Creutz-Weg zum Spott mit Füssen treten wollen, das lasse ich dahin gestellet seyn; genug, daß damit erwiesen wird, daß sie keine Furcht für dem blossen Creutz-Zeichen haben. Ingleichen, wenn wahr ist, daß der Teufel den lateinischen Vers, welcher sich sowohl zurück- als vorwärts lesen lässet / gemacht hat: Signa te, signa, temere me tangis & angis; so wird man wohl mercken, daß er sich durch das Creutz-Zeichen nicht lasse verhindern. Wie vielweniger wird das unbedachte Gecreutze am Brodte etwas helffen? Christus hat das menschliche Geschlecht am Stamm des Creutzes erlöst, nicht aber [313] das Brodt oder andere Dinge, die keiner Erlösung bedürffen; was soll denn nun an solchen Dingen das Creutz-Zeichen helffen? Die Hexen müssen ohnedem wohl das liebe Brodt unangetastet lassen / wenn man sich und alle das Seinige täglich in den allmächtigen Schutz GOttes befiehlet. Uberdiß bedencke man nur, wie die Creutze ja nicht über das gantze Brodt her gezeichnet werden / sondern nur auf einen Fleck unten am Brodte. Wenn aber nun das Brodt so weit, als die Creutze gewesen sind, gegessen ist / so ist das übrige nicht becreutzet; also könten ja die Hexen das übrige holen. Hierwider wird man zwar sagen: Nein, obgleich das Zeichen nicht über das gantze Brodt gehet, so gehet doch die Krafft des Creutzes durchs gantze Brodt. Aber, mein lieber Freund, weder das Creutz-Zeichen noch das Zeichnen hat einige Krafft wider die Hexen oder den Teufel, sondern der Glaube und das Vertrauen zu dem / der am Creutze gestorben ist. Und wie viel tausend Brodte werden aufgeschnitten, und mit drey Creutzen bezeichnet / da diejenigen, die es aufschneiden, nicht einmahl an ihren Schöpffer noch Erlöser gedencken. Was soll denn hernach eine solche Bezeichnung, ohne einige gute Gedancken, wohl vor Krafft haben? sicherlich die allergeringste nicht. Derowegen thust du am besten, du befiehlest alle das Deine dem lieben GOtt, und lässest den walten / der ist besser, denn hundert tausend Creutze, die Hexen müssen dir dein Brodt, ohne einiges Zeichen, liegen lassen.

Das 26. Capitel
[314] Das 26. Capitel.
Wenn eine Magd Teig zu Brode knetet / und greifft mit denen teigichten Händen einem jungen Purschen ins Gesicht / so bekömmt derselbe nimmermehr einen Bart.

Das lasse mir einer einen künstlichen Handgriff seyn! Ich will den Barbierer loben, der so geschickt ist, einem den Bart mit einem eintzigen Griff also einzuseiffen, daß er hernach nimmermehr kein Scheermesser an einen solchen Bart weiter zu setzen vonnöthen habe. Zwar kan ich es keinem Barbierer verargen, daß sie diese Kunst nicht lernen; denn wenn sie es also machten, so hätten sie hernach nichts zu scheeren, und müsten viele, die sich vom Scheeren nehren müssen, verderben. Das ist zwar wahr, daß mancher würde einen Dreyer zu Brandteweine und Toback ersparen können, wenn er nicht jährlich müste ein paar Thaler für den Bart zu scheeren hingeben, dahero dieses Kunststückgen nicht zu verachten zu seyn scheinet; iedoch ist dieses noch zu bedencken, daß ob es gleich ietziger Zeit Mode ist, daß die Männer kahl und glatt um das Maul sind, so ist doch zu vermuthen, daß in kurtzem die grossen Bärte dürfften wieder Mode werden, alsdenn würde ein solcher, an welchem die Kunst wäre practiciret worden / nicht wohl zu rechte kommen, wenn er zu keinem Barte gelangen könnte, sondern um das Maul nackend [315] bleiben müste. Ein Frosch ist zwar ein frischer Kerl und scheuet sich nicht durchs tieffste Wasser zu gehen, und im Winter unter zu tauchen als wie ein Wagehalß; weil er aber keinen Bart oder Haar ums Maul hat, ist er doch deswegen in Verachtung kommen, daß man auch von ihme ein spöttisch Sprüchwort um deßwillen zu machen pfleget; daher ist zu vermuthen, daß diese Kunst wenig Liebhaber finden wird. Wie ich dieser Tage diesen Punct von einem Weibe hörete, fragte ich sie, ob sie denn iemahls einen Mann gesehen hätte, an welchem zu erweisen wäre, daß dieses Stückgen probat sey? da nennete sie alsbald einen, und schwur darzu, daß einig und alleine die Ursach sey, daß einmahl eine Magd ihn mit teigigen Händen ins Gesicht hätte gegriffen, daß er nun keinen Bart bekäme. Weil aber sonst weiter kein dergleichen Exempel mehr erfahren kan, so bediene ich mich billich des bekannten Sprichworts: Eine Schwalbe macht keinen Sommer, und ein Trage-Korb keinen Jahrmarckt; und ziehe also die gantze Kunst in Zweiffel. Denn damit ist die Sache noch lange nicht erwiesen, daß ich sage: dieser hat und bekömmt keinen Bart, warum? Antwort: Man weiß keine Ursach, als weil ihm einsmahls in seiner Jugend eine Magd ins Gesicht gegriffen, als sie die Hände voll Teig gehabt hat. Ey, ist das nicht ein schöner Beweiß? wenn die bemeldte Magd ihm nun nicht ins Gesichte gegriffen hätte, dargegen aber erinnerte man sich, daß er einsmahls in seiner Jugend sey mit dem Maule [316] und Gesicht in einem warmen Küh-Fladen gefallen, so müste dieses die Ursach seyn des kahlen Maules. Ob nun solches Beweiß gnug sey, das kan ein Vernünfftiger leicht ermessen. Ich glaube nichts davon.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Wer zum ersten mahl bey einem Huren Kinde Gevatter wird / hat Gluck zu heyrathen.

Wie ich zum ersten mahl zu Gevattern stand, so wurde ich zwar im Brieffe darzu ersucht, als ob des Kindes Vater ein Bürger und Schneider in Leipzig wäre; aber ich habe den guten Gevatter mein Lebtage nicht zu Gesichte bekommen, und weiß auch noch diese Stunde nicht, in welchem Theile der Welt er wohnet. Die Mutter des Kindes aber kannte ich daher: Als ich zwey Jahr vor dieser Gevatterschafft mich etliche Tage in Leipzig aufhielt / so war sie in dem Hause / allwo ich logirte / Köchin, wenn ich denn manchmahl etliche Stunden war in der Stadt herum gelauffen, und ermüdet in mein Logiament kam (es war eben in der Messe) satzte ich mich auf einen auf dem Saale nicht weit von der Küche stehenden Polsterstuhl. Diese Köchin aber war gegen mich so freundlich und dienstfertig, daß sie mir etliche mahl ein Küssen, den Kopff daran zu legen, anboth, welches ich doch nicht annahm. Alleine, diese dienstfertige Magd wolte endlich sich besser expectoriren, und[317] erweisen, wie gut sie es meyne, und fiel mir um den Halß und küssete mich, sagende: Sie hätte das Mannsen doch gar so lieb. Ob ich nun zwar sie nach selbiger Zeit nicht wieder mit einem Auge gesehen habe, so muste ich doch zwey Jahr hernach, als ich wieder nach Leipzig kam, ihr Gevatter werden; Ich kunte aber von keinem Menschen erfahren, wo ihr angegebner Mann wäre. Dahero ich Ursache zu vermuthen habe, meine Frau Gevatterin sey eine Wittbe gewesen, welcher noch nie kein Mann gestorben ist, und kan ich also niemanden recht sagen, ob ich zu erst bey einem Ehe- oder Huren-Kinde zu Gevattern gestanden habe. Und gleichwie mir es mit dieser meiner ersten Gevatterschafft ergangen ist, also gehet es noch sehr vielen. Ja, wie manches wird zu Gevattern gebeten von dem oder jenem, GOtt aber weiß, wo der rechte Kindes-Vater sich aufhält, und ist die Wöchnerin nur froh, daß einer da ist, der sich darzu bekennet, und den Kindtauf-Schmauß ausrichtet. Scheinet dahero was ungewöhnliches und schlechtes zu seyn / daß man zum ersten mahl bey einem Huren-Kinde Gevatter werde. Wie es aber mit dem darauf vermutheten Heyraths-Glücke stehe, da kan ich noch von keiner gar zu richtigen Probe etwas sagen. Wohl aber sind mir Leute bekannt, die im Heyrathen unglücklich gewesen, und mir doch selbst gesagt haben, daß sie zum ersten mahl bey Huren-Kindern zu Gevattern gestanden wären. Ingleichen sind mir alte Jungfern, welche wegen grauer Hare den Puder [318] ersparen können, bekannt, die gar keine Männer bekommen können, ob sie gleich auch zum ersten mahl bey Huren Kindern zu Gevattern sind. Hat es dannenhero das gäntzliche Absehen, als ob das Huren-Glück auf Steltzen gienge, und leichte in Koth falle.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man es einem andern zutrinckt / und so man getruncken hat / dem andern den Krug oder Kanne offen stehend giebt.

Ich würde manche Rocken-Stuben-Regel haben ungestriegelt gelassen, wenn die Weiber nur sprächen: Das stehet nicht fein, oder / das und das läufst wider die Erbarkeit! Weil sie aber allewege sagen: Es ist nicht gut! welches so viel heisset, als wenn sie sagten: Das ziehet etwas Ubels oder ein Unglück nach sich; so ist es nöthig, daß ihnen gewiesen werde, wie sie die Leute mit ihrer Lehre nur in vergebliche Furcht setzen. Was demnach anlanget der ietzt vorhabende Punct; so gestehe ich zwar selbst, daß es nicht erbar heraus kömmt / wenn man es einem andern aus einer Kanne, oder mit einem Deckel versehenen Kruge, zutrinckt, und giebt die Kanne oder Krug dem andern also offen stehend hin, da doch der Deckel um deßwillen drauf gemacht ist, daß das Gefäß damit zugedeckt werden möge. Was aber das hierbey zu besorgende Unglück anlanget, da kan ich durch das allerbeste Perspectiv [319] keines erkennen. Und will ich einem jedweden nur das zu überlegen geben / wie daß nicht allein mancher Krug keinen Deckel hat, daraus man doch ohne einige Besorgung einiges Ubels trincket; sondern es werden auch viel tausend Becher und Gläser, die alle offen stehen, und keine Deckel haben, ausgeleeret / und also offen dem andern wieder zugebracht. Wenn nun wahr wäre, daß etwas übels aus den offenen Trinck-Geschirren zu besorgen sey, warum solte es denn nicht aus allen vermuthet werden? Kömmt also dieser Punct nicht sowohl aufs Unglück an, als vielmehr auf die Erbarkeit und gewöhnliche Sitten.

Das 29. Capitel
Das 29. Capitel.
Wer ein verlöscht Licht wieder anblasen kan / daß es brennet / das ist noch eine reine Jungfer oder Jungergeselle.

O Wenn es auf das Licht-Anblasen ankäme, würden sich ohne Zweifel alle Huren damit legitimiren können, und als reine Jungfrauen aufziehen; es wäre denn Sache, daß sie schiefe oder krumme Mäuler hätten /und es ihnen gienge, als wie sichs einsmahls in einer Bauer-Familie soll begeben haben, da dem Vater die obere Lippe weit über die untere, und der Mutter die untere weit über die obere, der Tochter das Maul auf der rechten, dem Knechte aber auf der lincken Seiten gestanden haben soll. Wie nun der Knecht den Vater um die Tochter angesprochen, [320] selbige zur Ehe zu nehmen / hätte der Vater gesaget: Er hätte zwar keinen Tadel in seiner, des Knechts Arbeit, was den Feld-Bau und Ackerwerck anlangete, deswegen er ihm seine Tochter nicht Ursach zu versagen hätte: Alleine, er müste auch erst probiren, ob der Knecht auch, als ein rechtschaffener sorgfältiger Hauß-Vater, wüste Feuer und Licht recht zu verwahten? wolte demnach ihm dieses zur Probe geben, wenn er, der Knecht, könte ein Licht recht ausblasen, so solte er die Tochter haben. Wie nun ein Licht gebracht wird / nimmt es der Knecht, und bläset, daß er möchte schwartz geworden seyn; hatte aber alles neben dem Lichte bin über den lincken Backen geblasen, und das Licht im geringsten nicht beweget. Die liebe Tochter, als der es sehr um einen Mann zu thun gewesen, hatte angefangen zu sagen: Ju, Voter! äs ies Hanß däß Denges noch nich gevuhnt, wos hä nich kan, dos kan ich; mä wonn dos Licht schund met änander usblose. Hanß gim mie dos Licht här, sue musts mache: Hierauf hatte Jungfer Griete das Licht vor das Maul gehalten, und gehalten, daß ihr der Odem zugleich mit von hinten ausgegangen war, hatte aber ebenfalls die Flamme am Lichte nicht beweget, sondern über das rechte Ohr hin geblasen. Hierauf hatte die Mutter der Tochter das Licht aus den Händen gerissen und gesagt: Du Ox! kannte denn nich dos Licht usgeblose, hättste es fer dän Hingern gehallen, hättste es ihr getroffen, du must es sue mache: und hatte sich gantz aus dem Odem geblasen, aber alles in [321] die Höhe über die Nase und Stirnweg, und dennoch das Licht nicht beweget. Hierüber hatte sich der Vater erzürnet, und zu der Mutter gesagt: Du allär Narr! du wilts Grieten weise, on kansts sälber nicht, du bläst gar zu huäch, du must nich su huäch blose: siech, sue must es mache; und hatte das Licht genommen / solches für die Nase gehalten / (denn er hatte in Acht genommen, daß das Weib das Licht vor das Maul gehalten, aber bey der Nasen weggeblasen hatte,) und hatte weidlich drauf loß geblasen, aber fast ehe die schwartzen Haare sich aus der Hertz-Grube geblasen, als das Licht verlöschet; und hatte also keines von ihnen ein Licht können auslöschen. Wenn es nun wahr wäre, was uns der ietzt-vorhabende Punct will bereden, so scheinet es /daß diese vier Personen auch alle viere noch müsten reine Junggesellen und Jungfern gewesen seyn, weil ihnen nicht einmahl ein Licht hat verlöschen wollen; iedoch kan es nicht seyn, weil der Vater und die Muter schlechterdinges auszuschliessen sind vom ledigen Stande. Diese Historie habe ich um deßwillen hier angebracht, weil (soferne vorhabender Punct wahr wäre) per conseqvens daraus erhellet / daß, so ein reiner Junggeselle oder ehrliche Jungfrau in ein verlöschet und noch glimmend Licht bläst, und dasselbe wieder anbläst / daß es wieder brennet, so kan von diesen ledigen Personen keines kein Licht ausblasen / denn das Ausblasen ist dem Anblasen schnurstracks entgegen. Aber, was mag ich doch viel Umstände machen? Es ist ja nichts unbekanntes, daß die[322] Kunst, ein verloschen Licht wieder anzublasen, gar gemein ist, und können es Männer und Weiber, Junggesellen und Jungfrauen, Reine und Besudelte, Huren und Schelme, und andere mehr. Wäre also dieses gar eine falsche Probe, wenn man damit versuchen wolte, ob eines, das ausser der Ehe lebet, in puncto sexti noch ehrlich sey, oder nicht. Und könte manche Hure vor ehrlich, und manche Ehrliche vor eine Hure erkannt werden.

Das 30. Capitel
Das 30. Capitel.
Wer ein Rad über den Thor-Weg macht / der hat Glück in seinem Hause.

Da sehet ihrs / ihr Leute! ey so machet doch Galgen und Rad über eure Thorwege, auf daß ihr Glück ins Hauß bekommet. Es muß doch wohl dieses Kunst-Stückgen wahr seyn, weil ein Rad oder Kugel derFortunæ ihr Fußschemmel zu seyn pfleget. Wer nun das Rad mit der Fortuna über seinen Thor-Weg machet, und keppet das Rad ein wenig auf die Seite, plump liegt die F-- mit den Aepffeln (die Fortuna meyne ich) alsdenn im Hause. Wer wolte denn solchergestalt noch zweifeln / daß der Glück im Hause hätte, der ein Rad über seine Thür oder Thor-Weg machet? und weil es am Rade genug ist / so kan man den Galgen davon lassen / auf daß niemand vermeyne, er habe Diebs-Glück. Ingleichen könte sichs auch leichte zutragen, daß, wenn man vermeynte, das Glück würde ins Hauß fallen, das Glück dargegen einen Sprung vom Rade [323] aufn Galgen thäte, und müste man denn hernach dem antworten, der einen fragte, wie sich das Glück anliesse / seit dem das Rad über der Thür gestanden hätte: das Glück sey gar an Galgen. Soll ich meine rechte Meynung von diesem Puncte eröffnen, so glaube ich, daß hierbey ein Irrthum und Mißverstand vorgehe, und aus diesem entstandenen Irrthum ist eben der abgöttische Aberglauben vom Rade entstanden, und muß ohne des Geyers Danck ein über die Thür gemachtes Rad ein Glücks-Nad seyn, oder Glück ins Hauß bringen, da ich doch gäntzlich dafür halte, es soll nicht Rota oder Nad, sondern Consilium oder Rath heissen, welcher Meynung auch Salomon zu seyn scheinet, wenn er in seinen Sprüchen Cap 11. v. 14. saget: Wo nicht Rath ist, da gehet das Volck unter, wo aber viel Rathgeber sind, da gehet des wohl zu. Ich kan nicht sehen, wie natürlicher Weise ein Rad das allergeringste Glück zuwege bringen könne? denn obgleich in gemeinen Reden viel vom Glücks-Rade gedacht wird; so geschehen solche Reden doch nur Gleichniß- oder Sinnbilds-weise, weil man damit zu verstehen giebt, daß das Glück so unbeständig sey, als ein Rad oder Kugel, welches bald diß, bald jenes Theil in die Höhe kehret. Dahero auch die Fortuna auf einer Kugel stehend pfleget abgebildet zu werden. Ich meines Orts halte es mit Salomon, und ist der allerdings glücklich zu preisen, welcher Rath hat und findet, so offt er zu seiner Thür aus- und eingehet, und über welchem der Rath und Seegen GOttes [324] stehet. Die andern Räder aber wollen wir an denen Kärnen, Wägen und Kutschen lassen; auch einige denen Scharff-Richtern, für die Kirchen und Strassen Räuber zu gebrauchen.

Das 31. Capitel
Das 31. Capitel.
Wenn eine Sechswöchnerin aus einem Brunnen Wasser holet / so versieget oder vertrocknet der Brunnen.

Da habt ihrs, ihr Frauen Wöchnerinnen! merckts, und bleibt in euern Wochen-Stuben, biß sechs Wochen um sind, denn ihr sehet selbst, und sagts auch selbst /daß sich die Elementa vor euch entsetzen, und zurück weichen. Es ist nur wenig Wochen, daß eine alte bey nahe siebtzig jährige Trompe dieses mich gantz gewiß hat bereden und mit ihrem eigenen Exempel erweisen wollen, daß als sie einsmahls in Wochen gelegen, und heraus an den Brunnen gegangen wäre, Wasser zu holen, so wäre hernach solcher Brunnen vertrocknet, daß hinfort kein Tropffen Wasser darinnen angetroffen worden wäre. Ob ich nun zwar zwar wohl glauben kan, daß eine Qvelle kan aussen bleiben, aus unterschiedlichen natürlichen Ursachen, wie viele Exempel an aussengebliebenen Gesund- und andern Brunnen es beweisen; so kan ich aus natürlichen Ursachen doch nicht finden, daß eine Wasser-Qvelle schlechterdings um deßwillen soll zurück treten, wenn eine Wöchnerin davon schöpffet. Denn obgleich von Rechts-wegen eine Wöchnerin sich inne halten, [325] und nicht unter die Leute oder die Gemeine gehen soll, so kan es bey armen Leuten doch nicht so stricte zugehen, daß sie nicht nach verflossenen zwey oder drey Wochen in ihrem Hofe oder Garten eine Kanne Wasser holen solten. Und wie gehet es denn zu bey denen Soldaten-Weibern im Felde, welche sich wahrhaftig nicht so genau an Himmel halten können, sonder wohl des andern Tages heraus und fort müssen? daher habe ich mich bey einer Soldaten-Frau, welche etliche Campagnen mit gethan hat, dieses Puncts halber befraget / welche zur Antwort gab, daß diese Meynungs.v. erstuncken und erlogen sey; und hätte sie zwey Jahr hernach in Pohlen, aus einem solchen Brunnen, woraus sie zwey Jahr vorher, als eine Wöchnerin, geschöpffet wieder Wasser geholet. Also habe ich zweycontraire Zeugen: erstlich das alte Weib, welche bezeuget, daß der Brunnen / woraus sie als eine Wöchnerin Wasser geholet, vertrocknet sey: Zum andern das Soldaten-Weib, welche gleichsam mit ihrem eigenen Exempel das contrarium erweiset. Welcher soll ich von diesen beyden nun glauben? Ich glaube allen beyden. Der ersten glaube ich, daß der Brunnen, daraus sie in Sechswochen Wasser geholet, hernach vertrocknet sey, aber nicht um ihrentwillen, sondern aus andern natürlichen Ursachen, die keines weges von ihr hergerühret sind Der andern kan ich auch gar leichte glauben, weil sie nicht Ursach geben können, daß die Qelle und Gänge des Brunnens vertrocknen oder sich verstopffen [326] müssen. Also lasse ich beyden Weibern Recht; alleine der vorhabende Aberglaube bleibt ewig erlogen.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Wenn man einen Teller über der Mahlzeit umwendet /so können die Hexen Theil an der Mahlzeit haben.

Wenn Hexen mit über Tische sitzen und speisen, so haben sie freylich mit Theil an der Mahlzeit, es mag ein Teller umgewendet werden oder nicht. Wenn aber keine zugegen sind, so müssen sie dir deine Mahlzeit wohl unberochen lassen. Das Teller-umwenden ist gar unterschiedlich: Bey dem einen hat sich niemand nichts zu befürchten; bey dem andern theilet man dem Teufel und seinen Hexen wohl selbst von der Mahlzeit mit; bey der dritten Art gehet nicht so wohl von der Mahlzeit / als von der gantzen Nahrung und Vermögen etwas mit Seuffzen fort. Das erste geschicht, wenn man, in Ermangelung eines reinen Tellers, die besudelte Seite unten und die reine Seite oben legt, und also faule Mägde machet, hingegen aber das Tischtuch besudelt. Und dieses mag eben die Gattung seyn, welches abergläubische Leute in dem ietzt vorhabenden Puncte verstehen. Die andere Art geschicht, wenn man verschwenderischer Weise die Teller mit sammt der Speise verwegen umkehret, und auf die Erde schüttet, auch wohl verwegen mit Füssen darauf herum springt / wie ichs leider! wohl [327] ehe gesehen habe. Und diese Art geschicht dem Teufel zu Liebe. Ob nun aber der Teufel, von solchen ihme muthwillig fürgeschütteten Speisen seinen getreuen Hexen etwas bringen könne, lasse ich dahin gestellet seyn, und wäre gar kein Wunder, wenn es geschähe. Die dritte Gattung des Teller-Umwendens ist diese, wenn die Soldaten in marchiren bey denen armen Bauern die Teller umwenden, und verlangen, daß die Bauern unter ieden Teller ein Sechzehngroschenstück, oder noch ein mehres legen sollen. Von allen diesen Teller umwenden aber, es sey welches wolle / ist keines nichts nütz / sondern alle demjenigen nachtheilig, der die Mahlzeit ausrichtet. Jedoch bekommen die Hexen von dem Teller-umwenden, davon vorhabender Punct handelt, nichts.

Das 33. Capitel
Das 33. Capitel.
Eine zur Execution oder Scheiter-Hauffen geführte Hexe soll man nicht auf die blosse Erde lassen.

Dieses ist sicherlich eine sehr albere und einfältige Meynung, worbey weder Vernunfft noch einiges Judicium zu spüren ist. Was soll doch der Auftritt auf die blosse Erde der Hexe wohl helffen können? oder was wird es wohl (wie man sich doch närrischer Weise träumen lässet) an der Execution verhindern können? Sicherlich im allergeringsten nichts. Denn die Erde ist des HErrn, und so die Hexe sich vom [328] Satan zu GOtt bekehret, so ist sie ja des HErrn, und leidet hier bey der Execution ihr Recht im Nahmen des HErrn, so wird sie ja dürffen die Erde betreten, die so viel tausend gottlose Höllen-Brände tragen muß. Wäre es aber ja eine unbußfertige und verstockte Vettel, von welcher man sagen möchte, sie wäre nicht werth, daß sie die Erde trüge, so könnte man ja eben auch in diesem Verstande sagen: Sie sey auch nicht werth, daß sie die Lufft genösse, oder daß sie die Sonne bescheine. Da nun aber GOTT seine Sonne über Böse und Fromme scheinen, auch alle Elementa einem ieden zu gute kommen lässet; so ist es ja nicht möglich, daß man einer Hexe könne die Erde entziehen. Denn ob gleich gewöhnlicher massen die Hexen nicht zu Fuß nach ihrer Gerichts-Stelle oder Executions-Platz gehen / sondern auf einem Karn geführet werden, so sage mir doch einer, was er denn aus dem Karn vor ein ander Element als Erden machen will? daß die Hexe ja solcher gestalt auf Erden sitzet, wenn sie auf dem Karn sitzet. Wolte aber einer hinwieder einwenden / es sey der Karn nicht blosse Erde, sondern könne noch in andere Elementa zertheilet werden, wie in der Chymie leichte zu erweisen wäre; so antworte ich, daß solcher gestalt auch die also genannte blosse Erde gleichfalls in der Chymie könne in andere Elementa zertheilet werden, welches ich leichte erweisen könnte. Zu dem, so möchte ich wissen, warum man denn in diesem Fall die Erde denen andern Elementen gleichsam vorziehen will? man hält [329] ja das Feuer auch vor ein Element (wiewohl ichs nicht dafür erkennen kan) warum muß denn das Feuer den Leib der Hexe gar verzehren? Die Lufft ist auch ein Element, wer kan aber der Hexe die Lufft verbieten? Vor Alters hat man eine betrügliche Probe gehabt, ob eine eine Hexe sey oder nicht, wenn man die Leute gebunden und ins Wasser geworffen hat: sind sie untergesuncken / so hat man sie unschuldig erkannt; sind sie aber oben aufgeschwommen, so hat man ihnen den Process gemacht, ob wolte das Wasser sie, als Hexen, nicht leiden, sondern stieß sie gleichsam von sich / dahero müsten sie von dem / dem Wasser contrairen Element, nehmlich dem Feuer, verzehret werden. Wie aber diejenigen, die so Gewissen-loß geurtheilet haben, dermahleins für GOttes Richterstuhl bestehen werden? weiß ich nicht. Ists nicht wahr? über die Seele einer Hexe ist kein Mensch auf der Welt zu gebieten mächtig genug, daß also niemand der Hexen ihrer Seelen kan den Erdboden verbieten; Was aber ihr Leib anbelanget, so wird ja die Asche davon durch den Brand vielmehr der Erden einverleibet, und kan ihr also die Erde nicht entzogen werden. Weiß ich demnach nicht / warum man die Hexen nicht will auf die Erde lassen. Hierauf will man mir aber zur Ursach angeben, daß, so die Hexen auf die Erde gelassen würden, so könnten sie sich unsichtbar machen, und also entkommen Alleine das albere Geschwätze hat nicht den allergeringsten Grund, sintemahl man nicht ein einzig Exempel wird wissen, daß iemahls eine Hexe [330] auf solche Art oder durch dieses Mittel entkommen sey? Ich selbst habe in meiner Jugend unterschiedliche Hexen verbrennen sehen, theils zu Arnstadt, theils zu Ilmenau, theils zu Schwenda, einem adelichen Dorffe, zwischen Arnstadt und Ilmenau gelegen, unter diesen wurden etliche begnadiget, und erst enthauptet, alsdenn verbrannt, diese wurden bey der Gerichts-Stelle auf die Erde gelassen, und wie ein anderer armer Sünder enthauptet; wenn sie nun durch die Berührung der Erden hätten entkommen können, würde es keine von ihnen unterlassen haben. Aber, gleich wie selten einer Lügen abgebrochen, sondern vielmehr derselben zugesetzt wird; also wird von derer Hexen ihrem Thun das allermeiste gelogen, und dieser ietzt untersuchte Punct ist nur bewiesener Massen auch nicht wahr.

Das 34. Capitel
Das 34. Capitel.
Wem Blattern auf der Zungen auffahren / der wird so gleich belogen. Derowegen soll er alsbald dreymahl ausspeyen / und dem Belüger alles Böse anwünschen.

Man höret wohl, daß das eine Lehre aus des Teufels Schule sey, weil, wider die Lehre Christi, Böses mit Bösen soll vergolten werden / und man den Belüger alles Böse anwünschen soll. Eine recht unbesonnene Sache ist es aber, Fluchen und Wünschen, und doch nicht wissen, [331] wem man es thut. Man wünscht seinem Belüger alles Böse, da man doch nicht versichert ist daß man einen Belüger habe. Und ob gleich die aberglaubischen Weiber das zum Beweiß angeben, weil die Blasen auf der Zungen aufführen, so ist doch solcher Beweiß nicht einen Pfifferling werth. Denn wenn dieses ein richtiger Beweiß seyn solte, so würden keinem Menschen keine Blasen auf der Zungen auffahren, als wer belogen würde. Wer will aber so verwegen seyn, und dieses vorgeben? So nun aber die Zunge kan Blasen kriegen, ohne belogen geworden zu seyn, wie kan man denn wissen, oder versichert seyn, ob die Blasen vom Belügen oder von etwas anders herkommen? ist man aber der Sache nicht gewiß, warum fluchet und wünschet man denn ins Gelag hin ein, da man auf solche Art ja GOtt selbst verfluchet, wenn es eine von GOtt zugeschickte Beschwerung ist. Wer wird doch wohl mehr belogen, als grosse Herren? Wenn nun vom Belügen einem Blasen solten auf der Zunge auffahren; so würden Könige und Fürsten nimmermehr ohne Blasen auf denen Zungen seyn. Drum möchten die abergläubischen Schnader-Gänse es nur ein wenig bedencken, und ihre Thorheit ablegen, und sich nicht selbst belügen.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Wenn ein Krancker weinet / und vergiesset Thränen /so stirbt er des Lagers nicht.

[332] Ey! diesen Punct werde ich wohl müssen ungestriegelt lassen, denn die hochweisen Weiber werden ihn aus der Schrifft / und zwar aus dem andern Buch der Könige Cap. 20. erweisen, wenn Hißkias kranck war, und sterben solte, so weinete er sehr, darauf kam des HErrn Wort zu Jesaia, und sprach: Kehre um, und sage Hißkia, dem Fürsten meines Volcks: So spricht der HErr, der GOtt deines Vaters David: Ich habe dein Gebet gehöret, und deine Thränen gesehen, siehe! ich will dich gesund machen, am dritten Tage wirst du hinauf in das Häuß des HErrn gehen, etc. Diese Biblische Geschichte ist zwar gantz richtig, ob sie aber zulänglich sey, damit zu erweisen, daß alle Patienten, welche weinen / des Lagers genesen, das will mir noch nicht in Kopff. Denn ob ich gleich nicht eben zu einem Gegen-Beweiß angeben will, als ob der reichen Frauen zu Sunem ihr Sohn geweinet habe, als er auf dem Felde zu seinem Vater sagte: O mein Haupt! mein Haupt! wie 2. Reg. IV. v. 19. mit mehrern zu sehen; wiewohl sehr zu vermuthen ist, daß dieser Knabe diese Rede weinend wird gethan haben, ob es gleich nicht mit ausdrücklichen Worten gemeldet wird; so sind mir doch selbst unterschiedliche Exempel bekannt, daß die Krancken geweinet haben, und sind dennoch desselben Lagers nicht genesen, sondern mit Tode abgangen, und sonderlich sind mir unterschiedliche an Blattern verstorbene Kinder wissend, die in ihrer Kranckheit geweinet haben. Darff sich derowegen gar niemand darauf verlassen, als ob ein [333] Patiente für dem Tode sicher sey, wenn er weinet: Hingegen so ein Patiente nicht weinete, und man wolte irgend daraus dessen Tod gewiß urtheilen / so wär es sicherlich auch eine vorwitzige Thorheit.


Nickt zu sicher oder frey, Auch nickt allzuzaghafft sey; Sondern wenn die Sterbens Zeit Kömmt, so sey fein wohl bereit.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
In welchem Hause die Heymen oder Grillen sehr schreyen / da gehet es glücklich zu.

Siehe da, man muß täglich mehr lernen! Ich bin in gantz andern Gedancken gestanden / und habe vermeynet, die Grillen bedeuteten nichts gutes; sintemahl ich jederzeit in Acht genommen habe, daß diejenigen, welche mit Grillen ihre Zeit vertrieben haben, gar melancolisch gewesen sind, dahero ich geschlossen, die Grillen verursachten solche Traurigkeit. Allein dieser ietzt vorhabende Punct hat mich veranlasset, daß ich der Sache etwas besser nachgedacht, und befunden habe / daß die Grillen besser seyn müssen, als ich mir dieselben eingebildet habe. Denn ists nicht wahr, dasjenige, was in einem Hause im Uberfluß und die Menge ist, das darff man nicht, oder man hat nicht nöthig, dessen mehr zu machen oder anzuschaffen? Hingegen, was man machet oder anschaffet, das muß nicht alleine gut und nöthig, sondern es muß auch Mangel daran [334] seyn, weil doch niemand gern etwas umsonst macht, dessen man nicht bedarff. Wo nun in einem Hause die Grillen sehr schreyen, allda müssen derer viel seyn, und wird nicht bedürffen, dergleichen zu machen; hingegen, wo Grillen gemacht werden, da muß nothwendig Mangel daran seyn. Weil man sie aber macht, so muß man derer benöthiget seyn, oder sie müssen Nutzen bringen. Wo aber des Dinges viel ist, das Nutzen bringet / da gehets per conseqvens glücklich zu. Ergò so gehet es auch glücklich zu, wo die Grillen in einem Hause sehr schreyen. Wo man aber Grillen machen muß / daselbst gehet es sein Tag nicht recht zu, und muß ich selbst gestehen, daß, so offt ich muß Grillen machen, so offt gehet es mir nicht nach Wunsch. Daß aber viel an denen Grillen muß gelegen seyn, kan man daraus leicht schliessen, weil mancher auch wohl gantze Nächte mit solcher Arbeit zubringet, worvon ich mich ebenfalls nicht kan frey sprechen. Was aber eigentlich derer Nutzen seyn mag, oder worinnen das Glück bestehen soll, das von Grillen-Geschrey herkomme, das habe ich noch diese Stunde nicht erfahren können, ohnerachtet ich derer selbst wohl viel Millionen gemacht habe; iedoch muß ich auch bekennen, daß die Grillen / die ich mache, alle stumm sind, und lässet sich in meinem Hause keine hören, ob ich gleich manchmahl gantze Nächte mit Grillen-Machen Schlaff-loß zugebracht habe. Scheinet dannenhero, als ob die Grillen, die nicht singen oder schreyen, kein Glück bedeuteten, und ich also schlechten Vortheil von meiner [335] Nacht-Verrichtung haben dürffte. Nun gehen sie mir im Kopffe herum, und weiß ich nicht, wie ich ihnen lustig gnug soll fürpfeiffen, darnach sie singen lernen möchten. Bald bin ich willens gewesen, aller alten Weiber ihre Aberglauben in gewisse Versgen zu bringen / und dem Ungeziefer carminicè vorzusingen, sie damit zum Lachen oder Schreyen zu bewegen, weßhalben ich solche Versgen bey dem andern und dritten Hundert dieser gestriegelten Aberglauben an iedes Capitel mit angehänget habe; wie ich aber merckte, daß auch dieses nichts fruchten wolte, habe ich in der Bößt den Poeten-Kasten wieder zugeschnappt. Wald habe ich ihnen allerhand Geschichte und Historien vorgelesen /davon sie zwar einigermassen ruhig, aber dennoch zu keinem Gingen bewogen worden. Wenn ich denn nun nicht weiß, durch was für Mittel ich die Grillen schreyend machen soll, so habe ich das philosophische Frauenzimmer hiermit freundlich ersuchen wollen, mir mit Rath an die Hand zu gehen, daß meine Grillen zum Gingen möchten gebracht werden / ob es alsdenn irgend bey mir auch wolte glücklicher zugehen, als es nun schon viel Jahre gegangen hat, worzu GOTT helffen wolle!

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wir lange schläfft / der wird weiß / und ie länger man schläfft / ie weisser man wird.

[336] Wenn ich Frauenzimmer wäre, wolte ich mir das Stücklein lassen recommendiret seyn; weil ich aber ein Mann bin, so habe nicht nöthig, weiß zu seyn, weil die weisse Coleur denen Männern doch nicht wohl anstehet. Das Frauenzimmer aber, als welches allezeit begierig ist, schön weiß zu seyn, kan sich dieses Mittels befleißigen / denn es scheinet doch, als ob die Kunst probat wäre, weil man wohl wenig Exempel aufbringen wird, daß iemand im Bette sey von der Sonnen schwartz gebrannt worden; ingleichen mag es auch wohl zarte und schone Hände erhalten, wenn man mehr schläfft, als arbeitet: Zu geschweigen, ob es nicht auch zum Reichthum hilfft, weil doch gleichwohl Ps. 27. v. 2. Salomon sagt, GOtt gebe es seinen Freunden schlaffend. Wiewohl mir hin und wieder im Wege stehet, was Salomon in seinen Sprüchen Cap. 6. v. 9. saget: Wie lange liegest du Fauler? Wenn wilt du aufstehen von deinem Schlaff? Ja, schlaff noch ein wenig, schlage die Hände in einander ein wenig / daß du schlaffest, so wird dich das Armuth übereilen, wie ein Fußgänger, und der Mangel, wie ein gewapneter Mann. Wenn ich nun diese Worte recht beobachte, welche gleichwohl durch Antrieb des H. Geistes sind aufgeschrieben worden, so giebt mir es grosses Wunder, daß einige Leute so seltzames Gemüthes sind, und lieber mit einer weissen Haut ihre Faulheit zu erkennen geben wollen, als mit etwas bräunlicher Haut ihren Wohlstand selbst [337] empfinden. Denn was hat ein fauler Schläffer von seiner zarten und weichen Haut vor Nutzen? Ich weiß keinen; wohl aber empfindet er desto eher Frost und Hitze, und hat vielmehr incommodität davon, als ein anderer von einer dauerhafften braunen Haut. Weil es aber im gemeinen Sprüchworte heist: Worzu der Mensch Lust hat, darzu hat er auch Andacht; so lasse ich billich einen ieden in seiner Andacht ungehindert, und mag meinentwegen einer schlaffen, so lange er will.

Das 38. Capitel
Das 38. Capitel.
Wenn ein Paar getrauet werden / und hat der Bräutigam oder die Braut einen Schaden an sich / so kan derselbe nimmermehr geheilet werden / sondern müssen ihn mit ins Grab nehmen.

Das ist was schreckliches! Wo muß dieses wohl herrühren? Solte denn des Priesters Hand so süchtig seyn? Das kan ich nimmermehr glauben: sintemahl dieselbe dem Bräutigam und der Braut vielmehr zum Seegen, als zum Verderben aufgeleget wird; so kan es auch nicht seyn, daß die Worte, welche ihnen gewöhnlicher Massen aus dem Buche der Schöpffung pflegen vorgelesen zu werden, solch Unheil erwecken und zuwege bringen solten, wenn es heist: Mit Kummer solt du dich nehren dein Lebenlang, und so fort: Und gegen das Weib: Ich will dir viel Schmertzen schaffen etc. Denn diese Worte [338] werden denen Eheleuten nur zur Nachricht vorgelesen, auf daß, wenn sich das gewöhnliche Creutz in ihrer Ehe einfindet, sie sich gedultig darein schicken, und gedencken sollen, daß es von lieber Vater-Hand komme, der es, als eine väterliche Züchtigung / um der Sünde willen aufleget / aber auch wieder abnimmt. Denn er vermundet zwar, er heilet aber auch; er schläget, verbindet aber auch wieder. Dannenhero kan ich mich in die Schäden nicht finden, welche durch die priesterliche Trauung sollen so süchtig werden, daß sie nimmermehr zu heilen wären, und vermuthe ich, daß es solche Schäden seyn und verstanden werden müssen, welche der Bräutigam und die Braut mit aus Mutterleibe gebracht haben, und die noch niemahls ein Wund-Artzt zu heilen sich unterfangen hat. Was aber andere Schäden anlanget, derer ein Mensch zufälliger Weise kan theilhafftig werden, so würde man, wo es die Noth erfordern solte / sonder Mühe gnug lebende Zeugen können aufführen, welchen erweisen würde, daß diese Art Schäden ohne Hinderniß gar offt wären geheilet worden, ob sie gleich zur Zeit der Trauung manchen beschweret hätten. Ist also dieser Punct ein verlogener Articul und pfylosophische alte Weiber-Regul.

Das 39. Capitel
Das 39. Capitel.
Wenn der Mond zum Fenster hinein in die Kammer scheinet / so zerbricht die Magd viel Töpffe.

[339] So möchte der Mond auch die zerbrochenen Töpffe fein bezahlen, weil er Schuld am Zerbrechen ist, und ist nur eine Schande, daß die armen unschuldigen Mägde doch gleichwohl alles müssen über sich nehmen, da doch der Mond Schuld daran ist. Ich möchte aber gleichwohl wissen, wie durch den Mondenschein die Zerbrechung der Töpffe könnte erreget werden? Natürlicher Weise scheinet es nicht wohl möglich zu seyn, es werde denn die Sache in verblümtem Verstande betrachtet, und will ich nicht widerstreiten, daß es aus folgende Art mag zugehen: Wenn der Mond /i.e. Menses, die Magd monathlich anscheinet, und sie verdrießlich machet, daß sie mit verbundenem Kopffe in der Küchen herum gehet, und aus Ungedult einen Topff hieher / den andern dorthin stößt und wirfft, so heist es alsdenn:


Wenn die Mägde gehn verbunden um die Köpffe,

So zerbrechen sie aus Ungedult viel Töpffe.


Drum möchten die guten Mägde nur fein gedultig seyn, und ihre Boßheit nicht stracks an denen unschuldigen Töpffen auslassen. Und wenn es endlich um und um kömmt, und die Frau schilt die Magd, wenn viel Töpffe hingerichtet sind, da wird die arme Katze vors Loch geschoben, und muß den Schaden gethan haben, wird auch wohl darzu noch weidlich abgebläuet, da das gute Kätzgen doch wohl nicht vom Mäuse-Loche, zu der Zeit, als die Töpffe zerbrochen worden, weggekommen ist. Also siehet man, wie doch die Unschuld immer leiden muß.

Das 40. Capitel
[340] Das 40. Capitel.
Wem etwas ins Auge fället / der speye dreymahl über den lincken Arm / so kömmt es heraus.

Freylich kömmt das, was er ausspeyet, heraus, aber nicht aus dem Auge, sondern aus dem Maule. Und auf solche Weise dürffte der Punct nach seinem rechten Verstande schon erläutert seyn; worbey gleichwohl diejenigen schlechten Beyfall finden, welche ihr Absehen auf das haben / das im Auge drückt. Wenn ich diesen zu Gefallen aber selbst den vorhabenden Punct nur einig und allein in dem Verstande erwege, wie durch das Ausspeyen dasjenige, was ins Auge gefallen, möge heraus kommen? so kan es natürlicher Weise nicht anders geschehen, als wenn durch Verwendung des Kopffs nach dem lincken Arm, und durch das Ausspeyen, welches gleichsam blasend geschicht, die Augen aufgeblasen, und dasjenige, was darinnen liegt, beweget wird, daß es sich auf solche Weise entweder in einen Winckel des Auges begiebt, oder wohl gar herauf schlupffet. Dieses aber erfordert nicht eben dreymahliges Ausspeyen, sondern kan sich wohl gar zutragen, daß es schon zum ersten mahl, oder auch wohl zum vierdten und mehrmahlen Ausspeyen noch nicht, ja gar nicht von solchem Ausspeyen heraus kömmt. Ist demnach gar was abergläubisches, wenn man die Sache mit solchen Umständen und nachdencklichen [341] Ceremonien vornimmt, damit sie nur ein desto besser Ansehen, dadurch einige Verwunderung bey albern einfältigen Leuten erwachsen kan, gewinnen möge. Wie denn fast alle Aberglauben ursprünglich einen richtigen Zweck gehabt, aber mehrentheils durch solche Leute, welche gern von andern wollen vor klüger gehalten seyn, mit allerhand Abendtheuer verwickelt und gespicket worden sind, daß zuletzt solche Narren selbst sich in diesen abergläubischen Hasen-Netze verworren haben, daß sie nicht wissen sich wieder heraus zu finden. Wer nun will hinter die rechte Wahrheit dieses ietzt vorhabenden Puncts kommen, der versuche nur die Kunst, wenn ihm etwas ins Auge gefallen ist, so wird er gewahr werden / daß es kein Remedium universale, sondern ein offenbarer Aberglaube sey.

Das 41. Capitel
Das 41. Capitel.
Wenn im Mertzen Nebel fallen / so kommt den hunderten Tag hernach eine grosse Wasserfluth.

Dieses ist eine von der Bauer-Physica ausgeheckte Geburt. Weil aber die Bauer-Physica und die Rocken-Philosophie zwey leibliche Schwestern sind, so mögen sich die Geschwister-Kinder gar wohl mit einander vertragen, und dahero habe ich dieses Gesippe auch immer zusammen oder unter einander gesetzt. Auf diesen iezt vorhabenden Punct halten theils Leute hier zu Lande so viel, daß sie auch wohl solten Wetten [342] anstellen / daß gewiß den hunderten Tag nach eingefallenem Mertzen-Nebel eine grosse Wasserfluth kommen werde. Allein es verhält sich in Wahrheit nicht so / sintemahl ich etliche Jahre mit allem Fleiß darauf gemercket habe. Der gantze Irrthum aber mag wohl meines Erachtens daher kommen, wenn offtmahls am Ende des Junii und die erste Helffte desJulii Regen-Wetter, wie auch starcke Gewitter kommen, und Wasserfluthen machen, da sichs denn ein und ander-mahl mag befunden haben, daß es eben am hunderten Tage, nachdem ein Nebel im Mertzen gewesen / geschehen ist, wiewohl die meisten, welche dieser Bauer-Physica nachhängen, es auf etliche wenige Tage nicht ankommen lassen. Wenn denn nun aber, derer leichtgläubigen Thoren ihrer Meynung nach, die Mertzen-Nebel gewiß gegen den hunderten Tag sollen grosse Wasser bedeuten, so müssen ohnfehlbar alle solche vorher bedeuteten Fluthen imJunio oder Julio kommen / dieweil zu solcher Zeit die hundert Tage nach dem Mertz-Monat eintreten. So frage ich demnach / woher denn diejenigen grossen Wasserfluthen sind bedeutet worden, welche im April, Majo, Augusto, September etc. zuweilen entstehen, weil doch diese keinesveges (ratione des hunderten Tages) von Mertzen-Nebeln können bedeutet seyn? Derohalben mache ich mir die unbetrüglichen Gedancken / daß sowohl die eingefallenen Nebel, als auch die andere Witterung im gantzen Jahre, ein jedes seine eigene Ursach aus der Constellation derer Planeten und andern [343] Würckungen des Himmels habe. Wenn ein Ungewitter vorbey ist, so geschicht es offt, daß die Sonne gantz helle hernach scheinet; iedoch zweifele ich, ob iemand so alber seyn und glauben wird, daß alle mahl ein Gewitter werde Sonnenschein bedeuten, weil man ja auch ohnzehlige Exempel weiß, daß es nach einem entstandenen Ungewitter oder Donner-Wetter wohl etliche Tage nach einander geregnet hat. Also auch, ob man gleich etliche mahl in Acht genommen hätte, daß hundert Tage nach eingefallenen Mertzen-Nebel eine Wasserfluth entstanden sey; so ist eben deswegen nicht gewiß zu vermuthen, daß es sich alle mahl also zutragen müsse. Ich weiß es aus der Erfahrung, daß dieser Punct nicht zutrifft.

Das 42. Capitel
Das 42. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man über die Nägel gehet.

Hiermit wollen die alten Weiber die Nägel, so von denen Händen oder Füssen abgeschnitten sind, verstanden haben; wiewohl sich die Sache viel eher glauben liesse / wenn eiserne Nägel damit gemeynet würden, weil man sich in diese viel eher verletzen könte, so man darüber gehet / als in jene. Aber nein! die alten Weiber wissen eine andere Bedeutung / und sagen: Wer über die von Händen oder Füssen geschnittene Nägel gienge, der würde dem gram, dem die Nägel gewesen wären. Und dieses soll auch eben die eigentliche Ursach seyn, warum es nicht gut sey,[344] so man über die Nägel gehet. Ich aber bin gantz contrairer Meynung, und sage, oder erweise vielmehr, es sey gut, wenn man über die Nägel gehet. Denn so man die grossen Nägel noch an Fingern stehen hat, so stehet es erstlich nicht fein / zumahl, wenn so viel Koth s.v. darunter verwahret liegt, daß man könte Spargel oder Salat-Saamen hinein säen; zum andern, so kan man entweder sich selbst / oder auch einen andern damit verletzen, sonderlich, wenn sie fein lang gewachsen sind, daß man sie an statt der Wurffschauffeln gebrauchen möchte, oder Peruqven- Kämme daraus machen könte; dergleichen Gattung der Nebucadnezar mag gehabt haben, als er mit denen wilden Thieren unter dem Thau des Himmels gelegen hat, und seiner menschlichen Vernunfft beraubet gewesen. Muß demnach nothwendig besser seyn, wenn solche Schinder-Klauen von Fingern abgeschnitten und auf die Erde geworffen sind, daß man kan darüber hin gehen. Ich meines Orts gestehe gern, daß ich einem bey weiten nicht so feind seyn würde, wenn ich über seine abgeschnittene Nägel gienge, als wenn ich solche grosse Habichts-Krallen an seinen Händen gewahr würde, und kan ich die Ursach keinesweges erforschen, woher die Feindschafft kommen solle, wenn man über abgeschnittene Nägel gehet / und wird ja auch besser seyn, man gehe drüber, als daß man sie auf dem Tisch, im Fenster, oder wohl gar in der Speise siehet liegen, dergleichen bey säuischen Leuten sich wohl ehe zutragen kan. Ich bleibe demnach darbey, [345] es sey gut, wenn man über die Nägel gehet. Jedoch nehme ich noch aus, daß es nicht irgend müsse verstanden werden, daß, wenn man über die Nägel gienge, welche noch an denen Händen oder Füssen stünden; denn das weiß ich wohl, daß es keinem würde gut seyn / wenn ihm ein anderer wolte auf die Hände oder Füsse treten. Und soferne dieser Punct auf diese Art verstanden wird, geb ich ihme Beyfall.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
Wenn ein Kinder-stillend Weib ein Knäblein stillet /und legt einer andern ihr Kind / das ein Mägdlein ist /an ihre Brust / so krichen hernach diese Kinder in Unehren zusammen.

Ich habe gar offt erfahren, daß, wenn manche Wöchnerin im Anfange nicht bald geschickt gewesen ist /ihrem Kinde selbst aus ihren Brüsten zu schencken, sie eine andere stillende Frau ersuchen müssen / das nur gebohrne Kind immittelst an ihre Brüste zu legen, biß sich die Milch bey ihr selbst finden möchte. Aber, an statt guter Willfährigkeit, ist mehrmahls die Entschuldigung gefallen: Ja, dieses wäre ein Knäbgen /jenes aber ein Mägdlein, und schickte sich dannenhero nicht, daß man einen Sohn und eine Tochter an einer Brust trincken ließ. Warum? Weil zu besorgen, daß hernach diese zwey Kinder, wenn sie groß werden, in Unehren sich vermischen möchten. Ey, wie eine gute Sorgfalt ist [346] das! und gemahnet mich bald, als wie jenes Verwalters, welcher auf seines Herrn Befragen / womit er (der Verwalter) denn seine Zeit bey gantz müßigen Stunden vertriebe? zur Antwort gab: Er nähme die beste Magd, und ritte auf selbiger überall im Guthe herum, und gäbe Achtung, daß nicht irgend Unzucht unter dem Gesinde vorgienge. Da kan man gedencken, wie sorgfältig der Verwalter der Unzucht halber mag gewesen seyn. Also sind hier bey diesem Puncte die Weiber auch, sie hofiren, so zu sagen, recht hinter die kleinen Töpffe, daß die grossen nicht umfallen sollen, und wollen an denen saugenden Kindern die besorgende Unzucht unterbrechen, da sie hingegen bey erwachsenen Personen wohl mehrmahls Gewissen lose Kuppel-Huren agiren. Das mag wohl heissen: Mücken seygen, und Cameele verschlucken. In solchen Begebenheiten / da eine Frau der andern in der Noth einen billigen und Christlichen Liebes-Dienst erweisen soll, machen sie grosses Bedencken darüber, wenn beyde Kinder nicht einerley Geschlechts sind. Wenn sichs aber begiebt, daß die Wöchnerin ihr Kind gar nicht selbst stillen, sondern eine Amme halten will, auf daß die Frau Wöchnerin fein bald sich wieder könne Zeug zu einem neuen Kinde anmessen lassen / da machet man sich gar keinen Kummer, es mag die Amme ein Knäbgen oder Mägdlein gestillet haben, es mag auch die Amme eine Hure oder ehrlich Weib seyn? Nein, da hat man keine Sorge vonnöthen, es hat gantz nichts zu bedeuten. Aber, die [347] guten Weiber lassen sich durch solch unbedachtsam Beginnen gar zu sehr in die Karte sehen, und erweisen damit gegen jedermann, wie sehr sie in abergläubischer Unbesonnenheit ersoffen sind. Sie möchten nur bedencken, daß sichs ja offt zutrage, daß eine Mutter, die Zwillinge gebieret, da eines ein Mägdgen, und das andere ein Knäbgen ist, solche zwey Kinder an ihrer Brust trincken lasse, ohne Besorgung einiger Blut-Schande; wie soll es denn bey andern Kindern, die von zwey Müttern gebohren sind, so eine gefährliche Würckung verursachen? ich meines Orts kan es nicht begreiffen, und riethe ich denen guten Weibern, daß sie, an statt solcher unnöthigen Sorge, fein auf ihre erwachsenen Söhne und Töchter Achtung gäben, daß sie nicht in Unehren oder heimlich zusammen kröchen, weil dergleichen Zusammenfindung ja so gemein ist, daß es fast vor keine Schande mehr will gehalten werden, und geschiehet solches ohne Verwahrlosung in ihrer Kindheit, ob sie gleich nimmermehr an einer Brust mit einander getruncken haben. Woraus ja Sonnen klar erscheinet, daß der vorhabende Punct in einer abergläubischen Narrethey bestehe.

Das 44. Capitel
Das 44. Capitel.
Wer nur in einem Schuch oder Strumpff gehet / der bekömmt den Schnupffen.

Ich will zwar denen das Wort nicht reden, die zuweilen ohne Noth (welches die muthwilligen [348] Kinder offters thun) in einem Schuch oder Strumpffe gehen, sintemahl es gar ein liederlicher Aufzug ist; ja ich muß bekennen, daß ich vor diesen selbst in der gäntzlichen Meynung gestanden bin, ob sey dieser vorhabende Punct die pure Wahrheit, und haben ich und mein Geschwister uns bestmöglichst vorgesehen, daß wir nicht in einem Schuch oder Strumpff über die Stuben-Thielen hin gegangen sind. Zu dem habe ich noch observiret, daß mehrmahls ich selbst, oder auch ein anders / nachdem wir mit einem Fusse bloß gegangen, den Schnupffen bekommen haben. Alleine, da ich zu besserm Verstande gekommen bin, und der Sache mit mehrer Vernunfft nachgedacht, und genauere Observationes davon gemacht / so habe befunden, daß der Schnupffen erregt worden, wenn man mit blossen Füssen auf die kalten Steine getreten, es mag nun geschehen seyn nur mit einem oder mit beyden Füssen, und daher ist der Wahn entstanden, daß man den Schnupffen bekommt, so man in einem Schuch oder Strumpffe gienge, da doch weder der Schuch noch der Strumpff etwas beyträgt, sondern die Erkältung der Füsse verursacht den Schnupffen. Jedoch sind hinwiederum diejenigen Leute auszunehmen, welche der Erkältung der Füsse / und des Barfußgehen gewohnt sind / wie denn auch solche Leute den gantzen Tag möchten in einem Schuch oder Strumpff gehen, ohne Besorgung, den Schnupffen zu kriegen. Ingleichen hat man sich zu warmer Sommer-Zeit auch nicht zu befürchten, daß man um [349] des Barfußgehens willen werde den Schnupffen bekommen, es fiele denn ungestüm Wetter ein. Also verhoffe ich / in aller Kürtze gewiesen zu haben, aus was vor Ursach das Geben in einem Schuh oder Strumpff den Schnupffen erregen könte. Drum


Halt Kopff und Füsse warm, Gieß nicht zu kalt in Darm, Iß fleißig warme Suppen, So plagt dich nicht der Schnuppen.

Das 45. Capitel
Das 45. Capitel.
Wenn das Feuer in Ofen platzet / so entstehet ein Zanck im Hause.

Wer hierauf etwas hält, oder dieses glaubet, der muß nicht wissen, daß ein Holtz mehr platzet / als das andere. Denn wenn Tannen-Holtz brennet / so gehet es ohnmöglich ohne Platzen ab; hingegen, so man Erlen oder Büchen-Holtz brennet, so höret man nichts. Da nun des Tannen-Fichten- und dergleichen Holtzes Art ist, daß es im Brennen sehr platzet / so kan es ja kein Omen oder Anzeigung geben, daß ein Zanck im Hause werde entstehen, sonst würde folgen, daß in denen Häusern / in welchen lauter solch platzicht Holtz gebrannt wird, ohne Unterlaß Zanck seyn müste. Aber, was mag doch das Holtz oder das Platzen des Feuers verursachen können? es ist ja im manchem Hause Zanck genug, da wohl lauter gut hart Holtz gebrannt wird, das man nicht platzen höret, was ist denn da vor Anzeigen vorher gegangen? Drum kan [350] ein Zanck entstehen / und auch das Feuer platzen, ohne daß eines das andere bedeutet hat, sondern ein iedes hat seine eigene Ursach. Jedoch, auf daß ich gleichwohl denen Weibern auch einmahl recht lasse, so will ich meine Meynung eröffnen, auf was Weise es geschehen kan, daß Zanck im Hause entstehet, wenn das Feuer im Ofen platzet / nehmlich folgender Gestalt: Wenn manchmahl ein sorgfältiger und genauer Haußwirth nicht haben will, daß die Stube gar zu warm eingeheitzet werde / sondern will das Holtz gesparet wissen, die Magd oder Frau legt aber ohne des Haußwirths Wissen und Willen Holtz in Ofen, und vermeynet nicht, daß es der Wirth mercken werde, wenn denn das Feuer platzet, und mit solchem Paltzen die Frau oder Magd gleichsam verräth, so entstehet hernach freylich ein Zanck, und heist alsdenn: Wenn das Feuer nicht geplatzet hätte, so wäre dieser Zanck auch nicht entstanden; aber das Feuer ist nicht die Ursache des Zancks, sondern der Weiber und der Mägde ihr Ungehorsam und Verschwendung des Holtzes. Derohalben, ihr lieben frostigen Schwestern, gebe ich euch den Rath, daß ihr einandermahl, wenns wieder so kömmt, sein gut hart Holtz anleget, das nicht platzet, so werdet ihr des Abends, wenn der Herr zu Bette ist, noch in der warmen Röhren können Aepfel braten / ohne daß iemand etwas platzen höret. So ihr aber woltet Castanien braten, so müsset ihr sie auf einer Seiten aufschneiden, sonst würdet ihr ein ärger Geplatze damit anrichten, als wenn ihr Tannen-Holtz [351] brennet, iedoch nicht so gar arg, als wie der Schulmeister zu Wipffra, (ist ein Dorff in Thüringen gelegen, dem Graffen zu Arnstadt gehörig) dieser Schulmeister kam zum öfftern über des damahligen Schultzens, Nahmens Matthes Völckers, Holtz, weil dieser ein wohlbegütterter Mann war, der viel Holtzung hatte. Wie nun Matthes Völcker merckte, daß ihm ein Holtz-Dieb seine Holtz Klafftern im Walde verkleinerte, und gern erfahren hätte, wer sein Holtz-Dieb sey, erdachte er folgende Mittel: Er bohrete in ein Scheit Bürcken-Holtz ein Loch, that darein einen guten Schuß-Pulver, und machte einen Zapffen vor, und legte dieses Scheit wieder oben auf eine Klaffter Holtz, welches alsdenn in wenig Tagen durch Diebs-Hände war flüchtig gemacht worden. Wie nun der Herr Schulmeister daselbst einst den Bader bestellet hatte, und schröpffen wolte, ließ er eine feine warme Stube machen, und eben da der Bader dem Schulmeister die Köpffe auf den Rücken setzete, und der Schulmeister in aller Erbarkeit auf der Ofenbanck saß, thät es in dem Ofen einen Knall, als ob ein Doppelhacken loß geschossen würde, da zugleich der Ofen über den Herrn Schulmeister herfiel, daß ihm die Schröpff-Köpffe vom Rücken fielen, auch einige Scherben von denen Kacheln im Rücken stecken blieben, Diese Begebenheit, welche nun bey nahe vor 40. Jahren sich zugetragen, lieff zwar kurtzweilig aus, hätte aber gar leicht die Kirch und Schule können zu einem Aschen-Hauffen machen / wenn nicht / um des Schröpffens [352] willen, wäre stracks Wasser zugegen gewesen.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
So lange das Essen noch auf dem Tische prötzelt oder kochet / so lange wird die Köchin von ihrem Manne geschlagen.

Sind die Weiber nicht rechte Marter-Höltzer und geplagte Creaturen! Sie mögen es fast machen und agreiffen, wie sie wollen, so haben sie doch entweder Zanck oder gar Schläge, und ist dahero zu verwundern / daß noch eine in der Welt bleibet, und nicht alle davon lauffen. Im vorigen Capitel entstehet ein Zanck, wenn sie platzigt Holtz in Ofen legen, hier bekommen die armen Dinger gar Schläge, wenn irgend das Essen zu heiß auf den Tisch gesetzt wird, da doch die eigensinnigen Männer selbst Ursach daran sind. Denn sie wollen nicht gern das Essen kalt essen, sondern es soll seine rechte Würme haben; und doch gleichwohl, wenn angerichtet wird, stehen die Männer manchmahl noch eine halbe Stunde vor der Thür und plaudern, dahero will die Köchin das rechte tempo treffen, und richtet siedend-heiß an, in der Meynung, es werde wohl die Hitze verlieren, ehe der Mann ausgeständert hät. Sie rufft ihn aber doch unter dessen mit einer finstern Mine, daß er doch möchte fortgehen, ehe das Essen wieder kalt werde. Wenn denn der Mann meynet, es werde gleich [353] Maul-recht seyn, und isset das heisse Essen ohngeblasen hinein, und verbrennet das Maul, so gehet es an ein Donnern und Hageln, und wenn die Frau oder Magd viel widerpelfert, so reguet es gar Schläge. Da trifft alsdenn der Punct ein: So lange das Essen auf dem Tische vor Hitze noch kochet, so lange wird die Köchin von ihrem Manne geschlagen. Wie aber der Köchin geschicht / welche keinen Mann hat, das weiß ich nicht; auch kan ich mich darein nicht finden, wie es zugehen mag / daß das Essen auf dem Tische kochen solle oder könne, wenn kein Kohl-Feuer darunter stehet? Denn ob gleich ein Essen noch so sehr kochte, so höret das Kochen doch auf, so bald die siedende Speise in ein ander Gefässe geschüttet wird, es wäre denn, daß das andere Geschirr auch gleichsam glühend-heiß sey. Wie nun denen geplagten Köchinnen und armen Weibern gerathen und geholffen werde, daß sie nicht so unschuldig geschlagen werden möchten, weiß ich keinen einfältigern Rath zu geben, als den:


Macht das Essen nicht zu heiß, Auf daß euch der Mann nicht schmeiß.

Das 47. Capitel
Das 47. Capitel.
Wem die Weiber abgehen / und die Pferde wohl stehen / der wird reich.

Dieses ist ein Sprichwort, und auch ein Aberglaube. Dahero habe ich diesem Puncte ein Räumgen allhier gönnen wollen, wo seines gleichen in grosser Zahl zusammen kommen ist. [354] Er sagt: Wem die Weiber abgiengen, der würde reich; ist wohl gezielt, aber übel getroffen. Wenn es so ein grosses Glück ist, so einem das Weib stirbt, warum ist man denn ein Narr, und nimmt sich eine andere? Antwort: Daß sie auch bald wieder sterben soll. O Narr! wenn du sie um des Sterbens willen nimmst, so bist du nicht werth, daß du ein ehrlich Weib an deine Seite kriegest und wirst dich gewiß auch eines schlechten Reichthums zu getrösten haben. Vor ohngefehr dreyen Jahren sagte ein dergleichen Stockfisch, GOtt Lob und Danck, er hätte nun die dritte Frau, und mit denen ersten beyden hätte er gar seine Mittelgen, mit dieser aber nichts bekommen, sie wäre zwar eine gute Wirthin, hielte auch seine Kinder gar sein, weil sie aber nichts zu ihm gebracht hätte, wolten seine Kinder sie nicht recht respectiren; drum, so diese auch wieder sterben solte, wolte er nicht wieder so ein Narr seyn, und eine so Arme neh men; denn was man ererbte oder erheyrathete, das dürffte man nicht erst erwerben. Aber der gute Flegel hatte sein Lebtage keinen Thaler erworben, drum wuste er nicht / wie viel geseegneter ein mit saurer Mühe erworbener Groschen sey, gegen einem / der gefunden oder geerbet worden. Ich kenne reiche Männer, die ihre alten oder ersten Weiber viele Jahre her haben; hingegen kenne ich auch arme Tropffen / die zum dritten mahl in betrübten Wittwer-Stand gerathen sind. Dahero kan ich nicht absehen, wie doch der vorhabende Punct allemahl behauptet werden können? Ja [355] wem es so eintrifft, daß er eine alte Mutter mit etlichen tausend Thalern auf ein Viertel-Jahr erhaschen kan, und wird hernach ihr völliger Erbe, daß er sich alsdenn vor das ererbte Geld auch kan eine reiche Junge erhandeln, der möchte einiger Massen von etwas Glücke schwatzen können. Aber was ists? so man alle Umstände beobachten würde, so zweiffele ich nicht, ein solcher werde offt mehr zu klagen haben, als ein anderer, der mit seiner in Armuth erfreyeten Hauß-Mutter ein Stück Käse und Brod vergnügt verzehret. Ach es ist ein grosser Unterschied unter einer reichen und unter einer vergnügten Ehe. Es sey aber hiermit gnug von Weibern, und wende ich mich zu den Pferden. Wem die Pferde wohl stehen, der soll reich werden, und dieses möchte wohl noch eher geglaubet werden können, als das vorige; iedoch wolle ich eher sagen, daß einer reich würde, wem die Pferde wohl abgiengen, und hingegen die Weiber wohl stünden. Denn wem die Pferde stehen, dem fressen sie nur den Hafer und Futter, und verdienen ihm nichts, und weiß ich wohl Exempel, daß manchen die schönen faulen und müßigen Hengste haben arm gefressen; wem sie aber geben, entweder im Pfluge, oder im Wagen / dem verdienen sie noch eher etwas. Es halte demnach ein ieder auf dieses Sprichwort, was er will, ich halte nichts davon.

Das 48. Capitel
[356] Das 48. Capitel.
Wenn ein Licht von sich selbst verlöscht oder ausgehet / so stirbt gemeiniglich eins im Hause.

Freylich wohl stirbt eines im Hause, nehmlich das Licht selbst erstirbt, oder gehet aus. Wie denn gar offt das Sterben mit dem Verlöschen oder Ausgehen eines Lichts verglichen, und auf einerley Redens-Art ausgesprochen wird. Und ob ich gleich nicht in Abrede seyn will, daß manchmahl durch Verlöschung eines Lichts der Tod einer Person in dem Hause / darinnen sichs begiebt, angedeutet werde; so ist doch das zehende mahl nicht darauf zu achten / weil vielerley andere Ursachen sind, welche das Verlöschen des Lichts causiren können. Denn manchmahl ist der Tocht zu sehr gedrehet, daß sich das Fett nicht kan hindurch ziehen; offt ist der Tocht zu dünne, daß das allergeringste Lüfftlein es auswehet; manchmahl wird auch wohl ein Licht von etwas verlöschet, darauf niemand gedencken noch Acht haben wird, und alsdenn machet man ohne Ursach ein Omen draus. Zum Exempel / als ich mich vor diesen in einer berühmten Stadt aufhielt, kam das Weib, die mir haußhielt, ein paar mahl des Abends, als sie das Essen anrichtete, und zündete das Licht an dem meinigen an vorgehend / ihres wäre zwey mahl von freyen Stücken verlöschet, da doch kein Lüfftgen sich regete, besorgete dannenhero etwas übels drauf. Alleine, es erwiese sich bald, was die Ursach war, indem [357] mein Licht auf dem Tische in einem Augenblick verlosche, ohne daß es iemand von uns berührete. Es geschah aber folgendermassen: Ich hatte eine Eule jung im Hause aufgezogen, welche gantz zahm, und ins Hauß dermassen eingewohnet war, daß sie zwar in andere Häuser flog, aber dennoch wieder kam, und den gantzen Tag auf dem Boden auf einem Balcken saß, des Abends aber, und sonderlich, wenn wir vom Tische giengen, da, der Hund seine Mahlzeit bekam, fand sie sich zu des Hundes seinen Teller, als ein Gast, ein; zu der Zeit aber, davon ich ietzt rede, kam sie in die Stube, eben, als wie zu Tische sassen, geflogen, und satzte sich mit zu Tische, wehete aber mit ihrem Flug das auf dem Tische stehende Licht aus, und offenbarete damit / wie vorher das Licht in der Küchen sey verloschen, denn die Eulen haben einen so stillen Flug, daß man sie nicht höret / so man sie nicht siehet. Und hatte ich damahls keine grössere Familie im Hause, als ein altes Weib zur Magd, einen Dänischen Hund, und obgedachte Eule. Es trug sich aber einst zu, daß als gegen Abend ein lustiger guter Freund zu mir kam, und gewahr wurde, daß die Eule in dem einen offenstehenden Stuben-Fenster-Schößgen saß, der Hund zu dem andern darneben, und das alte Weib hinter diesen beyden heraus sahen, gedachter Freund mich mit folgenden Schertz-Worten anredete:


Dreyfache Hauses-Seule;

Ein Hund, und eine Eule,

Wie auch darzu ein altes Weib,

Die krumm mit halb erstorbnen Leib,

[358]

Die sehen an dem Fenster

Heraus, als wie Gespenster, etc.


Die folgenden Worte setze ich mit Fleiß nicht mit her. Unterdessen hoffe genugsam zu bedencken gegeben zu haben, daß ein Verständiger wird daraus abnehmen können, wie das Auslösche eines Lichts nicht stracks zu einer bösen Bedeutung müsse gemacht werden.

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Wenn man an Blumen oder Kräntze riecht / die zu einem Begräbniß gehören / so verlieret man den Geruch.

Diesen Glaubens-Punct erfahre ich nur itzo, da etliche Soldaten in meinem Hause standen, wovon einer die vorbey gebende Kräntzbinderin rieff, welche in einem Schachtel-Deckel Kräntze und Blumen trug, und fragte sie, worzu die Sachen solten, nahme auch etwas davon in die Hand, und rocke dran. Die Kräntz-Binderin aber risse es dem Soldaten von der Nasen hinweg, und sagte: Es käme zu einer Leiche, er würde nicht daran riechen. Der Soldat fragte, was es denn zu bedeuten hätte? worauf sie antwortete: Ach Hertzens-Kind! wer an solche Blumen oder Kräntze riecht, der verlieret seinen Geruch. Worauf der Soldate einen grossen Lach aufschlug, und die Kräntz-Binderin eine Närrin hieß, sagte hernach zu seinen andern Cameraden, welche Sachßen waren, er aber von Berlin: Ob denn die Leute hie toll wären, daß [359] sie sich solch alber Ding einbilden könten? er wolte auf diese Gefahr wohl an Kräntze riechen, die schon im Grabe gelegen hätten; und konte also dieses Vorgeben gar nicht glauben. Wahrhafftig, dieser Soldate war in diesem Fall viel klüger, als einige, der Einbildung nach, kluge Leute hiesiges Landes. Ich bitte einen jedweden Leser, der vielleicht auch noch in solcher einfältigen Furcht stehet, er wolle nur meine folgende Vorstellung erwegen, so bin ich versichert / soferne er nicht gantz in seinen Gedancken verkehrt ist, er wird die albere Meynung alsobald fahren lassen, und mir Beyfall geben: Ists nicht wahr, die Leiche selbst, oder den verstorbenen Menschen / riechet man offtmahls so starck, daß man auch wohl die Nase vor dem Gestanck zuhält; aber dennoch entstehet deswegen bey niemanden eine Furcht, als werde man darum den Geruch verlieren; nun aber weiß man ja, daß die Blumen und das übrige Zeug / so lange es in der Kräntz Binderin ihrer Gewalt ist, sowohl zu Hochzeit- als Begräbniß-Kräntzen und Sträussern kan und mag angewendet werden, stehet also in der Kräntz-Binderin ihrer Willkühr; solte denn nun der Wille der Kräntz-Binderin können denen Begräbniß-Kräntzen eine solche Eigenschafft geben, daß sie dem, der daran röche, einen der fünff Sinne, nehmlich des Geruchs, berauben könte? das wird mich in Ewigkeit kein Mensch bereden. Will man aber vorgeben, solche Kräntze bekämen diese Eigenschafft von denen Leichen, weil bey diesen alle Sinne mit abgestorben wären; so antworte [360] ich, daß ja die Kräntze solchergestalt nicht ehe einige Krafft von der Leiche erlangen können, als biß sie zu der Leiche kommen, warum aber soll man denn nicht daran riechen, da sie auch noch nicht in des Verstorbenen Hauß gekommen sind? und ob auch gleich solche Kräntze oder Blumen schon in dem Sarge gelegen hätten, so können sie doch nicht mehr Eigenschafft von der Leiche an sich gezogen haben, und wieder von sich geben, als die Leiche selbst hat, und von sich giebt. Wenn denn nun aber der Geruch und Gestanck der Leiche selbst niemanden des Geruchs beraubet, viel weniger kan es solch pappieren, wächsern oder dräthern Zeug, welches nur ein wenig / oder auch wohl gar nicht, darbey gelegen hat, thun? Und so ich mich hierbey nicht der Kürtze bedienen müste, so wolte ichs Sonnen-klar erweisen, daß dieser Punct schnurstracks wider die gesunde Vernunfft und alle Möglichkeit streitet. Wer aber ein klein wenig gesunde Vernunfft besitzet, der wird aus ietzt gemeldetem auch schon so viel Licht bekommen, daß er mit allen fünff Sinnen empfinden wird, daß dieser Punct ein offenbarer Aberglaube, und also erlogen sey.

Das 50. Capitel
Das 50. Capitel.
Wenn man von einem Roßmarin-Stocke etwas grüne Roßmarin einem Verstorbenen mit ins Grab giebt / so verdirbt der Stock / sobald die Roßmarin im Grabe faulet.

[361] Dieses glauben manche Leute so gewiß, daß sie vor viel Geld von ihrer Roßmarin nichts an die Kräntzel-Weiber verkaufften, in Besorgung, daß sie diese mit in Begräbniß-Kräntze einbinden möchten. Aber, wenn man nur dem vorhergehenden Punct ein wenig mit Vernunfft nachdencken will, so wird man schon so viel daraus abnehmen können, daß dieser ebenfalls auf keinen bessern Grund gebauet sey. Zwar wird man mir ohne Zweifel fürhalten, wie daß ja die Sympathie und Antipathie, ingleichen Vis magnetica, in der Natur nicht könne geläugnet werden, wovon Marvellus und andere viel Wesens machen: Und in solcher Krafft werde gleichsam der Tod aus dem verstorbenen Menschen in die Roßmarin und dero Wurtzel durch den abgebrochenen Zweig verpflantzt. Alleine, dieputrefaction der Roßmarin-Zweige / welche mit dem verstorbenen Cörper eines Menschen geschicht / kan nimmermehr mit einer transplantation verglichen werden, sintemahl von den abgebrochenen Zweigen keine Krafft zurück auf seinen Stock ziehen kan, weil natürlicher Weise kein Rückweg aus den Zweigen in den Stamm gehet, obgleich diese nahe an einander stehen, geschweige, wenn sie von einander gesondert sind. Das ist zwar natürlich, daß aus der Wurtzel und Stamme denen Zweigen etwas zugeschicket werden kan, aber rückwärts ist mir kein Weg bekannt. Ich habe / ohne Ruhm zu melden, aus curiosität mancherley Händel versucht, auf daß ich hinter den rechten Grund der Wahrheit kommen [362] möchte; ich kan aber mit meinem guten Gewissen bezeugen, daß ich in allen denen Proben, so ich von denen Curen, welcheper transplantationem, einiger Vorgeben nach, geschehen sollen können, nicht eine eintzige also befunden habe, als wie es, dem Vorgeben nach, hätte seyn sollen. Der also genannte Simpathetische Doctor R. welcher vor ein paar Jahren sich hin- und wieder in Sachßen aufhielte, und von dem so grosse Miracul gemacht wurden, war wahrhafftig in keiner seiner Thaten Lobens werth / und hat fast überall, wo er sich aufgehalten, keinen bessern Ruhm davon getragen, als alle betrügliche Qvacksalber. Was von Verbrennung des Koths eines Menschen insgemein vorgegeben wird, ob solte hierdurch demjenigen / von dem der Koth kommen, der Steiß verbrannt oder voller Blasen werden, erweiset sich ebenfalls nicht wahr, wie ich viel gantz neue Exempel zum Gegen-Beweiß aufführen könte, daß dergleichen Koth mit sonderlichen Ceremonien verbrannt worden, und doch nichts anders erfolget, als ein Gestanck durch etliche Gassen. Auf daß ich aber wieder auf unsere Roßmarin komme, so wolle mir doch einer sagen, was denn diese vor eineSympathie oder Antipathie mit dem Menschen habe, daß wenn die Roßmarin-Zweige mit einem todten Menschen vergraben werden / durch diese der Tod des Menschen in den Roßmarin-Stock geschickt werden soll? Es hat ja den Menschen eine solche Kranckheit umgebracht, die nicht kan in die Roßmarin verpflantzet werden. Kein Fieber, keine [363] Rothe Ruhr, keine Pest, keine Schwind- und Wasser-Sucht, keine Gicht, noch dergleichen menschliche Kranckheit kan der Roßmarin schaden; so ist der Tod eines Menschen mit dem Verderben eines Gewächses in diesem Fall auch keinesweges zu vergleichen; und wie gehet es denn zu, daß auf denen Dörffern theils Bauern die Roßmarin und andere Gewächse gar auf die Gräber der Verstorbenen pflantzen können? Woraus ja gnugsam abzunehmen ist, daß weder Sympathie noch Antipathie von einem Verstorbenen der Roßmarin könne das Verderben zuwege bringen. Das ist mir aber wohl wissend, daß der allerklügste Gärtner wohl öffters in einem Jahre um alle seine Roßmarin gekommen ist, und sonderlich, wenn es alte Stöcke gewesen. Daran ist aber insgemein der Ort, wo sie Winters-Zeit behalten worden / oder auch die Witterung, Schuld gewesen, niemahls aber die Vergrabung mit einem todten Menschen.

Das 51. Capitel
Das 51. Capitel.
Wenn man Eyer isset / soll man die Schalen nicht gantz lassen / sondern zerdrucken / sonst kan einer das Fieber bekommen.

Dieses ist abermahl eine Materie, die der vorigen nicht gar ungleich ist. Es wird fürgegeben, wenn einer Eyer ässe, und liesse die Schalen gantz, und käme hernach einer, der das kalte Fieber hätte / und träncke aus einer solchen [364] Eyer-Schale, so vergieng ihm das Fieber, und der, welcher das Ey gegessen hätte, bekomme es hingegen. Ob ich nun zwar nicht läugne, daß auf unterschiedliche Weise kan eine Kranckheit von einem Menschen auf den andern gebracht werden; so sage ich doch, daß es auf diese Art mit der Eyer-Schale wider die gesunde Vernunfft streite, und durchaus nicht wahr sey. Ich sage aber mit Fleiß, wider die gesunde Vernunfft; denn ich weiß wohl /daß sich die Vernunfft auch offtmahls muß liederlich genug lassen radebrechen und zwingen. Ferner bin ich auch nicht in Abrede, daß wohl durch Zauber-Kunst mit einer gantzen Eyer-Schale dem könne einiges Unheil zugefüget werden, der das Ey gegessen hat, ob gleich solche Zauberey natürlicher Weise geschicht, u. kan ich das selbst für nichts bessers als Zauberey achten, wenn einer aus einer Eyer-Schale um deßwillen träncke, daß er hierdurch wolte das Fieber loß werden, da er darneben glaubet, daß es hingegen ein anderer, der das Ey gegessen hätte, überkommen werde. Denn wer sich seiner Kranckheiten und Leibes-Beschwerungen auf solche Weise entledigen will, daß er sie einem andern anhänget, der begehet damit nichts anders, als eine Zauberey, welches eine zauberische Vergifftung möchte genennet werden. Und ist das wohl gewiß gnung, daß ein solcher Patiente / der durch dergleichen übergeführte Kranckheit überfallen wird, schwerlich anders, als eben wieder auf dergleichen Art kan curiret werden. Daß es aber wieder auf einen Menschen fort gebracht [365] werde, rathe ich keinem, bey Verlust seiner Seelen Seeligkeit, sondern es kan geschehen, daß es einem Hunde, oder andern Thiere zugetheilet, und hernach solch Thier umgebracht werde. Daß ich aber nicht zu weit von unsern vorhabenden Punct abkomme, so sag ich noch einmahl / daß auf solche Art ohnmöglich dem könne das Fieber angehänget werden, der das Ey gegessen hat, woferne nichts anders mit der Eyer-Schaale gemacht wird, als daß nur der, der das Fieber hat, daraus trincket. Daß es aber mit andern Umständen geschehen könne, will ich nicht wiedersprechen, aber um Mißbrauchs willen auch die Umstände nicht melden. Unterdessen thut ein ieder, der Eyer isset, doch gar wohl, wenn er die Eyer-Schalen zerdrücket, auf daß feindseelige Personen ihm zu schaden nicht etwas hinein füllen. Und hiermit sey von dieser Materie auf dieses mahl genug gemeldet.

Das 52. Capitel
Das 52. Capitel.
Einen Beutel von Maulwurffs-Fell / darein ein Wiedehopffs-Kopff sammt einem Pfennig gesteckt /bey sich getragen / lässet keinen ohne Geld seyn.

Ey denckt doch, was das vor eine schöne rare Kunst ist. Es muß der Beutel von Maulwürffs-Peltz seyn, auf daß nicht irgend das Gehirne in dem Wiedehopffs-Kopffe erfrieret. Woher aber des stinckenden Wiedehopffs-Kopff einige Krafft habe / dem Geld-Mangel zu wehren, [366] das möchte ich wohl gerne wissen, sintemahl ich noch nicht erfahren habe, daß man in einem Wiedehopffen-Neste iemahls Geld gefunden hätte, als wie man dergleichen Exempel vom Adler, Raben und dergleichen Vögeln hat? Dannenhero ich mich wundern muß, daß die abergläubischen Affen nicht an statt des Wiedehopffs-Kopff einen Dohlen-Raben- oder dergleichen Diebs-Vogels-Kopff sich zu dieser Kunst erkieset haben, weil man gleichwohl weiß, daß dergleichen Galgen-Vögel das Geld lieben, welches man hingegen vom Wiedehopff nicht weiß. Bey solcher Bewandniß nun kan ich mir nicht anders einbilden, als daß der Urheber oder Erfinder dieser Kunst solche nicht in Ernst, sondern nur in Schertz auf die Bahne gebracht habe, und um deßwillen einen Maulwurffs-Peltz zum Beutel, und einen Wiedehopffs-Kopff darzu recommendiret, auf daß die Sache ein wenig ein gauckelhafftes Nachdencken mache, weil man diese 2. Stücke nicht stracks überall haben könne. Was aber den Pfennig, der darzu gesteckt werden soll, anlanget, so giebt solcher wohl der gantzen Sache völlige Erläuterung. Denn der Pfennig ist Geld; wer nun einen Pfennig bey sich in einem Beutel trägt, der trägt Geld bey sich, und solcher Gestalt fehlet freylich einem, der Geld bey sich trägt, kein Geld. Wer aber nicht mehr hat / als einen Pfennig auf dergleichen Art in einem Beutel, und doch gleichwohl mehr bedarff, den versichere ich bey meiner Ehre, daß dieser Pfennig ihn nimmermehr zu keinem Groschen verhelffen [367] wird, dannenhero diese Kunst ohne Verlust unterbleiben mag.

Das 53. Capitel
Das 53. Capitel.
Wenn in der Neu-Jahrs Nacht der Wind wehet /bedeutet es Pest.

Gott wolle uns gnädiglich vor der Pestilentz behüten, und unsere Stadt und Land noch lange mit solcher gesunden Lufft versehen, als wie wir nun viel Jahre her von seiner Güte genossen haben! Zu der Zeit, da ich dieses schreibe / höret man von mancherley Ländern, und sonderlich aus Pohlen, daß daselbst die Pest und allerhand contagiöse Kranckheiten sehr überhand nehmen. So ich nun ein wenig nachdencke, wie uns GOtt in unserm Lande so lange Gesundheit, Fried und Ruhe, und andere unzehliche Wohlthaten hat geniessen lassen / da hingegen alle Länder und Reiche um und neben uns mit Pest / Krieg, Hunger und Theuerung, Aufruhr, Erdbeben und dergleichen schrecklichen Plagen gleichsam überschwemmet gewesen und zum Theil noch sind, so kan ich mir keine andere Rechnung machen, als daß gewiß solche Plagen auch endlich über uns kommen werden / weil wir doch so viel, wo nicht noch mehr, als andere Völcker, gesündiget haben. Solte uns GOtt nun mit einer Plage heimsuchen, und seine Gerechtigkeit mit der Barmhertzigkeit noch ferner unterstützen, so wüste ich nicht, was anders über uns kommen könte, als die Pest, weil es doch besser ist, in die Hände unsers [368] gnädigen GOtttes fallen, als in die Hände unserer Feinde? Wenn wir dieses Jahr mit der Pest heimgesuchet würden, (welche doch GOtt in Gnaden abwenden wolle!) so ist kein Zweifel, es würde die abergläubische Schaar alsdenn in ihrem Glauben, oder vielmehr Unglauben, gewaltig gestärckt werden, weil die heurige Neu-Jahrs-Nacht ein gewaltiger Sturmwind gewütet hat. Daß aber die Neu-Jahrs-Nacht hierzu keinesweges einePrognosticantin abgeben kan, beweise ich auf die Art, als wie schon mehrmahls geschehen / nehmlich, weil wir ietzt einen andern Neu-Jahrs-Tag erwehlet haben / als wir von etlichen seculis her gehabt / und sich die Sturmwinde dannenhero nicht um unserer Calender-Veränderung willen eben auch um 11. Tage eher einstellen werden, als sie sonst gethan hätten, so wir uns noch nach dem Julianischen Calender gerichtet hätten. Und wenn wir uns gleich noch nach dem alten stylo richteten, und nach solcher alten Zeit der Wind gewehet hätte, wie es denn heuer, sowohl nach der alten als neuen Zeit, nicht daran ermangelt hat / so ist doch darauf gantz nicht zu reflectiren; denn wo stehet denn geschrieben, daß dieses die rechte Vorbedeutung der Pest sey? Wolte man aber sagen, daß man dieses aus langer und vieler observanz habe / so ist ja bekannt, daß nichts ungewissers sey, als solche alte Mährlein aus der Bauer-Physica. Dannenhero ist hierauf zwar nicht zu achten, iedoch auch nicht rathsam, allzusicher zu seyn, ob auch gleich die Neu-Jahrs-Nacht noch so stille von Winden gewesen [369] wäre. GOtt mache mich bereit, daß ich allezeit rechtschaffen erfunden werde, wenn er mich auf meinem Bette, auf fremder Gräntze, in Wassers-Noth, Hitze oder Kälte, oder auch gleich durch Pestilentze / nach seinem Rath, abfordert!

Das 54. Capitel
Das 54. Capitel.
Menn man Suppe gegessen hat / und legt den Löffel auf den Tisch / so er mit dem innern Theile oben fället / so hat man noch nicht satt / dahero soll man mehr essen / biß ber Löffel mit dem äussern Theile sich aufwärts kehret.

Das muß ein dummer Ochse seyn, der die Krippe will fragen, ob er satt sey? und der Mensch, welcher nicht an sich selbst mercken kan, wenn er gessen hat, ob er satt sey, oder nicht, und will seinen Löffel darum fragen, der ist noch zehen mahl ärger, als ein Ochse, oder das andere Thier, das zu Bethlehem des Ochsen sein getreuer Nachbar war. Wenn das Lager des Löffels anzeiget, ob einer satt sey, oder nicht, so müste zuweilen daraus folgen / daß die Leute satt wären /ehe sie zu essen anfiengen / weil insgemein bey reputirlichen Leuten die Löffel also pflegen auf den Tisch geleget zu werden, daß das äussere Theil derselben sich aufwärts kehret. Ingleichen, wenn honette Leute gegessen haben, so legen sie die Löffel fein bescheiden nieder, und gewöhnlicher massen das äusere Theil auswärts kehrend. [370] Was aber grobe Bauer-Rökel sind, die werffen die Löffel auf den Tisch, daß sie möchten an die Decke springen, und solche Sau-Mägen werden nie recht satt, dahero haben sie diesen Fratzen ersonnen / und sagen: Wenn der Löffel verkehrt liegend bliebe, so sie ihn nach dem Suppen-Essen auf den Tisch würffen, so hätten sie noch nicht satt, dahero fangen sie mit dieser Narren-Weise von neuen an zu essen, biß sie so satt sind, daß sie krächtzen, und die Löffel alsdenn mit Fleiß recht legen, wie sichs gebühret, und bestehet also diese Flegels-Kunst bey nahe in dem selbst-eigenen Willen und Vorsatz dessen, der sie practiciret Auch wird man bey reputirlichen Leuten niemahls diesen Aberglauben im Gebrauch finden, wohl aber bey groben Bauern.

Das 55. Capitel
Das 55. Capitel.
Wenn man Brodt zu Tische schneidet / und schneidet ohngefehr ein Stück mehr / als Personen sind / so ist ein hungriger Gast unter Wegens.

Wie wunderlich doch die Natur spielet, weil ein hungriger Gast unter Wegens ist, und sich bald einstellen wird / so ist die Natur gleichsam des Gasts Fourier, u. würcket in dem Brodtschneiden so viel, daß der Ausschneider des Brodts, ohne seinem Vorsatz, den noch abwesenden hungrigen Gast auch mit einem Stück Brodt versehen muß. Das lasse mir einer eine vorsichtige Natur seyn die dem Gaste eine gute [371] Mahlzeit bestellet! denn was noch mehr ist, es bleibet nicht alleine bey dem Brodte, sondern es muß auch Zukost dabey seyn. Die super-klugen Pfylosophinnen geben auch für, wenn einer in Gedancken ein Stück Fleisch oder andere Speise aus der Schüssel langete, da er doch noch von solchem Vorrath auf dem Teller liegend hätte, so sey es ebenfalls eine Anzeigung, daß ein hungriger Gast unter Wegens sey. Dieses Wunder-Werck gehet aber wohl niemahls in einem Convictorio oder Communitat auf Universitäten für, denn da bleibet nichts in denen Schüsseln übrig, daß einer vor einen unter Wegens seyenden hungrigen Gast könte in Gedancken ein Stück Fleisch auf seinen Teller schleppen, sondern es ist ein jeder Convictor mit seiner Portion hurtig hinweg, daß in einer Minute die Schüssel leer zu sehen ist, die nur voll war. Also scheinet es, daß sich dieses Natur-Wunder nur an solchen Oertern begiebt, wo Uberfluß genug ist. Und allda kan sichs auch gar leichte zutragen, weil gemeiniglich um Essens-Zeit die hungrigen Schmarutzer sich auf den Weg zu denen wohl versehenen Tischen machen / und wenn sie denn angestochen kommen, und haben die neue Zeitung oder ihren gewohnlichen Bickelherings-Schwanck hören lassen, so heist es: Monsieur Stockstultus beliebe sich doch zu uns zu setzen / sein Theil ist gleich übrig geblieben, und hier ist ihm auch schon das Brodt im Vorrath abgeschnitten worden. Ey da gehet es auf Seiten des Herrn Stock-Stulti an ein complimentiren und Wegern, als [372] ob er keinen Hunger noch Durst hätte, und dennoch wird man bald gewahr / daß er nichts übrig lässet / und hat sich nur gewehret, als wie jene Magd, welche eine Sau zu Marckte trieb, und da sie damit durch einen Busch gieng, kam ein Reiter zu ihr, und sprach sie um verbotene Dienste an, worüber sie sich so hefftig entrüstete, und dem Reiter die lösesten Neden gab, also, daß er vermeynte, hier sey er gantz unrecht angekommen, ritte dannenhero stillschweigend und beschämt sachte fort. Wie aber die Magd merckte, daß sie der Reiter nicht weiter bitten würde, fieng sie an zu ruffen: Der Herr siehet ja, daß ich die Sau habe, wo thäte ich denn die Sau hin? Der Reiter fand hierzu bald Rath, und band solche an einen Busch. Ey, sagte die Magd, ich hätte nicht vermeynet / daß der Herr sobald Rath wüste, er verzeihe mir, daß ich erst so unhöflich gewesen bin, etc. Diese Magd war dem Soldaten auch wohl unwissend ein hungriger Gast, ob sie sich gleich Anfangs noch so sehr vor seiner Speise wegerte, auch endlich einwand daß sie ja eine gantze Sau hätte / weswegen sie von ihme nichts geniessen könte. Und dennoch machte sie es, wie die Schwarutzer, und nahm an, was ihr vorgelegt wurde, ward auch satt und dicke davon. Ob aber bey dem Reiter sich eine gewisse Anzeigung hat vorher spüren lassen, als wie bey einem, der ein Stück-Brodt über die Zahl schneidet, darnach habe ich nicht gefragt.

Das 56. Capitel
[373] Das 56. Capitel.
Wenn einem sehr dürstet / daß man offt muß trincken / so hat man einen Pfaffen gesäuget.

In dieser Meynung war ohnlängst eine Jungfer, als sie bald zweymahl nacheinander mit grossem Appetit tranck, und darbey sagte, sie hätte doch einen Pfaffen gesäuget, daß sie so durstig wäre. Worauf ich sie fragte, ob sie denn mehr als ein Kind hätte, sie gab mir aber eine verdrüßliche Antwort, und sagte, ob denn sie, als eine Jungfer, könnte ein Kind gehabt haben? Ich fragte sie aber ferner, wenn sie kein Kind gehabt hätte, wie sie denn einen Pfaffen aus leeren Brüsten hätte säugen können, sintemahl ich noch keine Saugamme gesehen, die nicht vorher ein Kind gehabt hätte? Hierauf wurde sie schamroth und sagte, dieses sey nur ein Sprichwort, iedoch wolte sie sichs lassen zur Warnung dienen, und es ihr Lebtage nicht mehr sagen, ob sie es sich gleich hätte sehr angewöhnet. So es denn nun aber ein Srüchwort seyn soll (welches es doch auch nicht wohl seyn kan, weil billich ein Sprichwort auch soll ein wahr Wort seyn) so halte ich mich auch darbey weiter nicht auf.

Das 57. Capitel
Das 57. Capitel.
Wer etwas an sich trägt / das mit Zwirn genehet ist /welcher in der Christnacht gesponnen worden / an dem hafftet keine Lauß / und bleibet auch keine bey ihm / so er welche hat.

[374] Es ist ein Faden Innernachts-Zwirn (das ist solcher Zwirn, der in der Zeit von Weyhnachten biß Heil. Drey-König-Tag gemacht worden) einen Ducaten werth! Also, sagte ohnlängst ein Tagelöhner, als er mir eine Klaffter Holtz machte, schwur auch doch und theuer, daß es nicht anders sey, als daß alle Läuse aus denen Kleidern weichen müsten, wenn etwas von solchen nur erwehnten Zwirn daran genehet wäre. Dieses Mannes seines Schwerens aber ungeachtet kan ich doch das Gegentheil versichern. Denn weil ich schon vor einem Jahre diesen Aberglauben gehöret, so habe mit Fleiß angestanden, diesen stracks mit unter andere zu setzen, biß ich selbst eine gewisse Probe davon gemacht hätte, weil mir die Sache so gewiß gemacht wurde, daß ohnerachtet ichs mit der gesunden Vernunfft nicht vergleichen konnte, ich dennoch um derer Personen, die michs beredeten, ihres guten Credits willen, das Werck weiter zu untersuchen aussetzte. Ich ließ dannenhero zu der vorgeschriebenen Zeit den Zwirn verfertigen, ließ auch mir die Leute, welche fürgaben, daß sie allezeit dergleichen Zwirn in Vorrath hätten; etwas von dem ihrigen geben, und nahm so wohl diesen, als auch den meinigen, gab davon einer guten Freundin, welche ihre Kinder in die Schule geben ließ / und öffters sich beschwerete, daß sie so viel Läuse in denen Kleidern mit heimbrächten, die muste mit solchen Zwirn ihrer Kinder Hosen flicken: Dem aber ungeachtet, fanden [375] sich nach diesen dennoch immer fremde Handwercks-Pursche mit sechs Beinen in der Kinder Hosen, und zwar, wie das Weib mir erzehlete, offtmahls oben auf den mit solchen Zwirn genäheten Oertern, daß ich also Zeugniß und Beweiß genug habe, daß der Zwirn, so in denen zwölff Christ-Nächten gesponnen worden, keinesweges die Läuse vertreiben kan. Wie es denn auch ein gantz wider die Vernunfft streitendes Vorgeben ist /daß die um der Menschen Seelen-Wohlfahrt willen geheiligte Zeit auch eine so seltsame Würckung durch den in dieser Zeit gemachten Zwirn auf die Läuse haben solle. Und muß man sich nur verwundern, daß doch gleichwohl theils Personen so beständig und steiff über solche ungereimte Künste halten, daß sie sich auch nicht scheuen, ihre Meynung mit entsetzlichen Schwüren zu bekräfftigen? wie denn eben auch vor dem Jahre am Weyhnachts-Heilig-Abend geschahe, als in meiner Küchen ein Reiff vom Scheuer-Fasse absprang, worauf eine gewisse Person betheuerte, dieses sey ein gewisses Anzeigen, daß das folgende Jahr eine Person aus meinem Hause sterben würde; hierauf nahm ich alsbald Anlaß, solchen Aberglauben unter meine Striegel zu stellen, und hieraus das 57. Capitel im andern Hundert zu formiren. Weil mir aber wohl wissend, daß nichts leichter über einen Menschen kommen kan / als der Tod, als enthielte ich mich damahls mit Fleiß des um des abgesprungenen Reiffs willen besorgenden Todes einiger Massen zu schertzen. Weil denn [376] nun aber das Jahr vorbey ist, und GOtt mich und die Meinigen noch alle biß ietzo gnädiglich am Leben erhalten hat, so bin ich daher desto mehr vergewissert, daß die Abspringung eines Reiffes am H. Christ-Abend ein gantz unrichtiges Prognosticon abgiebet. Wenn nun aber ein ieglicher die Aberglauben fein mit guter Vernunfft also untersuchen wolte / so ist kein Zweifel, sie würden alle ihre Endschafft bald erreichen, und keinen Credit mehr finden.

Das 58. Capitel
Das 58. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man mit dem Finger nach dem Mond oder Sternen am Himmel weiset.

Diese Albertät wird von niemanden als nur denen aller-albersten und einfältigsten Leuten geglaubet, welche aus grosser ignoranz vorgegeben, daß mit solchen Finger-weisen denen Engeln die Augen verletzt würden. Ist ein Affen-Traum, als wie von denen auf dem Rücken liegenden Messern einige Narren glauben wollen, ob verletzten sich die Engel in solchen Messern. Und geben solche tumme Leute hiermit zu verstehen, daß sie gantz und gar nicht wissen müssen, daß die Engel nur Geister sind, die weder Fleisch noch Blut haben, und sich auf keinerley Weise verletzen können. Die albern Leute geben für, denen Engeln im Himmel würde mit oben-bemeldeten Finger-weisen die Augen verletzt; hätten sie aber aus GOttes Wort so viel gelernet, daß die bösen Engel oder Geister unter dem Himmel, [377] in der Lufft, sich befänden, so ist kein Zweiffel / sie würden auf die Meynung gerathen, ob stäche man mit solchen Finger-weisen erst ein paar Teulfen in der Lufft die Augen aus, ehe man damit an einen guten Engel im Himmel gelaugete. Und so schrecklich alber ist theils Volck, in Betrachtung der geistlichen Sachen. Ich will aber meine Meynung melden, was ich vermuthe, woher dieser ietzt-vorhabende Punct seinen Ursprung haben mag. Es wird mir ein iedweder hoffentlich gern gestehen, daß wenn der Mond seinen gewöhnlichen Schein und Lauff hält, so wird niemand Ursach nehmen, mit Fingern nach selbigem zu weisen, weil man ihn ohne gewiesen wohl sehen wird, und also ist es mit denen Sternen auch. Wenn aber an dem Mond, oder an ein-und andern Stern ein ungewöhnlich Zeichen sich hervor thut / so weiset man gemeiniglich mit den Fingern darnach, und weisets eines dem andern, wie nun aber alle solche himmlische Zeichen, welche an der Sonnen, Mond oder Sternen erscheinen, niemahls vor eine gute Bedeutung angenommen werden; also kan es nicht viel fehlen, daß es nicht gut sey, wenn man solcher gestalt mit Fingern nach dem Mond oder Sternen weiset. Ausser dem aber hat es im geringsten nichts zu bedeuten.

Das 59. Capitel
Das 59. Capitel.
Die ersten Baum Früchte müssen von Knaben / und nicht von Mägdlein / abgebrochen werden / weil sie sonst Ritzen kriegen.

[378] Wenn ich eine Weibs-Person wäre, so ließ ich diese Beschimpffung nicht so schlechterdings auf mir und meinem Geschlechte sitzen, sondern es müste mir erst erwiesen werden, was für ein Baum um der von einem Mägdlein zu erst abgebrochenen Frucht willen anietzo aufgeritzte Früchte trage? oder ich wolte auch fürgeben, daß ein solcher Baum, von welchem ein Knabe die erste Frucht gebrochen hätte, hernach lauter knörtzeliche Früchte brächte, und wolte es eben mit dergleichen Gründen erweisen, mit welchen jene ihre Meynung behaupten wolten. Aber, was will ich doch hier das Frauenzimmer defendiren, da ich schwerlich viel Danck von ihnen verdienen werde, weil dieser Aberglaube doch Zweifels-frey von ihnen selbst ersonnen seyn mag, wie andere dergleichen Exempel mehr beweisen, daß sie zu ihres Geschlechts eigenen Beschimpffung etwas närrisches ersonnen haben? Es ist bekannt / daß einige Arten von Baum-Früchten die Eigenschafft haben, daß sie bey Erlangung ihrer Reiffung aufspringen oder Ritzen kriegen, ob gleich nie mahls von solchen Bäumen eine Weibs-Person etwas abgebrochen hat / dahero man leichte auf die Gedancken gerathen könnte, als ob solche Bäume von der Gattung des Baumes in Paradiese, von welchem Eva die ersten Früchte gebrochen hat / wären, weil es ja solcher gestalt nicht anders seyn könnte, daß, so ferne dieser vorhabende Punct wahr wäre / so müste allerdings der Baum des Erkänntnisses hernach auch aufgeritzte Früchte getragen haben, weil Jungfer [379] Evgen die allerersten davon abgebrochen hatte. Daß zu weilen Pflaumen, Birnen u. dergleichen Baum-Früchte aufspringen, das rühret gemeiniglich von anhaltenden Regen und nassen Wetter, als auch von grosser Hitze her / keines weges abervon der durch ein Mägdlein geschehenen Abnehmung der ersten Früchte. Denn wenn dieses letzte die Ursach wäre, so müste folgen, daß solche Bäume alle Jahre dergleichen aufgeritzte Früchte brächten, welches aber nicht wird erfahrenworden seyn. Dahero ist diese albere Meynung abermahl ohne Grund / und keines weges zu glauben: Und gleichwie noch nicht erfahren worden, daß der Baum des Erkänntnisses hätte eine andere Eigenschafft um der Even ihrer Abbrechung willen erlanget, als er vorher gehabt; hingegen aber ist leider! bekannt, daß die Eva, um der abgebrochenen Frucht willen, ihre vorige gute Eigenschafft verändert habe; also ist nicht wohl zu vermuthen, daß durch Abbrechung einer Baum- Frucht, so durch ein Mägdlein geschehen, die Natur so eine rückgängige Gewalt leiden müste, daß eine Krafft von der abgebrochenen Frucht zurück in seinen Ast, und von dar in den gantzen Stamm und Wurtzel gehen solte, die hernach biß zu des Baumes Untergang dauerte.

Das 60. Capitel
Das 60. Capitel.
Wenn bey einem Begräbniß die Glocken helle klingen / so ists ein Zeichen / daß der Verstorbene gern ist in die Kirche gangen.

[380] Der helle oder dunckele Klang derer Glocken rühret insgemein her vom Wetter, nachdem solches klar oder trübe ist, nach dem klingen auch die Glocken / ingleichen kan hierbey der Wind etwas thun, und endlich kan auch der Glocken-Klang gehemmet werden, wenn die Thurm-Löcher zu der Zeit, da gelautet wird, zugemacht werden. So man nun bey Läutung derer Glocken diese Umstände recht erwegen thäte, so würde man bald gewahr werden, ob der helle Klang bey einem Begräbniß von des Verstorbenen fleisigem Kirch-Gehen, oder von einer andern Ursache herkommen / und bin ich versichert, daß das fleißige Kirch-Gehen nimmermehr etwas darzu wird contribuiren können. Im fünfften Capitel dieses vierdten Hundert Aberglauben giebt die abergläubische Rotte für, daß wenn die Kirchen-Glocken helle klingen / so würde bald eine Braut-Messe seyn, klängen sie aber dumpffig, so würde bald iemand sterben. Damit geben sie so viel zu verstehen, daß die Glocken auf gewisse Masse vor der Zeit eine Empfindlichkeit von solchen Dingen hätten, die ins künfftige geschehen solten, und wären gleichsam frölich mit den Frölichen, und traurig mit den Traurigen (wie ich im fünfften Capitel auch schon erwehnet habe) Wenn nun aber dem so wäre, so würde der ietzt vorhabende Punct sich keinesweges mit jenem vergleichen können. Denn ist nicht wahr, wenn die Glocken aus einigen Mitleiden dunckel, und aus einem freudigem Trieb helle klingen, so würden sie nicht heller klingen, wenn iemand, der [381] gern zur Kirchen begangen ist, begraben würde? weil sie allerdings aus Traurigkeit, daß ein so guter Kirchen-Gänger, der auf ihr (derer Glocken) Geläute / allezeit fleißig erschienen ist, ihnen durch den Tod entnommen, und hinfort ihnen nicht mehr gehorsamen könne, und müsten demnach die Glocken bey eines fleißigen Kirchen-Gängers Begräbniß nicht helle, sondern dumpffig oder dunckel klingen. Alleine, daß es mit dem Glocken-Klange ein unnützes Werck sey, und solcher aus gantz andern Ursachen sich dunckel oder helle hören lasse, ist schon im Anfange zur Gnüge gemeldet.

Das 61. Capitel
Das 61. Capitel.
Wem die Nase jucket / der wird in eine Pfitze fallen /oder einen Rausch trincken.

Manchen mag vielleicht die Nase ohne Unterlaß jucken, weil man Leute kennet, welche stets einen Rausch haben, und gar selten nüchternen Speichel in Mund bekommen. Wer sich voll gesoffen hat, von dem sagt man / er habe die Nase begossen; dahero komme ich bey Betrachtung dieses Puncts fast auf die Gedancken, daß diejenigen, denen die Nase jucket, solch Jucken zu vertreiben gedencken, wenn sie sich die Nase begiessen mit einem wackern Rausche. Zwar, es lautet unser vorhabender Punct: Wem die Nase jucket, der werde in eine Pfitze fallen, oder einen Rausch trincken; Und scheinet also, als ob [382] er die juckende Nase in einer Pfitze abkühlen konne, welches aber gar eine unangenehme Cur abgiebt, dannenhero er die Nase, an statt einer Wasser- oder Mist-Pfitze, lieber in die Bier-Schwemme reitet, und wenn ihm die Spiritus Cerevisiæ oder auch Vini in das Gehirne fliegen, alsdenn trägt sichs auch wohl zu, daß er dennoch auch in die Pfitze fället, und also eine doppelte Cur an seiner Nasen fürnimmt. Das mag alsdenn wohl recht die Nase begossen heissen. Wem nun die Nase offt jucket, der kan sich nur einen Rausch trincken, in die Pfitze kan er hernach ohne Complimenten auch gar leichte fallen. Und wenn er darinnen liegt, so kan er den ersten, der vorbey gehet, anschreyen:


Weil ich versoffner Hase

Das Jucken meiner Nase

Curiren will im Glase,

Und bey dem Biere sitze,

So sauff ich auf die Hitze,

Und falle in die Pfitze;

Drum, weil ich armer Gecke

In diesem Loche stecke,

So zieht mich aus dem--


Ist ihm alsdenn das Jucken noch nicht recht vergangen, so mag er diese Kunst noch einmahl probiren, endlich hilffts.

Das 62. Capitel
Das 62. Capitel.
Wer einen Creutz-Vogel oder Grünitz im Hause hat /da schlägt das Wetter nicht hinein.

[383] Der fürwitzige und in allerhand Aberglauben ersoffene Mensch hat sehr viel und mancherley ohnmächtige Dinge ersonnen, welche wider das Einschlagen des Wetters dienen sollen, davon ich auch schon unterschiedliche durchgestriegelt habe. Jetzt in diesem Puncte wird die Krafft wider den Donnerschlag einem elenden Vogel zugeschrieben. Woher aber diesem Vogel so viel zugetrauet werde, kan ich zwar so gar gewiß nicht sagen; vermuthe aber dennoch, daß es geschehe, weil dieser Vogel seinen Schnabel Creutz-weise über einander schlägt, da nehmlich das untere Theil hinaufwärts, und das obere Theil sich hinunterwärts krümmet, und also ein Creutz formiret. Dahero vermuthlich die Meynung entstanden ist / daß um dieses durch die Natur gewachsenen Creutzes willen der Donner-Strahl keine Gewalt an solchem Orte haben könne, wie man denn gemeiniglich denen Creutzen mehr Krafft zueignet, als in der Wahrheit darinnen stecket. Es nimmt mich auch Wunder, daß man nicht auch vermeynet, ob könte keine Zauberin in ein solch Hauß kommen, in welchem ein Creutz-Vogel gehalten werde. Ich zweifele zwar nicht, daß dieses wohl anfänglich mag geglaubet worden seyn, biß man wahrgenommen hat, daß diejenigen Personen, welche der Zauberey halber am stärcksten im Verdacht gewesen, selbst solche Vögel in ihren Stuben gehalten haben. Ich habe anderwärts schon zur Gnüge erläutert, welchergestalt ein Creutz eine und auch keine Krafft habe; dahero ich allhier nchts weiter davon erwehne.[384] Wenn aber der Grünitz um seines von Natur Creutz-weiß formirten Schnabels willen eine sonderbare Krafft wider den Donner-Schlag und anderes Ubel haben soll, (wie denn das Wasser aus dessen Trinck-Geschirr denen Kindern als ein specificum für das Fresel oder die fallende Sucht gegeben wird,) so wundert mich, warum denen Gänsen nicht auch dergleichen Krafft zugeschrieben wird, weil diese ja mit denen Spitzen ihrer Flügel ein formales Creutz machen? Wenn unser unter Händen habender Aberglaube anwiese, daß man zu dieser Kunst wider den Donner einen gantz jungen und nur aus denen Eyern gekrochenen Creutz-Vogel gebrauchen solte, so wolte ich fast selbst diesem Punct Beyfall geben, weil dieser Vogel mitten im Winter, da die Kälte am grössesten, seine Jungen in den wildesten schwartzen Wäldern auszubrüten pfleget / wie solches der Hoch- und Wohlgebohrne Freyherr, Herr von P. in seinem Unterricht, was man sich mit denen Vögeln vor Lust und Zeit-Vertreib machen könne, p. 61. Anno 1702. in 4to gedruckt, bezeuget. Denn zu dieser Jahres-Zeit sind die Gewitter seltsam / und wird man gar wenig Exempel haben, daß im Christ-Monat das Wetter in ein Hauß geschlagen hätte. Dem aber ungeachtet wolte ich doch auf einen solchen Krumm-Schnabel oder Creutz-Vogel auch mitten im Winter kein Vertrauen setzen, sintemahl ein ieglicher, der diesen Punct glaubet, ein abgöttischer Sünder wider das erste Gebot ist.

Das 63. Capitel
[385] Das 63. Capitel.
Wenn man Bier brauet / soll man einen guten Strauß grosser Brennesseln auf den Rand des Böttigslegen /so schadet der Donner dem Biere nicht.

Hiervon wird man finden in des Herrn Paulini nur kürtzlich heraus gegebenen kleinen Bauren Physica, p. 48. ingleichen gedencket dessen Herr D. Pacovius in seinem Herbario, p. 419. daß diese Nessel deswegen Donner-Nessel genennet würde, weil die Leute sie zur Zeit, wenn es donnert, zum Biere legten. Nun ist zwar nicht ohne, daß die schweflichten sauren Dünste bey entstehenden Gewittern, wenn sie in das junge Bier schlagen, dasselbe gar leichte verderben können, und dahero niemand zu verdencken ist, wenn er hinwieder natürliche Praeservativ-Mittel gebrauchet: Ob aber die grossen Nesseln sufficient sind, daß sie durch das blosse Beyliegen die sulphurischen Dünste des Gewitters zurücke zu halten vermögen? will mir so schlechterdings nicht glaublich fürkommen, iedoch will ich es auch nicht verneinen, sondern will hiermit denen, die dieses Mittel gebrauchen / und doch die Ursach nicht wissen, wie dieses Kraut seine Hülffe vollbringe, nur melden, daß sie es nicht mit abergläubischen Augen ansehen / und vermeynen sollen, das Wetter müste sich, aus sonderbaren Ursachen, vor diesen Nesseln gleichsam fürchten, als wie man närrischer Weise glaubt / daß sich der Teufel vor dem [386] Weyrauch fürchte; nein! sondern wo ja diese Nessel etwas effectuiret / (welches ich doch noch in Zweifel zu ziehen Ursach finde,) so muß es geschehen, daß sie die sauren schweflichen Dünste / welche durch Entzündung des Blitzes in der Lufft erreget werden, nicht in das Bier lassen, sondern / wegen ihrer alkalischen oder laugenhafften Art, gedachte Schwefel-Dünste an sich ziehen, und mit sich vereinigen, daß sie solchergestalt sich nicht in das Bier begeben, und dasselbe versäuren können. Alleine, die Ursach, die mich noch an dieser Sache zweifeln machet /ist folgende: Die Nesseln sollen auf den Rand des Bottigs gelegt werden. Wenn nun die Lufft durch ein Donner-Wetter, oder vielmehr durch das Blitzen, mit einer salpetrischen und schwefelischen Säure auf die Art angesteckt ist, als wie etwan ein Logiament, in welchem man Schwefel angezündet hat, (iedoch ist zu mercken, daß, weil der Schwefel und Salpeter in der Lufft viel subtiler und reiner ist, als der gemeine, so sind auch die davon durch den Blitz erregten Dünste viel subtiler und durchdringlicher, als die von gemeinem Schwefel und Salpeter,) so wird ja diese saure Lufft nicht nur auf der Seite / allwo die Nesseln liegen, her gezogen kommen, und sich in die Nesseln begeben, sondern es ist die gantze Revier der Lufft, allwo das Gewitter gewesen, damit erfüllet, und möchte also um und um der Rand des Bottigs mit solchen Nesseln belegt seyn, so würde doch die Lufft von oben in den Bottig fallen können. Dannenhero ich einem Brauenden lieber rathen [387] wolte, daß er bey entstehenden Gewitter sein Bier bestmöglichst für der Lufft verwahre; iedoch hat es manchmahl die Bewandniß mit dem Brauen daß man das Bier nicht zudecken darff, und ist demnach ein Glück, wenn ein auf dem Bottig stehendes Bier, bey entstehenden Donner-Wetter nicht Anstoß leiden soll, und werden die Nesseln solch besorgendes Unheil schwerlich verhindern können.

Das 64. Capitel
Das 64. Capitel.
Wenn ein schwanger Weib besorget / sie gienge über die Zeit schwanger / soll sie lassen ein Pferd aus ihrer Schürtze fressen / so wird sie gebähren.

Weil ein Pferd ein sehr gefräßiges Thier ist / so frisset es vielleicht (nach den Gedancken und Meynung derer abergläubischen Weiber) die übrige Zeit mit hinein. Meines Erachtens kan kein Weib über die von GOtt bestimmte Geburrs-Zeit ihres Kindes schwanger gehen; denn gleichwie GOtt einem ieglichen Menschen seine Todes-Stunde und sein Lebens-Ziel bestimmet und gesetzt hat, welches niemand überschreiten kan; also hat er auch einem ieden Menschen seine gewisse Geburts-Zeit gesetzt, welche von der Mutter nicht kan aufgeschoben werden; dannenhero der Prediger Salomon, wenn er im dritten Cap. von der Providenz GOttes zeuget, unter andern zu allererst setzet: Gebohren werden hat seine Zeit; und denn stracks nach diesem folget: [388] Sterben hät seine Zeit; damit nicht allein die Kürtze des menschlichen Lebens, sondern auch so wohl die gewisse Stunde der Geburt, als auch des Todes, anzudeuten. Lässet GOTT manch schwanger Weib ja zuweilen über die gewöhnliche Zeit und ihre gemachte Rechnung gehen, so hat er seine heilige Ursachen darzu. Daß aber ein Pferd solte den Rathschluß GOttes ändern können, kan von keinem rechtschaffenen Christen geglaubet werden, weil GOtt in seinem Worte nirgends dergleichen Mittels sich zu bedienen rathet noch erlaubt. Eine iede schwangere Frau befehle vielmehr dem HErrn ihre Wege, und hoffe auf ihn, er wirds wohl machen. So sie aber aus Fürwitz ihm Zeit und Stunde will fürschreiben, muß sie auch gewärtig seyn der göttlichen unangenehmen Antwort, Joh. 2, 4: Weib! was hab ich mit dir zu schaffen? meine, Stunde ist noch nicht kommen; und kan sich hernach in übeln Zustande nicht so wohl trösten / als wenn sie lediglich GOtt alles anheim gestellet hätte.

Das 65. Capitel
Das 65. Capitel.
Wenn ein Paar vor dem Altar getrauet werden / und einander die Hände geben / welches Hand am kältesten / das stirbt am ersten.

Wer diesem falschen Wahn trauen wolte, dürffte wohl gewaltig betrogen werden, und mag auch wohl schon mancher damit betrogen seyn, wenn er irgend eine betagte reiche Dame [389] sich ausgesucht hat, in der Hoffnung, daß sie durch ihren baldigen Tod ihme eine gute Erbschafft hinterlassen würde, und wenn ihm bey der Trauung ihre erkalteten dürren Hände die Hoffnung vergrössert haben, er sich aber dennoch wohl Zeit seines Lebens mit ihr behelffen müssen; wie man dergleichen Exempel gnug aufbringen könte. Auf die warmen oder kalten Hände ist niemahls sonderlichereflexion zu machen: Denn als ich vor einem Jahre von einer Frauen, die zugleich mit mir auf einer Gasterey gewesen war, Abschied nahm, fühlete sie, daß meine Hand ziemlich kalt gegen ihrer war / dannenhero sagte sie zu mir: Ich würde gewiß bald sterben, weil ich so kalte Hände hätte; ich aber gab ihr Schertzweise zur Antwort / daß ich meine Wärme samt dem Leben noch innwendig bey dem Hertze sitzend hätte, ihre Wärme aber sässe schon in dem äussern Theile des Leibes, und also gleich auf dem Sprunge, darvon zu wandern. Ob dieses nun gleich Schertz war, so ist diese Frau doch vor einer kurtzen Zeit gestorben. Bey Copulirung zweyer Personen ist dieses auch gantz etwas ungewisses, sintemahl eines die Hände besser im Muffe kan gelassen haben, als das andere, dannenhero das gar was sehr einfältiges ist, wenn man hierauf bauen will. Zudem ist dieses auch eine Gelegenheit, dadurch Ehe-Leute in Feindschafft mit einander gerathen können, denn weil der Tod einem ieden Menschen von Natur zuwider ist, und ein iedes das andere gern überleben möchte, (ob sie es gleich nicht eben öffentlich gestehen) so entstehet [390] bey dem, dessen Hände am kältesten gevesen, gegen dem andern Ehegatten ein heimlicher Neid und immerwährende Mißgunst. Ich erinnere mich hierbey, daß nur vor wenig Tagen eine Frau iemandem klagte /daß ihr Mann so unpaß wäre, und sagte, mit Vergiessung vieler Thränen / sie hätte bißhero so übele Träume von ihrem Manne gehabt, dahero sie sehr besorgte, er würde ihr sterben, und alsdenn würde sie die elendeste Frau von der Welt seyn. Ich, als der mit diesen Leuten sonst wohl bekannt war, nahm dahero Gelegenheit, diesen Mann zu besuchen / und fand ihn ausser aller Gefahr; wie ich aber wieder heim gieng, und unter Wegs der Frauen begegnete, sagte ich zu ihr, daß sie sich wegen ihres Mannes gar nichts zu besorgen hätte; da war es ihr gleich nicht recht, ohnerachtet sie vorhero so geweinet hatte, brach dannnenhero in folgenden Worten heraus: Ich weiß doch wohl, daß ich eher sterbe, als mein Mann. Womit sie sattsam zu verstehen gab, daß ihre vorigen Thränen aus Crocodills-Augen geflossen waren.

Das 66. Capitel
Das 66. Capitel.
Wer am Weyhnacht-Heilig-Abend / am Neu-Jahrs-Heilig-Abend / und am Heil. Drey-König-Heilig-Abend etwas stiehlt / und wird kein mahl darüber ertappet / der kan das gantze Jahr sicher stehlen.

[391] Ey! ist das nicht ein vortrefflich schönes Kunst-Stückgen! der Teufel aber und seine getreuen Diener mögen es practiciren, denn es kömmt ehrlichen Leuten keinesweges zu. Als jünsthin am heiligen Abend des Heil. Drey-König-Fests ein Soldate, der einen Tuch-Laden vestohlen hatte, ertappet wurde, soll er es sehr bedauert und gesagt haben, das wäre wohl Schade, daß er dieses mahl wäre ertappet worden, denn so er zu diesem mahle unergriffen wäre davon kommen, so hätte er sich das gantze Jahr gut wollen mit Stehlen nähren, weil er die vorigen zwey heilige Abende auch gestohlen hätte, darüber er nicht ergriffen worden wäre. Hatte also vermeynet, wer nur das Stehlen könte heimlich practiciren, so wäre es eine gute Nahrung. Aber der Krug gehet so lange zu Wasser, biß er den Henckel verliehret, und der Dieb gehet so lange stehlen, biß er am Henckel hangen bleibt. Ich bin der Meynung, daß, nechst einem Gotteslästerer / der Dieb der allerschändlichste Mensch sey, und darneben die allerschädlichste Creatur. Wenn ein Mensch einmahl in Verdacht der Dieberey kömmt, so gehet hernach nimmermehr kein honetter Mensch gern mit ihm um, aus Besorgung, daß er mit jenem in gleichen bösen Verdacht kommen möchte. Niemand lässet einen solchen Menschen, der wegen Diebstahls in Verdacht ist, gern über seine Thürschwelle treten, in Besorgung /der Dieb möchte sich eine Gelegenheit zum Stehlen ausersehen. Wenn ein Dieb auch gleich seine Boßheit lange genug heimlich [392] treibet, so wird er es doch nimmermehr biß in den Tod verborgen halten können, denn die Gerichte GOttes lassen es nicht zu. Es giebt zwar der Diebe mancherley, alleine, es bekömmt wahrhäfftig ein ieglicher zuletzt seinen verdienten Lohn. Mancher heist ein kluger, geschickter, fleißiger und reicher Mann, darum / daß er Geld, Gut, Glück und Ehre besitzet; wenn man aber sein Thun genauexaminiren solte, so würde man befinden, daß sein Anfang gestohlen Gut gewesen, und der Fortgang in Betrug. Lug und heimlicher Vervortheilung bestanden sey, und zuletzt holet doch der Teufel alle das ungerechte Gut wieder, und in Entstehung rechter Busse und Bekehrung den gewesenen Besitzer darzu. Aber die Güte und Langmuth GOttes ist so groß / daß gemeiniglich solche Leute vor ihren Ende alles verliehren, und Noth leiden müssen, daß sie also noch zur Erkänntniß kommen und sich bekehren können. Was aber grobe öffentliche Diebe sind / so ist derer Ende am Galgen oder auf dem Nade. Nun frage ich alle Diebe / sie seyn was vor einer Gattung sie wollen, was sie denn wohl sich vor Nutzen einbilden können von ihrem Stehlen / weil ihr Ende so übel ausschlägt, und sie, wenn sie gleich zwantzig und mehr Jahre ihre Dieberey unvermerckt getrieben haben, zuletzt doch am Galgen ersticken müssen / oder aus der unverdienten Ehre in die äusserste Verachtung gerathen? Es heist ja billich: Ende gut, alles gut, und Ende böß, alles böß. Nickel List und seine Diebs-Gesellen nähreten sich eine geraume Zeit [393] mit Stehlen, sie hielten sich als vornehme Cavaliers, in Kleidung, Essen und Trincken herrlich, und hatten hin und wieder viel tausend Thaler werth gestohlen. Aber wer wissen will, wie ihr Ende gewesen, der beschaue die Gerichts-Stätte zu Zelle, so wird er davor erstaunen; anderer unzähligen Exempel zu geschweigen. Dannenhero hülffe die dreyfache Dieberey, wie dieser Punct lehret, keinem nichts, ob es gleich also einträffe. Uberdiß aber ist es darzu eine vom Satan eingegebene Lügen, darauf sich kein Dieb zu verlassen hat.

Das 67. Capitel
Das 67. Capitel.
Am Freytage die Nägel von Händen und Füssen abgeschnitten / hilfft wieder das Zahnweh.

Es mag den Geyer helffen? hülffe dieses vor die Zahn-Schmertzen, so würden die Zahn-Aertzte wenig mehr zu thun finden. Weil es aber noch überall Leute mit verbundenen Backen giebt, so ist zu vermuthen, daß diese Kunst nicht probat seyn muß. Auch kan es natürlicher weise um des Freytags willen nicht helffen /weil dieser Tag keinen andern effect bey dem Nägel abschneiden haben kan, als die andern Tage in der Wochen. Ich glaube aber, daß der eigentliche Verstand dieses Puncts folgender seyn mag: Wenn man die Nägel von Händen und Füssen am Freytage abschneidet, so thun einem hiervon die Zehne, (nicht Zähne) nicht weh, nehmlich die zehen [394] Finger, oder Fuß-Zehen, denn wenn man nur in die Nägel und nicht zugleich mit in die Finger schneidet, so thun die Finger oder Zehen nicht weh / auch thun von solchem Nägel-abschneiden keinem die Zähne im Maule weh. Es sey nun aber mit dieser Meynung bewannt, wie es wolle, so ist gewiß, daß dieser Punct nichts, als eine offenbahre Phantasie und Tagewählerey sey.

Das 68. Capitel
Das 68. Capitel.
Am Martins Tage kan man an dem Brust-Beine der Ganß sehen / ob es ein kalter Winter werde oder nicht.

Warum aber eben am Martins-Tage? Solte denn eben an diesem Tage sich die Farbe des Brust-Beins an der Ganß nach der Witterung des folgenden Winters schicken und einrichten; und nachdem dieser Tag vorbey wäre, sich wieder in den vorigen Stand setzen? das wäre sicherlich ein rechtes Wunderwerck. Was hat denn St. Martin mit denen Gänsen, und die Gänse mit der Winter-Witterung zu thun? das weiß man zwar wohl, daß um Martini sich der Winter gemeiniglich anfänget, und der Schnee sich sehen lässet; ingleichen, daß die Gänse um solche Zeit am besten zum schlachten dienen, dahero gute Freunde einander auf eine Martins-Ganß bitten, ob auch gleich der Martins-Tag schon acht oder mehr Tage vorbey ist. Daß aber wahrhafttig an diesem Puncte nichts sey / habe ich [395] aus eigener Erfahrung; und damit ein anderer auch der Sache gewiß werde, so sehe er zu, daß er am Tage Martini etliche Brust-Beine von Gänsen zusammen kriege, und sehe sie gegen einander an, so wird er eben befinden, daß keines dem andern an der braunen und weissen Farbe gleich seyn wird / und wird manches forne, manches hinten, manches auch in der mitten weiß seyn. Wenn nun aus der Gegend solcher weissen Flecken die Zeit der Kälte oder vielen Schnees soll geurtheilet und prognosticiret werden, und gleichwohl zu einer Zeit, oder an einem Tage, solche Flecken an unterschiedlichen Brust-Beinen auch unterschiedlich erscheinen, wie kan man denn wissen, welch Brust-Bein das rechte Ansehen zu dieser Propheceyung habe oder nicht? Ist demnach ein falsches Gedichte.

Das 69. Capitel
Das 69. Capitel.
Vor den Tollen-Hunde-Biß soll man ein Zettelgen aufbinden / worauf die Worte geschrieben sind: Hax, Pax, Max, Deus, Adimax.

Dieses Hax, Pax etc. ist nicht anders, als des Teufels sein Hoccus poccus, damit er und seine Diener denen Leuten ein Blendwerck machen, an sich selbst aber hat es nicht mehr Krafft, als ob es hieß: Ars, Lex, Mulier, foeminina sunt, wiewohl in diesen Worten doch noch ein Verstand wäre, in jenen aber nicht. Zwar hat es das Ansehen, ob habe der Erfinder dieser Gauckel-Possen [396] ein sonderlich Absehen mit solchen Wörtern, die sich mit dem Buchstaben x enden, weil dieser Buchstabe ein Creutz formiret: Allein, zu geschweigen, daß der zehende Practicus dieser Bärenhäuter-Kunst hierauf nicht sinnet, und gleichwohl ohne des Menschen Vertrauen, Glauben und Begierde, wie auch von der Sachen rechte Wissenschaft zu haben, ein signum vor das andere keine Krafft kriegen kan, eben das zu würcken, was das andere hätte würcken sollen; also kan auch das würckliche Creutz-Zeichen, welches ebenfalls zuweilen von solchen Haasen-Cantzlern zwischen die Wörter oder Sylben ihrer Zauberschriftt gemahlet wird, nicht einen Pfifferling helffen. Wenn der lateinische Buchstabe X so viel, als ein Creutz, würcket, und das Creutz vertreibet die Hexen; warum haben denn die HeXen das Creutz in der Mitten? Was demnach solche Narren-Possen wider den Tollen-Hundes-Biß würcken können, kan ein verständiger Mensch sich leichte einbilden. Ist es ja irgend einmahl geschehen, daß einer, der von einem tollen Hunde ist gebissen worden, nach dem Gebrauch dieser Gauckeley ist genesen / so stehets dahin, ob der Biß eben so gefährlich gewesen sey, daß er einiger Cur bedurfft habe? Uber diß hat man auch wohl nebst diesen auch natürliche heilsame Artzneyen gebraucht, die dem Ubel gesteuert haben / und ist hernach der Gauckeley und Narren-Schrifft die Hülffe beygeleget worden. Wer aber ein redlicher Christ ist, der wird sich für solchen abgöttischen Wesen zu hüten wissen.

Das 70. Capitel
[397] Das 70. Capitel.
Wer einen Kamm kaufft / und lässet solchen im währenden Kauffen fallen / der muß so offt / als er sich mit diesem Kamme kämmet / allezeit den Wind hinten auslassen.

Koente auch wohl der Hencker närrischere und thörichtere Fratzen erdencken, als die abergläubischen Weiber? Ich will alle kluge Leute in der Welt mit allen ihrem Verstand und Weißheit lassen zusammen kommen, so werden sie doch keine natürliche Ursach erfinden, warum ein Kamm, wenn er zu der Zeit / da er gekaufft wird, auf die Erde fället, die Eigenschaft durch diesen Fall bekommen solle / daß allzeit derjenige, der damit gekämmet würde, den Wind müsse gehen lassen; und dennoch glauben etliche tolle Weiber diß gewiß. Ob nun irgend einmahl sich es zugetragen haben mag, daß eine hat um einen Kamm gehandelt, und hat denselbigen ohnversehens fallen lassen, und ist in der Wiederaufhebung / oder im Niederbücken, so unglücklich gewesen, daß ihr der Odem von hinten aus entgangen ist, kan ich so gewiß zwar nicht sagen, ist aber doch fast zu vermuthen, und da sie sich hernach damit gelämmet hat, und haben sich die vorigen Winde erreget, so hat sie stracks einen Glaubens-Artickel draus gemacht, als müste es alle mahl solch windig Wetter werden, wenn sie sich mit diesem Kamme kämmete. Es kan auch wohl seyn, daß eine einmahl [398] einen Kamm bey dem Einkauff hat fallen lassen, daß die Zähne des Kammes an denen Spitzen sind zersplittert worden, welches hernach dermassen gekratzet und geraufft hat, daß derjenige, der damit gekämmet worden, vor grosser Angst die Hosen-Trompete blasen müssen. Dieses sind also meine Gedancken, die ich von diesem Puncte machen kan, womit ich aber niemanden in seiner Meynung will irre machen, sondern nehme es willig an, wenn mich iemand einer bessern Gewißheit versichern wird. Unterdessen aber suspendire ich diesen Punct unter die tollen Weiber-Schnacken.

Das 71. Capitel
Das 71. Capitel.
Die Bauren sollen ihre Mägde / wenn sie das erste Graß im Jahre bringen / tauffen / oder mit Wasser begiessen / so schlaffen sie hernach das Jahr nicht beym Grasen.

Die Bauern nennen dieses Begiessen getaufft; besinnen aber nicht, daß sie damit das Sacrament der Heil. Tauffe verspotten. Ich erinnere mich, daß ich dieses Begiessen in meiner Jugend offt gesehen habe, ich habe aber zu selbiger Zeit die Ursach oder dessen Bedeutung nicht gewust; solte nun dieses Begiessen, nach dem Vorgeben dieses Puncts, seinen effect erreichen, daß die Bauer-Mägde beym Grasen nicht schliessen, so wäre zu wünschen, daß auch ein Mittel erfunden würde, welches dienete, daß sich die Bauer-Mägde [399] beym Grasen nicht beschlaffen liessen. Denn manchmahl wird aus dem Schlaffen ein Beschlaffen verursachet, wie folgende wahrhaffte Historie / die ich aus dessen seinem eigenen Munde habe, von dem sie geschehen, bezeuget. Mancher Mensch rühmet sich seiner eigenen Boßheit und Sünde / und also geschahe es von diesem Bacchus-Bruder auch. Dieser erzehlte mir / mit hoher Betheurung, daß es wahr sey, daß, als er einsmahls mit einem Schiffe wäre von Dreßden nach Hamburg gefahren, so hätte ihn die Natur getrieben / sich in einem Kahn an das Land setzen zu lassen, wie er aber am Ufer der Elbe wäre in den Busch gangen, hätte daselbst nieder gekauert, und s.v. seine Nothdurfft verrichtet, sey er unter denen Gebüschen gewahr worden, daß nahe dabey eine Bauer-Magd auf dem Grase gelegen / und sanffte geschlaffen / derowegen hätte er nicht gesäumet, sich zu ihr zu machen, und hätte befunden, daß sie gar fein von Gesichte gewesen. Dieses hätte ihn bewogen, sich zu ihr zu setzen, iedoch sie auch nicht aufwecken mögen, sondern hätte ohne Erlaubniß in ihrem Wiesgen grasen wollen. Wie er nun eben seine verbotene Arbeit hätte angehoben, wäre die Magd drüber, oder vielmehr drunter, erwachet, und hätte voller Schrecken und Bestürtzung angefangen zu fluchen und zu schelten; auf daß er sie aber wieder besänfftiget, so hätte er sie folgender massen angeredet: Mein liebes Mädgen, verzeihet mir, daß ich euch so erschreckt habe, ich wolte euch nicht gerne aus dem Schlaffe stören, und doch gleichwohl hätte [400] ich gerne Nachricht gehabt, ob ich recht reisete, ich bin ein reisender Mann, der nach Hamburg gehet, so wolte ich euch fragen, ob das der rechte Weg sey, etc. Die Magd hätte ihm wieder geantwortet: Ey der Teufel hole euch auf eurer Reise, gehet hin an den Galgen und an das Raddenckt ihr denn / daß der Weg durch die Leute gehet? hätte hier auf ihr Graß zusammen gemacht, und wäre davon gegangen. Ob nun diese Magd nicht ist mit Wasser begossen worden, als sie erst Graß in selbigem Jahr eingetragen gehabt, stelle ich dahin: Glaube aber doch, daß, ohnerachtet das Begiessen geschicht, manche dennoch ihre Ruhe auf dem Grase suchet, und manchmahl ein Stündgen Schlaff mit nimmt. Dannenhero dienet das von den Bauern so genannte Tauffen zu nichts.

Das 72. Capitel
Das 72. Capitel.
Wenn sich ein starcker Sturmwind erhebet / so hat sich gemeiniglich iemand gehencket.

Ich vermeyne, es wird wohl niemand seyn, dem dieses Fürgeben nicht solte bekannt seyn: Wird demnach jedermann mir Beyfall geben, daß hieran nicht ein Wort wahr sey. Denn wie offt erregt sich ein starcker Wind, da man nicht erfähret, daß sich jemand erhenckt hätte? Und wie offt vernimmt man die betrübte Nachricht, daß sich hier oder dort ein Mensch aus desperation oder aus Melancholey hat erhenckt, da sich doch[401] kein Lüfftgen gereget hat? und dennoch stehet der Pöbel fest in der Meynung, daß sich ein grausamer Wind erhäbe, wenn sich iemand selbst erhienge, und währete so lange / biß der erhenckte Mensch abgenommen sey. Ob nun zwar (wie ich schon erwehnet) iedermann, aus der gnugsamen Erfahrung sattsam bekannt ist, daß dieses Fürgeben gantz falsch sey; so will ich doch das Werck noch ein wenig genauer untersuchen. Frage demnach die von Natur albern, aber von Einbildung verständigen Bauern, warum sich doch ein so grosser Wind errege, wenn sich iemand erhenckt hätte? So spricht mancher es sey die Ursach, weil die Lufft einen solchen verzweifelten Menschen nicht in sich leiden wolte / darum tobten die Winde, biß ein solcher Cörper in die Erde sey. Ein anderer giebt vor, der Teufel vagirte also mit des Erhenckten Seele in der Lufft herum, und erregte damit einen solchen Wind, auf daß er jedermann hiermit den Selbst-Mord kund thue, und was dergleichen Gedichte mehr seyn mögen. Dem ersten aber dienet zur Antwort, daß die Lufft so wohl, als die Erde und andere Elemente, böse und fromme Menschen in sich leiden und beherbergen könne. Man sagt von manchem, er sey nicht werth, daß ihn die Sonne anschiene, oder die Erde trüge. Es kömmt aber hier nicht auf das werth seyn an, sondern GOtt lässet seine Sonne über Böse und Fromme aufgehen, lässet auch denen Frommen und Gottlosen Brodt aus der Erden wachsen, und so fort. Was nun der Schöpffer verträgt und annimmt, [402] das kan von dem Geschöpffe auch nicht ausgerottet werden. Ob sich ein Sturmwind erreget habe / als sich Judas erhenckt hat, davon meldet die Schrifft nichts. Wohl aber wird gemeldet / daß, als unser liebster Heyland in der Lufft am Creutze, für uns verdammte Sünder /verschieden, ein schrecklich Erdbeben entstanden sey, die Felsen sind zerrissen, die Sonne hat ihren Schein verlohren / und sind, so zu sagen, fast alle Elemente rege worden, darbey die Winde schwerlich werden geruhet haben. Dieses aber geschah nicht irgend um des in die Lufft gehenckten gottlosen Schächers / sondern um des allerunschuldigsten Lammes GOttes willen. Ferner beweise ich, daß die Lufft wohl verdammte Cörper in sich kan hencken lassen, wenn zuweilen gottlose Galgen-Vögel ohne Busse und Bekehrung an Galgen gehencket werden, und hängend bleiben, ohne daß deswegen ein Wind entstehet; wie sattsam zu ersehen an dem vor wenig Jahren zu Zella gehenckten grausamen Gotteslästerer, dem Juden / Jonas Meyer. Auf des andern seine Meynung könte ich ebenfalls weitläufftig antworten; es wird aber gnug seyn, wenn ich sage, daß, so die Seele verdammt ist, so ist sie alsbald an dem Ort, wohin sie gehöret, und hat der Teufel gar nicht Ursach, sie in der Lufft herumzuführen; und ob es gleich also geschehe, so würde dadurch die Lufft nicht rege gemacht werden, weil der Satan und die Seele des Erhenckten / als Geister, keinen Raum zu ihrer Bewegung bedürffen. Was ferner ein- und andere vor Ursach auf die Bahn [403] bringen möchten, wird eden auch von dergleichen Schroth und Korn seyn: Dahero ein verständiger Mensch gar wohl siehet, daß dieser Punct, gleich den andern Aberglauben, ein erdichtetes altes Weiber-Mährlein sey.

Das 73. Capitel
Das 73. Capitel.
Hüner / die aus Eyern gebrütet / welche am Grünen-Donnerstag gelegt worden sind / ändern alle Jahre ihre Farben.

Das ist zwar gewiß wahr, daß es zuweilen Hüner giebt / welche alle Jahre andere Farbe bekommen; daß aber die Ursach von denen am Grünen-Donnerstag gelegten Eyern herkomme, ist falsch. Ich habe selbst vor etlichen Jahren eine junge Henne aufgezogen, die war das erste Jahr gantz Pech-schwartz / das andere Jahr war sie sprencklicht, das dritte aber gantz weiß, ohne einige schwartze Feder, das vierdte Jahr wurde sie wieder sprencklicht, und würde ohne Zweifel wieder gantz schwartz geworden seyn, wenn sie nicht von einem Hunde wäre lahm gebissen worden, daß sie hätte deswegen geschlachtet werden müssen. Das weiß ich aber gewiß / daß dieselbige Henne aus keinem Ey, das am Grünen-Donnerstage gelegt worden, ausgebrütet war. Was aber sonst die Ursach sey, daß sich manche Hüner jährlich an der Farbe ändern, weiß ich nicht. Und ob gleich, nebst vorgemeldeter Henne, noch eine gantze Brut zugleich ausgehecket wurde, so war [404] doch unter allen keine mehr, die dergleichen Art hatte. Es ist bekannt, daß einige Vögel ebenfalls ihre Farben jährlich verändern, wie insonderheit zu sehen an denen Grünitzen oder Creutz-Vögeln, welche ein Jahr gantz roth, als wie die Gimpel, das andere Jahr aber gelbe oder grünlich werden, und also Wechsels-weise. Was nun die Ursach solcher Veränderung bey denen Vögeln ist, das kan auch bey manchen Hünern seyn, der Grüne-Donnerstag ist es aber nicht, und habe ich mit Fleiß einen Freund vermocht, der solche am Grünen-Donnerstage gelegten Eyer hat ausbrüten lassen, aber die daraus gekommene Hüner haben ihre Farbe nicht verändert; muß demnach eine gantz andere Ursach haben.

Das 74. Capitel
Das 74. Capitel.
Wenn Ehe-Leute einander ehelich beywohnen / und es regnet / so zeugen sie ein Mägdlein; ists aber trocken Wetter / wirds ein Söhnlein.

Auf solche Weise könte ein jeder zeugen, was er wolte; wundert mich dannenhero, warum doch diese schöne Wissenschafft denen vornehmen Herren nicht wissend wird, welche zuweilen die letzten in ihrem Geschlechte sind, und lauter Fräulein und Princeßinnen zeugen, daß derowegen zu besorgen stehet, es würde das Geschlecht gar absterben? Träffe aber diese Kunst ein, so dürfften solche Herren ihren Gemahlinnen nur in trockenem Wetter beywohnen, und hingegen [405] das Regenwetter meiden. Weil aber dieses nicht in Acht genommen wird, welches doch nicht würde unterbleiben, so etwas an der Sache wäre; so kömmt mir dannenhero dieser Punct gar verdächtig vor. Zwar närrisch gnug, nach aller toller Weiber Träume ihrer Axt, aber nicht wahrhafftig scheinet er zu seyn. Die abergläubischen Schwestern geben hiermit zu verstehen, daß das Manns-Volck seinen Einfluß habe von einem schönen hellen und heitern Himmel; das Weibs-Volck aber von trüber / trauriger und nasser Witterung. Nicht Aergerniß zu geben, noch ein grosses Loch in die Erbarkeit zu reissen, muß ich anstehen, von dieser Materie etwas weitläufftig zu handeln, da ich sonst wohl sattsam erweisen wolte / wie unrichtig dieser Weiber-Schnacke sey. Sage dannenhero nichts mehr hiervon, als daß sich die tollen Naß-Kittel (ich nehme alle verständige und reputirliche Weiber billig aus) in ihre Hertzen hinein schämen möchten, daß sie, zu ihres Geschlechts eigener Beschimpffung, solche närrische Erfindungen aus Licht stellen.

Das 75. Capitel
Das 75. Capitel.
Wenn ein Kind aus einem Hause getragen wird / darff das obere Theil der Hauß-Thüre nicht zu seyn / es wächst sonst das Kind / so es darunter weggetragen wird / nicht grösser.

Ich glaubs, daß es in dem Augenblick, da es unter solcher zugemachten Thüre ausgetragen [406] wird, nicht eine Spanne, geschweige eine Elle, grösser wird wachsen. Was aber in etlichen Jähren hernach geschehen wird, muß die Zeit lehren. Ich habe zwar wohl ziemlich kleine Zwerglein gesehen; aber doch kan ich nicht sagen, daß sie so kleine gewesen, als wie die kleinen Wickel-Kinder. Wenn nun aber dieser Punct wahr wäre, so würden gewiß zwantzig-dreyßig- und mehr-jährige Leute angetroffen werden / welche viel kleiner seyn würden, als die kleinesten Zwärglein. Ob nun irgend dieses diejenigen Duodez-Riesen sind, von welchen man fabuliret, daß sie stets Krieg mit denen Kranichen führten? kan ich nicht erfahren; wäre es aber so, so muß in solchem Lande vielleicht Mode seyn, daß das obere Theil der Hauß-Thüren stets zubleibt. Daß dieses aber auch nicht wohl seyn kan, urtheile ich daher: Menn die alten Leute daselbst so klein sind, und zeugen Kinder, so müssen die Kinder ja noch sehr viel kleiner seyn. Wenn nun solche gar kleine Kindergen, die nur die Grösse einer Mauß haben würden, unter der Hauß-Thüre heraus getragen würden, so blieben sie wieder so klein, endlich würden Menschen hervor kommen so groß, als Käse-Maden. Denn, ihr tollen abergläubischen Weiber! ists nicht wahr, denckt nur der Sache selbst nach, ob es anders kommen könte / daferne euer Fürgeben wahr wäre? so würden wahrhafftig in einem Seculo so kleine Menschgen können hervor gebracht werden, welche nicht sicher seyn würden, von denen Sperlingen, Rothkehlgen und andern kleinen Vögeln, an statt der Fliegen, hinweg geschnappet [407] zu werden. Sehet! solch närrisch Zeug ersinnet ihr, und wollet doch vor klug gehalten seyn. Solte man nicht Ursach haben / euch mit euren phylosophischen Narren-Possen anzupfuyen? drum bedenckt euch eines bessern, und ersinnet dergleichen tolle Händel nimmer mehr, sonst machet ihr manche einfältige Menschen, samt euch, zu lauter Thoren.

Das 76. Capitel
Das 76. Capitel.
Die auf einem Anger aufgelesenen Federn soll man in kein Bette thun / es kan kein Kind drauf ruhen / und so es ein Ehe-Bette ist / so entlauffen die Ehegatten von einander.

Die super-klugen Weiber haben das gar spitzig ausgesonnen und haben mit ihrer Weißheit ein Loch in die Geheimnisse der Natur hinein gesehen, daß man eine grosse Heerde Gänse ein- und austreiben kan. Sie sagen, die Federn, die auf dem Anger (das ist, wo die Gänse ihre Weide haben) aufgelesen worden, soll man in kein Bette thun, auf daß die Kinder nicht dadurch verunruhiget würden, oder, so Ehe-Leute drauf schlieffen, nicht von einander entlauffen müsten. Da sehe man, wie scharffsinnig doch die Weiber in ihrer unnöthigen Sorgfalt sind. Sie wissen erstlich, daß die Federn, die auf dem Anger liegen, an denen Gänsenn icht feste gestanden haben; was aber nicht feste stehet / sondern wackelt oder gar ausfället, das hat seine bleibende Stätte [408] oder Ruhe verlohren, und ist unstät oder unruhig worden; was aber selbst unruhig ist, das kan niemanden anders zur Ruhe befördern: Ergo, die aus denen Gänsen selbst ausgefallene Federn und zumahl diese, so die Gänse auf der Weide verlieren, und vom Winde hin und her gewehet werden, sind unruhig, also können sie keinem zum Schlaffe oder Ruhe dienen. Kommen sie aber in ein Ehe-Bette, so stecken sie die auf solchen Betten schlaffenden Eheleute mit eben der Eigenschafft an, als wie sie, die Federn selbst, geartet sind. Denn gleichwie erstlich zwar die Federn mit denen Gänsen vereiniget gewesen sind, aber hernach dennoch ausgefallen und untreu worden; zum andern, gleichwie die Gänse zwar auf dem Anger in einer Heerde beysammen gehen, aber wenn der Gänse Præceptor eintreibet, von einander lauffen; also würcken solche Federn in denen Betten eben auch auf die darauf liegenden Eheleute, daß sie von einander entlauffen. Hingegen aber solche Federn, die feste stehen, und mit Gewalt ausgerupffet werden müssen, die lassen sich mit nichts, als durch Gewalt von ihren Gänsen abscheiden, können demnach denen / die auf dergleichen Feder-Betten schlaffen / nichts anders, denn lauter ruhige und beständige Qvalitäten mittheilen. Da sehe man nun / wie scharffsinnig diesuper-klugen Weiber zu philosophiren wissen, solchem nach kan kein Geheimniß der Natur für ihnen verborgen bleiben, daß sie mit aller ihrer Weißheit sehr unglücklich [409] fahren; dahero es scheinet, als ob sie die Sache zwar gar gut meynen, aber sehr übel verstehen müssen.

Das 77. Capitel
Das 77. Capitel.
Wenn bey dem Bier-bräuen gesungen wird / so geräth das Bier wohl.

Singen und beten ist zwar ein gutes Mittel zu glücklichen Fortgang einer Sache: Ob aber das Singen, das bey dem Bierbrauen in denen Bräuhäusern geschicht, mit solcher Andacht verrichtet werde, als wie es wohl zu wünschen ist, das wissen diejenigen am besten, die offt an solchen Oertern ab- und zugehen. So viel als ich Nachricht von diesem andächtigen Singen habe /so taugete es wohl besser. Denn wenn die Bauerknechte, Mägde und dergleichen Gesindel, gute und böse, untereinander kommen, so fänget eines irgend ein geistlich Lied an zu singen, da zwar, wenn das Glück gut ist, die andern mit einstimmen, iedoch ohne gute Gedancken; unter diesem Singen stehen etwa ein paar hinter den Bottig, und treiben ihr Gespötte, und wenn das Lied aus ist, wird ein Gelächter zum Final georgelt, alsdenn erzehlt irgend ein Knecht einen praven Zoten, der andere fängt ein Schlamper-Liedgen an zu singen, und will ieder der vornehmste Possenreisser seyn: Ist also der Gottes-dienst in dieser Kirche sehr schlecht, daß ich dannenhero nicht glaube, daß GOtt um solcher bey den Brauen gepflogenen An dacht willen das [410] Bier werde wohl gerathen lassen. Solte es aber auf das blosse Singen ankommen, es möchten auch gleich so wohl weltl. als geistliche Lieder seyn, so weiß ich auch nicht, ob dieses natürlicher Weise dem Biere etwas helffen kan? denn die Lieder oder vielmehr das Geschrey, kan sich nicht mit in das Bier brauen / daß solches hernach bey dem Verzapffen die Biergäste auch singend oder närrisch machete, wie zwar insgemein die Eigenschaftt des guten starcken Bieres ist; sondern ich bilde mir ein, wenn das Singen bey dem Bräuen ja etwas thun soll / so müste es seyn, daß die Arbeiter bey solchem Singen fein gutes Muths blieben, und also in frölichen und lustigen Muth das Maltz desto fleißiger durcharbeiteten, welches das vornehmste Stück bey dem Bräuen ist. Ausser dem aber kan ich nicht den geringsten Nutzen des Singens gewahr werden, hingegen wird GOtt nur gespottet, wenn die geistlichen Lieder mit Gelächter und allerhand Schnacken untermenget werden, welches hernach in Wahrheit schlechten Seegen zur Brau-Nahrung bringen kan. Wer aber dennoch meynet, daß er auf solche Weise wohl brauen wolle, der versuchs auf seine Gefahr.

Das 78. Capitel
Das 78. Capitel.
Wenn eines kranck ist / und lässet sich das H. Abendmahl reichen / so muß es sterben.

Das gemeine Volck spricht, der Patiente hat sich beschicken, ist so viel gesagt, als er hat [411] sich das Abendmahl reichen lassen, darum wird er wohl sterben: Aber verflucht ist diese Meynung! denn um dieser bösen und falschen opinion willen versparet ein Patiente das H. Werck biß auf die letzt, da ihm der Tod schon auf der Zunge sitzt, und er manchmahl keinen Verstand mehr hat. Und ob er gleich seine auswendig gelernte Beichte noch ein wenig herlallen kan, so weiß er vor Todes-Angst doch wohl wenig von der Busse; da heists denn, er ist nun beschickt worden /oder, er ist nun zum Sterben geschickt; wie er manchmahl geschickt ist, das mag dem allwissenden GOtt bekannt seyn. Daß aber, nach der Meynung dieses Puncts, ein Patient um deßwillen sterben müste, wenn er das H. Abendmahl in seiner Kranckheit empfahe, das ist wider die Wahrheit und tägliche Erfahrung. Denn ich kan selbst mit gutem Gewissen bezeugen, daß ich mich unterschiedlicher Exempel erinnere, daß wenn die Patienten das H. Abendmahl gebraucht haben, sichs alsbald hernach zur Besserung angelassen hat. So zweiffele ich auch nicht, daß ich noch mehr Zeugen dißfalls mit leichter Mühe aufbringen könnte. Wer nun diese Meynung denen abergläubischen Leuten eingegeben habe, ist leicht zu erachten, und derowegen hat sich ein rechtschaffener Christ desto mehr für des Satans Listen und Tücken in acht zu nehmen. Was sonst mehr von dem H. Abendmahl für falsche abergläubische Meynungen bey dem gemeinen Volck geheget werden, hat nur ohnläugst Hr.M. Jacobi, in seiner dritten Vorstellung abgöttischer[412] und aberglaubischer Händel, so durch Mißbrauch H. Schrifft und H. Sacramenten im Schwange gehen /weitläufftiger angemercket, und zu derer Abstellung an Tag gegeben, dahin ich den Christlich gesinneten Leser will gewiesen haben.

Das 79. Capitel
Das 79. Capitel.
Einen Mannßfeldischen Thaler / mit dem Ritter Sanct Georgen / und der Uberschrifft: Bey GOtt ist Rath und That / bey sich getragen / bewahret im Kriege unb sonst für feindlichen Geschoß.

Wenn diese Thorheit von denen Papisten begangen wird, kan man es ihnen nicht so gar groß vor übel haben, erstlich, weil ihre Religion mehrentheils aus solchen Mährlein bestehet; und zum andern, weil sie vor diesem den Ritter St. Georgen zu einem Kriegs-Patron verordnet haben, welcher auf diesen nur beschriebenen Thalern abgebildet ist; daß sich aber unter uns Evangelischen Christen auch solche abgöttische Thoren finden lassen, welche, um angezogener Ursach willen, wohl 10. 12. und mehr andere gute Thaler vor einen einigen solchen Mannßfeldischen Thaler geben, das ist zu verwundern und zu beklagen. Und daß hierunter eine grosse Thorheit und Abgötterey fürgehe, erhellet daraus, weil erstlich wohl nimmermehr ein dergleichen Ritter in der Welt gewesen ist, der auf diese Weise, als wie der erdichtete St. George, eine Victorie wider einen grossen Drachen oder Lindwurm [413] erhalten hätte; zum andern, weil der, welcher in solchem Vertrauen einen solchen Thaler bey sich trägt, GOtt nicht so viel zutrauet, als dem Thaler, und machet demnach aus dem elenden Thaler einen Gott und Beschützer. Die Ursach aber solcher Thorheit soll ursprünglich daher rühren, weil einst ein gewisser vornehmer General in einem scharffen Treffen und Gefechte einige Schüsse bekommen haben soll, die zwar durch die Kleider durchgegangen wären, aber dem Officier doch nicht geschadet hätten, wie er aber nach der Ursach seiner unwissenden Festigkeit geforschet hätte, wäre er gewahr worden / daß solche Schüsse auf einen solchen Thaler, den er unter andern im Schubsack gehabt, getroffen hätten. Wie ihn aber die drauf stehende Schrifft: Bey GOtt ist Rath und That; zu fernerm Nachsinnen bewogen, so hätte er vermerckt, daß ihme GOtt durch diesen St. Georgen Thaler hätte gerathen, und beschützet. Ich stelle dieses an seinen Ort, kan es auch wohl glauben, daß es geschehen sey / alleine deßwegen folget nicht, daß es eben einem ieden also glücket. Denn gedachter Officier hat ja diesen Thaler nicht um der Ursach willen zu sich gesteckt, daß er sein Schutz seyn solle in dem Treffen, sondern hat ihn, als auch andere mehr, zu sich gesteckt, um im Nothfall einen damit zu beschencken, oder etwas davor zu kauffen. Daß aber eben das Geschoß derer Feinde auf diesen Thaler getroffen hat, kan zwar wohl durch GOttes sonderbare Schickung geschehen seyn, um ihn hierdurch zu schützen, weil er sich [414] ohne Zweiffel vor dem Treffen in den Schutz des Höchsten wird befohlen haben. Und hat demnach GOTT ihn nur mit der auf dem Thaler stehenden nachdencklichen Schrifft erinnern wollen, daß nichts sey / das Nath und Hülffe schaffen könne, als GOtt alleine. Handeln dannenhero diejenigen /welche einem solchen Thaler so viel zutrauen, schnurstracks wider die auf diese Thaler geprägten Worte, und wider das erste Gebot.

Das 80. Capitel
Das 80. Capitel.
Wenn man den Storch siehet kommen / und bewillkommet ihn / so thut einem kein Zahn wehe.

Ich möchte gern den Reverence u. das Compliment sehen, das einem ankommenden Storche gemacht wird, und hinwieder des Storchs seine Gegen-Complimenten, und wundert mich, daß solche nicht längst sind in Kupffer gestochen, und die Worte / die beiderseits dabey gefallen, darzu gedruckt worden? welche ohngefehr also lauten würden:


Willkommen, werther Freund! aus weit entfernten Landen,

Du kanst zwar klappern noch, ich aber muß mit Schanden

Das Maul verbunden habn, weil mich die Zähne plagen,

Drum muß ich diese Noth dir ietzt mit Sckmertzen klagen.

Wilt du nun helffen mir, so thus ie eh'r, ie lieber,

Die Schmertzen sind sehr groß, drum hilff! ich sterb sonst drüber.


[415] Des Storchs Antwort:


Daß ich dich so malad ietzt, da ich komme, finde,

Ist mir zwar hertzlich leid, doch helffich dir geschwinde,

Nimm du von meinem Koth, weil er noch weich, ins Maul,

Kau ihn, und beiß ihn tödt thus bald, und sey nicht faul!

Alsdenn so klappre mir fein nach mit deinen Zähnen,

So darffstu dich hinfort nach dieser Cur nicht sehnen.


Daß nun solch thöricht Compliment und Bewillkommung soll vor die Zahn-Schmertzen praeserviren, laufft wider die gesunde Vernunfft, und wird auch schwerlich ein Mensch, der nicht im Haupte verwirret ist, solche Stockfisch-Possen vornehmen. Und kömmt mir ein solcher Ertz-Narr nicht anders für, als wie jener junge Maul-Aff, der sein Lebtage nicht weiter gekomen war, als etliche Schritte von seiner Mutter Brodt-Schranck. Dahero seine Eltern / als vermögende Leute, ihm ein Stück Geld gaben, daß er sich in die Fremde begeben, und in der Welt ein wenig umsehen möchte. Der gute Mensch kömmt 6. Meilen von seinem Vater-Lande in eine Stadt, und vermeynet, das sey Nova Zembla, oder gar der Welt Ende, sitzt dannenhero im Gast-Hofe, und schwatzet ohn Unterlaß von seiner sehr weiten und gefährlichen Reise, und giebt zu verstehen, daß er solche wolle in Druck ausgehen lassen. Wie der Wirth solche Thorheit mercket, gehet er zu seinem Nachbar, der ein spaßhaffter, lustiger Mann gewesen, und erzehlet ihm, was er vor einen närrischen Gast hätte. [416] Der Nachbar ersinnet stracks einen artigen Possen mit diesem Ausländer zu spielen, und bittet ihn zu sich zu Gaste. Der fremde Jüngling erscheinet, iedoch mit gröster Verwunderung, daß ihn in so fremden Landen iemand zu Gaste ladete, der ihn doch unmöglich kennen könte, macht bey seiner Erscheinung viel Complimenten. Der Freund aber, der ihn zu Gäste geladen, giebt weiter keine andere Antwort, als daß er bey des Gasts seinen Eltern sein Lebtage auch viel Guts genossen hätte / welches sich der Gast aber unmöglich einbilden kan, sprechend, wie das seyn könte, sintemahl aus seinem Lande in dieses, oder aus diesem in jenes, wohl sein Lebtage noch niemand kommen wäre? Der Gutthäter aber, als der gewust hatte, daß auf seines Gasts seiner Eltern Hause ein Storch-Nest wäre, darinnen alle Sommer die Störche ihre Jungen ausheckten / nimmt seinen Gast auf die Seite, sagt ihm in ein Ohr, als etwas gantz geheimes, daß dieses das Land wäre, wohin im Winter die Störche zögen, weiset darauf auf seine in der Stube herumgehenden Kinder, und spricht: Mein lieber Freund! warum solte ich ihm nicht alle ersinnliche Ehre anthun? alle diese meine Kinder, die sind auf seines Vaters Hause ausgeheckt. Der Gast verwundert sich hierüber sehr, und bittet, ihm zu erzehlen, wie solches möglich wäre? Hierauf spricht der Wirth: Mein HErr! ich sage ihm in höchstem Vertrauen, daß ich und mein Weib alle Jahr im Frühlinge zu Störchen werden und fliegen in Teutschland, da wir eben auf seines [417] Herrn Vaters Hause unser Nest so viel Jahr geruhig besessen haben, und unsere Kinder alle dort ausgeheckt, als junge Störche; im August Monat wandern wir dort wieder weg, und in dieses Land, da sind wir so lange Menschen, biß wieder nach Ostern. Der Gast erstaunet über diesem Wunder, gedencket darnehen, er habe nun gnug erfahren, macht sich dannenhero des andern Tages wieder zu seiner Heimreise fertig, und erzehlet seinen Eltern, nebst Uberbringung eines Grusses von seinem Storch, wie weit er gewesen sey. Wie aber im Früh Jahre der Storch ankömmt, läuffter alsbald zu seiner Mutter, und spricht, sie möchte doch etwas zu essen machen, es sey ein fremder Gast ankommen / der ihn auf seiner Reise auch, nebst Bezeugung aller Ehre, gastiret hätte, den wolte er zu Gaste bitten. Die Mutter vermeynet, es sey alles gut, und macht sich mit dem Essen auf einen vornehmen Gast parat, unterdessen gehet der Herr Sohn in den Hof, siehet auf die Fäuermäuer nachdem Storche, ziehet seinen Hut tieff ab, und bittet diesen Mittag sein Gast zu seyn, und seine Frau Liebste mitzubringen; der Storch, als der zuweilen den Kopff und Schnabel in die Höhe geworffen, und geklappert, hatte ihm aber nicht nach Willen geantwortet; wie aber der Tisch gedeckt, und das Essen aufgetragen worden, fragen die Eltern, wo denn der Gast wäre? (denn der Sohn hatte Vorgegeben, er sey schon zugegen,) da lauffet der Herr Sohn aber mahl in den Hof und zunöthigt und zubittet sich an dem Mons. Storch, daß er [418] sich doch einstellen möchte / ehe das Essen kalt würde, daß er wohl, ich weiß nicht, wen? mit solchen guten Worten hätte bereden sollen, aber alles vergebens. Dannenhero er zum Vater kömmt / und spricht: Er solte doch hinaus gehen, und versuchen, ob er den Gast könte bereden / zu Tisch zu kommen, er wüste nicht, warum er nicht kommen wolte? ob ihm irgend die Frau gestorben, oder auf der Reise krank worden sey? denn er wäre allein auf dem Neste, und plapperte das hunderte ins tausende, daß er nicht verstehen könte, was er redete. Da hatten die Eltern erst die Thorheit des Sohnes gemercket, und ihn alsdenn noch ferner um die Sache gefragt, woher er auf die närrischen Gedancken kommen sey, hatten es ihm aber doch kaum wieder ausreden können. Eben nun, wie dieser ietzt beschriebene Ertznarr gewesen / so sind alle die, welche nach vorgesetztem Punct sich für Zahnweh praeserviren wollen.

Das 81. Capitel
Das 81. Capitel.
Wenn man früh Morgens ausgehet / und betritt mit dem rechten Fuß die Thür-Schwelle / so hat man des Tages Glück.

Ja, Hanß-Wurst, verlaß dich gewiß darauf! stolpere aber nicht irgend drüber weg / daß du hernach nicht weist, welcher Fuß die Schwelle betreten hat? oder siehe dich für, daß die Nase nicht eher drauf komme, als der rechte Fuß, du möchtest sonst um dein Glück kommen. Jedoch [419] meyne ich, des Glücks, das hieran verlohren gehen soll, wird nicht über drey Heller werth seyn. Ich möchte aber wissen, was denn erfolge, wenn eines mit keinem Fusse die Schwelle betritt, sondern darüber hinweg schreitet, wie die meisten zu thun pflegen? Resp. Nichts erfolget darauf; denn nichts gewinnet nichts, und wer keinen Fuß auf die Schwelle setzt, der verlieret nichts. Ergò, weil niemand, der Schuh und Strümpffe trägt, oder anhat / die Schwelle mit dem Fusse betritt, sondern mit dem Schuh, der Schuh aber kan, wegen des täglichen Umwechselns, weder der rechte noch lincke seyn; so bleibt dieser Punct unter den abergläubischen Grillen stehen.

Das 82. Capitel
Das 82. Capitel.
Ein gebraucht Fuß- oder ander Bad soll man nicht ehe / als den andern Tag / ausgiessen / man giesset sonst das Glück mit hinweg.

Wie kömmt denn das Glück ins Bad, daß man es soll mit ausgiessen können? und wie kömmt es denn, daß es nicht des andern Tages eben, als wie am ersten, mit ausgegossen wird? Darum scheinet es, daß entweder hinter dieser Sache etwas sehr curiöses, oder was sehr närrisches stecken müsse. Zwar, ich vermeyne, es wird wohl bey dem letzten bleiben, denn es kömmt sicherlich närrisch gnug heraus, daß man das Glück samt dem Schmutz und Koth soll mit Wasser können hinweg waschen, und auch, so man das Bad [420] bald ausschüttet, mit hinweg schütten können. Noch närrischer aber lässet sich die Sache ansehen, wenn dafür gehalten wird / als ob das hinweg gewaschene Glück /so das Bad des Nachts unausgegossen stehend bleibet, aus dem Bade wiederum zurück wandere / und also dem nichts benommen werde, der gewaschen worden. Wenn demnach das nichts närrisches ist, so müste ich gestehen, daß ich nicht wissen müste, was närrisch sey. Wenn ich nun den Ursprung des gantzen Handels ansehe, so findet sich eine grosse Vermuthung, daß es von faulen Weibern oder Mägden herkomme / welche aus Faulheit des Abends das Bad nicht ausgiessen wollen, sondern fein mit langer und guter Weile den andern Tag auch noch mit zubringen. Wer hat wohl iemahls befürchtet, daß er sein Glück verlieren werde, wenn er in eine allgemeine Baderey ins Bad gienge? und doch gleichwohl könte und würde es nicht anders seyn, wenn wahr wäre, was dieser Punct lehret; denn in der Baderey wird ja ein jedes Bad alsobald hinweg gegossen, und bleibet keines durch die Nacht stehen. Also kan ein jeder abermahl sehen, wie theils super-kluge Weiber ein Haussen unbesonnen Zeug erdencken.

Das 83. Capitel
Das 83. Capitel.
Wenn man eine unversehens gefundene Felge von einem alten Rade im Nahmen der H. Dreyfaltigkeit in die Scheune wirfft / so thun die Mäuse dem Geträyde keinen Schaden.

[421] Daß in der kurtzen Zeit, so lange man die Felge in die Scheune wirfft, die Mäuse dem Geträyde wenig Schaden thun / das ist eine ausgemachte Sache, denn die Zeit des Einwerffens bestehet etwa in einer Minute, und in einer so kurtzen Frist kan der Schade, den die Mäuse thun, nichts austragen. Also, wenn dieser Punct in solchem Verstande genommen wird, möchte, er wohl seine Richtigkeit haben. Ob aber nach dem Einwerffen einer solchen Felge die Mäuse werden Hunger leiden, oder gar aus der Scheune weichen, darauf wolte ich nicht einen Strohhalm verwetten? und vermeynte ich, ein Bauer könte eine Rade-Felge wohl in die Scheune werffen, ohne den Nahmen der hochgelobten H. Dreyfaltigkeit zu mißbrauchen. Dahero ein ieder, der dieses thut, gewiß versichert seyn mag, daß ihn GOtt deswegen nicht wird ungestrafft lassen, sintemahl dieses gar keine Verrichtung ist /dabey der Nahme der H. Dreyfaltigkeit zu gebrauchen vonnöthen, oder zugelassen sey. Alles was hier bey diesem Punct angegeben wird, ist verdächtig; denn warum muß oder soll es eine Rade-Felge seyn? Was hat denn ein Rad und die Mäuse vor eine Antipathie? Warum soll es denn eben eine von ohngefehr gefundene Rade-Felge seyn? Und warum thut nicht eine iegliche dergleichen Würckung? Wer Verstand hat, der wird leicht hierbey mercken, daß hierunter eine List eines verschmitzten Betrügers stecke, denn der tausende wird keine solche Felge ohneversehens finden, also wird einem schwer fallen dieses Mittel wieder [422] die Mäuse zu gebrauchen. Zu erbarmen aber ists, daß der allerbeiligste Nahme des dreyeinigen GOttes zu solchen losen unnützen Possen so verunehret wird, und wäre besser, daß sie sich bey närrischen Beginnen, auch närrischer Nahmen gebrauchten. Ach GOtt! der theure Nahme dem muß aller Boßheit Deckel seyn, du wirst einmahl aufwachen.

Das 84. Capitel
Das 84. Capitel.
Ein von zusammen gebettelten Pfennigen gemachter silberner Ring an Finger getragen / hilfft wider allerhand Kranckheiten.

Warum muß es aber eben ein Ring werden, wenn er helffen soll, könten denn die Pfennige auf blosser Haut getragen es nicht auch thun? Und solte ich vermeynen, es müsten es die Pfennige vielmehr thun, wenn von dem Betteln die Krafft zu Vertreibung derer Kranckheiten herkommen solte. Hingegen ist zu besorgen, daß das Silber, ob es auch gleich vom Betteln eine verborgene Krafft hätte, im Feuer und Schmeltzen solche wieder verlieren müsse, und kan dannenhero ein anderer silberner Ring eben so viel Krafft haben, als einer von zusammen gebettelten Pfennigen. Damit aber die abergläubische Gauckeley einen Schein bekommen möge, so müssen es zusammen gebettelte Pfennige seyn. Unterdessen hilfft ein solcher Ring keinem Patienten nicht das allergeringste, ob dieser gleich noch [423] so sehr darauf hoffet, hingegen aber werden rechtmäßige und von GOtt verordneteMedicamenta verabsäumet, und zu des Patienten Verderben hindan setzt. Solte das nicht heidnisch und unchristlich verfahren heissen? Wer aber erfindet solche Dinge? Resp. Theils alte Nasenweise Weiber. Wer giebt aber diesen solche Dinge ein? Resp. Der Teufel, dem sie gern und begierig dienen, und der wird sie, wenn sie sich nicht bekehren, endlich auch holen.

Das 85. Capitel
Das 85. Capitel.
Einem Kinde soll man seinen Badewisch nicht offt fortlegen / es hat sonst im Alter nirgend eine bleibende Stelle.

Sieh doch, sieh doch! man muß doch alle Tage noch mehr lernen! Wäre es doch kein Wunder, man lernete sich unruhig? Denn es heist:


Der, so viel kan, muß auch viel thun,

Kan dannenhero wenig ruhn.


Und ein unruhiger Mensch hat nirgend eine bleibende Stelle; ein Holtzhacker oder Besen-Binder aber der bleibet: fein im Lande / und nähret sich redlich. Mich wundert aber doch gleichwohl, wie die alten Weiber für ihren vielen Künsten können Ruhe behalten? Zwar worinnen bestehet ihre Ruhe? im herum-lauffen und Avisen vertrödeln, Mägde und Gesinde verführen. Eheleute und Nachbarn zusammen hetzen, und so fort, daß mancher ehrlicher Mann oder Frau solchen[424] alten Drachen-Huren lieber die ewige Ruhe wünschen möchte / als täglich von ihnen verunruhiget zu werden. Auf daß ich aber nicht zu weit von dem vorhabenden Punct abweiche / so wende ich mich wieder zum Badewisch. Dieser nun ist nichts anders, als ein von Stroh gemachter Ring, den die Weh Mütter in die Bade-Molder legen, wenn sie ein Kind baden wollen, breiten hierüber einige Windeln, und legen alsdenn das Kind mit dem Köpffgen auf diesen mit Windeln bedeckten Stroh-Ring, und dieses heist des Kindes Badewisch. Wenn denn dieser Badewisch nicht an einem gewissen Ort geleget, sondern bald hier bald dorthin geschmissen wird / so halten alsdenn die Weh-Weiber, wie auch theils abergläubische Mütter dafür, ein solch Kind werde in seinem gantzen Leben wenig Bleibens an einem Orte haben, sondern bald hier und dort sein Heyl und Glück suchen / und doch nirgend keine bleibende Stätte finden. Es ist arg genug; hat denn irgend Eva des Cains Badewisch auch herum geworffen, weil GOtt ausdrücklich Gen. 4, 12. zu ihm sagt: Unstet und flüchtig solt du seyn auf Erden! Ach nein! ich finde daselbst gantz andere Ursachen; vom Badewisch wird nichts gedacht. Ich will zwar hiermit keine Application von Cain auf manchen ehrlichen und unglücklichen Menschen gemacht haben / der sich unruhig durch die unruhige Welt hindurch winden muß / als ob eben diese auch ihr unruhiges Leben mit Blutschulden verursachet hätten wie Cain; Nein, sondern nur die falsche Meynung [425] vom Badewisch zu zernichten. Zwar giebt es gleichwohl noch immer solche unstete und flüchtige Cains-Brüder, welche wegen Mord und Dieberey sich nirgend beständig aufhalten dürffen, und jaget sie ihr böß Gewissen osst von einem Orte wieder fort, da sie sich noch nicht einmahl haben nieder gesetzt. Ob nun zwar diese mit unserm vorhabenden Punct gar nichts zu thun haben sollen, so ist doch auch gewiß, daß ein Badewisch in diesem Fall auch nicht das allergeringste an einen Menschen effectuiren kan, und bleibt demnach ein loser Weiber-Traum.

Das 86. Capitel
Das 86. Capitel.
Wenn ein Paar sollen getrauet werden / soll der Bräutigam vorher / ehe sie in die Kirche gehen / das Bier-Faß anzapffen und den Zapffen zu sich stecken /sonst können ihm lose Leute einen Possen thun / daß er der Braut die eheliche Pflicht nicht leisten kan.

Wer ein wenig mehr als buchstabiren gelernet hat, der wird leicht mercken können, daß dieser Punct nicht eben eigentlich nach den schlechten Worten darff verstanden werden; sondern es scheinet, daß der Erfinder solchen anfänglich gleichsam als ein verblümt Rätzel habe aufgesetzt / mag aber wohl zu weit gegangen seyn. Allein diesem ungeachtet giebt es einfältige Schöpse, welche solchen Punct mit abergläubischen Augē ansehen / u. vor ihrem Kirchgang zur Trauung gar mit grossem [426] Bedacht in den Keller lauffen, und das Bier-Faß anzäpffen, damit sie den Zapffen zu sich steckē können; eben, als wie einige Stockfische mit dem Enten-Schnabel verfahren, wovon im 10. Cap. dieses 400 gehandelt worden. Aber, o albrer Schöps! freylich würdest du schlecht bestehen, wenn du den Zapffen zum Bierfasse nicht bey dir hättest. Es wird aber nicht verstanden der Zapffen zum Bierfasse, sondern der Schlüssel zur Braut-Casse; und ob du gleich jenen zu dir steckst, so dienet er doch nichts mehr, als ein Fürbild auf diesen abzugeben. Andere Leute werden dir den besorglichen Possen wohl ungespielt lassen, und magst den Bier-Faß Zapffen bey dir haben oder nicht. Intelligis noch nicht / so weiß ichs auch nicht.

Das 87. Capitel
Das 87. Capitel.
Am Char Freytage die Kleider an die Sonne gehenckt / so kommen weder Motten noch Schaben drein.

Das kan wohl seyn, daß am Char-Freytage, so lange die Kleider an der Sonne hängen, keine Motten hinein kommen mögen. Ob die Kleider aber auch die übrige Jahres-Zeit davon befreyet bleiben, dafür geb ich keinen Bürgen ab? Denn ob gleich am Char-Freytage die Kleider Christi sind unter denen Henckersbuben vertheilet worden, so ist es doch nicht darum geschehen, ob hätte Christus etwa mit seinen Kleidern unsere Kleider für dem Verderben erlöset. Nein, Christus hat uns Menschen vom Zorn GOttes [427] und ewigen Verderben durch sein Blut erlöser, aber diese Erlösung gehet weiter keiner Creatur an / sie mag lebendig oder todt seyn. Drum ist es alles vergeblich, und eine Schändung des Leidens und Verdiensts Christi, wenn man am Char-Freytage so vielerley Aberglauben und Gauckel-Possen treibet. Wilt du aber wissen, warum mit Christi Kleidern also verfahren worden? so bedencke unter andern guten Andachten mit, daß es eines theils geschehen / die Sünde unserer Kleider-Hoffart zu büssen, und dahero sollen wir uns für dieser Sünde desto fleißiger hüten, und bedencken, daß die Kleider nur von uns gebraucht werden sollen, unsere Blöse zu bedecken, oder unsern Maden-Sack für Kälte und Hitze zu verwahren, und zuletzt werden doch die Kleider selbst denen Maden und Würmern zu Theil; andern Theils sollen wir bedencken, wie wir die Kleider um des Sünden-Falls willen anhaben, und derer nicht bedürffen würden, so Adam nicht gesündiget, und uns um den Stand der Unschuld dadurch gebracht hätte; nun aber hat Christus unsere Schmach und Schande, mit seiner Blösse und nackenden heiligen unschuldigen Leichnam gebüsset, daß uns die von Adam angeerbte Schuld nicht zur Verdamniß gereichen kan. Hieran aber kehren sich weder Motten noch Schaben unsere Kleider zu zernagen. Ich will aber ein ander Kunststücklein lehren, wie die Motten und Schaben die Kleider nicht leicht fressen. Nehmlich wer es machen wird, als wie ichs mache, und lässet sich nicht mehr Kleider machen, als [428] er zur höchsten Nothdurfft bedarff, der wird empfinden, daß er seine Kleider selbst zerreissen wird, und darff sie nicht denen Würmern zur Speise ohne Noth hängen lassen. Wer aber des Geldes zu viel hat, und ist barmhertzig gegen die Motten, der mag etwas zu Unterhaltung der armen Würmer anlegen, und hat hierinnen seinen Willen.

Das 88. Capitel
Das 88. Capitel.
Am Char-Freytage Durst gelitten / hilfft / daß einem das gantze Jahr kein Trunck schaden kan.

Wenn mancher Schwein-Igel nicht mehr söffe, als er vertragen könnte, so würde ihm auch kein Trunck schaden, und würde nicht Gelegenheit nehmen dürffen / am lieben Char-Freytage abergläubischer weise Durst zu leiden, womit er sich doch nicht länger praeserviren kan, als allein diesen Tag, da er Durst leidet. Denn ob einer gleich am Char-Freytage nicht getruncken hätte, und träncke den nechsten Sonnabend /oder auf Ostern, mehr als seine Natur sonst vertragen könnte, oder auch ein ungesund Geträncke, so wolte ich ungescheuet mit ihm wetten, daß ihm dieses so wohl schaden würde, als wenn er am Char-Freytage viel getruncken. Mancher leidet in der Absicht am Charfreytage Durst, auf daß ihme hernach das Jahr kein böser Trunck schaden solle / wagt es dannenhero drauf loß, und säufft zu weilen alles ohne Scheu in sich hinein, davon er endlich auf der Nasen liegen bleibt, und [429] die Erde kauen muß. Da mag man denn wohl sagen, er habe auf Gnade gesündiget, und sey Frevel mit Ungenade belohnet worden. Es ist ja GOtt zu erbarmen, wie mancher Mensch den lieben Char- Freytage zu allerhand abendtheuerlichen Aberglauben anwendet. Da werden vor der Sonnen Aufgang Diebs-Zähne (GOTT weiß, mit was für Worten) calciniret, auf daß man, so diese unter Schieß-Pulver gemenget werden, damit gewisse Frey Schüsse thun könne. Man gehet an diesem Tag barfuß, daß man hernach das Jahr in keinen Dorn treten will. An diesem Tage soll es besser seyn, Grentz- oder Rehn-Steine zu setzen, als andere; und was dergleichen für unzähliche Händel mehr getrieben werden. Es hat unsern liebsten Heyland an diesem Tage gedurstet nach unserer Erlösung, und nach unserer Versöhnung mit seinem himmlischen Vater; wornach dürstet aber einen abergläubischen Menschen, wenn er Durst leidet? sicherlich nicht so sehr nach seiner Seeligkeit / als vielmehr nach einem Pommerischen Soff Bier; und dennoch soll dieses Durstleiden eine Nachäffung seyn des unbeschreiblichen Dursts, den der HErr JEsus für uns gelitten hat. Daß GOtt dieses allesungestrafft lassen solte, glaube ich nicht.

Das 89. Capitel
Das 89. Capitel.
Wenn ein paar Leute zur Copulation geführet werden / soll sich auf dem Kirch-Wege der Bräutigam oder die Braut nicht umsehen / es ist nicht gut.

[430] Ist es nicht gut / so sey es nicht gut! wenn ich spräche, es wäre gut, wenn sich Braut und Bräutigam auf dem Kirch-Wege umsehen, so würde man mich alsbald fragen, worzu es gut wäre? Ich aber gebe zur Antwort: ich wüste es nicht; würde man wohl meinetwegen sich ohne Noth umsehen, und etwas guts davon gewarten? ich zweifele fast sehr. Also auch, wenn ich hier frage, warum ist es nicht gut, daß sich Braut oder Bräutigam umsehen? so bekomme ich keine andere Antwort, sondern es heist, man habe allezeit gehört, es sey nicht gut, was es aber übels nach sich ziehe, das wisse man nicht. Soll man sich denn auf solch alber Gewäsch in vergebliche Furcht setzen lassen? Wenn sich der Bräutigam oder die Braut auf dem Kirch-Wege umsehen, so muß es was sonderlichs zu bedeuten haben, weil ausser dringender Noth sie auf diesem Ehren-Gange nicht leicht still stehen, und sich umsehen werden; wenn es aber aus dringender Noth geschicht, so kans freylich nicht gut seyn, denn alles, was aus Noth geschicht, ist nicht für gut zu achten. Also wäre dieser Punct zwar richtig: Wenn aber das Umsehen ohngefehr, oder aus freyen Willen, oder wegen Ankommung eines angenehmen Hochzeit-Gasts geschicht, so bedeutet es gar nichts. Darum, wenn iemand fürgeben will, eine Sache sey nicht gut, so muß es die Ursach und Unterschied auch darbey betrachten, sonst ist das Fürgeben nichts nütze. Ists nicht wahr, wenn der Bräutigam schon auf dem Wege zur Trauung wäre / und es lieff ihm eine Magd [431] nach, und sagte ihm, die Braut wäre in Ohnmacht gefallen, und der Bräutigam sehe sich um nach ihr, wer wolte nicht sagen, es sey nicht gut gewesen, daß er sich umsehen müssen? daß unser Punct aber will, als sey das Umsehen schlechterdings nicht gut, das ist ein närrischer Aberglaube.

Das 90. Capitel
Das 90. Capitel.
Ein paar neue Ehe-Leute / wenn sie von der Trauung heimgehen / sollen sie eine schwartze Henne voran zu der Hauß-Thür ins Hauß einlauffen lassen / so wird alles besorgliche Unglück auf die Henne fallen.

Es ist eine gar bekannte Sache und Meynung, daß Hexen und andere böse Leute zuweilen, ein und andern Schaden zuzufügen, etwas auf den Weg, unter die Schwellen der Thüren, oder sonst anderswohin zu vergraben oder zu bringen wüsten, daß der, der am ersten drüber gienge, einen Unfall davon bekäme; dahero man auch offt vernimmt, wenn etwa iemand einen ungemeinen Zufall von Lähmung und dergleichen bekömmt, er sey über eine böse Spur kommen, es hätte aber einem andern gegolten, aber dieser sey zu seinem Unglück erst drüber kommen, etc. Nun sind unter dem gemeinen Volck Braut und Bräutigam, am Tage ihrer Hochzeit, in lauter unnöthiger Furcht, Argwohn, Mißtrauen und abergläubischen Gedancken, darum sind sie auch bekömmert, daß ihnen böse Leute bey dem Eingange [432] in ihr Hauß irgend möchten etwas, in die Thür oder in Weg gethan haben, dadurch sie Schaden leiden könten, darum lassen sie eine Henne voran lauffen, aus abergläubischen Vertrauen, ob würde das ihnen zubereitete Unglück solchergestalt auf die Henne kommen. Aber das alles sind falsche vergebliche Einbildungen, und rühren daher, wenn man in seinen Vertrauen zu GOtt keinen rechten Grund gelegt hat, und im übrigen von schlechtem Verstande ist. Denn wenn man diesen Punct gleich nur nach der gesunden Vernunfft und mit natürlichen Verstande überlegt / so findet man lauter alber Zeug und Unbesonnenheit. Wär es ja was, daß böse Leute denen neuen Ehe-Leuten etwas in den Weg thun wolten, so könten sie es ja wohl thun, wenn sie in die Kirche aus dem Hause giengen, als wenn sie aus der Kirche ins Hauß gehen. Zum andern dürffte ja nicht eben eine Henne zu Verhütung des besorgenden Unglücks vor anlauffen, sondern es würde eine iede lebendige Creatur darzu geschickt seyn. Drittens ist es nicht natürlich, daß dasjenige, was böse Leute in Weg gethan haben, könne accurat eben den Augenblick, da die erste lebendige Creatur darüber hingehet, seine Würckung in dieselbe schicken, daß hernach von solcher bosen Würckung nichts mehr solte übrig seyn, iemanden weiter zu schaden; anderer Bedencklichkeiten mehr vorietzo zu geschweigen. Woraus bey reiffer Uberlegung sattsam zu ersehen ist, daß dieser vorhabende Punct ein lauterer alter Weiber-Fratzen sey. Darum wird er [433] auch niemahls von rechtschaffenen verständigen Leuten practiciret werden.

Das 91. Capitel
Das 91. Capitel.
Wenn man von einer Stadt oder Wohnung zu der andern ziehet / und verlieret unter Wegens Brodt / so wird man hinfort alle Nahrung verlieren.

Wer sonst ohnedem geartet ist, daß er stracks aus einer ieglichen Begebenheit ein omen macht, bey dem ist es kein Wunder, daß er Sorge trägt, wenn er bey dem Fortzuge Brodt verlieret, zumahl, wenn sonst nichts mehr verlohren würde, als alleine das Brod, so würde es desto mehr zu bedencken geben; Und wäre auch nicht eben gantz und gar in Wind zu schlagen, sintemahl man freylich zuweilen gewisse Vorbedeutungs-Zeichen bekömmt, die aber selten in Acht genommen werden, als biß die Bedeutung kömmt, alsdenn gedenckt man erst an das, was geschehen ist. Hingegen, wenn sich etwas zuträgt / welches man für ein Vorbedeutungs-Zeichen ansiehet / darauf erfolget gemeiniglich nicht, was man besorget. Wenn ich nun beyde Fälle betrachte, so finde ich, daß man besser thue, wenn man sich über nichts so grossen Kummer mache, und sich vor der Zeit besorge, sondern, wenn ja etwas scheinbares sich ereignet, man die Sache GOtt heimstelle, und darbey gedencke, weils eine Sache sey, die sich natürlicher Weise zutragen könne, so seys ohngefehr [434] geschehen, zumahl, wenn, der Ausgang so beschaffen wäre, daß der Mensch mit seiner Sorgfalt keine Aenderung treffen könte: Und ist demnach Zeit genug, wenn man bey einbrechender Noth die Grillen zu machen bekommt. Hier bey diesem Punct heist es: Wenn man Brodt verliere, so würde man hingegen alle Nahrung verlieren. Nun frage ich, wenn einer beym Fortziehen Brodt verlöre, ob er auch den Untergang seiner Nahrung hintertreiben könne, oder nicht? kan er ihn hintertreiben, so muß er vorher wissen, durch was vor gute Anstalt: Weiß er es so wird er es zweifels frey wissen, obgleich das Brodt nicht verlohren worden wäre; und müste dannenhero selbst Ursach seines Verderbens seyn, so er die Ursach dessen hintertreiben könte, und thäte es nicht; und hätte ihm demnach das Brodt-Verliehren kein Warnungs-Zeichen seyn dürffen. Wäre es aber Sache, daß er mit allen seinem Witz und Fleiß dennoch den folgenden Nahrungs-Mangel nicht hemmen könte, so sage ich / es sey desto vergeblicher, daß er das verlohrne Brodt vor eine böse Bedeutung hält. Denn was hilffts, wenn er sich diese Woche halb todt bekümmerte über das Ubel, das in einem halben Jahre erst zu besorgen ist? Es ist Zeit genug / wenn man das Creutz auf dem Rücken hat. Und also mache man nur von Verliehrung des Brodts sich nicht mehr Sorge, als über etwas anders, weil man jenes so wohl, als dieses, verlieren kan. Auch ist dabey zu beobachten, ob das verlohrne Brodt nicht aus müthwiliger Verwahrlosung [435] verlohren worden sey? In welchem Fall es auch keine Bedeutung haben kan. Zudem ist doch das andächtige Gebet ein Mittel wider alles Ubel.

Das 92. Capitel
Das 92. Capitel.
Wenn man in eine Stube gehen will / soll man in der Thür nicht umkehren / denn es ist nicht gut.

Worzu solte es auch gut seyn? Ich wüste nicht, daß ich iemahls gehöret hätte, daß das Umwenden unter der Stuben-Thür zu etwas gut wäre. Muß ich demnach wider meinen Willen hier in diesem Punct denen abergläubischen super-klugen Weibern Beyfall geben. Wenn sie dieses nun werden erfahren / so hoffe ich hierdurch wiederum in ihre Gnade zu rücken, woraus ich zeithero gantz verstossen gewesen. Hey! was frag ich denn auch wohl nach der super-klugen Weiber ihrer Gnade / wenn ich nur in der recht klugen ihrer verbleibe? Und solts auch gleich schwer hergehen, in dieser ihrer Gnade fest stehen zu bleiben, so achte ich doch solches wenig, und singe getrost: Die GOttes-Gnade alleine steht fest und bleibt in Ewigkeit. Daß aber gleichwohl die abergläubischen Weiber sollen wissen, daß ich ihnen in diesem Punct noch nicht beyfalle, so sage ich, es sey gut, wenn man sich in der Stuben-Thür umwende, und wills auch beweisen, daß es gut sey. Wenn iemand in eine Stube gehen will, und kehret unter der Thür wieder [436] um, so muß er Ursach darzu haben. Die Ursach mag beschaffen seyn, wie sie wolle, gut oder böß / so ist das Umkehren doch gut. Ist die Ursach gut, so kan das hiermit verursachte Umkehren an sich selbst nicht böß seyn; Ist aber die Ursach böß, so ist doch das Umkehren gut, weil man durch das Umkehren beschäftiget ist, das böse zu verbessern. Z.E. Du giengest zur Stuben-Thür ein, indem du aber unter der Thür noch wärest, fiel dein Kind aussen im Hause / und fieng an zu schreyen, das wär die Ursach, daß du unter der Thür umkehretest, und diese wäre also nicht gut; daß du aber umkehrest, und das Kind aufhebest, kan ja nicht böse seyn, sondern ist gut / und besser, als ob du fortgiengest, und liessest das Kind liegen. Wilt du mehr Exempel haben, so dencke ein wenig nach.

Das 93. Capitel
Das 93. Capitel.
Wenn ein Weib den Schnupffen hat / soll sie in ihres Mannes Schuh riechen.

Warum soll sie denn in des Mannes Schuh riechen?Resp. Wenn sie den Gestanck der Schuhe nicht empfindet, so weiß sie gewiß / daß sie den Schnupffen hat; so sie ihn aber riechet, so ist der Schnupffen vergangen. Dieser Punct aber weiset eigentlich und hauptsächlich dahin, daß, wenn das Weib in des Mannes Schuh riechet, ihr hiervon der Schnupffen vergehen soll. Woraus abzunehmen ist, was vor unglaubliche Kräffte [437] alles, was von den Männern ausgehet, hat, daß auch wenigstens der Gestanck ihrer Füsse, s.v. ein Mittel ist wider der Weiber Schnupffen. Darum die Weiber wohl Ursach haben, die Männer hoch zu achten. Und wiewohl ichs nicht vor rathsam achte, daß die Männer ihre Weiber mit Füssen treten möchten, so vermeyne ich doch, daß, wenn es ja von einem einmahl geschehen solte, sich das Weib eben nicht zu sehr werde darüber zu beschweren haben, weil sie ja ohnedem die Lieblichkeit ihrer Füsse so hoch achten, daß sie auch nur die Schuhe, darinnen die Füsse gesteckt, zum Geruch gebrauchen. Muß nicht eine Lieblichkeit in der Männer Schuhen stecken, zumahl, wenn die Männer des Tages 6. biß 7. Meilen Botschafft gelauffen sind? Aber eines kömmt mir gleichwohl verdächtig für: Wenn der Männer Schuh sollen die Krafft haben, daß sich die Weiber den Schnupffen damit vertreiben können, da doch Männer offt selbst sehr genug mit dem Schnupffen beschweret sind, wie kan denn dieses wohl möglich seyn? soll denn das sal volatile expedibus virorum nur seine kräfftige Würckung alleine auf die Weiber haben, nicht aber auf die Männer selbst? das will mir nicht recht glaublich scheinen. Von dem Thiere Alce, oder Elend, ist bekannt, daß dessen Füsse oder Klauen sollen sehr dienlich seyn wider das Fresel oder schwere Noth, da doch das Elend-Thier selbst mit dieser schweren Kranckheit sehr offt soll überfallen werden; daß demnach dieses wohl zu einem Exempel dienen könte, wenn der Männer Schuhe zwar denen [438] Weibern den Schnupffen vertreiben könten, da doch die Männer selbst mit dem Schnupffen beschweret würden. Allein, mit dem Elend-Thier hat es die Bewandniß, daß, wenn es die schwere Plage an sich merckt, so kratzt es sich mit dem lincken hintern Fuß hinter dem lincken Ohre / und vertreibt sich die schwere Noth. Von unsern Männern aber höret man nicht, daß sie an ihre eigenen Schuhe röchen, sich damit den Schnupffen zu vertreiben. Also ist zu schliessen, daß dieses Mittel nur den Weibern allein helffen müsse. Drum riecht euch nur satt, ihr lieben Weiber, biß euch der Schnupffen vergehet.

Das 94. Capitel
Das 94. Capitel.
Einen eingestochenen Splitter soll man zerkauen /sonst kan er noch mehr schaden.

Das kan wohl nicht fehlen? Denn wenn der eingestochene Splitter kan zerkauet werden, so muß er wieder heraus gezogen worden seyn. Wäre er aber nicht wieder ausgezogen, so könte er freylich in der Wunde noch manche Schmertzen verursachen / oder weiter schaden; soder Splitter aber nur einmahl aus der Wunde heraus ist, so wird er niemand weiter stechen /denn da er zum ersten mahl eingestochen worden / da hat er an einem Ende fest gestanden, daß er gar beqvem hat eingestochen werden können; nun aber, da er loßgebrochen ist, müste es wunderlich zugehen /wenn ihn iemand noch einmahl einstechen [439] solte. Mag demnach ein eingestochen gewesener- und wieder ausgezogener Splitter gekäuet werden / oder nicht, so wird man sich ferner von ihm keinen grossen Schaden zu befürchten haben. Zwar mercke ich wohl, wohin die abergläubischen Weiber mit diesem Puncte zielen, nehmlich, sie wollen damit zu verstehen geben, daß das Käuen eines eingestochenen und heraus gezogenen Splitters gleichsam die Eigenschafft haben soll, als etwa das Unguentum Sympatheticum, oder die Wasten-Salbe, daß die von dem Splitter gemachte Wunde alsdenn glücklicher und ohne Gefahr sich zur Heilung schicken würde; hingegen, wenn der mit Blut besudelte Splitter an einen unreinen Ort geworffen würde, wohl dadurch der Wunde eine Fäulung, inflammation oder ander Unheil könte zugezogen werden. Hieraus erhellet, wiewohl sich die Weiber (ich verstehe nur die super-klugen) auf die sympathetischen Curen verstehen.

Das 95. Capitel
Das 95. Capitel.
Wer an einem Freytag eine Lauß todt schlägt / der bekömmt hingegen neune davor wieder.

Schade ists, daß es mit denen Schweinen oder Pohlnischen Ochsen nicht auch also angehet! ey wie würde es alle Freytage an ein schlachten gehen und wie würde mancher zu wenig Raum finden, die aus einem Pohlnischen Ochsen oder gemasteter Sau bekommene 9. andern aufzustallen. [440] Was bekümmere ich mich aber viel um die Ochsen und Schweine, es lässet sich nicht wohl mit ihnen spielen? Lieber lasse ich diesuper-klugen Weiber sich mit den niedlichen Thiergen, den Läusen, herum schlagen, von denen werden sie nicht leichtlich gestossen, und multipliciren sich auch fein bald. Denn man dencke nur, wenn aus einer am Freytage todtgeschlagenen Lauß 9. andere an dero Stelle erscheinen, wie geschwinde eine kan zu einer gantzen Million kommen zumahl wer s.v. einen seinen Grind-Kopff voll am Freytage todt schlüge. Aber höret doch, ihr super-klugen Weiber! sagt mir doch, ob es euer Ernst sey, daß ihr gläubet, ob bekämet ihr 9. andere Läuse vor eine / die am Freytage todt geschlagen werde, oder schertzet ihr? Denn das Ding kömmt mir trefflich verlogen für, und kan ichs nicht glauben, wenn ich auch mein Lebtag keine Lauß solte mehr kriegen. Erstlich macht sich die Sache verdächtig / weil nur am Freytage das Wunderwerck sich soll zutragen, eben als ob ein anderer Tag nicht so gut wäre, als dieser? Zum andern, kömmt es gar verlogen heraus, daß eben 9. andere Läuse vor eine werden sollen. Wer hat denn eben so genau drauf gemerckt, daß nicht mehr und nicht weniger werden? Mit einem Worte, dieser Punct ist s.v. erlogen. Und weil im 59. Cap. des dritten Hundert fast eben dergleichen Materia abgehandelt ist, so sey es hier genung.

Das 96. Capitel
[441] Das 96. Capitel.
Wer die Drey Heil. Abende / als an Weyhnacht-Neu-Jahr und H. Drey-König-Abend /Geld zehlet / dem wird es das gantze Jahr am Gelde nicht mangeln.

Es sagte einst ein Bettel-Weib, da sie zum ersten mahl im Jahre den Storch sahe / und ich ihr nur selbigen Augenblick eine Gabe gegeben hatte: GOtt Lob und Danck, daß ich Geld bey mir habe, weil ich den Storch ietzt zum ersten mahl sehe / nun werd ich das gantze Jahr keinen Mangel an Gelde haben! Es giengen aber kaum acht Tage dahin, so hatte ich das Weib wieder vor der Thür / mich um ein Allmosen ansprechend; ich stellete mich aber gegen ihr / als ob ich ihr nichts zu geben Willens wäre. Da sie aber so sehr anhielt, sagte sich, sie solte sich schämen, daß sie mich um einen Pfennig anspräche, da sie doch mehr Geld hätte als ich; Sie aber sprach: GOtt solte mir vergeben, daß ich so redete, sie wäre eine blutarme Frau, und hätte keinen Groschen in ihrer Gewalt; Ich sagte aber ferner, daß ich aus ihrem eigenen Geständniß wüste, daß sie mehr Geld hätte als ich, denn mir mangelte Geld, ihr aber keines; Sie hätte ja vor acht Tagen, als sie den Storch gesehen, gesagt, daß ihr nun das gantze Jahr kein Geld fehlen würde, weil sie zu selbiger Zeit nicht ohne Geld gewesen sey. Hieraus antwortete sie: Sie hätte sonst viel [442] darauf gehalten, aber nun sehe sie, daß es nicht einträffe, und wolte auch nicht mehr daran glauben. Ach wolte GOtt, daß alle abergläubische Narren in der Welt mit ihren abergläubischen Thorheiten also zur Erkänntniß kämen, und mit Gelegenheit überwiesen würden! so würden diejenigen / welche nach ietzt vorhabenden Punct glauben, daß sie das gantze Jahr genug Geld hätten, so sie bemeldte Drey-Heil. Abende Geld zehlen mürden / ihre thörichte Einbildung bald fahren lassen. Ja ich setze den Fall, daß du keinen Mangel durchs gantze Jahr an Gelde hättest, was wäre es denn? O du Narr! wenn du auch gleich die gantze Welt gewönnest, und nehmest Schaden an deiner Seelen, was hätte dichs wohl geholffen? Oder auch, wenn du nun heuer in diesem Jahre keinen Tag einigen Mangel an Gelde hättest, du müstest aber folgendes Jahr in äusserster Armuth dein Leben enden, was hättest du denn vor Nutzen davon, daß dir ietzt nichts gemangelt hätte? Ach / siehe lieber zu / daß du diese Drey-Heil. Abende in feinen Geist-reichen Büchern liesest, und aus GOttes Wort das gantze Jahr / zu Erbauung deiner Seelen, deiner Kinder und Gesind, und deines Nechsten, etwas erzehlen, nicht aber Geld zehlen kanst / und trachte am ersten nach dem Reiche GOttes, und nach seiner Gerechtigkeit, so wird er dir, wenn es dir nicht an deiner Seelen Seeligkeit hinderlich seyn wird, auch wohl Geld zu zehlen geben, so viel dir von nöthen seyn wird.

Das 97. Capitel
[443] Das 97. Capitel.
Wenn iemand Feuer aufschläget / und es siehet ein anders zu / so fängt der Zunder nicht.

Manche Leute haben die Art, daß sie in ihrer ordentlichen Arbeit, die sie doch sonst alleine ohne Tadel verrichten, nichts Guts verfertigen können, wenn ihnen iemand an der Seiten stehet, und zu siehet, und ich mir es ohne Zweifel wohl mancher gestehen müssen, daß sich eine Arbeit viel besser und geschickter vollbringen lässet, wenn man gantz alleine ungestöret, und ohne Furcht eines Tadlers dran ist. Also mag es auch wohl seyn, daß eines / das ein Licht anzünden will, und iemanden neben sich weiß, der ihm genau Achtung auf die Hände giebt, das Aufschlagen des Feuers mit besserer Geschickligkeit, als es sonst gewohnet ist, zu verrichten vermeynet, aber hiermit nur aus seiner ordentlichen Gewohnheit kömmt, daß gar nichts daraus wird. Denn natürlicher weise kan das Zuschauen eines andern weder den Zunder, noch den Stein noch Stahl verderben. Daß aber dieser Punct ein offenbahres Mährlein sey, erhellet daraus, weil sich täglich hin u. wieder das contrarium ereignet, und ich selbst zugesehen, wie manchmahl gar geschwindt der Zunder gefangen hat / manchmahl auch nicht fangen wollen. Wenn er aber nicht hat fangen wollen, so bin ich oder ein anders, das zugesehen, nicht Schuld daran gewesen, sondern es ist entweder [444] der Zunder schon so lange gebraucht gewesen, daß er nicht mehr fangen können, oder der Feuerstein ist stumpff gewesen, daß er kein Feuer geschlagen hat. Wenn denn die Magd, oder eine andere Person, über solchen langen Picken zu letzt ungedultig worden ist, so haben ihr die Zuschauer gehindert, dannenhero sie aus Ungedult manchmahl gesprochen: man solle sich hinweg packen, sie könne kein Licht aufschlagen, wenn so ein Geständere um sie wäre. Solche Ungedult machet aber deßwegen den Aberglauben nicht wahr.

Das 98. Capitel
Das 98. Capitel.
Wenn ein schwanger Weib über eine Rinne / dadurch eine Glocke gegossen wird / springet / so befördert es ihre Geburt.

Wiewohl die Stück- und Glocken-Giesser manchmahl auch gar abergläubisch bey ihrem Giessen sind / sonderlich, da mancher nicht viel nähme, und ließ eine Weibs-Person sich hinzu nahen, wo er etwas giessen will, in Besorgung, sie möchte ihre menses haben, welches, (wie mancher fest glaubt) zu gäntzlicher Verderdung seines Gusses Ursach geben würde: Dennoch glaube ich, daß auch einige verständige Stück-und Glocken-Giesser auf diese Albertät nichts halten, und das Weibs-Volck ohne Sorge mit zusehen lassen. Da es denn wohl einmahl kan geschehen seyn, daß ein hochschwanger Weib einem solchen Glocken-Guß mit zugesehen [445] hat, und wer weiß, wo sie etwa gestanden hat, daß sie von ihrer ersten Stelle, aus höchst-dringender Noth, hat weichen, und über die mit feurigen Metall fliessende Gieß-Rinne springen müssen /worauf sichs denn wohl kan begeben haben, daß das ohnedem zur Geburt schon zeitige Kind, um der Mutter Schrecken und der von dem heissen Metall zu der Geburt und Mutter dringenden aufsteigenden Wärme willen, sich desto bester zur Geburt geschickt hat, und an das Tage-Licht glücklicher kommen, als vielleicht besorget worden. Dennoch aber, ob gleich dieses sich ja einmahl auf diese Art solte zugetragen haben, so folget doch deßwegen noch nicht, daß diese Probe bey andern auch so eintreffen werde. Und wenn ich ja zugeben müste, das etwas von diesem Dinge zu halten sey, so soll mich doch nimmermehr kein Mensch überreden, daß es eben geschehen müsse, wenn eine Glocke gegossen würde, nicht aber bey Giessung eines Stücks, Mörsers / oder etwas anders. Denn wenn hier ja etwas die Geburt befördert, so kan es nichts anders seyn, als die sulphurischen warmen Dünste des Veneris oder Metalls. Und wird gleichviel seyn, ob es eine Glocke, ein Feuer-Mörsel, Geschütz, oder etwas anders ist. Und wie solte es auch kommen, daß die Geburts-Zeit eines Weibes, und die Giessung einer Glocken, so gleich zusammen treffen werde? sintemahl das letzte gar an wenig Orten fürgenommen wird, daß also unter viel tausend schwangern Weibern keine die Gelegenheit haben kan, sich dieses Hülffs-Mittels zu bedienen. [446] Solte aber geglaubet werden, es dürffte eben nicht zu der Zeit des Gusses geschehen, daß das Weib über die Rinne spränge, sondern es möchte gleich vor langer Zeit schon dadurch gegossen seyn, so ist an der gantzen Meynung nicht ein Wort wahr, sondern für einen ausgemachten Aberglauben zu halten. Denn nur schlechterdings über eine kalte Gieß-Rinne hin zu schreiten, kan natürlicher Weise ohnmöglich die Geburt ehe befördern, als die Zeit der Geburt sonst von GOtt bestimmet gewesen. Derowegen soll ein schwanger Weib mit solchen abergläubischen Narren-Possen sich nicht versündigen.

Das 99. Capitel
Das 99. Capitel.
Wer einen Feind hat / der kan solchen todt beten /wenn er ein gantzes Jahr alle Morgen und Abend den 109. Psalm betet; hält er aber einen Tag innen / so muß der sterben / der da betet.

Welcher Teufel aus der Hölle will dir doch dieses zu glauben bereden? denn erstlich ist es nicht wahr noch möglich, daß man einen Feind auf solche Weise todt beten kan; zum andern ist es nicht recht noch der Christlichen Liebe gemäß; drittens ist es nicht rathsam, sondern dem Beter selbst nachtheilig. Nicht wahr noch möglich ist es, weil niemand seyn wird, der ein Exempel weiß, daß einer den andern auf solche Weise habe todt gebetet; und ob es auch sich zugetragen haben solte, daß einmahl einer, wider [447] den obgedachter Psalm wäre gebetet worden, bald darauf gestorben sey, so ist es doch noch lange nicht erwiesen, daß er eben um seines Gegners Betens willen hat sterben müssen; es ist ja ein jeder Mensch nichts eher unterworffen, als dem Tode, kan demnach wohl aus andern Ursachen gestorben seyn. Auch kan es nicht möglich seyn, weil GOtt alleine HErr über des Menschen Leben und Tod ist, GOtt aber wird einem rachgierigen Menschen, der schnurstracks wider den Befehl und Willen GOttes handelt / eben auf diese Bitte, womit er sich wider GOtt und seinen Nechsten versündiget / nicht aufhüpffen, und das Ziel des andern Menschen / das ihme sonst zu seinem Tode beschieden ist, um einer rachgierigen Bitte Willen seines Feindes, verrucken oder verkürtzen; denn GOtt hat iedem Menschen sein Ziel gesetzt, das wird er nicht überschreiten. Verkürtzet kan es wohl werden durch gewaltigen Mord, aber das Gebet ist keine Anlegung der Hand, sondern es ist eine Bitte, welche an den allgewaltigen Richter alles Fleisches geschicht. Dieser Richter aber ist nicht unrecht, darum darff sich niemand der Erhörung getrösten, der etwas ungebührliches bittet. Weil aber die Begierde gantz unbillig ist, einen Feind todt zu beten, und gleichwohl nur der gerechte GOtt alleine Gewalt hat über der Menschen Leben, so ist es nicht möglich, daß um eines feindseligen Gebets willen sich GOtt bewegen lasse, wider seinen einmahl gefasten Willen zu handeln. Nicht recht ist es zum andern, weil es klar wider GOttes[448] Gebot läufft: Denn Christus will, daß man die Feinde lieben / ihnen Guts-thun, und für ihre Wohlfahrt bitten solle. Und GOtt sagt: Die Rache ist mein, ich will vergelten. Wer aber seinen Feind todt beten will, der will GOtt in seine Gerichte greiffen, sich auf GOttes Richter-Stuhl setzen, und sich selbst helffen. Mein, was würde einer anrichten, der vor einem Gerichte dem Richter nicht alleine fürschreiben wolte, wie er solte richten, sondern unterstände sich auch gar, auf den Richter-Stuhl zu sitzen, und das Amt des Richters selbst zu verwalten? Ich meyne, es dürffte ihm übel belohnet werden. Uber diß wolle man nur die Unbillichkeit bedencken, welche bey dem Todt beten fürgienge. Derjenige, der den andern todt beten will muß ja am Leben seyn, und also hat sein Feind ihm ja das Leben nicht genommen; Nun setze ich aber den Fall, daß sein Feind ihn hätte um Amt / Ehre, Haab und Gut gebracht, so ist es doch noch nicht an das Leben gangen; (wiewohl in weltlichen Rechten die Ehre und Leben in eine Classe wollen gesetzt werden) ein solcher unnützer Psalmist aber will jenem vor das verlohrne Gut gar das Leben nehmen. Ist denn das Auge um Auge / Zahn um Zahn gefordert? Vergeltet nicht Böses mit Bösen, noch Scheltwort mit Scheltworten, sondern Böses mit Guten, ist Christi Wille; Aber hier vergilt man nicht nur Böses mit Bösen, sondern Bösen mit Bösern oder noch Aergern, als Bösen. Ist das denn aber recht? Nein. Drittens ist solch Beten auch nicht rathsam, [449] sondern dem Beter selbst nachtheilig, weil er gar leicht kan selbst in das Grab geleget werden, das er seinen Feind zu erbeten vermeinet. Alsdenn wird seiner mit Worten billich gespottet: Er hat eine Grube gegraben, und ausgeführet, und ist in die Grube gefallen, die er gemacht hat etc. Er wird ohne Zweifel, nebst seinem 109. Psalm auch allemahl das Vater-Unser beten; betet er es, so betet er, so lange er seinen Feind todt zu ten Willens ist, sich den Tod über seinen eigenen Halß. Denn er betet: Vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern; das ist, wie er seinem Beleidiger vergibt, auf solche Art soll ihm GOtt auch verzeihen; nun aber, so er seinen Beleidiger todt haben will, so soll ihn GOtt auch mit dem Tode bestraffen. Aber man bedencke nur, was für ein grausamer Unterschied zwischen GOttes und des Menschen Thun sey? der Mensch kan zwar seinen Nechsten tödten, aber nur mit Beraubung des zeitlichen Lebens, GOtt aber kan mit dem zeitlichen und ewigen Tode straffen. Wenn nun ein solcher rachgieriger Todt-Beter in der fünfften Bitte betet: Miß mir GOtt mit dem Maaß / womit ich meinem Feind messe! Was meynet man wohl, wird GOtt auch gehalten seyn, eben so zu thun, oder ist nicht vielmehr zu besorgen, GOtt werde in dieses Maaß zum zeitlichen Tode auch den ewigen mit beylegen? Kömmt es denn so, wie allerdings zu besorgen, ey wie schrecklich übel hat man sich zu eignem Schaden gerochen? Wer sich nach GOtt-gefälligen Willen an seinem Beleidiger [450] und Feind rächen will, der bitte um des Feindes Wohlfart hertzlich, liebe ihn, thue ihm Gutes, vergebe ihm, und bete um seine Bekehrung; Hiermit thust du ihme, als wie ein Bader einem Badenden in einer Badstube thut, wenn der Bader feurige Kohlen nimmt, über solche Kohlen welche Tücher hält, und dem Bade-Gast den nassen Kopff abtrucknet, und so zu reden feurige Kohlen aufs Haupt sammlet. Sammlest du denn auf solche Weise, und mit solchem intent, als wie ein Bade-Gast, wohlmeynend feurige Kohlen auf deines Feindes Haupt, und dein Feind will dieses dennoch nicht erkennen, so sey versichert, daß GOtt die Kohlen, die du deinem Feind zum Wohlthun gesammlet hast, wird im Zorn anzünden und auf sein Haupt ein solches Feuer machen, daß er nicht wird erleiden können. Drum bedencke es wohl / auf welchem Wege man am sichersten gehet? auf dem ersten ist es gefährlich vor dich, und thust deinem Feind nichts; auf dem andern aber ist es für dich gut, und GOtt über selbst mehr Rache für dich gegen deinem Feind aus, als du verlangest.

Das 100. Capitel
Das 100. Capitel.
Wer in der Christ-Nacht Heu stiehlt / und davon dem Vieh giebt / so gedeyet das Vieh / und so er hernach stiehlt / wird er nicht drüber begriffen.

Das heist als denn ein glücklicher Diebstahl. Ey du schönes Glück, deine Herberge ist [451] neben dem Rade in freyer Lufft unter einem Balcken. Wie solte doch das Vieh von solchem gestohlenen Heu gedeyen? Es ist mit dem Vieh nicht anders, als mit dem Diebe selbst. Denn es heist: Dem Diebe schmeckt zwar das gestohlne Brodt wohl / aber hernach wird ihm der Mund voll Kieselsteine, das ist, es gedeyet ihm nicht. Also kan es wohl seyn, daß dem Vieh das gestohlne Heu zwar wohl schmecket, (vielleicht, weil es vorher wenig bekommen, sondern mit Stroh hat vorlieb nehmen müssen) aber hernach / wenn es das Maul angebracht, und mit solchem guten Fut- nicht continuiret wird, beißt es nicht gern wieder ins geringere an, und verdirbt auch wohl hernach, aus gerechten Verhängniß GOttes. Wenn aber das heissen kan, das Vieh gedeyet davon, so weiß ich nicht, was Gedeyen oder Verderben heist? Die andere Meynung, ob würde hernach ein solcher Heu-Dieb in einem Jahre über keinem andern Diebstahl ergriffen, ist ebenfalls ohne einigen Grund, und weil schon im 66. Capitel von dieser Diebs-Freyheit etwas abgehandelt worden, so will den Leser dorthin gewiesen haben. Übrigens bitte, mit dieser schlechten, iedoch wohlgemeynten Arbeit vorlieb zu nehmen. Und so von dergleichen ein mehrers beliebig seyn solte, so bin ich ferner zu dienen bereit.

Inhalts-Register
[452] Inhalts-Register derer Aberglauben / so in diesem vierdten Hundert widerleget worden.

Das 1. Capitel. Wer den Schlucken hat / der stecke ein bloß Messer in eine Kanne mit Bier, und trincke einen guten Trunck in einem Odem davon pag. 259

Das 2. Capitel. Wenn ein Krancker oder Sterhender Hüner-Tauben- oder andere Vogel-Federn unter sich hat, so kan er nicht sterben 262

Das 3. Capitel. Wenn der Wind wehet, so kan man solchen stillen, wenn man einen Mehl-Sack ausstäubet, und darzu spricht: Siehe da, Wind, koch ein Muß für dein Kind 265

Das 4. Capitel. Wenn man sich gewaschen hat, und trocknet die Hände an das Tisch-Tuch, so bekömmt man Wartzen 266

Das 5. Capit. Wenn die Glocken geläutet werden, und klingen dumpfig / so stirbt gemeiniglich eines darauf 269

Das 6. Capitel. Wenn eine Braut getrauet wird, und regnet unter Wegens, so hat sie gewiß geweinet, scheinet aber die Sonne, so hat sie gelacht 279

Das 7. Capit. Wenn ein Weib Butter rühret, und kömmt jemand ohngefehr darzu, und zehlet die Reiffen am Butter-Faß von unten aufwärts, und nicht wieder von oben hinab, so kan das Weib keine Butter zuwege bringen, sie rühre / so lang sie wolle 272

Das 8. Capit. Es ist nicht gut, wenn man über die Finger oder die innere flache Hand siehet 275

Das 9. Capit. Wenn man einem Wochen-Kinde zu allererst, an statt des Breyes, von einem rothen gebratenen Apffel zu essen giebt, so bekömmt das Kind rothe Backen 276

Das 10. Capitel. Wer einen Enten-Schnabel in seinen Hosen-Saum nähet, dem muß das Frauenzimmer gut seyn 278

Das 11. Capitel. Wenn man ein klein unmündiges Kind ein Würmgen, Jäckel, Ding und bergleichen heist, so beschreyet man es, daß es hinfort nicht gedeyen kan 231

Das 12. Capitel. Wen die Katze zu der Zeit, da sie sich putzet, ansiehet, der wird ausgemacht oder gescholten werden 283

Das 13. Capit. Wenn die Köchin das Essen lässet anbrennen, so ist sie verlobt oder versprochen 235

Das 14. Capit. Welche Jungfer die Katzen lieb hat, die bekömmt einen frommen Mann 288

Das 15. Capitel. Wenn eine schwangere Frau über ein Grab hingehet, so stirbt hernach ihr Kind 290

Das 16. Capitel. Wer Processe führet, und siehet seinen Gegenpart eher, als der Gegner ihn, wenn sie vor Gerichte gehen / der behält Recht 292

Das 17. Capitel. Wer vor Gerichte etwas zu schaffen hat, und hat sein Messer bloß eingesteckt, der behält Recht 294

Das 18. Capit. Wer nicht wohl schlaffen kan / es sey ein Kind oder alt Mensch, dem soll man einen Ruhe-Wisch unter den Kopff oder das Küssen legen 296

Das 19. Capitel. Wenn man ein Vieh, das geschlachtet wird / beklaget, so kan es nicht ersterben 299

Das 20. Capit. Es ist nicht gut, wenn man das Brodt auf den Tisch legt, daß das aufgeschnittene Theil vom Tische schaue 301

Das 21. Capitel. Wer ein Gespenst höret, der soll sich nicht umsehen, sonst wird ihm der Halß umgedrehet 303

Das 22. Capitel. Am Tage Mauritii soll man keinen Weitzen säen, er wird sonst rußig 306

Das 23. Capitel. Es ist nicht gut, wenn man über den Kopff siehet 307

Das 24. Capit. Wenn am Tage Johannis-Enthäuptung in einen Baum gehauen wird, so muß derselbe verdorren 309

Das 25. Capit. Wenn man ein Brodt aufschneidet, muß man mit dem Messer selbiges unten mit drey Creutzen bezeichnen, sonst können die Hexen Theil daran haben 313

Das 26. Capitel. Wenn eine Magd Teig zu Brodte knetet, und greiftt mit denen teigichten Händen einem jungen Purschen ins Gesicht, so bekömmt derselbige nimmermehr keinen Bart 315

Das 27. Capit. Wer zum ersten mahl bey einem Huren-Kinde Gevatter wird, der hat Glück zum Heyrathen 317

Das 28. Capitel. Es ist nicht gut, wenn man es einem andern zutrinckt / und so man getruncken hat / dem andern den Krug oder die Kanne offenstehend giebt 319

Das 29. Capitel. Wer ein verlöscht Licht wieder anblasen kan, daß es brennet, das ist noch eine reine Jungfer oder Junggeselle 320

Das 30. Capitel. Wer ein Rad über den Thorweg macht, der hat Glück in seinem Hause 323

Das 31. Capitel. Wenn eine Sechswöchnerin aus einem Brunnen Wasser holet, so vertrocknet der Brunnen 325

Das 32. Capit. Wenn man einen Teller über den Mahlzeit umwendet, so können die Hexen Theil an derselben haben 327

Das 33. Capit. Eine zur Execution oder Scheiter- Hauffen geführte Hexe soll man nicht auf die blosse Erde lassen 328

Das 34. Capit. Wem Blattern auf der Zunge auffahren der wird sogleich belogen. Derowegen soll er als bald dreymahl ausspeyen / und dem Belüger alles Böse anwünschen 331

Das 35. Capitel. Wenn ein Krancker weinet, und vergiesset Thränen, so stirbt er des Lagers nicht 332

Das 36. Capit. In welchem Hause die Heymen oder Grillen sehr schreyen, da gehet es glücklich zu 334

Das 37. Capitel. Wer lange schläfft, der wird weiß, und ie länger man schläfft / ie weisser wird man 336

Das 38. Capitel. Wenn ein Paar getrauet werden / und hat der Bräutigam oder die Braut einen Schaden an sich, so kan derselbe nimmermehr geheilet werden, sondern müssen ihn mit ins Grab nehmen 338

Das 39. Capitel. Wenn der Mond zum Fenster hinein in die Kammer scheinet, so zerbricht die Magd viel Töpffe 339

Das 40. Capitel. Wem etwas ins Auge fället / der speye dreymahl über den lincken Arm, so kömmt es heraus 341

Das 41. Capitel. Wenn im Mertzen Nebel fallen / so kömmt den hunderten Tag hernach eine grosse Wasserfluth 342

Das 42. Cap. Es ist nicht gut, wenn man über die Nägel gehet 344

Das 43. Capit. Wenn ein Kinder-stillend Weib ein Knäblein stillet, und legt einer andern ihr Kind, das ein Mägdlein ist, an ihre Brust, so krichen hernach diese zwey Kinder / wenn sie groß werden, in Unehren zusammen 346

Das 44. Capittel. Wer nur in einem Schuh oder Strumpffe gehet, der bekömmt den Schnupffen 348

Das 45. Capitel. Wenn das Feuer im Ofen platzet / so entstehet ein Zanck im Hause 350

Das 46. Capitel. So lange das Essen noch auf dem Tische prötzelt oder kochet, so lange wird die Köchin von ihrem Manne geschlagen 353

Das 47. Capitel. Wem die Weiber wohl abgehen / und die Pferde wohl stehen, der wird reich 354

Das 48. Capitel. Wenn ein Licht von sich selbst verlöschet oder ausgehet, so stirbt gemeiniglich eins im Hause 357

Das 49. Capitel. Wenn man an Blumen oder Kräntze riecht, die zu einem Begräbniß gehören, so verlieret man den Geruch 359

Das 50. Capitel. Wenn man von einem Roßmarin- Stocke etwas grüne Roßmarin einem Verstorbenen mit ins Grab giebt, so verdirbt der Stock, so bald die Roßmarin im Grabe faulet 361

Das 51. Capit. Wenn man Eyer isset, soll man die Schaalen nicht gantz lassen, sondern zerdrucken, sonst kan einer das Fieber bekommen 364

Das 52. Capitel. Einen Beutel von Maul-wurffs-Fell, darein ein Wiedehopffs-Kopff samt einem Pfennig gesteckt, bey sich getragen, lässet keinen ohne Geld seyn 366

Das 53. Capitel. Wenn in der Neu-Jahrs-Nacht der Wind wehet, bedeutet es Pest 368

Das 54. Capitel. Wenn man Suppe gegessen hat, und legt den Löffel auf den Tisch / so er mit dem innern Theile oben fället, so hat man noch nicht satt; dahero soll man noch mehr essen, biß der Löffel mit dem äussern Theile sich aufwärts kehret 370

Das 55. Capitel. Wenn man Brot zu Tische schneidet, und schneidet ohngefehr ein Stücke mehr, als Personen sind, so ist ein hungriger Gast unter Wegens 371

Das 56. Capitel. Wenn einen sehr durstet, daß man offt muß trincken, so hat man einen Pfaffen gesäuget 374

Das 57. Capitel. Wer etwas an sich trägt, das mit Zwirne genähet ist, welcher in der Christ-Nacht gesponnen worden, an dem hafftet keine Lauß, und bleibet auch keine bey ihm, so er welche hat 374

Das 58. Capit. Es ist nicht gut, wenn man mit dem Finger nach dem Mond oder Sternen am Himmel weiset 377

Das 59. Capitel. Die ersten Baum-Früchte müssen von Knaben, und nicht von Mägdlein, abgebrochen werden, weil sie sonst Ritzen kriegen 378

Das 60. Capitel. Wenn bey einem Begräbniß die Glocken helle klingen, so ists ein Zeichen, daß der Verstorbene gern ist in die Kirche gangen 380

Das 61. Capitel. Wen die Nase jucket, der wird in eine Pfitze fallen, oder einen Rausch trincken 382

Das 62. Capitel. Wer einen Creutz-Vogel oder Grünitz im Hause hat, da schlägt das Wetter nicht hinein 383

Das 63. Capitel. Wenn man Bier brauet, soll man einen guten Strauß grosser Brennesseln auf den Rand des Bottigs legen, so schadet der Donner dem Biere nicht 386

Das 64. Capit. Wenn ein schwanger Weib besorget, sie gienge über die Zeit schwanger / soll sie lassen ein Pferd aus ihrer Schürtze fressen, so wird sie gebähren 388

Das 65. Capit. Wenn ein Paar vor dem Altar getrauet werden / und einander die Hände geben, welches Hand am kältesten, das stirbt am ersten 389

Das 66. Capitel. Wer am Weyhnacht-Heilig-Abend / am Neu-Jahrs-Heilig Abend, und am H. Drey- König-Heilig-Abend etwas stiehlt, und wird kein mahl darüber ertappet, der kan das gantze Jahr sicher stehlen 391

Das 67. Capitel. Am Freytage die Nägel von Händen und Füssen abgeschnitten hilfft wider das Zahnweh 394

Das 68. Cap. Am Martins-Tag kan man an dem Brust-Beine der Gans sehen, ob es ein kalter Winter werde oder nicht 395

Das 69. Cap. Vor den tollen Hundes-Biß soll man ein Zettelgen aufbinden, worauf die Worte geschrieben sind: Hax, Pax, Max, Deus Adimax 396

Das 70. Cap. Wer einen Kamm kaufft, und lässet solchen in währenden Kauffen fallen, der muß, so offt er sich mit diesem Kamme kämmet, allezeit den Wind hinten aus lassen 399

Das 71. Cap. Die Bauern sollen ihre Mägde, wenn sie das erste Graß im Jahre bringen, tauffen oder mit Wasser begiessen, so schlaffen sie hernach das Jahr nicht beym Grasen 399

Das 72. Cap. Wenn sich ein starcker Sturm-Wind erhebet, so hat sich gemeiniglich iemand gehenckt. 401

Das 73. Cap. Hüner, die aus Eyern ausgebrütet, welche am Grünen-Donnerstage geleget worden sind, ändern alle Jahr ihre Farben 404

Das 74. Cap. Wenn Eheleute einander ehlich beywohnen, und es regnet / so zeugen sie ein Mägdlein / ists aber trocken Wetter, so wirds ein Söhnlein 405

Das 75. Cap. Wenn ein Kind aus einem Hause getragen wird, darff das obere Theil der Hauß-Thüre nicht zu seyn, es wächst sonst das Kind, so es dar unter weggetragen wird, nicht grösser 406

Das 76. Cap. Die auf einen Anger aufgelesene Federn soll man in kein Bette thun, es kan kein Kind drauf ruhen, und so es ein Ehe-Bette ist, so entlauffen die Ehegatten von einander 408

Das 77. Cap. Wenn bey dem Bier brauen gesungen wird, so geräth das Bier wohl 410

Das 78. Cap. Wenn eines kranck ist, und lässet sich das heilige Abendmahl reichen, so muß es sterben. 411

Das 79. Cap. Einen Mannsfeldischen Thaler mit dem Ritter St. Georgen und der Uberschrifft: Bey GOtt ist Rath und That; bey sich getragen, bewahret im Kriege und sonst für feindlichem Geschuß. 413

Das 80. Cap. Wenn man den Storch siehet kommen, und bewillkommet ihn, so thut einem kein Zahn wehe 415

Das 81. Cap. Wenn man früh morgens ausgehet, und betritt mit dem rechten Fuß die Thürschwelle, so hat man des Tages Glück 419

Das 82. Cap. Ein gebraucht Fuß- oder ander Bad soll man nicht ehe, als den andern Tag ausgiessen, man giesset sonst das Glück mit hinweg. 420

Das 83. Cap. Wenn man eine unversehens gefundene Felge von einem alten Rade im Nahmen der H. Dreyfaltigkeit in eine Scheune wirfft, so thun die Mäuse dem Getreyde keinen Schaden. 421

Das 84. Cap. Ein von zusammen gebettelten Pfennigen gemachter silberner Ring am Finger getragen, hilfft wider allerhand Kranckheiten 423

Das 85. Cap. Einem Kinde soll man seinen Badewisch nicht offt fortlegen, es hat sonst im Alter nirgend eine bleibende Stelle 424

Das 86. Cap. Wenn ein Paar sollen getrauet werden, soll der Bräutigam vorher, ehe sie in die Kirche gehen, das Bier-Faß anzapffen, und den Zapffen zu sich stecken, sonst können ihm lose Leute einen Possen thun, daß er der Braut die eheliche Pflicht nicht leisten kan 426

Das 87. Cap. Am Char-Freytage die Kleider an die Sonne gehenckt, kommen weder Motten noch Schaben drein 427

Das 88. Capitel. Am Char-Freytage Durst gelitten hilfft, daß einem das gantze Jahr kein Trunck schaden kan 429

Das 89. Capitel. Wenn ein paar Leute zur Copulation geführet werden, soll sich auf dem Kirch-Wege der Bräutigam oder die Braut nicht umsehen, es ist nicht gut 430

Das 90. Capitel. Ein paar neue Ehe-Leute, wenn sie von der Trauung heimgehen, sollen eine schwartze Henne voran zu der Häuß-Thür ins Hauß einlauffen lassen, so wird alles besorgliche Unglück auf die Henne fallen 432

Das 91. Capitel. Wenn man von einer Stadt oder Wohnung zu der andern ziehet, und verlieret unter Wegens Brodt, so wird man hinfort alle Nahrung verlieren 434

Das 92. Capitel. Wenn man in eine Stube gehen will, soll man in der Thüre nicht umkehren, denn es ist nicht gut 436

Das 93. Capitel. Wenn ein Weib den Schnupffen hat, soll sie in des Mannes Schuh riechen 437

Das 94. Capitel. Einen eingestochenen Splitter soll man zerkauen, sonst kan er noch mehr schaden 433

Das 95. Capitel. Wer an einem Freytage eine Lauß todt schlaget, der bekömmt hingegen nenne davor wieder 440

Das 96. Capitel. Wer die drey Heilig-Abende, als Weyhnacht-Neu-Jahr- und Heil. Drey-König- Abend / Geld zehlet, dem wird es das gantze Jahr an Gelde nicht mangeln 442

Das 97. Capitel. Wenn iemand Feuer anschläget, und es siehet ein anders zu, so fängt der Zunder nicht 444

Das 98. Capitel. Wenn ein schwanger Weib über eine Rinne / dadurch eine Glocke gegossen wird, springet / so befördert es ihre Geburt 445

Das 99. Capitel. Wer einen Feind hat, der kan solchen todt beten / wenn er ein gantz Jahr alle Morgen den 109. Psalm betet; hält er aber einen Tag innen, so muß der sterben, der da betet 447

Das 100. Capitel. Wer in der Christ-Nacht Heu stiehlt, und davon dem Vieh giebt, so gedeyet das Vieh, und so er hernach stiehlt, wird er nicht drüber ertappet 451

Band 2

Ad Lectorem
Ad Lectorem.

Einer soll dem andern dienen. Das ist eine allgemeine Pflicht, der sich kein Mensch, geschweige ein Christ zu entziehen hat. Niemand soll meynen, er sey sibi soli natus, bloß und allein um sein selbst willen auf diese Welt kommen, sondern daß er auch andern zu Dienst und Liebe lebe. Hebet gleich die Liebe von sich selbst an, so höret sie doch nicht bey ihr selbst auf, und suchet nicht allein das ihrige, sondern hilfft auch dem Nächsten allenthalben mit Rath und That: je edler auch das Gemüth an einem Menschen, desto williger läßt er sich finden, des andern Bestes zu befördern; er hält mit jenem löbl. Käyser den Tag vor verlohren, an welchem er niemand einigen Dienst und geneigten Willen erwiesen hat; gleich der Sonnen, dem edlen Geschöpffe GOttes, die ihr Licht und Wärme nicht vor sich behält, sondern der Unterwelt mittheilet, und also derselben Dienerin ist: Wie es hingegen ein Zeichen eines unedlen Gemüthes ist an einem Menschen, wenn er sichs verdriessen läßt dem Nächsten zu Gefalle über die Stube zu gehen, das Maul aufzuthun oder eine Feder anzusetzen, und dem alles, was er in eines andern Sachen thut, aufs theuerste muß abgekaufft und bezahlt werden. Wenn wir unsern eigenen Leib ansehen, so werden wir gewahr, wie an demselben ein Glied dem andern dient, nicht nur die geringer zu seyn scheinen denen, die vor ehrlicher gehalten werden, sondern auch diese jenen, uns zur heiml. Erinnerung, daß wir einander nutze seyn sollen, indem wir unter einander Glieder sind; Glieder, was so wohl das politische gemeine Wesen, als auch was die Christl. Republique anbetrifft, und also in einer solchen Verbindung stehen, daß einer dem andern zu dienen gehalten, indem der Niedrige des Hohen bedarff, und der Hohe des Niedrigen nicht wohl entbehren kan. Der gelehrte Mann und Bibliothecarius zu Heydelberg, Janus Gruterus, soll überaus dienstwillig gewesen seyn, und einem iedweden, der ihn angesprochen, gern gewillfahret haben, ungeachtet er nachgehends vielmahl erfahren müssen, daß seine Wohlthaten nicht allezeit zum besten sind angelegt worden. 1 Der Heydnische Poet Menander hat nicht unrecht geschrieben: χρηςὸς ἀνὴρ κοινὸν ἀγαθὸν ein rechtschaffener Mann sey ein gemein Gut. Er dient dem gemeinen Besten mit der Gabe, die er empfangen hat, und schafft Nutzen, so gut er kan u. weiß.

Der werthe Mann, der diese Aberglauben zusammen getragen und durch den Druck gemein gemacht hat, hat dabey wohl keine andere Intention gehabt, als daß er seinem Nächsten damit dienen wollen. Er hat wahrgenommen, wie in dem gemeinen Leben alles mit Aberglauben angefüllet, und der Welt ihr so ergeben sey, ungeachtet er, wie ihn eine gelehrte Feder beschreibet, 2 nichts anders ist als eine vergebliche Hochachtung eines Dinges, welches weder von GOtt geboten noch natürliche Ursachen hat, und doch aus demselben entweder böses oder gutes ominiret wird. So meynte er denn, einen guten Dienst gethan zu haben, wenn er solcher Aberglauben natürl. Gestalt aufdeckte, und denen, die solche nicht gnug einsähen, die absurditäten davon vor Augen legte, ob die in diesen Dingen so albere Welt einmahl wolte anfangen klüger zu werden, und die abgeschmackte Possen zu erkennen; fast wie auch in der gelehrten Welt viel pedantereyen in bißherigen Zeiten sind aufgedecket worden, und man nunmehro Mittel gefunden hat, gesünder zu philosophiren. Es hat ein gewisser Prediger um hiesige Gegend sich diese Aberglauben zur Gelegenheit dienen lassen, in einem Jahrgange seiner Gemeinde, in welcher auch viel abergläubisches Wesenpassiret, in iedem Exordio einen Aberglauben vorzuhalten, und drauf aus dem Evangelio eine wahre Glaubens-Lehre vorzutragen, welches denn mit sonderbarer Erbauung ist gethan gewesen. Und so ist kein Zweiffel, es werde der Nutz von dieser Vorstellung sich noch bey andern Gelegenheiten vielfältig zeigen. Nachdem nun von solchen Aberglauben zuvor Vier-Hundert sind ediret gewesen, so kömmt nunmehro zu solchen hiermit auch das fünffte und sechste Hundert, wobey es auch sein Bewenden haben wird. Denn indem ich dieses schreibe, so erfahre ich, daß der Hr.Autor ausgedient, und vor einigen Tagen zu GOtt, dem er gedient, in Friede aufgenommen worden. Der geneigte Leser wird sich solcher Arbeit zu seinen Gefallen bedienen, zu dessen Diensten man noch fernerweit sich wird bereit finden lassen. Geschrieben zu Chemnitz d. 22. April. 1722.

Fußnoten

1 vid. Witten. Mem. Philos. Dec. II. p. 254.

2 Geier. Diss. de Superstit. c. 1. §. 4. sq.

Das fünffte Hundert
Das 1. Capitel
[3] Das 1. Capitel.
Wem von Eyern träumet, der kommt in ein Gewäsch.

Träume auslegen gehöret zwar nach der H. Schrifft GOtt alleine zu / aber hier sehen wir / daß es auch manch altes Weib will können. Denn wem von Eyern träumet / sagen sie / der kömmt in ein Gewäsch. Man pflegt zu sagen: Nichts geschicht ohne Ursache! also hat Fr. Traum-Maria ihre rationes, warum sie diesen Traum also auslegt. So ich aber / geneigter Leser /diese rationes mit meiner Striegel recht ausputzen soll / auf daß sie recht wohl zu erkennen seyn mögen /so kan es nicht wohl anders geschehen / als daß ich eine kothige Striegel zu dieser Arbeit werde gebrauchen müssen / weil von Kackerey / oder teutsch zu reden / Scheisserey s.v. gehandelt wird. Es verhält sich aber die Sache folgender gestalt: Frau Traum-Maria weiß / daß wenn sich die Weiber zancken / so[3] heißt es ein Gewäsch oder Geklätzsch / und dieses Weiber-Gewäsch hat mehrmahls wenig oder gar nichts zu bedeuten; dannenhero auch insgemein gesagt wird: Sie zancken sich um einen Qvarck / und hätte ihn doch wohl eine alleine gefressen. In diesem Sprüchwort wird aber nicht gedeutet auf einen solchen der von einem Hunde / einer Katzen oder andern Thiere irgend auf den Kehrig-Hauffen gelegt worden; vielweniger von Menschen Koth / sondern es muß ohne allen Zweifel eine essende Ware seyn oder bedeuten / die zugleich auch kan Dreck genennet werden. Was das aber nun vor welcher seyn muß / erfindet Frau Traum-Maria mit ihren Consorten durch sonderbare Weißheit aus denen Träumen und derselben Deutung. Sie bedencken gar mit grosser Klugheit / was eigentlich ein Ey sey / nehmlich ein Ding / das zwar von einer Henne gekacket worden / aber doch zum essen dienet. Sie wissen / nach ihrer Weißheit /was eine Henne denckt / wenn sie ins Nest siehet / ein Ey dahinein zulegen / nehmlich / die Henne denckt: schißder drein / sie essens wohl. Wie denn auch offtmahls die Eyer beschissen genug aus dem Neste kommen / und doch gegessen werden. Die Traumdeuterinnen wissen und bedencken ferner / was die Hüner vor ein Geschrey und [4] Geklätsch anheben / wenn sie mit Kackung der Eyer geschäfftig sind / kan derowegen kein anderer Schluß folgen / als dieser: wem von Eyern träumet / der kömmt in ein Geklätzsch oder Gewäsch; sind es nun faule Eyer / davon einem träumet /so wird das erfolgende Geklätzsch auch nichts anders / als ein faules Geschwätz seyn; sind der Eyer viel / so wird auch ein groß Gewäsch werden / u.s.f. scheinet demnach diese gewöhnliche Traumdeutung ihre gute Richtigkeit zu haben. Gleichwohl aber weiß ich nicht, warum dieser Traum nicht vielmehr etwas anders bedeuten könne / denn die Eyer haben ja gar vielerley Eigenschafft; iedoch will ich der Weiber ihre Auslegung ietzt nicht weiter anfechten / weil ich sonst besorgen muß / daß sie mir die Wahrheit mit gar zu viel Exempeln erweisen möchten; denn die Weiber wissen / daß unter ihnen das klatschen und waschen gar gemein ist / und entstehet unter ihnen fast alle Augenblick ein neu Gewäsch / drum es nicht fehlen kan /wenn ihnen von Eyern träumet / muß es ein Gewäsch bedeuten / und sonst nichts bessers / weil von solchen Stadt-Klatschen sonst nichts bessers zu vermuthen ist.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Wem von Läusen träumet, der bekömmt Geld / weil die Läuse Geld bedeuten.

[5] Es scheinet diese Deutung zwar gar weit her geholet zu seyn / der geneigte Leser aber soll wissen / daß die Traumdeuter dieses eben so weit herholen dürffen /denn wenn ich erwege / daß insgemein von einen reichen Geitzhalse gesagt wird: er wär ein reicher Knicker / ein Läuser der nicht gern etwas von seinem Uberfluß oder Reichthum ausgebe / ein karger knickiger Filtz / Syr. 4. v. 1. wie denn der Nahme Knicker /ohne Zweifel vom Lauseknicken herkommen wird; Auch ist bekannt / wenn die Kartenspieler einander das Geld abgewinnen / so sagen sie: ich habe den und den so viel abgelauset. Also kan man bald mercken /wie der Traum von Läusen / von der Traum-Maria aufs Geld appliciret wird. Hierbey aber ist billig noch eine heimliche Weißheit derer Traumdeuterinn zu beobachten / nehmlich / daß nur grosse Läuse Geld bedeuten / kleine Läuse aber bedeuten Schaden. Wie aber so? Resp. grosse Läuse bedeuten groß oder gut und gantz Geld / die kleinen Läuse aber nur Heller oder Bettel-Müntze / die sich einer nicht zu freuen hat / und solchergestalt kan es nicht fehlen / daß wem von kleinen Läusen träumet / dem bedeutets Schaden / daß er sich mit Bettel Müntze schleppen muß. Nun will ich zwar ietzt die Ursach nicht so genau ausforschen /warum ein reicher Geitzhalß / [6] ein lausigter Knicker /oder knickigter Lauser / genennet wird / und stelle es dahin / ob es vom Geld aufzehlen herkomme / welches mit dem Daumen aufs Zehlbret oder den Tisch geschnappt wird / in der Figur / als wie man eine Lauß zu knitzen pfleget. Gnug / daß wir hören / daß die tieff-erläuchterten Traumdeuter die Träume also auslegen / daß Läuse Geld bedeuten / lasse mich aber übrigens unbekümmert / aus was für einen Grunde sie es thun. Ich vergnüge mich aber damit / daß die H. Schrifft mich lehret: daß nicht alten Weibern / sondern GOtt allein die Auslegung der Träume zukomme / dahero bau ich auf Traum-Marien ihr fundament nichts / und kan dahero bey ihren thörichten Nachfolgern nicht unerinnert lassen / was massen nach der gesunden Vernunfft und vielen Erfahrung / ich ihnen durchaus nicht einräumen kan / daß ihre Traumdeutung richtig sey / denn wenn sie die Auslegung des Traums von grossen Läusen allezeit universaliter auf Geld-Einnahme machen / so machen sie keinen Unterscheid unter denen Personen die den Traum haben /noch unter der Zeit und Begebenheit; und dieses gehet durchaus nicht an / sonst würde allezeit folget müssen / daß einerley Traum auch einerley Bedeutung haben müste. Daß aber dieses nicht sey / erweise [7] ich daher: Dem Könige in Egypten traumete von sieben fetten-und sieben dürren Kühen / diese Kühe wurden von dem Joseph auf Jahre gedeutet / und waren die 14. Küh 14. Jahre. Daferne man nun / nach Art unserer ietzigen Traumdeuter / so universal-Auslegungen über die Träume machen konte / so müste folgen / daß auch allezeit / wenn iemanden von Kühen träumte /solche Kühe müsten Jahre bedeuten. item des Königes Mundschencken und obersten Becker / träumete auch / diesen von 3. weissen Körben / und jenen von einen Weinstock mit 3. Reben. Joseph deutete die 3. Reben und die 3. Körbe / auf drey Tage / und traff alles richtig ein. Wer ist aber wohl ietzt in der Welt /der mit Bestande der Wahrheit sagen kan / es hätte seit derselbigen Zeit von etliche 1000. Jahren / noch mehr Menschen von Kühen / weissen Körben und Weinreben getraumet / da die Kühe Jahre / die weissen Körbe aber samt denen Weinreben / Tage bedeutet hätten? Ich will den loben / der mirs beweisen wird. Ist demnach gar ein ungegründeter Beweiß /wenn irgend einen von grossen Läusen geträumet hat /und hat des Tages drauf Geld bekommen / daß eben der Traum müsse die Geld-Einnahme bedeutet haben. Denn es kan einer ja wohl das Geld ohne vorher gehabten [8] Traum / einnehmen / und auch wohl einen lausichten Traum haben / ohne nachfolgende Geld-Ein nahme. Und also überlege ein redlicher Christ nur /ob ein Mensch natürlicher Weise für sich selbst so geschickt sey / Träume auszulegen? ich halte es nicht dafür. Darum ihr alten Traum-Vetteln! lasset euch mit der Traumdeutung unverworren / oder ihr werdet zuletzt einen Lohn davon tragen / daß ihr dann sagen werdet: das hätten wir uns nimmermehr traumen lassen.

Das 3. Capitel
Das 3. Capitel.
In manchen Hauß oder Stall leidets kein weiß Vieh /sondern stirbt oder wird erdruckt.

Man möchte wohl gedencken / wie doch dieses zugehen möge / oder was dessen Ursach sey? Allein man höret von aberglaubischen Affen gar bald die Antwort: Es hielte sich ein gewisser Geist in solchen Wohnungen auf / der keine weisse Farbe leiden könne. Manche Leute haben ihre Beliebung an weissen Vieh / aber es nimmt mehrmahls Schaden / oder stirbt gar / ehe man sichs versiehet / da muß alsdenn das Hauß oder der Stall Ursach daran seyn? aber / wer nur gesund und vernünfftig Menschen / und nicht Ochsen-Gehirn im [9] Kopff hat / der wird leicht begreiffen können / warum das weisse Vieh nicht allezeit lange daure. Ich sage / nicht allezeit / denn es dauret gleichwohl zu weilen so lange als ein anders. Man hat aber aus der vielen Erfahrung / daß insgemein das weißhärige Vieh nicht so dauerhafft ist / als wie das rothe und schwartze / wie man denn auch an denen Menschen selbst wahr nimmt / daß die weißhärigen Leute nicht so gesunder und harter Natur zu seyn pflegen / als wie die roth-braun- oder schwartz-Köpfigen / und dieses steckt in der Natur / davon ich aber hier wegen beliebter Kürtze weiter nichts melden will. Daß aber in manchem logiament das weisse Vieh mehr und eher stirbt und Schaden leidet / als das rothe und schwartze / kan gar wohl seyn / zumahl wo des weissen Viehes mehr vorhanden ist / als anderfärbiges / also kan freylich vom wenigsten Theil nicht so viel zu Grunde gehen / als wovon am meisten da ist. Wer aber unter viel andern Vieh / nur ein einiges Stück weisses hätte / welches alleine Schaden nehme oder gar stürbe / so darff man doch nicht eben so einfältig glauben / als ob ein gewisser Geist diese Farbe nicht litte / weil ja leicht geschehen kan / daß ein Vieh stirbt oder Schaden leidet / da gemeiniglich der Schaden über das liebste zu kommen pfleget. Ja [10] sagen die leichtgläubigen Affen / es leidet in den und den Orte kein weiß Vieh / es druckt es stracks todt / daß es morgens früh gantz breit gedruckt dort liegt. Aber / ô sancta simplicitas! wenn manchem sein Gesinde solte auf ihr gut Gewissen aussagen wollen / ob es nicht von dem Tode des breit gedruckten Viehes Wissenschafft hätte / so würde es gantz anders heraus kommen / als man sich aus Einfalt eingebildet gehabt. Ich habe diese Thorheit aus eigener Erfahrung observiret / dannenhero ich nichts davon glauben kan. Ich bitte dahero alle / die von gesunden judicio sind / zu erwegen was ein Geist sey! und frage sie / ob sie alles mit ihrer Vernunfft begreiffen können / das einem Geiste etwas könne an der Farbe eines Thieres oder andern Dinges gelegen seyn. Wenn ich physice alle Farben betrachte / so kan keine unter allen einem Geiste natürlicher weise / weder gefällig noch zuwider seyn. Drum / mein aberglaubischer Narr / sage mir doch /wenn ein Geist die weisse Farbe nicht leiden kan /und dannenhero an manchen Orte das weisse Vieh umbringet oder todt druckt / warum zerbricht und zerdrückt denn dieser Geist nicht auch an solchen Oertern die weissen Eyer / oder wirfft und zerstößt nicht auch die in Töpffen stehende weisse Milch? antworte mir hierauf / [11] so will ich alsdenn meine Meynung dir ferner eröffnen. Weil ich aber von dieser Materia in einen andern Werckgen weitläufftig gehandelt habe /so schliesse ich zu diesem mahle / und weise den geneigten Leser in meine curiösen Speculationes Schlaff-losen Nächten / ins zwölffte Gespräch des vierdten Dutzents / daselbst wird er meine hiērüber habende Meynung weitläufftiger erkläret finden / und befinden / daß dieses Spargement ein alberer Aberglaube sey.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Wenn eine Leiche im Gesichte roth siehet / so stirbt bald noch iemand aus selbiger Freundschafft.

Dieses ist eben eine Redens-Art / als wenn man spricht: wenn die Raben weiß werden / so wird ein kalter Winter. Wenn werden aber die Raben weiß? antwort: nimmermehr; Also ist dieses mit der im Gesichte rothsehenden Leiche nicht viel anders / denn natürlicher weise siehet keine Leiche im Gesichte roth / solte aber ja eine Leiche roth sehen / so hielt ich wohl selbst davor / daß es nicht ohne Bedeutung seyn würde / denn die raren Begebenheiten haben gemeiniglich eine Bedeutung / ob man aber das rechte Pflöckgen getroffen habe / [12] wenn man vorgiebt / so eine Leiche roth sehe / so stürbe bald noch iemand aus der verstorbenen Freundschafft / das will ich eben noch nicht bejahen / weil ichs aus eigner gemachterobservanz noch nicht erweisen kan. Jedoch weil ich nicht weiß / wie weit sich manchmahl des Verstorbenen seine Freundschafft erstreckt / so will ich mich eben so gar hartnäckig nicht widersetzen / gleichwohl kan ich auch nicht über mein Hertz bringen / gäntzlich zu verschweigen / was ich in diesem Punct observiret habe? nehmlich / es ist nur wenig Jahre verflossen / als ein feiner ansehnlicher und beliebter Mann starb / welcher als er begraben wurde / wider aller Leichen Gewohnheit / gantz lebhafft und roth sahe / auch nach vieler Leute Aussage / im Sarge schwitzte / als ob er schlaffend im Sarge läge / weßhalben die allgemeine Rede entstund / als ob er nicht recht todt gewesen wär. Genug aber / daß er demnach begraben worden ist / und meil er nun schon längst verweset seyn wird / so ist er allerdinges todt. Auf dessen Freundschafft habe ich genau achtung gehabt /ob iemand in selbigen Jahre daraus sterben werde /welches aber nicht erfolget ist / derowegen dieser Glaubens-Punct in seiner Unrichtigkeit stehet. Weil ich aber / wie ich schon erwehnet / nicht recht weiß /wie weit die Weiber eine Freundschafft [13] auszubreiten pflegen / so will ich einen ieden seine Meynung frey lassen. Jedoch wird mir das sehr verliebte Weibs-Volck zu gute halten (mit denen unverliebten habe ich in diesem Punct nichts zu thun /) wenn ich eine curiöse Frage an sie ergehen lasse / welche hierinne bestehet: wenn eine nach vielerley Fleisch gelüsterende Frau / sich an ihren ordentlichen Ehemann nicht vergnügen ließ / sondern ließ sich das weiche Maul eines andern Ehemanns darneben besser gefallen / und es trüg sich zu / daß des nach andern Männern schielendes Weibes ihr Ehemann stürbe / und biß ins Grab roth im Gesichte blieb / und des andern weichmäuligen Mannes seine Ehe-Frau stürbe auch bald drauf /daß die so lange in einander verliebt gewesene Leute alsdenn einander eheligen könten / so bitte ich mich zu berichten / ob des weichmäuligen Mannes seine ordentliche Ehefrau / in des verstorbenen Mannes seine Freundschafft gehöre oder nicht? gebt ihr mir nun zur Antwort ja / sie gehöre allerdinges in des verstorbenen Mannes Freundschafft / weil ihr Mann mit des Verstorbenen seiner Frauen / noch bey Lebzeit / in einer sehr genauen Liebes-Allianz verbunden gewesen wäre / so mag dieser Punct seine Richtigkeit haben /und stecke ich meine Striegel unter die Banck. Antwortet [14] ihr mir aber mit nein / solche verbotne Liebes-Allianz gehöre nicht in die wahre und rechte Freundschafft; so werdet ihr mir erlauben / daß ich dieses Pünctlein mit unter die Zahl der Aberglauben bringe.

Das 5. Capitel
Das 5. Capitel.
Wen man flucht, so gehts gut.

Das ist s.v. erstuncken und erlogen; abergläubischer Narr / wenn es so gut ginge / warum fluchest du denn? zwar / kein fluchen schadet nicht / und kein beten hülfft nicht / pfleget man zu sagen / und das will ich auch wohl glauben / denn wer nicht flucht /den wird auch der Fluch nicht schaden oder treffen. Wer den Stein in die Höhe wirfft / den fällt er auf den Kopff / und wo der Fluch ausgehet / da gehet er auch wieder ein. Die Fuhrleute sagen: wer schmieret / der fährt / ingleichen / wenn in einen Loche behalten bleiben / so glauben sie / wenn sie nur wacker fluchen /so gienge es / und ist doch alles beydes nicht wahr. Denn wer schmiert / der fährt nicht / sondern hält stille so lange er schmieret / wenn er aber fähret / so kan er nicht schmieren / sondern es muß schon geschmiert seyn / wornach er aber manchmahl so hastig zufähret /daß wohl alles in Drümmern gehet. Also gehts mit manchen Flucher auch / [15] er fluchet / daß es gehen soll /und gleichwohl gehets so lange er fluchet nicht / denn er fluchet eben darum / weil es nicht gehen will /wenn es aber nach vielen erschrecklichen fluchen endlich anhebt zu gehen / so gehts dann offt / daß es besser tügt / nehmlich / über Stock und Stein / daß alles zu Boden gehet.

Als ich einsmahls auf einer Reise begriffen war /und auf einer Landkutzsche saß / fuhr der Kutzscher unversthens in ein Loch / woraus er lange nicht kommen konte / da hätte einer das erschreckliche donnern und fluchen hören / welches aber alles vergebens war. Wir alle die auf den Wagen sassen / stiegen ab / und hulffen schieben und heben / es wolte aber nichts helffen / wie aber der Fuhrmann nach dem nechsten Dorff lauffen und Vorspanne holen wolte / kam in dem ein Studiosus, welcher auch mit auf dem Wagen gesessen / aus dem Busch / wohin er ein wenig aus naturlichen Trieb gegangen war / und fragte den Fuhrman: ob es noch nicht gehen wolte / der Fuhrmann konte ihn aber vor Fluchen und Zorn nicht ein Wort antworten. Hierauf sagte der Studiosus gantz ernsthafftig sehend: die Pferde können das schelten und fluchen nicht leiden / und werden euch so nicht von der Stelle gehen; ihr wisset eurer Pferde Weise selbst noch nicht [16] recht / was gilts / ich will sie bald springend machen; stieg alsobald auf den Wagen / nahm seine in einem Futral steckende Geige hervor / und sagte zum Fuhrmann: Nun treibt an / ich will geigen. Hiermit fing er an zu geigen / und wir alle schoben lustig drauf loß / und die Pferde zogen auch zugleich frisch an / damit gieng der Wagen aus dem Loche her aus / und wir fuhren in GOttes Nahmen gantz frölich unsere Strasse / und musten hertzlich über die kurtzweilige Begebenheit lachen / absonderlich / weil derStudiosus vorhero aufn Wagen so stille gesessen / als ob er nicht dreye zehlen könne / hernach aber ward er desto lustiger / und gab dem Kutscher zu bedencken /ob er denn Lust zum Tantzen oder Springen bekommen würde / wenn einer bey ihm stünde / und mit lauter Donnern und Blitzen in ihn hinein stürmete / und ihn verwünschte / daß er versincken möchte? also wären seine Pferde auch geartet / mit fluchen und donnern würde er sie nicht springend machen. Also sehet ihr / daß das Fluchen nicht hülfft; aber wenn gefiedelt wird / da möchte es noch eher zu Sprunge gehen /probatum est.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Wenn iemand einen bösen Halß hat, [17] so soll ein anderer zu ihm sagen: s.v. schiß dir in Halß / hierauf soll der Patiente ausspeyen; der andere sagt wieder: schiß dir in Halß / und der Patiente speyet aus / und dieses wird also zum drittenmahl wiederholet / so wird der Halß wieder gut.

Das ist ein vortrefflich schön Gurgelwasser / worzu meines Erachtens der Teufel das Recept gegeben haben mag; und weil das Mittel nicht viel kostet, so mögen die dabey bleiben / die so ein gutes Vertrauen darzu haben / ich will ihnen die davon gewärtige Hülffe nicht mißgönnen / sondern habe vielmehr ein Mitleiden mit ihnen / daß sie so betrogene Narren sind. Denn / so man bedenckt / was das vor eine albere Sache ist / da zum Patienten gesagt wird: Schiß dir in Halß; ist eben so viel / als wenn man zu einem Hungerigen spreche: profit die Mahlzeit / und gebe ihnen doch nichts zu essen; würde der auch von solchen sagen satt werden? ich halte es nicht dafür. Ich erfahre es zwar offt / daß Patienten zu mir kommen /und wegen ihrer Leibesbeschwerung um einen Rath fragen / aber sie nehmen keine Artzney / sondern gehen mit dem blossen Rath davon / womit sie sich alleine behelffen. Ich weiß aber nicht / ob das Sprüchwort: in Verbis, Herbis, Lapidus, est magna virtus, dißfalls an ihnen [18] wird Krafft haben / daß der Rath ohne die That helffen wird / sondern ich wolte ihnen lieber Glauben zustellen / wenn dieses böse Halßmittel nicht nur gesagt / sondern auch vollzogen würde /daß es dann hieß: dictum, factum. Dann was speyen die Affen dann aus / da ihnen das gesagte Wort nur in die Ohren / nicht aber in Halß gefallen ist? es sey iedoch wie ihm wolle / sie mögen ihrem närrischen Willen immer folgen / ich werde mich dergleichen Mittel nicht bedienen.

Das 8. Capitel
Das 8. Capitel.
Wenn iemand Blasen auf der Zungen bekömmt / soll er sagen: ich habe Blasen auf der Zungen; ein anderer antwortet: ein Dreck auf die Zunge; und dieses dreymahl wiederholet / so vergehen die Blasen.

Dieses und das vorige schöne remedium darff eben nicht in einer Königlichen oder Fürstl. Hof-Apothecken verfertiget werden / sondern man darff die Patienten nur in des Hn. Paulini Dreck-Apothecke spatziren lassen / da sie nach Wunsch accommodiret sollen werden. Es müssen theils aberglaubische Sauteuffel trefflichen appetit und Beliebung zu dreckigen Mitteln haben / und kommen mir solche Leute [19] nicht anders für / als wie jener Dreckteuffel / ein lüderlicher Soldate / dessen Abendsegen war: Dreck in mich /Dreck aus mich / Dreck unter mich / Dreck über mich / kommt der Teufel / so bescheußt er sich; und also legte sich diese Sau ohne ferneres Gebeth auf die Streu. Geliebter Leser! es scheinet zwar / als ob dieser Punct mehr ein erdichteter grober Schertz / als ein Aberglauben wär; ich kan aber versichern / daß dieses remedium, unter dem gemeinen Volck und dummen Knechten und Mägden / gantz in Ernst üblich ist. Wie denn nur noch vor wenig Tagen ein Adel. Fräulein selbst erzehlet hat / daß als vor kurtzer Zeit ihr einige Blasen auf der Zungen aufgefahren wären / und sie sich drüber beklagt hätte / da hätte ihre Magd von freyen stücken angefangen zu sagen; ein Dreck auf die Zunge; die Fräulein hätte die Magd wegen dieser Grobheit gescholten / das albere Mensch hätte sich aber nicht daran gekehret / sondern gefragt: Gnädige Fräulein / was hat sie auf der Zunge? die Fräulein geantwortet: du grobe Keule / habe ichs nicht schon gesagt / ich habe Blasen auf der Zunge. Worauf die Magd wieder gesagt: ein Dreck auf die Zunge. Die Fräulein hätte sich hierüber erzörnet / und die Magd schlagen wollen / es hätte aber sich die Magd etwasretiriret / und dabey [20] hochbedeuert / daß kein besser Mittel für die Blasen auf der Zunge sey als dieses. Ich halte es aber mit vorigen für gleiches Gelichter /nehmlich / für schändliche und garstige Aberglauben /womit ich meine Striegel nicht weiter besudeln mag.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Wenn man das Miltz von einer Fledermauß in einem Gemach verwahret / so rumoren in solchem Gemach die Gespenster und Polter-Geister.

Was der Teufel nicht thut / wenn seine Großmutter nicht zu Hause ist! Ist das der Magnet / der die bösen Geister an sich ziehet? muß es nicht alberne Teufel in der Welt geben / die sich von dem Miltz einer elenden Fledermauß lassen in ein Gemach oder Zimmer ziehen. Ich hätte mir den Teufel mit seinen Cammraden vor gewaltiger eingebildet / als daß er um eines leblosen stinckenden kleinen Stückgen von einer Fledermauß müsse in ein Gemach ziehen / und daselbst spücken und poltern / wie es mancher Narr verlanget; kan mirs auch nicht einmahl einbilden / dahero will ich / ehe ich mich allzusehr in diese Verwunderung einlasse / erstlich die Sache genauer überlegen / denn es mir nicht anders vorkömmt / als [21] wenn es nicht wahr sey. Wenn ichs nun glaubte / und es wär doch nicht wahr / so würde ich nur ausgelacht werden / als wie diejenigen verdienen / die viel auf Narrenpossen und albere Mährgen halten. Hierzu habe ich nun vonnöthen zu untersuchen die Ursach / die man anzugeben pfleget / warum eine Miltz von einer Fledermauß solche Krafft haben soll. Hr. Aextelmeier schreibet in seinen herausgegebenen Natur-Lichts weit eröffneten Palast / in zweiten Theil pag. 219. hiervon also: "wo das Miltz von der Fledermaus in einem Zimmer ist /da turnieren die Gespenster / wovon die Ursach ist /daß die bösen Geister gern im finstern und unter dem Saturnischen Gestirn / und auch solche Oerter lieben /in welchen Saturnische Sachen verlegt sind / wie das Miltz von einer Fledermauß zum größten Theil Saturnisch / in der That auch von einem Saturnischen Thier ist. Es wird auch die Fledermauß für sich einer gespensterischen Art befunden / unter der Constellation des Saturni und Mercurii." Hierzu gehöret kein wahrer Evangelischer Glaube / sondern nur ein schlechter Köhler Glaube / so ist man das gantze Mährlein beredet / denn es bekräfftigets ein vornehmer Autor, und führet sattsame rationes dabey an. Hr. Aextelmeier hätte [22] auch wohl können das Fischhertz des jungen Tobiä zu mehrern Beweiß mit anführen / so wär man sattsam überwiesen gewesen / daß die bösen Geister durch die Sympathie und Antipathie können auf allerhand weise vexiret werden. Ey / ey ey / werden doch die armen Teufel geschoren / bald her / bald hin / daß sie närrisch werden möchten. Der junge Tobias jagte mit dem Fischhertz den Satan zu seiner Brautkammer hinaus / daß er hätte mögen die Schuh verlieren / ietziger Zeit aber sind einige Narren noch klüger / scilicet, sie jagen den Teufel nicht weg / sondern ihn auf ein Gerichte Miltz von einer Fledermauß ein / welches per Sympathiam die bösen Geister an sich ziehen soll / weil die bösen Geister zugleich mit der Fledermauß und ihres gleichen / unter der Constellation des Saturni sich befänden. Da haben wir das liebe Gut? nun komme einer und sage noch was darwider / daß es nicht wahr sey! Ich will demnach nicht so unhöfflich seyn und sagen / es wär nicht wahr / sondern ich glaube nur / daß es nur eine papistische Lügen sey. Denn wenn es keine Lüge wär / so würden auch die bösen Geister und Gespenster allezeit in denen Gemächern poltern und turnieren / wo Fledermäuse ein- und aus flögen / und noch mehr / wo sie Nester voll Junge hätten / weil [23] ja eine iede Fledermauß ein Miltz hat / und müste meines Erachtens ein noch lebendes Miltz mehr effectuiren / als ein todtes und stinckendes / in welchen wenig Krafft mehr ist. Es ist aber aus der täglichen Erfahrung bekannt / daß um der Fledermäuse ihres aus- und einfliegens halber sich kein Gespenst hören lässet / also wird das gantze abergläubische Pünctgen in grossen Verdacht gezogen / und ich glaube / daß die bösen Geister unter der Constellation der Planeten gar nichts zu thun Macht haben / ausser was ihnen von GOtt aus erheblichen Ursachen erlaubet wird / denn ursprünglich sind sie alle gute Geister geschaffen / den heiligen Engeln gleich / nun aber / da sie sich von dem Dienst GOttes abgewandt haben zu sich selbst / so stehen sie nun und sind unter der Ungnade und Zorne GOttes / und gar nicht unter der Direction des Planeten Saturni, welcher von GOtt / so wohl als alle andere Planeten und Welt-Cörper / gut geschaffen sind / denn ich halte dafür / daß der PlanetSaturnus so wenig aus dem grossen Welt-Gebäude kan entrathen werden / als ein anderer Planet / und so wenig als eine Unruhe an einem Uhrwercke unnütze ist an der Uhr / so wenig der hochstehende Saturnus kan an der grossen Welt-Uhr schädlich seyn.

Das 10. Capitel
[24] Das 10. Capitel.
Wo man an Weyhnacht-Feyertage das Tischtuch nach der Mahlzeit ausschuttet / (verstehe auf blosse Erde /unter freyen Himmel) daselbst wächst Brosam-Kraut.

Es wird der tausende Medicus nicht wissen / was Brosamkraut vor ein Kraut ist / und muß ichs gestehen / daß ohn erachtet ich mich in der Erkäntniß der Kräuter von Jugend auf exerciret habe / ich selbst nicht gewust / was Brosamkraut sey. Man wird auch diesen Nahmen nicht leicht in einem Herbario finden. Weil ich aber mehrmahls vernommen / daß die Weiber grosse Liebe zu diesem Kraut tragen / und sich dessen gern bedienen / so bin desto begieriger gewesen / solches kennen zu lernen / bin aber nun meines Wunsches gewähret / in dem vor wenig Tagen / eine alte erfahrne Dame / mit einem alten geflickten Tragekorbe aufn Rücken / zu mir kam / und mich fragte /ob ich Brosamkraut kauffte? ich anwortet ja. Hierauf schneitzte das liebe Weib ihre trieffende Nase mit der Hand / wischte die Finger an den Ermel / hustete ein baarmahl / und huckete mit grossen krächzen ihren Korb ab / legte ihre darinnen habende Waare nach einander folgender [25] massen aus: Erstlich / ein baar alte Schuh ohne Absätze / mit löcherichten Sohlen. 2.) ein baar alte Strümpffe / woran keine Füsse waren / und übrigens mit allerhand Fleckgen besetzt; unter diesen schönen Strümpfen zog sie 3.) hervor einen grossen Runcken Brod / in welchen ein Loch mit weichen stinckenden Quarge gefüllet war. Hiermit wischte sie noch einmahl die Nase / und brach mit der rotzigen Hand einen Bissen Brod ab / und muffelte an solchen eine gute Weile / denn es mangelten ihr nicht mehr als 29. Zähne / und die übrigen dreye waren auch nur abgebrochene Stiffte; sie griffe mit der einen Hand hinten ihren Kittel an / und juckte sich damit den Steiß mit auf- und niederreiben / alsdann bückte sie sich wieder in ihren Korb / aus welchem sie 4.) ein schönes grobes zerfleischtes Schuhhäderlein langte / worein ein wenig grüne Haußwurtzel gebunden war / sagende: die Haußwurtzel muß ich N.N. bringen / sie wollen sie auf den Saustall pflantzen / sie ist so trefflich gut / daß das Wetter nicht einschlagen kan; und sie haben auch ein Kind / das so sehr mit dem Fräsel beladen ist / so habe ich ihnen gerathen / sie sollen ihme den Safft von der Haußwurtzel ausdrücken / und einen Löffel voll eingeben / es muß sich drauf ändern / entweder zum Leben oder zum Tode / denn ich [26] habs mein lebtage gehöret / es sey besser ein sanffter Tod als ein siech Leben. Mir wurde unterdessen Zeit und Weile lang / ehe das Brosamkraut zum Vorschein kam. Endlich aber langte sie ein zusammen gebundenes Büschelgen Mutterkraut oder Mettern (Matricaria) heraus / legte es auf meinen Tisch / sagte: es wär eben in der Stunde abgeschnitten worden / in welcher sie am Weyhnacht-Feyertagen ihr Tischtuch hingeschüttet hätte. Ich wuste nicht / was diese Rede zu bedeuten hatte / und fragte / wo sie dann das Brosamkraut hatte? sie antwortete: dieses wär Brosamkraut; da ich aber sagte: dieses wär ja Mettern oder Mutterkraut / blieb sie dabey / es sey Brosamkraut / sie kennete das Mutterkraut auch gar wohl. Als ich aber fragte / warum sie es Brosamkraut hieß / antwortete sie: weil es allzeit an dem Orte und sonst nirgend wüchse / als wo an Weyhnachten die Brosen aus dem Tischtuche hingeschüttet würden / und solte ichs nur versuchen / und an Weyhnachten das Tischtuch lassen in einen Garten / oder sonst wohin auf die Erde ausschütteln / so würde ich sehen / daß den kommenden Sommer dieses Kraut auf solcher Stelle wachsen würde. Und also erfuhr ichs auch / was Brosamkraut vor einen Ursprung hätte. Wer nun noch gesund im Gehirn / und [27] nicht geschossen ist / der wird selbst urtheilen können / was hiervon zu halten sey. Es ist ja bekannt genug / daß an viel 1000. Orten das Kraut wächßt / wohin doch nimmermehr kein Tischtuch ausgeschüttet wird; hingegen an vielen Orten / wohin das Tischtuch geschüttet wird / wo zwar Graß / aber kein solch Kraut wächßt; ergo ist dieses ein Aberglauben.

Das 11. Capitel
Das 11. Capitel.
Ein Weib soll nicht mit blossen Kopffe sich sehen lassen / denn wenn ihr ein Ehebrecher auf den blossen Kopff siehet / so bekömmt sie einen kahlen Kopff.

Darum möget ihr lieben Weiber euch ja wohl in acht nehmen / daß euch nicht irgend ein leichtfertiger Vogel / ein Ehebrecher / auf euern blossen Kopff siehet. Denn wie leicht ist es geschehen / daß er euch die Haare hinweg bürstet; sonderlich giebts solche Bürstbrüder im Lande / die sich vor Paruqvenmacher ausgeben / (sind aber keine) und den Weibern gern in die Haare gerathen / und machen die arme Taschen kahl. Aber / wo dencke ich hin / und wie komme ich aufs bürsten? davon werden ja die Haare nicht ausfallen; es heißt ja: wenn ein Ehebrecher einem Weibe auf den blossen Kopff siehet / so kriegt sie einen kahlen[28] Kopff. Man wolle aber nur recht bedencken / wie dieses zu verstehen sey / nehmlich / nicht so / daß die Haare von sich selbst ausfallen / sondern / daß sie alsdann mit Gewalt ausgeraufft werden / und zwar auf folgende weise: wenn nehmlich ein Ehebrecher mit eines andern ehrlichen Mannes Weibe so familiair und bekannt wird / daß sie sich auch nicht scheuet /bey ihm nicht allein mit entblößten Kopffe zu sitzen und zu liegen / sondern auch alles übrige / was sie hat / gegen ihn zu entblössen / so geschichts denn gewöhnlicher massen / daß ihr Ehemann alsdenn (es wär denn ein Ertz-Hunds---) aus gerechten Eiffer /dieser seiner freywilligen Frauen in die Haare fället /und sie damit im Hause herum schleppt / biß er die Zöpffe in Händen / und das liebe Weib die kahle Blatte behält. Sehet ihr lieben Weiber! auf solche weise bekommt ihr kahle Köpffe / darum sollet ihr euch destomehr vor denen Ehebrechern hüten / und diese euch nicht lassen auf die blossen Köpffe gucken. Denn das ist wohl gewiß / daß wenn ein ehrlich Eheweib nicht zur Ungebühr familiair mit einem andern Manne lebt / sie sich so leicht nicht mit blossen Kopffe für einem andern wird darstellen / wenn sie aber dieses thut / so kan freylich nichts anders bey ihrem Ehemanne erweckt werden / als Argwohn und Verdacht / [29] und hierauf folgen Schläge und rauffen. So aber ohngefehr ein Ehebrecher (denn ietziger Zeit giebts derer sehr viel) ein ehrlich Weib eben über ihren Haarflechten / oder anderer Verrichtung antreffe / und sie ohne Haube mit entblößten Kopffe erblickte / so bin ich ihnen vor alles Haarausfallen / das hiervon entstehen soll / gut / und ihre Männer werden auch nicht Ursach finden / solche ihnen auszurauffen. Also könnet ihr nun sehen / wie richtig dieses Pünctlein zutrifft.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Mit einer Kugel, mit welcher ein anderer Mensch ist geschossen worden / kan man sich feste machen.

Ja / du Narr / der du es glaubst / wenn du dich drauf verläßt / so wird dirs gehen wie jenem Hasen / der sich hinter ein Krautblat gestellet / ob stände er hinter einem Wall / und ehe er sichs versah / war das Krautblat sammt dem Hasen durchschossen. Der Teufel bildet dir ein / du seyst feste / und wenn es ohngefehr kömmt / daß du in einer Action davon kömmst / darinnen dich irgend ein Geschoß an Hut oder Stieffel gestreifft hat / und du nicht blessiret bist / so denckest du / es habe dich deine bey dir tragende Kugel behütet / und machest also aus [30] solcher Kugel einen Schutz-Gott / damit sündigest du wider das erste Gebot GOttes / und thust dem Teufel den grösten Gefallen und Dienst. Alsdann lässets GOtt hernach auch zu / daß zu einer Zeit / ehe du dichs am wenigsten versiehest /und wenn du am schlechtesten zum Tode bereitet bist / dir eine Kugel oder ander Mord-Gewehr das Lebens-Licht ausbläßt / und dir deine vermeinte Festigkeit auflöset / daß du hernach dem Teufel / dem du mit solcher Abgötterey gedienet hast / auf einmahl mit Leib und Seel zu theil wirst. Drum glaube doch solcher Narrethey nimmermehr / denn der Satan hat nur seine Lust und List mit dir. Wenn du aber gewiß wilt darhinter kommen / ob es wahr sey oder nicht / so nimm eine Kugel / womit ein Hirsch oder wilder Eber erschossen worden ist / henge es einem andern dergleichen Thiere an Halß / und versuche dann / ob es davon feste werden wird; so es nun feste würde / daß kein Geschoß in ein solch Thier einginge / so scheinet zwar / ob wär die Kunst richtig / iedoch wolte ich noch nichts drauf bauen; ists aber nicht feste / so wirds auch an Menschen keine Probe halten. Es ist zwar der irrige Wahn unter einigen Jägern / als ob sich auch das Wild im Walde könte zu gewisser Zeit feste machen; derjenige Jäger aber / der dieses glaubt / verdienet [31] schwerlich das Prædicat eines recht verständigen Jägers. Man wird mir zwar hierbey wollen einen Einwurff machen / und vorgeben: es sey ein grosser Unterschied unter einer Kugel / womit ein Thier erschossen sey / und unter einer Kugel / womit einem Menschen das Leben genommen worden. Allein / dieser Einwurff gilt nichts / denn so die Kugel /damit ein Mensch getödtet worden / auch einen Menschen wieder befestigen kan / so muß eine solche Kugel / die einen Hirsch oder Schwein getödtet hat /auch ein ander Schwein oder Hirsch wieder fest machen können; so es aber nicht ist / so ist die gantze Sache ein abgöttischer Aberglaube / davor ichs auch beständig halte.

Das 13. Capitel
Das 13. Capitel.
Man soll in denen Berg-Zechen zu denen Bergleuten nicht sagen / Glück zu; sondern / Glück auf / es fällt sonst das Gebäude ein.

Glück auf / ist bekannter massen ein BergmännischerTerminus, wer nun will bey denen Arbeitern oder Bergleuten nicht ausgelacht / oder auch wohl scheel angesehen werden / der muß ihre Gebräuche im reden wohl in acht nehmen. Weil nun das Wort / oder der Wunsch / Glück auf / bey ihnen eingeführet [32] ist / an statt da man in andern Verrichtungen / und insgemein zu sagen pfleget: Glück zu / also wollen die Bergleute ihre gewöhnliche Redens-Art nicht ändern lassen /und soll man demnach nicht zu ihnen sagen / Glück zu / sondern Glück auf / als wie irgend bey der Jägerey es zu geschehen pfleget / daß wer der Jäger ihre gewöhnliche Terminos nicht wohl in acht nimmt /sonderlich bey einer Jagt / der thäte besser / er bliebe davon / ehe er das Weidemesser kriegt. Daß aber bey denen Bergleuten der Wunsch / Glück auf / ist in die Ubung gebracht / rühret Zweiffels ohne daher / daß man damit wünschet / daß sich reichhaltige Gänge und Klüffte auf- oder hervor thun möchten. Wer nun spricht / Glück zu / ohnerachtet es gleichwohl gut gemeinet ist / so nehmen es doch die Bergleute an als einen solchen Wunsch / ob solten die offenen und guten Gänge zugehen / ja sie erschrecken wohl gar darüber / und haben die abergläubische Furcht / als ob dieser Wunsch ihnen böses ominirte / weil sichs vielleicht einmahl begeben haben mag / daß ein Frembder aus guter Meynung zu ihnen gesagt hat: Glück zu; worauf in kurtzer Zeit hernach irgend eine Wand eingefallen / oder sonst die Zeche verunglückt ist / da man denn stracks dem ungewöhnlichen Gruß (Glück zu) die Schuld [33] beymessen wollen. Wer aber guten Verstand hat / der wird wohl begreiffen / daß so wohl Glück auf / als Glück zu / alles beydes in guten und auch in bösen sensu kan gedeutet werden. Denn gleichwie die abergläubischen Bergleute den Wunsch / Glück zu / annehmen / als wär es so viel / als ob sich das Glück zuthun / oder der Gang wegfallen solle / so kan man das Wort / Glück auf / eben auch in übeln Verstande annehmen / als ob das Glück solle auf- oder vergehen / als wie man in Haußhaltungs-Sachen spricht: Mein Geld ist alle auf gegangen / das Futter vor das Vieh ist aufgangen / etc. Also ist gar keine Besorgung zu machen / daß eines von dieser Redens-Art besser sey als die andere. Wer aber dem Aberglauben ergeben ist / dem muß alles Gute böß /und alles Böse gut heissen / denn alle aberglaubische Menschen gehören billig in die verkehrte Welt / weil sie alles pflegen zu verkehren / bey denen es wohl heissen mag: den Verkehrten ist alles verkehrt.

Das 14. Capitel
Das 14. Capitel.
Wer an einem unsichern Orte ist, allwo sonst der Satan nichts leidet / und hat einen Esel bey sich / dem kan der Teufel keinen Schaden zufügen.

[34] Ist das nicht ein schönes Schutz-Engelein wider den Teufel! zwar kan es auch fast nicht anders seyn / als daß sich der Teufel vor dem Esel fürchten müsse / in Ansehung der vielfältigen Ehre / die GOtt selbst dem Esel gegeben hat: was aber vor Ursach sey / daß der Esel vor viel andern Thieren so viel Ehre genossen /dürffte wohl eher zu errathen / als zu erweisen seyn; und hält die liebe tumme Einfalt dafür / daß weil der Esel von Natur auf seinem Rücken mit einem schwartzen Creutze bezeichnet sey / welches signum crucis Christi wär / also habe GOtt dieses Thier schon von Alters her in Ehren zu halten beliebt / und um dieses Creutzes willen könne sich auch der Satan nicht zum Esel machen. Als dorten Num. 22. v. 23. Bileam seine Eselin schlug / ey wie einen gewaltigen Vorsprecher hatte diese Eselin an dem Engel des HErrn / wenn er zum Bileam sprach / v. 32. warum hast du deine Eselin geschlagen nun dreymahl? etc. der Esel hatte auch ein viel schärffer Gesichte den Engel GOttes zu sehen / als Bileam! woraus man ja leicht schliessen solte / daß so ein Esel die Engel GOttes oder gute Geister siehet / so werde er viel eher auch die bösen Geister sehen. Ob er diese aber auch vertreiben könne / davon ist ietzt unser disputat. In der Historie Bileams [35] da wiche der Esel dem Engel des HErrn aus / dem Teufel aber würde er wohl nicht gewichen seyn. Und so ich wolte die Oerter H. Schrifft /allwo des Esels mit Ruhm gedacht wird / alle auführen / so würde ich einen feinen Catalogum locorum zusammen bringen. Aber Weitläufftigkeit zu vermeiden will ich nur fürstellen / wie ein Esel die Ehre gehabt / nechst denen Eltern unsers Heilandes / den HErrn JEsum im Fleisch zu erst in seiner Krippen liegend zu sehen. Ohn allen Zweiffel hat bald hierauf ein Esel das liebe Christ-Kindlein, in der Flucht / wegenHerodis Nachstellung / in Egypten getragen. Auf einer Eselin ist der HErr JEsus als ein König zu Jerusalem eingeritten / davon der Prophet Zacharias lange vorher geweissaget hat / Zach. 9. v. 9. anderer Esels-Ehre geliebter Kürtze wegen zu geschweigen. Wie solte sich denn nicht der Teufel und sein Anhang für einem so hochgeehrten Esel fürchten / und diejenigen unbeschädiget lassen müssen / die mit dem Esel inCompagnie und Allianz stehen. Jedoch bin ich gleichwohl noch stutzig / und getraue mich nicht auf des Esels Schutz zu verlassen / weil ich kein Exempel finde / da sich der Teufel hätte vor einen Esel gefurcht. Es hat Herr Christian Frantz Paulini ohnlängst in seinen Philosophischen Feyerabend / [36] den Anfang von dem von GOtt und Menschen hochgeehrten Esel gemacht / und dieses Thier nach alle seinen Qvaltäten überaus wohl abgemahlet und beschrieben: iedoch aber finde ich nicht eine Sylbe daselbst / daß ein Esel gut wider den Teufel wär. Was das Creutz anlanget /womit dieses lastbare Thier gewöhnlicher massen aufn Rücken bezeichnet ist / so ist schon anderswo sattsam erwiesen / daß der Teufel nach dem blosen Creutze nichts fraget / und solte um des willen wohl selbst einen Esels-Reuter abgeben können. Giebt man doch in vielen Historien gar vor / daß sich der Teufel an manchem Orte in Gestalt eines Esels als ein Cobolt sehen ließ / und allerhand Schaden thät / davon auch der Nahme / Bier-Essel / entstanden ist / weil solche Cobolte des Nachts das Bier in Eselsgestalt sollen ausgesoffen haben. Vielleicht bildet sich wohl mancher ein / als ob der Teufel sich vor der schröcklichen Stimme des Esels fürchte / indem sie auch in Wahrheit grausam genug ist; allein auch diese Meynung kan nicht bestehen / sonst würde der Löwe den Vorzug noch vor dem Esel behalten. Bin ich demnach der Meynung / daß derjenige / welcher glaubet / daß wer einen Esel bey sich hätte / der sey für aller Gewalt des Satans sicher / selbst Esels-Gehirne im Kopffe haben mag. Denn / [37] man wolle nur so viel bedencken /daß ob es gleich wahr wär / daß in Gegenwart eines Esels der Teufel dem Menschen nichts thun könte /was würde einer vor Vortheil davon haben / weil der Teufel ja nicht eben zu selbiger Zeit / da man den Esel bey sich hätte / zu Ausübung seiner Gewalt kommen / sondern eine andere Gelegenheit ersehen würde / denn doch niemand den Esel überall mit sich nehmen kan / e.g. in Keller / auf den Boden / in die Kirche / in Bergwerge / und an 1000. andere Orte mehr. Drum bleibt dieser Punct billig mit unter denen Aberglauben stehend.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wenn man in zunehmenden Mond Federn in die Betten oder Bett-Innelte stecket / so kriechen sie wieder heraus.

Sind das nicht Wetter-Acten! nehmen denn irgend im zunehmenden Monde die Federn in denen Betten auch zu / und machens wie die Bienen / die / wenn im Bienstocke wenig Raum ist / schwermen / und ausziehen: also / wenn die Federn so zugenommen haben /müssen sie vielleicht hernach / wegen Mangel des Raums / heraus kriechen / oder durch das Innelt stechen. Jedoch kan ich nicht begreiffen / welcher gestalt doch die von ihren lebendigen [38] Leibern abgesonderte /zerrissene und geschlossene leblose Federn wachsen könten? das Abnehmen der Federn in Betten empfinde ich wohl / aber das Zunehmen ist mir noch unbekannt; so will mir es auch nicht zu Sinne gehen / daß von dem zunehmenden Mond die Federn spitziger als sonst werden sollen. Warum sollen sie dann nun eher durchs Innelt stechen / oder aus den Betten kriechen /wenn sie im zunehmenden Mond eingesteckt werden /als so sie in abnehmenden Licht hinein kommen? fürwahr / es will auf keine weise wahrscheinlich seyn; denn ob gleich bekannt ist / daß das im zunehmenden Monden gefällete Bauholtz gern wurmig wird / so hat doch dieses seine natürlichen Ursachen / weil nehmlich im zunehmenden Licht die Bäume in mehrern Safft und Feuchtigkeit stehen / wovon hernach gern Würme wachsen / oder vielmehr die Würme lieber anbeissen; ich kan aber hiermit das Federn-durchstechen nicht vergleichen. Und glaube ich vielmehr / daß die Ausstechung der Federn daher kommen mag /wenn nehmlich die Fräulein Mägde oder lieben Weiber die Federn nicht recht geschlossen haben / sondern mehrentheils noch halb ungeschlossen einstecken / daß die spitzigen harten Kielen durchs Innelt stechen müssen. Auch nehmen manche unverständige Weiber lüderlich und [39] dünne Zeug zu Innelten / dadurch man Senff- oder Rübe-Saamen beuteln könte / da kriechen freylich die Federn / ohne des Mondes Veranlassung /hindurch. Wenn man aber guten Barchend hat / oder auch guten derben Zwillig / und mixet oder schlichtet solchen auf der innwendigen Seiten fein wohl / so werden die geschlossenen Federn gewißlich nicht heraus kriechen / sie mögen im zu- oder abnehmenden Monde eingesteckt worden seyn. Wer aber das Wax nicht draufwenden will / dem will ich folgende Schliche an statt einer Wixe recommendiret haben: Nehmet 2. oder 3. Handvoll Leinsaamen / kochet solchen in gnugsamen Wasser / daß er wohl aufkeime / und werffet eine Handvoll Wermuth mit darzu / druckt es durch ein leinen Tuch / und laßt das durchgedruckte schleimige Wasser wieder siedend werden / und qvirlet so viel Mehl hinein / daß es ein recht starcker Kleister wird / unter diesen Kleister mischet etwas von reinen Terpentin, und bestreichet hiermit den Zwillig / oder euer Junelt inwendig / so kriechen die Federn nicht durch / sie mögen früh oder abends / im Sommer oder Winter / im ab / oder zunehmenden Mond eingesteckt werden / so werden wegen des Terpentins und Wermuths auch nicht leichtlich Milben hinein kommen.

Das 16. Capitel
[40] Das 16. Capitel.
Ehe ein Mensch sterben kan, muß er erst sein Tauff-Wasser wieder ausschwitzen.

Wenn zu weilen sterbende Personen in der letzten Todes-Angst liegen / und ihnen der kalte Todesschweiß auf der Stirnen zu sehen ist / ja manchmahl Tropffen-weise wie die Perlen im Gesichte stehet / so sagen die super-klugen alten Weiber: dieses wär das Tauffwasser / und könne niemand ehe ersterben / er habe denn vorhero das Tauffwasser wieder ausgeschwitzt / denn die Erde könne das heilige Tauffwasser nicht in sich leiden. Aus welchem thörichten Fürgeben man leicht ermessen kan / was vor klugen Verstand die alten Vetteln von der heiligen Tauffe haben müssen. Es soll ein Mensch das Wasser / womit er getaufft ist / wieder ausschwitzen / da ihm doch niemahls keines davon in den Leib kommen ist / sondern es ist das Wasser / so wohl in / als vor und nach der Tauffe / an sich selbst ein schlecht Wasser / und fliesset gleich alles andere Wasser wieder von dem Tauffling hinweg / der Glaube aber / der dem Worte GOttes / so mit und bey dem Wasser ist / trauet / und der Gehorsam / da der Mensch dem Befehle GOttes[41] folget / und sich mit Wasser / nach göttlicher Einsetzung / tauffen oder baden lässet / als auch die Zuversicht / daß GOtt um dieses Gebrauchs / Glaubens und Gehorsams willen / durch Christum habe die Sünde vermittelst dieses Wasserbads hinweg genommen /muß unausgeschwitzt bleiben / biß in den Tod. Was frage ich demnach nach dem Tauffwasser / wohin es nach der Tauffe kommet; und ist mir daran so wenig gelegen / als ich mich auch nicht bekümmere / wohin das Wasser / damit ich mich gewaschen habe /komme. Es wird ja das Tauff Wasser nicht getruncken / wie soll es denn aber in Leib kommen / daß man es in 10. 20. 50. 60. oder 80. und mehr Jahren erst müsse wieder ausschwitzen. Und warum solte dann die Erde solch Wasser nicht leiden / da es doch gleichwohl auch in die Erde kömmt / ob es gleich ausgeschwitzt würde. Denn der letzte Todes-Schweiß eines Menschen / den die alten Vetteln für Tauffwasser angeben / kömmt ja eben so wohl in die Erde / als etwas anders. Was war das Wasser der Sündfluth! war es nicht eine Bedeutung oder Vorbild der Tauffe? wie viel Millionen Sünder wurden darinnen ersäufft /wo kam es aber hin? es verlieff ja / es vertrocknete und verschluff in die Erde / und in die vorigen Abgründe / woraus [42] sichs vor einem Jahre hatte ausgestürtzt. Und aus was Ursachen solte denn auch die Erde das Tauffwasser nicht leiden? sagt ihr alte Vetteln / es sey zu heilig / in die Erde einzugehen / so glaube ichs nicht / weil um des alten sündigen Adams willen / der darinnen ersäufft und begraben worden /es nicht heiliger seyn kan / als es vor der Tauffe war. So ihr aber gegentheils einwenden woltet / es sey das Tauffwasser durch die Abwaschung der Sünden so unwerth gemacht / daß es auch die Erde nicht litte / so kömmt es ebenfalls sehr abgeschmackt heraus / als ob gleichsam die Sünde / wie Koth / mit blossen Wasser abgewaschen werden könne. Nein / ihr aberglaubischen Schwestern / es gehet so säuisch nicht zu / als wie mit euern Beltzwaschen / drum schlaget diese Thorheit aus euern Gedancken / und erweget nur noch dieses: wo nehmlich bey denen / die im Kriege und Feld-Schlachten umkommen / und auf der Stelle / wo sie todt geblieben sind / auch begraben werden / das vermeinte Tauffwasser bleibe oder hinkomme; denn diese schwitzen nicht / und sterben noch schneller als andere / die euern närrischen Vorgeben nach das Tauffwasser erst ausschwitzen.

Das 17. Capitel
Das 17. Capitel.
Wenn man ein Weide, damit man [43] Holtz bindet / in einem Stalle drehet / darinnen Gänse / Enten oder Hüner brüten / so bekommen die Junge alle krumme Hälse.

Dieses ist ohn einigen Zweiffel eine zweydeutige Redens-Art; die einfältigen aberglaubischen Gecken und albern Weiber die glauben / daß die jungen Hüner /Gänse und Enten krumme Hälse kriegen würden /wenn die Weiden / damit man Holtz- oder Reissigpüschel bindet / in dem Stalle gedrehet würden / in welchen solch Vieh zum brütten angesetzt wär; wer aber nur vor 3. Heller Verstand hat / der kan leicht ermessen / daß es eine gantz andere Bedeutung damit haben müsse / nehmlich: die umgedreheten Weiden die kriegen alle krumme Hälse / die Hüner und Gänse oder Enten aber nicht; und ist meines Bedünckens diese Erzehlung oder Redens-Art nur von einem schertzhafftigen Menschen erfunden und von einfältigen albern Gecken ein Aberglaube draus gemacht worden. Wer aber Lust hat / eine Probe deßwegen anzustellen / den versichere ich / daß er befinden wird / daß kein Feder-Vieh / um solcher gedreheten Weide willen /einen krummen Halß kriegen wird / ob auch 1000 dergleichen Weiden in einem solchen Stalle gedrehet würden. Denn was kan doch das drehen [44] der Weide für Würckung in die unter der Henne oder Ganß liegende Eyer haben; sicherlich / nicht das geringste. Drum soll sich ein Christen-Mensch ins Hertz hinein schämen /solche Narrenpossen zu glauben; aber / welchem Narren ist eine Thorheit nicht als was kluges angesehen.

Das 18. Capitel
Das 18. Capitel.
Wer Wundholtz schneiden will, der darff in vier und zwantzig Stunden zuvor nicht bey seinem Weibe gelegen haben.

Ich kan mir leicht einbilden / daß dieser Aberglaube nicht von Weibern erfunden sey / weil sie eher alle Aeschen Bäume / davon das Wundholtz geschnitten wird / verbrennen würden / ehe sie in dieses Vornehmen einwilligten; sondern / ich halte vielmehr davor /daß es ein nichts mehr dienender Calmeusser ersonnen hat / der nicht mehr capable gewesen / mit seinem Weibe zu Bette zu gehen / und hat hiermit eine Ausflucht gesucht / womit aber dessen Weibgen nicht wohl kan zu frieden gewesen seyn. Es sey nun wie ihm wolle / so ist eine gute Untersuchung von nöthen / welches ich mit meiner Striegel am besten zu thun getraue; dahero will ich erstlich untersuchen / ob denn [45] irgend das ehliche Beyliegen süchtig sey / daß auch alles / was in vier und zwantzig Stunden ein Mann der bey seiner Frauen gelegen / anrühre / süchtig werde / und die heilende Krafft verlieren müsse. Bey dieser Untersuchung finde ich stracks beym ersten Zug / den ich mit der Striegel thue / daß dieses nicht seyn kan / ratio, weil die meisten Chirurgi und Wund-Aertzte in der Ehe leben / und den Beyschlaff nicht meiden / und dennoch täglich mit Heilung allerhand Schäden beschäfftiget sind; da nun diese die Wunden gar mit ihren Händen betasten / die dennoch heilen / wie solte denn das von ihnen abgeschnittene Aeschenholtz von ihrer Berührung unheilsam oder süchtig werden; so hält man ja auch dafür / daß /wenn das Wundholtz einmahl recht geschnitten sey /so behielt es seine sympathetische Krafft zu heilen /es möchte appliciret werden von wem es wolle. So dieses nun aber von einem Ehebrecher / welcher ietzt nur von seiner losen Arbeit kömmt / geschehe / wie solte denn das eheliche Beyliegen eines Ehemanns so schädlich seyn / daß die Abschneidung des so genannten Wundholtzes unkräfftig machte? das wird man nicht disputirlich machen können. Drum ist diese abergläubische Lügen abermahl nicht wahr.

Das 19. Capitel
[46] Das 19. Capitel.
Eine am neuen Jahre verehrte Muscate bey sich getragen / hilfft / daß einer / der fällt / keinen Schaden nehmen kan.

Also hält man die Muscaten-Nuß für einen Schutz-Engel! Ich erinnere mich / daß An. 1680. da ich mich damahl in Mühlhausen in Thüringen aufhielt / diese Thorheit daselbst gar heilig in acht genommen wurde / und hatten manchmahl die Krahmer nicht genug Muscaten zu verkauffen / denn da verehrte am neuen Jahrstage ein Bruder der Schwester / die Frau dem Manne / der Knecht der Magd / der Geselle der Tochter etc. eine Muscate / die sie alsdenn gar heilig in die Kleider / welche sie am meisten anhatten / einneheten / in der gewissen Zuversicht / daß diese Muscate nun ihr Schutz wider alles Unglück / so sie durch fallen haben könten / sey. Ob sie ietzo diese abgöttische Aberglauben noch haben / stelle ich dahin; ja es war das Vertrauen auf eine solche Muscate so groß / daß sie auch gäntzlich glaubten / daß so iemand noch so einen gefährlichen Fall thäte / so würde eher die Muscate entzwey springen / ehe der Mensch Schaden nehme. Aber welcher Heyde wird in der gantzen Welt[47] anzutreffen seyn / der so gar Ochsen-tumm seyn wird / und wird diese unvernünfftige Narrenpossen glauben / und dennoch gewinnet der Teufel unter denen so genannten Christen so viel Gewalt / daß ihrer viele abgöttischer sind als die Heyden / welches uns Christen sicherlich eine ewige Schande ist. Solche alte Weiber-Fratzen schwatzet der berühmte Helmontius von dem Türckosstein / daß nehmlich dieser Edelstein eben auch dergleichen Würckung haben solte. Ich halte aber dem Helmontio, als einem abergläubischen Papisten / solche Thorheit gern zu gute / sintemahl er in seinen Schrifften dergleichen alte Weiber-Mährlein gar viel für Wahrheit ausgiebt: ein rechtgläubiger Evangelischer Christ solte sich aber solcher Abgötterey billig schämen / und diese Narrenpossen nicht glauben. Wenn diese Lapalien einen für unglücklichen Fallen behüten könten / was wäre denn uns ein Engel / oder die Vorsorge GOttes nütze? hat denn GOtt irgend die Muscaten- oder Türckossteine darum geschaffen / daß sie den Menschen / wenn er fällt / für Unglück bewahren solten; solcher gestallt dürffte ein Schiefferdecker / oder ein dergleichen Arbeiter nur eine am neuen Jahre verehrt bekommene Muscate /oder nach des Helmontii Glauben / einen Türckos-Ring bey [48] sich tragen / so hat er Schutzes satt / alleine / weil man gleichwohl immer auch noch höret / daß ein und anderer Handwercksmann durch fallen Unglück nimmt / so muß dieses remedium gewiß erlogen seyn.

Das 20. Capitel
Das 20. Capitel.
Brüche, und Verränckungen der Glieder können mit gewissen Worten curiret werden.

Es giebt allerhand Ehr- und Gewissen-lose Kerls und Huren / welche sich bald einfinden / wenn sie hören /daß iemand einen Schaden an irgend einem Glied des Leibes hat / und bieten ihre willige Dienste an / verunglimpffen rechtschaffene Chirurgos, und geben vor: warum man wolle so viel Heilerlohn aufwenden /sie wolten bald helffen / (sie helffen aber insgemein /daß es GOtt erbarmen möchte.) Wenn dann iemand eine Hand vergriffen / oder einen Fuß oder ander Glied verrenckt hat / da kommen solche Teufels-Künstler / und ziehen an solchen Gliedern / streichen sie mit der Hand hin und her / mit Machung seltsamer Minen und Geberthen / murmeln besondere und unvernehmliche Worte mit unter / insonderheit sagen sie bey dieser Begebenheit folgende Narrenpossen / mit närrischer Verstellung: Matas, [49] denatas, Daries, dardaries, est ararires; und hiermit setzen sie den Patienten / und die umstehende Zuschauer in eine grosse Verwunrung / welche sich einbilden / dieses sey eine besondere gelährte Sprache / und wissen nicht / daß der Schurcke / der diese Sprache redet / selbst nicht weiß / was es heißt oder bedeuten soll; sondern / weil es ehemahls ihm auch eben ein dergleichen Holuncke also gelernet hat / so practiciret ers / wie es ihm gelehret worden ist. Hieran hat dann der Teufel seinen besondern Wohlgefallen / u. hülfft manchmahl zuschüren / daß man glaubt / es sey ein Schaden groß und gefährl. gewesen / und dennoch mit solchen schlechten Mitteln curiret worden / da es doch bey genauer Untersuchung gar nichts damit zu bedeuten gehabt hat. Unterdessen trägt sich ein gefährlicher Schaden anderswo zu / wenn dann diese hören / daß jenen ein so gar gering Mittel geholffen hat / lassen sie alle heilsame Hülffe anstehen / und bedienen sich solcher Bernhäuterey / biß der Schade fast incurabel wird / alsdann hat der Teufel sein Müthgen gekühlet /wenn er Schaden gebräuet hat. Drum möchte es ein ieder Mensch wohl bedencken / und sich für solchen Wort-Curen hüten.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Für den tollen Hundsbiß dienen die [50] Worte: Hax, Pax, max, Deus adimax, geredt und den Schaden gestrichen.

Dieses Kunststück ist mit vorigen von gleichen Schrot und Korn / und s.v. nicht einer Lauß werth /und kan ein verständiger Christ bald daraus urtheilen / daß der Teufel nur seine Kurtzweile mit solchen Dingen habe. Denn wenn es der Satan erst so weit mit einem bringet / daß er solche Narrenpossen glaubt /so hat der Teufel schon gewonnen / weil der Patiente von dem Vertrauen / so er zu GOtt und ordentlichen Artzneyen haben solte / absetzet / und dieser Abgötterey nachhänget etc. zum andern wird der Patiente gemeiniglich durch solche Schurckenpossen versäumet und verwahrloset / daß hernach / wenn der Schaden sich in die Länge verziehet / ordentliche Mittel nicht mehr helffen / so muß dann der Patiente drüber crepiren und verderben; das ist alsdann des Satan seine tausend Freude. Wer nun diesem losen Gaste gerne eine Lustanstellen will / der darff sich solche und dergleichen Bernhäuterey nur lassen wohl angelegen seyn. Ich kan aber nicht verhalten / sondern bezeuge mit meinem guten Gewissen / daß ich noch keinen eintzigen Menschen / der in solcher Thorheit ersoffen gewesen / gekennet habe / der auf einem grünen Zweige / (so zu reden) geblieben wäre / sondern haben alle ein elendes Ende genommen.

Das 22. Capitel
[51] Das 22. Capitel.
Wer Wurstsuppe isset, der wird alber.

Warum nicht närrisch / wie Hanß-Wurst gewesen ist? und wer weiß / wo Hanß-Wurst seinen Nahmen her hat / ob er nicht auch solchen von dem essen vieler Wurstsuppe bekommen. Ich bin aber der Meynung /es soll nicht heissen: wer Wurstsuppet isset / der wird alber / sondern: wer Wurstsuppe isset der ist alber; warum? weil er nicht lieber die Wurst isset denn die Suppe von der Wurst. Wem aber hungert / und kan die Würste nicht haben / wohl aber die Suppe davon /der thut doch klüger / daß er die Wurstsuppe isset /als daß er gar Hunger leidet. Uber diß sage man mir doch nur / woher es kommen soll / daß die Wurstsuppe / und nicht vielmehr die Wurst selbst soll alber machen? denn so ferne es wahr wär / daß die Wurstsuppe alber machte / so müste die Suppe ja solche Qvalität von denen Würsten herhaben / und würden die Würste selbst vielmehr / als die Suppe alber machen müssen / oder aber es müste das Wasser alber machen / dann sonst aus nichts anders bestehet die Wurstsuppe / als aus Wasser / worinnen die Würste gekochet worden. Da nun aber niemand sagen wird /daß die Würste für sich / oder auch das Wasser für sich allein genossen alber machten / [52] so kan die Wurstsuppe gewiß auch nicht alber machen. Ist demnach derjenige / der solche Narrethey glaubt, ein recht alberer Hanswurst / ob er gleich sein lebtage nicht einen Löffel voll Wurstsuppe gegessen hätte. Jedoch mag es glauben / wer da will / weil die Sünde / die durch diesen Aberglauben begangen wird / wohl nicht die Verdammniß causiren wird / weil damit niemanden einiges Leid oder Schaden gethan wird / es wäre denn / daß man einen / der Wurstsuppe hätte gessen /wolte darum für einen albern Narren halten / und denselben injuriren.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
Wenn ein mit der Schweren-Noth beladener Mensch das Blut eines decolirten armen Sünders auffängt /solches warm trinckt / und stracks fort laufft / und sich wohl erhitzt / so geneset er von der schweren Kranckheit.

Es werden sich viele verwundern und fragen / warum ich dieses mit unter die Aberglauben gesetzt hätte /dieweil es ja allerdinges ein natürliches Mittel wär /und ein verständiger Medicus gnugsame rationes geben könne / welchergestalt dieses Blut seinen effect in der Epilepsie erwiese. Denen dienet aber zu beliebiger Antwort / daß an und für sich selbst [53] das trincken des frischen Menschen Bluths contra Epilepsiam, kein Aberglaube mag genennet werden; daß es aber von einem armen Sünder seyn solle / das ist ein Aberglaube. Die Ursach aber / warum ich dieses meiner gestriegelten Rocken-Philosophie mit einverleibet habe / ist diese: es entstand nehmlich ohnlängst einDisputat unter drey Personen / einer gab vor / daß dieses Mittel wohl das beste wär in solcher Kranckheit; der andere sagte / es wär an sich wohl etwas / alleine / es dürffte nicht eben Blut eines armen Sünders seyn / sondern es möchte auch nur Blut von einem an dern gesunden Menschen seyn / so durch eine Ader abgezäpfft worden wär / der dritte aber hielt es für einen Aberglauben / und sagte: er wüste zwey Exempel / da dieses wär gebraucht worden / es hätten sich aber dennoch diese armselige Patienten nach wie vor mit ihrer erbärmlichen Kranckheit schleppen müssen. Nun will ich zwar derer drey Disputanten ihr Schiedsmann nicht seyn / sondern will einem ieglichen bey-und auch abfallen. Denn / es mag wohl seyn / daß die Trinckung des warmen und frischen Menschen-Bluts /von einem enthaupteten armen Sünder aufgefangen /zu weilen ein und andern von der Epilepsie befreyet haben mag / daß es aber eben von einem armen Sünder [54] seyn müsse / ist allerdings ein Aberglaube / iedoch kan es mit der Condition auch angenommen werden / weil sonst kein anderer seinen Kopff um eines andern willen wird abhauen lassen / denn ich zweiffele / daß das durch eine Aderlaß abgezapffte Blut in der Medicin eben solchen effect hat / als wie das so Hauffenweise aus allen Pulß- und Blut-Adern zugleichausgestossene Blut eines enthaupteten / denn das verstehen die Herren Medici wohl / daß durch langsames abzapffen aus einer Ader viel von der Volatilität des Bluths verflieget / hingegen wird auch das Blut eines enthaupteten gantz von einer andern Consistenz und Beschaffenheit seyn / als das / das aus einer Ader gezapffet wird. Denn die Furcht vorm Tode wird doch wohl Zweiffelsfrey der gantzen Geblüts-Massa eine alteration machen / und das Geblüt solcher gestalt in eine andere Art setzen. Also hat der wohl nicht unrecht / der da spricht: es müsse Blut von einem enthaupteten armen Sünder seyn / so ferne er verstehet /daß es von der gantzen vermischten Geblüts-Massa eines Menschen / wie es zusammen aus allen Adern des Halses heraus schiesset / weil sonst kein ander Blut / das nur aus einer Blut-Ader abgezapfft wird /mit allen Säfften des gantzen Leibes also vermischet sey / als wie das / welches [55] nach einen Schwerdtstreich aus dem Halse stößt. Hingegen kan der andere auch recht haben daß es eben nicht von einem durchs Schwerdt hingerichteten armen Sünder seyn dürffe. Denn daferne irgend in einer Schlacht / oder andern Scharmitzel / einer dem andern den Kopff abhieb / so würde gewiß des Entleibten ausstossende Blut gleichen effect, mit eines armen Sünders Blut in der Epilepsie haben. Und weil demnach dieses / daß es eben von einem armen Sünder / der zum Tode verurtheilet ist / seyn müsse / eine Thorheit ist / so hat mit dieserCondition auch der dritte recht / daß es ein Aberglaube ist.

Das 24. Capitel
Das 24. Capitel.
Wenn man den Guckuck zum erstenmahl höret schreyen / und man ist ohne Geld / so hat man hernach das gantze Jahr Mangel daran.

Dieses ist ein Aberglauben / der aus einer zweydeutigen Rede herkömmt / und ist eine Art zu reden / als wie der Depositor auf einer Universität / die junge Studenten / wenn diese deponiret werden / zu examiniren pfleget / wenn er sie nehmlich fragt: Schreyet der Guckuck bey euch auch wie hier? wenn nun geantwortet wird Ja / so giebt der Depositor [56] jenem eine Maulschelle / sagend: du Pagant! du leugst: er schreyet ja guckuck / und nicht / wie hier. Also ists mit diesem Pünctlein / das wir ietzt unter Händen haben / nicht besser bewandt. Der Guckuck schreyet nicht / zum ersten mahl / sondern er schreyet: Guckuck. Wird demnach niemand sagen können / er habe gehört / daß der Guckuck habe / zum ersten mahl / geschryen; und also hat man aus Spaß dieses ersonnen /und gesagt: wer kein Geld bey sich hat / wenn er den Guckuck höret zum erstenmahl schreyen / der wird das gantze Jahr keines haben. Dieses ist wohl zu glauben / es wird aber in Ewigkeit nicht gehöret werden / daß an statt / das des Guckucks Gesang gewöhnlicher massen Guckuck ist / an statt dieses Vogels Gesang solte lauten: zum ersten mahl. Also hat man sich dieser Sache halber / was anlanget der Geldmangel / bey dem erstmahligen Geschrey des Guckucks / gantz nichts zu besorgen / denn er schreyet nicht / zum ersten mahl / sondern / Guckuck.

Das 25. Capitel
Das 25. Capitel.
Was das Korn um Galli Tag gilt, in solchem Preiß bleibt es das gantze Jahr.

Das kan wohl seyn / weil es nicht gar lange [57] mehr vonGalli Tage biß zu Ende des Jahres ist / und weil in Herbstzeit in allen Scheunen gedroschen wird / so pfleget es um solche Zeit nicht leicht aufzuschlagen /hingegen schlägt es um solche Zeit auch nicht viel ab / weil die Edelleute und Bauern drauf halten / und erst sehen / wo es hinaus will / biß ein ieder das seinige gedroschen hat / alsdenn gehet gemeiniglich eine Veränderung des Preisses vor. Es ist aber der Galli Tag nicht der richtigste Tag / an welchem man gewiß mercken kan / wie theuer selbiges Jahr das Korn seyn werde / sondern / der Tag St. Thomæ muß noch besser eintreffen / denn er ist nur 3. Tage vor Weyhnachten / da das Jahr zu Ende gehet / was demnach das Korn am Thomastage gilt / das wird es gewiß biß zu Ende selbiges Jahres gelten. Wenn man aber glauben will / als ob das gantze Jahr / nehmlich von Galli Tage an / biß übers Jahr wieder zu Galli Tag / das Korn in dem Preiß bleiben solt / der glaubt einer offenbaren Lügen / denn solcher gestalt würde folgen müssen / daß im gantzen Jahre / und zu keiner Zeit /das Gedreidig im Preiß steigen oder fallen könne / als einig und allein am Tage Galli / welches aber die tägliche Erfahrung viel anders lehret / denn es ändert sich der Preiß ja offt im Winter / im Frühlinge / auch mitten in der Erndte. Und [58] warum sagen denn die Leute /und glauben ebenfalls / daß / wenn das Korn unter der Sichel (das ist / eben zur Erndten-Zeit / wenn man es abschneidet mit der Sichel) aufschlüge / so wäre es ein böses Omen zu theurer Zeit. Also ist dieses ein ungereimter und närrischer Aberglaube.

Das 26. Capitel
Das 26. Capitel.
Wenn man ein neu-gebohren Kind lange ungetaufft lässet liegen / so bekömmt es schöne grosse Augen.

Dieses giebt die gesunde Vernunfft / denn je älter das Kind wird / je grösser werden die Augen; es darff aber darum die H. Tauffe nicht eben verschoben werden / als wie einige gottlose abergläubische Narren doch meynen. Denn wenn die Verschiebung der H. Tauffe etwas zum schönen grossen Augen hülffe / so würden die Jüden und Heyden gewiß so grosse Augen haben / als wie die gestochenen Böcke / weil es alte Limmel unter ihnen giebt / die nicht getaufft sind /welche zwar grosse Bärthe / aber darneben kleine tückische und betrügliche Augen haben. Thun demnach diejenigen abergläubischen Weiber gar thörlich /wenn sie ihre Kinder darum lassen lange ungetaufft liegen / damit sie sollen schöne und grosse Augen bekommen. [59] Ich meines Orts kan es für nichts / als einen verfluchten Teufels-Griff achten. Denn wie dortenGen. 3. der Teufel unter der verkapten Schlange der Even weiß machte / wie schön ihr die Augen würden aufgethan werden / wenn sie von der verbotenen Frucht essen würde; also heißt es hier auch: wer wider den klaren Befehl GOttes das von GOtt gebotene Gnaden-Mittel / nehmlich die heilige Tauffe / fein lange aufschiebt / dem werden seine Augen aufgethan / der bekömmt schöne grosse Augen. Ja? hinden nüm tragen die Bauren ihre Spiesse. Wie aber alsdenn zuthun / wenn solchen verwarloseten Kindern auch wohl gar die Augen durch einen frühzeitigen Tod / und gerechte Verhängniß GOttes / wieder geschlossen würden / ehe sie durch die heilige Tauffe / dem Gnaden-Bunde GOttes einverleiben würden? Was meinen alsdenn solche abergläubische Mütter wohl / wer dermahleins hiervon die Verantwortung werde über sich nehmen müssen? gewiß das unschuldige Kind nicht alleine, sondern am allermeisten solche abergläubische Mütter / für welche ich alsdenn nicht gern zur Verantwortung stehen möchte.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Eine Jungfer, die gern lange Haare [60] hätte / die lege in ihrer Jugend von ihren Haaren mit den Hopffen-Rancken in die Erde / so wachsen sie lang.

Vix credo! die Hopffen-Rancken wachsen freylich lang / wie es aber um der Jungfer ihre Haupt-Haare aussehen wird / stehet zu erwarten. Ich halte auf diese Kunst nichts; ja wenn es auch wahr wär / was hülfft denn diese Kunst einer Mannbarn Jungfer / die in ihrer Jungend das Kunststückgen nicht practiciret hat / und möchte doch gern lange Haare haben? sie kan ja nicht wieder jung werden / und diese Kunst versuchen. Ist aber ein Mägdlein noch klein und jung / so weiß sie noch nicht gewiß / welcher gestalt mit ihren Wachsthum des Leibes auch die Haare wachsen werden / ob sie von Natur / oder durch Kunst werden lang wachsen. Braucht sie nun aber die Kunst in der Jugend auf GOttes Berath / und die Haare wachsen von Natur lang / so meinet sie doch / es sey die Eingrabung schuld / hingegen / wenn sie die vermeynte Kunst unterlässet / und die Haare bleiben von Natur kurtz / so muß ihren Gedancken nach die Nachläßigkeit des Haar eingrabens das Wachsthum verhindert haben. Es dürffte zwar mancher Physicus sagen / es sey diese Kunst gar natürlich / und geschehe per Sympathiam. Allein / es ist das sagen [61] nicht genug / noch sattsam erwiesen / daß diß und jenes durch die Sympathie geschehen könne / sintemahl mancher Sympatheticus mancherley seltsame operationes sich träumen lässet / welche zwar in gnüglicher Einbildung /aber nicht in der That bestehen. Ich setze aber den Fall / daß es wahr sey / daß so ein jung Mägdlein von ihren Haaren mit den Hopffen-Rancken eingräbt / solcher Jungfer ihre Haupt-Haare davon lang wachsen. Aber ich gebe auch dabey zu bedencken / ob nicht durch solche Sympathetische transplantation dem Mägdlein das Haupt dermassen werde geschwächt werden / daß eine solche Jungfer hernach diese Kunst wohl hundert tausend mahl verflucht / wenn sie Hauptschmertzen / Zahnwehe / Ohrenklingen / rothe Augen / und der gleichen sich an Halß gekünstelt hätte. Drum ists besser / man lasse solche Dinge unterwegen / und begnüge sich an der von GOtt gegebenen Haar-Zierde.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Es ist nicht gut, wenn man ein Thier mit einer Ruthe schlägt / mit welcher man ein Kind gezüchtiget hat.

Das will ich wohl glauben; denn wenn man die Säue /Ochsen / Esel und Pferde mit [62] einer Ruthe schlägt /womit man ein Kind gezüchtiget hat / so hat man ohne Zweiffel in der Kinderzucht excediret / und eine solche Zucht-Ruthe im Zorn an dem Kinde gebraucht / welche mehr vor Ochsen und Esel / als für Kinder gehöret hätte; und heißt alsdenn nach dem gemeinen Sprichwort: gar zu scharff macht schärtig; und das ist keine väterliche / sondern eine Henckermäßige Zucht zu nennen / wodurch gar selten etwas gutes ausgerichtet wird. Ists demnach freylich nicht gut / wenn man ein Thier mit eben einer solchen Ruthe oder Stecken /womit man ein Kind geschlagen hat / schlägt. Denn eine Esels-Peutsche gehöret nicht vor Kinder / wie denn eben dieser Punct auch umgekehrt verstanden wird / da man gleichfalls sagt: es sey nicht gut / wenn man ein Kind mit einer Ruthen oder Stecken schlage /womit ein Vieh geschlagen worden. Denn das ist keines rechtschaffenen oder verständigen Menschen Beginnen / sondern eines groben Flegels; iedoch ist hier auch hauptsächlich auf den Aberglauben zu reflectiren / daß man einen Unterscheid mache / ob irgend das schlagen nach einer Katzen oder Hunde in der Stuben geschicht / da man eben die Kinder-Ruthe in Händen hat / und damit die Katze oder Hund vons Kindes Brey-Tiegel schlägt / oder / wenn man mit[63] einer kleinen Ruthe oder mit einem kleinen Stecken aus Schertz auf ein Vieh / und hernach auch damit auf Kinder schlägt / dieses hat gar nichts zu bedeuten /und schadet weder dem Kinde noch dem Vieh. Denn es geschicht in keinem Zorn; so kan man dieses auch nicht dahin deuten / wenn man einem besoffenen Hundepeutscher Gewalt geben wolte / mit seiner Hundepeutsche ehrlicher Bürger ihre Kinder in der Kirche zuschlagen / sintemahl billig unter einem Hundeschläger und Kinder-Præceptor ein Unterscheid zu machen ist.

Das 29. Capitel
Das 29. Capitel.
Es ist nicht gut, wenn man über einen Orth oder Weg gehet / da iemand s.v. hin geseicht oder gebruntzt hat.

Das gibt zwar die gesunde Vernunfft / daß es nicht gut sey / denn wenn es gut wär / so würde man mit Fleiß überall auf allen Wegen herum bruntzen lassen /auf daß man nur destomehr Gelegenheit bekäm / über solche Wege zu gehen / über welche es gut gehen wär. Es ist demnach freylich besser / so man auf reinen und trockenen Wegen gehet / als auf nassen / und mit stinckenden Urin besudelten / dabey man Maul und Nasen / Gestancks wegen / zuhalten muß. Daß es aber eine besondere böse [64] Bedeutung und Folge geben solte / wenn irgend einem ohngefehr die natürliche Nothdurfft triebe / den Urin auff einer Strassen / oder sonst einem freyen Orthe zu lassen / und es ging ein anderer ohngefehr über solche benetzte Stelle / das hätte gar nichts zu bedeuten / und kan im geringsten keinen Schaden verursachen. Muß doch ein ieder Mensch sein lebtage viel 100. ja 1000. mahl über Pferde-Esels / Katzen-Hunde / Ochsen- und anderer Bestien Urin hingehen- ohne besorglichen Schaden. Warum solte denn der Orth / der von Menschen Urin benetzt ist / so schädlich seyn? Gehen doch offt auf ein eintziges heimliches Gemach viele Personen successivè, und entledigen sich ihrer Leibes-Beschwerungen / ohne einiges Bedencken / so kan ja eine schlechte Benetzung eines Orths / mit etwas Menschen-Urin /so schädlich nicht seyn. Zwar gestehe ich gar gern /daß von Natur die Excrementa von Menschen vielmehr Abscheu verursachen / als die von Thieren oder Bestien kommen / dieses aber macht keine richtige Folge / daß über einen offenen und freyen Weg / wo ohngefehr die Natur einen Menschen hin getrieben hätte / den Urin zu lassen / ein anderer nicht ohne Schaden solte können passiren. Ist also dieses auch ein Aberglaube.

Das 30. Capitel
[65] Das 30. Capitel.
Mit einem Stücklein Brodt, und ein wenig Erde / kan man an einem Krancken observiren / ob er wird sterben / oder lebendig bleiben.

Nach der alten Weiber ihren Vorgeben ist diese Kunst probat; die Praxis bestehet aber darinnen: Sie nehmen ein Stücklein Brodt / und ein wenig Erde / legen eines unvermerckt dem Patienten auf eine / das andere auf die andere Seite / und geben denn auf den Patienten Achtung / wenn er sich umwendet / auf welche Seite er sich mit dem Gesichte kehre. Geschiehet nun die Wendung nach dem Brodte / so bleibet der Patiente lebendig / so er sich aber nach der Seite wendet /wo die Erde lieget / so soll er (ihrem Vorgeben nach) sterben. Es trifft gewiß ein / sagte ohnlängst eine alte Vettel / als ein Kind an einem hitzigen Fieber hart darnieder lag / und sich nach dieser Probe nach der Erden zu gewendet hatte. Weshalben auch des Kindes leichtgläubiger Vater / den Gebrauch guter Medicamenten zu unterlassen / sich bald vesolviret hätte /wenn ich ihn nicht eines bessern hätte beredet. Worauf denn nach Gebrauchung weniger Artzneyen sichs bald mit dem Kinde änderte / und [66] solches zu völliger Gesundheit gelangete / in welcher es auch GOtt Lob noch biß dato stehet / ohngeachtet es sich nach der Erden gewendet hatte. Da ich nun ietzt vor einer Stunde oberwehntes altes Weib verhönete / und sie fragte /wie es mit ihrer Probe aussehe / das Kind wär gleichwohl durch GOttes Hülffe wieder gesund / ohngeachtet es sich nach der Erden gewendet hätte; gab diese kluge Matrone mir zur Antwort: eine Schwalbe machte keinen Sommer / und ein Tragekorb keinen Jahrmarck; also stosse das einige Exempel / das ietzt an diesem Kinde geschehen / die vielfältige wahre Erfahrenheit nicht um. Sie erzehlte mir auch ein ander Exempel / da es gewiß eingetroffen hätte; aber vix credo: und gesetzt / es hätte 20. 30. und mehrmahl zugetroffen / so wird es auch so viel und mehrmahl gefehlet haben; also ist diese Probe gantz falsch. Gewiß aber ists / daß wenn ein Patiente erwachet /und riechet auf einer Seite das Brodt / und wendet sich aus appetit nach selbigen / solches zu essen / so möchte noch Hoffnung seyn / daß er dem Tode entgehen werde / an sich selbst aber bleibet diese künstliche Probe ein offenbarer Aberglaube.

Das 31. Capitel
Das 31. Capitel.
Wer eine Schwalbe todt schlägt, der [67] verursacht damit einen 4. Wochen anhaltenden Regen.

Da sehe man nur / was der Geyer nicht thut! das kan eine Schwalbe! ich glaube / wenn mancher Mann seine Frau erschlüge / die Kinder dürfften kaum 4. Wochen um sie weinen / zumahl wenn es eine böse Stief-Mutter gewesen wär. Um den Tod einer einigen Schwalben willen soll aber die gantze Natur gleichsam weinen / und 4. gantzer Wochen regnen! wer sagt aber das? theils überkluge Bauer-Weiber / und andere abergläubische Narren mehr. Mein / sagt mir doch /ihr Narren / die ihrs glaubt / aus was für Bewegung der Himmel um einer ertödteten Schwalben willen 4. Wochen mit Regen und Wolcken soll überzogen werden? Ist denn so viel an einer Schwalbe gelegen / daß die Lufft und der Himmel gleichsam ihr Mitleiden durch den Regen an Tag legen will? oder vergiessen die übrigen in der Lufft schwebenden Schwalben irgend 4. Wochen ihre Thränen über eine / so aus ihrem Mittel erschlagen worden / daß solche Thränen als ein Regen herab fallen? fürwahr / dieses wär etwas curiöses / und solch Regenwasser könte dann mit gutem Rechte das veritable Schwalbenwasser genennet wer den / und solcher gestalt würdet ihr das Geld / [68] das ihr zu weilen für Schwalbenwasser in die Apothecken traget / ersparen können. Ich weiß zwar wohl / daß man die Schwalben nicht gerne tödtet / dahero auch die allgemeine Sage entstanden seyn mag / daß es nicht gut sey / wenn man eine Schwalbe umbringe. Alleine / ich will euch viel andere Ursachen sagen /warum es nicht gut ist / nehmlich: eine Schwalbe ist ein Vögelein / das keinem Menschen in der Welt Schaden thut / denn es frisset keine Körnlein / davon sich eine andere Creatur ernähren könte / sondern flieget in der Lufft herum / und reiniget solche von allerley Fliegen / Mücken und dergleichen Ungeziefer /davon Menschen und Vieh sonst geplaget würden /ingleichen / reinigen sie auch an Häusern die Wände von denen Spinnen und andern schädlichen Fliegen und Gewürm. Darum ists freylich nicht gut / daß man diese nützlichen Vögelein ohne Ursach tödten wolle; so es aber gleichwohl ohngefehr geschicht / daß die Schwalben erschlagen werden / so will ich mit meiner Ehre davor stehen / daß um des willen kein Tropffen Regen vom Himmel fallen wird.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Der erste Fall eines Kindes schadet dem Kinde nicht.

[69] Das mag dir der Teufel lehren / und kein guter Geist. Wenn ein Kind zum ersten mahl fällt / und fällt sich todt / so kan zwar das Kind über seinen ersten Fall nicht klagen / die Eltern aber stimmen Klage genug darüber an / daß ihr ruchloß und unachtsam Gesinde offt nicht besser Acht auf die ihnen anvertrauten Kinder haben / sondern schlaffen zu weilen / ob sie schon das Kind aufn Schooß liegen haben / und lassen es todt zur Erden fallen / dergleichen trauriges Exempel noch wohl vielen in unserer Stadt leider! bekannt seyn wird / wie ein baar Christliche Eheleute / welche ohne dem schon etliche Kinderlein durch den zeitlichen Tod verlohren / durch Unachtsamkeit einer faulen Magd / um ihr damahls einiges liebes Kind so schändlich kommen sind / weil die Magd solches von der Schooß fallen lassen / daß es gleich den Geist aufgegeben hat. Dieses war auch der erste Fall / welcher aber dennoch schädlich gnug war. Es wird solcher gestalt aus eines Kindes ersten Fall auch wohl der letzte Fall / denn bey solcher Bewandniß fällt ein Kind hinfort nimmermehr. Dieses gemahnet mich nicht anders / als ietzt gleich / da ich dieses schreibe / giebt sich ein betrüglicher Medicaster an / seiner Kunst und Herkunfft nach ein versoffener Müller / dieser nimmt aus desperation vor / [70] Patienten zu curiren / und unterstehet sich / verwegener Weise die Leute zu bereden / daß wem er Artzney eingebe / der würde nimmermehr wieder kranck; ja / wenn ein Kind aus Mutter Leibe käm / so wolte er solchem von seiner Artzney geben / so würde es Zeit seines Lebens nicht über die geringste Kranckheit klagen dürffen. Ja wohl /wenn es stracks drauf stirbt / thut ihme hernach kein Zahn mehr weh. Ich will aber einen ieden redlichen Menschen vor solch verwegen Diebs-Gesindel gewarnet haben / daß sichs nicht von ihren Schmeicheleyen verführen läßt.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Wer Mist ladet, und spisset ohngefehr mit der Mistgabel einen alten Hader im Miste auf / der soll ihn an der Gabel stecken lassen / denn er ist zu was gut.

Ihr alten abergläubischen Mist-Fincken / worzu ist er gut? ich bekomme von euch zur Antwort: Wenn iemand ein Kind hat / dem die Zähne geiffern / und man hält dem Kinde diesen Hader mit der Mistgabel für die Zähne / so vergehet das geiffern davon. Nun möchte ich die Ursach von euch hören / woher denn dieser Mist-Hader für das geiffern der Kinder / durch das blosse vorhalten mit der [71] Mistgabel / helffen solle? dieses aber könnet ihr mir nicht sagen / ausser / daß ihr euch wollet auf die Erfahrung beruffen. Diese trügt aber / und hält man von einem solchen Medico blut wenig / der einem Patienten ein Medicament eingiebt / und doch keine rationes anzuzeigen weiß / warum er eben dieses Medicament, und kein anders appliciret; oder der Medicus wüste der Artzeney ihre Würckung auf keine bessere Weise zu sagen / als: es hülfft! Also machen es alle Empirici, und unverständige Limmel. Weil ich euch alten abergläubischen Mistgabel-Reiterinnen / um eurer vortrefflichen Künste willen / gantz abscheulich sehr gewogen bin / so will ich euch aus grosser affection Unterricht geben / wie ihr ins künfftige antworten könnet / wenn euch iemand ferner mit dieser Frage begegnen solte. Ihr wisset / wie ein gelüsterner Mensch insgemein die Art an sich hat / daß wenn er iemanden anders siehet ein gutes delicates Bißgen essen / so wird ihm von grossen appetit das Maul wässerig / oder geifferig / da von grossen appetit die Speichel-Drüßgen sich zusammen drucken /und den Speichel auspressen. So nun ein delicates Leckerbißgen die Krafft hat / gleichsam einen Geiffer oder Speichel zu erregen / so könnet ihr sagen / der Dreck- oder Mist-Hader / sey dem [72] delicaten Bißgen ein contrares Ding / und hindere also dem Ubel / das durch den appetit entstanden sey / oder / der Eckel /von Anschauung des mistigen Haders / sey natürlicher weise dem appetite / der von Anschauung eines delicaten Leckerbißgens entstanden / ein Wieder-Tod; und solcher gestalt werdet ihr euere mistige Kunst gar wohl beweisen können. Noch eins! mein Rath wäre /daß ihr diese eure Kunst erst an euch selbst probiret /ehe ihr solche den kleinen Kindern gebrauchet / und zwar an euren stets-trieffenden Nasen; weil nicht zu zweiffeln / daß das remedium, welches den Geiffer vertrocknet / das werde auch s.v. die Rotznasen trocken machen.

Das 34. Capitel
Das 34. Capitel.
Wenn man trincket, soll man nicht in die Kanne sehen / denn es ist nicht gut.

So mag ein abergläubischer Narr aus einem Glasse trincken / so darff er nicht in die Kanne sehen. Ich möchte aber doch wissen / was denn vor Schaden davon erwachsen solte / wenn eines / das trincket / in die Kanne sehe? Ich meines Orts wolte vielmehr behaupten / daß es besser sey / man sehe in die Kanne /wenn man trincken wolle / als wenn man trincket /und nicht hinein siehet. Denn so ich nicht in die Kanne [73] sehe / und setze doch solche an zu trincken / so kan ich wohl eine Kanne bekommen / darinnen was unreines / oder gar etwas untrinckbares ist / alsdenn bin ich betrogen; wenn ich aber in die Kanne sehe / so sehe ich doch / ob ich etwas zu trincken darinnen habe oder nicht. Ich erinnere mich / daß in meiner Jugend eines Töpffers Weib in Arnstadt aus einer alldort gewöhnlichen höltzern gebichten grossen Kanne in der Eyl einen starcken Trunck Kofend that / in währenden trincken aber kam ihr etwas vors Maul /welches sie bewegte (wie wohl zu spat) in die Kanne zu sehen / da sie denn / mit ungemeinen Schrecken /eine abscheuliche Kröte in der Kannen erblickte /worüber sie in eine langwürige Kranckheit verfiel /und bald gar den Geist aufgeben müssen / wenn ihr nicht / nechst GOtt / durch heilsame Mittel geholffen worden. Wär es nun nicht besser gewesen / wenn sie erst fein in die Kanne geschauet hätte / ehe sie getruncken. Denn die Kanne hatte mit aufgemachten Teckel auf der Kellerstuffen gelegen / die das Mägdgen / welche den Kofend geholet / nicht erst ausgespielet gehabt sonst wär die hinein gekrochene Kröte mit raus geschüttet worden. Ist nun aber doch mancher Narr so gar im Aberglauben ersoffen / und glaubt daß es nicht gut sey / wenn er in die Kanne siehet / dem weiß ich kein [74] besser Mittel vorzuschlagen / als daß er sich eine feine grosse Kanne machen lasse / und setze sich gar hinein / so kan der Narr heraus sehen: Alsdann wird er gewahr werden / ob das hinein- oder das herausgucken am schädlichsten sey.

Das 35. Capitel [2]
Das 35. Capitel.
Es ist nicht gut, wenn man des Abends mit dem Maule pfeifft.

Wenn es auch gut wär / so würden alle Narren des Abends pfeiffen wollen / so würde kein gescheuet Mensch sein eigen Wort vor solchen Pfeiff-Narren hören können. Ehe die Laternen in Leipzig auf denen Gassen des Nachts angezündet wurden / hatten die Handwercks- und Studenten-Jungen die Gewohnheit /daß sie im finstern auff den Gassen giengen und pfiffen / und dieses pfeiffen geschahe / theils damit die Furcht zu vertreiben / theils auch denen / die ihnen in finstern entgegen kamen / damit ein Zeichen zu geben zum ausweichen / weil solche Jungen gemeiniglich Bier / Wein / oder Oehl trugen. Nun urtheile man / ob das pfeiffen mit dem Maule des Abends so schädlich sey. Ich kenne einen groben Pfeiffer / der pfeiffet des Abends zwar nicht mit dem Maule / aber desto mehr mit der Esels-Trompete / s.v. und spricht offtmahls zu einem ieden Pfiff: Der war 100. [75] Thaler werth. Dieser grobe gesell weiß vielleicht diesen Aberglauben auch / daß es des Abends nicht gut seyn soll / mit den Maule pfeiffen; iedoch habe ich auch wahr genommen / daß ehrliche Leute dieses Flegels Compagnie um deßwillen gemieden haben / weil sie den stinckenden Odem seiner Esels-Trompete nicht vertragen können; und ob der Flegel gleich meinet / es sey ein Pfiff 100. Thlr. werth / so sage ich dargegen: er sey nicht einen Teuffel werth. Wer Lust zu pfeiffen hat / der mag sich eine Pfeiffe erwählen wie er will / ich kan ohne pfeiffen zu Bette gehen / will auch lieber mit meinem Munde GOtt mit einem Liede loben / und beten / als pfeiffen.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
Wenn einem das Messer tieff ins Brodt nein fähret /so ist man hungrig.

Es wird kaum fehlen / daß es wahr ist? denn wem nicht hungert / wird nicht leichtlich Brodt abschneiden / es wär denn Sache / daß er es nur vor die Hüner / einen Hund / oder vor ander Vieh / oder auch für Kinder / einen Bettler / oder iemanden anders schneiden thäte / für sich selbst aber wird einer selten Brodt schneiden / wenn ihm nicht hungert; je hungeriger[76] man nun aber ist / ie tieffer pfleget man das Messer an das Brodt zu setzen / denn mit einem dinnen Schiebelgen Brodt lässet sich ein hungeriger Magen nicht sättigen / sondern man setzet das Messer tieff ein /daß es einen feinen dicken Runcken herab schneide /und auf solche Art mag es wohl seyn / daß der hungrig ist / dem das Messer tieff ins Brodt fähret. Es ist aber das Brodtschneiden nicht eben die gewisse Probe des starcken Hungers / denn der Brodtschneider empfindet ja ohne dem den Hunger schon in seinem Magen / und betrachtet nicht / daß er erst am Brodtschneiden abnehme / ob er hungrig oder nicht. Wer sich aber einbildet / daß wenn er irgend ein mit harter Rinden / oder ein neubackenes Brodt / mit einem stumpffen Messer aufschneiden müsse / und das Messer ihm unversehens und wider seinen Willen tieffer in die Rinden einfähret / als sein Vorsatz gewesen / es sey solches eine gewisse Anzeigung seines Hungers /ob er gleich keinen Hunger fühlet / der ist ein eingemachter Stockfisch.

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wenn man an einem gemeinen Ort s.v. seine Nothdurfft verrichten will / soll man vorhero dreymahl ausspeyen / so kan es einem nicht schaden.

[77] Man hält insgemein davor / daß durch der Menschenexcrementa vielerley Gutes und Ubels per Sympathiam & Antypathiam könne angerichtet werden. Dannenhero die Physici, und viel erfahrne Medici widerrathen / daß der Mensch seine natürliche Nothdurfft nicht ohne Unterscheid in alle gemeine Winckel ablegen solle. Wie insonderheit Maxvellus in seiner so genannten Magnetischen Artzney-Kunst solches weitläufftig ausführet. Nun will ich zwar selbst nicht in Abrede seyn / daß nicht einmahl excrementa von Pestilentzialischen / Frantzösischen / oder auch mit der rothen Ruhr beladenen Leuten irgends wo liegen solten / dadurch sich iemand eine dergleichen Kranckheit per Sympathiam übern Halß ziehen könne. (wiewohl mancher singulairer Practicus auch mehr von solchen Magnetismo glaubt / als in der Wahrheit sichs verhält) Es sey aber doch / wie ihm wolle / so kan doch das dreymahlige Ausspeyen / welches in diesem abergläubischen Punct recommendiret wird / keines weges für die geringste Infection der Excrementen præserviren / daß hernach der Magnetismus seine Würckung nicht wie sonst solte können verrichten /und kan ich keinem rathen / daß er sich auf dieses Ausspeyen verlasse. Jedoch wird auch in Pest-Zeiten /und wo vergifftete [78] Lufft vermuthet wird / das öfftere Auswerffen des Speichels gerathen / und dieses geschiehet darum / daß so irgend einige infection und Gifft sich mit dem Speichel in dem Munde vermischte / solcher inficirte Speichel nicht eingeschluckt / und der gantze Leib damit inficiret werde / sondern fleißig weg und aus zu werffen nöthig sey. Bey so gestallter Bewandniß kan nun zwar das Ausspeyen / bey Verrichtung der natürlichen Nothdurfft / an einem gemeinen stinckenden Orte / auch wohl nützlich seyn; wo es aber aus Aberglauben eben 3. mahl geschicht / ists unrecht; und ist alles / in rechten Verstande gethan /gut / so es aber durch Aberglauben zum Mißbrauch gedeiet / ists Sünde.

Das 38. Capitel
Das 38. Capitel.
Wenn man des Morgens früh zwischen zwey alten Weibern gehet / hat man desselben Tages kein Glück.

Die lieben alten Weiber sollen auch alles gethan haben / sie sind ja alle auch jung gewesen / und haben GOtt zu dancken / daß Er sie hat in ein so hohes Alter gebracht / und wer noch jung ist / wünschet ja auch alt zu werden. Warum soll denn bey einem Menschen / Weibliches Geschlechts / das Alter so viel übele [79] Bedeutung haben? das kan ich weder heute noch morgen mit meiner Vernunfft begreiffen.

Zwar gestehe ich gar gern / daß manch altes Weib dem Teuffel in allerley bösen Stücken gantz gleich ist / zu mahl / so sie in der Jugend mehr dem Satan / als dem wahren GOtt gedienet hat. Es ist aber doch bey weiten nicht von allen zu verstehen. Denn es giebt in Wahrheit noch viel alte / ehrliche / Christliche und fromme Mütterlein / die offt Tag und Nacht für eine gantze Gemeine / ja für das gantze Land andächtig zu GOtt bethen / und wie die alte Hanna Luc. 2. anhalten mit fasten und bethen Tag und Nacht. Dannenhero ich kein Bedencken tragen wolte / alle Morgen zwischen solchen frommen / Christlichen alten Weibern zu gehen / ohne Besorgung einiges Unglücks. Das ist aber dargegen auch wahr / daß gute und fromme ehrliche alte Mütterlein nicht viel auf denen Gassen herum lauffen / sondern / das sind gemeiniglich solche alte Vetteln / die auf allen Gassen gesehen werden / welche der Teuffel zu seinen Nunciis oder Postilionen gebraucht / zu kuppeln / zu lügen und Mährlein zu tragen etc. denn man nicht alle mahl vergeblich in Sprüchwort sagt: Wo der Teuffel nicht hin kan / da schickt er ein alt Weib hin; die kan manchmahl mehr ausrichten / als der Satan selbst. [80] Wer nun das Glück /oder vielmehr Unglück hat / daß er des Morgens zwischen zweyen solchen alten Wettermacherinnen zugehen kommt / der wird davon freylich wenig Nutzen haben. Jedoch muß ein Christ die gute Zuversicht zu seinen GOtt haben / daß so er sich / durch ein andächtiges und gläubiges Gebeth / in den Schutz des Höchsten befohlen hat / ihme auch nicht schaden könne /ob er auch den gantzen Tag unter lauter Teufeln wandeln müste / will geschweigen unter zwey alten Weibern.

Das 39. Capitel
Das 39. Capitel.
Wo die Schwalben neue Nester bauen / aus selbigen Hauße stirbt selbiges Jahr iemand.

Ich erinnere mich / daß ich ehemahls in des Tentzelii seinen heraus gegebenen Monaten eben diesen Aberglauben auch gefunden habe / und mit Verwunderung gesehen / daß Herr Tentzel dieses selbst wahr befunden zu haben fürgibt. Qvasi, alß ob es etwas besonderes ominöses sey / wenn die Schwalben neue Nester baueten / oder wär etwas ungewöhnliches / wenn iemand aus einem Hauße (zumahl / in welchen große Familien sind) stirbt. Alles aber / was natürlicher-und gewöhnlicher massen sich offt zuträgt / darauff ist kein specialer [81] Schluß zu machen auff eine besondere Bedeutung. Dann / gleichwie gar leicht iemand aus einem Hauße sterben kan / in welches keine Schwalben gebauet haben / also kan auch leicht ein Schwalben-Nest in einem Hauße gebauet werden /aus welchen doch niemand in Jahr und Tag stirbt. Wie ich denn nun nicht allein das vergangene Jahr in meinem eigenen Hauße / sondern auch in andern Häußern mehr das Contrarium observiret habe / daß nehmlich verwichenen Sommer die Schwalben haben neue Nester gebauet / und ist doch GOttlob! niemand aus unsern Häußern gestorben / man wolte denn die verstorbenen Hüner oder die im Vogel-Gebauer verschiedene Zeißige mit unter die Todten zählen. Welches aber gleichförmige Leichen seyn würden mit denen geflügelten Propheten / welche mit ihrem neuen Nester-Bau solche Todes-Fälle prognosticiret hätten. Aber diese Schwachheiten würden sich solcher Gestalt endlich gar auf die verschmachteten Fliegen müssen appliciren lassen: dahero ich davon abstrahire / und glaube / daß der Aberglaube nur die Menschen angehen solle. Wobey man aber mit Verwunderung siehet / daß auch offtmahls kluge und gelehrte Leute sich doch auch durch närrische Aberglauben bethören und einnehmen lassen / drum David mit Recht sagt: Große Leute fehlen auch.

Das 40. Capitel
[82] Das 40. Capitel.
Wer einen Hüner-Steiß isset, der kan nichts verschweigen.

Man pfleget insgemein von einem verwaschenen Menschen / der nichts heimliges verschweigen kan /zu sagen: er hätte von einer Hüner- posterität gegessen. Dannenhero auch viele nicht gern vom Steiße einer Henne essen wollen. Woher aber die Krafft /verwaschen zu machen / in Hüner-Steiß kommt / kan ich nicht recht ergründen / zweiffele auch / ob einPhysicus das beschissene Geheimüß finden werde. Das weiß ich zwar wohl / daß wenn eine Henne will ein Ey legen / so kan sie es selbst nicht verschweigen / sondern fänget vorher ein groß Gegacke und Geschrey an / und verräth sich selbst / daß ietzt ihr Steiß werde ein Ey gebähren. Ob nun ihnen der Steiß so jucket oder kitzelt / daß sie das Schreyen und Lachen nicht lassen können / hat mir noch keine Henne in unser teutschen Sprache berichten können / und der Hüner Sprache verstehe ich nicht. Auch habe ich mehrmahls gesehen und gehört / daß man einen kleinen Kinde / wenn es zum ersten mahl in ein ander Hauß getragen wird / deßwegen ein baar frisch-gelegte Eyer schencket / auf daß es desto leichter soll reden lernen. [83] Weil nun die Eyer / so frisch sind / nicht lange von Hüner-Steiß hinweg sind / so sollts fast glaubend machen / daß der Hüner-Steiß die Krafft haben müsse / viel und leichte redend zu machen. Wer nun einen solchen Steiß isset / muß ja wohl hernach klätschig und wäschig werden. Gleichwohl aber wunderts mich / da die Weiber besonders so viel auf diesen Glaubens-Articul halten / warum sie sich denn am allerwenigsten für solchen Schaden zu hüten pflegen / denn in der gantzen Welt ist keine verwaschenere und unverschwiegenere Creatur / als wie theils Weiber; und sonderlich solche / die von einem Hauß zum andern schleichen / und überal hören / was hie und da paßiret / und was sie in einem hören / das tragen sie alsdenn ins andere / ins dritte und vierdte / biß die Stadt von dem Mährlein voll ist / ob gleich solchen alten Taschen ein Ding in geheim anvertrauet worden ist. Es scheinet also / ob hätten die Plauder-Mäuler den Hünern die Steisse mit dem Kothe abgefressen.

Das 41. Capitel
Das 41. Capitel.
Auf den Weyhnacht-Neu-Jahrs- und H. 3. König-Heilig-Abend soll man den Hünern den Ragen / den Kühen aber die Milch von Heringen zu fressen geben / [84] so geben diese viel Milch / und jene legen viel Eyer in diesem Jahre.

Es ist Schade / daß bey dieser Kunst nicht stehet:Probatum est. Wenn ein Marckt-Schreyer oder Qvacksalber seine spitzbübische Waare recommendiret / so weiset er einen Hauffen Testimonia auf / was er für grosse Thaten hie und dort damit habe gethan /wenn gleich mehrmahls nicht ein Wort wahr ist. Also könte ja hier auch wohl dabey stehen: probarum est; ob es gleich nicht eben so gar wohl in der Probe bestanden wär. Es würde ja nicht so viel zu bedeuten haben / ob es eintreffe oder nicht / genug / wenn es die abergläubischen Weiber in ihrer Pfülosevieh haben: wer es nicht glaubt / dem hilffts auch nicht. Drum glaubts nur / es muß eintreffen / denn man kan es ja an Fingern abzehlen / daß es nicht anders seyn kan. Zu dem ist es auch in der Physica gegründet /daß einer dasjenige kackt / was er gegessen hat /ergo, wenn die Hüner viel Herings-Ragen fressen (welches die Eyer des Schneider-Carpens sind /) so kacken oder legen sie auch diese Eyer oder Ragen wieder durch den Steiß von sich / und legen also allerdings viel Eyer. Desgleichen ists auch mit der Herings-Milch bewandt; fressen die Kühe viel / so bekommen sie viel in Leib; haben sie viel im [85] Leibe / so geben sie wieder viel von sich. Aber ich bedancke mich vor diese Milch und Eyer zum aller freundlichsten / und will meine portion allen abergläubischen Küh-Mälckerinnen zum neuen Jahre verehret haben.

Das 42. Capitel
Das 42. Capitel.
Wenn die Katzen ihr Fressen reine auffressen / so wird das Korn selbiges Qvartal theuer: wenn sie aber Krümelgen liegen lassen / so wirds wohlfeil / oder bleibt in alten Preiß.

Sind wir Menschen nicht elende Creaturen / daß wir nicht einmahl so klug sind / als wie die Katzen! denn welcher Mensch ist wohl so weise / und wisse zuvor /ob die Speise künfftig werde theuer oder wohlfeil werden / und richtet sich darnach / daß er von seinem Vorrath auf künfftigen Mangel spare / als die Katzen thun / wenn sie sich satt gefressen haben / daß sie nichts mehr können hinein bringen / den Uberfluß derowegen liegen lassen. Dieses Geheimniß mag auch wohl nicht ohngefehr seyn erfunden worden / sondern scheinet von der überflüßigen Weißheit dersuper-klugen Weiber ausgeheckt worden zu seyn. Wenn ich aber einen ohnmaßgeblichen Rath hierzu geben solle / was man mit dieser ausgeheckten [86] Frucht machen solle / so wolt ich rathen / daß man ihr thue /als wie den unnützen jungen Katzen / die man ins Wasser wirfft und ersäufft / ehe sie des Naschens gewohnen. Denn es sind rechte Narrenpossen / da man an Fingern abzehlen kan / daß nichts wahres noch gewisses daran sey / und wird man in einem Tage / ja in einer Stunde, zweyerley Begebenheit von dieser Erzehlung observiren können / wenn man nehmlich zwey Katzen in besondere Logiamenter thut / eine hungerige / und eine / die nicht sehr hungrig ist / und giebt einer so viel zu fressen / als der andern / so will ich versichern / daß ob gleich die eine gantz reine auffrißt / so wird doch die andere Krümelgen liegen lassen. Da nun aber dieses zu gleicher Zeit geschicht / so ist die Frage: nach welcher Katzen muß man sich richten / daß man recht erfahre / wie es mit dem Korn-Preiß werden wird? resp. ihr wißt es nicht; ich auch nicht / also wissen es alle beyde nicht.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
Den Aufschnitt von einem Brodt darff eines nicht allein essen / sondern muß iemanden anders etwas davon essen lassen.

Das mag abermahl ein wunderbares alber [87] Weiber Geheimniß seyn. Es ist irgend 14. Tage / da ich hatte backen lassen, und wie das noch warme Brodt von Becker gebracht / und in meinem Hause hingelegt wurde / kam ohnversehens ein schwangeres Bauer-Weib zu mir / und brachte etwas Obst zu verkauffen /diese sahe das Brodt sehnlich an / und sagte / es röche so gut. Wie ich nun merckte / daß das Weib einenappetit zum warmen Brodt hatte / ließ ich meine Magd eines aufschneiden / und diesem Weibe den Aufschnitt geben. Das Weib nahm geschwinde ihr Messer / und schnitte ein wenig davon / und steckte es ins Maul / hernach schnitte sie noch etwas ab / und gab es meinem Kinde. Da ich dieses sahe / wolte ichs meinem Kinde nicht nehmen lassen / sondern sagte: sie solte es nur behalten / das Weib aber gab zur Antwort: sie dürffte den Aufschnitt nicht alleine essen /reichte demnach das Stückgen / das sie meinem Sohn geben wolte / meiner Magd zu / diese hieß es ihr ebenfalls behalten / sie wendete aber nochmahls ein: sie dürffte es nicht gantz essen. Wie ich aber nach der Ursach fragte / bekam ich zur Antwort: sie würde sonst geitzig / so sie den Aufschnitt alleine ässe. Also erfuhr ich dieses grosse Geheimniß auch. Was aber dieses für eine Narren-Erfindung ist / kan ein ieder /der nur ein [88] Qventlein Verstand hat / an Fingern abzehlen. Denn man bedencke nur / wie viel tausend gantze Brodte werden aufgegessen / da nur eine Person alleine das gantze Brodt verzehret / als wie beyn Soldaten / wenn ein ieder sein eigen Commiss-Brodt bekömmt und solches allein isset / also isset er ja erst den Aufschnitt davon alleine / und dann folglich auch das gantze Brodt. Solte nun daher der Geitz entstehen / das ist meines Erachtens was sehr lächerliches / welches ich nicht glauben kan.

Das 44. Capitel
Das 44. Capitel.
Wenn iemand die Rose bekömmt, der soll sich einen andern / der gleiches Tauff-Nahmens ist / mit Stahl und Stein lassen Feuer-Funcken drauf schlagen / so vergehets.

Wenn aber nun einer / der von der Rose incommodiret wird / einen Nahmen hätte / dergleichen Nahmen in der gantzen Stadt nicht anzutreffen / e.g. Quirinus, Gangolphus, Polycarpus, Emerentia, Petronilla, Euphemia, etc. welche Nahmen an theils Orten gantz unbekannt sind / wie solte einem solchen Patienten geholffen werden / wenn man zumahl kein ander Mittel wüste als dieses? Ich weiß zwar wohl / daß diesesremedium bey [89] der Rose offt gute Würckung gethan hat / mir ist aber auch wohl bekannt / aus was Ursachen diese sulphurische Funcken, die Hitze und brennen der Rose lindern / wenn sie häuffig drauf geschlagen werden: daß es aber eben von einem Menschen müsse aufgeschlagen werden / der den Tauff-Nahmen habe wie der Patiente / ist ein schändlicher Aberglaube. Und versichere ich einen ieden / daß wenn sich die Rose durch dieses Mittel vertreiben lässet / so mag der / der das Feuer aufschlägt / Nickel / oder Ursel /Matz oder Jockel heissen / so wird sich der effect finden lassen / denn die Hülffe rühret nicht her von dem Nahmen dessen / der das Feuer schlägt / sondern von dem aufgeschlagenen schwefelichen Funcken / die aus dem Stahl und Kieselstein auf die Geschwulst fallen /und das hitzige ferment in der Rosenhafften Geschwulst corrigiren / bey nahe / als wie irgend geschicht / da bey einem Donnerwetter der Blitz in das im Bottige gährende Bier fähret / dadurch die Guhre gehemmet / und das Bier zu schanden wird. Wer mir aber nicht will glauben / der versuchs / und lasse sich so wohl von Hansen / als auch von Matzen in die Augen schlagen / daß Feuer heraus springet; ich wette / es hat beydes einerley effect.

Das 45. Capitel
[90] Das 45. Capitel.
Wer ein Pferd kaufft, darff nicht gerade 20. 30. 40. 50. 60. oder 70. Thlr. davor geben / sondern ungerade Geld / sonst hat man kein Glück damit.

Es wird nicht leicht ein Bauer ein Pferd kauffen / und dafür gerade 20. 30. oder mehr Thaler zahlen / sondern er wird handeln auf 19. 23. oder 27. 33. 39. 41. Thlr. und so fort / daß es keine gerade Zahl macht. Denn der Teufel hat leider! das Bauer-Volck mit Aberglauben eingenommen / daß alle ihr Thun und Vornehmen mit lauter Aberglaubigen Narrenpossen untermenget seyn wird. Was sie aber beweget zu glauben / daß eine ungerade Zahlung für ein Pferd solch Pferd soll glücklicher machen / als so sie es mit einer geraden Zahl Thalern bezahlten / mag vielleicht der Teufel selbst nicht wissen / iedoch hat er seine Freude daran / wenn er den Kindern des Unglaubens solche Chosen einbildet / dadurch sie ihr Vertrauen von dem Geber alles Guten abwenden / und abergläubischer weise solchen Dingen zueignen / die doch nichts sind. Wie denn die gerade oder ungerade Zahl nichts ist und nichts bedeut / als eine Ordnung in natürlichen Dingen / diese Ordnung aber ist bey Kauffung [91] einer Sache gantz unvonnöthen / es würde sonst / Zweiffels frey / in allen Handlungen und Käuffen auch observiret werden müssen / und nicht anders /als vor ungerade erhandelt werden dürffen. Daß ich aber in ietziger vorgenommenen Sache nicht zu weit ausschweiffe / so gebe ich den närrischen Pferde Händlern nur zu bedencken / daß weil ein ieder Thaler aus 24. Gr. bestehet / so mögen sie die Thaler gerade oder ungerade nehmen / so werden sie dennoch allemahl gerade Geld haben. Zudem / so kommt ja die Rechnung des Geldes nur lediglich auf den Willen des Menschen an / ob er es nach Thalern / nach Gülden /oder nach Groschen rechnen will. So es nun auf eine weise gerade heraus kömmt / so kömmt es auf andere weise ungerade. So nun das Werck in des Menschen Willkier stehet / so kan es kein Occultum naturæ seyn. Und also möchten doch die Menschen bedencken / daß sie mit solchen Gauckel-Possen nur alleine dem Teufel zu Gefallen lebten / und weiter keinen Nutzen davon hätten / wohl aber ein beschwert Gewissen / und so keine Bekehrung folgt / endlich gar die Verdammniß.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
Wennm an ohngefehr einem Wolffe [92] begegnet / und der Wolff siehet den Menschen eher / als der Mensch den Wolff / so wird der Mensch stumm oder heischer.

Wenn zuweilen iemand heischer redt / so sagt man gemeiniglich: was muß der gesehen haben / daß er so heischer redt? es scheinet aber / ob hierdurch Schertzweise ein Wolff verstanden werde / der keine Zähne im Maule hat / und doch manchen so hefftig beisse /daß er zwantzig und mehr Thaler vor Heilung des Halses zahlen muß. Ich lasse aber anietzo diese Art von Wölffen an ihrem Orte / und will nur die rechten natürlichen Wölffe anschauen / ob diese verursachen /daß ein Mensch heischer werde / der von einem Wolffe eher gesehen werde / ehe der Mensch den Wolff siehet. Hierzu finde ich aber auf keine wege eine natürliche Ursache / sondern halte es vielmehr vor ein alberes Fabelwerck. Denn ob man gleich meynen wolte / es erschrecke ein Mensch so sehr über die unversehene Aufstossung eines Wolffes / daß er vor Schrecken nicht ein Wort aussprechen könte; so verursachet doch dieses eben keine Heischerkeit des Halses / vielweniger eine gäntzliche Stummheit / sondern es würde eine blosse von Schrecken entstandene alteration seyn / die auch über einem andern grimmigen[93] Thiere entstehen kan / und nicht eben ein Wolff seyn müste. Zudem / so kan ja niemand gewiß sagen / der Wolff habe ihn eher / als er den Wolff gesehen? denn wenn ich einen Wolff sehe / weiß ich ja nicht / ob der Wolff mich nicht vorhero schon gesehen habe / oder nicht. Zudem / so werden alle wohlerfahrne und verständige Jäger bekennen / daß dieser Punct gantz falsch sey / und werden kein Exempel wissen / daß einer unter ihnen um solcher Ursach willen wär heischer worden. Drum gebe ich diesem Lehrsatz billig eine Stelle unter den fabelhafften Aberglauben. Wen aber der erst erwehnte Wolff gebissen / der mag sich meiner Tincturæ valde bonæ bedienen.

Das 47. Capitel
Das 47. Capitel.
Wenn man das Leichen-Bret höret fallen / soll man sagen: falle auf meine Henne / Ziege / Hund / Katze /und so fort etc. so kan man den ominirten Todesfall abwenden.

Zu weilen höret man unvermuthet / so wohl Nachts als Tages / etwas in einem bewohnten Hause fallen /und weiß nicht alsbald / was es ist / da wird dann aus Aberglauben offt davor gehalten / es falle ein Leichen-Bret / und bedeute einen Todesfall eines Menschen in solchem [94] Hause. Da sind nun viele alte aberglaubische Zauber-Vetteln mit dem Teufel zu Rathe gangen / ob nicht ein Mittel sey / dadurch solch Omen oder übele Bedeutung desfalls könne unkräfftig gemacht werden. Hierzu ist der Satan geschwind willig gewesen / und hat denen alten Zauberinnen eingebildet / daß wenn sie folgende Worte bey ereigneten solchen Fallen sprächen / so könne es nicht schaden:


Gütgen! ich geb dir mein Hütgen,
Wilst du den Mann, ich geb dir den Hahn;
Wilst du die Frau, nimm hin die Sau;
Wilst du mich, nimm die Zieg;
Willst du unsere Kinder lassen leben, so will ich dir alle Hüner geben.

Wer wolte aber so toll seyn / und von dieser Narrethey etwas halten / da ja noch lange nicht erwiesen ist / daß ein solcher Fall nicht etwas natürliches gewesen sey. Denn es kan in einem Hause leicht etwas umfallen / oder von einer Katzen etwas umgeworffen werden. Eine Ratte kan ein Stück Kalg vom Dache abstossen / daß es auf dem Boden einen Fall thut / und wer wird sich auf allerhand Gelegenheit des Fallens in einem Hause besinnen? Aber / daß der Teufel ja fein viel geehret werde / so kan auch nichts im Hause fallen / es muß ein Aberglaube draus gemacht werden. Woher [95] muß aber ein solcher Fall eben ein Leichenbrets-Fall seyn? wo kömmt denn das Leichenbret aufn Boden / oder ins Hauß / und wer hat ein solch Bret ie fallen sehen? und woher haben denn nur gemeldte Worte die Krafft / daß sie dasjenige / so im Rath GOttes beschlossen ist / können rückgängig machen? das möchte ich gern wissen. Denn das Ziel / das GOtt einem ieden Menschen gesetzt hat zum Sterben / kan kein Mensch ändern / oder von Menschen auf ein Vieh lencken. Aber halt! was rede ich? es muß doch vielleicht was an dieser Kunst seyn / weil sichs so fein reimt. Reime dich / oder ich fresse dich. Güdgen oder Jüdgen! ich geb dir mein Hütgen. Was ist denn das Güdgen vor ein Ding? so soll der Teufel untern Hütgen spielen / als wie ein Taschen-Spieler / daß wenn man gedenckt / es gelte den Mann / so sey es nur der Hahn; vernimmet man / es gelte die Frau / so sey es die Sau / u.s.f. Das ist gar fein ausgesonnen / denn offtmahls ist der Mann zugleich auch mit ein Hahne-r: und manche liebe Frau ist eine garstige Sau. Also wird es dem so genannten Jüdgen gleich viel gelten /wenn ihme nur von beyden eines zu Theil wird. Zuletzt bekömmet er wohl ohne Mühe alles zusammen.

Das 48. Capitel
[96] Das 48. Capitel.
Wer Pfropff-Reisser bricht, soll sie nicht lassen auf die Erde fallen / sonst fallen hernach die Früchte desselben Baumes alle vor der Zeit ab.

Diesen albern Wahn hegte ohnlängst ein gar feiner Mann / weil es ihm ein alter kluger Gärtner gelehrt hatte. Ich antwortete aber: wenn dieser kluge Gärtner gleich 100. Jahr alt gewesen / so wär er doch ein alter Narr gewesen. Denn / wer hat wohl iemahls einen tragenden Obstbaum gesehen / an welchem nicht auch Früchte zu ihrer vollen Reiffe gekommen. Daß aber an allen Bäumen auch einige Früchte vor der Zeit abfallen / wenn nehmlich ein Mehl-Thau / oder schädlicher Regen drauf fällt / ist bekannt / das Pfropf-Reiß sey gleich zu seiner Zeit noch so wohl in acht genommen worden / daß es nicht auf die Erde gefallen ist. Und was soll denn auch das Fallen des Pfropffreisses zum Abfallen künfftiger Früchte contribuiren können / da ja nichts schadet / wenn man gantze Hände voll dergleichen Reiser mit Fleiß nieder auf die Erde legt. Solte sich demnach ein vernünfftiger Mann lieber ins Hertz hinein schämen / ehe er solch unvernünfftig Ding / andern Thoren zugefallen / [97] glaubte. Aber / dem Satan glaubt man leider! immer lieber / als dem / was GOtt in seinem Heil. Worte zu glauben befiehlet.

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Wer über Tisch einen zerbrochenen Teller bekömmt /der verlieret selbigen Tag einen Dreier.

Was hat doch der Dreyer für Verwandschafft mit einem Teller? solte es irgend der runten Figur wegen seyn / so würden noch viel andere runte Sachen dergleichen Eigenschafft haben. Es kan aber diese Meynung auch ohne dem darum nicht statt finden / weil ja ein gantzer Teller so wohl rund ist / als ein zerbrochener. Jedoch wird hier die Schuld der Verliehrung eines Dreyers nur allein auf einen zerbrochenen und nicht auf einen gantzen Teller gelegt; muß also die Ursach vom Bruch des Tellers alleine herrühren. Warum eben der Bruch eines Tellers / und nicht eben so wohl auch eines andern zerbrochenen Dinges / diese Krafft haben soll / ist ein Geheimniß / welches meinem Verstande zu hoch ist. Jedoch vermeine ich / wenn eineCompagnie guter Freunde beysammen über Tisch sässen und spielten / ein ieder hätte einen Teller für sich / das Geld darauf zu legen / so könne dem / der einen [98] zerbrochenen Teller hätte / gar leicht ein Dreyer durch den Bruch hindurch schlupffen / und verlohren werden; ob man aber deßwegen eine universal-Regul draus machen könne / daß allemahl derjenige / der über Tisch einen zerbrochenen Teller bekomme / selbigen Tag einen Dreyer verliere / das lasse ich alle Liebhaber der Wahrheit überlegen. Ich will zwar nicht widersprechen / das dem / der einen zerbrochenen Teller bekömmt / hierdurch ein Schaden zuwachsen könne / denn er kan sich hiermit die Brüh von der Speise auf die Kleider schütten; daß der Schaden aber eben in Verlierung eines Dreyers bestehen müsse / beredet mich noch zur Zeit niemand zu glauben.

Das 50. Capitel
Das 50. Capitel.
Einen Sporn ohne Feuer von einer Galgen Kette geschmiedet / und gewöhnlich gebraucht / damit kan man alle hartmäulige und kollerende Pferde bendigen und reiten.

Den Sporn möchte ich gern sehen / welcher ohne Feuer aus einer Galgen Kette geschmiedet worden. Man kan es ja leicht an Fingern abzehlen / daß es ein ungereimt Narren-Werck mit dieser vermeynten Kunst sey. Dem aber unerachtet / so macht doch auch in [99] diesem Punct ein Narr nicht nur noch zehen / sondern wohl hundert dergleichen Narren / sintemahl diese abergläubische Narren-Kunst auch wohl bey einigen Gelahrten Beyfall findet / wie ich denn solches als ein bewerthes Stücklein in eines berühmten Autoris heraus gegebenen / und sonst gar nützlichen Schrifft finde. Aber / gleichwie so zu reden / der Teufel allewege pflegt Melden mit unter zu säen / also ists diesem und andern wackern Leuten mehr auch widerfahren / daß des Satans Unkraut mit ihren guten Schrifften aufgewachsen ist. Unkraut bleibt aber Unkraut /und solte es auch von dem künstlichsten Gärtner mit unter die Rosen / Lilien / und besten Blumen gepflantzet werden. Warum aber der Sporn von einer Galgen-Kette soll ohne Feuer geschmiedet werden /frage ich hier nicht ohne Ursach? und kan mir keine andere Antwort von denen aberglaubischen Affen einbilden / als daß sie sagen werden: dieweil durch die Hitze des Feurs die Krafft / welche von dem Diebe sich in die Kette gezogen hat / ausgetrieben wird. So ich aber ferner fragen wolte: woher denn der gehangene Dieb solche Krafft bekommen hätte / da dürffte man mit Stillschweigen antworten. So auch ein Dieb dem Eisen von der Galgen-Kette solche Krafft [100] und Eigenschafft könte mittheilen / so wolte ich vielmehr glauben / daß ein rechter natürlicher Sporn / welchen ein Dieb im Reiten gebraucht hätte / noch eher diese Eigenschafft haben müste. Welches aber dennoch nicht ist / weil ja ein Dieb selbst nicht die Krafft besitzet / daß er eher / als andere Reiter / ein hartmäulig oder kollerend Pferd bendigen wird. Es wird aber bekanntermassen mit denen Galgen-Ketten noch unzählige Narrenpossen / Aberglauben und Zauberey getrieben / iedoch alles ohne einigen effect, ausgenommen /daß dem Teufel hiermit ungemeiner Dienst geschicht /welcher seinen Dienern Höllisch-Feur / zu Verfertigung ihrer Sporn / geben wird.

Das 51. Capitel
Das 51. Capitel.
Ein Strick, woran ein Mensch erwürget worden / ins Tauben-Hauß gehengt / macht / daß die Tauben allda verbleiben.

Wenn ein solcher abergläubischer Narr nun aber keinen solchen Strick bekommen kan / und es will sich auch um seiner Tauben willen kein Mensch erwürgen lassen / so will ich gern sehen / wie Hanßwurst seine Tauben im Schlage behalten will. Wolte er sich gleich selbst / als ein verzweiffelter Tauben Jockel / [101] ins Taubenhauß aufhencken / so würde es erstlich Schade um den Strick seyn / und die Tauben dürfften auch um seines stinckenden Cörpers willen / desto eher wegfliegen / ob sie gleich um des schönen Stricks willen gern darinnen bleiben. Wie aber dann zu thun? Mein Rath ist / man nehme einen Strick von Seiler / ob gleich niemand daran gehangen hat / und binde oder erwürge die Tauben alle nach einander dran / und ziehe solchen mit den Tauben im Taubenhause qver über / so will ich wetten / daß keine davon wegfliegen / vielweniger auf einen frembden Tauben-Schlag kommen wird / sondern bleiben alle da / als ob sie hin gebannet wären; probatum est. Wer es nicht glauben will / der probire es auch / so wird ihm der Glaube in die Hände kommen.

Das 52. Capitel
Das 52. Capitel.
Einem krancken Kinde soll man die Artzeney nicht mit einem spitzigen Messer einrühren / es bekömmt sonst Stechen in Leibgen.

Uber dieses Geheimniß zanckte sich ohnlängst eine Frau hefftig mit ihrem Mann / als dieser dem Kinde ein wenig Marggrafen Pulver mit einem Messer im Löffel einrührte / vorgebend / daß das Kind Stechen davon bekäme. [102] Der Mann kehrte sich aber nicht daran / sondern gab dem Kinde das mit dem spitzigen Messer eingerührte Pulver in GOttes Nahmen ein / davon das Kind nicht allein kein Stechen bekam / sondern verlohr auch das gehabte Reissen. Woraus gnugsam zu sehen / daß diese närrische Weißheit unter die weise Narrheit der abergläubischen Weiber gehöre. Und wie kan es auch möglich seyn / daß dieses solte einem Kinde Stechen machen / sintemahl ja die Spitze des Messers nicht in der Artzney / sondern am Messer bleibet. Ein anders wär es / so die Spitze des Messers abbräch / und vom Kinde mit eingeschlucket würde. Da dieses aber nicht geschicht / so kan die Messer-Spitze auch keine Würckung zum Stechen in die Artzney bringen / sonst müste auch folgen / daß so eine Artzney (wie offt geschicht) Messerspitzen weise ein genommen würde / der Patiente gleichfalls Stechen davon bekommen würde. Daß solches aber nicht geschicht / lehret uns die tägliche Erfahrung. Denn wie offt giebt man den Kindern Mithridat mit einem spitzigen Messer etc. etc. Also ist dieses Weiber Geheimniß wieder nichts.

Das 53. Capitel
Das 53. Capitel.
Wer die Wurtzel Victorialis oder Allermann-Harnisch [103] bey sich trägt / der kan nicht wund geschlagen werden.

Wer so alber ist / und dieses glaubt / der wird mit seinem Schaden das contrarium wohl gewahr werden. Es wird dieser Wurtzel fast unzehlig viel dergleichen Kräffte zugeschrieben / welche aber alle auf Aberglauben und Abgötterey hinaus lauffen / und können sich absonderlich die Ehrvergessenen und Gewissenlose Qvacksalber damit groß machen; wie denn nur neulich ein solcher ruchloser Vogel an hiesigem Jahrmarckte öffentlich auftrat / und unverschämter gottloser weise vorgab: er wär selbst in des Rübezahl seinem Garten gewesen / hätte mit dem Rübezahl geredt / und sich eine Qvantität Allermannharnisch-Wurtzel von ihm ausgebeten / da er denn 5000. Stück hätte erhalten. Vermaß sich dabey hefftig / daß solches wahr sey / preisete hierauf mit gleichmäßiger entsetzlichen Vermessenheit dero Kräffte / wie nehmlich ein Advocat, der diese Wurtzel bey sich trüge / keinen Proceß verlieren würde; ein Freyersmann bekäme den Korb nicht; ein Krahmer und Handelsmann könte nicht betrogen werden / sondern kauffte und verkauffte alles mit grossen Nutzen; einem Medico würden alle seine Curen glücklich von statten gehen; eine ledige Person würde [104] hierdurch zu glücklicher Heyrath gelangen; in welchem Hause diese Wurtzel wär / das wär sicher vor allem Brannt und Feuers-Gefahr; sie vertreibe alle Gespenster und Poltergeister; im Vieh-Stalle unter die Thier-Schwelle gegraben behüte sie das Vieh vor aller Zauberey; und was dergleichen unverschämte Abgötterey und Lügen mehr waren / damit dieser Dieb das allgemeine Volck öffentlich verführte / und iede solche Wurtzel / die ihm über einen Pfennig nicht gekostet / um 3. Gr. reissend verkauffte. Welche Boßheit wohl billig von der Obrigkeit hätte sollen exemplarisch gestrafft werden. Aber leider! dieser Ertz-Bösewicht / ohnerachtet Betrügen und Lügen sein bestesnaturel war / und im geringsten weiter nichts verstunde noch konte / wär doch bald in grosses Ansehen kommen / wenn er nicht selbst wegen begangenen ans Licht gekommenen Betrugs über Halß und Kopff /solcher Diebe Gewohnheit nach / Reißaus genommen hätte. Was soll eine so elende Wurtzel den Menschen beschützen können? ich fürchte / daß solche abgöttische Leute / die sich derer bedienen / damit auch des Schutzes des höchsten GOttes sich verlustig machen werden.

Das 54. Capitel
[105] Das 54. Capitel.
Daß einer gewiß schiessen könne, muß man das Blut aus der rechten Hand mit dem Pulver vermischen.

Diese Krafft soll auch das gedörrete und zu Pulver gebrannte Blut von jungen Wiedehopffen / welche noch nicht aus dem Nest auf die Erde kommen sind /haben; nehmlich ein viertel Pfund solches Pulvers unter vier Pfund Schieß-Pulver vermischt / damit soll man alles treffen können / wornach man schießt. Ich getrauete aber eine grosse Wette zu gewinnen / daß wenn man alle junge Widehopffen in gantz Europa könte auf einmahl fangen oder zusammen bringen / so würden sie doch allesamt nicht so viel Blut geben /daß 1/4 Pfund gebrannt Pulver oder Aschen daraus würde. Also scheinets / daß das Mährlein noch niemahls zur würcklichen Probe mag gekommen seyn /ob gleich irgend einmahl einem mit Hasen-Schrot geschossenen Affen im Traum so vorgekommen seyn mag. Die Bernhäuter-Kunst mit dem Blute aus der rechten Hand ist von gleichen Schrot und Korn. Es ist kaum 14. Tage / da ein Knabe Pulver in einer eisern Büchse bey sich getragen / und da er einem andern Jungen / welcher Tobac geschmauchet / [106] aus Schertz etwas von Schieß-Pulver in die Tobac-Pfeiff partiren wollen / hat sich sein Pulver in der Büchsen augenblicklich entzündet / die Büchse in der rechten Hand dermassen zerschlagen / daß die gantze Hand darüber zerschmettert worden. Ich meine ja / dieser Schuß habe gewiß genug getroffen / und sey das Blut aus der rechten Hand mit dem Pulver vermischet worden. So kan es auch wohl geschehen / daß in währenden Schiessen das Rohr zerspringet / und auf gleiche Weise unglücklich ablaufft / da möchte denn das Pulver und Blut sich schnell satt vermischen. Dann heißt es: weit davon ist gut vor den Schuß.

Das 55. Capitel
Das 55. Capitel.
Es ist nicht gut, wenn man die alten Besen verbrennet.

Daß die Weiber und Mägde selten einen alten Besen verbrennen / ist iederman bekannt. Wenn ich aber frage / warum man die alten Besen nicht in Ofen stecke / sondern lieber aufn Mist oder in heimliche Winckel schmeisse? so bekomme ich zur Antwort: es ist nicht gut / wenn man sie verbrennt. Gleichwohl aber wissen die guten Närrinnen keine rechte Ursach nahmhafft zu machen / warum [107] es nicht gut sey. Ich wolte aber vielmehr das Gegentheil behaupten / und sagen / es sey nicht gut / daß man die alten Besen nicht verbrenne / sondern überall in allen Winckeln herum werffe / da sie fürwahr auch keinen feinen Spectacul machen. So sie aber zum verbrennen angewendet werden / so kommen sie fein aus dem Wege /und weil das Bürcken-Reissig gut brennet / so schickt sichs gut zum Feuer anmachen. Ohnlängst warff meines Haußgenossen seine Magd einen alten Besen übern Gang herab / mitten in meinen Hof / wie ich sie aber deswegen zu Rede setzte / und sagte / sie könte ihr ja verbrenenn / da ohne dem ihrem Herrn es immer an Holtz gebräch / gab sie zur Antwort: das liesse sie wohl bleiben / daß sie sich ein Ausgemachtes zurichtete. Wie ich mir aber ihre Antwort besser erklären ließ / vernahm ich / daß wenn man einen Besen verbrennte / würde man selbigen Tag gescholten. Da erfuhr ich unvermuthet / was die Ursach wär / daß die alten Besen nicht verbrannt werden dürfften. Allein /diese Ursach scheinet nicht sufficient zu seyn / das Herunterwerffen der alten Besen zu excusiren / und will ich denen Weibern und Mägden dargegen ein grösser Ubel vorstellig machen / das durch die Verbrennung der alten Besen vermieden werden [108] kan. Es ist bekannt / wie offt sich die Weiber so wohl als auch die Mägde mit einander zancken / da es denn offt von Worten zum Schlägen kömmt / und zwar mehrentheils werden sie in der Furie / an statt andern Gewehrs / die alten Besen ergreiffen / und damit einander die Hauben und Fontangen von Köpffen herab sebeln. Hätten sie aber die alten Besen fein verbrannt gehabt / so würde ihre Schlägerey unterwegs bleiben müssen. Drum rathe ich euch / daß ihr die Besen ohne Sorge verbrennet / und so es irgend davon in der Stube stincken möchte / so sehet nur erst zu / wo der Ofen wandelbar ist / und verschmieret ihn erst / alsdenn wird man euch wohl ohne gescholten lassen.

Das 56. Capitel
Das 56. Capitel.
Daß einem das Rohr oder Büchse nicht konne versegnet oder versaget werden.

Den Verkehrten ist alles verkehrt / und einem aberglaubischen Narren ist alles vergauckelt. Was vor närrisch Zeug mancher herschwatzet von Büchsen versprechen / oder Rohr versagen / davon werden einem die Jäger am besten berichten können. Wenn man aber so wohl das Versprechen oder Versegnen[109] der Büchsen / als auch die darwider gewöhnlichen Gegenmittel genau überlegt / so wird in Wahrheit so närrisch Bernhäuter-Zeug an Tag kommen / daß man vor Lachen möchte was anders thun. Jetzt haben wir nur von einem Mittel zu handeln / das wider das Büchsen Versprechen dienen soll. Weil ich aber meines Wissens noch nichts unter meiner Striegel gehabt / das von dem Versprechen der Büchsen selbst gehandelt / als will ich nur ein einiges bekanntes Exempel anführen / nehmlich / man sagt: wenn iemand mit einem Feuer-Rohr oder Büchse schiessen wolle / ein anderer aber stünde von ferne / und wolte jenem einen Weidman machen / daß er nicht loß schiessen könne /so dürffte er nur sein Messer und Gabel aus der Scheiden ziehen / das Messer an der Gabel / und die Gabel an des Messers Ort / verkehrt / nehmlich mit denen Stielen / einstecken / daß die Klingen haussen blieben / so könte der erste nicht loßschiessen. Ob nun gleich dieses das bekannteste Stückgen in dieser vermeynten Kunst ist / so ists doch erlogen / sintemahl ichs vor diesem aus Fürwitz mehr als einmahl versucht / aber allemahl falsch befunden habe. Andere Narrenpossen zu geschweigen. Wie nun diese vermeynte Kunst falsch ist / also ist das Antidotum [110] oder Wieder-Tod dargegen nicht um ein Haar besser.

Man giebt vor / wenn man ein wenig Mooß / welches auf eines armen Sünders Hirn-Scheidel gewachsen wär / zwischen das Pulver und Kugel ladete / so könte einem die Büchse nicht versaget werden. Denn ich glaube / daß gar nichts wahrhafftiges an dem Büchsen-Versprechen ist / so kan sie weder bey dem Gebrauch des einen / noch des andern Gegenmittels versaget werden / und was nicht möglich ist / daß wird auch durch Menschen nicht möglich gemacht werden können. Uber dieses ist es auch notorisch /daß dieses ein superstiöses-Mittel ist. Warum soll oder muß es eben Mooß von einen armen Sünders Kopffe seyn? und warum hat ander Mooß nicht auch die Krafft? ohne Zweifel darum: weil alle abergläubische Haasenpossen einen besondern Schein und Ansehen haben müssen / dadurch ein besonderes Nachdencken kan erreget werden / denn dieses ist des Teufels gewöhnliches Affenwerck / daß er allen seinen Dingen einen Schein giebt / da doch an der gantzen Sache nichts ist / als ein abgöttisch Teufels-Spiel /daß der Satan mit den Kindern der Finsterniß treibet. Es wird nun ohngefehr 14. Jahre seyn / da ich Gelegenheit hatte / viel [111] mit einem Scharffrichter zu reden /da ich Gelegenheit nahm / von Diebs-Daumen / Galgen-Ketten / Hencker-Schwerd / wie auch vom Mooß von gehenckten oder geräderten armen Sündern zu reden / weil wir denn von diesen Dingen recht ernstlich sprachen / und der Scharffrichter wohl merckte /daß ich aufrichtig von der Sache urtheilte / wurde er auch treuhertzig / und bekannte unter andern / daß er manche alte Stücke Ketten / woran seine Pferde und Hunde gebunden gewesen / für Galgen-Ketten verkaufft hätte. Ingleichen hätte er ohnlängst einem Medico einen Kopff eines Geräderten oder Gehenckten schaffen sollen / worauf Mooß gewachsen wär. Da wär er auf ein gewisses Dorff gangen / hätte aufn GOttes-Acker ausm Beinhause einen Todten-Kopff genommen / und hätte etwas Mooß von der Nord-oder Mitternächtlichen Seite seines Hauß-Daches genommen / und solches künstlich auf den Todtenkopff herum geleimet / und alsdenn diesen Kopff dem Doctor vor 3. Ducaten verkaufft. Bekennete anbey / daß ohnerachtet er viel lange gehangene und auf dem Rade gelegene Köpffe gesehen / so hätte er doch sein lebtage kein Mooß auf einem gefunden. Die Ursache sey / weil alle solche Köpffe gar zu frey in der Lufft und allen Winden hingen / [112] auch von Raben und Krähen gemeiniglich immer bekratzt und behackt würden; und dieses ist auch wahr. Also bedienet sich mancher Narr dieses Mittels / und hat doch wohl nur Mooß von einem in einen schattigen Winckel gelegenen alten Sau-Troge. Ich muß aber noch mit wenigen zu bedencken geben / wie leicht es doch geschehen könne / daß wenn irgend feuchte Wetter / oder das Pulver nicht gut ist / oder es ist der Stein stumpff /daß die Büchse nicht loß gehet / oder von selbst versagt / alsdenn macht sich ein aberglaubischer Haasen-Kopff stracks die Gedancken / als ob ihm ein Possen geschehen sey. Mehr sage ich nicht / weil es einem Christlich-Vernünfftigen schon genug ist.

Das 57. Capitel
Das 57. Capitel.
Wer des Nachts bey einer Wöchnerin wachet / die lege an iede Thür an der Stuben einen Strohhalm aus dem Wochen-Bette / so kan kein Gespenst / noch das Jüdel / noch dergleichen / in die Wochen-Stube kommen.

Ich versichere euch alle / ihr abergläubischen Weiber! daß wo dergleichen stroherner Schutz-Engel oder Teufels Wächter an denen Thüren stehet / daselbst darff kein Gespenst [113] noch Poltergeist erst einziehen /sondern es ist der Teufel samt seiner Großmutter schon selbst allda wohnhafft / so wohl in der Stube /als auch vielmehr in euern abgöttischen Hertzen. Ihr GOttes-vergessenen Vetteln! was meynet ihr denn wohl / was ein Gespenst nach einem Strohhalm fragen werde? gedenckt ihr denn / daß die Poltergeister zu ihren Eingang eben Thüren haben müssen? Wahrlich keines weges / sondern solche böse Geister / die ihr fürchtet / die tragt ihr selbst in euern Busen muthwillig herum. Und wo ihr das erste Gebot aus euern Kinder Catechismo nicht besser lernet und beobachtet /als wie ihr bißhero gethan habt / so wird euch dermahleins der Teufel mit dem Stroh / womit ihr solche Abgötterey getrieben habt / die Hölle anzünden / da ihr denn viel zu spat eure Thorheit bereuen dürfftet. Drum bedenckt doch nur um GOttes willen / was ihr vor Thorheit vornehmt? Ihr stellet einen leblosen Strohhalm an die Thür / dieser soll dem Satan wehren / und dessen Eingang in die Wochen-Stube verhindern / und verlaßt euch hierauf mehr / als wenn 1000. H. Engel an der Thür ständen. Macht ihr denn solcher gestalt nicht den Strohhalm zu euern GOtt? habt ihr aber wohl euer lebtage eine eintzige Historie gehört /daß iemahls ein Heyde [114] in der Welt so toll Zeug vorgenommen habe? fürwahr mir ist dergleichen nicht bekannt. Von Christen aber erfährt man leider! täglich solche unvernünfftige und mehr als heydnische Abgötterey. Drum braucht doch eure von GOtt gegebene Vernunfft besser / und achtet ein andächtig Gebet höher / als solche ruchlose Aberglauben / sonst werdet ihr der Straffe GOttes nicht entgehen. Bedenckt doch / daß wenn Stroh aus einem Wochen-Bette die Krafft hätte die Gespenster zurück zu halten / ander Stroh aber thut dergleichen nicht / so muß ja solch Stroh die Krafft entweder von der Wöchnerin / oder von dem Kinde empfangen haben. Wenn nun dem so wär / so würde sich der Teufel und dessen Gespenster vielmehr vor einer Wöchnerin und ihrem Kinde selbst fürchten / und sich also nicht um des Strohes / sondern um des Kindes oder der Wöchnerin willen der Wochen-Stuben enthalten / und hättet ihr als Thoren und Narren das schwächste Gewehr für das stärckste erwehlet. Drum rathe ich euch treulich / daß ihr alle diese Abgötterey fahren lasset / und lieber mit dem Könige David sagt: Der GOtt Jacob ist unser Schutz /Sela.

Das 58. Capitel
[115] Das 58. Capitel.
Wer ein Widehopffen- oder ein Taxen-Auge bey sich trägt / der ist bey iederman lieb und angenehm.

Sind das die lieblichen Thiere / derer Augen den Menschen angenehm machen können? Wenn dieses Kunststücklein probat wär / so solte man billig ein solch Auge vor viel Geld an sich erhandeln / und könte man solchen Leuten / die in steten Haß und Feindschafft gegen einander leben / nur solche Augen heimlich in die Kleider nehen / so müsten sie einander bald wieder hold werden. Drum denck man nur / was der Teufel vor ein künstlicher Kerl ist? Wenn GOtt und seine Diener / mit allerhand Vermahnung und Warnung / nichts bey feindseligen Leuten ausrichten können / so kömmt der künstl. Monsi. Teufel / und verrichtet solches mit Taxen- oder Widehopffen-Augen! Aber mein lieber Freund / der du viel auf dieses und dergleichen Kunststückgen hältst / und glaubest / daß dich ein solch untüchtiges Auge werde bey den Leuten beliebt machen; ich versichere dich bey meiner Ehre / daß ob du gleich 1000. Widehopffen Augen / und 10000. Taxen-Augen bey dir trügest /und bist darneben ein neidischer Hund / ein grämischer [116] Wolff / und unfreundlicher Behr / ein ungeschickter Esel / und grober tölpischer Ochß / oder unflätige Sau / ein diebischer Rabe und stoltzer Pfau etc. so wirst du keine Gunst erlangen / noch dich bey iemanden beliebt machen / sondern iederman wird dir vielmehr als einer unnützen Bestie feind seyn. Hingegen / so du gegen iedweden ehrerbietig / höflich und freundlich / dienstfertig / freygebig / geschickt / in Kleidern zwar reinlich / iedoch ohne Hochmuth einher gehest / darneben GOtt fürchtest / so wirst du allwege / und sonderlich bey rechtschafsenen Christen lieb und angenehm seyn / ob du gleich dein lebtage weder Taxen- noch Widehopffen-Augen gesehen hättest. Wenn ich nur bey GOtt beliebt bin / so frage ich nichts nach aller Menschen Gunst: iedoch / wer durch GOttes Gnade (und nicht durch Taxen-Augen) beydes erlanget / der hat genug.

Das 59. Capitel
Das 59. Capitel.
Wenn zwey neue Eheleute in die Kirche zur Trauung geführt werden / soll man Achtung auf die Gäste geben; sind mehr Männer / als Weiber / so behält der Mann die Herrschafft: sind aber mehr Weiber / als Männer / so wird die Frau Herr.

Wenn eine Braut zur Trauung oder Copulation [117] in die Kirche geführet wird / und wird gewahr / daß sie viel Jungfern und Weiber zu Hochzeit-Gästen hat / da kan sie lächeln / und weiß sich viel / wird auch nach derCopulation den Mann / so bald sie wieder heim kömmt / schon etwas trotziger als zuvor ansehen. Warum? ihr ist schon das Hertz gewachsen und aufgeblasener worden / weil sie gesehen / daß mehr Weiber als Männer zur Hochzeit kommen sind / und glaubt dahero für gewiß / nun sey ihr die Herrschafft über den Mann durchs allegemeine Recht zugetheilet. Sie überleget aber nicht / daß diese Herrschafft nicht von GOtt / als der den Mann über das Weib gesetzt hat / sondern vom Satan / welcher sich auch selbst erhöhen wollen / herkömmt. Die Braut auch / welche glaubt / daß so mehr Weiber als Männer auf ihrer Hochzeit sind / sie die Herrschafft übern Mann darum erhalten werde / und die / die da glaubt / wenn mehr Männer als Weiber zur Hochzeit kämen / würde sie ihr Mann zum Schuh-Hader machen; handeln alle beyde thöricht. Denn daraus ist gar keine Folge zu machen / es mögen mehr Männer oder Weiber seyn /so können die neuen Eheleute / wenn sie beyde Christlich leben wollen / gar wohl an gleichen Joche ziehen / und ein friedlich Leben führen / und haben sich [118] fromme Eheleute an solche altvettelische Possen nicht zu kehren / weil dieser Aberglauben seinen Ursprung von einer super-klugen alten Trödlerin hat /welche nach ihrer von dem Thron des Teufels erbetenen Weißheit vermeynet: hat der Bräutigam viel Männer auf seiner Seiten / und hingegen die Braut wenig Weiber / da behält der Mann allezeit Recht; denn die Frau hat wenig auf ihrer Seite / die ihr wider den Mann beystehen / und wird also unterdruckt werden. Da gehets dann in Vorrath schon an ein klagen / und unnützes bekümmern über die arme Braut / und heißt: ach du gute Braut! wie wird dirs gehen? wie wirst du übel ankommen? und so fort. So aber mehr Weiber als Männer gesehen werden / he, da gehts auf Seiten der Weiber und der Braut Mutter an ein jubiliren / da stehen an allen Eckhäusern ein Klumpen Stadt Klatzschen und lächeln / sagend: Nu nu / die wird Herr übern Mann; es ist ihm gar recht: hätte er davor die oder die genommen / so hätte er 1000. mahl besser gethan. Nun wird er seine Schwedische Angst kriegen; die Weiber / die auf der Hochzeit sind / sind alles kluge Leute / die werden der Braut Einschläge genug geben / wie sie es machen soll / daß ihr der Mann nicht zu Haupte wächßt / sondern sie die Herrschafft [119] behält. Wann nun dieses geschicht / so stellet sich dann freylich der Ehe Teufel bald ein. Wer dann reit / der reit / wer leit der leit / und alle beyde Eheleute bekommen böse Zeit.

Das 60. Capitel
Das 60. Capitel.
Wenn eine Braut Beliebung trägt, die Herrschafft über den Mann zu behalten / so verziehet sie lange zu Hause / und lässet den Bräutigam lange vor ihr hin nach der Kirchen zur Trauung gehen.

Wolte doch GOtt / und es wär erlaubt / daß wenn es eine Braut also machte / der Bräutigam wieder aus der Kirche ginge / und die Braut biß in ihren Tod zu Hause sitzen ließ / und sie nimmermehr heim holete. Was gilt es / es würden ins künfftige andere dergleichen Närrin von solcher Thorheit abgeschreckt werden. Es ist vielmahl eine Schande / wie lange die Orgel muß tudeln und leyern / ehe die Jungfer Trotzerin ihre Zeit ersiehet / und dem Bräutigam nachkömmt. Womit sie stracks im Anfange ihrer Ehe den Mann gewöhnen will / daß er nach ihren Belieben auf sie warten müsse. Allein / manche wird in ihrer abergläubischen Meynung gewaltig betrogen / sonderlich /wenn der Mann bey guten Verstande ist / [120] und diesen Braten reicht / da weiß er erstlich feine Proben anzustellen / und so er befindet / daß seine junge Frau den verkehrten Holtz-Weg gehen / und nach dem Regiments-Stab greiffen will / so ertappet er solchen / und läßt ihn nicht in ihre Hände / sondern legt ihr diesen fein empfindlich auf die Schuldern / da vergehet ihr der Appetit zur Herrschafft bald wieder / zu mahl wenn der Mann bey dieser Action gute Vernunfft und Bescheidenheit braucht / und nicht wie Hanß Dölpel übel ärger macht. Denn / ist eine resolution auf der Welt gefährlich / so wirds diese seyn / wenn ein Mann seines Weibes Laster mit Schlagwasser zu curiren vornimmt. Manchmahl ist eine bescheidene Maulschelle gar ein heisam Mittel / damit ein Mann im Anfang sein herrschsüchtiges Weib zum Gehorsam weiset: so aber ein Mann merckt / daß das Weib vernünfftig ist / und nicht ärger drauf wird / sondern eine Furcht spüren läßt / so darff der Mann ja nicht weiter mit solchen tractament kommen / sonst wird auch wohl das Christlichste Weib dottend und alber gemacht. Drum soll man sich des Symboli bedienen: Alles mit Bedacht.

Das 61. Capitel
Das 61. Capitel.
Eine Braut kan sich die Herrschafft [121] übern Mann zu wege bringen / wenn sie nach der Trauung ihren Gürtel in die Thürschwelle des Hochzeit-Hauseslegen lässet / daß der Bräutigam darüber hinschreiten muß.

Dieses trifft ein / und kan auch nicht fehlen; denn wenn der Bräutigam ein so einfältiger Narr ist / und schreitet sichtiglich und wissentlich über den Gürtel /und hülfft also selbst den Aberglauben / aus Gehorsam gegen die Braut / vollziehen / der giebt damit muthwillig zu erkennen / daß er ein Sclave seines Weibes / oder gar ein gehornter Berndfuter seyn wolle. Besser machte es verwehenen Herbst ein junger / aber resolvirter Bräutigam aus einem benachtbarten Städtgen / als dieser junge Handwercksmann eines Dorff-Schultzens oder Richters Tochter ehlichte / so legte ein Bauer Weib / beym heimgehen des Bräutigams / der Braut Gürtel auf die Thür-Schwelle: wie aber der junge zwantzig jährige Bräutigam mit seinen Hochzeit-Gästen ankam / und solches sahe /nahm er den Gürtel / hub ihn auf. Der Priester selbiges Orts fragte / was er damit machen wolte? der Bräutigam antwortete: der Herr Pfarr solte es gleich sehen; lieff damit in die Küche / nahm die Holtz-Axt und zerhieb den Gürtel vor aller [122] Hochzeit-Gästen Augen in kleine Stücklein / und wurff die Stücken ins Feuer. Die alte Braut Mutter fing an mit dem Bräutigam zu zancken / sagte: er müste sich erst den Barth lassen wachsen / ehe er sich wolte unterstehen / solche alte Gebräuche abzubringen. Der Bräutigam antwortete: Mutter! wenn die alten Groß Bärthe solche Hexen-Possen nicht wollen abbringen / so müssens Ohnbärthige thun. Sie wären auch noch in grössern Streit gerathen / wenn der Priester sich nicht des Bräutigams angenommen / und sein Verfahren bewilliget hätte. Und wurde endlich aus diesem Streit ein Gelächter / welches die Hochzeit über eine Lust machte. Dieser junge Bräutigam hat also billig eine gute Nachfolge in seiner resolution verdient.

Das 62. Capitel
Das 62. Capitel.
Die Braut muß nothwendig von der Braut Suppe essen / auf daß sie bey künftigen Kinderstillen fein viel Milch in Brüsten bekomme.

Dieses Kunststücklein habe ich noch in keinen Recept-Buche gefunden / so erinnere ich mich auch nicht / weder in Pfitzers Weiber Natur / noch in der so genannten eröffneten Heimlichkeit des gantzen weiblichen Geschlechts / [123] es gelesen zu haben / und gleichwohl wird mir das grosse Glück / dieses Geheimniß /ohne Aufwendung grosser Unkosten / zu erfahren. Und theile es derowegen um eben den Preiß hinwieder einem ieden / dem damit gedienet ist / gar gern mit. Ich muß aber gleichwohl auch noch ein und andere Umstände hierbey recht überlegen / ehe ich / ohne einige Bedingung / allen und ieden Bräuten von der Brautsuppe zu essen recommendiren kan. Denn wenn irgend die Braut von so galanten Schrot und Korn wär / daß sie nicht gesonnen wär / nach der Entbindung ihrer künfftigen Frucht solche selbst zu stillen /sondern wolte lieber stracks nach gehaltenen 6. oder /wie ietzt in Brauch kommen will / 4. Wochen / wieder Beylager halten und schwanger seyn / und ihr Kind inmittelst mit Huren-Milch aufziehen lassen: Oder es wär die Braut eine junge funffzig-jährige Dame / die sich noch nicht verstände aufs Kinderzeugen / vielweniger mit dem Manne so zu schertzen wüste / woraus auf die letzt ein Kinderspiel werden könte: Wo wolten dann solche ehrliche Weiber mit der Milch hin? die erste würde hefftiges und allzu unleidiges Drucken in Brüsten kriegen / und die andere würde wie eine gelte Kuh versiegen. Drum kan ich keinesweges rathen /daß man alle Bräute eben so [124] gar sehr nöthigen wolle /daß sie viel Braut-Suppe essen; es sey denn / daß die Jungfer scilicet Braut gedächte / des andern Hochzeit-Tages die Hochzeit Gäste zu Gevattern zu bitten / als wie dergleichen lustige Hochzeit vor wenig Jahren in einer wohlbekannten Berg-Stadt gehalten wurde. Solcher gestalt rathe ich selbst / daß die Braut fleißig mit Braut-Suppe esse. Denn einmahl ists wahr für allemahl / daß ie kräfftiger die Braut-Suppe ist / ie besser sie einer solchen Braut / wie ietzt gedacht / zur Milch schlägt.

Das 63. Capitel
Das 63. Capitel.
Eheleute sollen ja ja nicht von einem Gickel- oder Hauß-Hahn essen.

Mit dieser Sorgen-vollen Warnung begegnete ohnlängst eine in allen Aberglauben hocherfahrne Kauffmanns-Frau / welche mit Zunder / Besen und Feuersteinen handelt / als sie etwas bey mir holete / und gewahr wurde / daß meine Magd meinen alten Hüner-Ochsen das Messer an die Kehle satzte / solchen zu schlachten / meiner Magd / und sprach: Catharina! wer soll denn diesen Hahn essen? die Magd antwortete: Wir alle mit einander. Hierauf schwieg die Kaufmanns Frau ein klein wenig stille / und sagte dann ferner: ey nu nu / [125] bey euch gehts noch / denn in eurem Hause sind keine Eheleute / die davon essen. Wenn aber euer Herr eine Frau hätte / dürfften sie nicht davon essen. Aus curiosität fragte ich / wie ichs hörte: was es denn bedeute / wenn Eheleute von einem Hauß-Hahn essen. Hierauf wurde ich gar bald berichtet: es wär nicht gut / und würde ich nirgend gesehen haben / daß Eheleute von einem Haußhahn gessen hätten. Weil ich aber von dieser Antwort nicht klüger wurde / forschte ich weiter nach der Ursach. Da dann das Geheimniß ausbrach / und sagte die Kunst toll- und volle Kauffmanns-Frau: ich würde ja das Ding wissen / daß wann Eheleute von einem Haußhahne essen / so würden sie einander Spinnenfeind / und zanckten sich hernach stets mit einander. Sie möchte nicht davon essen / und ließ ihren Mann auch nicht davon essen / wenn er auch noch so hungrig seyn würde. Da dachte ich an die Regel in derGrammatica: Ars, Lex, Mulier, fœminina sunt; daß man wohl mit besondern Bedacht diese drey nomina müste zusammen gesetzt haben / weil sie eines generis sind. Denn ars haben die Weiber in Gedancken /und lex in Mäulern / wenn sie sich mit den Männern zancken. Woher aber diese oberwähnte kluge Frau die Kunst und Wissenschafft hat / daß der Haußhahn bey[126] Eheleuten solchen effect habe / kan ich nicht erfahren / denn die kluge Büchse weiß es selbst nicht. Dannenhero macht mirs bald Verdacht / als ob das gantze Kunststück erlogen wär. Ja ich wolte eher glauben /wenn ein Weib ihrem Manne die Testes Galli gut zurichtete und zu essen gäbe / es wurde vielmehr eine Liebe unter ihnen erwecken / und rathe ich euch / daß ihrs probirt.

Das 64. Capitel
Das 64. Capitel.
Die angezauberte oder gemachte Läuse darff man nicht todt machen oder knicken / man kan sie sonst nicht loß werden.

Dieses wolte mich gestern eine vornehme Dame versichern / als sie einen Läuse discurs hielt. Und ohnerachtet ich mich in etwas zu widersprechen unterfing /blieb sie doch beständig auf ihrer Meynung / und sagte: man müsse einen alten Besen nehmen / und solche damit ins Privet kehren. Wo man sie aber todt knickte / so bekäm man derer immer mehr / und würde sie nimmer loß. Nun sage mir ein Mensch eine Ursach / warum die gezauberten Läuse nicht getödtet werden dürffen / und wie das zugehe / daß um der Tödtung solcher Läuse (dafern noch wahr ist / daß Menschen Läuse [127] machen können) man sie nicht loß werden könne. Läuse sind Läuse / sie mögen gewachsen seyn ordentlich auf dem Kopff / oder in Kleidern /oder man bilde sich ein / sie sind einem angezaubert /so sind es doch rechte natürliche Läuse. Ich will keines weges widersprechen / daß durch geheime Wissenschafft / Läuse und Flöh zuwege können gebracht werden; weils offt die Erfahrung wahr gemacht. Man soll aber nicht gedencken / daß der Satan oder eine Zauberin aus eigner Macht aus nichts Läuse machen? durchaus nicht. Denn wenn man dieses glauben wolte / so legte der Mensch dem Teufel eine göttliche Gewalt bey / welches aber grosse Sünde wär / weil ein Christ wissen soll / daß der Satan nichts schaffen kan. Da er nun aber wahrhafftig nichts schaffen kan / so müssen das natürliche Läuse seyn / die der Teufel durch seine Zauberer zu weilen ein und andern anhänget. Sind es aber natürliche Läuse / so können solche auch natürlicher weise, und durch natürliche Mittel vertrieben werden / ob es gleich zu weilen wegen der angewachsenen Menge etwas schwer zugehet / und ist das Abkehren mit dem Besen / das verbrennen und dergleichen Narren-Possen / nichts nutz / sondern man macht damit nur den Satan stoltz / indem man ihn veneriret / aus einer verzweiffelten [128] Furcht. Und wenn dem Teufel solche Früchte des Unglaubens gebracht werden / so geschichts denn offt / daß dieser Künstler wieder natürliche Mittel angiebt / dadurch die Läuse wegkommen / und dann wird seiner Altfantzerey desto mehr Glauben gegeben / da doch der Satan nichts kan als lügen und trügen.

Das 65. Capitel
Das 65. Capitel.
Wer Bier schenckt, der muß allzeit die Losung unter den Zapffen des Fasses legen / und solche nicht ausgeben / biß das Faß ausgeschencket ist.

Diesen Aberglauben exerciren besonders in Zwickau ihrer viele / iedoch habe ich observiret / daß es nur diejenigen thun / welche das Zeitliche nur alleine besorgen / nach ihren ewigen Heil und Seligkeit aber niemahls trachten. Ich habe mit Fleiß nach der Bedeutung dieses abgöttischen Vornehmens geforschet / kan aber nicht mehr zu meiner Nachricht erfahren / als daß der Wirth / der dieses practiciret / solch Faß Bier glücklich und mit guten Profit ausschencken solle. Ich mag zu diesem Vornehmen nicht die Worte aus dem vierdten Hauptstück des Catechismi sagen: Wer da gläubet / der wird seelig; sondern ich getraue viel mit bessern Recht zu sagen: wer dieses gläubt / [129] der wird verdammt. Denn wie kan doch ein solcher aber gläubischer Mensch sich der Seligkeit getrösten / so lange er sein Vertrauen / welches er alleine auf GOtt setzen soll / GOtt entziehet / und solchen unnützen abgöttischen Teufels-Possen zuwendet? wie soll denn in ein solch abergläubisch Hertz wohl die Würckung des Geistes GOttes / zum seligmachenden Glauben / können Platz finden? fürwahr / es scheinet fast unmöglich zu seyn. Aber GOtt erbarme es! ich muß bekennen /daß / so viel ich noch abergläubische Leute gekennet habe / von denen allen habe ich auch wahrgenommen / daß keiner darunter gewesen / der um seine Seele einige Bekümmerniß von sich hätte spüren lassen / sondern nur allein gesorgt / wie sie in zeitlicher Nahrung glücklich seyn möchten. Da doch durch solche Nahrungs-Sorge / und Gebrauch solcher verdammlicher Gauckel-Possen / ihre Nahrung nur desto mehr abnimmt / und der Seegen GOttes verschwindet. Ich kenne biß dato noch Leute die nur einig und allein um solcher Aberglauben willen ins äusserste Armuth verfallen sind / und so zu reden weder zu Himmel noch zur Erden kommen können. Diese fangen zwar nun an / nach dem äusserlichen Schein / GOtt zu suchen /weil aber deroselben Absehen nur dahin zielet / daß GOtt [130] sie wieder in der zeitlichen Nahrung seegnen möchte / mit dem Reiche GOttes möchte es lauffen wie es wolle: So will nun der gerechte GOtt auch nicht stracks nach ihren närrischen Verlangen aufhüpffen / da werden sie dann alsbald wieder abfällig /und schländern wieder in ihren Unglauben dahin / und scheinets / daß sie Glauben / Liebe / Hoffnung und Gedult verlohren haben. GOtt bekehre / die zu bekehren sind.

Das 66. Capitel
Das 66. Capitel.
Wenn man Weitzen-Stroh verbrennt, so wird übers Jahr der Weitzen auf selbigen Felde rußig.

Das sagen die Bauern; ich aber antworte ihnen auf gut bäurisch: es ist nicht wahr; denn wenn dieses wahr wär / so würde wenig reiner Weitzen gefunden werden / zu mahl / wo zu weilen / durch Verhängniß GOttes / gantze grosse Flecken / Städte und Dörffer /mit Scheunen und allem Stroh / im Feuer aufgehen /und in die Asche geleget werden; was würde denn solcher gestalt / um selbige Gegend / das folgende Jahr /vor eine Menge rußiger oder brandiger Weitzen wachsen müssen? zudem / so kan es auch natürlicher weise durch die Sympathie nicht geschehen / [131] weil bekannt ist / daß auf das Feld / worauf heuer der verbrannte Weitzen gewachsen / künfftiges Jahr nicht wieder Weitzen / sondern ein anderer Saamen gesäet wird. Wolte man aber vorgeben: derjenige Weitzen / welcher aus dem verbrannten Stroh schon vorhero gedroschen worden / würde hernach / so er gesäet würde /rußig wieder wachsen; so giebt mirs gleichfalls schlechten Glauben / denn das abgesonderte todte Stroh / kan / zu mahl da es durchs Feuer wieder in seine ersten Principia gebracht worden ist / per Sympathiam auch nicht in seinem schon längst abgesonderten Saamen würcken. Wenn ich aber denen abergläubischen Bauern ihr Gewäsch nur zum Possen mit glauben solte und müste / so wolte ich zu ihnen sagen: ja ihr albern Heintzen! ich glaubs euch gar gern / daß euch der Weitzen brandig oder rußig wird /wenn nehmlich derselbe mit samt dem Stroh verbrennet / auf diese Art kan er aber nicht aufn Felde rußig werden / weil er nicht gesäet werden kan.

Das 67. Capitel
Das 67. Capitel.
Von einem erstgebohrnen Kalbe oder Erstling soll nichts gebraten werden / sonst verdorret die Kuh.

Wenn theils Bauern ein Kalb von einer [132] jungen Kuh /die zum ersten mahl gekalbet hat / an einen Fleischer verkauffen / so muß der Fleischer dem Bauer fast hundert Eyde schweren / daß er kein gantzes Viertel davon wolle zu einem Braten verkauffen / widrigenfalls lassen sie ihm das Kalb nicht / weil sie festiglich glauben / wenn das Fleisch gebraten würde / so verdorrete die Kuh. Und bey solchem Handel wird dem Satan durch das viele Schweren ein Gelächter angerichtet. Ich besinne mich / daß wenn mancher Schalcks-Narr / aus Schertz und raillerie, eine verblümte zweydeutige Rede thut / daß doch wohl ein anderer einfältiger Schöps solche Schertz-Rede in Ernst verstehet. Also mag es hier auch wohl verstanden werden / daß wenn man sagt: wenn ein erstgebohren Kalb /das ist / nur ietzt erstgebohren / und nicht irgend vor etlichen Tagen oder Wochen / gebraten wird / i.e. wenn das Kalb nur ietzt erst gebohren ist / und wird so gleich gebraten / so verdorret freylich die Kuh. Warum aber die Kuh? Antwort: wenn das nur ietzt erst gebohrne Kalb gebraten wird / so wirds nicht darum gebraten / daß es gegessen werden soll / sintemahl ein nur ietzt erst gebohren Kalb noch nicht zum Essen dienet / sondern dieses Braten geschicht durch unglückliche Feuersbrünste / dergleichen betrübte Exempel [133] leider! viel bekannt sind. Und in solchem Fall verdorret die Kuh gemeiniglich nebst dem Kalbe zugleich mit / weil Kuh und Kalb noch beysammen gestanden. Daß aber eine junge Kuh / der ihr Kalb ordentlich geschlachtet und zur Speise gebraten wird /darum verdorren müste / das beredet mich heut und morgen kein Edelmann / will geschweigen ein abergläubischer Bauer.

Das 68. Capitel
Das 68. Capitel.
Wer anfängt zu bauen, der wird bald sterben.

Ich gebs zu / aber nicht allemahl; das Bauen ist aber keine Ursach des Sterbens / vielweniger das Sterben eine Ursach des Bauens. Und gleichwohl kan dennoch auch ein iedes des andern Ursach seyn. Im Sprüchwort heißts: wir bauen offt gar feste / und sind doch frembde Gäste. Das ist so viel gesagt / als: wir bauen zwar feste / als wolten wir ewig Besitzer davon bleiben / und müssen doch wohl mitten im bauen fort /und den Weg aller Welt gehen. Wenn ich aber beweisen solte / daß das bauen eine Ursach des baldigen Todes sey / so würde ichs nicht füglicher thun können / als mit einem solchen Exempel: Es fängt einer an zu bauen / der sonst noch nie nichts gebauet / dieser [134] will allwege beym Bau hinten und forn seyn / wird von einem Baum gestossen / mit einem Stein geqvetzscht /oder fällt vom Gerüste / und nimmt Schaden / davon er stirbt. Dann sagt man: hätte er nicht gebauet / so könte er noch leben; und das wär solcher gestalt auch wahr. Wenn ich nun dargegen sagen solte: wie denn das Sterben könne das Bauen veranlassen? so kan es auf folgende Art geschehen: wenn mancher ins Alter kommen ist / und besorget / daß er bald sterben werde / hat aber Weib und Kinder / und gleichwohl keine beqveme Wohnung / so geschichts offt / daß einer noch kurtz vor seinem Tode einen Bau vornimmt /daß nach seinem Tode die Seinigen eine beqveme Wohnung haben sollen. Also geschicht dieses um des herannahenden Todes oder Sterbens willen. Beydes aber darff nicht abergläubischer weise verstanden werden / als ob es ein general-Werck sey. Denn sterben müssen wir alle / aber bauen dürffen wir nicht alle. Zu dem / so leben ja viel 1000. Leute / die schon vor vielen Jahren gebauet haben / und sind doch noch biß dato gesund. Ergo ist dieser Punct auch ein Aberglauben.

Das 69. Capitel
Das 69. Capitel.
Bey einer Leiche soll niemand einen [135] Zähren lassen auf die Leiche fallen / es kan sonst der Todte nicht ruhen.

Dieser Aberglaube ist gantz gemein / und überall bekannt / wird auch bey manchen mehr darauf gehalten /als auf Mosen und die Propheten. Ich will aber hiermit alle einfältige Leute gewarnet haben / nicht / daß sie sich hüten solten / auf ihre Verstorbene einige Zähren fallen zu lassen / sondern daß sie ja nicht glauben sollen / daß ein solcher Zähren oder Thränen einem Verstorbenen die aller geringste Unruhe machen könne. Denn der verstorbene Leib bleibt in seiner Ruhe / biß am jüngsten Tag / und solte er auch in lauter Thränen gewaschen werden. Die Seele aber kan / wenn sie selig ist / ohnmöglich verunruhiget werden / denn sie ruhet in GOttes Hand / und kan sie weder Leid noch Geschrey / viel weniger ein Zähren treffen /noch beunruhigen. Derer verdammten Seelen aber sind ohne dem in der höllischen Qvaal und ewigen Unruhe / und können nicht ärgere Unruhe empfinden als sie haben. Drum ist dieser Aberglaube s.v. erlogen. Freylich soll man sich bey dem Tode eines liebgewesenen Freundes nicht eben so gar ungeberdig er zeigen / als wie die Heyden / die keine Hoffnung der Auferstehung haben. Jedoch ists auch vielen wehmüthigen Hertzen [136] nicht allezeit möglich / ihre lieb gewesenen Eltern / Ehegatten / Geschwister / Kinder oder Freunde / todt liegen sehen / und keine Thränen über sie zu vergiessen. Wer aber gläubt / der Todte werde hiermit verunruhiget / der thut es entweder aus grosser ignoranz und Einfalt / oder aus abergläubischer Narrheit. Ich will aber noch eines melden: gleich wie St. Paulus iederman allerley wurde / um damit etliche zu gewinnen: Also will ich mich ietzt auch denen Abergläubischen gleich stellen / und sagen: es sey recht / daß wenn man Zähren auf eine Leiche lässet fallen / so kan solche nicht ruhen / denn so lange man kan Thränen auf die Leiche fallen lassen / so ist der Leib noch nicht völlig zur Ruhe gebracht /sondern wird noch gewaschen / aufs Bret gebunden /angezogen / in Sarg geleget / zu Grabe getragen /allda wird er eröffnet / und wieder zugemacht / dann in das Grab gesenckt / und zugescharret. In solcher Unruhe kan nun gar leicht ein Thränen auf die Leiche fallen / und so lange Thränen auf die Leiche fallen /bleibt er (der Bewegung nach) freylich in Unruhe /weil er nicht eher ruhig gelassen wird / als biß er mit Erde verscharret wird, da ihn kein Zähren mehr benetzen kan. Wer nun diesen Punct so verstehet / mit dem bin ich eines Glaubens.

Das 70. Capitel
[137] Das 70. Capitel.
Unter einem Hohlen-Ofen bleibt kein Feder-Vieh lebendig.

Dieses glaube ich auch / aber nicht in dem Verstande / als ob der hohle Ofen eine Ursach des Sterbens sey /und man keine Vögel oder Tauben / oder Hüner unter einem hohlen Ofen so lange lebendig behalten könne /als an einem andern Ort in der Stuben? nein / denn die tägliche Erfahrung lehret uns ein anders. Allein / es muß diese Meynung folgendermassen verstanden werden / nehmlich: das Feder-Vieh / das unter einen hohlen Ofen gesteckt wird / bleibt nicht lebendig; warum dann nicht? Antwort: weil kein Thier in der Welt ist /das nicht sterben muß; also kans nicht fehlen / daß alles Feder-Vieh / das unter einen hohlen Ofen gesteckt wird / auch stirbt / und nicht immer lebendig bleiben kan; nicht aber um des hohlen Ofens willen sondern nach der Natur / weil alle Thiere sterblich sind / und könte man auch wohl von was andern / alse.g. einem Garten sagen: ein Vogel oder eine Henne /die in den Garten kömmt / bleibt nicht lebendig / sondern es muß alles sterben / was darein kömmt. Ja freylich muß alles sterben / aber nicht um des Gartens willen / sondern [138] wenn es geschossen / gefangen oder geschlachtet wird. Also bleibet auch kein Feder-Vieh / das unter einem hohlen Ofen steckt / lebendig.

Das 71. Capitel
Das 71. Capitel.
Wenn man den Hund alle Tage lässet aus der Suppen Schüssel fressen / so kan kein Dieb einbrechen.

Die abergläubische alte Weiber-Schaar wird bald ein Triumph-Lied wider mich anstimmen / wenn ich ihnen diesen ihren Glaubens-Articul abermahl zustehen muß / und so es so fortgehet / scheinets fast / als ob ich ihnen werde bald müssen Friede anbiethen. Denn es wohl nicht ohne Ursach seyn wird / wo täglich der Hund aus der Suppen-Schüssel frißt / da wird Zweifels-frey ein solcher Hund ins Hauß gehören /denn einem frembden Hunde giebt man nicht täglich eine Suppe. Wo nun ein eigenthümlicher Hauß-Hund ist / so wird dieser auch wohl gewöhnlicher massen des Nachts munter und wachsam seyn / und wenn der Hund wachsam ist / so verräth er die einbrechenden Diebe mit seinen pellen / daß der Dieb entweder unverrichteter Sache wieder abziehen muß / oder wird wohl gar übern Einbruch erwischt. Wenn ihr lieben albern Müttergen aber die Krafft wollet der Suppen-Schüssel [139] zuschreiben / werdet ihr billich ausgelacht. Denn ihr mögt dem Hunde aus der Butter-Büchse /oder aus dem Käse-Napfe zu fressen geben / so wird eines so viel seyn als das andere. Und möchtet nechst GOtt das Vertrauen lieber auf einen guten wachsamen Hund setzen / und nicht aufs Geschirr / daraus ihr ihn füttert. Darbey rathe ich ferner / daß ihr dem Hunde auch satt zu fressen geben möget / auf daß er nicht aus naschen laufft / und nicht zu Hause ist / wenn sich Diebe einfinden. Ein guter Ketten-Hund ist Geldes werth / man hat aber bißher offt erfahren / daß die Diebe unter Bettlers Gestalt denen Ketten-Hunden Gifft gegeben / und solche aus dem Wege geräumt /daß sie ungehindert ihren Einbruch vollführen können.

Das 72. Capitel
Das 72. Capitel.
Wenn eines das andere anputzt, so soll das angeputzte nicht dancken / sonst steht ihm der Putz nicht schön.

Hier möchte man sagen: umgekehrt / so wird ein Schuh draus. Aber die abergläubischen Weiber bleiben bey ihrer verkehrten Art. Meine abergläubische Dame! ist es nicht so? wenn euch iemand einen Dienst thut / der wohl geräth / so dancket ihr ihm willig [140] und billig. So er euch aber einen Dienst thun will /und verderbet eure Sache / so werdet ihr ihm schlecht dafür dancken / sondern ohne gedanckt gehen lassen. Also ist auch viel eher zu vermuthen / daß so euch iemand anputzen hilfft / und ihr sehet in Spiegel / daß alles an eurer Haube oder Fontange zerdruckt oder krumm gesteckt ist / so werdet ihr es dem / der euch geholffen hat / gar schlechten Danck sagen. Wenn aber der Putz so schön und nett gemacht ist / daß ihr vorm Spiegel euch selbst wohl gefallet / da ihr sehet /wie fein es euch stehet / so werdet ihr den Danck wohl schwerlich vergessen. Es wär denn Sache / daß ihr aus grosser Liebe zu den schönen Putz / worauf ihr so eyfferig gedencket / die schuldige Höfflichkeit / die ihr euren Mitthelffern durch den Danck abzustattenobligat wäret / gar vergesset. Auf solche weise könte das Vorgeben / daß man nicht dancken solle / so man von einem andern angeputzt worden / conditionaliter statt finden. Allein / es würde meines Erachtens solcher gestalt die grobe Undanckbarkeit den schönsten Putz wieder verdunckeln / daß es hernach heissen dürffte: dieser Frauen oder Jungfer stehen zwar die Kleider gar fein; sie selbst aber ist eine albere und dumme Ganß / die nicht so viel Verstand hat / daß sie einem / der sie also fein [141] angeputzt / nur dafür dancket. Da möchte man sagen: Undanck ist das größte Laster; und / was soll der Sauen das güldene Haar-Band / so sie doch das Kruntzen nicht läßt. Verhält sich demnach nicht so / daß dem der Putz nicht fein stehe der dem danckt / der den Putz hat machen helffen / sondern dem stehet er garstig / der nicht vor gehabte Mühe danckt.

Das 73. Capitel
Das 73. Capitel.
Wer ein baar junge Schweingen kaufft / und will / daß sie fein zunehmen und ruhen sollen / der muß ihnen ein wenig Haare ausrauffen / und stillschweigend unter den Tisch legen.

Ich wolte lieber rathen / man brühete ihnen die Haare alle vom Leibe abe / so würden sie gewiß noch besser ruhen / als wenn man nur ein Bißgen ausraufft; denn es ruhet ein Schwein nicht besser / als wenn der Fleischer es für dem Kopff schlägt / oder ein Lufft-Loch in die Gurgel macht / und dann alle Haare oder Borsten abbrühet / hernach ruhet das Schwein / und regt sich nicht mehr; probatum est. Wenn ihr aber glaubt /daß nur ein wenig Haare stillschweigend unter den Tisch gelegt die Schweine ruhig machen werde / so betrügt [142] ihr euch eben wie der Eulenspiegel / der eine eintzige Feder untern Kopff gelegt hatte / und gehoffet / wohl darauf zu schlaffen / weil sichs auf gantzen Betten wohl schlaffen solte. Warlich / die abergläubische Leute sind rechte Narren. Wie könnet ihr denn sagen: wenn wenig Schweins-Haare untern Tisch gelegt würden / so ruheten die Schweine und nehmen zu? Wollet ihr denn ärger seyn als die Schweine / daß ihr die Sau Porsten untern Tische wollet liegen haben / die doch aufn Mist-Hauffen gehören; oder / wie lange soll denn die Ruhe eurer Schweine dauren? ihr werdet ja wohl täglich die Stube auskehren / da ihr die Schweinß-Haare mit hinaus kehren werdet. Zudem so ist ja bekannt / daß was bezupfft oder bezauset wird / das nimmt natürlicher weise mehr ab als zu /welches man an denen berupfften Gänsen wohl observiret / welche nicht ehe fett werden / als wenn ihnen die Federn wieder gewachsen sind. Wenn ihr aber wollet ruhige und fette Schweine haben / so habt acht / daß sie ihr Futter fein ordentlich bekommen /mistet ihnen zu rechter Zeit aus / und gebt ihnen frisch Stroh in Stall / haben sie Ungezieffer / so badet und kemmet sie alle Wochen ein baar mahl / so will ich mit euch wetten / daß eure Schweine ohne eure Gauckel-Possen werden ruhen und zunehmen.

Das 74. Capite
[143] Das 74. Capitel.
Wenn ein Bauer ein baar junge Schweingen in einem Sack zu Marckt trägt / muß er erst in Sack etwas Stroh thun / und dieses Stroh muß der Bauer dem Käuffer der Schweine mit in Stall werffen.

Dieses habe ich etliche mahl practiciren sehen / habe aber nicht gewust / daß es vor eine Nothwendigkeit gehalten werde / wenn ichs nicht nur neulich erfahren hätte / da ich dergleichen Schweingen gekaufft hatte /und der Bauer solche aus dem Sacke in den Stall lauffen ließ / und so davon gehen wolte / aber eilend wieder umkehrte / den Sack eröffnete / sagend: er hätte bald das beste vergessen. Und wie ich meynte / er hätte das beste Schweingen im Sacke behalten / warff er das noch in Sack steckende kothige Stroh in Stall /und sagte: die Schweine könten nicht ruhen / wenn er dieses Stroh hätte wieder mit heimgenommen. Schwur auch noch darzu / es wär wahr. Wolte ich ihm nicht zu fernern Schweren Anlaß geben / so muste ich stille schweigen. Also toll und voller gottloser Aberglauben stecken die Leute leider! in Städten und auf dem Lande / und kan nichts von ihnen gethan werden /[144] dabey nicht ein verdammlicher Aberglaube vorgehet. Dieser Aberglaube möchte zwar mit diesem Bedinge eintreffen: wenn in dem Stalle kein Stroh wär / und der Bauer nehme seines auch wieder mit / und gleichwohl wären die junge Schweine nicht gewohnt / ohne Streu zu liegen / da wär es an dem und nöthig / daß der Bauer sein Stroh da ließ. Wenn aber ohne dem der Stall schon mit einer guten Streu versehen ist / so ist des Bauers unflätiges Stroh auf den Mist zu werffen dienlicher als in Stall.

Das 75. Capitel
Das 75. Capitel.
Wenn am Christ Heilig-Abend ein Leichen-Tuch in der Feuermauer (oder Schorstein) henget / muß das Jahr eines in dem Hause sterben.

Ich habe mein lebtage nicht gehöret / daß man die Leichen-Tücher in die Schorsteine oder Feuer-Oessen gehengt hat / so wirds ein anderer auch nicht gehöret haben / es sey denn folgender gestalt geschehen: wenn in einem Hause ein Dieb wohnet / und dieser ausgegangen zu stehlen / und hat in einer Kirchen einen Leichen-Ornat gestohlen / besorget aber / daß von der Obrigkeit möchte Haußsuchung gethan werden / verbriget demnach das Leichen-Tuch [145] in die Feueröffe / in Meynung / das es allda niemand finden werde; es gehet aber einer in die Küche / und siehet in die Höhe / und wird in der Feuermauer das Leichen-Tuch gewahr / so kan dann hernach auch leicht eintreffen /daß selbiges Jahr eines aus diesem Hause stirbt: denn so der Dieb eingezogen / und durch Urtheil und Recht zum Galgen oder Rade verdammt wird / so geschicht solches gemeiniglich noch in selbigen Jahre / und solcher gestalt kan dieser Punct eintreffen. Auf andere weise wird kein Mensch in der Welt so thöricht seyn /und ein Leichen-Tuch in die Feuerösse hengen. Wo nun aber nichts henget / da wird man auch nichts sehen / es sey denn / daß ein abergläubischer Ertz Narr / aus tollen Fürwitz / am Weyhnacht Heiligen-Abend / bloß darum in die Feuerösse siehet / daß er wolte ein gedachtes Leichen-Tuch sehen; und sehe mit seinen Ochsen Augen irgend eine Seite Speck / oder auch den hellen Himmel oben hinaus für ein Leichen-Tuch an; so folget doch deswegen noch lange nicht /daß um dieses Narren willen iemand das Jahr im Hause sterben werde. Man wolte denn den Tod des Viehes / das geschlachtet würde / mit unter die Todten zehlen.

Das 76. Capitel
[146] Das 76. Capitel.
Wenn man an Weyhnachten, Neu-Jahrs und H. 3. König Heiligen Abend den Waschhader an einen Zaun hänge / und hernach die Pferde damit abputzt /so werden die Pferde fett.

Das kan wohl seyn; denn wenn man die Pferde mit einer Speck-Schwarte abputzt / werden sie auch fett /aber nicht am Leibe / sondern nur auswendig an Haaren. Also wird es mit dem fetten Wasch-Hader auch beschaffen seyn. Wenn er diese drey Heilige Abende nicht recht reine ausgewaschen / sondern fein fett hinaus an den Zaun gehenckt wird / so mag man hernach ein Pferd / oder einen Esel damit abputzen / so wird es fett werden. Verstehe mit Fett beschmieret / aber nicht corpulend oder leibig. Gleichwohl aber giebts dennoch so einfältige Narren / welche Pferde auf dergleichen Art gedencken fett oder leibig zu machen. Ich versichere aber alle und iede / daß so man denen Pferden nicht ihr richtig Futter giebt / so mag man sie ohn Unterlaß putzen / so werden sie doch davon nicht fett oder leibig werden. Wahr ists zwar / und wissen es alle / die mit Pferden umgehen / daß das Putzen und Striegeln / wie auch das [147] tägliche Schwemm-reiten einem Pferde sehr gedeulich ist / und wird auch ein gut Pferd nicht zunehmen / so es nicht fleißig gestriegelt und gewartet wird / dahero sagt man auch: fleißig gestriegelt sey halbes Futter; ja es ist bekannt / daß alles Vieh / ja auch selbst die Schweine / so man fein reiniget / besser gedevet und zunimmt / als anderes. Worzu aber kein Wasch Hader von nöthen ist / und hat vor andern Wisch-Tüchern den geringsten Vorzug nicht.

Das 77. Capitel
Das 77. Capitel.
Man soll den Obst-Bäumen in zwölff Chryst Nächten keinen Spinn Rocken sehen lassen / sonst wird selbiges Jahr kein Obst.

Das glaub ich wohl; wie können denn auch die Obst Bäume den Spinn-Rocken sehen? also kan es nicht fehlen / wenn die Obst Bäume einen Spinn-Rocken sehen / so wird kein Obst; denn es ist wider die Natur / daß ein Obst-Baum einen Spinn-Rocken sehen könne / weil ein Baum keine sehende Augen hat. Möchte ich dannenhero gern wissen / wem denn bewust sey / daß iemahls / weil die Welt gestanden hat /ein Obst-Baum einen Spinn-Rocken gesehen habe? die Zeit mag [148] seyn wenn es wolle. Was nun der Erfinder dieses närrischen Aberglaubens sich vor ein Geheimniß mag hierbey eingebildet haben / kan ich so gewiß nicht ergründen; iedoch kan es seyn / daß anfänglich einer scopticè verstanden hat / daß wenn die Obst-Bäume umgehauen / und die Stücken in die Stuben / allwo man Spinn-Rocken zu haben pflegt / getragen werden / so kan freylich an solchen umgehauenen Bäumen kein Obst wachsen. Es ist überall gar gewöhnlich / daß die Leute am Barbar-Tage allerhand Aeste von Bäumen brechen / und setzen sie in Töpffe mit Wasser in die Stuben / geben ihnen täglich frisch Wasser / so gewinnen diese Aeste zu Weyhnachten Blätter / die aber noch klein sind. Es ist aber auch bekannt / daß die Gärtner die junge ausgeschlagene Knospen an den Bäumen Augen nennen; ob nun wohl dieses keine sehende Augen sind / so mag es doch wohl der erste Erfinder so verstanden haben / daß die Obst-Bäume / welche nehmlich in denen 12. Christ-Nächten ietzt bemeldte Augen hätten / und in denen Stuben beym Spinn-Rocken ständen / und die Rocken gleichsam sehen könten / vor denen in Garten stehenden Bäumen / welche in Zwölff-Nächten dergleichen Augen nicht hätten / und auch nicht zum Spinn-Rocken kämen / [149] kein Obst trügen. Denn freylich können diese Bäume / die solcher gestallt die Spinn-Rocken in denen Stuben sehen / kein Obst tragen. Denn ob sie gleich zu weilen nicht nur Blätter / sonder auch Blüthen bekommen / so wird doch kein Obst daran. Wer aber die Sache in Ernst verstehen will / der sehe zu /wie ers erweiset.

Das 78. Capitel
Das 78. Capitel.
Wenn eine Dienst-Magd von ihren Herrn abziehet / so soll sie sich vor dem Abschiede eine Suppe machen /und solche essen / ehe sie abziehet.

Warum denn das? weil die neue Magd sonst nicht kan eingewohnen. Dieser Narren-Glaube kömmt mit dem überein / wenn man gläubt: eine alte Magd müsse bey ihrem Abzuge ein Haußbacken Brot von ihren alten Herrn mit kriegen / sonst könte die neue Magd nicht eingewohnen. Ob aber dieses allemahl eintreffe / habe ich noch keine gewisse Probe machen können. Denn ob ich gleich meine alte Magd nun ins vierzehende Jahr habe / und sie dennoch biß dato nicht geklaget hat / daß sie nicht könne eingewohnen / ohnerachtet die vorige bey ihren Abzuge weder eine Suppe gegessen / noch ein Brodt mit auf dem [150] Weg bekommen hat / so muß ich doch gedencken: eine Schwalbe mache keinen Sommer / und könte vielleicht doch wohl der Geyer sein Spiel haben / daß der Mägde Vorgeben eintreffe. Jedoch will ich mich erst in der Mägde-Physica ein wenig erkundigen / und sehen / ob ich irgend hinter dieses Geheimniß kommen möge. Allda finde ich nun / daß die neuen Mägde gemeiniglich die alten fragen / was diese in ihren vorigen Dienst vor Beqvemlichkeit gehabt / ob sie auch gut Essen und Trincken zur Gnüge bekommen / und wie hoch sie im Lohne gestanden etc. Wenn nun die alte mit einer guten Suppen dimittirt wird / so kan sie es gegen die neue rühmen / daß es ihr im vorigen Dienst biß ans Ende wohl gegangen sey. Hiernach richtet sich die neue Magd / und bleibt also in guter Hoffnung in ihren neuen Dienste vergnügt. So aber die alte Magd spricht: sie hätte müssen hungerig und durstig fortgehen / und hätte zum Abschiede nicht einmahl einen Bissen Brodt bekommen / so bekömmt die neue Magd einen schlechten appetit lange bey ihren neuen Herrn zu bleiben / und solcher gestalt mag dieser Glaubens-Articul / nach der weisen Mägde Physica, seine Richtigkeit haben.

Wenn er aber nicht allemahl die Probe halten wird /wolle man mir keine Schuld geben / [151] weil er nicht von mir / sondern von Leipziger Mägden herstammet; aber ich habs aus der Erfahrung / daß der Leipziger Staat offt auch nicht viel hinter sich hat.

Das 79. Capitel
Das 79. Capitel.
Wer Graß hauet, der soll, so offt er aufhöret zu hauen / allemahl die Sense wieder wetzen / und nicht ungewetzt hinlegen / oder mit heim nehmen.

Die Ursach dieser Nothwendigkeit soll folgende seyn: wer sich in eine solche ungewetzte Sense schneidet /dem heilet der davon entstandene Schaden nicht wieder. Die Materie des vorhergehenden Capitels ist aus der Mägde-Physica, diese aber aus der Bauren-Physica genommen / und nehme ich den abergläubischen Weibern und Mägden immer gern was von Mannes-Volcke mit unter / daß sie mit einander die Zeit desto besser vertreiben mögen / und wenn sich Toffel hat in die Sense geschnitten / Frau Micke denselben wieder könte verbinden. Dieser vermeynte Glaubens-Grund / wie nehmlich eine Wunde von einer ungewetzten Sense geschnitten / nicht wieder heilen werde / ist wieder die Erfahrung. Denn ob gleich bekannt ist / daß die Wunden / die mit einem stumpffen Gewehr / Messer / oder [152] jeglichen schneidenden Instrument geschnitten oder gehauen werden /übler heilen / als die Verletzungen von scharffen Gewehr / weil eine stumpffe Schneide mehr zerreisset und zugleich mit qvetschet / da hingegen eine scharffe leichter durchschneidet / daß hernach die nur zerschnittenen und nicht zerrissene Theilgen / die noch ohne weitere Zerstreuung gegen einander gerade über stehen / durch eine gute Verbindung mit heilsamen Mitteln leichter wieder zusammen heilen können: So ist es doch kein universal-Werck / und heilen gleichwohl die mit stumpffen Gewehr geschnittene Wunden auch wieder. Da hingegen ein scharffes Instrument desto tieffer eingehet / und offt gantze Glieder vom Leibe absondert / und also viel gefährliche Schäden verursachen kan / als ein stumpff Gewehr. Und demnach ein von einer gewetzten Sense geschnittener Schaden ja so schlimm gerathen kan / als von einer ungewetzten; auch dieser so leicht wieder heilen mag als jener. Daß demnach dieser Articul ein offenbarer Aberglaube bleibet; zu mahl / wenn man die Sache nur schlechter dinges hin glaubt / und ietzt angeführte rationes nicht in Betrachtung ziehet. Wie dann auch nicht ohne ist / daß viele Begebenheiten nur darum zu Aberglauben werden / weil man eine Sache ohne einige [153] condition und ration glaubt / die doch bey reiffer Uberlegung sich anders erweiset.

Ein Bauer / der Graß hauet / ist ein veritabler Feldscherer / denn wie ein so genannter Feldscherer (Barbirer) nicht Felder / sondern der Männer Bärthe beschiert / also schiert der Bauer mit der Sense wahrhafftig die Wiesen / Haber- und Gersten-Felder ab. Und wie ein Barbierer sein Scheermesser stets scharff halten muß / und so offt als ein harter Barth abgeschoren worden / solches wieder auf der Leder-Feile oder Streich-Riemen streichet / also machts der Bauer-Feldscheerer mit seinem grossen Scheermesser der Sense eben auch / und wetzet solche so offt wieder / als er sie gebraucht hat. Welches vielleicht in der Gräse-Mäder ihren Innungs-Articuln also befohlen ist / weil es nicht fein stehet / wenn einer an die Arbeit gehet / und hat kein fertiges Handwercks-Geräthe /wie es leider! manche faule Barbierer- und Bader-Gesellen machen / daß so sie einen ehrlichen Mann niedersitzen lassen / auch wohl diesem den Barth einseiffen / alsdenn erst hintreten / und eine viertel Stunde am Scheermesser streichen; oder wie es viele Mäurer machen / welche ihre Spitzen und Hämmer erst zum Schmiede tragen / und schärffen lassen / da sie doch schon damit arbeiten [154] solten. Also mag dieser ietzt gestriegelte Aberglaube auch urspringlich von der guten Ordnung abstammen / aber da mancher einfältiger Schöpß die Ursache nicht gewust / hat er einen Aberglauben ersonnen / als ob die Wunden / die von einer ungewetzten Sense gemacht würden / unheilbar wären. Es kan auch wohl diese Meynung daher kommen / wenn in vorigen Zeiten in Bauren-Kriege die Bauren mit vergiffteten Sensen wider ihre Feinde zu Felde gezogen sind / und die mit solchen Sensen gehauene Wunden nicht gerne wieder heil werden wollen. Es sey aber / so oder sonst / so ists doch zum Aberglauben worden.

Das 80. Capitel
Das 80. Capitel.
Wenn ein Krancker sich auf ein Tisch-Tuch legt / so hilfft die eingenommene Artzney nichts.

Das läßt sich hören; denn wenn sich ein Patient noch kan mit an Tisch setzen / und als ein Röckel fein auf den Tisch und Tisch Tuch auflegen / so kan freylich die eingenommene Artzney wenig oder nichts helffen /weil der so genannte Patient noch guten appetit zu Essen hat / und die eingebildete Kranckheit ohne Bedeutung ist. Denn die Gesunden bedürffen des Artztes nicht / sondern [155] die Krancken. Und wie kan auch die Artzney wohl anschlagen / wenn man den Magen voll Speise gepfropfft hat? wie denn manche Schwelger die böse Gewohnheit haben / daß wenn sie ihren Rantzen oder Wanst mit Fressen und Sauffen voll gefüllet haben / davon Angst und Drucken am Hertzen und um die Brust entstehet / da laufft oder schickt man stracks zum Medico, und will durch Artzney-Mittel sich helffen. Da kan aber freylich die Artzney nicht anschlagen / denn der Patiente liegt gern auf dem Tischtuche / und hält also keinen gebührendenDiæt, sondern machts nach dem Rath eines Fürstens Melancholey-Vertreiber / ich meyne Clauß Narren /welcher seinem Fürsten rieth / als diesem von vielen Weintrincken der Kopff weh that / und seinem Claussen solches klagte / welcher aber seinem Herrn rieth: er müste wieder einen Rausch trincken / so würde es besser werden; der Fürst ferner fragte / was denn endlich drauß würde / gab Clauß eine Antwort / die ich eben ietzt nicht wiederholen will. Also und solcher gestalt trifft freylich ein / daß einem Patienten / der auf dem Tischtuche liegt / keine ordentliche Artzney etwas hülfft. So man aber ohne condition vorgeben wolte / daß so einem wahrhafftig krancken Menschen in Ermangelung eines Bett-Tuchs [156] ein Tischtuch untergebreitet werden müste / worauf er läge (wie es offt bey armen Leuten herzugehen pflegt) alsdenn um des unter ihm liegenden Tischtuchs willen dem Patienten keine eingenommene Artzney etwas helffen könne; ein solcher Narr giebt sich vor aller Welt bloß / daß er ein sehr alberer abergläubischer Geck sey; sintemahl das Tischtuch ohnmöglich verursachen kan / das die Artzney ihre ordentliche operation nicht thun könne /so wohl als bey einem andern / der nicht drauf liegt.

Das 81. Capitel
Das 81. Capitel.
Wenn die Jungfern zum Tantze gehen / sollen sie Zehrwurtzel-Kraut in die Schuh stecken / und darzu sagen: Zehrwurtzel Kraut! ich zieh dich in meine Schuh / ihr junge Gesellen laufft alle zu.

Das heißt: reime dich / oder ich fresse dich. Wenn die Mägdlein und Jungfern auf keine andere weise einen Tantzführer bekommen können / als auf diese Art /oder durch Krafft der Zehrwurtzel / so werden sie wohl alle sitzen bleiben / und keine zum Tantz kommen. Ich will ihnen demnach ihren albern Fehler aufdecken / den sie mit Vollbringung dieses Aberglaubens begehen.

Als vor dreyen Jahren ein Weib vom Lande [157] in die Apothecke kam und Zehrwurtzel Kraut (Herbam Aronis) foderte / welches der Apothecker aber nicht hatte; sondern sagte: das Weib würde vielleicht Zehrwurtzel meynen; sagte das Weib: Nein / es müste Kraut seyn /daß man es könte in die Schuh legen. Der Apothecker fragte: was dann dieses Kraut in Schuhen thun solte? das Weib solte es ihm sagen / so wolte er sehen / ob er etwas von solchen Kraut aus einem gewissen Garten / in welchem es gepflantzet wär / bekommen könte. Das Weib wolte erst lange nicht damit heraus /endlich sagte sie: es wär eine gewisse Bauers-Tochter im Dorffe / wenn sie auf eine Hochzeit gienge / oder an einem Ort wo getantzt würde / da wolten alle junge Gesellen mit ihr tantzen / und hätten sich auch gar einmahl ihrentwegen geschlagen und gezanckt. Ja wenn sie gleich nicht als ein Gast da wär / sondern nur als eine Zuschauerin darzu käme / da liessen die Pursche ihre Tantz-Jungfern gleich sitzen und tantzten mit dieser. Endlich wären die andern Bauer-Mägde darhinter kommen / daß sie Zehrwurtzel-Kraut in die Schuh gesteckt hatte. Jetzt nun solte ihre Tochter auf eine Hochzeit gehen / so wolte sie nicht gern / daß sie die junge Gesellen schimpffen und sitzen lassen / sondern auch ein bißgen ehren solten. Ob ich nun [158] gleich allen Fleiß anwendete / diese grosse Thorheit dem Weibe unglaublich zu machen / so blieb das albere Weib doch bey ihrer thörichten Meynung / und sagte noch fein darzu: es hieß ja auch deßwegen Zerrwurtzel Kraut / weil sich die jungen Gesellen um die Jungfern / die es in Schuhen hätten / zerreten (es heißt aber nicht Zerr- sondern Zehrwurtzel) und wie die Wurtzelappetit zum essen machte / so machte das Krautappetit zum tantzen / wenn man es in die Schuh legte. Hierzu mag man wohl mit guten Rechte sagen: giebts nicht viele Narren in der Welt? die man doch weder säet noch pflantzet; diese Thoren machen aus zehren zerren / und vermeynen / das Kraut mache appetit zum tantzen / gleichwie die Wurtzel zum essen. Wenn sich junge Pursche um ein Mägdgen wegen des tantzens zancken oder schlagen / die regieret ohnmöglich ein guter Geist / vielweniger geschichts durch guten Antrieb / so ein Mägdlein solche abergläubische Händel vornimmt. So sie dann mit einander tantzen / so wird schwerlich fehlen / daß der geile Schand-Geist /der Teufel / der in beyden schon eine böse Brunst angezündet hat / so lange an ihnen beyden antreiben werde / biß er unter ihnen eine unverantwortliche Schande anrichtet. Dahero ich allen ehrlichen Jungfern hiermit treulich rathe / [159] daß sie / so lieb ihnen ihre Ehre und Gewissen ist / solche abergläubische und erlogene Schand-Possen nicht practiciren. Denn erstlich hilffts nicht / zum andern geben sie zu erkennen /daß sie geile Bock-Schwestern sind / die stets hüpffen und springen wollen / es mag sie anbacken wer da wolle. Aus solchen Bock-Schwestern werden dann endlich gern s.v. Huren. Drittens beleidigen sie GOtt; und vierdtens schimpffen sie sich selbst / und ihre gantze Familie.

Das 82. Capitel
Das 82. Capitel.
Wenn die Sonne nicht scheinet, so sind alle Schätze /die in der Erden begraben liegen / offen.

Als glaub ich; wenn scheinet aber die Sonne nicht? sie ist ja noch nicht vergangen / und so lange als sie am Himmel ist / so lange scheinet sie auch / denn ihre Natur bestehet im Licht und Schein / es mag nun bey uns Tag oder Nacht seyn. Und wenn die Sonne aufhöret zu scheinen / so höret auch die gantze Welt auf zu seyn / und wenn alles im Feuer verbrennen wird / da halte ich dafür / und vermuthe sehr / daß die Schatz-Gold- und Geld-Hamster alsdenn noch einen Blick in die vergehende Welt und ihre zeitlichen Schätze werden thun / und mit Qvaal ihrer Seele anschauen /[160] woran sie sich in ihrer Lebens-Zeit ergötzt haben. Da möchte denn der Aberglaube manchen Verdammten eine schlechte Freude machen / wenn er im letzten Augenblick wird seinen Abgott im Feuer vergehen sehen / und weil dann die Sonne nicht mehr ist / so gehet ihnen die ewige Finsterniß auf / da wird seyn Heulen und Zähnklappen / denn die Sonne der Gerechtigkeit ist ihnen zugleich mit der irdischen Sonne aus den Augen entwichen. Dieses mag also meine einfältige Erklärung dieses Aberglaubens seyn / denn sonst kan es natürl. weise nicht wahr seyn / und nehme man die Sache wie man wolle / so kömmt es auf Unwahrten an / denn am Tage scheinet die Sonne ohne Aufhören / und benimmt eine unter der Sonnen schwebende Wolcke der Sonnen keinen Schein / so höret man ja auch nicht / daß bey trüben oder nebligen Wetter sich einige Schätze entblößten / vielweniger findet man solche des Nachts / ob man auch gleich alle Fackeln und Lichter nehme / und damit suchte. Und wenn auch was an der Sache wahr wär /so dürfften ja die Schatz Gräber / und dergleichen lose Gesindlein mit ihren suchen und gauckeln nur anstehen / biß nach Untergang der Sonne / oder biß es anfing trübe und Regenhafft zu werden. Alleine / es würde gewißlich mehr [161] Koth / als Silber und Gold zum Vorschein kommen.

Das 83. Capitel
Das 83. Capitel.
Wer Schwären am Leibe hat, der soll sich in einen Back-Trog legen / so vergehen sie wieder.

Dieses Mittel ist zwar leicht zu practiciren / wenn es nur probat wär. Allein / wer es probiren wird / der wird erfahren / daß ihm zwar wohl mit der Zeit / wenn er etliche Wochen will in Back-Troge liegen bleiben /die Schwären vergehen / und zwar eben so bald / als ob er sich in einen Schweins-Trog legte / und wenn er sich nicht hinein legt / so vergehen sie ihm auch so wohl / als wenn er sich hinein legte. Hiob saß in der Aschen / und erwartete die Abheilung seiner Schwären mit Gedult. Hat ihm denn irgend sein böses Weib nicht wollen in Back-Trog legen lassen? glaube ich fast daher / weil sie den guten Hiob ohne Zweiffel gern loß gewesen wär. Bey dieser Backtrogs-Erzehlung fällt mir eine kurtzweilige Begebenheit ein / so sich ohnlängst in Zwickau zugetragen: Ein Altenburger Korn-Bauer logirte des Nachts bey einem ehrlichen Wirth in Zwickau. Der Bauer hatte Abends etwan mehr Bier verschlungen / als der Bauch [162] die Nacht über beherbergen konte. Derowegen muste dieser Bauer des Nachts im Finstern von seiner Streu aufstehen / und den Hof suchen / im Zurückgehen aber kam er zwar wohl wieder zur Stuben-Thier hinein / konte aber in der Tummheit sein Lager nicht wieder finden / und wie er lange satt im Finstern herum getappet / findet er einen Ort mit einem Tuche bedeckt / und vermeynet / es wär der Tisch / nimmt derowegen das vermeynte Tischtuch hinweg / und legt sich hinan / wie aber des Morgens die Magd früh aufstehet / den Abends eingesäuerten Teig zu kneten /fand sie einen Bauer im Back-Trage liegend / und allen Teig übern Trog heraus in die Stube gedruckt. Ob nun dieser Bauer irgend Schwären gehabt habe /weiß ich nicht eigentlich / daß weiß ich aber / daß er dem Wirth den Teig hat müssen bezahlen.

Das 84. Capitel
Das 84. Capitel.
Wer kein Glück zum Flachs hat, der soll ein wenig Lein stehlen / und solchen unter seinen Lein mengen und säen / so wird er gut Glück haben.

Da trifft dann hernach das Sprichwort ein: der oder die / hat recht Diebs-Glück. Es folgt aber auch wohl drauf ein Diebs-Strick. Mein lieber Lein-Dieb! bedencke [163] doch um GOttes willen / wer denn dir das Gedeyen zu dem Wachsthum deines Flachses geben muß? dieses kan ja niemand / ja keine einige Creatur unter der Sonnen / als allein der einige wahre GOtt thun; fürwahr / dein Hr. Teufel / dem du mit deinem abergläubischen Lein-stehlen hofirest / kan dir nicht einmahl eine Nessel oder Distel / geschweige etwas Gutes aus der Erden bringen; denn der prahligte Lumpenhund kan ja keine Lauß machen / wie bey denen Egyptischen Zauberern zu ersehen. Des Satans Verrichtung ist nur aufs Verderben gerichtet / aber Gutes kan er nicht schaffen. Du wirst zwar hierbey einwenden: was denn der Teufel bey deinem Lein-säen zu thun hätte? und warum ich denn mit dem Teufel aufgezogen käme. Antwort: allerdings; wenn du dein Lein-säen auf solche Art vornimmst / da du Lein stiehlest und untermengest / und glaubest / es werde deswegen dein Flachs besser gerathen als sonst / so kan es nicht anders seyn / der Satan muß deine Arbeitdirigiren / denn es kan ohnmöglich auf diese weise in GOttes Nahmen / als welcher das Stehlen verboten hat / geschehen / sondern es geschicht in dessen Nahmen dem du dienest / und an den du gläubst. Nun aber dienet ja ein Dieb allezeit / wenn er stiehlt / dem Teufel. Ergo, so mache du nun [164] den Schluß selbst /wem du denn dienest / wenn du Lein stiehlest; und dann kanst du ferner erwegen / wer dir vor deinem Diebsdienst lohnen werde. Wollest du aber einwenden: es wär einmahl so eingeführt / und nehme es der Freund / dem du den Lein gestohlen hättest / nicht so genau / sondern machte es dir eben wieder so / wenn er Lein säete etc. so glaube nur / daß es desto schlimmer ist / so ein Laster in die Gewohnheit kömmt. Uber dieses / so entstehet noch ein groß Aergerniß dabey / wenn es deine Kinder sehen und hören; und pflantzestu nebst deinem Flachs / dem Satan zu Liebe / unendliches Unkraut unter deine Kinder / um welches Aergernisses willen aber Christus das Weh über dich schreyet. Nun dencke recht nach / worinnen dein eingebildet Glück bestehe? wenn noch eine Christl. Ader in deinem Leibe ist / wirst du gewiß dieses Glücks nicht begehren.

Das 85. Capitel
Das 85. Capitel.
Wer am Char-Freytage vor der Sonnen Aufgang drey Messerspitzen voll Hefen isset / dem schadet selbiges Jahr kein Truncker / mag sauffen / wie er will.

Dieses ist gleichfalls ein verdammlicher Satans-Dienst. Wie würde es aber alsdenn aussehen / wenn du von diesen Messer spitzen [165] voll Hefen so viel rumpeln und reissen im Leibe / Durchfall und andere tödtliche Zufälle erregtest / daß du an kein Sauffen mehr gedencken köntest / sondern die Erde drüber kauen müstest? was meynest du wohl / was Senior Bacchus dir vor ein Compliment machen würde / so du in sein Reich eingingest / da du doch in der Probe der Bacchus-Brüder als ein elender Behrenhäuter dich hättest erwiesen. Wenn einige Wahrheit an dieser Rubric wär / und man wolte ohne einiges übeles Absehen nur allein zu Erhaltung der Gesundheit / und keines weges zum excess im Sauffen / dieses remedium gebrauchen / so möchten noch einige limitationes zur defension der Sache sich finden; da aber eben am H. Char-Freytage / und vor der Sonnen Aufgang / die Sache vorgenommen werden soll / so wird billig dieses unter die verdammlichen Aberglauben gerechnet. Denn das an diesem Tage geschehenes heilige Leiden unsers lieben Heilandes hat ja darum den Char-Freytag nicht eben kräfftiger gemacht als andere Tage / auf daß die vorsetzliche Schwelger nur ein remedium wider ihr excedirtes Sauffen erlangen möchten. Nein / Christus hat zwar wohl am Char-Freytage den herben vergalleten Eßig getruncken / auf daß denen Trunckenpolten /welche wahre Busse thun / [166] und von ihrem epicurischen Leben ablassen / ihre gethanen excesse, so sie vormahls im Sauffen verübt / nicht zum ewigen Tode gedeyen möchten. Aber für die Sauff-Esel / welche mit allem Vorsatz sauffen und schwelgen / und solche thörichte und verkehrte Wege und Mittel suchen / die sie mit allem Fleiß dazu anwenden wollen /daß sie im Sauffen sich nur ohne Schaden ihres Leibes desto ritterlicher halten können / für diese / sage ich / hat Christus den bittern Gallen-Tranck nicht genommen. Denn die Truncken-Polte sollen das Reich GOttes nicht ererben / und gehet ihnen / so lange sie sich nicht bessern und wahre Busse thun / das Verdienst Christi nicht an. Woltest du aber hoffen / es wär zum Busse thun noch Zeit satt / dir würde ja noch wohl im mittest ein und anderer Pommerischer Soff und Rausch zu thun frey gehen / so wisse / daß deine tolle Hoffnung dir / ehe du dichs versehen wirst / zu solchen Hefen werden wird / die den Gottlosen aus zu sauffen verordnet sind.

Das 86. Capitel
Das 86. Capitel.
Das erste Garn, das ein Kind spinnet, soll man in einer Mühle aufs Muhl-Rad legen / so lernet das Kind wacker spinnen.

Dieses Geheimniß ist gleich dem: wenn [167] nehmlich im Ober Ertz-Gebürge / allwo das Weibs-Volck das Spitzen-klöppeln vor ihre beste Arbeit hält / ein Mägdgen die erste mahl geklöppelte Spitzen ins Wasser wirfft / welches so viel zu wege bringen soll / daß hernach alle Spitzen / die dieses Mägdlein ihre gantze Lebens-Zeit klöppelt / schön weiß und rein bleiben sollen. Also bilden sich abergläubische Weiber ein, es müste etwas in der Natur seyn / welches bey ieden Dinges Anfange die Gewalt hätte / biß an das Ende so fort zu würcken / wie es angefangen / und zwar nicht nach der Eigenschafft eines ieden Dinges selbst / sondern nach dem confusen Willen manches närrischer Begierde vollen Menschen. Denn man bedencke nur /was das vor eine Comparation ist: das von einem jungen Mägdgen oder Kinde zum erstenmahl gesponnene Garn / und dann ein Mühl Rad? Was kan doch das Mühlrad dem Garne / und dieses dem Kinde vor Krafft mittheilen? fürwahr gar keine; sintemahl das Mühlrad an und für sich selbst nichts ist / als eine todte Machine, die ohne des Wassers Gewalt ohne einige Bewegung ist. Ihr möchtet zwar hier einwenden /es wären ja noch viel andere leblose Dinge / welche dennoch Krafft genug hätten / in der Natur zu würcken / so wohl für sich selbst / als auch per Sympathiam & [168] Antipathiam. Dieses will ich zwar zugeben /aber man soll auch bedencken / daß eines ieden Dinges Würckung nur in solchen Fällen geschicht /worzu es von GOtt bestimmet ist / aber nach alberer abergläubischer Weiber ihren närrischen Willen und Einbildung richtet sich weder GOtt / noch die Natur. Wollet ihr aber ferner einwenden: Ihr hättet es gleichwohl aus öffterer Erfahrung / daß die junge Mägdlein / denen ihr erstmahl gesponnen Garn auf ein Mühlrad gelegt worden / wacker hätten spinnen gelernet: So antworte ich ferner / und gebe euch zu bedencken: mit was für Begierde zum Spinnen / so wohl ihr alten Narren / als auch euer einfältiges Kind / das erste Garn aufs Mühlrad leget? ists denn nicht noch bißdato wahr / wie man im Sprichwort zu sagen pfleget: Lust und Lieb zu einem Dinge / macht alle Arbeit geringe. Da nun aber das Mägdlein aus grosser Begierde gut Spinnen zu lernen das erste Garn aufs Mühlrad legt / so ist diese Begierde an sich selbst schon capable, das Mägdlein wacker Spinnen zu lernen / ob gleich das Garn nimmermehr aufs Mühlrad käme. Denn wenn ein Kind gut spinnet / wirds gelobt / dieses Lob gefällt dem Kinde / und befleißiget sich des Spinnens desto mehr: ie mehr es nun aber spinnet / ie besser es [169] spinnen lernet. Nun sagt mir noch / ob das Mühlrad etwas zum spinnen helffen könne?

Das 87. Capitel
Das 87. Capitel.
Wenn man Wäsche trocknet, soll man sie nicht / biß die Sonne untergegangen / auf den Stangen hangen lassen / sonst beschreyet der / so diese Wäsche anziehet / alles.

Wer sagt denn dieses? die alten Abergläubischen /und in der Abgötterey ersoffenen losen Vetteln (ehrlichen und Christlichen Weibern nicht zu nahe geredt) das zauberhafftige Geschlecht kan nichts vornehmen noch verrichten / es muß allemahl mit Aberglauben geschehen. Wenn irgend einsmahls eine Magd die Wäsche länger auf der im Garten oder auf einem Rasen aufgemachten Wäsch Stange hat hängen lassen / als die Sonne geschienen / und die Frau die Magd gescholten / daß sie die Wäsche so lange hangen lasse / (denn die Frau ist vielleicht besorgt gewesen / daß iemand kommen und die Wäsche stehlen möchte) weil denn die Mägde alle Ursachen gern wissen wollen / warum ihre Frauen das und jenes so oder sonst haben wollen / kan es seyn / daß die Frau der Magd ihre erhebliche Ursachen nicht so schlechter Dinge auf die Zähne binden wollen / sondern [170] mag aus Spaß gesagt haben: wer die nach der Sonnen Untergang auf der Stange gehangene Wäsche anziehe / selbig Mensch beschreye alles. Und die Magd hat also diesen Spaß nicht allein für sich in Ernst aufgenommen /sondern auch bey andern albern Gänsen weiter fortgepflantzet. Daß ichs aber noch mehr beweise / daß an diesem albern Glaubens-Punct nichts wahr sey / so gebe ich zu bedencken / daß man ja alte Wäsche insgemein so lange auf der Stange oder Stricke hangen lasse / biß sie recht trocken ist / und da die Wäsche zu Winters-Zeit / oder im feuchten Wetter / in einem Tage nicht trocknen kan / so muß sie ja gar offt biß nach der Sonnen Untergang / ja gantze Nächte auf den Stangen hangen bleiben. Da bedencke man nur / wie viel Millionen Menschen würden solcher gestalt alles beschreyen müssen: darum ist auch dieses CapitelsRubric, eine alte Weiber Lüge.

Das 88. Capitel
Das 88. Capitel.
Wenn iemand bey gehaltener Mahlzeit in die Stube kömmt / so soll es mit essen / und solte es auch nur ein einiger Bißen seyn.

Daß es fein höflich stehet / wenn iemand Frembdes in eine Stube kömmt / zu der [171] Zeit / wenn eben der Wirth speiset / und der Haußwirth oder die Seinigen heissen dē Frembden mit essen / das ist wahr. Hingegen ist auch mancher Frembder offt so gar verschämt / daß er sich nicht darzu bereden lässet / einen Bissen zu nehmen / ob er auch noch so sehr gebeten wird. Wie alsdann aber der Sache zu rathen? oder was hat es dann zu bedeuten / wenn der Frembde nicht einen Bissen mit isset? dieses weiß mir niemand zu sagen / als die alten abergläubischen Weiber / diese berichten mich: entweder der Wirth / oder der Gast wird um 6. Gr. ärmer / als vorhin. Welcher vernünfftiger Mensch wird nun wissen / woher dieses Mährlein entstanden sey / oder wer ist so klug / der hiervon richtige rationes erfinden wird / warum eines von beyden müsse um 6. Gr. ärmer werden / wenn ein Frembder in eine Stube kommt / da eben Mahlzeit gehalten wird / und nicht mit isset. Wenn es in contrario zu verstehen wär / solte man vielleicht noch eher einige kahle Ursach vom Zaune holen können / allein / so schlechter dings wird man nichts finden / man wolte dann die Bedeutung nur allein auf einen Gastwirth machen / als welchem freylich allemahl was entgehet / wenn ein Frembder um Essen kömmt / und isset nicht mit. Hingegen würde der Frembde in den Verlust fallen / wenn er mit [172] isset. Will demnach diese Narrethey auf keine wege den Stich recht halten / und mögen die abergläubischen Narren sehen / wie sie diesen Aberglaubenverificiren / in mittelst mag er erlogen bleiben.

Das 89. Capitel
Das 89. Capitel.
Wenn eine Kalben zum ersten mahl zum Rind gelassen worden / soll man ihr eine Qvitte zu fressen geben.

Kein allgemeiner Physicus noch Philosophus wird so klug seyn / der dieses Geheimniß aussinnen wird /worzu eine Qvitte einer jungen anfangenden Kuh vor unglaublichen Nutzen schaffet? ja wolte fast wetten /daß der König Salomo von diesem Geheimniß nichts verstanden habe / und glaube ich / wenn der liebe Salomo / ohnerachtet er der Weiseste unter allen Weisen in der Welt gewesen ist / ietzt unter unsere abergläubische Küh-Schwesterinnen kommen solte / diese ihm gewiß andere Rätzeln vorlegen würden / als die Königin aus Reich Arabia gethan hat / die er wohl unaufgelößt würde lassen müssen. Und so sehr sich die Königin aus Reich Arabia über die Weißheit Salomonis vor diesem verwundert hat / so würde sich nun Salomo selbst ietzt noch vielmehr über die Thorheit (ey wolt ich sagen / [173] Weißheit) der über-klugen abergläubischen Weiber verwundern müssen. Daß ich aber die Sache kurtz mache / und das Geheimniß von der Qvitte / die einer jungen Ochsen-Braut gegeben werden muß / meinem Nechsten zum besten eröffne (denn solche natürliche Mittel scilicet, soll man nicht bey sich ersterben lassen) so dienet allen und ieden Küh-Schwesterinnen / Gabel-Reitern / Mist-Fincken und Butermacherin / die von diesem Geheimniß noch nicht gehöret / zur ungegründeten Nachricht / so eine junge Kalbe eine Qvitte zu fressen bekommt / sie mag frisch oder gedörret seyn / so wird hernach alle Butter / die von dieser Kuh gemacht wird / Qvitt-gelbe werden. Da gedenckt nun / ihr lieben Runcunckeln! was ich euch vor ein schönes Geheimniß eröffne / woraus ihr meine zu euch tragende grosse Affection zur Gnüge ermessen könnet / und billig auf einen gutenRecompens von einer Hose Butter gedencken soltet. Denn was könnet ihr vor Dreyer ersparen / die ihr sonst vor stinckigen Orlean in die Apothecken und Krahmläden tragen müsset / damit ihr zwar eure weisse Butter könnet gelb genug färben / aber auch damit am Geschmack und Geruch verderbet / daß sie niemand gern essen mag. Unterdessen will ich euch aber / dieses Kunststückgen zu glauben / eben [174] nicht mit aller Gewalt beschwatzen / sondern versichere nur /daß die nichts drauf halten werden / die thun am klügsten.

Das 90. Capitel
Das 90. Capitel.
Wenn eine schwangere Frau über einen Strick hinschreitet / daran ein Mutter-Pferd angebunden gewesen / die muß zwey Monat über die Zeit schwanger gehen.

Wer hat das gesagt? Mutter Ursel / die hat es aus der Erfahrung. Denn als Frau Kutzlingunda schwanger gangen / und vor der Zeit ihrer Helffte / irgend im dritten Monden nach ihrer conception, einen Suppen-Napff voll Sauerkraut / und ein Kannen Töpfgen voll halb gekochte Erbsen / die man hier zu Lande alte Weiber nennet / ausgegessen hatte / davon sie Rumpeln und Blöhung im Leibe bekommen / ließ sie Frau Mutter Urseln holen / und consulirte selbige / wie sie sich bey so gestalter Bewandniß zu verhalten hätte? Mutter Ursel / welche nichts vom sauern Kraute /noch von alten Weibern / die sich in Kutzlingunden ihrem Bauche mit einander überwarffen / und damit gewaltig stossende Sturmwinde erregten / wuste /meynte / Frau Kutzlingunda wär zur Helffte schwanger / und fühlte die [175] Frucht zum ersten mahle. Machte demnach der Kutzlingunden die Rechnung / als hätte sie noch zwantzig Wochen biß zur Geburt / stellete sich auch gegen die 20ste Woche gar fleißig zum Besuch ein / und sahe / ob Kutzlingunda ein Gläßgen guten Aquavit, oder sonst ein Leckerbißgen für sie übrig hätte. Wie aber nicht allein zwantzig Wochen /sondern noch 6. Wochen darzu hinweg waren / und doch noch keine Geburt an das Licht kommen wolte /fragte Mutter Ursel: ob irgend Frau Kutzlingunda sey über etwas hinweg geschritten / das die Krafft hätte /die Frucht zurück zu halten? kunte sich Kutzlingunda zwar lange auf nichts besinnen. Ihr Mann aber erinnerte sich / daß zu der Zeit / als er seine Stutte hätte aufgezäumt / und den Halffter auf die Thür-Schwelle geworffen / seine Frau Kutzlingunda zu ihm in Stall kommen sey / und wär über den von Stricken gemachten Halffter weg gegangen. Ha ha! ich dachte es gar wohl / sagte Mutter Ursel. Da habt ihrs; nun müßt ihr eure Schürtz voll Hafer nehmen / und der Stutten oder Mutter Pferde solchen vorhalten / daß es euch aus der Schürtze den Hafer frißt / so werden zu letzt etliche Körngen in der Schürtze liegen bleiben / hierauf müssen wir wohl achtung geben / wie viel derer sind.[176] Denn durch den Strick / woran das Mutter-Pferd angebunden gewesen / ist euch eure Leibes Frucht auch angebunden worden. Und so ihr die Stutte nicht liesset aus eurer Schürtze fressen / so köntet ihr auch nicht eher gebähren. Hierzu machte Frau Kutzlingunda alsbald Anstalt / und die Stutte fraß den Haber biß auf 5. Körngen / die blieben in der Schürtze kleben. Da urtheilete Mutter Ursel: in fünff Tagen würde nun die Geburts-Stunde kommen. Aber da noch 9. Tage verzogen / sagte Mutter Ursel: es ist gar recht; denn zwey Monate über die Zeit hättet ihr müssen schwer gehen / wenn euch das Mutter-Pferd nicht hätte aus der Schürtze gefressen / aber die 5. Körngen haben die zwey Monate um 5. Tage verkürtzt. Hieraus kan nun iederman sehen / wie weit die alten Wehemütter mit ihrer Philosophie kommen sind. Wer nun ein Narr seyn / und solche Thorheit glauben will / der thue es nach seinem Gefallen / ich glaubs nicht.

Das 91. Capitel
Das 91. Capitel.
Das erste Fleisch, das man einem Kinde essen lässet /soll von einer gebratenen Lerche seyn.

Hierunter steckt abermahl ein Arcanum Mulierum, das einer guten Striegel werth [177] ist. Das Lerchen Fleisch soll machen / daß das Kind eine schöne helle Stimme kriegen soll. Und weil ich im vorhergehenden 89. Capitel schon eines solchen Stockfisches gedacht habe / welcher eine Nachtigal und einen Canarien Vogel gefressen / um sich damit eine helle Stimme zum Singen zu machen / so nehme ich diesen Punct vor / weil er ad propos kömmt. Hätte dieser Narr in seiner Kindheit eine recht hochweise Mutter gehabt /die ihm zum ersten mahl das Fleisch von einer gebratenen Lerchen zu essen gegeben / hätte er seine gute Singe Vögel nicht aus dem Gebauer nehmen und fressen dürffen. Aber was geschehen ist / das ist geschehen; sagen die Mägde / wenn sie ein Kind bekommen. Ich will mit meiner Striegel diese Weiber-Weißheit ein wenig durchhecheln / und sehen / wo die Wurtzel hiervon steckt / ob sie in sandigten steinigten Boden eingewurtzelt sey? Ich finde aber weder Sand / Stein /noch Erde / sondern nur allein Lufft. Zwar finden wir in H. Schrifft / Gen. I. v. 20 seq. daß die Vögel ihren Ursprung aus dem Wasser haben / weil sie sich aber mehr entheils in der Lufft aufhalten / so wissen die Weiber / daß sie besonders auch mit der Lufft etwas gemein haben müssen / und dieses ist nichts anders /als der Vögel ihre anmuthige und liebliche Stimme /welche vermittelst [178] der Lufft in die Ohren anderer lebendigen Creaturen eindringet. Weil aber unter allen Gevögel keiner ist / der nur allein in der hohen Lufft seinen schönen Gesang so hören läßt / als wie die Lerche / denn andere Vögel pflegen gemeiniglich sitzend / und im Gebüsch / oder in Wäldern auf denen Bäumen zu singen / diese aber / wenn sie aus der hohen Lufft sich wieder hernieder lassen auf die Erde / stellen sie ihrem Gesang wieder ein: Also scheinets /daß die scharffsichtigen weisen Weiber dieses überlegt / und daraus geschlossen haben: die Stimme eines Menschen gehet durch die Lufftröhre / aus dem Blasebalge der Lungen / in die Lufft / der Vögel Gesang geschicht auf gleiche weise / und besonders singet eine in hoher Lufft schwebende Lerche der massen helle / daß man es auf dem Erdboden gar wohl und stärcker hören kan / als wenn ein Mensch gleich in solcher Höhe schweben / und aus allen Leibes-Kräfften schreyen würde / da doch ein Mensch gegen einer Lerche so eine grosse Creatur ist. Derowegen muß dieses kleine Vögelein (die Lerche) eine besondere Eigenschafft haben / eine helle Stimme von sich zu geben / ergo bonus dies, so kan das Lerchen-Fleisch einem Kinde / wenn es diesem [179] zum ersten zu essen gegeben wird / auch eine helle Stimme mittheilen / so lange als es lebt. Und dieses ist wahr / denn die Weiber sagen es. Ich frage aber hierbey / ob es Wunder wär / so sich einer über solche grosse Weiber-Weißheit eine Wartze auf den Rücken lachte / so groß als ein Groschen-Brodt?

Ich will aber bey diesem Punct meine Gedancken auch in aller Kürtze eröffnen / und schliesse ich nach meiner Einfalt also: wenn das erste Fleisch / das ein Kind isset / demselben Kinde die Eigenschafft mittheilet / daß es eine solche Stimme bekomme / als wie das Thier gehabt / davon das Fleisch gewesen / so wär es leicht / daß man gute Discantisten von Canarien Vögel- Lerchen- und Nachtigallen-Fleische / Altisten vom Lamm- und Schaaf-Fleisch / Tenoristen von Küh- und Esels-Fleisch / Baßisten von Löwen-und Behren-Fleisch etc. aufziehen könte. Wie aber dieses nicht angehet / so mag wohl jenes eine Lüge seyn.

Das 92. Capitel
Das 92. Capitel.
Wenn man einer wichtigen Sache Ausgang erfahren will / muß man die Bibel ohngefehr aufschlagen / was man zu erst erblicket / daraus siehet man / was man sucht.

[180] Es ist kein Zweiffel / und die Erfahrung hat mirs kunt gethan / daß leider! auch gelehrte Personen diese Sünde begehen / und die liebe Bibel mißbrauchen /und solche / gleichwie die Heyden ihre Oracula, um allerhand unnützen Plunder Rathfragen / gleich als ob das heilige geschriebene Wort GOttes / um weltlicher Geschäffte halber / uns Menschen aufgezeichnet worden wär. Es sagt zwar Joh. 5. v. 39. unser Heyland zu denen Jüden: suchet in der Schrifft etc. dieses solte aber nicht ein solch abergläubisches und zweiffelhafftiges Suchen seyn / wie hier unsere Rubric dieses Capitels haben will / sondern man soll darinnen suchen den Weg zur Seligkeit / und daraus erkennen lernen /wie accurat dieselbe von Meßia oder unserm Erlöser JEsu Christo zeiget. Nicht aber soll man weltlicher Geschäffte Ausgang darinnen so plumpsweise suchen / als ob man auf ein gut Gerathe wohl in einen Glücks-Topff greifft. Nein / das ist ein böser Mißbrauch der H. Bibel. Es ist dem Teufel gar ein leichtes / daß er einem solchen fürwitzigen Pursch / durch Verhängniß GOttes / in Aufschlagung der Bibel / die Blätter also theile / daß der unnütze Sucher einen solchenLocum erblicken kan / der den Menschen mehr [181] betrügt als wahrsaget. Denn des Suchers Absehen ist nicht auf den Willen GOttes gegründet / sondern es eilet der Mensch damit nach dem verbotenen Baume zu / allwo ihm der Satan seine Augen zum Verderben aufthut. Die H. Bibel ist ein Compendium, in welchen uns der Wille GOttes / wie auch das Werck unserer Erlösung / und der Weg zu unserer Seligkeit gezeiget wird. Und können wir freylich alles darinnen zu unserer Nachricht finden / was wir nach dem Willen GOttes thun oder lassen sollen. Wir müssen aber auch wissen / daß diese H. Schrifft von GOtt und dessen Geist in eine sehr gute Ordnung / Connexion undHarmonie, durch Mosen / die Propheten / Evangelisten und Apostel gebracht ist / daß ein Mensch nicht damit umzugehen hat / als ob es confus unter einander geworffene Steine oder Zettel eines Glücks-Topffs wären / sondern wir sollen fleissig darinnen studiren /und uns nach allem fleißig reguliren. Wenn wir dieses thun werden / so haben wir nicht nöthig / nur ohngefehr einen Spruch daraus zu suchen / und uns darnach zu richten; sondern es wird uns der daraus schon erlernte Wille GOttes allzeit zu erkennen geben / was wir thun oder lassen sollen. [182] Widrigenfalls möchte es ausschlagen / als wie bey einem gewissen Edelmann /welcher eine alte mit Dornen und Kratzbeeren bewachsene Leide hatte / die er gern zu nutzbaren Feld hätte gemacht / weil er aber den losen Gebrauch hatte / zu allen seinem Vorhaben die Bibel aufzusuchen /und daraus den Ausgang seiner Sache vorher zu vernehmen / so geschahe es zu diesem mahle / daß er im Aufschlagen eben auf die Worte: Jer. 10 v. 19. Ich dencke aber / es ist meine Plage / ich muß sie leiden; sahe / und rottete also das unnütze Gestrüpe nicht aus / biß auf den heutigen Tag. Solche Narren giebts in der Welt.

Das 93. Capitel
Das 93. Capitel.
Wenn eine greißtende Frau eine reine Jungfer über sich lässet hinschreiten / und die Jungfer in währenden Uberschreiten ihren Gürtel auf die Greißtnerin fallen lässet / so geneset diese alsobald.

Wenn dieses wahr ist / warum lässet man denn so offt greißtende Weiber so lange in dem erbärmlichsten Zustande, zu 2. 3. und mehr Tagen liegen / und endlich wohl gar samt dem Kinde sterben und verderben /und warum bedienet man sich denn dieses leichten Mittels [183] nicht? hat es doch fast das Ansehen / als ob die reinen Jungfern so ein rares Wildpret wären / daß in solchen Nothfällen keine anzutreffen sey. Oder sind die reinen Jungfern irgend so excessiv schaamhafftig /daß sie sich auf keine weise zu solchen Liebes-Dienst wollen bereden lassen? so nimmt mich es Wunder /weil man doch genug Exempel weiß / daß in manchen Assembléen der Jungfern wohl so heilige Gebährungs-Discurse geführet werden / woraus auch wohl manche erfahrne Wehmutter wohl was lernen könte. Aber sachte! diese sind vielleicht keine reine Jungfern; dahero schicken sie sich zu dieser function nicht. Wenn mich nun iemand fragte / wo man denn in solchem Nothfall eine reine Jungfer antreffe? so würde ich meine Unwissenheit vorschützen müssen. Denn mit grossen erwachsenen Jungfern / welche Gürteln tragen / scheinets mit der Probe ein ungewiß Ding zu seyn; und die kleinen unschuldigen Mägdlein tragen noch keine Gürtel. Dahero ich vermuthe / es müsse dieses Capitels Rubric eine verblümte Meynung in sich haben; und zwar bedüncket mich / daß es also zu verstehen sey: wenn nehmlich das Weib mit einem Töchterlein schwanger gewesen / und mit solchen in greißten liegt / so kan es [184] nicht fehlen / daß so dieses Kind zur Welt gebohren wird / ist es noch eine reine (oder von keinem Manne berührte) Jungfer / so diese Jungfer nun so weit an das Tagelicht tritt / daß sie /mit Hülffe der Wehmutter / von dem Gürtel (die Nabel-Schnur) womit die Kinder offt gleichsam gebunden sind / ablöset / und das an der Affter-Bürde hangende Band auf die Greißterin fällt / so wird die Jungfer über die Mutter oder Greißterin hin gegeben /welches ein Uberschreiten kan genennet werden / und solcher gestalt / oder in dieser Meynung / möchte dieser Glaubens-Articul bestehen können. Denn in solchen Begebenheiten haben offt die Wehemütter gar vielerhand verblümte Redens-Arten / auf daß es die gegenwärtige Personen / denen eben nicht alle Dinge zu wissen nöthig ist / nicht verstehen mögen / was damit gemeynet sey; e.g. es lag einst ein junges Weib in Kindes-Nöthen / und wenn sie einige wilde Wehen hatte / vermeynete sie / es sey die Geburth schon da. Die Wehmutter sagte aber zu ihr: Nein / meine liebe Frau / wenn erst ein Perl-Borten im Gesichte und auf der Stirn gesehen wird / eher wird nichts draus / das gute Weiblein rieff ihren Mann / und sagte ihm heimlich ins Ohr: er solte ihr doch etliche [185] von ihren Perl-Schnuren herbringen / da nun der Mann diese brachte / legte das einfältige Weib solche über das Gesicht und die Stirn / und meynte / nun werde sie stracks einen frölichen Geburths-Anblick haben / aber die Wehmutter lachte dessen / und sprach: es sey kein solcher Perl-Borten gemeynet / sondern wenn der Greißterin das gantze Gesicht voll grosser Schweiß Tropffen stehen würde / das hieß sie einen Perl Borten. Wer nun so närrisch handeln und glauben wolte /man befördere die Geburth / so man der Greißterin einen Perl Borten aufs Gesichte legte / so würde dieses abermahl eine Materie für meine Striegel seyn.

Das 94. Capitel
Das 94. Capitel.
Wenn die Zimmerleute ein neu Hauß bauen / und den ersten Nagel einschlagen / und es springet Feuer aus dem Nagel / so brennt solch Hauß wieder weg.

Hierbey will nöthig seyn / alle Umstände wohl zu überlegen / denn da erstlich nicht zu vermuthen ist /daß Eisen auf Eisen geschlagen Feuer geben kan /also ist es was bedencklich / wenn bey Bauung eines Hauses / eben bey Einschlagung des ersten Nagels /Feuer heraus springet; und noch bedencklicher würde[186] es seyn / wenn es irgend / wie vermuthlich / gar mit dem ersten höltzern Nagel geschehen solte. Jedoch ist es aber auch nicht etwas gar unmögliches / weil sichs ja gar leicht zuträgt / wenn man bauet / daß ein Körngen oder etliche Sand / oder ein klein Kieselsteingen an dem Hammer / Beile / Axt / oder am Nagel hängt /welches bey dem zusammen schlagen kan Feuer-Funcken geben; zumahl / da insgemein die Zimmerleute gutes und mit Stahl belegtes Geräthe haben / welches leichte Feuer schlägt. Wenn sich die Sache nun also zuträgt / so ist es ja gantz nichts verwunderliches /und kan ohne Aberglauben nicht für ein böses omen eines künfftigen Brandes angesehen werden. Denn ob ich gleich nicht gäntzlich in Abrede seyn will / daß sichs irgend einmahl zugetragen haben mag / daß bey Bauung eines neuen Hauses / und Einschlagung des ersten Nagels / ist ungewöhnlich Feuer heraus gesprungen / auch endlich solch Hauß nebst andern Häusern im Feuer wieder aufgegangen / so ist dieses doch nicht als ein universal omen eines künfftigen Brandes zu betrachten / sonst müste folgen / daß dieses Feuerschlagen des ersten Nagels sich viel 1000. mahl begeben würde / welches aber gleichwohl nicht geschicht / da hingegen [187] leider! fast alle Wochen hin und wieder im Lande die schröckliche Brand-Glocke in Städten und Dörffern gehöret wird. Und weil nun dieser Punct nicht für etwas universales zu halten ist /so darff auch kein abergläubischer Staat draus gemacht werden / als ob ein solch Hauß / da bey Einschlagung des ersten Nagels ist Feuer heraus gesprungen / unumgänglich wieder hinweg brennen müsse. Denn so wenig als ein Hauß / bey dessen ersten Nagels Einschlagung kein Feuer heraus gesprungen ist /sicher ist / daß es nicht hinweg brennen werde / so wenig folget die Unumgänglichkeit des Brandes / ob gleich Feuer heraus gesprungen wär / und darff aus einer irgend einmahl geschehenen Sache eben nicht stracks eine abergläubische Furcht erregt werden. Jedoch wär auch in solcher seltenen Begebenheit mein getreuer Rath / daß der neue Haußwirth sich dieses zu einem Bußwecker dienen ließ / um GOtt mit andächtigen Gebete desto mehr sein Hauß und Vermögen täglich zu befehlen / und zu bitten / daß er ihn für Feuer und allem Unglück gnädiglich behüten wolle / item, daß er desto sorgfältiger im Hause mit Feuer und Licht umgehe.

Das 95. Capitel
[188] Das 95. Capitel.
Wer Lein säet, der soll sich auf dem Acker / worauf er säen will / erst 3. mahl auf den Sack / darinnen der Lein ist / setzen / und wieder austehen / das ist gut.

Worzu soll denn dieses dienen? Antwort: wenn dieses geschicht / so wächßt kein Unkraut im Flachse. Das will ich wohl glauben; denn so lange sich ein Narr auf den Lein im Sacke setzt / so lange kan freylich kein Unkraut im Flachse wachsen; aber hernach / wenn der Lein gesäet und aufgegangen ist / wird sichs wohl anders weisen. Wie kan denn das dreymahlige niedersetzen auf den Lein das Unkraut / das künfftig erst wachsen soll / verhüten? das ist ja wider und über die Natur / worüber auch der Teufel nichts zuwege bringen kan. Wenn du aber schönen reinen Lein haft / und bestellest den Acker so / daß nicht schon der Saame und Wurtzeln allerhand Unkrauts in Acker steckt / so kanst du wohl wieder reinen Flachs bekommen / ob du dich gleich gar nicht auf den Lein setzest. Hingegen / so der Lein unrein / und mit allerley Gesäumlich / Dotter und dergleichen vermengt / der Acker auch voller Saudistel-Wurtzeln steckt / so magst du dich gleich 1000. [189] mahl auf den Lein setzen / so wirst du doch Unkraut genug genug im Flachse bekommen. So ist auch schon längst aus offter Erfahrung / dieser Aberglauben zur offenbahren Lügen worden da es unterschiedliche Leute probiret haben / und sich 3. mahl aufn Leinsack gesetzt / aber dennoch Unkraut genug in Flachs bekommen. Drum ist mein Rath / daß sich niemand auf solche albere Narrenhändel verlassen wolle.

Das 96. Capitel
Das 96. Capitel.
Wem die Hände stets schwitzen, der soll in eine Kirche gehen / in welcher er sonst noch niemahls gewesen / und soll die Hände an die kalte Mauer reiben.

Warum aber nicht an einen Schneeballen oder Eyßzacken? Nein / sagen die abergläubischen Gecken / es muß darum in einer Kirchen an die Mauer gerieben seyn / auf daß hernach einem die Hände sein Tage nicht mehr schwitzen. Ja / vix credo! es ist bekannt /daß es gemeiniglich in denen Kirchen kühles Gemäuer giebt / daß also einem schwitzigen und hitzigen Menschen / der in solche kühle Kirche kömmt / der Schweiß gar leichte vergehet / zu [190] mahl / wenn er die Hände an die kalte Mauern hält / daher ist auch die Meynung bey dem abergläubischen Volck entstanden / daß wenn einer / der das kalte Fieber hätte / in die Kirche gienge / so bekäm er hernach das Fieber desto eher wieder. Es ist aber weder an diesem noch an jenen die Kirche schuld / sondern das kalte Gemäuer der Kirchen. Hingegen mag es auch ein anders mit guten Mauern versehenes kühles Gewölbe seyn / so wird es eben den effect auch thun. Wolte aber iemand einwenden / ob hätte er es aus eigner Erfahrung / daß ihm in andern Gemäuer dennoch die Hände geschwitzt hätten; so frage ich ihn / ob er denn in selbigen Gemäuer oder Gewölbe auch so stille gesessen /als wie in einer Kirchen / oder ob er nicht vielmehr dort gearbeitet habe / daß ihm nicht allein die Hände /sondern auch wohl der gantze Leib geschwitzt? man gehe nur recht mit sich selbst zu Rathe / so wird kein Zweiffel seyn / man wird mir müssen recht geben. Wendet man aber weiter ein: warum es denn nicht in einer iedweden Kirche anginge / sondern müsse eine Kirche seyn / in welche man sonst noch niemahls gekommen wär? Antwort: bleibe du nur in einer bekannten Kirche auch so lange / und siehe dich in allen Winckeln und an [191] allen Bildern um / als wie du dich in einer frembden und unbekannten Kirche verweilest /und überall umsiehest / daß dir zuletzt die Haut schauert / so wirst du eben auch solchen effect empfinden; wilt du es nicht glauben / so versuchs. Daß man sich aber einbilden wolle / es solten einem die Hände hinfort nimmermehr schwitzen / ist eine Narrheit.

Das 97. Capitel
Das 97. Capitel.
Wenn ein Licht angezündet aufn Tische stehet / und springen Funcken Feuer davon weg / so kriegt derjenige / nach dem sie zufliegen / denselben Tag Geld einzunehmen.

Das mag wohl seyn; zumahl / wenn es irgend nach einem Steuer- oder Accis-Einnehmer spritzte. Denn bey diesen kan es nicht fehlen / weil sie täglich Geld einnehmen. Es ist eine bekannte Sache / daß theils Talg-Lichte leichtlich Fünckgen von sich spritzen /wenn nun aber ein gantzer Tisch voll solcher Personen sitzen / welche alle mit Geld einnehmen zuthun haben / e.g. einer ist ein Schösser / der andere ein Cämmerer / der dritte ein Postmeister / der vierdte ein Apothecker / der fünffte ein Seiden-Händler / der sechste ein Weinschencke / [192] und so fort. Wie sichs dann offt zuträgt / daß dergleichen Personen / welche täglich mit Geld-Einnehmen zu thun haben / zusammen kommen / oder Assembléen anstellen. So nun das zwischen dergleichen Personen stehende Licht ohngefehr ein Fünckgen von sich spritzt / auf eine Seite da der Weinschencke sitzt / so trifft es zwar wohl ein /daß er wird Geld bekommen / aber gleichwohl hats das Licht nicht anzeigen können / weil er gewiß auch würde Geld ein bekommen / ob gleich das Licht gar nicht gespritzt hätte. Oder aber / wie gehet es zu / daß die andern / auf die das Licht nicht gespritzt hat /eben so wohl Geld einnehmen als der / auf dessen Gegend das Fünckgen vom Lichte gesprungen ist? da gebe man mir erst Nachricht / hernach will ich auf Begehren weiter antworten.

Das 98. Capitel
Das 98. Capitel.
Wenn an einer Stuben-Thür angepochet wird / so soll man die Thür nicht aufmachen / ehe man weiß / wer angepochet hat / denn es kan der Tod seyn / und müste denn der / der die Thür aufmacht / und niemanden aussen vor der Thür siehet / sterben.

[193] Es nähmen einige Leute nicht viel / wenn sie hören an die Thür anklopffen / und machten die Thür auf / ehe sie gewiß sind / ob iemand vor der Thür sey oder nicht / denn sie bilden sich gäntzlich ein / wenn sie es nur so gedaucht hätte / als ob iemand anklopffete /und sey nicht so gewesen / sie aber doch die Thür aufthäten und zuschaueten / ob niemand angeklopfft hätte / so machten sie dem Tode auf / und müste der /der aufmachte / sterben. Drum ists auch eine Gewohnheit worden / daß wenn iemand an der Stubenthür anklopfft / so wird (sonderlich bey gemeinen abergläubischen Leuten) einem nicht leicht die Thür aufgemacht werden / sondern man sagt insgemein: Herein! da dann entweder / der angeklopfft / hinein gehet /oder gewarten muß / daß noch mehr geruffen werde: immer herein / rein! biß er selbst aufmacht und eingehet. Was aber Leute seyn von guten Verstande / die kehren sich an solche alte Weiber-Fratzen gar nicht /und machen kein Bedencken / wenn sie vermeynet /daß iemand anklopffet / die Thür aufzuthun / und habe ichs aus eigener Erfahrung / daß uns alle gedaucht gehabt / es klopffte iemand an die Stuben-Thür / und niemand aufmachen wolte / habe ich selbst aufgemacht / aber niemanden vor der Thür funden /und lebe [194] gleichwohl noch so lange als GOtt will. Wie manchmahl trägt sichs zu / daß eine Henne an die Stuben-Thür kommt / und irgend nach einem daran hangenden Körngen oder Würmgen hacket / und alsbald wieder davon laufft? wenn man nun hierauf die Thür aufthut / ist niemand da. Soll denn das der Tod gewesen seyn? der Tod kommt ohne angeklopfft /ohne gebeten / und ohne aufgemachte Thüren. Und so du abergläubischer Naar dich mit einer starcken Mauer liessest ummauren / darein gar keine Thür eingienge / so würde der Tod doch wohl zu dir kommen /und dich würgen. Drum laß solche Narren-Possen aus deinen Gedancken / sondern bedencke vielmehr / daß du / und alle Menschen schon den Tod aus Mutterleibe gebracht hast / und solchen in dir selbst trägst biß ins Grab. Drum habe du lieber acht auf dein Hertz /und gedencke stets: der Tod klopfft an deine Hertzens Thür / und bereite dich auf diesen Gast stets recht wohl / und stirb immer / so stirbst du nicht / wenn du stirbst / sondern gehest durch den Tod ins ewige Leben.

Das 99. Capitel
Das 99. Capitel.
Wer einen Schaden am Leibe hat, der soll solchen keinen Weibe ansehen lassen / es wird der Schaden sonst süchtig davon.

[195] Die abergläubische Gesellschafft bestehet so wohl aus Männern, als Weibern. Die Männer aber, die sich darunter befinden, und alle thörichte Affen-Erfindungen mit machen, und glauben, was die alten Vetteln auf die Bahn bringen, die sind nicht werth, daß ein vernünfftiger Mann mit ihnen umgehet. Denn es erweiset ein solcher abergläubischer Narr vor aller Welt, daß er noch nicht einmahl so viel Verstand hat, als eine alte betrügliche Vettel, die aus verschmitzter Leichtfertigkeit allerhand nachdenckliche Aberglauben aussinnet, und damit viele einfältige und leichtgläubige Narren betrügt. Was dieser ietzige Punct anlanget, so zweiffele ich nicht, daß auch wohl 6. jährige Kinder errathen möchten, wie diese schertzhaffte Redens-Art zu verstehen sey, nehmlich: wenn ein Weib einen offenen Schaden an einem Manne sehe, so ist er allerdinges sichtig, aber nicht süchtig. Dem aber ohnerachtet habe ich doch schon unterschiedliche so albere abergläubische dumme Gecken angetroffen, welche wenn sie sich geschnitten oder gehauen, oder sonst einen offen Schaden gehabt, sie sich von keinem Weibe haben wollen verbinden lassen, in Besorgung /wenn ein Weib den Schaden ansehen thäte, würde er süchtig. Solche Narren möchte ich aber nur fragen, warum denn die Schäden, die die Weiber selbst haben, und also auch täglich selbst ansehen, nicht vielmehr süchtiger werden? ingleichen hat man [196] ja Exempel, daß es Weiber giebt, welche Wund-Aertztinnen abgeben und zu weilen auch Schäden an Männern verbinden, und auch glücklich heilen; wodurch ja Sonnen-klar erwiesen wird, daß das Vorgeben von süchtigen Schäden eine Lügen sey, und nicht süchtig, sondern sichtig verstanden werden müsse.

Das 100. Capitel
Das 100. Capitel.
Wenn ein Mann nicht zu Hause ist, und dessen zu Hause gelassenes Weib hat ihre Haube nicht aufgesetzt / so hat der Mann kein Glück.

Man pflegt zu sagen: im Zipffel fängt man die Fische. Also habe im Ende dieser Hundert Aberglauben auch eine solche Materie nehmen wollen, in welcher die abergläubischen Weiber etwas Beyfall finden, und sich dahero ungemein darüber erfreuen werden, nicht anders als wie die Fischer, welche im gantzen Netze nichts sehen, und doch endlich im Zipffel einen Krebs antreffen.

Wenn ich nun dieses hunderten Capitels Rubric überlege, so muß ich zwar gestehen, daß ich gern mit einer Striegel recht ernstlich drüber her gewesen wär; alleine, ich muß mich der Hastigkeit enthalten, wenn ich mich bey dem lieben Weibs-Volck wieder anschmeicheln will; drum sage ich: Es möchte vielleicht doch wohl was dran seyn, daß so ein Mann verreiset, und [197] seine Frau Liebste zu Hause mit blossen Kopffe ohne Haube sich befindet, derselbe Mann kein Glück habe; denn man überlege die Sache, wie man will, so trifft dieser Articul ein. z.E. es kömmt in des Mannes Abwesenheit irgend der Knecht, der Gesell, der Schreiber, der Haußgenoß, oder sonst ein Spaß-Galan, und zaußt die Frau Hauß-Ehre wacker herum, oder rammelt ihr die Haube gar vom Kopffe herab; davon wird dem guten Manne freylich kein Glück zuwachsen, wenn ihm sein liebes Weibgen zu Hause so verhudelt wird. Aber sachte! ich hätte mich bald vergangen; der Articul ist fürwahr gantz falsch, und kan ich dahero den lieben Weibern noch nicht beyfallen, sintemahl ja auf solche weise dem Manne Glück zuwächßt; denn wie viel Exempel liegen am Tage, daß in Abwesenheit manches Mannes zwar die Haube vom Kopffe gezaußt wird, hingegen pranget das liebe Weib bey des Mannes Heimkunfft in einer schönen roth sammeten und mit goldenen Tressen reich portirten Mützen, oder hat sonst eine schöne Garnitur kostbar Band aufn Kopffe, welches der unheilige Christ in des Mannes Abwesenheit bescheret hat. Wenn nun der gute Mann heim kömmt, möchte er vor Freuden grau werden. Es ist aber die Freude noch nicht alle, sondern in drey viertel Jahren gehet sie erst zu Ende, wenn der St. Rupert ein liebes Söhnlein oder Töchterlein bescheret, welches dem lieben Papa so ähnlich siehet, als wenn es ihm aus der grossen [198] Fußzehe wär geschnitten worden; da ist dann eine Freude! da setzt es nicht allein liebe Herrn Gevattern, sondern auch schön Bathen-Geld. Da heißt es: Heu courage! morgen haben wir wieder nichts.

Inhalts-Register
Inhalts-Register dererjenigen Sachen und Materien, so in diesem fünfften Hundert sind abgehandelt worden.

Das 1. Capitel. Wem von Eyern träumet, der kömmt in ein Gewäsch pag. 3

Das 2. Cap. Wem von Läusen träumet, der bekömmt Geld, weil die Läuse Geld bedeuten 5

Das 3. Cap. In manchem Hauß oder Stall leidets kein weiß Vieh, sondern stirbt oder wird erdruckt 9

Das 4. Cap. Wenn eine Leiche in Gesichte roth siehet, so stirbt bald noch iemand aus selbiger Freundschafft 12

Das 5. Cap. Wenn man flucht, so gehts gut 15

Das 7. Cap. Wenn iemand einen bösen Halß hat, so soll ein anderer zu ihm sagen s.v. schieß dir in Halß, hierauf soll der Patient ausspeyen; der andere sagt wieder: schiß dir in Halß, und der Patient speyet aus, und dieses wird also zum dritten mahl wiederholet, so wird der Halß wieder gut 10

[199] Das 8. Cap. Wenn iemand Blasen auf der Zungen bekömmt, soll man sagen: ich hab Blasen auf der Zungen; ein anderer antwortet: ein Dreck auf die Zungen, und dieses dreymahl wiederholet, so vergehen die Blasen 19

Das 9. Cap. Wenn man das Miltz von einer Fledermaus in einem Gemach verwahret, so rumoren in solchem Gemach die Gespenster und Polter-Geister 21

Das 10. Cap. Wo man an Weyhnacht-Feyertage das Tisch-Tuch nach der Mahlzeit ausschüttet, verstehe auf die blosse Erde, unter freyen Himmel, daselbst wächset Brosam-Kraut 25

Das 11. Cap. Ein Weib soll nicht mit blossen Kopffe sich sehen lassen, denn wenn ihr ein Ehebrecher auf den blossen Kopffe siehet, so bekommt sie einen kahlen Kopff 28

Das 12. Cap. Mit einer Kugel, mit welcher ein anderer Mensch geschossen worden, kan man sich fest machen 30

Das 13. Cap. Man soll in denen Berg-Zechen zu denen Bergleuten nicht sagen Glück zu; sondern Glück auf, es fällt sonst das Gebäude ein 32

Das 14. Cap. Wer an einem unsichern Ort ist, allwo sonst der Satan nichts leidet, und hat einen Esel bey sich, dem kan der Teufel keinen Schaden thun 34

Das 15. Cap. Wenn man in zunehmenden [200] Mond Federn in die Betten oder Bett-Innelte stecket, so kriechen sie wieder heraus 38

Das. 16. Cap. Ehe ein Mensch sterben kan, muß er erst sein Tauff-Wasser wieder ausschwitzen 41

Das 17. Cap. Wenn man eine Weide, damit man Holtz bindet, in einem Stalle drehet, darinnen man Gänse, Enten oder Hüner brüten hat, so bekommen die Jungen alle krumme Hälse 44

Das 18. Cap. Wer Wundholtz schneiden will, der darff in vier und zwantzig Stunden zuvor nicht bey seinem Weibe gelegen haben 45

Das 19. Cap. Eine am neuen Jahr verehrte Muscate bey sich getragen, hilfft, daß einer, der fällt, keinen Schaden nehmen kan 47

Das 20. Cap. Brüche und Verränckungen der Glieder können mit gewissen Worten curiret werden 49

Das 21. Cap. Für dem tollen Hundsbiß dienen die Worte: Hax, Pax, max, Deus adimax geredet und den Schaden gestrichen 50

Das 22. Cap. Wer Wurst-Suppe isset, der wird alber 52

Das 23. Cap. Wenn ein mit der Schweren-Noth beladener Mensch das Blut eines decollirten armen Sünders auffängt, solches warm trinckt, und stracks fort läufft und sich wohl erhitzt, so geneset er von der schweren Kranckheit 53

Das 24. Cap. Wenn man den Guckuck zum ersten[201] mahl höret schreyen, und man ist ohne Geld, so hat man hernach das gantze Jahr Mangel dran 56

Das 25. Cap. Was das Korn um Galli Tag gilt, in solchen Preiß bleibt es das gantze Jahr 57

Das 26. Cap. Wenn man ein neu-gebohren Kind lange ungetaufft liegen lässet, so bekommt es schöne grosse Augen 59

Das 27. Cap. Eine Jungfer, die gerne lange Haare hätte, die lege in ihrer Jugend von ihren Haaren mit den Hopffen-Rancken in die Erde, so wachsen sie lang 61

Das 28. Cap. Es ist nicht gut, wenn man ein Thier mit einer Ruthe schlägt, mit welcher man ein Kind gezüchtiget hat 62

Das 29. Cap. Es ist nicht gut, wenn man über einen Ort oder Weg gehet, da iemand s.v. hin geseicht oder gepruntzt hat 64

Das 30. Cap. Mit einem Stücklein Brodt und ein wenig Erde kan man an einem Krancken observiren, ob er stirbt oder nicht 66

Das 31. Cap. Wer eine Schwalbe todt schlägt, der verursacht damit einen 4. Wochen anhaltenden Regen 68

Das 32. Cap. Der erste Fall eines Kindes schadet dem Kinde nicht 69

Das 33. Cap Wer Mist ladet, und spisset ohngesehr mit der Mistgabel einen alten Hader im Mist auf, der soll ihn an der Gabel stecken lassen, denn er ist zu was gut 71

[202] Das 34. Cap. Wenn man trincket, soll man nicht in die Kanne sehen, denn es nicht gut 73

Das 35. Cap. Es ist nicht gut, wenn man des Abends mit dem Maule pfeifft 75

Das 36. Cap. Wenn einem das Messer tieff ins Brodt nein fähret, so ist man hungrig 76

Das 37. Cap. Wenn man an einem gemeinen Ort s.v. seine Nothdurfft verrichten will, soll man vorhero dreymahl ausseyen, so kan es einem nicht schaden 77

Das 38. Cap. Wenn man des Morgens früh zwischen zwey alten Weibern gehet, hat man desselben Tages kein Glück 79

Das 39. Cap. Wo die Schwalben neue Nester bauen, aus selbigen Hause stirbt selbiges Jahr iemand 81

Das 40. Cap. Wer einen Hünersteiß isset, der kan nichts verschweigen 83

Das 41. Cap. Auf den Weyhnacht-Neu-Jahrs- und H. 3. König heilig Abend soll man den Hünern den Ragen, den Kühen aber die Milch von denen Heringen zu fressen geben, so geben diese Milch, und jene legen viel Eyer in diesem Jahr. 85

Das 42. Cap. Wenn die Katzen ihr Fressen reine auffressen, so wird das Korn selbiges Qvartal theuer, wenn sie aber Krümelgen liegen lassen, so wirds wohlfeil, oder bleibet in alten Preiß.

Das 43. Cap. Den Aufschnitt von einem Brodt darff eines nicht allein essen, sondern muß iemanden [203] anders etwas davon essen lassen 87

Das 44. Cap. Wenn iemand die Rose bekömmt, der soll sich einem andern, der gleiches Tauf-Nahmens ist, mit Stahl und Stein lassen Feuer-Funcken drauf schlagen, so vergehts, 89

Das 45. Cap. Wer ein Pferd kaufft, darff nicht gerade 20. 30. 40. 60, oder 70. Thlr. davor geben, sonst hat man kein Glück damit 91

Das 46. Cap. Wenn man ohngefehr einem Wolffe begegnet, und der Wolff siehet den Menschen eher, als der Mensch den Wolff, so wird der Mensch stumm oder heischer 93

Das 47. Cap. Wenn man das Leichen-Bret höret fallen, soll man sagen: falle auf meine Henne, Ziege Hund, Katze, u.s.f. so kan man den ominirten Todesfall abwenden 94

Das 48. Cap. Wer Pfropff-Reisser bricht, soll sie nicht lassen auf die Erde fallen, sonst fallen hernach die Früchte desselben Baumes alle vor der Zeit ab 97

Das 49. Cap. Wer über Tisch einen zerbrochenen Teller bekömmt, der verlieret selbigen Tag einen Dreyer 98

Das 50. Cap. Einen Sporn ohne Feuer von einer Galgen-Ketten geschmiedet, u. gewöhnl. gebraucht, damit kan man alle hartmäuliche und kollerende Pferde bendigen und reiten 99

Das 51. Cap. Ein Strick, woran ein Mensch erwürget worden, ins Taubenhauß gehenckt, macht, daß die Tauben allda verbleiben 101

[204] Das 52. Cap. Einem krancken Kinde soll man die Artzeney nicht mit einem spitzigen Messer einrühren, es bekömmt sonst Stechen in Leibgen 102

Das 53. Cap. Wer die Wurtzel Victorialis oder Allermannharnisch bey sich trägt, der kan nicht wund geschlagen werden 104

Das 54. Cap. Das einer gewiß schiessen könne, muß man das Blut aus der rechten Hand mit dem Pulver vermischen 106

Das 55. Cap. Es ist nicht gut, wenn man die Besen verbrennt 107

Das 56. Cap. Das einem das Rohr oder Büchse nicht könne versegnet oder versagt werden 109

Das 57. Cap. Wer des Nachts bey einer Wöchnerin wachet, der lege an eine iede Thür an der Stuben einen Strohhalm aus dem Wochen-Bette, so kan kein Gespenst, noch das Jüdel, noch dergleichen, in die Wochen-Stube kommen 113

Das 58. Cap. Wer ein Widehopffen- oder ein Taxen- Auge bey sich trägt, der ist bey iedermann angenehm 116

Das 59. Cap. Wenn zwey neue Eheleute in die Kirche zur Trauung geführet werden, soll man achtung auf die Gäste geben; sind mehr Männer als Weiber, so behält der Mann die Herrschafft; sind aber mehr Weiber als Männer, so wird die Frau Herr 117

Das 60. Cap. Wenn eine Braut Beliebung [205] trägt, die Herrschafft über den Mann zu behalten, so verziehet sie lange zu Hause, und lässet den Bräutigam lange vor ihr hin nach der Kirchen zur Trauung gehen 120

Das 61. Cap. Eine Braut kan sich die Herrschafft übern Mann zu wege bringen, wenn sie nach der Trauung ihren Gürtel in die Thürschwelle des Hochzeit-Hauses legen lässet, daß der Bräutigam darüber hinschreitenmuß 122

Das 62. Cap. Die Braut muß nothwendig von der Braut-Suppen essen, auf daß sie bey künfftigen Kinderstillen sein viel Milch in Brüsten bekomme 123

Das 63. Cap. Eheleute sollen ja ja nicht von einem Eickel- oder Hauß-Hahn essen 125

Das 64. Cap. Die angezauberte oder gemachte Läuse darff man nicht todt machen, oder knicken, man kan sie sonst nicht loß werden 127

Das 65. Cap. Wer Bier schenckt, der muß allzeit die erste Losung unter den Zapffen des Fasses legen, und solche nicht ausgeben, biß das Faß ausgeschencket ist 129

Das 66. Cap. Wenn man Weitzen-Strohverbrennt, so wird übers Jahr der Weitzen auf selbigen Felde rußig 131

Das 67. Cap. Von einem erstgebohrnen Kalbe oder Erstling soll nichts gebraten werden, sonst verdorret die Kuh 132

Das 68. C. Wer anfängt zu bauen, der wird bald sterben 134

Das 69. Cap. Bey einer Leiche soll niemand Zähren lassen auf die Leiche fallen, es kan sonst der Todte nicht ruhen 136

Das 70. Cap. Unter einem holen Ofen bleibet kein Feder-Vieh lebendig 138

Das 71. Cap. Wenn man den Hund alle Tage lässet aus der Suppenschüssel fressen, so kan kein Dieb einbrechen 139

Das 72. Cap. Wenn eines das andere anputzt, so soll das angeputzte nicht dancken, sonst steht ihm der Putz nicht schön 140

Das 73. Cap. Wer ein baar junge Schweingen kaufft, und will, daß sie fein ruhen sollen, der muß ihnen ein wenig Haare ausrauffen u. stillschweigend unter den Tisch leg. 142

Das 74. Cap. Wenn ein Bauer ein baar junge Schweingen in einem Sacke zu Marckte trägt, muß er erst in Sack ein wenig Stroh thun, und dieses Stroh muß der Bauer dem Kauffer der Schweine mit in Stall werffen 144

[206] Das 75. Cap. Wenn am Christ Heilig-Abend ein Leichen-Tuch in der Feuermauer (oder Schorstein) henget, muß das Jahr eines in dem Hause sterben 145

Das 76. Cap. Wenn man am Weyhnachten, Neu- Jahrs- und H. 3. König Heilig Abend den Waschhader an einen Zaun hängt, und hernach die Pferde damit abputzt, so werden die Pferde fett 147

Das 77. Cap. Man soll den Obst-Bäumen in zwölff Christ-Nächten keinen Spinn-Rocken sehen lassen, sonst wird selbiges Jahr kein Obst 148

Das 78. Cap. Wenn eine Dienst-Magd von ihren Herrn abziehet, so soll sie sich vor dem Abschied noch eine Suppe machen, und solche essen, ehe sie abziehet 150

Das 79. Cap. Wer Graß hauet, der soll, so offt er aufhöret zu hauen, allemahl die Sense wieder wetzen, und nicht ungewetzt hinlegen, oder mit heim nehmen 152

Das 80. Cap. Wenn ein Krancker sich auf ein Tischtuch legt, so hilfft die eingenommene Artzney nicht 155

Das 81. Cap. Wenn die Jungfern zum Tantze gehen, sollen sie Zehrwurtzel-Kraut in die Schuh stecken, und darzu sagen: Zehrwurtzel-Kraut! ich zieh dich in meine Schuh, ihr junge Gesellen laufft alle zu 157

Das 82. Cap. Wenn die Sonne nicht scheinet, so sind alle Schätze, die in der Erden begraben liegen, offen 160

Das 83. Cap. Wer Schwären an Leibe hat, der soll sich in einen Back-Trog legen, so vergehen sie wieder 162

Das 48. Cap. Wer kein Glück zum Flachs hat, der soll ein wenig Lein stehlen, und solchen unter seinen Lein mengen und säen, so wird er gut Glück haben 163

Das 85. Cap. Wer am Char-Freytage vor der Sonnen Aufgang drey Messerspitzen voll Hefen isset, dem schadet selbiges Jahr kein Trunck, er mag sauffen wie er will 165

Das 86. Cap. Das erste Garn, das ein Kind spinnet, soll man in einer Mühle aufs Mühl-Rad legen, so lernt das Kind wacker spinnen 167

Das 87. Cap. Wenn man Wäsche trocknet, soll man sie nicht, biß die Sonne untergegangen, auf den Stangen hangen lassen, sonst beschreyet der, so diese Wäsche anziehet, alles 170

[207] Das 88. Cap. Wenn iemand bey gehaltener Mahlzeit in die Stube kommt, so soll es mit essen, und solte es nur auch ein eintziger Bißen seyn 171

Das 89. Cap. Wenn eine Kalben zum ersten mahl zum Rind gelassen worden, soll man ihr eine Qvitte zu fressen gebē 173

Das 90. Cap. Wenn eine schwangere Frau über einen Strick hinschreitet, daran ein Mutter-Pferd angebunden gewesen, die muß zwey Monat über die Zeit schwanger gehen 175

Das 91. Cap. Das erste Fleisch, das man einem Kinde essen lässet, soll von einer gebratenen Lerche seyn 177

Das 92. Cap. Wenn man einer wichtigen Sache Ausgang erfahren will, muß man die Bibel ohngefehr aufschlagen, was man zu erst erblicket, daraus siehet man, was man sucht 180

Das 93. Cap. Wenn eine greißende Frau eine reine Jungfer über sich hinschreiten, und die Jungfer in währenden Überschreiten ihren Gürtel auf die Greißerin fallen lässet, so geneset diese also bald 183

Das 94. Cap. Wenn die Zimmerleute ein neu Hauß bauen und den ersten Nagel einschlagen, und es springet Feuer aus dem Nagel, so brennt solch Hauß wieder weg 186

Das 95. Cap. Wer Lein säet, der soll sich auf dem Acker, worauf er säen will, erst 3. mahl auf dem Sack, darinnen der Lein ist, setzen, und wieder aufstehen, das ist gut 189

Das 96. Cap. Wem die Hände stets schwitzen, der soll in eine Kirche gehen, in welcher er sonst noch niemahls gewesen, und soll die Hände an die Mauer reiben 190

Das 97. Cap. Wenn ein Licht angezündet aufn Tisch stehet, und springen Funcken Feuer davon weg, so kriegt derjenige, nach dem sie zufliegen, denselben Tag Geld einzunehm. 192

Das 98. Cap. Wenn an einer Stuben-Thür angepochet wird, so soll man die Thür nicht aufmachen, etc. 193

Das 99. Cap. Wer einen Schaden am Leibe hat, der soll solchen keinem Weibe ansehen lassen, er würde sonst sücht. 195

Das 100. Cap. Wenn der Mann nicht zu Hause ist, und dessen zu Hause gelassenes Weib hat ihre Haube nicht etc. 197


ENDE.

Das sechste und letzte Hundert
Das 1. Capitel
Das 1. Capitel.
Man soll sich aus keinen warmen Wasser waschen /daß bey alten Holtze von alten Wagen-Rädern gewärmet ist worden.

Warum dann das nicht? ich getraue es auf diese Gefahr gar leicht zu wagen; denn ich nicht absehen kan /was das Holtz von alten Wagen-Rädern / dem Wasser vor eine andere Eigenschafft in brennen solte mittheilen können als ander büchen Holtz / daß man sich aus den dabey bewärmten Wasser nicht waschen dürffte. Und worinnen soll denn der von den Waschen herrührende Schaden bestehen? Der abergläuschen Narren ihre Antwort lautet also: Wer sich mit solchen Wasser / das beym Holtze von alten Wägen-Rädern gewärmet ist worden / wäschet / der kriegt Rade-Beulen. Was sind [211] Rade Beulen für Dinger? es sind eine Art Schwären oder Beulen / anzusehen / wie die so genannten Hundeschüttler / die offtmahls die kleinen Wochen-Kinder sehr plagen; sie kommen aber mehrentheils an grosse Leute / und zwar eher an canalliöse Personen als an ehrbare / und nennet sie der gemeine Pöbel: Rade Beulen / da es doch wohl bey vielen die Spanischen Bocken heissen möchten. Es sind harte Knörtzel / welche entlich ausschwären / und rühren her von einem unreinen scorbutischen Geblüt / gleichwie alle andere Schwären auch. Und kan dahero ohnmöglich seyn / daß ein solches warmes Wasser / daß bey angebrannden Holtze eines alten Wagen-Rades gewärmet worden / solche Schwären oder Beulen causiren könne. Vielmehr aber will ich glauben / daß einsmahls ein Bauer-Fräulein / mit dem Morbo Gallico mag behafftet gewesen seyn / und da die Frantzosen endlich sich auf der äussersten Schildwacht habenpræsentiret / und man diese frembde Völcker nicht hat wollen beym rechten Nahmen nennen / so wird die liebe Mutter / da sie einen Artzt deßwegen consuliren wollen / nicht gewust haben / wie sie diese Dinger nennen solle / und wird gesagt haben: es sind Beulen /wie Radekoppen etc. etc. der Artzt / wenn es zumahl ein betrüglicher [212] Medicaster gewesen / hat ohne Zweiffel Gelegenheit von solcher Beschreibung genommen / zu sagen / sie hätte irgend sich aus solchen Wasser gewaschen / das bey dem Holtze von alten Wagen-Rädern gewärmt worden / und hat dem albern Gimpel weiß gemacht / daher kämen solche Beulen /und hiessen auch dahero / Rade-Beulen. Wer nun so gar extrem alber seyn / und glauben will daß man von ietzt beschrieben warmen Wasser / dergleichẽ Beulen bekomme / der meritirt unter allen Gecken die Oberstelle zu haben. Und will ich geschehen lassen / daß man an mir mit solchen Wasser eine Probe machen möge / und getraue ich meinen gantzen Leib / ohne einige Besorgung draus zu baden / und offerire mich zu einer willkierigen Wette / daß ich nicht eine Blatter /geschweige einen Schwären oder Beule davon bekommen werde. Denn das gantze Vorgeben ist ohne einigen Verstand / voller lauterer Narrheit.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Einem Kinde das schwerlich reden lernet / soll man ein in Back Ofen zusammen gebacken Brodt über dem Kopffe von einander brechen.

Hierinn steckt abermahl mehr als ein Schubsack voll überkluger Weiber Witz / welcher [213] unter aller Weißheit Salomonis nicht anzutreffen gewesen ist. Denn wo wolte der König Salomo / sich auf ein solch geheimes Natur Spiel besonnen haben / daß man das Band der Zungen lösen könne / wenn man ein paar in Backofen an einander geschobene zusammen gebackene Brodte / über eines übelredenten Kindes Kopffe von einander bräche? dieses sind ohne Zweifel dem guten weisen Könige Böhmische Dörffer gewesen. Unsere Nasenweise Rocken-Zauserinnen aber / die wissen zu allen Dingen geschwinde Rath. Im Brodte steckt einArcanum wider das übele reden? denn ich entsinne mich / daß ich ehemahls auch schon ein solch remedium durch meine Striegel gezogen habe / wie man nehmlich machen solle / daß ein Kind bald reden lerne / und bestund das Geheimnis darinnen: wenn man den Kindern Bettel-Brodt essen ließ / so lerneten sie bald reden. Ingleichen ist mir auch unter meinerCensur gewesen / wenn mancher Narr glaubt / so die Bathen dem Kinde eine Klapper schenckten / so lernete ein Kind bald reden. it. wenn ein Kind zum erstenmahl in eines Nachbarn Hauß getragen werden /solte man dem Kinde daselbst ein paar Eyer verehren / und darzu sagen: da hast du ein paar Eyer / auf daß wie die Hüner gatzen / du auch mögst lerne [214] schwatzen? mancher Medicus weiß für eine Beschwerung /auch nur einerley Hülffs-Mittel / und so dieses nicht anschlagen will / weiß er weiter keinen Rath. Die Klugheit weiser Weiber aber / erstreckt sich viel weiter / denn in ietzigen Anliegen wissen diese schon viererley Rath. Weil ich aber die drey letzten Mittel schon ehemahls durch meine Striegel ins reine gebracht habe / so lasse ich ietzt solche ungehudelt /und bleine nur beym ersten; wobey ich aber nicht viel Umstände machen will / sondern gebe nur zu bedencken / zu welcher Zeit dann die Weiber dieses Mittel an einem Kinde anwenden? und halte ihnen vor / daß es nicht eher geschicht / als wenn die Kinder bald geschickt werden zu reden nehmlich im andern Jahre /nicht aber im ersten Jahre / da sie nicht wissen / ob dem Kinde das Reden künfftig leichte oder sauer ankommen werde. So aber nun die Weiber ein zusammen gebacken Brodt / dem Kinde zu der Zeit da es schon im Begriff ist reden zu lernen / übern Kopffe von einander brechen / wie können sie dann hernach wissen / ob das Kind von selbst in kurtzen das Reden folgends völlig begriffen habe / durch die stetige Ubung / oder ob es von ihrer vermeynten Kunst herkomme? fürwahr / die Gewißheit davon an dem Tag zu legen / dürffte ihnen wohl schwerer fallen / als noch zehen [215] solche unrichtige Narren-Mittel zu erfinden. Denn weder aus der Natur / noch aus seiner Sympathie, noch aus einer magnetischen Krafft / wird iemand können eine Vergleichung machen / mit einem Übel redenten Kinde / und einen zusammen gebackenen paar Brodten? und so auch dieses geschehen könte / so würde sich doch das von einander brechen nicht mit der Rede des Kindes reimen / es wolten sich dann die Weiber einbilden / als daß gleich wie die Brodte von einander gebrochen würden / also würckte dieses brechen gerade unter sich in dem Verstand und in die Zunge des Kindes / daß so zu reden / die Zunge und der Verstand zugleich mit von Banden abgebrochen würde / welche albere Einbildung sich aber in der That nicht erweisen wird / sondern diese Kunst muß eine Stelle unter den närrischen Aberglauben behalten.

Das 3. Capitel
Das 3. Capitel.
Wider die Finnen im Gesichte, hilfft einer Mannes Person / wenn er sich an ein Weiber-Hembd / und einer Weibs-Person / wenn sie sich an ein Mannes-Hembde trocknet.

Daß dieses wahr sey / beredet mich heute und morgen niemand? denn woher kommen [216] solcheVenus-Blümgen? kommen sie nicht her von einem geilen und hitzigen Geblüte? ich muß aber zuförderst hier einen Unterschied zu machen heissen / unter solchen Finnen die denen Jünglingen und Jungfern gemeiniglich im Gesichte pflegen auszufahren / zu der Zeit / wenn sie sehr verliebt sind / und unter einer solchen Röthe / die man insgemein Kupffer nennet / und bey alten Leuten von hitzigen Geträncke entstehet /und gewöhnlicher massen kupfferne Nasen-Futtrale macht. Diese finnichte Röthe wird hier nicht verstanden / sondern die ersten / die man mit dem unvergleich verliebten Nahmen: Venus-Blümgen betittelt. Nun wolle man nur vernünfftig überlegen / wie es möglich seyn könne / daß so sich eine Manns-Person an ein Weiber-Hembde / oder eine Weibs-Person an ein Manns-Hembde abtrocknete / hiervon solten die Finnen vergehen; fürwahr / das streitet wider die gesunde Vernunfft / und da dieses Vornehmen viel mehr die geilen Begierden erregen / wenn ein Jüngling eines jungen Weibes Hembde nimmt / und sein Gesichte damit abwischet / ex vice versa, so kömmt es eher der Vernunfft gleich / wenn die Finnen hiervon entstehen würden. Dahero ich billig hieraus schliesse / weil natürlicher weise diese vorgeschriebene Kunst nicht [217] bestehet / sondern gantz contraren effect erweisen wird; so werden sich ohnfehlbar alle diejenigen /welche solche verkehrte Aberglauben practiciren gewaltig betrügen. Und dürffte ihnen nicht besser ergehen / als wie jenen / welcher von einer garstigen Metzen / mit welcher er sich allzu gemein gemacht /heimlich Vieh an einen heimlichen Orte bekommen hatte / da er solches aber nicht loß werden konte /fragte er einen Mühlknecht um Rath. Dieser rieth ihm / er solte sehen daß er Schaum aus einen fliessenden Wasser kriegen könte / und damit solte er sich schmieren; da der einfältige Tropff solches that /wurde er noch zehen mahl mehr mit dem Ungezieffer beschweret. Also und nicht besser wird diese verkehrte Finnen-Cur ablauffen, und will ich auch die übrigen Ursachen / warum eine Manns-Person von einem Weibs-Hembde / eher Finnen kriegen / als solche vertreiben wird / nicht anführen / ein verständiger Mensch kan es leicht selbst erachten / daß man sich so zu reden / mit Koch weiß wäscht.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Mit einen Stecken, davon die Rinde abgescheelt ist /soll man weder Vieh noch Menschen schlagen / denn was damit geschlagen wird / muß verdorren.

[218] Man solte zwar nicht glauben daß es möglich wär /daß ein Mensch so alber seyn / und dieses für wahr halten würde / und gleichwohl giebs unter dem gemeinen Volck solche tumme Ochsen / die es für eine Wahrheit halten; wie ich denn nur vor zweyen Tagen solche Narrethey auf einen nahgelegenen Dorffe gesehen, da ein kleiner Knabe eine Weide abgescheelet hatte / und eines andern Bauern seine Schweine im Vorbeylauffen ein wenig damit schlug / wie Teuffelhafftig sich die Bäuerin der die Schweine gehörten gebärthete / denn sie schlug nicht alleine den Knaben wohl zehen mahl ins Gesichte / sondern wie des Knabens Mutter das Geschrey hörte / kam diese darzu /und also ging erst eine rechte Hetze an / daß ich nicht anders dachte / der Satan würde diese fluchende und lästernde Weiber alle beyde holen. Weil ich nun aber nicht recht erfahren konte / was dann die eigentliche Ursach solcher schröcklichen Verbitterung gewesen /denn die übrigen Bauern hatten sich erst alle verstecket / um keinen Zeugen abzugeben / wenn irgend die Sache klagbar werden möchte. Endlich kam einer hervor / den fragte ich / was dann diese zwey Weiber vor einen Zanck gehabt hätten; der Bauer sagte: der einen ihr Kind hätte der andern ihre Schweine mit einer gescheelten Ruthen [219] oder Stecken geschlagen; ich fragte /was es denn vor Schaden wär / da die Ruthe dem Schweinen ja nichts hätte geschadet / auch das Kind /(denn es war ein Knabe von 5. Jahren) hätte ja auch so starck nicht zugeschlagen / daß er damit dem Schweine einen Schaden zufügen mögen; hierauf antwortet der Bauer: es hätte nichts zu bedeuten gehabt /wenn der Stecken nicht wär gescheelt gewesen / so hätte der Knabe die Schweine gleich noch zweymahl ärger schlagen mögen / aber so da der Stecken gescheelt wär / verdorreten die Schweine? ich lachte über diese Erzehlung / wie aber der Bauer an mir einem Unglauben merckte / fing er an und wolte die Lügen mit vielen Vermessen und Schweren verificiren; blieb auch fest drauf beharren / daß es wahr sey was in dieser Rubric enthalten ist. Es ist aber diese Meynung ein gantz notorischer Aberglauben / daß man sich auch kaum sattsam verwundern kan / wie es doch möglich seyn könne / daß auch der aller einfältigste Mensch eine so offenbare Unwahrheit für wahr ansehen könne. Daß es aber nicht wahr sey / beweise ich daher: weil an denen Oertern / wo man diesen Aberglauben nicht weiß / offt mit gescheelten Stecken Menschen und Vieh schlägt / und doch kein Exempel vorhanden ist / daß iemand verdorret sey / [220] es wären dann andere Ursachen vorhanden gewesen. Zu dem /so kan ich selbst Zeugniß geben / daß ich in meiner Jugend vielfältigmahl mit gescheelten Baculn in der Schule geschlagen worden / dergleichen auch allen meinen Condiscipulis geschehen / weil die Gewohnheit war / daß alldort in der Schule lauter gescheelte Bacul gebraucht wurden / und gleichwohl ist von uns allen keiner davon verdorret. Die Bacul oder Stecken sind aber lange verdorret; und glaube ich vielmehr /daß dieser Aberglaube / gleicherweise wie viele andere auch / seinen Ursprung von einer Schertz-Rede erlanget hat / da einer dem andern mit einem gescheelten Stecken geschlagen / und der dritte gesagt haben mag: schlag nicht mit einen gescheelten Stecken / er muß sonst verdorren? nehmlich der Stecken damit geschlagen wird / oder womit man schlägt / nicht aber was geschlagen wird.

Das 5. Capitel
Das 5. Capitel.
Man soll in zwölff Nächten nicht brechen / sonst verderben die Aepffel und Birn.

Die Schaar der Abergläubigen Narren / geben vor: Wenn in denen zwölff Tagen / von Weyhnachten biß H.z. Königtage / würde Flachs gebrecht / so verdürben Aepffel [221] und Birn; da doch der Verstand dieserRubric nur in einen Schertz bestehet / und zwar in folgenden Verstande: Man soll in zwölff Nächten nicht brechen / nehmlich die Aeste von denen Obst-Bäumen / denn wenn man diese abbricht / so können in nachkommenden Sommer keine Früchte daran wachsen. Die lieben Bauer-Nymphen aber / welche gemeiniglich ein Lungen-Muß vor einen Kühfladen ansehen / verstehen das Flachs-brechen / dadoch ursprünglich die Rede nicht von Flachsbrechen gewesen ist / auch nicht seyn kan / weil der Flachs mit dem Obst-Bäumen gar nicht zu vergleichen ist. Dieweil aber alles Vornehmen / ja alles Dichten und Trachten / bey dem meisten Bauersleuten auf Aberglauben gerichtet ist / so muß ohne des Geiers Danck / das Flachs brechen / wenn es in zwölff Christ Nächten geschicht / eine Ursach seyn / daß hernach die Aepffel und Birn verderben. Ja / ich wolte es gern glauben /wenn sie die vom vorigen Herbst noch vorhandenen Aepffel und Birn meinten / diese können und müßen ohnedem nun bald verderben / oder faulen / weil nun bald der Safft wieder in die Bäume tritt / da alle alten Baum Früchte die Kräffte und den Geschmack verlieren / es mag in zwölff Nächten seyn Flachs gebrecht worden oder nicht. Ist also auf diesen Punckt [222] nicht zu bauen / sondern wird mit folgenden in die Zahl der Närrischen Aberglauben gerechnet.

Das 6. Capitel
Das 6. Capitel.
Man soll in den zwölff Nächten nicht dreschen / es verdurbt sonst das Geträidig so weit als der Schall gehört wird.

Diese Abergläubische Bauern-Regul / ist mit vorigen gleiches Gelichters? Der Prediger Salomon sagt: Alles hat seine Zeit? also wird wohl das dreschen und das Flachs brechen auch seine Zeit haben? Die so genannten zwölff Nächte / die bestehen in einer solchen Zeit / in welcher mehr Feuer-Tage als Werckel-Tage einfallen? Zumahl wenn das Weyhnacht-Fest an einer Mittwoche oder Donnerstag einfällt / da kommen allzeit zwey bloße Sonntage mit ein / in welcher Heiligen Zeit / und zwischen so vielen Sonn- und Feyertagen / ein kluger und ordentlicher Haußwirth eine solche Arbeit / worzu eine gewisse Zeit erfordert wird / dergleichen das dreschen und Flachs brechen ist /nicht leichtlich wird vornehmen. Was aber grobe ungeschliffene Flegel sind / welche lieber am Sonntage und Feyertage dreschen / als GOttes Wort hören /oder in die Kirche gehen / die wissen von keiner [223] Ordnung in ihrer Haußhaltung / machen auch keinen Unterscheid der Zeit / legen wohl die ungedroschenen Garben erst am Heiligen Abend auff die Tenne / und lassen es also auf der Tenne die 3. Weyhnacht Feyertage liegen / und fangen stracks am ersten Tage nach dem Feste wieder an zu dreschen / biß wieder in die Nacht / da den andern Morgen wieder Sonntag ist / da liegt dann theils ausgedroschen theils ungedroschen Geträidig beysammen auf der Tennen. Wenn dann ungetreu Gesinde vorhanden ist / oder ein lose Weib oder Kinder / die stehlen von dem ungemeßenen Geträide was sie wollen / tauschen Brandwein davor /oder verpartirens auff andere Wege. Bey einen solchen unordentlichen Haußwirth mag diese Regel wohl eintreffen; Denn da er im dreschen keine richtige Zeit hält / so wirds schwerlich fehlen / daß er nicht in andern seinen häußlichen Verrichtungen auch so unordentlich ist / und muß also freylich wahr werden / daß so weit der Schall vom dreschen in zwölff Nächten gehöret wird / so weit verdürbt das Geträidig? Nehmlich: So weit eines solchen übeln Haußhälters seine Felder gehen. Es rühret aber die Verderbung des Geträidigs auf dem Felde / keinesweges vom dreschen in zwölff Nächten / oder vom Schall des dreschens her /[224] sondern / wie schon gedacht / von unordentlichen bestellen. Und weil Gott selbst alle sein Thun in Zeit Zahl und Maaß gesetzt hat / so entziehet Er denen /die ihre Verrichtung nicht auch also nach der Ordnung GOttes anstellen / billig seinen Göttlichen Seegen und Gedeyen.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Ein Hembd, das mit Zwirn, der in zwölff Christ-Nächten gesponnen worden / genehet ist /angezogen / ist zu vielen Dingen gut.

Die heilige Weyhnacht Zeit muß wahrhafftig dem Teuffel ein gewaltiger Dorn im Auge seyn / weil er zu solcher Zeit so gar fleissig herum gehet / und suchet /welchen er verführen und verschlingen möge: er ist dabey so listig / daß er sich nach eines ieden Menschen seiner Verrichtung / Humeur und Willen / ja nach allen Begierden zu richten weiß / damit er nirgend leer Stroh dresche / sondern überall was davon trage. In vorigen zwey Capiteln macht er seinen elenden gefangenen Höllen-Bränden weiß / wie einige Arbeit / in der Weyhnacht Zeit gethan / Schaden bringe; hier lehret er dargegen / welche Arbeit / in Christ Nächten gethan / großen Nutzen gebe? da doch eines wie das andere erlogen ist. Ich [225] erinnere mich / daß ich ehemahls schon eine Gattung von dieser Arth Aberglauben durch meine Striegel gezogen habe / nehmlich: wie der Christ-Nacht Zwirn die Läuse vertreibe /wenn man etwas damit genehetes an sich trage. Jetzt aber bin ich dieserwegen in noch mehrere Erfahrung kommen / da man vorgibt: so man ein Hembde mit mehr bemeldten Zwirn genehet an sich trüge / so verirre man sich nicht auf der Reise / man falle nicht ins Wasser / und gehe einem sonst auch alles wohl von statten. Hilff ewiger GOtt! Wie hat der Teuffel die Menschen so schröcklich verführet? O du elender /thörichter Mensch! meinest du / daß du der Ariadne Faden gefunden habest / der dich nicht verirren laße? Gedenckest du / daß dich ein Faden Zwirn werde erhalten / daß du nicht ins Wasser fallen könnest? Glaubst du / daß dir ein elender Faden Zwirn / welcher darzu in lauter Aberglauben verfertiget worden /Glück und Gedeyen geben werde? Ja / weit gefehlt! Dieser Zwirn ist des Satans Strick / dich damit als einen Gefangenen mit sich herum zu führen. Du achtest einen Faden Zwirn höher als GOtt; da doch dieser Faden dir wird zum Stricke werden / damit der Teufel dich in die Hölle ziehet / so du dein Vertrauen mehr drauf setzest / als auf GOtt. Du abergläubischer [226] Thor! überlege doch nur mit gesunder Vernunfft / was du vor gefährlich Ding vor nimmst; du glaubest / du werdest in einem solchen Hembde nicht irre gehen / und gehest doch damit schon auf dem Irrwege der Verdammniß. Du vermeynest mit diesem Hembde für Wassers Noth sicher zu seyn? wage es aber um GOttes Willen nicht darauf / denn GOtt möchte dich um deines Aberglaubens willen desto eher in Wasser umkommen lassen; ey / wie würde der Satan alsdann frölich seyn / daß er einen solchen eingewässerten Braten erschnappet hätte. Das vermeynte Glück / das du von einem solchen Hembde haben wirst / wird in lauter Unseegen und Unglück bestehen / ja / es wird alle deine Nahrung zu Grunde gehen / weil du den Seegen GOttes verachtest / und wilst des Teufels Hülffe lieber erwarten / der sich doch selbst nicht helffen kan. Drum / wem zu rathen ist / der lasse alle solche abergläubische Abgötterey fahren / so will ich meine Ehre zum Pfande setzen / daß alles in seinem gantzen Haußwesen / und in allen seinem Thun glücklich gehen wird.

Das 8. Capitel
Das 8. Capitel.
Wenn man den Christ-Heil. Abend nauß auf die Winter Saat gehet etc. so höret [227] man / was das gantze Jahr im Dorffe geschicht.

Es giebt auf einigen Dörffern solche alte Bösewichte unter den Bauern, welche diese Zauber-Kunst alle Jahr practiciren / und gehen vor / ob könten sie alles und iedes hören / was das gantze Jahr in selben Dorffe und selbiger Gegend vorgehen werde / zum Exempel: wenn Durchmarsche kommen / so hörten sie von der Gegend her / wo der Anmarsch kommen solte /Trommeln; so es aber Reuter wären / hörte man das Trappen und Wihern der Pferde / sammt Trompeten und Baucken. Wenn Brannt entstehen werde / hörte man das Feuer blatzen; so böse Seichen entstünden /hörete man die Leichen zu Grabe singen / sie könten alle Häuser / aus welchen iemand sterben würde /auch die Personen / die sterben würden / sehen; geben auch dabey vor: es sey nichts böses / und gehe nichts unverantwortliches dabey vor. Wie mir denn nur neulich eine wahrhaffte Person erzehlet hat / daß ein gewisser Bauer auf einem bekannten Dorffe diese Kunst gar wohl verstanden hätte / und solche ohne Scheupracticiret worüber aber der Priester selbiges Orts gewaltig geeiffert hatte / auch den Bauer nicht in der Beichte wollen absolviren / biß er angelobte / solche Zauberey nicht [228] mehr zu treiben; der Bauer wär aber drauf bestanden / es wär nichts böses / und damit es der Priester desto eher gläuben möchte / so solte er selbst mit hinaus gehen / und alles selbst erfahren; dieses hätte der Priester gethan / wie aber der Bauer aufs Feld kommen / hätte er zu erst einen Kreiß um sich gemacht / und hätte dem Pfarr gewinckt / daß er auch hinein treten möchte / (denn es hat keines dürffen reden) der Pfarrer aber hätte nicht gewolt / ob sich gleich der Bauer deswegen gar ungeberdig gestellet /ehe sichs aber der Priester versehen / sey ihm eine so derbe Ohrfeige an Kopff geflogen kommen / daß er hernach gar gern mit in Circul getreten sey. Da er denn die Sache alles befunden / wie der Bauer vorher gesagt gehabt. Jedoch hätte er gesagt / daß er diesecuriosität nicht mehr mit ansehen möchte. Der Christlich gesinnete Leser wird hieraus wohl so viel schliessen können / daß diese Kunst in lauter Zauberey bestehe / und von GOttes- und Rechts-wegen solche Zauberer nicht in der Christlichen Gemeine gedultet werden solten. Denn zu Hause / ehe sie naus aufs Feld gehen / wird zuvor das heilige Vater-Unser auf gewisse weise gemißbraucht / andere Umstände zu geschweigen / die um Aergernüsses willen nicht gemeldet werden. Was hat aber ein solcher Hexenmeister vor Nutzen [229] von solcher gottlosen Arbeit? fürwahr nichts / als das höllische Feuer / vorhero aber Zeit seines Lebens / so er sich nicht bußfertig bekehret / ein nagendes böß Gewissen. Aber / was sag ich vom nagenden Gewissen? ein solcher gottloser Mensch ist dermassen in der Finsterniß des Unglaubens versuncken / daß ihm das böse Gewissen schwerlich aufwachet / als biß sein unselig Ende kommt / alsdann fährt ein solcher Vogel in der Verzweiffelung in nobis Krug hinunter / da er ewiglich wird zu horchen haben / darüber ihm die Ohren gellen werden.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Am Christ- oder Weyhnacht-Heiligen Abend soll man das Licht nicht lassen auslöschen / es muß sonst eines im Hause sterben.

Um des ausgelöschten Lichtes willen stirbt wohl niemand / hingegen kan auch wohl kein Licht verlöschen / und dennoch niemand aus dem Hause sterben. Wie leicht verlöschet doch ein Licht? es kan es ein kleiner Wind auswehen / so ists auch leichte geschehen / daß man es ausputzet; ja / ich wolte behaupten / daß es nicht einmahl möglich sey / daß man ein Licht ohne ausgelöschet könne den gantzen Weyhnacht H. Abend behalten. Denn in Erwegung / [230] daß nach 4. Uhr schon ein Licht muß angezündet werden / und bekannt ist /daß die Lichte / die man insgemein brennet / nicht länger anhalten zu brennen / als irgend 4. Stunden /da ists denn dahin und ausgelöscht / und muß ein anders angezündet werden. Bey solcher Bewandniß wird wohl kein einig Hauß gefunden werden / in welchem nicht am Christ-Heilig-Abend ein Licht verlöschen solte / müste demnach aus allen Häusern / in allen Städten und Dörffern / alle Jahr iemand sterben; da aber dieses nicht geschicht / so möchte doch ein ieder abergläubischer Geck solches bedencken / und von seiner Narrheit ablassen. Aber / was solten sie davon ablassen? sie machen noch limitationes, und wenden ein: es werde die Sache also verstanden: wenn ein Licht / daß noch Oel oder Talg genug hätte / und verlöschete von freyen stücken / so bedeutete es das Jahr einen Todes-Fall im Hause. Hierauf antworte ich aber ferner / daß auch dieses nicht mit der Wahrheit überein komme. Denn wenn die Sache eigendlich also müste verstanden werden / warum sagen denn die Narren: man solle das Licht nicht lassen auslöschen? würde man es denn verwehren können / wenn es unvermuthet zu einem ominösen Zeichen auslöschen solte? ich kan mirs nicht einbilden; ein Licht mag auf[231] gar vielerley Veranlassung auslöschen / und ist also gar kein Werck davon zu machen / wenn ein Licht verlöschet. Ich weise demnach den Christlichen Leser zurück auf das 58. Capitel des andern Hundert dieser gestriegelten Aberglauben / da ich von Verlöschung der Lichte in den Kirchen aufn Altare gehandelt. Ferner aufs 48. Cap. des vierdten Hundert / da ich gleichfalls von dem verlöschen eines Lichts gehandelt / dahero will ich mich ietzt nicht weiter bemühen / ein Vernünfftiger wird nicht mehr Unterricht bedürffen /ein Narr aber lässet von seiner Narrheit nicht / man sage ihm vor / was man wolle.

Das 10. Capitel
Das 10. Capitel.
Es ist nicht gut, wenn ein Stuhl umgekehrt liegt / und die Beine in die Höhe kehrt.

Wenn es gut wär / so würde man keinen Stuhl stehen lassen / sondern würde sie alle umschmeissen / daß sie die Beine in die Höhe kehreten / auf daß das Gute / so daraus entstünde / über einen käme / weils nun aber nicht gut ist / so lässet man sie auf ihren 4. Beinen stehen / biß die Zeit kömmt / daß es gut ist. Die dumme Welt redet immer von gut und nicht gut seyn /und wissen doch selbst nicht / was sie [232] wollen. Hier in vorhabenden Punct sagen die Abergläubischen: es sey nicht gut / so ein Stuhl umgekehrt läge; und gleichwohl wissen sie nicht / warum es nicht gut sey. Ich will ihnen aber das Verständniß dißfalls eröfnen / und erstlich das contrarium erweisen / daß es gut sey /wenn die Stühle umgekehrt liegen. Nehmlich: wenn man von einer Reise des Abends müde in einen Gasthof oder Wirthshauß kommt / und sich nach dem Lager oder Streu sehnet / der Wirth läßt aber die Streu nicht eher machen / biß die andern Gäste alle Feyerabend machen / alsdann aber / wenn die Gäste zum Theil heimgehen / auch sich theils gleichfalls zur Ruhe legen wollen / so nimmt der Haußknecht / oder die Magd die Stühle / und kehret sie alle um / und machet die Streu dran / daß man an denen Lähnen der Stühle mit dem Kopffe etwas höher aufliegen kan; wenn nun ein müder Wandersmann die Stühle also umkehren sieht / wird er froh / denn dieses ist ihm ein gut Zeichen / daß er nun zur Ruhe kommen werde. Und solcher gestalt ists ja gut / wenn die Stühle umgekehrt liegen / und die Beine in die Höhe kehren. Nun will ich aber auch melden / wenn es nicht gut sey / daß die Stühle umgekehrt liegen / nehmlich: wenn die Gäste uneinig werden / die Stühle [233] umschmeissen /die Beine raus treten / und sich damit herum schlagen / da bleiben dann die zerstümmelte dreybeinige Stühle umgekehret unter einander her liegen / welches freylich nicht gut ist / denn die gantzen Stühle sind besser / als die zerschlagenen. Ferner ists auch nicht gut /wenn die Stühle die Beine in die Höhe kehren / wenn nehmlich ein armer Sünder vom Leben zum Tod gebracht wird / da kehren die Richter und Beysitzer beym Halßgerichte / nach gebrochenen Stabe / die Stühle auch um / oder werden umgeschmissen. Und auf solche weise mag dieser Punct eintreffen. Ubrigens aber hat es weder Gutes noch Böses zu bedeuten / wenn man einen Stuhl umlegt / daß die Beine in die Höhe gehen / welches ja offt mit allem Fleiß geschicht / so man zwey Stühle zugleich fortträgt / und einen umgekehrt auf den andern legt / da sie sich desto beqvemer tragen lassen / und dieses hat gemeiniglich was guts zu bedeuten / nehmlich eine Hochzeit / oder ander gut Gelag.

Das 11. Capitel
Das 11. Capitel.
Wenn eine Manns-Person eine Weiber Haube aufsetzt / den schlagen die Pferde.

Das bekannte Sprüchwort: Narrenspiel [234] will Raum haben; will hier auch wahr reden. Der Mann / der eine Weiber-Haube aufsetzt / muß ein rechter Wurm-Bastel seyn / und muß nicht wissen / daß GOtt durch Mosen verboten hat / daß ein Mann nicht Weibs-Kleider / und ein Weib nicht Mannes-Kleider tragen solle. Und so ferne dieser vorhabende Punct wahr wär / scheinet ein Pferd noch klüger zu seyn / als ein solcher angeschleyerter Hasen-Kopff / der aus Narrheit eine Weiber-Haube aufsetzt. Denn das Pferd will solcher gestalt gleichsam an dem Narren / der eine Weiber-Haube aufsetzt / eine gerechte Straffe ausüben /und solchem eine gute Maulschelle geben. Ich weiß zwar noch kein Exempel / daß einer mit einer Weiber-Haube von einem Pferde ein solch Compliment bekommen hätte; dahero ich auch an der Wahrheit dieses Articuls sehr zweiffele Aber daß weiß ich / daß wenn ein Weibs-Bild in lauter Manns-Kleidern zum Pferden gehet / werden ihr die Pferde doch kein Leid thun. Ja die Weibs-Personen selbst werden von Pferden gar wohl gelitten / und lassen die Pferde solche auf sich reiten / und sich von ihnen regieren / wie von Männern / ob sie gleich ihre Weibs-Kleider anhaben /wie man Exempel genug an denen Soldaten-Weibern hat. Daß die Pferde aber auch die Weibs-Personen [235] in Manns-Kleidern leiden / haben wir noch ein neues Exempel an einer Weibs-Person / die sich ohnlängst über Jahr und Tag im Meißner Ertzgebürge hin und wieder in Manns-Kleidern aufgehalten hat / daß auch ein Gerüchte entstanden / als ob es ein grosser Printz wär / der sich incognito im Gebürge umsehen wolle /biß endlich der Betrug offenbar worden / und diese Person nach Augustusburg in gefängliche Hafft genommen und erkannt worden ist. Viel Pferde haben die Art / daß wenn sie etwas ungewöhnliches sehen /so werden sie scheu / reissen und schlagen um sich aus. Also kan es wohl seyn / daß irgend einsmahls ein Mann nicht hat wollen mit blossen Kopffe in Stall gehen / und hat im Eyl seines Weibes Haube aufgesetzt / und als die Pferde eine solche ungewöhnliche Veränderung gesehen / haben sie aus Furcht den weiberhafften Mann nicht an sich lassen wollen / und haben also nach ihm geschlagen / welches aber nicht als ein universal-Werck anzusehen ist / sintemahl auch nicht alle Pferde scheu sind.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Man soll mit heissen Wasser in der Stuben nicht sprengen / wenn man auskehren will / es wird sonst Zanck im Hause.

[236] Wie es nicht gewöhnlich ist / daß man zu Auskehrung einer Stube mit heissen Wasser sprenget / also ists kein Wunder / wenn ein Zanck entstehet / so man mit heissen Wasser sprenget; denn wenn man mit heissen Wasser sprenget / und es spritzt nur ein Tropffen an eines Menschen Haut / oder nur an einen Hund oder Katze / da wird geschwinde ein Zanck entstehen /wenn der Hund schreyet / oder iemand gebrannt wird. Also hat ein solcher Zanck seine erhebliche Ursachen. Jedoch folget nicht / daß allezeit ohnfehlbar aus dieser Ursach ein Zanck im Hause entstehen müsse. Denn wenn ein Weib / oder eine Magd / bey Wahrnehmung eines kommenden frembden Gasts / geschwinde wolte die Stube ein wenig auskehren / und hätte nichts / als heiß Wasser in der Ofenblase nehme dieses und sprenge eiligst ein wenig damit / da niemand zu gegen wär / so frag ich: wer wolte davon einen Zanck erregen / weil niemand keinen Schaden davon empfunden hätte / auch niemand wissen könte / ob es warm / heiß oder kalt Wasser gewesen wär / damit gesprenget worden. Darff sich demnach niemand fürchten / in Fall der Noth / und wo kein Schaden damit gethan wird / mit heissen Wasser zu sprengen; iedoch ists rathsamer / daß man kaltes nehme / weil man sich auch wohl selbst mit heissen kan schaden thun.

Das 13. Capitel
[237] Das 13. Capitel.
Wenn eine Braut an ihrem Hochzeit-Tage zur Kirchen gehet / soll man ihr die Schlüssel nach werffen / so wird sie haußhältig.

Auf denen Dörffern giebt es bey Hochzeiten unzählig viel solche Aberglauben / und wär kein Wunder / daß die Braut närrisch gemacht würde. Der Tag / an welchem zwey ledige Personen sollen durch priesterlicheCopulation zusammen in Ehestand gesetzt werden /solte billig von dem Bräutigam und der Braut mit lauter beten und guten Gedancken zugebracht und GOtt angeruffen werden / daß er seinen Seegen und Gedeyen zur angehenden Ehe geben / und alles Unglück von ihnen abwenden möchte etc. denn sicherlich / an einer guten Ehe hängt alles Glück / und an einer schlimmen Ehe alles Unglück. Und ist also der Hochzeit Tag einer der vornehmsten Festtage / die ein Mensch erleben mag / denn dieser Tag ist ein Tag /den GOtt selbst am sechsten Tage der Schöpffung verordnet hat / dadurch wird die ordentliche Vermehrung des menschlichen Geschlechts befördert. Und hanget an diesem Tage das Wohl und Wehe: so man nun diesen Tag nicht mit Gebet / mit GOtt und GOtt-gefälligen Hertzen [238] vollziehet / sondern in der blossen Absicht zum zeitlichen Wohlleben / zur Geilheit und Wollust / zum Geitz und Wucher / und vergisset GOttes dabey / nimmt auch allerhand abergläubische / abgöttische und gauckelhaffte Narren-Händel vor / so werden solche Eheleute sich des Seegens GOttes schwerlich trösten können. Eine Braut soll demnach /wenn sie in die Kirche zur Copulation geführet wird /lauter gute Gedancken in Hertzen haben / und aus dem Tempel ihres Hertzens immer einen andächtigen Seuffzer nach dem andern zu GOtt schicken. Aber /gleich wie der Teufel überall seine Capelle neben GOttes Hauß setzet / so bleibts hier am Hochzeit-Feste auch nicht nach. Da kömmt ein grober Hache /oder eine zauberhaffte Bauer-Trompe / und wirfft die gute Braut mit einem Bunde Schlüsseln ohnvermuthet in Rücken / oder wie es die Röckel aussprechen / in Arsch / darüber die Braut erschrickt / daß sie möchte in Ohnmacht sincken. Und diese Behrenhäuterey soll das Mittel seyn / daß die Braut haußhältig werden soll. Aber / o Narrheit! wenn die Braut vorhero nicht schon zu aller guten Wirthligkeit von ihren Eltern angewöhnt ist / sondern ist nur eine verliebte geile Lauff-Betze / eine Putz-Schwester und Spiegel-Dame gewesen / die [239] ihre Zeit mit Schmincken / Trincken und Knechte wincken zugebracht hat / da mochte man ihr gleich nicht nur die Schlüssel / sondern gar die gantze Haußhaltung nach werffen / sie wird davon gewißlich nicht haußhältig / hingegen / so die Braut von guten Christlichen Gemüthe / GOtte-fürchtig und voller Begierde ist / künfftig ihre Haußhaltung so anzustellen / daß sie GOtt und Menschen damit gefallen /und sich und ihrem Mann selbst Nutzen schaffen möge / so mag ihr gleich an ihrem Hochzeit-Tage nicht ein einiger Schlüssel gewiesen werden / so wird sie sich doch als eine gute Haußhälterin in ihren Ehestande aufführen / und darzu wird sie GOttes Beystand und Seegen erbitten. Abergläubische Weiber aber können nichts als Unseegen erlangen / weil sie mit ihren Narren-Possen und Zauberwesen alles wollen zu wege bringen / und GOtt dabey aus den Augen setzen.

Das 14. Capitel
Das 14. Capitel.
Wenn eine Braut von der Copulation heim gehet /muß man ihr etl. zerschnittene Kuchen entgegen tragen / davon muß ieder Gast ein Stück nehmen und damit die Braut auf den Leib stossen.

Dieses ist wohl ein rechtes Teufels Spiel / [240] welches der Satan gemeiniglich auf denen Bauer-Hochzeiten als ein thörichter Bickelhering anrichtet: worüber aber billig alle die Herrn Priester aufn Lande ihren Eifer solten ernstlich spüren lassen. Allein / es geschicht wohl dieses böse Unternehmen gar in des Priesters Gegenwart / dergleichen ich einst selbst mit Verdruß mit angesehen habe. Wird gefragt / worzu dieses närrische Verfahren dienen solle? so werden die abergläubischen Weiber antworten: auf daß die Braut eine gute Kinder-Mutter werde; das mag wohl recht heissen: reime dich / oder ich freß dich / sie bedencken keines weges die Worte Davids: Kinder sind eine Gabe des HErrn / und Leibes-Frucht ist ein Geschencke; sondern die alten Vetteln wollen selbst der Braut die Fruchtbarkeit entgegen tragen. Sie mißbrauchen die Gabe GOttes / zerstossen und zerkrümeln den Kuchen / daß er nicht einmahl den Hunden kan zu Nutze kommen / sondern wird gar mit Füssen zertreten /denn sie treibens damit ärger als die Teufel selbst. Was aber GOtt hierbey denckt und thut / ist leicht zu erachten: denn GOTT giebt uns aus Gnaden das Bißgen Brodt / so wirs aber so lüderlich / und zum Muthwillen anwenden und verschwenden / so ists dann kein Wunder / wenn uns GOtt hernach in unsern [241] ohne dem Creutz-vollen Ehestande auch das Brodt entziehet / da wir unsere Ehe mit solcher Verschwendung des Kuchens angefangen haben. Solte nicht Christlichen Eheleuten / bey einfallender Theurung und Hungers-Noth / das Gewissen schwer werden / wenn sie daran gedencken / wie schändlich auf ihrer Hochzeit GOttes Gabe gemißbraucht worden sey? solten sie nicht besorgen / GOttes gerechte Straffe sey es / wenn sie das Hauß voll Kinder haben / und kein Brodt darzu / weil man mit des lieben Brodts schändlichen Mißbrauch hat getrachtet / eine mit Kindern geseegnete Ehe zu erzwingen? es wär fürwahr kein Wunder /daß GOtt bey solchen abergläubischen Leuten dem Satan zuliesse / daß er sie auf verzweiffelte Wege führte / wenn ihnen ihr eigen Gewissen sagt / daß sie sich alle solche Noth aus Frevel und Muthwillen selbst zugezogen haben. Darum sey ein iedes für solcher Thorheit treulich gewarnet / und lerne das von GOtt bescherte Brodt besser zu rathe halten / sonst wird die Straffe GOttes nicht aussen bleiben.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wenn ein Bräutigam seine Braut heim holet / soll die Braut unter wegens Flachß weg werffen / so geräth ihr der Flachs wohl.

[242] Das ist abermah! ein Stücklein aus der Bauer Physica; ist aber nicht um einen Heller besser / als die vorigen zwey Künste. Die wahre Physica soll und muß mit der Vernunfft überein kommen / und doch auch nicht der H. Schrifft entgegen seyn / denn sie muß zum Grunde haben die Weißheit / die von GOtt kömmt: Die Bauer-Physica hat des Satans Betrug zum Grunde / will aber immer auch gern das Ansehen haben / als ob sie mit der wahren gleichförmig sey. Allein / es ist weit gefehlet; denn sehe ich diesen Punct an / so soll es scheinen / als ob der Natur gemäß / daß niemand einzuerndten sich Hoffnung zu machen hätte / als der zuvor gesäet hätte; oder / niemand könne sich Hoffnung zu Geschencken machen /er habe dann zuvor Geschencke ausgetheilet; der Schluß ist zwar richtig / aber die application wird hierbey unrichtig werden. Denn ob gleich wahr ist /daß keiner eine reiche Erndte zu hoffen hat / als wer vorhero Saamen hat ausgestreuet / so will doch an dem Orte keine Erndte erscheinen / wohin man nur Stroh und Heckerling gesäet hat. Also ists eine lächerliche Narrheit / daß man sich einbilden will / wenn man Flachs wegwürffe / so gerathe einem hernach der Flachs wohl; ja das wolte ich eher vor wahr halten /wenn man spräche: wer Lein-Saamen [243] aus- oder wegwirfft / da geräth hernach der Flachs wohl; es muß aber auf einen wohl bestellten Acker seyn / und nicht auf einen dürren und harten Weg / da es vertretten und von Vogeln vertragen wird. Eine Braut soll Flachs wegwerffen / so soll ihr hernach der Flachs wohl gerathen; wenn ich aber rathen solte / sobehielte man was man hätte / denn ein Vogel in meinem Gebauer ist mir lieber als 20. die draussen fliegen. Von dem weggeworffenen Flachs kriegt die Braut nichts wieder / sondern verständige Leute haben ihr Gespötte über solche Narren Possen / und sprechen: die Närrin möchte ihren Flachs wohl behalten / denn er dürffte ihr wohl noch nütze werden; denn hier gehts nicht nach unsers Heylandes Lehre: Gebet / so wird euch gegeben; wie es irgend die nasenweisen Bauers-Weiber auslegen möchten. Nein / denn ein anders ist ein liberales geben oder wolthun / ein anders aber ein muthwilliges Verschwenden und wegwerffen; jenes gebiethet / dieses aber verbiethet GOtt. Durch Wegwerffung des Flachses wird nimmermehr kein Flachs gerathen; und mag man nur sicherlich glauben / daß es ein Aberglaube ist. Und rathe ich dem Bräutigam /dessen Braut auf solche Art den Flachs wegwirfft /daß er seiner verschwenderischen Braut das Verständniß [244] bey Zeit eröffne / und solte es im Nothfall auch mit ein baar bescheidenen Ohrfeigen geschehen / ehe er sich die Verschwenderin zu sehr zu Haupte wachsen läßt / und hernach der Hund nicht aus der Küche zu bringen seyn möchte.

Das 16. Capitel
Das 16. Capitel.
Wenn man die kleinen Kinder auf schwartzen Füllen lässet reiten / so bekommen sie bald Zähne.

Das Ding läßt sich leicht anhören / und noch leichter glauben; denn wenn man ein Kind kan auf ein Füllen setzen / und reiten lassen / (ob mans gleich halten muß) so ist es kein Wochen-Kind mehr / sondern muß wenigstens ein halbes- oder drey-viertel Jahr alt seyn /u. zu solcher Zeit bekommen die Kinder zum ersten Zähne / die jungen Füllen bringen ebenfalls keine Zähne mit auf die Welt / sondern müssen ihnen erst nachher wachsen; also wird es mehrentheils eintreffen / wenn man ein klein Kind lässet auf einen jungen Füllen reiten / so bekömmt es bald Zähne; entweder das Kind / oder das Füllen. Es mag nun das Füllen schwartz oder braun / weiß oder fahl seyn; es mag auch das Kind drauf reiten oder nicht? gnug / daß eines von beyden / oder alle beyde bald Zähne kriegt. Und ist eine einfältige Redens- [245] Art / und gleich / als wenn ich spräche: wenn der Weitzen verblühet hat /soll man einen Pfahl hinein schlagen / so bekömmt er bald Körner. Freylich bekömmt er nach der Blüthe Körner / es mag der Pfahl nein geschlagen werden /oder nicht. Also auch ein klein Kind und ein schwartz Füllen bekommen bald Zähne / ob gleich keines aufs andere reitet. Hingegen mag, man auch das Kind gleich reiten lassen / so wird dennoch keines die Zähne eher kriegen / als biß sie die Natur hervor treibt. Also ist das reiten umsonst und vergeblich /und diejenigen / die dieses darum practiciren / die begehen einen albern Aberglauben.

Das 17. Capitel
Das 17. Capitel.
Wenn eine Jungfer will wissen, was sie vor einen Mann bekomme / die soll am Christ H. Abend einen Pfefferkuchen unbehandelt kauffen / eine Leiter draus schneiden / und dieselbe nebst einem Schwerdt-Pfennig auf die grosse Zähe binden / und sich ohne gebetet niederlegen / so wird er ihr vor dem Bette erscheinen / oder früh / wenn sie in die Metten gehet / begegnen.

Das ist abermahl ein verfluchtes Beginnen / welches verdienet / mit einer scharffen [246] Striegel recht ernstlich gehechelt zu werden / denn von Anfang biß zu Ende ist alles Gottloß; dahero habe ich fast angestanden /es public zu machen / wenn mirs nicht unterschiedliche mahl zu Ohren kommen / daß ich also vernommen / wie daß dieser Satans Dienst nichts geheimes sey; auch mir heute nur ein gewisser Handwercksmann erzehlet / daß sein Weib diese Stunde noch bedaure und GOtt abbitte / daß sie durch Veranlassung loser Leute / in ihrem Jungfer-Stande / dieses gottlose Stücklein practiciret hätte / wobey ihr aber in selbiger Nacht eine unglaubliche Angst zugezogen worden / indem die gantze Nacht ihr Bett mit lauter bösen Geistern / die sie geängstiget hätten / umgeben gewesen; dannenhero sie es nun und nimmermehr niemanden rathen wolle mehr zu thun. So ich auch das gantze Werck von Anfang biß zu Ende betrachte / so möchte mir selbst die Haut schauern; aber einer geilen und Mann-begierigen Huren / die im Glauben an GOtt weder kalt noch warm ist / der macht und mahlet der Satan diese Sache so lieblich und annehmlich ins Gemüthe / daß sie GOttes dabey gantz und gar vergisset / und gar nicht mehr gedencken kan / daß ie eine Sünde oder Unrecht damit begangen werde / sondern sie fähret in der tollen Wuth fort / und [247] thut / was ihren geilen Begierden gelüstet / weil sie gar nicht weiß / daß Lust Sünde sey. Aber du Mann-thörichte Vettel! laß dir eröffnen / was du für schröckliche Sünde thuest / 1.) sündigest du in deinen fürwitzigen Begierden / da du / ehe es Zeit ist / zu wissen verlangest / wer dein künfftiger Ehemann seyn werde / da du doch vielmehr in Christlicher Gelassenheit soltest warten / auf die von GOtt bestimmte Stunde / und biß es GOtt gefällt / dir einen Mann zu zuführen. Allein /du verlangest nichts von GOtt / sondern wilst / daß dir der Teufel soll deinen Mann fürstellen / daß er dir erscheinen müsse; ist das nicht was schröckliches? 2.) ferner mißbrauchst du die Gabe GOttes schändlich /wenn du aus einem Pfeffer-Kuchen nicht allein eine Leiter schneidest / sondern solche gantz unverantwortlich auf deine stinckende Zähe bindest; da doch die liebe Gabe GOttes nicht unter deine stinckende Füsse / sondern in Mund und Magen gehöret. Ist doch solcher gestalt eine dumme Bestie beßer im Verstande conditioniret / als du gottlose Bestie? du machest eine Leiter / worauf du eher in Abgrund der Höllen steigen / als nach dem Maule deines vermeynten Liebsten klettern wirst. Denn die Sprosseln und die gantze Leiter ist so gebrechlich / daß du nimmermehr daran wirst in die Höhe [248] kommen / sondern diese Leiter propheceyet dir schon deinen baldigen Fall und Untergang / so zeiget dir auch der mißbrauchte Pfefferkuchen an / daß du in deiner künfftigen Ehe nicht so viel Brodt wirst haben / als du hast an deine Füsse gebunden / und wirst mit deinen Kindern ein solch Bißgen Brodt für Christlicher Leute Thüren suchen müssen /und doch nicht satt kriegen können. Was sündigest du 3.) mit Zuthuung des Churfürstlichen Schwerdt-Pfennigs? da du erstlich das Creutzeichen / welches die über einander liegende Schwerdter præsentiren / verschmähest / und zum andern wilt du thörichte Hure gleichsam den Teufel mit zwey Schwerdtern zwingen / daß er deinen künfttigen Liebsten für dein Bette bringen soll; aber / o du elende Tasche! mit 10000. Goliaths-Schwerdten wirst du den Satan nicht überwältigen oder zu deinen Willen zwingen / so er nicht selbst Lust hätte / dich in den Wercken der Finsterniß zu unterhalten. 4.) versündigest du dich schröcklich /wenn du vorsetzlich und mit allem Fleiß deinen lieben getreuen GOtt und Schöpffer so schändlich verläßt und verachtest und denselben nicht mehr würdigest /ihn um seinen gnädigen Schutz zu bitten / oder für ben schon viel 1000. mahl geleisteten zu dancken /sondern an statt / da du GOtt bitten soltest / [249] daß er dich in der heiligen Christ-Nacht für des Satans List und Gewalt bewahren wolle / ergiebst du dich dargegen freywillig in des Teufels Gewalt / und wirst des Teufels Leibeigene Magd / 5.) sündigest du grausam /daß du den Teufel wilt in Gestalt deines künfftigen Bräutigams zu dir vor dein Bette bannen / denn so dein künfftiger Mann etliche Meilen von dir wohnet /kanst du dir selbst leicht einbilden / daß er es nicht selbst ist / der dir erscheinet / sondern es ist der leibhafftige Teufel / (mir schauert die gantze Haut / da ich dieses schreibe) mein / sage mir / wie ist dir zu muthe / du elende verdammte Teufels-Braut! dein Bräutigam (der Teufel) erscheinet dir für deinem Bette? aber / o wolte GOtt! daß er nur allein vor deinem Bette / und nicht auch gar in deiner Seele einkehrete? o du tolle Magd! du verzweiffelte und verdammte! kehre bey zeiten um von deinem Teufels Wege! wende dich wieder zu dem Bräutigam / der sein theures Blut an dich gewendet hat / gönne doch deine Liebe dem / der dich so lieb gewonnen / daß er auch sein Leben dahin gegeben / nur daß er deine schuldige Gegenliebe gewinnen / und dich aus deinem ewigen Verderben erretten möchte. Sey deinem theuren Heylande nicht eine solche treulose Hure / und lauffe nicht zu seinen abgesagten Feind / [250] den Teufel über. Kehre wieder / du abtrünnige! so wird dich Christus erleuchten / daß du erkennen lernest den höllischen Feind deiner Seele. Bereue dein erschröckliches Vornehmen / und thue bey Zeiten Busse / ehe du dich in des Teufes Netze so verfitzest / daß du dich nicht mehr heraus zu wickeln weist. Ist dir demnach zu rathen / so folge und glaube / was ich dir gesagt habe / sonst wirst du mit der Zeit deine unbedachtsame Thorheit allzu spat bereuen müssen.

Das 18. Capitel
Das 18. Capitel.
Wenn man in eine andere Wohnung zieht / soll man im Neu Monden einziehen / so nimmt die Nahrung zu.

Warum nimmt aber die Nahrung zu / wenn man im Neu Mond fortziehet / und warum nimmt sie nicht auch zu / so man nicht fortziehet / sondern an dem Orte beständig bleibt / wo man schon vorher gewesen? fürwahr / ich kan es mit allen Sinnen nicht begreiffen / wie das fort oder einziehen in eine andere Wohnung eine Verwandschafft haben könne mit dem neuen Mond Licht? denn der Mond ist ja nicht seinerSubstanz nach neu / denn es ist der Mond / welcher von Anfang der Welt zugleich mit der Sonnen und allem [251] Gestirn des Himmels geschaffen ist / und ist also der alte über 5000. jährige Mond; daß er aber bald auf dieser / bald auf jener Seiten / bald hinten /bald forn von der Sonnen beschienen wird / dieses rühret her von seinem wandelbaren Lauff / da er bald vor / bald hinter der Sonnen hergehet / und wenn er der Sonnen am weitesten entfernet ist / scheinet er uns am grössesten und vollesten; stehet er aber am nähesten bey der Sonnen / so sehen wir ihn gar nicht / und alsdenn nennen wir ihn den Neu Mond / da er doch eben der alte Mond ist / welchen wir und unsere Väter viel 1000. mahl auch voll gesehen haben / und lehret uns der König David gar mit einem guten Grunde verstehen / was GOtt für ein Absehen bey Erschaffung des variablen Monden-Lichts gehabt habe / wenn er im Ps. 104. v. 19. sagt: du (GOtt /) machest den Monden / das Jahr darnach zu theilen / die Sonne weiß ihren Niedergang. Woraus zur Gnüge erhellet /daß die Mond-Veränderung nicht darum geschicht /daß sich mit solchen die Nahrung der Menschen auch verändern solle / sondern daß man die Jahres-Zeiten dadurch in gewisse Zeit und Maaß eintheilen könne. Und Gen. 1. v. 14. sprach GOtt: Es werden Lichter an der Feste des Himmels / die da scheiden Tag und Nacht / [252] und geben Zeichen / Zeiten / Tage und Jahre. Da wird von Veränderung der menschlichen Nahrung nichts gedacht. Ja / ich wolte viel zur Wette setzen /daß wenn ein Handwercks-Mann alle 4. Wochen beym Neu Mond in ein neu Qvartier zöge / und practicirte solches etliche Jahre / so wird er viel eher verderben / als ein anderer / der in solcher Zeit nur einmahl im abnehmenden Monde in ein Qvartier oder Wohnung gezogen / und beständig darinnen geblieben ist. Zudem / so könte ja auch ohne dem solch zunehmen der Nahrung nicht lange dauren / wenn es in Krafft des Monden geschehen solle / weil ja der Mond / so bald als er in 14. Tagen voll worden / alsdenn augenblicklich auch wieder am Lichte gegen unser Gesicht abnimmt. Und würde folgen müssen / daß die Nahrung eben auch also wieder abnehmen würde. Da man aber dieses noch nie in der Welt erfahren hat /daß eines Menschen Nahrung sich ohne Unterlaß mit dem Mond-Wechsel verändert hätte / also verdienet dieser Punct billig eine Stelle unter den Aberglauben zu erlangen / und die daran glauben / zähle ich mit allem Recht unter die Tagewähler.

Das 19. Capitel
[253] Das 19. Capitel.
Wenn man Reisser von Pfingst-Meyen aus der Kirchen / worüber der Seegen 3. mahl gesprochen ist / in die Krant-Beete steckt / so thun die Erd-Flöhe dem Kraute keinen Schaden / sollen auch sonst vor viel Dinge gut seyn.

Der Seegen / welchen ein Priester nach vollendeten Gottesdienste vor dem Altare über die Gemeine spricht / der wird ja nicht über die in dem Tempel stehende Meyen gesprochen; und können demnach solche Meyen ohnmöglich kräfftiger seyn als andere Bürcken / derowegen ist dieser verkehrte Glaubens-Punct eine närrische unbesonnene und grobe Lügen. Wär es aber wahr / daß der Priester-Seegen die leblosen Dinge in der Kirchen anginge / so würden die Kirchen-Stühle / die Steine der Wände und Pfeiler / ja die Spinnenweben an Fenstern etc. vielmehr Krafft von solchen Priester-Seegen in sich gezogen haben /als die Pfingst-Meyen / denn da über diese nur wenige mahl der Seegen gesprochen worden / so ist es über jene Dinge desto öffter geschehen. Ja das Kehrig /welches offt etliche Jahre in den Winckeln der Kirchen liegen bleibt / würde bey so gestallten Sachen noch eher die Erd-Flöh vertreiben / [254] wenn man es auf die Kraut-Beete streuete / als die Reiser von den Meyen. Was aber die Meyen-Reiser / nach unserm vorhabenden Punct / mehr vor gute Krafft und Nutzen haben sollē / kan ich nicht recht erfahren / weil es die abergläubischen Affen vielleicht selbst nicht wissen. Doch wolte ich den besten Nutzen bald selbst entdecken den sie haben / nehmlich: so man Ruthen davon bindet / so kan man die abergläubischen Narren damit züchtigen / biß sie von ihrem Aberglauben ablassen. Und diese Nutzung ist auch in Wahrheit die beste. Hernach kan man sie verbrennen / oder Feuer damit anzünden / und was dergleichen mehr seyn mag.

Nun will ich aber gern sehen / womit die Bauers-Weiber werden die Erd-Flöh aus denen Kraut-Beeten vertreiben / weil vor einigen Jahren in hiesigen Landen ein Kön. allergnädigster Befehl ergangen ist / daß man hinfort keine Meyen mehr auf Pfingsten oder andere Festtage in die Kirchen setzen solle; nun wollen wir Achtung geben / ob nun mehr Erd-Flöh werden in Kraut-Beeten seyn als sonst gewesen? solte sichs befinden / so können künfftig die Schulmeister und Kirchner in andern Ländern / wo das Verbot nicht ergangen ist / einen Handel mit ihren Meyen machen /und an statt [255] daß sie solche in vorigen Jahren haben verbrannt / da können sie diese nun anher nach Sachsen an die Bauer-Weiber verhandeln / auf daß sie solche zu Tilgung der Erd-Flöh in ihre Kraut-Beete stecken können. Und dann kan man sagen: Solche Handels-Leute will mein Herr haben; es dürffte aber kein grosser Zoll vder Accis drauf gelegt werden / sonst möchte diese Handlung ins stecken kommen / und vielleicht gar eingehen.

Das 20. Capitel
Das 20. Capitel.
Wenn eine Braut einziehet, soll sie, ehe sie selbst ins Hauß gehet / zu erst eine schwartze Henne zum Fenster hinein stecken.

Frage ich / was dieses bedeuten oder für Nutzen schaffen soll / so erhalte ich von Frau Marthen / der Planetenleserin die weise Antwort: Wenn in solchem Hause ein Ubel oder Unglück vorhanden ist / so schadets keinem Menschen / sondern kömmt auf die Henne. Aber / wie soll das zugehen / wenn irgend der junge Mann ein ander Mägdlein neben seiner Braut hätte lieb gehabt / und eine solche Dirne käme in etlichen Tagen / und setzte denen neuen Eheleuten ein Kind ins Hauß / würde denn die schwartze Henne dieses Unglück auch auf sich [256] nehmen? oder die junge eingezogene Frau müste stracks in 2. oder 3. Tagen ein Wochenbett aufschlagen, da sie von einem andern Kerl schwanger worden, würde dann die schwartze Henne dieses Unglück auch tragen / oder sich ins Mittel schlagen / und täglich so viel güldene Eyer legen /daß der Hahnrey alle zustossende Grillen dabey vergessen könte? oder aber / der Bräutigam stecke in Schulden biß über die Ohren / welcher aber von der Braut Eltern auf eine reiche Mitgifft vertröstet worden / und so man den Schaden besehe / käme die Braut leer eingezogen / oder wär gar noch darzu voller Laster und Untugend; mein / was würde da die schwartze Henne vor Rath schaffen / damit das Unglück nicht auf den Wirth / sondern auf sie fiel? gewißlich / die Henne würde da weder Hülffe noch Rath schaffen können. Mit denen übrigen besorglichen Unglücks-Fällen dürffte es auch nicht besser gehen / weil keine Henne in der Welt capable ist / ein einig Unglück von einem Menschen auf sich zu translociren / sondern was GOtt einem ieden bestimmet hat / das muß er wohl mit Geduld leiden und tragen / und wird sich GOtt nicht lassen an die schwartze Henne weisen. Dieses albere Mährlein kömmt mir aber bald vor / als wie des Helmontii seine alte Weiber Meynung / da er[257] schreibet: der Türckis-Stein hätte die Krafft und Eigenschafft / daß wer ihn am Fingerin in einem Ringe trüge / und thäte einen gefährlichen Fall / so würde der Schaden des Falles nicht an den Menschen hafften / sondern es würde der Stein allen Schaden auffangen und leiden. Es erfordert aber dieses einen stärckern als Köhler-Glauben. Ist auch ein Unglück in der Stadt /das der HErr nicht thue? so es nun GOtt der HErr schickt / so wirds keine schwartze Henne wenden können. Ergo ist diese albere Meynung ein Aberglaube.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Wer Schwaben hat, der soll einen Hemm-Schuh stehlen / und diesen auf den Ofen legen / so kommen sie weg.

Denen / die nicht viel über Land reisen / oder mit Fuhrleuten umgehen / muß ich erst melden / was ein Hemm-Schuh vor ein Ding sey / auf daß ein iedweder / der nur ein Qventlein Vernunfft hat / überlegen könne / was für Thorheit in diesem Punct stecket. Ein Hemm-Schuh ist ein Stück Holtz / ohngefehr fünff viertel Ellen lang / und hat an einem Ende ein Loch /wodurch eine Kette oder Strick gezogen werden kan /am andern Ende ist es auf einer [258] Seiten etwas ausgehölet / auf der andern Seiten ein wenig weggehauen /und brauchen solches die Fuhrleute / wenn sie zu einem Berge abwerts fahren / hengen sie es mit einem Seil oder Ketten an Wagen / und zwar also / daß eines von hindern Rädern in der Höhe dieses Holtzes aufstehet / und also ohne umdrehen auf diesem Holtze den Berg herab geschleifft wird / daß der Wagen nicht so schnell lauffen und die Pferde übern Hauffen stossen kan. Einen solchen Hemm-Schuh soll man nun nach Anleitung dieses Articuls stehlen / und solchen zu Vertreibung der Schwaben auf den Ofen legen. Dieses ist aber so eine offenbare Thorheit / daß es auch Kinder davor erkennen müssen / und dennoch ist die Liebe zu abergläubischen Dingen bey vielen so sehr eingewurtzelt / daß sie auch das aller dummeste Zeug das / auf der Welt ersonnen werden kan / dennoch glauben / und hoch achten. Auf daß ich aber iedweden abergläubischen Narren den Ursprung dieses ietzt unter der Strigel habenden Narren-Glaubens eröffne / so verhält sichs wie folget: Es wohnete im Altenburgischen ein Bauer / dem es an Holtze gebrach /dieser stahl einem durchs Dorff fahrendē Fuhrmann seinen am Wagen hangenden Hemm-Schuh / und wolte solchen an statt des ermangelnden Feuerholtzes[259] verbrennen / weil aber der Hemm Schuh voller Schlamm und Wasser war / legte der Bauer ihn auf den Ofen / daß er trocken und dürre werden solte. Inmittelst vermissete der Fuhrmann senen Hemm-Schuh / laufft ins Dorff wieder zurück / solchen zu suchen /der Dieb wurde aber von einem andern Bauer / der den Hemm Schuh stehlen sehen / verrathen / worauf der Fuhrmann in des Diebes Stube gerade zulieff /und nach seinem Verlust fragte; der Dieb wuste vor Schrecken und Schaam nicht stracks / was er sagen solte / zumahl da der Fuhrmann seinen Hemmschuh vom Ofen herab nahm / und schröcklich schalt und fluchte; endlich fing der Bauer an und entschuldigte sich mit einer erzwungenen Noth-Lügen / und gab vor: er hätte solche Noth mit dem Ungezieffer / den Schwaben / so wär ihm gerathen worden / er solte sehen / daß er einem Fuhrmann einen Hemmschuh stehlen könte / diesen solte er auf den Ofen legen / so würden die Schwaben alle hinweg lauffen. Diese erlogene Entschuldigung glaubte der einfältige Fuhrmann / nahm aber dem Bauer dennoch den Hemmschuh wieder / weil er solchen bedurffte / und halff hernach diese Lügen selbst für eine Wahrheit ausbreiten /denn wohin er kam / da in der Herberge Schwaben waren / lehrte er dem Wirthe diese vermeynte [260] Kunst /dunge sich aber allwege aus / daß man ihm nur seinen Hemmschuh nicht selbst stehlen möchte. Also siehet der geliebte Leser / wie närrisch die meisten Aberglauben ihren Anfang nehmen / und daß dieser Punct ein alberer Glauben ist.

Das 22. Capitel
Das 22. Capitel.
Wer einen Sandwisch stiehlt, und legt denselben den Hünern in ihr Fressen / so legen die legen die Hüner nicht weg / und werden auch nicht behext.

Weil der Scheuerwisch gestohlen ist / so muß er wohl helffen / denn mit stehlen dienet der Mensch nicht GOtt / denn GOTT hat das Stehlen verbothen / sondern es dienet der Mensch dem Satan. Ob nun zwar ein Sandwisch nichts importirt / so ist es doch ein Diebstahl / und thut der / der einen Sandwisch stiehlt / eben auch Sünde wider das siebende Gebot GOttes /denn das Stehlen ist absolutè verbothen / es sey viel oder wenig. Woher nun ein gestohlner / und nicht eben auch ein eigenthümlicher Sandwisch / soll die Krafft haben / daß wenn er in der Hüner Fressen gelegt wird / diese nicht weglegen sollen / weiß ich nicht / und glaubs auch nicht. Die aber / die es glauben / die wissen die Ursach so wenig als ich / und[261] dennoch glauben sie es / weil es ihnen also gelehrt ist worden. Es ist erschröcklich zu hören / daß die meisten Menschen mehr geneigt sind zu glauben / daß das / was dem Satan zu Liebe geschicht / dem Menschen noch mehr Nutzen bringe / als das / was nach dem Willen des lieben GOttes geschicht. Wenn man nun schlecht hin spräche: Ein Sandwisch / in der Hüner Fressen gelegt / macht / daß die Hüner nicht weg legen so glaubts niemand. Da es aber heißt: ein gestohlner Sandwisch / da muß es ohne des Geyers Danck wahr seyn / und ist doch erlogen. So wird sich auch für einem Sandwisch keine Hexe scheuen / sondern / wenn das Verhängniß GOttes da ist / so muß ergehen / was GOtt verhengt / und wenn 1000. Sandwische über einander lägen / und wären gleich alle gestohlen. Kurtz / der Articul ist erlogen; iedoch will ich versuchen / wenn das stehlen nicht darzu kommt / ob aus diesem Pünctgen irgend noch ein Bauer-Morale könne gezogen werden. Ein Sandwisch soll in der Hüner Fressen gelegt werden; was ein Sandwisch ist /braucht keines fragens / nehmlich ein Wisch / womit die Mägde zu scheuren pflegen. So nun ein solcher Sandwisch nach dem täglichen Gebrauch allemahl in der Hüner ihren Haber oder Gerste gelegt wird / so wird die Magd [262] allezeit erinnert / den Hünern Futter zu geben; und so die Hüner zu rechter Zeit ihr Futter bekommen / so gehen sie nicht in der Nachbarn Gärten und Höfe zu naschen / und tragen also die Eyer nicht weg / sondern legen sie zu Hause an beqveme Oerter. Dieses würcket aber nicht der Sandwisch / sondern die ordentliche Fütterung / fällt also das schändliche Stehlen des Sandwisches von sich selbst hinweg. Mit dem behexen hat es gleiche Bewandniß; denn wenn die Hüner fein zu Hause bleiben / und nicht den Nachbarn zu Schaden in die Gärten / oder Pflantzen-Beete lauffen / so hat manche zauberhaffte Nachbarin nicht Gelegenheit / aus Rache die Hüner zu bezaubern / oder wie es genannt wird / zu behexen.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
In der Erndte soll man die letzte Garbe fein groß machen / so wird das andere Jahr so viel Geträd / daß man die Garben alle kan so groß machen / als wie die gewesen.

O Sancta Simplicitas! lebst du auch noch? möchte man wohl hierbey fragen. Man siehet wohl / daß ein armer / einfältiger / und doch interessirter Dorff-Schulmeister diesen Punct aus studiret hat / welcher /(wie es [263] auf manchen Dörffern gewöhnlich ist) an statt seiner Besoldung / von iedem Bauer / in der Erndte die letzte Garbe / von Weitzen / Korn / Gerste und Haber / auch wohl von andern Früchten / empfähet. Damit nun der arme Tropff desto reichlicher erndten möge / hat er die Bauern beredet / daß so man die letzte Garbe groß machte / so gerathe dieses Getraidig übers Jahr so wohl / daß alsdann alle Garben so groß gemachet könten werden; weil aber die Bauern gemeiniglich noch interessirter sind / als die armen Schulmeister / so wollen sie diesem Rath auch nicht allzeit folgen / söndern geben vor: sie könten keine so grosse Garben maben / es langeten die Strohbänder nicht zu /und so sie mit vielen Getraidig geseegnet würden /machten sie lieber desto mehr Garben / so liessen sie sich desto besser tragen. Also findet der arme Schulmeister schlechten Glauben bey dem undanckbarn Bauer. Jedoch giebts gleichwohl auch noch feine Christliche und bescheidene Bauern (aber gar dünne gesäet) die den armen Priestern und Schulmeistern zu weilen noch etwas gütlich thun / und die Garben etwas groß machen; davor seegnet sie denn GOtt reichlich wieder. Denn so der Pfarr und Schulmeister den Bauern und ihren Kindern das Geistliche säet / so ists ja gar ein [264] geringes / daß er etwas von ihren Leiblichen erndet. Aber / weil viel Bauern lieber aufs Feld / als in die Kirche gehen / auch die Kinder lieber zu Hause behalten / als in die Schule schicken / so liessen sie auch lieber den Pfarr und Schulmeister Hunger leiden / als daß sie ihm einen Halmen Stroh über die gesetzte Gebühren entrichten solten. So ich nun denen Bauern dieses Puncts wegen meinen aufrichtigen Rath geben soll / so rathe ich / daß sie zwar diesen Articul nicht aus Aberglauben practiciren / und die letzte Garben darum groß machen / (die sie sich doch selbst in ihre eigne Scheure sammlen) daß sie künfftig eine reiche Erndte haben möchten / denn solcher gestalt hilfft nichts / wo nicht mit der letzten Garben dem Priester oder Schuldiener / oder sonst armen Leuten gedienet wird. Denn was sie für sich selbst machen /stehet ja in ihrer eigenen Willkier / ob sie klein oder groß seyn / aber was treuen Lehrern / oder den Armen gegeben wird / soll ohne Geitz und falschen Schein gegeben werden / denn sie leihens dem HErrn Himmels und der Erden / der ihnen wieder giebt Frühregen und Spatregen; und wer reichlich giebt / der wird reichlich erndten / denn das Ausstreuen muß vor der Erndte hergehen / und wer reichlich erndten will /darff nicht kärglich säen. Gebet / so wird euch gegeben; [265] und mit dem Maaß / da ihr mit messet / wird euch von GOtt wieder gemessen werden. Das glaubt gewiß / denn es ist kein Aberglaube / was ich sage.

Das 24. Capitel
Das 24. Capitel.
Den weissen Rüben- und gelben Möhren-Saamen sollen Männer / und nicht Weiber säen / sonst kriegen die Ruben und Möhren Ritzen.

Dieser Narren-Glaube kömmt mit dem überein / da die Bauer-Weiber glauben / wenn die Männer die Kraut- oder Kohl-Pflantzen steckten / so bekämen die Strüncke lauter Knoten oder runde Knörtzeln. Wer aber diese Dinge nicht vor Kurtzweile / sondern vor Ernst ansiehet / der muß aller Vernunfft beraubet seyn / sintemahl auch die verständigen Kinder nach ihrem kindischen Verstande begreiffen können / daß es nur Schertz-Reden sind. Dennoch giebt es gleichwohl unter dem Bauers-Volck so Stock-dumme Gänse / die die diese Reguln so strictè in Acht nehmen / als ob es Dinge wären / die in den Geboten GOttes stünden; ja wenn mancher Bauer nach dem Catechismo sich so genau richtete / als wie er alle aberglaubische Stockfisch-Possen wohl beobachtet / so würde niemand an seiner Seeligkeit [266] zweiffeln dürffen. Ob nun gleich /wie schon erwehnet / dieser Punct in der grössestenraillerie bestehet / so werden dennoch die Weiber /die von dieser lächerlichen Regul gehört haben / sich nicht bereden lassen / Rüben- oder Möhren. Saamen zu säen / ingleichen lassen sie auch keine Männer unter ihre Compagnie, wenn sie Kraut-Pflantzen stecken; quasi, ob liessen die Männer die Geldbeutel /und die Weiber ihre Hembd-Schlitzgen mit ins Kraut und Rüben-Feld fallen. Gesetzt aber / und doch nicht gestanden / daß es also geschehen könte / so würde es doch weder dem Kraute / noch denen Rüben keine Veränderung geben können. Und erweise ichs aus andern dergleichen Begebenheiten. z.E. die äusserste weiche Schaalen an denen Welschen Nüssen / ingleichen die auswendigen rauchen und stachlichten Schaalen an denen Castanien; item die Granaten springen auf und kriegen Ritze / wenn sie reiff werden / wenn sie gleich von Männern gepflantzt sind. Hingegen bekommen die Erd-Aepffel keine Spalten / ob sie gleich von lauter Weibern gesteckt werden. So kan man es ja auch daher abnehmen / daß dieser Punct falsch sey; wenn die Ruben die Ritze daher bekämen /weil ein Weib den Saamen gesäet hätte / so müsten alle Ruben aufn gantzen Acker ritzig werden / da [267] der Saame von einem Weibe gesäet worden / weil ein Körngen so wohl / als das andere vom Weibe gesäet worden. Wenn es im Sommer gegen den Herbst zu lange regnet / so springen gemeiniglich die reiffen Pflaumen an Bäumen auf / und kriegen Ritze / worzu die Weiber nichts thun. Es sind gantz andere natürliche Ursachen / warum offt die Ruben und Möhren aufspringen und Ritze bekommen / wenn nehmlich erst dürre Wetter ist / und die Ruben starcke Schaalen bekommen / alsdann aber eine Zeitlang Nässe einfällt / daß sie starck wachsen / daß die Schaalen zerplatzen oder aufspringen müssen. Hingegen kommen die Knollen oder Höckern an denen Kraut-Strüncken von gewissen Würmern oder Ungezieffer her / die stechen die Strüncke an / und setzen sich hinein / alsdenn wächßt die Rinde über den Wurm wieder zu / da dann ein Kaulen-formig Gewächs oder Knörtzel draus wird; also ist weder ein Weib noch Mann an diesen Knollen / noch an geritzten Rüben schuld.

Das 25. Capitel
Das 25. Capitel.
Wenn auf einer Hochzeit die Hunde einander beissen / so schlagen hernach die neuen Eheleute auch einander.

Wenn ich an solcher neuen Eheleute ihrer [268] Stelle wär /und man wolte mich überreden / daß wenn sich die Hunde auf meiner Hochzeit bissen / es wär eine Anzeichung / daß ich mich mit meiner Frauen schlagen würde; so würde ich mich nicht wenig über solche Propheten erzörnen / und zu ihnen sagen: sie dürfften mich und meine Braut nicht den Hunden vergleichen /welche sich um einen Knochen bissen; denn was dem Mann ist / soll auch der Frauen seyn / und was ihre ist / soll auch dem Mann seyn / gleichwie das Ehebette; vernünfftige Eheleute leben in Frieden / hingegen /wenn der Mann ein Saufaus / ein Doppler und Spieler / ein Ehebrecher und Hurer ist / und die Frau ein Hoffarts Teufel und Mode-Schwester / eine Schminck-und Spiegel-Dame etc. etc. so mag gleich ein oder kein Hund auf der Hochzeit gewesen seyn oder nicht /so werden dennoch diese einander schlagen / und sich zancken / denn der Satan regieret sie. Wenn aber Eheleute bey guten Verstande / und Christliches Gemüths sind / die leben friedfertig / ob sich auch gleich alle Hunde auf ihrer Hochzeit herum gebissen hätten; Hunde sind Hunde / und ist ihre Eigenschafft also /daß sie gegen einander neidisch sind / und sich leicht beissen. Was gehet dieses den Eheleuten an? hingegen gehet es die Hunde auch nichts an / ob sich Eheleute ihnen [269] gleichstellen oder nicht. Es lässet sich auf mancher Hochzeit kein Hund hören / und dennoch vertragen sich wohl hernach die neuen Eheleute schlimmer als Hunde und Katzen. Also will dieser Weiber-Articul gar nicht mit der Wahrheit überein kommen / sondern behält seinen Platz unter den erlogenen Aberglauben.

Das 26. Capitel
Das 26. Capitel.
Wenn man einen Schwerdt-Pfennig am Weyynacht H. Abend in den Stamm eines Obst Baumes schlägt / so trägt er dasselbige Jahr gewiß Früchte.

Die so genannte Schwerdt-Pfennige / (Chur-Sächßische Pfennige) müssen sich wohl wunderlich leiden / und zu allerhand abergläubischen Gauckeleyen gebrauchen lassen / da sie doch auf keine einige Weise den allergeringsten Vorzug in solchen Würckungen für andern Pfennigen haben können. Bald will eine Magd durch einen Schwerdt-Pfennig erforschen / was sie werde vor einen Mann kriegen / wie oben im 17. Capitel zu sehen. Bald werden sie zum Schatzgraben angewendet / bald wieder zu etwas anders. Und wenn man es beym Lichte besiehet / ist alles lauter Narrheit und Betrügerey. Besonders aber wird nach ietzt unter der Striegel habenden Bauer-Regel [270] der Schwerdt-Pfennig gantz unvernünfftig angewandt / wenn einige Narren die unfruchtbaren Bäume damit fruchtbar machen wollen / womit man aber dem Geber aller Güter / dem lieben GOtt / sicherlich grosse Unehre erweiset. Denn ein vernünfftiger Christen Mensch soll und muß ja wissen / daß alle Gaben / sie mögen seyn geistlich oder leiblich /von GOtt gegeben / und als Gnaden Gaben uns mitgetheilet werden / alle Früchte der Bäume und der Erden schaffet GOtt uns umsonst / und dennoch giebt es gottlose Narren / die die Früchte mit Gewalt aus den Bäumen zwingen wollen / wenn gleich es bey GOtt noch nicht Zeit ist / daß er Früchte gebe; o Thorheit über alle Thorheit! ich möchte wohl gar sagen: Tollheit! was ist denn ein Schwerdt-Pfennig mehr als ein rundes silbernes und mit vielem Kupffer vermischtes Blechlein / welches nimmermehr so kräfftig werden kan / nur einen einigen Apffel / geschweige viele / zu wege zu bringen / denn es streitet wider die Vernunfft / als auch wider die Natur. Feuchtigkeit kan es dem Baum nicht geben weil der Pfennig selbst keine hat. Weil man nun wohl siehet / daß die abergläubische Rotte das Absehen nicht so wohl auf die Materie des Pfennigs / als vielmehr auf das Gepräge desselben hat / sonst würden [271] sie einen Pfennig so gut / als den andern hierzu æstimiren / so wills rathsam seyn / daß ich die Figur oder das Gepräge examinire / und sehe, was darinnen vor besondere Kräffte liegen? unter allem aber sticht denen abergläubischen Gecken nichts mehr in die Augen / als die zwey über einander liegenden Schwerdter / weil sie Creutz-weiß liegen. Allein / ihre Thorheit ist allzu groß / da sie nicht unterscheiden können / ein Bild / und das Original, denn ob gleich auf dem Pfennig zwey Creutz-weiß über einander liegende Schwerdter abgebildet sind /so sind es doch keine würckliche Schwerdter; und ob es auch würckliche Schwerdter wären / so würden sie doch nicht helffen / einen Baum fruchtbar zu machen /wenn er nicht ohne dem Früchte zu bringen geschickt wär. Also ist abermahl ein Aberglaube aufgedeckt worden.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Wenn man iemanden mit einem Uberrück von einem Rocken schlägt / so kriegt der geschlagene ein Uberbein.

Bey diesem Punct muß iedweden / der dieser Wörter: Uberrück und Uberbein oder Oberbein / nicht kundig ist / erst wissend gemacht werden / was es sey. Hier zu Lande nennen die Weiber und Mägde das obere[272] Theil eines Rockens / oder das Holtz / woran der Flachs / Werck oder Wolle gelegt wird / einen Uberrück / woher aber dieser Nahme Uberrück kömmt /kan ich nicht sagen. In Thüringen wird es ein Rocken Kösel genannt. Ein Uberbein oder Oberbein ist ein hinter der Hand oben beym Knöchel aufn Arm erhobener Knoten oder weich knorplicher Hübel / (Ganglion) wiewohl dergleichen Ganglium auch wohl an andern Gliedern entstehen kan. Nun ists zwar nicht ohne / daß man mit einem runden Stück Holtz gar leicht schlagen / und eine Ader treffen kan / daß solche aufschwillet / und endlich ein knorplicher Hübel draus wird. Besonders aber muß der Arm an dem Orte / wo er nackend und nicht mit den Kleidern bedeckt ist / am meisten solcher Trümpffe sich unterwerffen. Daß auch mehrmahls geschehen seyn mag / daß wenn ein Mann seine Frau geschlagen / und sie sich mit einem Uberrück gewehret / und den Mann damit aufn Arm geschlagen / diesem davon ein Uberbein gewachsen / will ich eben nicht gäntzlich wiedersprechen / indem es mit einem Uberrück so wohl geschehen kan als mit einem andern Priegel. Wie aber von andern Priegel-Schlägen nicht allemahl Oberbeine wachsen / also kan man auch mit Wahrheit den Uberrück nicht beschuldigen / [273] daß von den Schlägen / die damit gegeben werden / allemahl Uberbeine wachsen. Dennoch hat die Liebe zum Aberglauben einige simple Schöpse so sehr eingenommen / daß sie meynen /wer mit einem Uberrück geschlagen würde / es möchte seyn auf den Rücken oder Steiß / so bekäme hernach der geschlagene von selbst Uberbeine / und enthalten sich dannenhero auch nach Möglichkeit des schlagens damit; daß es aber eine abergläubische Einfalt sey / habe ich hoffentlich schon zur Gnüge erwiesen.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Wenn sich Abends der Respel am Spanlicht sperret /so kömmt des andern Tages ein Gast; und wenn man Salz drauf streuet / so muß sich derselbige Gast im hintern kratzen.

Das ist abermahl ein Stückgen aus der Bauern-Physica, denn reputirliche Leute brennen keine Späne an statt eines Lichts / sondern gemeines Bauer Volck; diese pflegen des Abends einen Span oder Schleuse nach dem andern auf den Span-Leichter zu stecken /und solche forn am Ende anzuzünden. Nun trägt sichs bey solchem Span-brennen gar offt zu / daß wenn ein Span in abschliessen also geschließt ist / daß er in der Mitte dünne / und zu [274] beyden Seiten dicke worden / so brennets in der Mitte bald durch / zu beyden Seiten aber theilen sich die Brännter als eine Gabel von einander / dieses geschicht auch / wenn der Span mitten irgend einen Spalt gehabt hat; wenn es nun so geschicht / daß sich die Kohlen von einander gabeln / so sagen die Bauern: der Respel sperret sich / es wird morgen ein Gast kommen; wenn sie nun den Gast nicht gerne kommen sehen / so streuen sie auf den Brannt / wo das Feuer ist / etwas Saltz / und glauben /der müsse sich in Hintern kratzen / der kommen solte / sind auch wohl so kühne / und fragen das erste Mensch / der andern Tages ins Hauß kömmt: ob ihm nicht gestern Abend sein Steiß gejucket hätte / denn der Respel am Spanlicht hätte sich so gesperret / und sie hätten Saltz drauf gestreuet. Ferner glauben sie /wenn der Brannt am Span sich in währenden brennen krumm herum bieget / daß die Spitze wieder ans Feuer langet / es werde kalt werden / denn der Span wärmete sich; und was dergleichen Narren-Possen mehr sind. Aber / wenn man alle diese ungereimte Possen bey dem Lichte besiehet / so sind sie allesamt nicht einen Pfifferlin werth. Denn was hat der Feuerspan vor Verwandniß mit dem / Gaste der kommen soll? es ist ja nur ein lebloses Holtz / [275] deßgleichen ja auch täglich in grossen Stücken im Ofen verbrannt wird / so nun das / was im Ofen verbrannt wird / kein Zeichen zu einem kommenden Gaste giebt / was soll denn ein kleiner Span geben können? Ich lasse diese Narren-Possen zwar paßiren / so ferne es nur Schertz-weise geglaubt wird / ein Narr aber / der glaubts in rechten Ernst. Was sie mit dem Saltze machen / ist noch thörichter / denn der Span und das brennende Feuer kan durchaus nichts von einem ungewissen Gast ominiren / und noch weniger das in den brennenden Spalt gestreuete Saltz etwas auf einen Menschen / der solchen Span noch Saltz zeit seines Lebens nicht angerühret hat, durcheine simpathetische Würckung verrichten / und muß ich gestehen / daß wenn ein rasender oder wahnwitziger Mensch solche thörichte Lügen auf die Bahn brächte / so würden ihn auch die einfältigsten Leute verlachen; da es aber Leute von eingebildeter Klugheit vorgeben / so findet solche Narrheit auch bey vielen vermeynten klugen Narren statt und Glauben. Was drittens die Wetter-Propheceyung anlanget / daß wenn der Span sich am Brandte zurück drehet / wie eine Bretzel / und die fordere Spitze des Brandtes wieder zurück sich zur Flamme zubieget / welches eine entstehende Kälte anzeigen soll / das möchte [276] noch am ersten paßiren /wenn es aus vieler Erfahrung verificiret würde / ich glaube aber / daß es das Wetter so gewiß anzeigen wird / als die biß anhero so sehr berühmten / aber auch so sehr betrüglichen Wetter-Gläser / welche manchem leichtgläubigen / der sich auf das von solchen Gläsern prognosticirte gute Wetter verlassen gehabt / sein schönes Kleid in die Schwemme oder in die unnöthige Wäsche gebracht haben. Es ist eine grosse Thorheit von uns Christen / daß da wir doch wissen / daß die lebendigen Propheten ein Ende genommen haben / wir nun leblosen Plunder / elende Späne und Holtz wollen zu Propheten annehmen / die uns doch täglich und stündlich betrügen / welches uns für GOtt und der Welt eine grosse Schande ist.

Das 29. Capitel
Das 29. Capitel.
Wenn man Zwirn gemacht hat, soll man das Zwirn-Wasser nicht an einen solchen Ort giessen / wo Leute drüber gehen / denn wer drüber gehet / der wird wirbelsüchtig.

So sind vermuthlich alle abergläubische Narren über solch Wasser gangen / weil sie solch wirbelsüchtig Zeug auf die Bahn bringen. Mir sind viele solche Leute bekannt / die [277] nicht viel nehmen / und solch Wasser in Hof oder zum Fenster hinaus gössen / weil sie sicherlich glauben / daß wer über solch Wasser gehe / der würde gantz drehend im Kopffe / oder wie sie es aussprechen / würbelsichtig. Daß dieses aber eine offenbare Lügen sey / nehme ich daraus ab: wenn ein Weib Zwirn macht / so legt sie zwey Knauel Garn ins Wasser / und zwirnet solche aus dem Wasser zusammen / entweder mit einer Spindel / oder an einem Spinn-Rade. Dieses Zwirn machen mag nun geschehen in einer Stube / oder in einer Kammer / oder wo es wolle / so ists allezeit ein Ort / allwo Menschen gehen müssen; und ob es auch gleich an einem Orte geschehe / wo nicht gegangen würde / so spritzet doch solch Wasser an dem Orte / wo der Zwirn gemacht wird / um sich herum / daß die Person / die den Zwirn macht / unumgänglich drüber gehen muß / wenn nun diese Lügen wahr wär / so müsten alle Personen / die Zwirn gemacht hätten / würbelsichtig werden / welches doch nicht erfahren worden ist. So würde sich bey solcher Bewandniß auch niemand zum Zwirn-machen gebrauchen lassen wollen / wegen Besorgung würbelsichtig zu werden. Es ist bekannt / daß wenn ein Mensch lange und beständig auf ein Mühl-Wagen- oder ander umgehendes Rad siehet / so wird[278] demselben hernach bedüncken / als ob alles mit ihm umginge / oder sich umdrehete. Also mag sich irgend einmahl begeben haben / daß iemand lange zugesehen / wie ein Weib am Spinnrade gezwirnet hat / und ist hernach eine Zeitlang von etliche Stunden würbelsüchtig worden / welches aber keines weges vom Wasser / sondern vom umlauffenden Rade herkommen ist. Wie denn ietzt gleich / als ich dieses schreibe / ein altes Weib bey mir ist / welche mich versichert hat / daß / ob wohl sie sonst sich ehe was nehmen lassen / als nicht glauben wollen / daß dieser Punct nicht wahr sey / so hätte sie doch vorm Jahre das Gegentheil erfahren / denn als sie Zwirn gemacht hätte /hätte sie von ferne ein Mensch / dem sie um gewisser Ursachen willen feind gewesen / kommen sehen; da hätte sie alsbald von ihrem Zwirn-Wasser zur Thür hinaus gegossen / worüber alsbald ihre Feindin hin gegangen wär / es hätte dieser aber in allergeringsten nicht geschadet. Ergo ist dieser Plunder ein Aberglaube.

Das 30. Capitel
Das 30. Capitel.
Wer an den vier hohen Festtagen im Jahr kein Fleisch isset / dem thun dasselbige Jahr die Zähne nicht weh.

Wenn mir die abergläubischen Narren alle [279] hohe Festtage einen guten fetten Braten verehrten / so wolte ich doch ihnen zu Gefallen diese Lügen glauben / wolte auch gern kein Fleisch essen / sondern lauter Schincken / Braten / Rinds-Zungen / und dergleichen Geschneitzlich mehr. Es würde mir auch diese Lügen zu glauben gar nicht schwer fallen / zuwahl wenn ich bedächte / daß ein Todter / welcher alle vier hohe Festtage kein Fleisch isset / auch das gantze und alle folgende Jahre keine Zahnschmertzen haben könne: die lebendigen aber / sie mögen seyn arm oder reich / ob sie auch gleich das gantze Jahr wenig Fleisch essen könten / so werden sie doch sehen / wie sie es machen / daß sie auf das Neue Jahr / auf Ostern / Pfingsten /und Weyhnachten ein Gerichtgen Fleisch erzeugen könne. Und weil sie als lebendige Menschen können Fleisch essen / also können ihnen auch die Zähne noch wohl wehe thun; und glaube ichs solcher Gestalt gar gern / daß wer an solchen vier hohen Festtagen kein Fleisch isset / dem thun die Zähne nicht weh. Wer isset aber an solchen Festtagen kein Fleisch / als die Todten / die es nicht können? Wer den sonst sehr zum Zahnschmertzen geneigt ist / der versuche es /und enthalte sich alle vier hohe Festtage des Fleischessens / und sehe auch zu / ob ihm in gantzen Jahre die Zähne nicht weh thun? ich sorge / die [280] Kunst werde auf gebrechlichen Steltzen gehen. Drum ist mein Rath / man esse Fleisch / wenn man es hat und mag / und lasse die Todten fasten / auf daß ihnen das Fleisch nicht irgend zwischen die Zähne komme / und Zahnschmertzen causire. Lieber GOtt! wie ist doch der Mensch voller närrischer Weißheit? und wer mag die Probe gemacht und an vier hohen Festtagen kein Fleisch gegessen haben / dabey auch zugleich observiret / daß ihme das gantze Jahr die Zähne nicht weh gethan haben? und so sie ihm nicht weh gethan / wer denn ihm die Versicherung gethan / daß die Ursach von dem enthaltenen Fleischessen am vier Feyertagen herkomme? gewißlich / wo der Beweiß solte gründlich dargelegt werden / so würde solcher wohl ewig aussen bleiben; denn es ist eine Lüge.

Das 31. Capitel
Das 31. Capitel.
Wer früh morgens in währenden aufstehen nieset / der soll sich alsbald wieder niederlegen / und noch 3. Stunden liegen bleiben / sonst ist sein Weib die gantze Woche Meister.

Ja du schöner Meister im Reiff-Rocke! Meister Maria ohne Hosen! ich habe mich vielmahl gewundert /woher es doch komme / daß sonderlich in hiesiger Stadt der heßlich [281] schöne Gebrauch ist / daß wenn man nach iemanden fraget / und nennet des Mannes Nahmen / so kan einen niemand zu rechte weisen /weil die Häuser mehr nach denen Weibern / als nach denen Männern genennet werden. Und wenn ich Ehren halben die Exempel nicht müste verschweigen /so wolte ich derer gar viel aufbringen. Aber nun erfahre ichs auf einmahl / nehmlich / wenn früh die Männer niesen / wenn sie aufstehen / und sich nicht drey Stunden wieder nieder legen / da werden die Weiber Meister / und bekommen eine Woche die Herrschafft / wenn nun solche barmhertzige Meister ihren Memmen / ey wolt ich sagen: Männern / etwas Niesewurtzel / früh ehe sie aufstehen / für die Nase halten / und sie niesen / legen sich aber nicht erst 3. Stunden wieder / so können die Weiber stets Meister bleiben / und die Männer verlieren zuletzt das Meister-Recht gar / und kriegen Weiber-Lehn in ihre Werckstatt. Möchte mancher sich hierüber verwundern / und fragen: wie denn dieses seyn könne / daß das Morgen Niesen könne so viel effectuiren? aber wer der Weiber (zum Theil / aber nicht alle) ihre Gebräuche und Sitten weiß / der wird sich nicht verwundern. Denn wenn die Männer früh zu rechter Zeit aufstehen / und an ihre Beruffs-Arbeit gehen wollen /indem [282] sie das Sprüchwort: Morgenstund hat Gold in Mund / bedencken / so schleichen sie gantz sachte von ihren noch schlaffenden Weibern hinweg / daß sie sie nicht irgend aufwecken; wenn sie aber im aufstehen niesen / und die Weiber erwachen drüber / da müssen sie nach dem Rechte der Weiber sich erst wieder nieder legen / und die Weiber mit einer guten Abfütterung wieder in die Ruhe bringen / worüber dann die Männer gemeiniglich selbst wieder mit einschlaffen. Und also wird das Handwerck nach der Weiber Willen recht getrieben. Wenn aber der Mann / nachdem er mit seinen Niesen die Frau aus ihrer Ruhe gebracht hat / sie nicht erst wieder einschläffert / sondern forgehet / so heißt sie ihn hernach einen faulen Hund / der nichts könne etc. etc. und graset ihm hernach so lange nach seinem respect und Meister-Recht / biß sie ihn übermannet hat; da heißt sie dann: Meister ohne Barth; da gehts dann über den guten Mann /und heißt: du Luder! da stehest du früh auf und verbrennest das Licht vergeblich; was hast du denn so früh aufgemacht? zur Magd wirst du eine weile gekrochen seyn / und werdet mit einander ein Brantangen ausgezecht haben; ich sch. s.v. dir in dein früh aufstehen / wenn du nicht mehr Arbeit wilt fertig machen etc. und wer kan des [283] Meisters ohne Barth seine Scheltwort alle erzehlen. Dieses muß allerdings einen ehrlichen Mann nicht wenig kräncken / wenn ihm seine unächte Meisterin mit so Hertz-kränckenden Reden begegnet. Derowegen ist kein besserer Rath /als daß die guten Männer liegen bleiben / biß sie ihre Weiber heissen aufstehen. Jedoch ist noch bey manchem Mann ein Mittel vorhanden / wenn sie ihre herschsüchtige Weiber mit guten Schlagbalsam schmieren / da ihnen denn diese Sucht bald vergehet /und dargegen die schuldige Ehrerbiethung hervor wächßt / als wie die jungen Neßeln im Frühlinge / die man den jungen Gänßgen giebt. Hier protestire ich /daß verständige Weiber dieser Rede keine auf sich wolle deuten / sintemahl nur allein die losen verstanden sind.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Wenn sich ein Mann früh anziehet, soll er mit dem rechten Bein erst in die Hosen steigen / des Abends aber die lincke Hose erst abziehen / das ist gut.

Worzu ists denn gut / abergläubischer Dollrian! vorsPodagra oder Zipperlein? das sagst du alber Gecken wohl / aber hört man dieses von einem verständigen Menschen? fürwahr / wenn dieses schlechte Mittel vors Zipperlein [284] hülffe / es würde wohl niemand mit dieser Höllen-Pein gemartert werden / weil kein leichter Mittel erfunden werden könte als dieses; und wolte nur GOtt / es wär wahr / so hätte das gantze menschliche Geschlecht Ursach / GOtt dafür täglich zu dancken / weil so wohl Weiber als Männer an dieser Plagen Antheil haben; und ob zwar die Weiber nicht selbst an ihren eignen Leibern so viel als ihre Männer damit angefochten sind / so haben die guten Weiber doch auch schlechte Freude zu gewarten / so lange ihre ungedultigen Männer diese Satans-Folter dulten müssen. Aber / weil das Podagra eine Straffe der Sünden bleibt / so wird sich auch kein Medicus rühmen / ein Specificum universale für das Zipperlein gefunden zu haben; geschweige / daß ein Mann durch an und ausziehung seiner Hosen eine Hülffe darwider zu wege bringen könne. Weil es aber gleichwohl solche Hasenköpffe giebt / die steiff über dieses Mittel halten / so ists so sehr zu beklagen / als zu verwundern / daß es der Satan mit den Aberglauben auch so gar weit gebracht hat / daß sich manche Leute auch nicht einmahl können aus- und anziehen / ohne exercirung schändlicher Aberglauben. Wie sehr sich aber solche unvernünfftig Dölpel gegen verständigen Leuten mit ihren Ochsen-dummen Beginnen [285] prostituiren / können sie wegen ihrer mit Heckerling gefütterten Eselsköpffe nicht glauben. Was soll doch das helffen / wenn ich früh beym anziehen mit dem rechten Beine eher in die Hosen trete / als mit dem lincken / oder was würde das schaden / wenn ich das rechte Bein des Abends eher ausziehe / als das lincke? sicherlich nicht das allermindeste. Sondern wie sichs ein Mensch hat angewöhnet / das wird auch am beqvemsten seyn. Jedoch muß ich gestehen / daß einer / der sich täglich an- und ausziehen kan / er mag das rechte oder das lincke Bein erst in die Hosen stecken / und abends auch mit dem ausziehen seines freyen Willens sich bedienen / der hat keine grosse Pein vom Podagra, weil die Herren Ziprianer lieber gantz unberührlich und unbewegt in denen weichesten Betten liegen / und mit dem an- und ausziehen nicht viel umgehen können; ja / ich kan leider! mein eigen Exempel zum Beweiß dargeben / als ich vor etliche 20. Jahren auch nicht wenig mit diesem Creutz gedruckt wurde / da ich an kein Hosen anziehen gedencken durffte / sondern immer in 1000. Aengsten und Sorgen lag / wenn eine Fliege sich irgend zu derb auf mein Knie oder Fuß würde setzen; bin aber nicht durch solch alber Mittel / GOtt Lob / biß diese Stunde / davon befreyet / sondern [286] nechst GOttes Güte und getreuer Hülffe durch rechten Gebrauch meiner Tincturæ valde bonæ, und einem diætischen Leben. Wer aber mehr auf Narren-Possen achtet / der thue / was ihm beliebt.

Das 33. Capitel
Das 33. Capitel.
Wer an Fastnachts-Tage früh badet, dem thut das gantze Jahr kein Rücken weh.

Vielleicht auch wohl kein Zahn; zumahl wenn man in einem fliessenden Wasser / oder in einem seinen grossen Teiche stillschweigend badet / und wenigstens eine Stunde in Bade biß 3. qver Finger über die Nasenlöcher sitzen bleibet / da vergehen alle Schmertzen am gantzen Leibe / auch das Hertz bochen. Jedoch bin ich etwas singulär, und lasse mich nicht gern zu etwas bereden / was ich nicht gewohnt bin / sondern sorge immer / es dürffte mir irgend bey dem Versuch solcher Hülffs-Mittel gehen / als wie vor wenig Jahren einem Bauerknecht / welcher gehört hatte / daß das Oster-Bad / das vor der Sonnen Aufgang geschäh / die Krätze vertreiben solte. Dieser war begierig / die Krätze bald loß zu werden / badet derowegen früh vor der Sonnen Aufgang / er erlebte aber der Sonnen Untergang nicht / [287] sondern gab seinen Geist noch selbigen Tages auf. So es nun GOtt verhengte / daß es allen Tagewählern also erginge / so würden sehr viele Aberglauben nicht practiciret werden. Der geneigte Leser wolle ohnmaßgeblich verstehen / daß diese Bäder / nehmlich zu Fastnacht und Ostern / nicht warme Bäder in Badstuben / oder zu Hauß in einer Wannen / sondern in lebendigen kalten Wasser gemeynet sind. Kan derowegen ein vernünfftiger Mensch gar leicht ermessen / wie zu Fastnacht / in kalter Winders-Zeit / ein solches Bad dem Menschen könne nützlich seyn / scilicet? zu mahl / wenn einer schon ohne dem ein halber Patiente ist; und glaube ich dannenhero nicht ohne Ursach / daß ein loser Schadenfroh einem albern einfältigen Gecken diesesremedium nur Spottweise gerathen haben mag / weil nun aber thörichte Narren auch gern thörichte actiones fürnehmen / also ists kein Wunder / wenn dieser thörichte Punct bey Thoren auch Glauben findet.

Das 34. Capitel
Das 34. Capitel.
Wer ein neu Messer kaufft, der soll den ersten Bissen / den er damit schneidet / einem Hunde geben / so verliert er dasselbe Messer nicht.

[288] Bechers närrische Weißheit und weise Narrheit ist zwar voll allerhand seltsamer Anschläge und Künste /aber so närrisch / als einige thörichte Leute. Aberglauben erfinden / kan von vernünfftigen Menschen nicht begriffen werden. Es schickt sich zwar ein mit einem neuen Messer abgeschnittener Bissen Brodt /und ein Hund / gar wohl zusammen / wiewohl ich mehr davon hielte / wenn das erste Stück Brodt / das mit einem neugekaufften Messer abgeschnitten worden / einem armen hungerigen Bettler gegeben würde / da würde man gewißlich GOttes Lohn / welcher mehr als das Messer werth ist / eher davor zu gewarten haben / als so man es einem Hunde fürwirfft. Ob nun wohl ein Hund mit einem Stück Brodt gar gut zu rechte kömmt / so kan ich und alle Menschen doch nicht begreiffen / welcher gestalt dann ein Hund verhüten könne / daß man das Messer / damit ihm ein Stückel Brodt geschnitten worden / nicht verlieren werde? bekannt ist es zwar / daß ein Hund eigentlich darum gehalten wird / daß er die Diebe verrathen solle mit seinen pellen / aber absonderlich ein Messer zu hüten / stehet in keines Hundes Vermögen; so kan man ja ein Messer offt sehr lange haben / wie ich selbst Messer führe / die ich bey nahe 30. Jahr gehabt / ob ich mich gleich erinnere / damahls [289] als ich solche in Leipzig gekaufft / keinen Hund bey mir gesehen zu haben / dem ich hätte einen Bissen damit abgeschnitten / ohnerachtet ich alsbald damit gegessen. Wenn nun auf des Hundes Wachsamkeit wolte reflectiret werden / so hat ja der Hund eher seinen Untergang zugewarten / als das Messer selbst / und kan man wohl zehen Hunde nach einander haben / und neben den zehen Hunden wohl nur ein eintziges Messer gebrauchen. Wenn man nun mit dem Messer / als man es neu gekaufft hat / gleich dem ersten Hunde einen Bissen Brodt geschnitten hätte / so würden doch die andern Hunde davon nichts wissen. Gesetzt auch /daß man ein solch Messer nicht verlöhre / so ists doch nicht Ursach / weil man den erst damit geschnittenen Bissen einem Hunde gegeben hätte / sondern / weil man selbst solch Messer wohl in acht genommen hat. So wird auch ferner vielen bekannt seyn / daß Messer gekaufft werden / wo man keinen Hund im Hause hat / und solche Messer werden doch lange behalten und nicht verlohren; hingegen kaufft man wohl Messer /womit dieser Aberglauben wohl in acht genommen /und der erste damit geschnittene Bißen einem Hunde gegeben wird / und dennoch wird das Messer verlohren; welches mir alles beides nicht schwer zu beweisen fallen [290] solte / so es erfodert würde. Was soll ich aber viel Weitläufftigkeit machen? genug / daß diese Regel eine Lügen ist.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Wer am Freytage seine Nägel u. Haar abschneidet /der hat keine Ohren- noch Augenwehe zu befürchten.

Es wär der Rede noch einmahl werth / wenn dieses wahr wär; aber / was wären die Apothecker / und andere der Medicin zugethane Männer nütze / wenn GOtt die Hülffs Mittel in lauter solche abergläubische Possen gelegt hätte? So wahr ist / was Syrach gesagt: GOtt hat den Artzt geschaffen; und GOtt lässet Artzeney aus der Erden wachsen etc. so muß die Ordnung GOttes meines Erachtens wohl bessere Hülffe leisten / als solche abergläubische Behrenhäuterey. Dennoch ist kaum eine Kranckheit zu nennen / darwider viele alte Vetteln nicht abergläubische Gauckeleyen vorzunehmen wissen; dergleichen ich schon selbst viele gestriegelt habe. Jetzt habe ich eine Narren-Regel / da das Nägel- und Haarabschneiden wider das Augen-und Ohren-Wehe gut seyn solle; nun könte man dieses Fürgeben zwar in gewisser Bedingung annehmen /wenn nicht eine von GOtt so ernstlich verbothene Tagewählerey [291] dabey wär, daß die Nägel und Haare an einem Freytage abgeschnitten werden solten. Was ist denn der Freytag anders als ein anderer Werckeltag? wenn nun gleich das Haar abschneiden irgend die Flüsse im Haupt verzehrete / warum solte es denn dieses nicht eben so wohl an einem andern Tage effectuiren? gewißlich / es stecket unter dieser Feyertagwahl nichts anders / als ein verfluchter Antrieb des Satans /daß nur der Tag / an welchem unser Heyland JEsus Christus für uns gestorben ist / durch solche abergläubische Händel verspottet werde. Ob nun zwar diese Verspottung nicht eben expresse und mit böser Begierde vorgenommen wird / so erreicht doch der Satan seinen bösen Willen / indem solche unerkannte Sünden ihm so willig geleistet werden; und hat der Teufel insgemein den Gebrauch / daß er die Menschen auf allerhand böse Thaten verleitet / die ein Mensch anfänglich nicht einmahl für Sünde erkennet / und dannenhero desto leichter und unvorsichtiger dran gehet /wenn aber endlich solche unbekannte Sünden in grosser Menge begangen sind / da weckt dann der Satan das Gewissen auf / und macht solche Sünden / die man vorher nie erkannt / nicht alleine sichtbar / sondern noch weit grösser / als sie an sich selbst sind /daß auch viele im wahren [292] Glauben nicht wohl geübte Menschen offt zur Verzweiffelung gebracht werden. Drum hat sich ein verständiger Mensch billig wohl vorzusehen / daß er nichts thue / das einen Schein eines Aberglaubens habe / weil aller Aberglauben eine Zauberey Sünde ist.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
Wer 3. Freytage des morgens den rechten Fuß erst aus dem Bette setzt / dem drucken die Schuh das gantze Jahr keine Blattern.

Dieser abergläubische Lex ist mit vorigen gantz sehr verwandt / indem das Absehen abermahl auf den Freytag gerichtet ist. Im vorhergehenden 32. Capitel ist auch schon eben eine solche Narrethey durch die Striegel gezogen / da es heißt / wer den rechten Fuß des morgens erst in die Hosen setzt etc. verhütet dasPodagra. Hier heißt die Schurckerey: wer 3. Freytage des morgens den rechten Fuß erst aus dem Bette setzt / dem drucken die Schuh keine Blattern. Da wird abermahl der Freytag aus Aberglauben für andern Tagen erwehlet / da es doch einen Tag wie den andern eine Narrethey ist / und ist meines Erachtens Schertz-weise zu verstehen; da es heißt: die Schuh drucken dem keine Blattern / der 3. Freytage [293] mit dem rechten Fuß erst aus dem Bette steiget; ja freylich drucken zu solcher Zeit / wenn er früh erst aufstehet / ihm die Schuh keine Blattern / denn er hat noch keine an; wie es aber hernach wird werden / wenn er die Schuh angezogen hat / das ist eine andere Frage? Denn wenn ich ietzt früh aufstehe / so druckt mich nicht allein ietzt kein Schuh / sondern auch das gantze Jahr nicht /weil ietzt in der Minute / da ich aufstehe / nicht zugleich das gantze Jahr ist / sondern muß erst noch kommen / und was mich erst drucken soll oder wird /das druckt mich nicht. Drum wird der verständige Leser den rechten sensum zu erwegen wissen / daß es nicht heißt: wer den rechten Fuß erst aussetzt / dem werden das gantze Jahr die Schuh keine Blattern drücken; sondern / den drucken die Schuh keine Blattern. Also wird offt ein Wort im Schertz geredet / und ein einfältiger Geck verstehts unrecht / und macht einen Aberglauben draus / worauf der Anfänger keine Gedancken gemacht gehabt. Drum ist am besten / man lasse so viel als möglich schandbare Worte und Narrendeutung ferne von sich seyn / weil sie Christen nicht geziemen und auch nur Aergerniß anrichten /und einen Anfang zu vielen Aberglauben machen.

Daß ich aber auch schlechter dinges erweise / [294] daß dieser Punct nichts bedeut / so ist ja bekannt / wie viel 1000. Menschen auf der rechten Seiten des Bettes liegen / und also unumgänglich alle Morgen mit dem rechten Fuß erst aus dem Bette steigen müssen; wer wolte aber glauben / daß solchen Personen niemahls die Schuh drücken könten? oder / wer auf der lincken Seiten in Bette liegt / und solte diese Narrenkunstpracticiren / so wüste er sich vielleicht aufn Bauch legen / und mit dem Hintern erst aufstehen / daß er den rechten Fuß zu erst auf den Boden setzen könne; aber / was mag ich viel Beweiß suchen? es ist und bleibt ein lüderlicher Aberglaube.

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wenn ein Todt-krancker Patiente nicht kan ersterben /soll man den Tisch von seiner Stelle rücken / oder auch eine Schindel aufn Dach / oder nur einen Ziegel umwenden.

Das ist ja wohl GOtt zu erbarmen! Aberglauben werden vorgenommen / wenn der Mensch gebohren wird / Aberglauben vor / in / und nach der H. Tauffe; Aberglauben werden beym gantzen Lebenswandel vorgenommen / und mit Aberglauben scheiden die meisten wieder aus diesem Leben. Da aber nun so viele [295] sich biß in den Tod auf die schändlichen Aberglauben verlassen / so mögen sie zusehen / ob sie auch bey Erscheinung für dem Richterstuhl GOttes mit einem Aberglauben werden des harten Urtheils: gehet hin ihr Verfluchten etc. sich entbrechen können. Ist das nicht eine thörichte Unbesonnenheit / daß man des lieben GOttes seine bestimmte Zeit und Stunde /die er den Menschen zu sterben gesetzt hat / eigenmächtiger weise zu verkürtzen sich unterstehet? da doch da weder aufhaltens noch verkürtzens / ausser GOttes Verhängniß / nicht zu gedencken ist. Wie denn auch / nach diesem unter der Striegel habenden Punct / nicht einmahl einig Verhängniß GOttes kan vermuthet werden; weil solcher gestalt der Patiente nichts zum vorhabenden Aberglauben contribuiret /und der Aberglaube auch so beschaffen ist / daß gar kein effect davon zugewarten seyn kan. Denn da die Seele des sterbenden Menschen keines Raumes zu ihrem Abschiede vom Leibe bedarff so kan der Tisch in der Stube ihr ja die geringste Hinderniß zu ihrer Himmels- oder Höllen-Reise nicht machen / dahero das Fortrücken des Tisches nicht so viel effectuiren kan / als ob ich die Asche aus dem Ofen krücken müste / wenn um Laurenti die Störche von meiner Feuerösse weg wandern wolten. Wie soll [296] denn ein Tisch / und ein sterbender Patiente sich vergleichen lassen / wie abergläubische Affen sich doch gleichwohl einbilden: der Tisch stände im Wege / daß die Seele nicht abscheiden könne? o dummes Gehirne! laß den Tisch nur unverrückt / die Seele wird damit nicht aufgehalten / ob er auch voll der allerbesten Speisen stünde. So darff man sich auch nicht einbilden / daß die Seele durchs Dach fahren müsse / weil man eine Schindel oder Dach-Ziegel aufziehen oder umwenden will; nein / die Seele braucht keinen Raum / sondern durchdringet Mauren und Wände / Boden und Dach / dahero ich anderswo schon meine Striegel über einen solchen närrischen Punct gebraucht habe /wenn vorgegeben wird: man müsse ein Fenster aufmachen / in dem logiament wo jemand stürbe / auf daß die Seele könne hinaus fahren; gleich als ob die Seele corporalisch wäre / daß sie ein Loch zu ihren Ausfarth bedürffte.

Das 38. Capitel
Das 38. Capitel.
Wer sich auf eine Wasserkanne setzt, dem wird die Schwieger-Mutter gram.

Unter den Bauern wird diese Regel gar fleissig in acht genommen / welches ich verwichenen [297] Sommer wohl gesehen / als ich mit einigen Freunden zu einen bekannten Bauer spatziren gangen war. Denn als dieser Bauer uns eine gute frische Milch anrichtete / und wir nicht alle auf einem Brete sitzen konten / brachte seine Tochter eine Wasserkann / daß sich eines von uns drauf setzen solten; das Bauerweib solches sehend / sagte: sie wolte sie mit der Kannen wegführen: wie aber die Tochter schon in Begriff war / die Wasserkanne wieder weg zutrage / schrye die Mutter ihr nach: sie solte die Kanne nur hergeben / es könte sichN.N. drauf setzen / die andern alle dürffte sich sonst keines drauf setzen; wie nun gefragt wurde / warum denn die andern nicht so wohl als dieser drauff sitzen dürffte? war ihre Antwort: N.N. hätte keine Schwieger / die andern alle hätten Schwieger. Es wurde ferner gefragt / was es denn auf sich hätte / wenn ein anders drauf säß? sagte sie: wenn man sich auf eine Wasserkanne setzte / würde ihme die Schwiegermutter gram /erzehlte auch einige Exempel / wo es gewiß eingetroffen hätte / allein / es waren lauter unbeweißliche Exempel / worauf gar nicht konte reflectiret werden; dahero es auch mehr belacht als beglaubt wurde. Unterdessen lassen sich die Bauern doch nicht von ihrer Meynung irre machen / sondern geben vor: wenn ein[298] Bauersknecht zu eines Bauern Tochter käm / sie zu heyrathen / so probirte sie ihn / ob er sich auch auf eine Wasserkanne setzen werde; setzt er sich drauff /so entfiel dem Mägdlein der Muth bald / und besorgte / daß die Mutter dem Freyer den Korb geben werde /weigert er sich aber drauf zu setzen / sondern blieb lieber stehen / wenn kein anderer Raum zum niedersitzen wär / da hieß es gleich: das ist ein feiner höflicher Mensch / der sich gut in die Schwieger wird schicken können etc. Hier gedencke man nur / was das vor alber Zeug ist. Ich vermuthe / es hat irgend einmahl sich einer bey seinen Schwieger-Eltern damit in Feindschafft gesetzt / wenn er vermeynt gehabt / es sey nichts in der Wasserkanne / und hat sich drauf gesetzt / seine Liebste in Arm genommen / und ist mit ihr übern Hauffen gefallen / dadurch die Tochter prostituiret worden: Oder hat irgend etwas aus der Kannen verschütt / das der Frau Schwieger Verdruß gemacht / oder was sonst mehr zu vermuthen seyn möchte. Es sey aber wie es wolle / so ists ein rechtsimpler Aberglaube / der wohl nur unter den Bauern verbleiben wird.

Das 39. Capitel
Das 39. Capitel.
Wer Tauben hat, der soll über der [299] Mahlzeit nicht davon reden / sie fliegen und gewohnen sonst weg.

Freylich fliegen sie weg / sie kommen auch wieder /man mag über der Mahlzeit oder ausser der Mahlzeit davon reden; wenn ich aber die abergläubische Narren-Possen alle wolte anführen / die mancher Tauben-Jockel vergeblich vornimmt / daß ihme die Tauben nicht sollen weggewohnen / so würde ich viel Papier verschrriben müssen. Wer Tauben hat / der hat sie in Hölern und Taubenhauß / daraus fliegen sie ja offt /und suchen Futter für sich und ihre Jungen; sie fliegen theils aufs Feld und weit hinweg / manche bleiben auch nur um die Gegend des Hauses herum; ja / theils Liebhaber der Tauben halten solche gar in denen Wohn-Stuben / und diese Gattung von Tauben fliegen selten / oder gar nicht aus. Da nun aber ietzt ein abergläubischer Tauben-Lex unter meiner Striegel ist /welcher verbiethet / daß man über der Mahlzeit nicht von Tauben reden solle / so frage ich die Tauben-Jockel / welche diesen Punct glauben: ob sie denn ihre junge Tauben nicht ausnehmen / und verkauffen / oder selbst essen / oder ob sie sie ausfliegen lassen? nehmen sie sie aus zum Verkauff / oder zu eigener Verspeisung / so kommen sie auf den Tisch / und wird also [300] zweiffels ohne von Tauben geredet; denn was man isset / davon wird auch insgemein geredet. Wenn nun dieser Punct wahr wär / so müsten den Bauern /die ihre junge Tauben insgemein zu Marckte tragen /da denn das reden von Tauben über Tisch nicht unterbleibet; denn wenn es geringe Tauben sind / so wird zum wenigsten der Wirth oder Wirthin sagen: der Diebs-Bauer hat mit seinen dürren Tauben mich betrogen; oder wenn die Tauben fleischig sind / heists: das sind gute Tauben; ists in der Zeit / da Lein gesäet wird / sagt man: die Tauben schmecken nach Lein etc. also / sag ich / müsten den Bauern ihre Tauben alle weg gewohnen / welches aber doch nicht geschicht /sondern die alten bleiben am liebsten / wohin sie einmahl gewohnt sind. Wenn man aber die jungen lässet ausfliegen / so fliegen sie gern mit in andere Höler /und frembde Taubenhäuser / und begatten sich mit frembden Tauben / und kommen nicht wieder / ohnerachtet doch nicht von ihnen über der Mahlzeit geredet wird. Woraus sattsam abzunehmen ist / wie schöne dieser Lex columbarum bestehet / da bey Foderung richtigen Beweisses das contrarium, oder das gerade Widerspiel heraus kömmt / und ein offenbarer Aberglaube entdeckt wird.

Das 40. Capitel
[301] Das 40. Capitel.
Wer verreisen will, und wird der Tisch nicht erst abgeräumet / so wird ihm der Weg sauer.

Laß dich in der Senffte tragen / so wird dir der Weg nicht sauer; oder / wenn du alberer Geck keinen sauern Weg wilt haben / so beschmiere die Schuh-Solen mit Syrup oder Honig / so wird der Weg süsse; auf daß ja alles mit Aberglauben angefangen und vollendet werde / so muß ein Thor auch bey vorhabender Reise abergläubische præparatoria machen; wie ich dergleichen Narren-Possen ohnlängst selbst gesehen /da in hiesiger Vorstadt ein Bothe verschickt wurde /und dessen Weib nicht in dem Hause gewesen / als ihr Mann fortgegangen / fehlete es nicht viel / als sie in die Stube kam / und sahe / daß ihr Sohn aufn Tische schnitzelte / daß sie ihn nicht derbe Schläge gegeben hätte / weil er den Tisch nicht hätte abgeräumet / da der Vater gegangen wär; sagte demnach mit grossen Umgestüm: Je du faules Donner Ohß! hast du nicht den Tisch können abräumen / da der Vater gegangen es? nun werd er en schienen Weg kriegen? etc. etc. Ich wuste von ihrem Aberglauben nicht / fragte sie demnach / was denn das helffen solte / [302] wenn der Tisch abgeräumt würde? worauf ich dieses Capitels Rubric zur Antwort bekam. Ich lachte dessen hertzlich / und defendirte den Knaben desto mehr / das Weib blieb aber beständig bey ihrer Meynung / daß sie auch endlich mit schweren solchen Aberglauben zu bekräfftigen gedachte. Ich bin aber so singulär, daß / ob auch einer alle Teufel aus der Hölle heraus fluchete / so glaube ich doch keiner Lügen / sondern gedencke: wenn eine Sache wahr ist / so gebraucht es nicht / daß man es mit vielen schweren bekräfftiget. Was aber diesen Aberglauben anlanget / ist und bleibt solcher biß an der Welt Ende erlogen. Jedoch / daß ich nicht irgend auf meiner Reise mit dem Karrn aus dem Geleise kommen / und die alten Weiber gar verschütten möge / so muß ich bey zeiten wieder einlencken / und ein wenig submisser mit ihnen reden: sintemahl ich mich in den moment besinne, daß dieser Punct conditionaliter seine Richtigkeit habe. e.g. Es verreiset einer / es sey zu Roß oder zu Fuß / hat vorher aufn Tisch allerhand Briefschafften liegen gehabt /die er entweder hat mitnehmen wollen / oder niemanden gern sehen lassen möchte; er reiset aber doch so in Gedancken fort / und bleibet alles auf dem Tische liegen. Da kan es wohl nicht anders seyn / daß wenn der Reisende [303] sich erinnert / daß er die und die Briefe /(den oder jenen Schlüssel) aufn Tisch liegen lassen /und besorget / daß solche möchten verlohren werden /oder in unrechte Hände gerathen / so wird ihm bange /und wird ihm solcher gestalt der Weg sauer genug werden / welche Sorge alle verhütet worden wär / so er vor der Abreise den Tisch hätte fein erst abgeräumet. Daß aber die abergläubischen Weiber aus einer solchen Begebenheit ein general-Werck machē wollen / als ob alles und iedes / und so offt man verreisete / vom Tisch abgeräumet werden müste / oder es würde dem Reisenden der Weg sauer / das ist und bleibet / wie schon gedacht / eine offenbare Lüge.

Das 41. Capitel
Das 41. Capitel.
Wenn ein Weib sich für Gespensten fürchtet / und bindet mit ihrem Strumpffbande das Thür Schloß zu /so kan kein Gespenst hinein kommen.

Ja / wenn der Satan ein Eichhörnlein oder eine Katze wär / möchte das verbinden des Schlosses was fruchten; aber da der Satan und seine höllische Gespenste Eissen achten wie Stroh / oder faul Holtz / so wird ein elendes Strümpffenband noch weniger von ihm gefürchtet werden. Es wollen solche Leute hiermit [304] den Teufel dumm machen / oder ihm die Thür verriegeln /und sind doch selbst die albersten und dummesten Teufel / die vom Verstande gantz bloß sind / und nicht so viel bedencken / daß der Satan und seine andern Geister und Gespenster weder Thür noch Fenster zum Eingange bedürffen / sondern schon eine freye Herberge in der Seele solcher abergläubischen Thoren hat / die mehr Vertrauen auf ein zerlumptes Strümpfen-Band / als auf den Schutz des gnädigen GOttes setzen. Solche Stock-albere Thoren müssen ja sich einbilden / als ob die Gespenster solche Narren wären / wie sie / die leibhafftig von einem Orte zum andern wanderten / und Thüre und Thor zum Durchgang bedürffen: ach / weit gefehlt; der Satan ist überall mit seinen bösen Geistern gegenwärtig / wir möchten uns gleich mit dem festesten Marmor einmauern können /so würden wir ohne GOttes allmächtigen Schutz doch für seinem Verderben nicht sicher seyn. Hingegen / so GOtt mit seiner Gnade und Hut in mir wohnet / so mögen gleich tausend Teufel um mich herum vagiren / so wird mir dennoch kein Ubels begegnen. Was aber GOtt nach seinem unerforschlichen Rath und Willen über mich oder einen andern gläubigen Menschen verhänget / das müssen wir von der Hand des [305] HErrn annehmen / und denselben bitten / daß er uns von allem Ubel erlösen wolle.

Das 42. Capitel
Das 42. Capitel.
Wenn die Kinder beschryen sind und nicht schlaffen können / soll man Erde von der Gemeine nehmen /und über sie streuen wenn sie schlaffen / es hülfft gewiß.

Es kan kaum eine thörichtere Narrheit erfunden werden / als diese: denn erstlich halten die alten Weiber (zum theil / denn es giebt auch verständige / welche hierher nicht zu rechnen) davor / daß wenn die Kinder nicht schlaffen könten / so wär es ein gewisses Zeichen daß sie beschryen wären; hierwider aber wissen sie hunderterley Hülffs-Mittel / wofür aber allesamts.v. nicht eine Lauß zu geben ist. Unter diesen vermeynten Hülffs Mitteln soll auch dieses nicht das geringste seyn / daß sie von einem der gantzen Commun zu gehörigen Orte Erde ausstechen / und glauben /wenn sie diese Erde über das schlaffende und beschryene Kind streueten / so würde es von dem Ubel des Beschreyens befreyet; sie bedencken aber nicht /daß sie zuvor geglaubt / daß das Kind um des beschreyens willen nicht schlaffen könne / und gleichwohl wollen sie aufs schlaffende Kind die Erbe streuen; wenn es denn nun schlaffen [306] kan / daß sie die Erde zur Zeit / da es schläfft / auf dasselbe streuen können /so ists ja unvonnöthen / solche vergebliche Mittel anzuwenden. Auf daß aber den Thoren das Verständniß ein wenig eröffnet werden möge / wie eigentlich diese vermeynte Kunst zu verstehen sey / so müssen sie wissen / daß gewöhnlicher massen die Erde aufn Gottesacker Erde von der Gemeine sey / weil sie der gantzen Gemeine gehöret / daß sie ihre Verstorbenen alle dahin begraben mögen. Also / wenn das Kind schläfft / oder todt ist / und man streuet von der Gemeine / das ist / vom Gottesacker / Erde auf das im Todes-Schlaffe liegende Kind / alsdann ists gewiß satt besser mit demselben / und hat also geholffen / ob es gleich noch lange nicht erwiesen gewesen / daß das Kind vom beschreyen kranck worden. Daß aber vom beschreyen der Kinder gar nichts zu halten sey / habe ich schon zu anderer Zeit zur Gnüge erwiesen / und ist das Beschreyen nur eine teufelische Erfindung der alten Zauberinnen; denn wenn diese dem einfältigen Volck Glauben machen / daß die Kinder beschryen wären /so unterlassen sie ordentliche Medicamenta zu gebrauchen / und brauchen dargegen solche abergläubische Narren Possen / dadurch entweder die Kinder an der Genesung verabsäumet / oder an der Gesundheit verwarloset [307] werden / welches dann dem Satan eine Lust und Freude ist / daß er das menschliche Geschlecht so berückt hat.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
Wer Rind-Vieh hat, der soll Meer-Schweingen in der Stuben halten / wenn ein Unglück unter dem Vieh entstehen soll / so kömmt es über ein Meerschweingen.

Wie kommen aber die unschuldigen Meerschweingen darzu / daß sie eines andern Viehes Unglück auf sich laden müssen? wenn sich die Küh im Stalle oder in Hofe stossen / kan denn ein Meerschweingen Schiedsmann seyn / oder den gefährlichen Stoß auf sich ergehen lassen? wenn der Küh-Hirte mit der Peitsche einer Kuh ein Auge aushauet / wird das Meerschweinlein auch an statt der Kuh blind werden? wenn eine trächtige Kuh mit Empfahung des Kalbes Schaden nimmt / wird solches das Meerschweinlein der Kuh entnehmen / und den Schaden auf sich nehmen können? oder / wenn das Rind-Vieh auf vergifftete Weide gehütet wird / solte solches dem Rind-Vieh nicht /wohl aber dem Meerschweingen in der Stuben schädlich seyn? dieses wird mich kein Bauer nimmermehr /auch kein Küh Doctor selbst nicht bereden. Ja / werden die Küh- [308] und Ochsen-Verständigen mir antworten: ihr verstehet die Sache nicht recht; was ihr ietzt nach einander hersaget / das sind lauter natürliche Zufälle / die einem Vieh gar leicht begegnen können. Aber auf den Dörffern giebts gar zu viel lose Leute /welche dem Vieh mit ihrer Zauberey Schaden zufügen / wenn man aber Meerschweingen im Hause hat / so können die losen Leute nicht ans Vieh kommen / sondern es fällt das Unglück auf die Meerschweine. Ja /vix credo; es ist noch nicht erwiesen / daß böse Leute durch Zauberey euerm Vieh Schaden thun wollen /sondern euer sündlicher Argwohn / welchen ihr auf eure vermeynte Feinde werffet / der reitzet euch an zu glauben / daß so bey euern Vieh einiges Ubel entstehet / es komme von dem und dem Feind her / da es doch wohl erlogen / und euer vermeynter Feind ehrlich und daran gantz unschuldig seyn kan / und an euch nicht gesündiget hat / da hingegen ihr die schuldige Liebe gegen den Nechsten bey seite setzt / und gar verlieret / womit ihr aber / ach leider! eure Seligkeit in die höchste Gefahr setzet / da ihr eure Kuh mehr liebet / als euern Nechsten / und per consequens auch euren lieben GOtt. Denn die Liebe GOttes kan ohne die Liebe des Nechsten keines weges bestehen. Die Meerschweinlein haben die Eigenschafft / daß sie offt gantz plötzlich [309] dahin fallen / und die Schwerenoth (Epilepsiam) bekommen; da bilden sich einfältige Leute ein / weil diese Thierlein so gar schnell ihre Gesundheit mit der bösen fallenden Sucht verwechselten / es gehe nicht natürlich zu / sondern es wär ein von bösen verursachten Unfall / welcher aufs Rind Vieh hätte kommen sollen / und wär auf die Meerschweingen gefallen. Es sind aber lauter sündliche und feindselige Gedancken / wodurch man den Nechsten um seinen guten Leumuth zu bringen gedencket /welches aber GOtt nicht ungestrafft lässet / sondern solchen abergläubischen Leuten desto mehr Unglück zuschickt. Das ist kein Zweiffel.

Das 44. Capitel
Das 44. Capitel.
Man soll durch keinen Topff sehen, der keinen Boden hat / sonst thut einem der Kopff weh.

Was muß darhinter für ein besonders Geheimniß stecken? durch einen gantzen Topff kan niemand sehen /also wenn ja jemand durch einen Topff sehen wolte /so muß derselbe zwey offene Löcher haben / nehmlich eines / da man hinein / und das andere / dadurch man wieder hinaus siehet / und schickt sich demnach am füglichsten / wenn der Topff keinen Boden hat. Daß aber einem der Kopff weh thut / so iemand [310] durch einen Topff siehet / der keinen Boden hat / glaube ich gantz gerne; denn zu welcher Zeit soll wohl niemand gefunden werden / dem der Kopff weh thät / sintemahl selten ein populöses Hauß ist / darinnen gar niemanden der Kopff wehe thue / will geschweigen eine gantze Stadt oder Land / also mag man thun / was man nur wolle / so wird einem / auch wohl vielen / der Kopff weh thun / dieses kömmt aber nicht daher / daß man durch einen Boden-losen Topff gesehen hat. Wer aber dennoch so gar religiös in Aberglauben ist / und vermeynet / daß eben demjenigen / der selbst durch einen Bodenlosen Topff gesehen / auch selbst davon der Kopff wehe thue / dem sage ich rund heraus: es sey erlogen. Denn ehe ich dieses geschrieben / habe ich selbst erst einem alten Topffe den Boden ausgeschlagen / und habe hindurch gesehen / auch gestern alle meine Domestqvien hindurch sehen lassen / und das letzte habe ich darum gethan / um zu probiren /ob irgend nur solchen Leuten es widerfahre / die nichts von der Sache wüsten / denn meinen Leuten im Hause ist nichts davon wissend / alleine / wir sind allesamt / GOtt lob! noch ohne Kopfsichmertzen. Muß also dieser Punct entweder Schertz-weise verstanden werden / nehmlich / daß allezeit / wenn eines durch einen Topff hindurch sehe / iemanden der Kopff [311] wehe thue / oder es ist der gantze Plunder erlogen.

Das 45. Capitel
Das 45. Capitel.
In der Braut Kammer soll man das Inschlit Licht fein rein ausbrennen lassen / das ist gut.

Daß abergläubische Leute dieses in acht nehmen / ist mir wohl bekannt / die Ursach aber / warum es geschicht / kan ich nicht erfahren / weil sie es selbst nicht wissen / warum sie es thun / oder worzu es dienen soll. Wie mir denn gar viele solche Albertäten bekannt sind / von welchen es heißt: wenn man das oder das thut / so ists gut / oder auch: es ist nicht gut; von welchem gut oder nicht gut seyn doch gleichwohl keine rationes vorhanden sind / e.g. es ist nicht gut /daß man einem Bettler die Gabe über die Thür hinaus langet / oder: wenn man die Füß wäschet / soll man solche nicht abtrocknen / sondern von selbst lassen trocken werden / sonst ists nicht gut. Die erste Lauß /die man bey einem Kinde findet / soll man auf einem Bierfaß todtschlagen / das ist gut. Wenn es am Ostertage regnet / so ists nicht gut; und was dergleichen Alfantzerey und Narrenwerck mehr ist / welches alles keine Antwort verdienet. Was nun der ietzt vorhabende Punct anlanget / [312] so scheinet solcher eben von dergleichen Schrot und Korn zu seyn / es sey denn eine verblümte Redens-Art darunter zu verstehen / da durch das Inschlit-Licht etwas anders gemeynet werde / welches ich / um die Jugend nicht zu ärgern / nicht deutlich erklären mag. Solte aber schlechterdinges dasjenige Inschlit-Licht verstanden werden / welches der Bräutigam und die Braut zum leuchten mit in ihre Schlaffkammer nehmen / wenn sie sich zum erstenmahl als Eheleute mit einander niederlegen / so achte ich vor besser / daß sie das Licht wohl auslöschen /auf daß solches keinen Schaden verursachen könne /als daß sie es brennend stehen lassen / daß es zuletzt einen argen Gestanck verursache / oder andere Gefahr causire. Wie aber alle Aberglauben nichts nutz / sondern gantz unnütz / unwahr / gottloß und schädlich sind / also trifft es auch mit diesem ein / daß es mehr gefährlich / schädlich und erlogen ist.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
Die 3. H. Christ-Abende soll man die Brod-Brosamlein sammlen / und aufheben / sie sind gut / wenn man sie einem / dems getäuscht hat /eingiebt.

Das so genannte Täuschen ist bey dem einfältigen Volck gar ein gemein Ding / und [313] darff sich halben weg einer bey der Nacht etwas einbilden / als hätte ihn da oder dort was angeblasen / oder hätte das und das gesehen oder gehört; da heißt es alsbald: es hat mich getäuscht; ja freylich hats ihm getäuscht; was aber? seine eigne Gedancken / und unzeitige Furcht hat ihn getäuscht. Denn das Wort Täuschen bedeut so viel nach dem eigentlichen Verstande / als betrügen. Die albere Einfalt aber nimmt es also: es hat mich ein Gespenst erschreckt. Und wer sich nun einbildet, daß ihn ein Gespenst erschreckt hatte / der pfleget in 9. Tagen niemanden etwas davon zu sagen / iedoch gehet er gewöhnlicher massen die 9. Tage in tieffsinnigen Gedancken herum / daß man wohl an ihm mercket / daß ihm was aufn Hertzen lieget / daß er nicht vor der Zeit eröffnen will; denn er bildet sich immer ein / er müsse sterben / daß ihn diese feste Einbildung wohl gar darnieder wirfft. Alsdann glaubt ein ieder mit ihm / daß es ihm müsse getäuscht haben / und da weiß sonderlich manch überkluges Weib stracks Rath / unter welchem unweisen Rathe auch dieses Mittel von den Brodtkrumen / die am Weyhnacht-Neu-Jahres- und H. 3. König heiligen-Abend gesammlet worden / mit begriffen ist / da langen sie aus dem Schranck ihrer Geheimnisse die Brösamlein Brodt hervor / [314] und wenn die Mäuse unterdessen drüber gerathen sind / so müssen die Mäuse-Drecklein an statt der Brodtbröselein auch mit gehen / diese reiben sie zu Pulver / und geben es dem Patienten ein / und glauben / daß ihm nun das getäuschte nicht schaden werde; allein / sie finden sich offt dermassen sehr betrogen / daß der Patiente / an dem ordentliche Artzneyen verabsäumet werden / dahin sterben muß. Und alsden heißt und ist es allerdings getäuscht oder betrogen. Und an solchen Narren-Possen hat der Satan seinen sonderlichen Wohlgefallen / wenn er verhelffen kan / daß an statt ordentlicher dienlicher Artzney einem Menschen abergläubische und unkräfftige gegeben werden / dabey ihm auch noch durch den Aberglauben hofiret wird / als ob die von den heiligen Christ-Festen gesammlete Brodtbrösamlein bessere und besondere Krafft gegen ander Brodt hätten / das doch alles nicht wahr ist.

Das 47. Capitel
Das 47. Capitel.
Wer ein neu Kleid machen lässet, der lasse es ja nicht erst iemanden anders anziehen / es stehet ihm sonst nicht schön.

Das hätte mir wohl ein anderer Narr auch gesagt. Denn wenn ich ein neues Kleid [315] machen lasse / und ein anderer ziehet es an / so stehet mirs freylich nicht schön. Denn wie kan mir ein Kleid schön stehen / das ich nicht anhabe? und so lange es ein anderer an hat /stehet mirs weder schön noch garstig / sondern dem andern / der es an hat. Wenn dieser es aber ausziehet /und ich ziehe es an / so kan mir es alsdann auch fein stehen / daferne es nach meinem Leibe richtig gemacht ist. Wenn ich aber bey einem frembden Schneider ein Kleid ließ machen / und gäbe demselbigen Vollmacht / daß weil ich nicht könte bey ihm seyn /so solte er das Maaß nur an dem oder dem nehmen /weil er eben in meiner Länge wär: Dieser gute Freund aber / ob er gleich meine Länge hätte / so wär er doch dicker / oder hätte breitere Schuldern als ich / und gleichwohl würde mein Kleid ihm nicht allein angemessen / sondern / nachdem es fertig / würde es ihm auch an probiret / und stände ihm gantz sehr wohl: Hernach aber / wenn ichs anzöge / wär mirs hie und da zu weit / und kuttelte sich wie ein Sack: Da sage ich selbst / daß bey so gestallten Sachen mir das Kleid nicht schöne stehen würde / das ein anderer erst angehabt; es ist aber das nicht die Schuld / weil es ein anderer erst oder eher als ich angehabt hat / sondern weil das Maaß an einen andern genommen worden ist / der nicht in [316] allen Gliedern mit meinem Leibe proportionirt gewesen. Ausser dergleichen Begebenheit aber wird es nicht schaden / ob es ein anderer vorhero an sich probiren lassen oder nicht / wenn es nur nach meiner Statur recht gemacht ist / muß michs dennoch wohl kleiden.

Das 48. Capitel
Das 48. Capitel.
Wenn ihrer zwey auf einen Teller essen / so werden sie einander feind.

Wenn ihrer zwey zugleich auf einen Teller essen / so werden sie ohne allen Zweiffel einig und in guter Freundschafft stehen / sonst würden sie sich nicht vertragen können / auf einen Teller zu speisen; denn wer einen Feind hat / der siehet ihn nicht gern an / will geschweigen / daß er sich mit demselben auf einen Teller zu essen vereinigen solte. Sind sie aber vorhero schon Feinde / und müssen aus Zwang zugleich auf einen Teller essen / dergleichen sich offt unter Dienstbothen begiebt / so macht das essen auf einen Teller die Feindschafft nicht / denn sie ist vorher schon unter ihnen gewesen. Und wenn sie zu der Zeit / da sie mit einander auf einen Teller essen / auch gleich die besten Freunde wären / und würden nach dem erst ein ander Feind / so würde doch die Feindschafft nicht daher kommen / daß sie zugleich auf einen Teller [317] gessen hätten / sondern es würde eine andere Ursach seyn / worzu die Einigkeit beym essen nichts contribuiret hätte. Wie denn mehr als zu viel bekannt ist / daß offt die allerbesten Freunde die allerärgsten Feinde werden / so nun dieses bekannter massen offt geschicht /so ist ja nicht noth / daß man andere Ursachen nehme / ausser denen / die man weiß / wovon die Feindschafft entstanden ist. Ein ieder examinire sich selbst / wenn er einen Feind hat / ob sich nicht allezeit eine Ursach zur Feindschafft finden werde? als z.E. einer hat sich einen Feind aus seinem gewesenen Freunde gemacht / weil er übel von ihm geredet / oder die ihm in Vertrauen entdeckte Heimlichkeit offenbar gemacht hat. Ein anderer hat seinen Freund in der Nahrung hintergangen / und wieder ein anderer ist im Spiel partheyisch worden / und so weiter. Und wird keinem an einer Ursach fehlen. Aber unter tausenden wird keiner anzutreffen seyn / welcher nebst seinem Feind wird sagen können: er wüste keine andere Ursach anzugeben / daß sie Feinde worden / als weil sie beyde auf einen Teller gegessen hätten. Da nun allemahl andere Ursachen einer Feindschafft zwischen zwey Personen angegeben werden können / warum bringt man denn solche abgeschmackte Fratzen auf die Bahn? ists denn was neues / wenn man sagt: [318] die zwey Personen sind sonst Hertzens Freunde gewesen / daß sie auch gleichsam den Bissen in Maule mit einander getheilet haben / und nun sind sie so verbitterte Feinde worden. Wer wolte aber so einfältig seyn / und glauben / daß das die Ursach der Feindschafft sey / weil sie den Bissen in Maule mit einander getheilet hätten / da doch bekannt wär / daß die Feindschafft von einem einer seits ohnversehens entfahrenen anzüglichen Worte /welches der andere übler aufgenommen hätte / als es gemeynt gewesen / entstanden wär. Bey so gestallten Sachen kan nun ein ieder leicht ermessen / daß dieser ietzt gestriegelte Punct ein purer Aberglauben sey.

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Wenn man einen Feuerspan an beyden Enden anzündet / und die Hexen bekommen solchen Brannt /so können sie demselben Menschen / der den Span angezündet gehabt / grossen Schaden thun.

Wer hat denn dieses versucht? Ich glaube nicht / daß ein einiger Mensch sich finden werde / der mit richtigen Grunde wird sagen können / daß er dieses aus eigner Erfahrung wisse / und so sich auch einer meldete / so würde gar viel zum Beweiß erfodert werden. Denn [319] das wär nicht genug / daß er sprechen würde /er hätte solches selbst erfahren / so müste er erstlich gewiß gewust haben / daß der Schaden / der ihm zugestossen / würcklich von einer Heren herkommen sey / und solches würde nicht nur sehr schwer / sondern gar unmöglich zu beweisen seyn; denn ob er gleich sehr wahrscheinlichen Argwohn hätte / so wär doch dieses noch lange kein Beweiß. Zum andern / müste er gewiß darthun / daß die Person / auf die er argwohnete / auch gewiß hexen oder zaubern könte / welches abermahl würde schwer hergehen. Drittens / müste er gewiß darthun können / daß die verdächtige Person seinen an beyden Enden angezündet gewesenen Feuerspan bekommen hätte / und ob er auch dieses gewiß darthäte / so wär doch noch nicht erwiesen / daß die so genannte Hexe ihn mit Hülffe des Brandes bezaubert hätte. Da nun dieser Beweiß so schwer hergehet /so sagen mir doch alle abergläubische Leute in der Welt / womit sie diese Lüge verificiren wollen / denn so sie solche Possen nicht erweisen können / so werden sie mich auch nicht verdencken / wenn ich diesen ihren Glaubens-Articul mit dahin locire / wohin ich alle andere Lügen gesetzt habe. Denn es ist dieses schon längst eine Lüge gewesen / und ist noch eine Lüge / wird auch noch ferner eine Lügen bleiben.

Das 50. Capitel
[320] Das 50. Capitel.
Wenn in einem Hause eine Feuers-Brunst entstehet /soll man den Backtrog heraus schleiffen / wo man diesen hinschleifft / da schlägt die Feuerflamme auch hin.

Ob dieses ein schlechter Aberglaube / oder gar eine völlige Zauberey sey / das will ich ietzt nicht ausmachen. Mir ist bewust / daß bey entstandenen Feuersbrünsten diese Gauckeley practiciret worden ist / aber mit was vor effect, das habe selbst nicht gesehen / und so es ein und andere mahl einen effect erwiesen haben solte / so wird es ohne mehrern Mißbrauch ein und anderer beygefügten Worte wohl nicht geschehen seyn, welches dann / wenn es also geschehen / ein unstreitiges Zauberstück wär. Ich erinnere mich / daß wegen practicirung dieses Stückleins an einem gewissen Orte ein Bauer Kerl in eine harte Inquisition verfallen ist / da es so weit gekommen / daß ihm der Staupbesen zuerkannt worden / welchen er auch gewiß würde bekommen haben / wenn ihn nicht einAdvocate / welcher zugleich ein guter Physicus gewesen / noch davon befreyet hätte. Unterdessen hats dem armen Bauer bey nahe sein gantzes Vermögen gekostet / und hat dennoch [321] noch 3. jährige Landes-Verwei sung zur Straffe erhalten. Wie wohl ich nun zwar das harte Urtheil wider diesen Bauer nicht tadeln kan /weil mir nicht alle accidentia bekannt sind / so kan ich doch nicht glauben / daß es nur auf dieses einfältige Vornehmen / da der Bauer / wie mir erzehlet worden / sich auf das hören sagen beruffen wollen / als ob er dieses Kunststücklein einst erzehlen hören / und in entstandener Feuersbrunst probiren wollen / so hätte gesprochen werden können; sintemahl bey solcher Bewandniß gantze Dörffer voll Bauern in dergleichenInquisition verfallen würden; weil bekannt ist / daß manche Bauern sich weder niederlegen noch aufstehen / weder anziehen noch ausziehen / weder aus dem Hause noch ins Hauß ohne practicirung gewisser Aberglauben gehen können / und würde also desinquirirens kein Ende werden. Doch muß ich auch frey bekennen / daß ein besseres Einsehen wider solche viele Aberglauben höchst nöthig wäre / weil doch gleichwohl mit allen diesen Beginnen Zauberey-Sünde begangen wird. Auf daß ich aber recht darhinter möchte kommen / ob dieser ietzt unter meiner Striegel habende Punct irgend natürlich in der Physica gegründet sey / so habe ich ohnlängst eine Probe machen lassen / und zwar also: als mein Nachbar[322] seine Bierfässer ließ pichen / ließ ich aus curiosität einen Backtrog vorbey tragen / und das hohle Theil (denn also sagen die Abergläubischen / müste es seyn) gegen die aus dem Fasse schlagende Flamme halten / ich kan aber mit Wahrheit sagen / daß ich in geringsten nichts mercken können / daß die Flamme nach den Backtroge sich gelenckt hätte. Wenn nun die Sache natürlich wär / so müste folgen / daß alles Feuer sich nach der Höhle des Backtroges lencken würde / da aber dieses nach gemachter Probe nicht geschicht / so ist leicht zu erachten / daß entweder zauberhafftige Worte dabey gebraucht werden / welche verdammlich sind / oder es ist die gantze Gauckeley ein aberglaubig Narren-Spiel.

Das 51. Capitel
Das 51. Capitel.
Wenn ein Weib aus dem Kindbett zur Kirchen gehet /so soll sie neue Schuh anziehen / sonst muß hernach ihr Kind / wenn es lauffen lernet / gefährlich fallen.

Da sehet und höret ihr es fein / ihr geitzigen Männer! wollet ihr nicht ein sechzehen Groschenstück dran wenden / dafür ihr eurer lieben Hauß-Ehre ein baar neue Schuh zum Kirchgange machen lasset / so müsset ihr hernach wohl 3. mahl so viel Heilerlohn dem Barbier [323] oder Bader geben / wenn das Kind lauffen lernet / und fällt ein Loch in Kopff / oder nimmt durch fallen sonst Schaden. Drum kaufft der lieben jungen Frau immer fein / was sie haben will / sonst muß sie sehen / daß sich sonst ein feiner Herr Johannes über sie erbarmet / und ihr ein baar neue Schuh machen lässet / wofür sie ihn wieder einen Reiterdienst thut /der euch nicht behagen möchte. Wenn ich aber eine Frau hätte / die aus dem Kindbett zur Kirchen gienge / so wolte ich ihr die ältesten Schuh anziehen lassen /denn es gehet sich in keinen Schuhen sänffter als in alten / und da durch eine besondere natürliche Eigenschafft das gute gehen von der Mutter aufs Kind / zu der Zeit / wenn nach vollendeten Sechswochen der Kirchgang gehalten wird / soll fortgepflantzet werden / und zwar also: daß so die Mutter auf dem Kirchgange gut und gewiß in Schuhen gehet / also werde auch hernach das Kind wohl oder übel sich zum lauffen anstellen / so muß und kan nicht anders folgen / als daß das Kind muß übel gehen lernen / wenn die Mutter beym Kirchgange neue Schuhe angehabt hat / als wenn sie alte ausgetretene hätte angehabt / die sie weder gedruckt noch gezwackt hätten / wie die neuen. Und mag ich demnach diesen Aberglauben beym Kopffe / beym Schwantze / oder in der [324] Mitte nehmen /so finde ich nichts als Lügen. Zudem / so ists auch keinem ehrlichen Manne zu rathen / daß er diesen Punct seinem Weibe einräume / denn wenn die Männer den Weibern neue Schuhe zugestehen / so wollen sie auch neue Strümpffe darzu haben / kriegen sie diese darzu / so fordern sie neue Hembde; haben sie auch diese erhalten / so peinigen sie die Männer hernach um ein neues Kleid / und endlich auch eine neueFontange, und zuletzt kostbare Caraffen / Halß- und Armbänder / und was sie nur ersinnen können. Ach nein; principiis obsta / das alte ist gut zu behalten; es wird nicht eben zu der Zeit / wenn das liebe Weibgen zur Kirchen aus dem Kindbette gehet / alle alte Kleidung auf einmahl unbrauchbar worden seyn / es gehet den armen Männern ohne dem beym Kindtauffen und in 6. Wochen dermassen übers Geld / daß es kein Wunder wär / daß der Beutel von dem vielen auf- und zu machen thöricht würde. Drum / meine allerschönsten Weibergen! laßt euch meinen wohl meynenden Rath nicht mißfallen / weil er zu euern besten dienet. Denn so ihr eure Männer allzu sehr vexiret / so machet ihr sie damit auf einmahl so furchtsam / daß sie euch hernach künfftig gar etliche Jahre lassen Brache liegen / und müsset hernach lange Zeit darben / [325] was ihr in so kurtzer Zeit heraus gepresset habt. Wolten nun einige leichtsinnige Weiber mir irgend hierauf zur Antwort geben: wenn ihre Männer faul würden / so wüsten sie wohl desto arbeitsamere Knechte / die ihre Aecker bestellen könten; denen dienet zur Nachricht: daß so hernach die Männer die frembden Früchte nicht für die ihrige aufnehmen wollen / so werden hernach die erpressete neue Schuh offt auf einmahl beym Staupbesen wieder vertantzt / oder auch wohl gar die erzwungene Fontange vom Scharffrichter wieder vom Kopffe genommen. Drum werden Ehrliebende Weiber wohl selbst wissen / wie sie sich zu verhalten haben /denen gehet auch diese gantze Schrifft nichts an.

Das 52. Capitel
Das 52. Capitel.
Wer ein oder mehr Löffel stiehlt, der behält das Maul offen / wenn er stirbet.

Es wär zwar nichts böses / wenn die Diebe und theils diebisch Gesinde dieses nicht allein glaubten / sondern auch sich dafür fürchteten / und besorgten / daß wenn sie Löffel (sonderlich silberne) stehlen / solches auch noch in ihrem Tode / zu ihrer grossen Schande /werde offenbar werden / vielleicht würde mancher silberner [326] Löffel seinem Eigenthums-Herrn verbleiben. Es scheinet aber / als ob viele diese- Straff-Verhängniß entweder selbst nicht glauben (wie es denn auch nicht wahr ist) oder doch sich nicht viel um die daher entstehende Schande bekümmerten. Denn wenn ich diejenigen Personen / die diesen Aberglauben am meisten lehren und anhangen / in ihrem Wandel betrachte / so kommen mir viele darunter so verdächtig für /daß ich ihnen nicht gern viel ungezehlte silberne Löffel möchte aufzuheben geben. Daß aber dieser Aberglauben gleich allen andern im Grunde falsch sey /beweise ich daher: Ich habe viele ehrliche Leute sterben gesehen / von denen ich versichert gewesen / daß sie ihr Lebtage dem Laster des Diebstahls / nicht ergeben gewesen / und dennoch haben sie / nach Gewohnheit der meisten Sterbenden / ihren Mund eröffnet gelassen / daß man solchen mit einen übern Kopff gebundenen Tüchlein hat schliessen müssen; da nun bey denen meisten Sterbenden dieses gewöhnlich geschicht / warum wollen denn die im Aberglauben ersoffene Schlaraffen dem Teufel auch noch damit ein Gelächter machen / wenn sie ehrliche und Christlich gelebte Menschen auch noch im Tode mit einem so bösen Diebs Verdacht beschmitzen wollen? Ein Dieb ist ein Dieb / er stehle- [327] Löffel oder Teller / Messer oder Leuchter / oder auch was anders / in seinem Tode wird man es ihm aber nicht ansehen / ob er gleich in selbigen moment seines Diebstahls wegen für GOttes Gericht Rechenschafft geben muß. Ein redlicher Christ sterbe nun gleich mit offenen oder geschlossenen Munde / so kan er damit doch den 1000. Theil nicht so viel Schande davon tragen / als ein abergläubischer Mensch / der in allem seinen gantzen Thun und Wandel / in Worten und Wercken / sein verflucht ärgerlich und abgöttisch abergläubisch Wesen fortsetzet / von welchem billich nach dem Tode gesagt wird: es war ein alberer / abergläubischer / abgöttischer böser Mensch / der denen alten Huren /Qvacksalbern / Teufels-Dienern / Schatzgräbern Zauberern / Wünschelruthen Gängern / Goldmachern /Urin Beguckern / Zauberern / und dergleichen Geschmeisse mehr Glauben gab / als GOtt und seinem wahren Worte / der mit Aberglauben aufstand / mit Aberglauben sich anzog / mit Aberglauben arbeitete und aß / mit Aberglauben betete und sich wieder niederlegte / in Summa; es war ein Narr.

Das 53. Capitel
Das 53. Capitel.
Wer Bier holet, soll sein Wasser nicht abschlagen /sonst bekommt man die kalte Pisse (Stranguria.)

[328] Wenn derjenige / der Bier holen soll / sein Wasser oder Pisse abschlägt / und aus dem warmen Leibe in die kalte Lufft hin lässet / so wird solche freylich nicht so warm bleiben / als wie sie vorher in der Blasen gewesen / sondern wird kalt / und bekömmt solcher an statt der warmen Pisse alsdenn kalte; und solcher gestalt mag dieser Narren-Glaube seine Richtigkeit haben. Wenn man aber glauben wolte / daß so derjenige Mensch / der Bier holet / auf dem Wege seinen Urin von sich lasse / und damit verursachete / daß wer von dem gebrachten oder geholten Bier träncke /die Stranguriam davon bekäme / würde man sich damit hauptsächlich signalisiren / und für aller Welt für tüchtig erweisen / in das Register der lebendigen Stockfische einverleibt zu werden. Man bekömmt offtmahls kalt-gührig oder ander ungesundes Bier /davon man die so genannte kalte Pisse kriegt / ob gleich die Person / welche das Bier geholet hat / damahls nicht aus Wasser abschlagen gedacht hat; so nun dem gewiß also ist / so ist die Frage: Da man dieStranguriam von Biere bekommen kan / ausser dem /daß der Bier holende unterwegens sein Wasser nicht abgeschlagen hat / wer denn nun der Sache gewiß seyn könne / daß so der Bier-trincker die kalte Pisse bekömmt / wenn der Bierholende [329] gepisset hat / ob diese Beschwerung dem Wasserlassen des Bierholers / oder dem Biere selbst zuzuschreiben sey? so lange nun einer / der diesen Aberglauben heget / mir diese Frage nicht gründlich beantworten wird / so lange werde ich auch nicht verbunden seyn / solche ungegründete Fratzen zu glauben.

Das 54. Capitel
Das 54. Capitel.
Wenn man die Kinder zum erstenmahl in die Schule schicket / soll man ihnen Rettige auf Butter-Bemmen zu essen geben / so lernen sie leichtlich die Buchstaben des Alphabets hinter sich und vorwerts aussprechen.

Aus solchen Kindern mögen endlich wohl gute grobe Schüler werden / weil sie die Künste / die lauten und stummen Buchstaben hinter sich und vor sich auszusprechen / durch die Geniessung der Rettige erlangen sollen. Ich erinnere mich hierbey eines gewissen Schülers / der diese Kunst dermassen wohl kunte /daß endlich ein Sprüchwort daraus wurde / wenn nehmlich iemanden ein solcher lauter Buchstabe hinter sich entwischte / so sagte man: Das war ein rechter Schüler. Wurde aber ein solch Wort / das weder Sylbe noch Buchstaben hat / vor sich ausgesprochen / hieß man es [330] einen groben Bauer. Von stummen Buchstaben will ietzt nicht gedencken / sintemahl selbige zwar nicht mit Ohren / wohl aber mit der Nase empfunden werden. Hieraus kan man schliessen / was für Krafft und Tugend in denen so hochbelobten Rettigen müsse stecken. Zumahl / da es insgemein kömmt /daß wenn ein Schüler diese Künste einmahl recht in die Gewohnheit bringet / so darff er hinfort nicht allezeit Rettige essen / wenn er die lauten und stummen Buchstaben hinter sich und für sich aussprechen will /sondern er hat schon einen solchen habitum bekommen / daß er alles auswendig / und ohne studirenpræstiren kan. Ich hätte diese Esels-Kunst nicht mit unter die Aberglauben gezehlet / sondern für einen Schertz gehalten / (wie es denn auch ursprünglich von einer Schertz Rede entsprungen ist) wenn ich nicht gewiß erfahren hätte / daß es so gar dumme Teufel gebe / die in rechten Ernst solches an ihren Kindern vornehmen / und sich bereden lassen / daß dieses Mittel zur Gelehrsamkeit ihrer Kinder was besonders beytragen werde. Wer aber nicht gantz aus seiner gesunden Vernunfft gesetzt ist / der wird aus dieser meiner Vorstellung ja wohl so viel abnehmen können /daß dieses ursprünglich mehr zum Spaß / als Ernst /auf die Bahne gebracht worden sey.

Das 55. Capitel
[331] Das 55. Capitel.
Wenn man sich ohngefehr anspeyet, so erfähret man was neues.

Ich will dieses nicht widerreden / und wenn man gleich auch gar mit dem Maule in Koth fallen solte /würde man gewiß ein gantz Maul voll Novellen heim tragen können. Warum soll man nichts neues erfahren / wenn man sich ohngefehr anspeyet? erfahre ich doch ietzt gleich / da ich nur an dieser Sache schreibe / was neues. Was ist aber dieses? resp. es sitzt ietzt eine gewisse Jungfer allhier / und speyet sich immer selbst mit Fleiß an / weil sie verwichene Nacht sich nicht ohngefehr angespeyet / sondern ohngefehr ein Kind gebohren hat. Nun weiß ich nicht / was dieser Aberglauben für einen Grund hat / denn ich habe mich /meines wissens / heute nicht angespeyet / und habe doch was neues erfahren; dahero schliesse ich / daß diese Regel entweder falsch sey / oder einen gantz andern Verstand haben müsse. Ich will zwar meinen Kopff nicht sehr darüber zerbrechen / weil sichs die Mühe nicht verlohnet / doch gleichwohl vermuthe ich / wenn die neue Kindbetterin sich vor drey viertel Jahren / da ihr die geile Lust angekommen / Unzucht zu treiben / hätte deßwegen mit Fleiß angespeyet / und hätte bedacht / [332] was sie damit für neue Zeitung erregen würde / so / daß sie sich ihrer Schand That halber anspeyen müsse / so würde ihr die kleine und kurtze Lust vielleicht vergangen seyn / und hätte sie und die gantze Stadt heute die schlimme neue Zeitung nicht vernehmen müssen / daß aus einer Jungfer eine Mutter geworden sey. Aber vor gethan und nach bedacht hat manchen in groß Leid gebracht.

Das 56. Capitel
Das 56. Capitel.
So die Kühe des Nachts unruhig seyn / und drummen / so spielet das Jüdel mit ihnen.

Muß daß Jüdel nicht ein närrisch Ding seyn / daß es immer was zu spielen haben will? Es muß meines Erachtens seyn / wie die kleinen Kinder / und die Soldaten / welche alles was sie sehen / gern haben wollen; ich habe ehemahls schon mehr von dem Jüdel erzehlet / wie es mit den kleinen Wochen-Kindern im Schlaffe spielet / solche im Schlaffe lachend mache / und dergleichen Kinder-Possen mehr fürnehme; dahero ich glauben solte / es müsse das Jüdel ein kleines niedliches Aeffgen seyn / zumahl / da sein Nahme in diminutivo ausgesprochen wird. Weil es aber auch zu weilen mit dem Kühen spielet / so solte man schliessen /[333] es müsse ein großbärtiger Jüde / und kein Jüdel seyn; denn weil die Juden das Rind-Vieh zum Opffer gebrauchen / so mag vielleicht den Kühen zu weilen träumen / als ob ein diebischer Jüde mit dem Schlachtmesser in Stall komme / und sie erwürgen wolle / worüber sie mit einem starcken brummen und blöcken erwachen / und ihre albere Wärtherin zu Narren machen. Daß aber diese Narren nicht meynen / als schriebe ich solches in Ernst / so thue ihnen hiermit nochmahl zu wissen / daß weil die Welt gestanden hat / noch kein solch Ding in der Natur erfunden worden sey / welches in dem Verstande / als wie die Weiber von so genannten Jüdel vorgeben / diese Dinge thue /die die Weiber doch glauben / daß solche geschehen. Was das Spiel mit den kleinen Wochen-Kindern anlanget / habe ich an seinem Orte zur Gnüge beantwortet / hier bey dem Küh-Spiel ist nichts besser zu beantworten / als daß alles eine Thorheit sey / welche von abergläubischen Weibern erdichtet ist. Es ist ja kein Wunder / wenn zu weilen ein Wiesel / oder auch wohl eine Ratte / sich des Nachts an die Küh machet /und solche ins Eyter beiset / daß das Vieh anfängt zu blöcken / und zu brummen / und wenn man es höret /schlägt man ein Licht an / und siehet nach / findet aber nichts / da dann der närrische Wahn [334] entstehet /es habe das Jüdel mit den Kühen gespielet: Da man doch billich bedencken solte / daß man Exempel hat /wie auch gar natürliche Kröten den Kühen am Eiter gesogen haben.

Das 57. Capitel
Das 57. Capitel.
Wenn man denen Kindern Schaaf-Lorbern in die Schüchlein thut / so wachsen sie trefflich darnach.

Dieses Kunststück wird gewiß nicht allgemein bekannt seyn / sonst würde manches kleine Knot Fürtzgen / das gerne groß seyn möchte / sich nicht so hohe Absätze an Schuhen machen dürffen lassen. Dieses ist gewißlich ein solch geheimes Kunststück / welches vielleicht kein Narr / sondern wohl gar eine Närrin ausgegrübelt hat / und kan wohl die Frau Sophia selbst gewesen seyn / indem sie in ihrer Jugend hat vermeynet / sie wolle Fuchs Dreck essen / daß sie listig und klug werde / wie ein Fuchß / und hat sich vergriffen / und Schaaf-Lorbern ertappet / die sie aber bald wieder / und zwar in die Schuh fallen lassen /worauf sie so schnell gewachsen seyn wird / daß ihr solcher gestalt die Kunst biß an die Nasenlöcher gekommen / alsdann hat sie nach ihrem Verstande der Sache weiter nach gedacht / wie ja natürlicher weise /Weitzen / Rocken / Gerste und Haber / wie auch [335] alle Gewächse / die mit Schaaf-Lorbern gedünget und bepferchet worden / viel schneller wachsen / als wenn sie in blosse Erde gesäet und gepflantzt werden; ergo, hat sie diesen schönen unrichtigen Schluß nach ihren Verstande gar schön gemacht: Was die Früchte auf dem Felde wachsend machet / daß muß auch die kleinen Kinder wachsend machen. Der Syllogismus ist richtig / aber die Application falsch. Denn ob zwar die Schaaf-Lorbern die Früchte in der Erde wachsend machen / so thun sie solches denen Menschen auf der Erde doch nicht / man wolte es denn mediatè verstehen / wenn nehmlich die Menschen / durch Geniessung derjenigen Früchte / die mit Schaafmist in ihren Wachsthum befördert worden / genehret werden / daß sie groß wachsen. Hingegen möchte man die Kinder gleich gantz und gar mit Schaafmist mästen / und in Kühfladen einwickeln / würden sie hiervon nicht wachsen / wer aber ja so viel auf solche dreckige Künste hält / der mag seinen Kindern Schaaf-Lorbern an statt der Mandelkern geben / und sehen / ob ein Riese aufwachsen werde.

Das 58. Capitel
Das 58. Capitel.
Wenn man Sonntags früh nüchtern nieset / so erboset man sich selbigen Tag.

[336] Worüber erbosset man sich denn? Ich vermeynte /wenn man ein Ubel vorher wüste / ehe es käm / so könte man sich dafür hüten. Wenn nun wahr ist / daß wenn man des Sontags früh nüchtern niesset / man sich erbossen werde / warum setzt man sich denn nicht feste für / daß man sich nicht erbossen wolle / es komme auch vor / was da wolle. Wenn die Weiber krancken / und die Hunde hincken / so pflegt man zu sagen: daß diese sind geschlagen / und jene hätten sich so erboßt: weil ich nun aber sehe / daß die Weiber (zum theil / denn alle thun es nicht / sondern die bösen) sich alle Tage können kranck machen / so muß die Werckeltage die Boßheit nicht wie den Sonntag von nüchtern niessen herrühren / und darum kan das erbossen am Sonntage eben so wohl von einer andern Ursach / als dem niessen entstehen. Zudem / so kömmt es gar abgeschmackt heraus / wenn man sagt: wer Sonntags nüchtern nieset / der erbosset sich selbigen Tag. Warum will man sich denn über das niesen erbosen / welches ein natürliches Werck ist / und warum erboset man sich denn nicht auch über das nüchtern niessen am Montage / an welchem Tage die Narren vermeynen / sie bekämen was geschenckt so sie nüchtern niesseten. Das niessen am Sonntage ist nicht schlimmer als am Montage / [337] und gleichwohl meynen die abergläubischen Weiber / es verursache eine Boßheit. Ihr Narren / gebt nur rech Achtung /warum ihr euch Sonntags erbosset / ists irgend darum / wenn euer Priester in der Predigt eure Laster strafft /und euch etwas derb auf die Blatte trifft / oder wenn ihr zu langsam in die Kirche kommet / oder wenn ihr einen Courtisan bestellet habt / und solcher aussen bleibet / oder wenn ihr aus der Kirchen heim kommt /und die Katze hat vom Hirsen-Brey genascht / oder wenn das Kind die Stube / oder gar den Tisch hat voll gekackt / und was für Ursachen eurer Erbossung mehr sein möchten: ists nun eine von diesen oder auch andern Ursachen / so könnet ihrs ja nicht dem niesen schuld geben / weil sich ja alles dieses ohne das nüchtern niesen zutragen kan. Darum möchtet ihr fornen oder hinten niessen / so hats nichts zu bedeuten.

Das 59. Capitel
Das 59. Capitel.
Wenn schwangere Weiber auf die Bleiche gehen / so bekommen sie weisse Kinder.

Warum nicht grüne Kinder / weil die Bleich-Plätze allezeit schöne grüne sind? Das weiß ich wohl / daß die Weiber / die viel auf die Bleiche gehen / gelb-braun werden / und sagen [338] dann: die Sonne hätte sie so verbrannt; wie machen sie es denn / daß sie ihre Kinder /die noch nicht an die Sonne kommen sind / weiß bleichen können / wie die Leinwat / das Geheimniß ist mir zu hoch / und kan es nicht erforschen. Ich zweifele auch / daß es mir eine werde offenbaren / ob ich sie auch noch so sehr bitten würde. Der Bleichplatz kan die Ursach nicht seyn / weil der Ort ohne aufgebreitete Leinwat kein Bleichplatz heißt / hingegen kan man auf allen grünen Rasen / wo das Wasser nahe ist /einen Bleichplatz machen. Die Sonne kan auch die Ursach nicht seyn / wie ich schon gemeldet / weil sie die die Menschen mehr schwartz als weiß macht; wenn es das Wasser thun soll / so ist bekannt / daß die Weiber ihre noch in Mutter Leibe verborgene Kinder lieber mit Bier oder Wein / als mit Wasser baden. Da nun auf dem Bleichplatz nichts hauptsächliches mehr anzutreffen ist / als die Leinwat / so falle ich nicht unbillich auf die Gedancken / es sey diese geheime Kunst also zu verstehen: Wenn ein schwanger Weib auf die Bleiche gehet / so bekommt sie ein weisses Kind; nehmlich / wenn sie feine schöne weisse Leinwat auf der Bleiche zurichtet / so kan sie hernach dem Kinde feine weisse Hembdgen / Windeln /und Bettgeräthe daraus machen / daß das Kind immer[339] fein weiß und reinlich aussiehet / ob es gleich von Natur eine braune Haut hat. Und also verstehe ich dieses Geheimniß nach meiner Einfalt; solte ich aber das rechte Pflöckgen nicht getroffen haben / so bitte ich / mich eines bessern zu unterrichten.

Das 60. Capitel
Das 60. Capitel.
Wenn man ein Braut-Bett zum ersten mahl macht /soll man bey leibe nicht mit der Hand drauf schlagen.

Mein Fürwitz treibt mich zu fragen / warum? das hochlöbliche Frauenzimmer giebt mir den Bescheid: Es entstehe stets Schlägerey unter den neuen Eheleuten / so man auf das Brautbett mit der Hand klopffet. So so / ist das die Ursach? Nu nu / gebt euch zu frieden / ich will sehen / ob ich ein expediens ersinnen kan / wie dem Ubel am besten abzuhelffen sey / daß hinfort im gantzen Römischen Reich keine Schlägerey unter Eheleuten mehr vorgehen soll. Wenn das liebe Frauenzimmer mit unfehlbaren Gründen erweisen kan / daß die Schlägerey unter den Eheleuten daher entstehe / weil bey Machung ihres Braut-Bettes mit der Hand sey aufs Bett geschlagen worden / so gebe ich allen mannbarn Jungfern / und allen Wittweibergen /die gern wieder [340] fromme Männer hätten / den getreuen Rath: Es thun ihrer eine feine grosse Anzahl zusammen / und stellen die Sache bey dem Reichs-Tage zu Regensburg in einem unterthänigsten Memorial fein bescheidentlich für / was vor Unheil im gantzen H. Römischen Reich entstünde durch die Schlägereyen /so in allen Landen / in allen Städten und Dörffern unter denen Eheleuten entständen / hierdurch würden die Kinder und das Gesinde geärgert / und Anleitung zu lauter Unfrieden in der gantzen Welt gegeben / und weil solch grosses Ubel von nichts anders herkäme /als von den Schlägen / die bey Machung der Braut Bettenhin und wieder mit den Händen geschehen / so wolten sie zu überlegen anheim stellen / wie solchen Braut Bett klopffen in der Welt möchte abgestellet werden können etc. so zweifele ich nicht / es wird bald Anstalt gemacht werden / daß hinführo in allen Ländern / in allen Städten / in allen Aembtern und in allen Dörffern gewisse hierzu vereidete Weiber angenommen werden müssen / welche mit sonderbarenPrivilegiis versehen werden / daß niemand anders als sie die Braut-Betten zu machen befugt seyn sollen /bey Vermeidung 1000. fl. Straffe; hingegen müsten solche Weiber schweren / daß sie auf kein Braut-Bett einigen Schlag thun wollen / [341] sondern wollen nur fein sänfftlich drüber her streichen / dieses wird alsdenn nicht allein alle Schlägerey unter den Eheleuten unterbrechen / sondern auch verhelffen / daß die Eheleute einander an statt der Schläge fein sanfft streicheln /als ob sich zwey Katzen mit einander hertzten. Da werdet ihr dann gewahr werden / was ich euch für einen herrlichen Rath gegeben habe. So ihr aber nicht gantz gewiß erweisen könnet / daß das Schlagen des Braut-Bettes eine Ursach sey der Schlägerey der Eheleute / so rathe ich euch nicht / daß ihrs beym Reichs-Tage anmeldet / weil man daselbst lauter wichtige Dinge fürnimmt.

Das 61. Capitel
Das 61. Capitel.
Wenn ein Kind zur H. Tauffe getragen wird / soll die Wochnerin in alle vier Winckel des Hauses gucken.

Worzu dienet denn dieses? Antwort: die Kinder werden fein behertzt / und fürchten sich für nichts. So werden es ohne Zweifel die meisten Kinder-Mütter ietziger Zeit so machen / weil sich die Jugend leider! weder für GOtt noch Menschen mehr fürchten will /sondern lebet in Tag hinein / daß ferner hin dem Teufel selbst dafür grauen möchte / denn vor diesen war doch noch Furcht gegen Eltern und [342] Præceptores, die Unterthanen furchten sich für der Obrigkeit / und wenn diese was gebotten; so muste über solch Gebot gehalten werden / ietzt aber finde ich bey niemanden keine Furcht mehr. Mein Symbolum heißt: Fürchte GOTT / thue recht / scheu niemand. Wenn man nun GOtt fürchtet / so trachtet man auch darnach / daß man recht thut / welches zwar in des natürlichen Menschen Kräfften nicht stehet / sondern GOtt muß sein gnädig Gedeyen darzu geben / daß man nach allen Kräfften sich befleißiget / recht zu thun. So man nun nach aller Möglichkeit GOtt fürchtet / und recht thut /so hat man alsdenn auch nicht noth / sich für iemanden weiter zu fürchten / oder vor iemanden Scheu zu tragen / es mag nun die Mutter bey der Tauffe in die vier Winckel des Hauses geguckt haben oder nicht /genug / daß GOtt einem solchen Menschen ins Hertz gleichsam zurufft: Fürchte dich nicht / ich bin mit dir / ich erhalte dich etc. wo aber keine Gottesfurcht anzutreffen ist / so mag die Mutter bey dem Tauff-Actu gleich in sechs Winckel des Hauses gesehen haben /so wird doch die Furcht des bösen Gewissens einen dermassen verzagt machen / daß wenn nur eine Mauß vom Simß herab springet / wird man ein Gespenst /oder gar dem Teufel draus machen. Es giebt [343] Leute /die sich stellen / als ob sie sich weder für Teufel noch Gespenst fürchteten: wenn es aber zur Probe kömmt /sind es gemeiniglich die aller furchtsamsten Berenheuter / die ihren eigenen Schatten für ein Gespenst ansehen. Drum wolle sich hinfort die Frau Wöchnerin nur nicht mehr die Mühe geben / in die vier Winckel des Hauses zu sehen / wenn ihr Kind zur Tauffe getragen wird / denn dieses wird ihrem Kinde nicht allein nichts helffen / sondern sie selbst hat sich vielmehr bey Ausübung solches abgöttischen Aberglaubens zu besorgen / daß sie GOtt strafft / daß sie über was erschrecken / oder sich erkälten / und eine Kranckheit davon tragen kan. Hingegen rathe ich ihnen / daß sie in ihren Wochenbetten / bleiben / und für ihr liebes Kind GOtt hertzlich anruffen wollen / daß er dasselbe zu Gnaden annehmen / und durch die H. Tauffe zu einem Kinde GOttes machen / und solches wachsen und zunehmen lassen wolle an Weißheit / Alter und Gnade bey GOtt und den Menschen / alsdenn können sie besser versichert seyn / daß sich ihr Kind für nichts zu fürchten habe; zumahl / wenn sie es zu allen guten Christlichen Tugenden / in der Zucht und Vermahnung zum HErrn / auferziehen.

Das 62. Capitel
[344] Das 62. Capitel.
Wenn eine Braut getrauet wird, soll sie eine alte blaue Schürtze verborgen mit unterbinden.

Hier muß ich abermahl aus curiosität fragen: was bedeutet denn dieses? die Antwort / welche ich auf meine Frage höre / ist folgende: Wenn man hernach einem Kinde / das die Schwerenoth oder Fresel hat /solche Schürtze unterlegt / so hülfft sie wider solche schwere Kranckheit. Ich muß gestehen / es wär der Rede wohl werth / wenn es wahr wär / alleine ich finde das bey den Qvacksalbern gewöhnliche probatum est nicht dabey; drum scheinet die Probe nicht allein müßlich / sondern als ob es gar erlogen wär. Mir kömmt das gantze Werck sehr bedencklich für / denn eine Braut ist eben ein Mensch wie andere; ist sie nun eine reine Jungfer / so bleibt sie es auch / und wird durch die Trauung an ihrer Jungferschafft keines weges geschwächt / biß sie ihrem angetraueten Manne beylieget. Wie kan sie denn nun der alten blauen Schürtzen eine solche Krafft mittheilen in der Stunde /da sie mit einem Manne copuliret wird / als zu anderer Zeit? fähret denn irgend die Freude / welche die Braut in der Trauung empfindet / in die verborgene blaue [345] Schürtze / daß diese hernach ein Specificum Epilecticum abgeben kan / oder was ists für eine wunderliche Krafft / dahinter man nicht kommen kan? Weil in solcher Stunde die Braut ein Weib genennet wird / (ohnerachtet sie noch eine Jungfer ist) erschrickt sie vielleicht so / und fähret irgend solch Schröcken / in die Schürtze / daß es hernach mit solcher Schröcken-vollen alten Schürtze hergehet nach dem alten Sprüchworte: Böses muß böses vertreiben. Also wird das Schröcken / das in der alten Schürtzen steckt / des Kindes Schröcken vertreiben und ausjagen sollen / als wie es einige Thüringer Bauern mit ihren Hauß-Grillen machen / wenn sie etliche Feld-Grillen fangen / und in ihre Häuser tragen / da denn die Feld-Grillen die Hauß-Grillen todt beissen / und sich hernach wieder aufs Feld begeben. Es sey aber nun wie es wolle / so ist das Ding mit der blauen Schürtze ein Aberglaube / den eine ehrliche und Christliche Braut nicht practiciren wird / auch rechtschaffene Eltern an ihren am Fresel kranck liegenden Kindern nicht gebrauchen / und dagegen heilsame und ordentliche Mittel verabsäumen werden.

Das 63. Capitel
Das 63. Capitel.
Wenn man die Schuhe verkehrt zum [346] Haupte des Bettes steckt / so drücket einen der Alp des Nachts nicht.

Der Alp drückt nur die Narren / aber solche Leute /die ihre gesunde Vernunfft brauchen / haben vor diesem Unthiere / oder Non-Ente, guten Friede. Ich habe schon an einem andern Orte in dieser Rocken-Philosophie vom Alpdrücken gedacht / und hoffendlich zur Gnüge erwiesen / daß keine Creatur in der Natur sey / welche mit Recht und Bestande der Wahrheit kan beschuldiget werden / daß sie unversehens die Menschen des Nachts in Bette überfalle / und solche drücke / daß sie weder schreyen noch reden können: so habe ich auch an selbigen Orte schon gemeldet / was ein solch vermeyntes drücken bedeute / dannenhero ich mich hierbey nicht lange aufhalten will /doch will ich noch eine gantz neulich geschehene Historie hiermit beyfügen: Es wird kaum 4. Wochen seyn / da mich ein gewisses Bauerweib um guten Rath fragte / ob ich nicht etwas wüste wider das Alpdrücken / ihre Magd wär so sehr damit geplagt / und wolte ihr nichts helffen / was andern Leuten geholffen hätte. Das Mensch würde gantz matt davon etc. vor 8. Tagen ist es ausgebrochen / was es für ein Alp gewesen ist / der die arme Magd so gedruckt hat / denn weil ihr der Alp gar zu sehr aufs Leder gestochen [347] hat /soll sie nun bald ins Kindbettkommen / und könte sich leicht verweilen / daß hernach der vermeynte Alp sich verwandelt / und ein Jüdel daraus wird / ob er gleich ietzo die Gestalt des Pferde-Knechts gehabt hat. Auf solche Art wird manch Weib oder Magd vom Alp gedruckt. So will ich auch nicht widersprechen /daß zu weilen die Mägde / auch wohl die Weiber selbst in der Knechte ihre Kammern und Betten schleichen / und die arme Kerlen drücken wie ein Alp / davon ich Aergerniß zu vermeiden letzt kein Exempel anführen mag / ob mir gleich eines bekannt ist /welches sich seiner Umstände wegen nicht übel hierher schicken solte.

Das 64. Capitel
Das 64. Capitel.
Wenn eine Wöchnerin Nadeln in die Vorhänge steckt / so kriegt das Kind böse Zähne.

Das kan man wohl glauben / denn das Kind wird verwand loßt / daß es damit in Zähnen stirlet / und sticht sich Löcher hinein / daß sie hohl werden. Aber wo sinne ich hin? das Kind hat und bekömmt ja in 6. Wochen noch keine Zähne / so kan sichs nicht mit den Nadeln stochern / weils keine Zähne hat. Zudem /so sehe ich beym Eindeckeln der kleinen Wochen-Kinder / [348] daß die Kinder-Mütter allemahl das Kißgen /worein das Kind gedeckelt wird / mit grossen Steck-Nadeln zustecken / so nun die Nadeln zu Verderbung der Kinder-Zähne solten Ursach geben in 6. Wochen /so müsten diese / die in Kissen stecken / noch mehreffect haben / als die in den Vorhängen des Wochen-Bettes. Wolte man aber in dem närrischen Wahn stehen / ob steckten des Kindes Zähngen / die es in einem Jahre erst kriegen solte / ietzt noch in denen Vorhängen des Wochenbettes / so müste man erst die Ursach anzeigen / warum die Zähngen ietzt in denen Vorhängen / und nicht vielmehr in des Kindes Kinnbäckelgen verborgen lägen / da glaube ich / dürfftealtum silentium die beste Antwort werden. Ist dannenhero nicht genug / so ich nur eine Sache her plaudere / und spreche: Diese oder jene hats gesagt / kan aber keine einige Ursach anführen / warum das oder jenes so oder sonst beschaffen ist / sondern es muß ein Ding fein bewiesen werden / sonst kan niemand verdacht werden / der es nicht glaubet / wie ich denn so lange an diesem abergläubischen Fürgeben zweifele / und nichts davon glaube / biß mir richtige rationes angegeben werden können.

Das 65. Capitel
[349] Das 65. Capitel.
Wenn eine schwangere Frau einen Strick an statt eines Gürtels um sich bindet / dessen Kind wird gehenckt.

Wer natürlichen Todes stirbt / und ehrlicher weise zur Erden bestätiget wird / der wird ohnfehlbar gehenckt /ja alle Menschen / die Christlich beerdiget werden /die werden beym Begräbniß mit Stricken im Sarge ins Grab eingesenckt / daß der Sarg an den Stricken hänget / samt der Leiche / und muß freylich solcher gestalt wahr seyn / daß ein Kind / dessen Mutter einen Strick um den Leib thut / so sie mit solchem Kinde schwanger gehet / gehenckt wird / weil ordentlicher weise alle Menschen auf solche Art gehangen werden; hingegen mag auch die Mutter einen silbern Gürtel umgehabt haben / und keinen Strick / so geschicht das Hengen auf nur beschriebene weise dennoch. Ob nun aber gleich Sonnen-klar am Tage liegt / daß dieses Fürgeben seinen Ursprung von einer Schertz-Rede bekommen hat / so giebt es doch so gar einfältig und gar zu leichtgläubig Volck / die solches weder bedencken wollen / noch überlegen können. Welches aus nachfolgender Begebenheit genugsam erhellet: vor einem Jahre gehet ein schwangeres Bauerweib auf [350] ein bekanntes Städtgen / ein Schwein zukauffen / nimmt aber den Strick / daran sie das Schwein / welches sie erhandeln wollen / zu führen gesonnen / und bindet damit den Rock wie mit einem Gürtel auf / es trägt sich aber gleich zu / daß ein Scharffrichter hinter diesem Weibe hergehet / seinen Degen ausziehet / den Strick dem Weibe am Leibe entzwey schneidet / und spricht zum Weibe: Jetzt habe ich euer Kind vom Galgen abgeschnitten / sonst würde es ohnfehlbar seyn gehenckt worden / weil ihr den Strick um euch gebunden habt / da ihr mit einem Kinde schwanger gehet. Was dieses dem armen Weibe für ein Schrecken wird gewesen seyn / kan man sich leicht einbilden. Daß aber an der gantzen Sache nichts denn ein Aberglaube sey / beweise ich daher: Was ist ein Strick? zusammen gedrehet Werg / Flachs oder Hanff. Zu wie viel 1000. Dingen wird diese Materie ohn einig Bedencken noch Schaden gebraucht? woher soll nun in einen Strick eine solche böse Eigenschafft kommen? die Arbeit die der Seiler mit seinem Spinnen daran gethan hat / kan darzu nichts thun / es müste sonst alle Seiler-Arbeit dergleichen bösen effect haben / man weiß aber / daß ein Trageband / welches der Seiler gemacht hat / die abergläubische Leute in solche Furcht nicht setzet / als wie ein [351] Strick.Ergo, kan des Seilers Arbeit nicht Schuld seyn. Die Materia an sich selbst thuts auch nicht / sonst dürffte ein schwanger Weib nichts Hänffnes an sich tragen; was soll aber nun die Ursach seyn? soll es die blosse Benennung (Strick) thun / weil man insgemein an Stricken die Diebe henget / so möchte man den Strick um sich gebunden haben oder nicht / so würde doch die blosse Benennung des Stricks eine schwangere Frau in solch Schrecken setzen / daß sie meynte / ihr Kind möchte irgend gehangen werden; aber solcher gestalt könte sich ein schwanger Weib auch für eine gedrehete Weide / für einen langen Riemen / oder für eine jegliche Materie / daran man sich erhencken könne / fürchten. Allein / ich versichere eine iede Christliche Mutter / daß sie sich für alle das nicht die geringste Furcht machen dürffe / als würde ihr Kind damit zum Galgen verwahrloset werden. Nein / dafür wird GOtt seyn. Hingegen will ich euch dennoch nicht rathen / daß ihr in euerer Schwangerschafft euch mit Stricken gürtelt / nicht um erwehnten Aberglaubens willen / sondern weil ihr mit solchen runden Stricken /so ihr euren Leib damit gürtelt / eurer zarten Frucht gar leicht einen Schaden zufügen möchtet / daß es zum Krüpel wird / denn die harten Stricke können [352] die weichen Gliedergen leichte krumm drücken / ja wohl gar dem Kinde am Leben Schaden zufügen. Also ist zwar wohl die Umbindung eines Stricks schädlich /iedoch aber nicht in solchen Absehen / daß darum das Kind müsse gehenckt werden.

Das 66. Capitel
Das 66. Capitel.
Eine Wöchnerin soll nicht in Teig greiffen / sonst kriegt das Kind aufgerissene Hände.

Gleichwie man denen Kindern offt etwas fürschwatzt / daß wenn es das / oder jenes nicht stehen ließ / so hätte es das und das Ubel davon zu gewarten; e.g. im Winter sagt man zum Kindern / welche gern zum Fenster aussehen: sie solten zumachen / sonst blase ihnen der Ruppert die Augen aus; da doch das Verbot nicht um der Kinder Augen wegen / sondern um der Kälte willen / die zum offenen Fenstern hinein in die Stube gelassen wird / geschicht: Also und nicht besser machen es die Weiber offt mit denen Wöchnerinnen / da schwatzen sie ihnen bald dieses / bald jenes vor /warum sie nicht hinaus gehen dürffen / oder warum sie das oder jenes nicht thun dürffen; da doch an sich selbst nurdenen Wöchnerinnen eine Furcht damit eingejagt werden soll / daß sie sich ein und anderer [353] unnöthiger Verrichtung enthalten sollen. Und aus solchen verblümten Verboten sind die meisten Aberglauben entstanden; alsdann fürchtet sich der abergläubische Mensch / wo nichts zu fürchten ist. Gleich wie dieser unter der Striegel habende Punct eben auch dergleichen einer ist. Es ist nicht fein / daß die Wöchnerin / die in ihren Sechswochen zu thun genug mit ihrer eigenen / als auch mit Reinigung ihres Kindes hat /mit essender Waare viel zu schaffen haben soll / denn es nicht ohne ist / daß viel Leuten für solcher Speise eckelt / die von Wöchnerin bereitet worden sind. Daß man nun die Wöchnerin vom kochen und backen abschröcken möge / ist etwas erdichtet worden / daß man ihnen vorsaget / so sie das oder jenes thun würden / so würde es ihr Kind entgelten müssen. Denn es ist leider! bekannt / daß ein abergläubisch Verbot bey den Kindern der Finsterniß mehr gilt / als 100. Gebote oder Befehle GOttes / weil die Hartnäckigkeit / u. die Verwegenheit vieler Menschen so groß ist / daß sie GOtt und sein Wort und Willen gar nicht achten /biß ihnen der Glaube in die Hände kömmt. Offt ist nun zwar ursprünglich die Meynung nicht böse /wenn man einen andern von etwas abzuhalten gedencket / dadurch er Schaden nehmen oder thun möchte /und sich auf keine andere [354] Wege will wehren lassen /als mit Vorschwatzung und Bedrohung einer Gefahr. Aber / weil solche erdachte und falsche Erfindungen /(ohnerachtet sie auf einen Nutzen abzielen sollen) nicht aus der Wahrheit ihren Originem haben / so gedeyen solche Lügen endlich auch zu Aberglauben /daran der Satan seine Freude hat. Daß eine Wöchnerin des einsäurens und knetens zum backen sich enthalten solle / ist um der Reinlichkeit willen billig /wenn es aber die unumgängliche Nothwendigkeit erfordert / daß eine Wöchnerin den Teig einmachen /und auch knetten muß / so wird es wahrlich ihrem Kinde zu Aufreissung der Hände nichts schaden / es sey denn / daß das Weib den Teig an ihren Händen andorren lasse / und damit des Kindes Händgen aufreisse / so muß freylich das Kind aufgerissene Hände haben.

Das 67. Capitel
Das 67. Capitel.
Wer Bier in Bottige stehen hat, der soll / ehe das Bier gefasset worden / keinen Brodt-Teig in seinem Hause einmachen / es wird sonst alles sauer.

Ich verstehe / daß der eingemachte Brodt-Teig sauer werde / denn es muß allerdinges säuren / weil darum der Sauerteig darzu kömmt. Wer aber glaubet / daß das im Bottige stehende [355] junge Bier darum versauern werde / weil man im Hause hätte Brodt-Teig eingemacht / dem scheinet seine gesunde Vernunfft versäuert zu seyn. Denn man wolle nur die absurdität erwegen / daß es ja nicht möglich seyn kan / daß der Sauerteig / der im Wohnhause in Teig gethan wird / kan offt über eine oder zwey Gassen hin ins Bräuhauß zum Biere in Bottige eine so übele Würckung machen / da hingegen die Einsäurung derer Brodt-Teige in andern Häusern / welche dem Bräuhause gantz nahe gelegen / dergleichen Würckung nicht haben. Wer giebt denn eben nur dem Teige / dessen das Bier gehöret /so eine schädliche Würckung / dergleichen viel näher gelegene Brodtteige nicht haben? sicherlich / es müssens die Narren nur ihres gleichen weiß machen / vernünfftige Leute aber lassen sich dergleichen Thoren-Geschwätz nicht einreden. Dieser Aberglauben scheinet aber meines Erachtens von einem Schaden-Bräuer erfunden zu seyn / denn wenn zu weilen ein Bräuer das Bier verwarloset / erdencket er Lügen / und bricht Ursach von andern Zäunen / auf daß die Schuld nicht ihm beygemessen werde / davon ich ein Exempel erzehlen will. Vor ohngefehr etliche viertzig Jahren wurde ich in Arnstadt in ein Bräuhauß geschickt / daselbst schertzte ein Knecht mit einer [356] Magd / und jagten einander in Bräuhause herum / die Magd wurde vom Knecht mit Wasser gespritzt / wolte demnach den Knecht mit dem in Händen habenden Besen werffen / indem sie warff / bückte sich der Knecht / und der Besen / an welchem alte saure Tröbern hingen /floh gleich in den Bier-Bottig / worinnen das junge Bier stand / brachte alles Bier ins hefftigste brausen /und wuste niemand / was dem Biere widerfahren war /als nur allein die Magd / der Knecht und ich. Ob nun zwar der unschuldige Bräuer darum hart zur Rede gesetzt wurde / konte er doch nicht helffen / iedoch wendete er allerhand Ursach ein / bald solte das Maltz von branntigen Weitzen gemacht seyn worden / (denn es war Weitzen-Bier /) bald solte es eine andere Ursach seyn. Einmahl war das Bier vor der Zeit sauer /und niemand wuste warum / ausser unser dreye / die es aber nicht sagten. Wenn aber der Bräuer sich hätte auf eine solche Lügen / wie dieser Aberglauben ist /besinnen können / so würde er der Ungedult des bräuenden Wirthes bald haben können vorkommen / drum soll man nicht alle Lügen stracks ohne Bedacht glauben / sondern die Vernunfft zu rathe nehmen / und überlegen / ob ein Ding natürlicher weise sich so oder so könne zutragen / sonst wird offt eine nöthige [357] Verrichtung ohne Noth unterlassen / wie hier das Brodtteig einmachen.

Das 68. Capitel
Das 68. Capitel.
Wenn auf einer Hochzeit keine Glässer zerbrochen werden / so werden die neuen Eheleute nicht reich.

Daß es fast auf allen Hochzeiten verschwenderische Narren giebt / welche ein ausgezechet Glaß nach dem andern wider die Wände schmeissen / und sich dabey einbilden / als hätten sie Helden-Thaten damit vollbracht / ist leider! all zu bekannt. Daß diese Flegeley aber nicht diene zum reichwerden der neuen Eheleute / kan man gar leicht ermessen / weil alles zerbrechen solcher Dinge / die noch nutzbar sind, allerdinges Schaden bringet / aller Schaden aber verursacht Abnehmung der Nahrung / diese trägt Armuth auf dem Rücken mit sich. Ergo, wird dieser vorhabende Lehr-Punct wohl eine Lügen seyn / welche eher arm als reich machet. Denn ob gleich die Glaß-Scherben klingen wie Geld / so wird doch nimmermehr kein Geld daraus werden; zwar bedeuten sie Geld / denn der Bräutigam muß schuldiger massen die zerbrochene Gläser bezahlen mit Gelde / denen / die die Gläser hergeliehen haben; würden aber keine zerbrochen / so könte [358] der Bräutigam das Geld / das er davor zahlen muß / in Beutel behalten / und um so viel reicher bleiben. Man wolte denn mit diesem Artickel gantz eine unnütze Sorge fürschützen / und sagen: Wenn auf einer Hochzeit die Glässer gantz gelassen würden / so erinnerten diese Glässer die neuen Eheleute nur immer an das Sauffen / und träncken offt ohne Durst / nur um der schönen Glässer willen / auch würde die junge Frau Gelegenheit finden / in solchen Glässern alle Morgen Brantewein zu holen / welches sie in Ermangelung eines Glasses wohl unterließ. Allein / wer siehet und begreifft die kahle Ursach solcher Verwüstung nicht? kan denn ein junger Ehemann diesem Ubel auf keine andere Art vorkommen / als nur mit Zerwerffung der Glässer? er darff ja nur die Glässer fein in integrum restituiren / wo er sie bekommen hat / oder so er sie gekaufft hat / um ein leidliches wieder nach der Hochzeit verkauffen / so wird er solche loß /und die Sorge ist mit wenigern Schaden gestillet / als wenn sie verwegener weise zerworffen worden wären. Denn auch das Glaß ist eine herrliche Gabe GOttes /und die aller geringste Gabe GOttes soll nicht so schändlich gemißbraucht werden / oder GOtt schicket hernach insgemein zur gerechten Straffe lauter Armuth / welches sonderlich diejenigen [359] Röckel / die die Glässer nach aller Verschwender Art insgemein auf Hochzeiten / den neuen Eheleuten zum Schaden / zerwerffen bedencken soltē. Und kan ich mit Wahrheit sagen / daß ich dergleichen Schlingel gekennet habe /die eine Ehre unter Zerbrechung vieler Glässer gesucht haben / und doch hernach die elendesten und ärmsten Teufel worden sind / welche sich mit Narrendeutung und Schmarutzen endlich ernähren müssen. Dahero ich billig sage: Tölpel / mercks.

Das 69. Capitel
Das 69. Capitel.
Wenn sich ein Hund aufn Rücken waltzet / ist eine glückl. Stunde.

Sind denn nicht alle Stunden so wohl glückl. als auch unglücklich? ein Menschhat zu weilen ohnversehens das grösseste Unglück / da hingegen in eben der Stunde ein anderer lauter Glück hat. Da nun solche contraire Begebenheiten zu einer Zeit vorgehen / so kan ohnmöglich eine Stunde besser seyn als die andere /ratione der Stunde an und für sich selbst / daß wir aber in einer Stunde glücklicher sind als in der andern / daran ist die Zeit nicht schuld / sonst müste in mancher Stunde gar niemand glücklich / und in mancher niemand unglücklich seyn können / da doch / wie schon gesagt / zu einer Stunde einer glücklich / und ein anderer unglücklich ist; [360] wer will nun solchen zwey Personen / die contraire fata haben / sagen können / es sey diese Stunde glücklich gewesen / denn einer glaubte es / der andere aber müste es läugnen. Daß wir in mancher Stunde unglücklich sind / ist gar nicht die Stunde Ursach / sondern unsere Sünde / und GOttes Ordnung / und abgemessene Zeit / die nicht von uns zu ändern stehet. Was nun aber das Weltzen eines Hundes anlanget / so ist freylich wohl zu solcher Zeit / da der Hund sich aufn Rücken waltzet / der Hund muthig / aber nicht um der guten Stunde willen / sondern um des Geruchs willen / den der Hund an manchem Ort empfindet / und sich daselbst aus Muthwillen waltzet. Und gesetzt / aber nicht gestanden /einem Hunde falle manche Stunde glücklich / so participiret doch ein Mensch an dieser Glückseligkeit nicht zu gleich; als z.E. ein treuer Hund begleitet seinen Herrn ins Gefängniß / oder in Schuld-Thurn / und waltzet sich unterwegen; mein sage mir / wo ist da eine glückliche Stunde? gewiß ists / daß der arme Schuldner sich solcher Stunden nicht zu freuen hat /ob gleich ein unbarmhertziger Creditor in solcher Stunde sein Müthgen zu kühlen vermeynet. Also ist auf das Hunde waltzen nichts zu reflectiren / sondern die Zeit und Stunde wie GOtt will / [361] und wie GOtt die Glücks- und Creutz-Stunden austheilet und abmisset /sollen wirs uns gefallen lassen / und für alles GOtt dancken.

Das 70. Capitel
Das 70. Capitel.
Wenn die Kühe im Frühlinge zum erstenmahl ausgetrieben werden / soll man sie durch einen Krantz von Gundermann melcken.

Wozu dienet dieser Unrath? Antwort: daß dem Teufel ein Gefallen erwiesen / und der Satan damit geehret werde. Nein / sagen die alten Wetter-Huren; das ist nichts böses / sondern damit verhüten wir / daß uns die Hexen das Vieh nicht bezaubern / oder die Milch berauben können. O ihr Thoren! der Satan und seine Werckzeuge / die ihr Hexen nennet / werden sich um euren elenden Gundermann-Krantz wenig hudeln /wenn sie euch bezaubern wollen. Ihr wollet die Hexen mit euern Narrenpossen abhalten / und indem ihr die Kühe durch einen von Gundermann gemachten Krantz melcket / zaubert ihr wahrhafftig selbst / denn alle Verrichtung / die aus Aberglauben vorgenommen wird / ist Zauberey. Wie wollet ihr euch denn nun der Hexen erwehren / da ihr doch selbst zaubert? ihr macht ja aus euern Gundermann-Krantz einen Abgott / [362] und sündiget damit wider den wahren eigen GOtt /und das erste Gebot. Denn worauf ich mein Vertrauen setze / das mache ich zum Götzen. Ihr setzt euer Vertrauen auf den Gundermann Krantz / damit macht ihr ihn zum Götzen / und setzet inzwischen das Vertrauen / das ihr zu GOtt haben sollet / bey seite. Seit also ärger / denn die Heyden / denn diese sündigen aus Unwissenheit / ihr aber als Christen habt ja die Wissenschafft vom wahren GOTT / und sündiget wissentlich / daher ihr auch eine härtere Verdammniß zu gewarten habt / als die blinden Heyden / die von GOtt nichts wissen. Damit ihr aber überwiesen werden möget / daß die Zauberer auf euern Gundermann nichts geben / so versuchts einmahl / und bittet ein Weib / das ihr in Verdacht habt / als wär sie eine Hexe / zu euch zu Gaste / und setzt ihr einen guten Eyerkuchen vor / worein gehackter Gundermann gebacken ist / so werdet ihr sehen / daß sie getrost essen / und für dem Gundermann sich nicht scheuen wird.Probatum est.

Das 71. Capitel
Das 71. Capitel.
Wenn man am Walburgis-Tage einen Krantz von Gundermann aufsetzt / und damit zu Kirchen gehet /kan man alle Hexen erkennen.

[363] Wenn du zum Hause GOttes gehest / so komme / daß du hörest / das ist besser / denn der Narren Opffer /Pred. 4. wie kan doch eines solchen Narren sein Kirchgang angenehm seyn / wenn er kömmt / nach den Hexen zu sehen / nicht aber GOttes Wort und Willen anzuhören. Ich will nicht verläugnen / daß ich ohngefehr in meinen neundten Jahre meines Alters auch einst eben einen solchen Narren agiret habe /welches mir GOtt verzeihen wolle. Denn als ich von unsern Gesinde mehrmahls erzehlen hörte / daß wer am Walburgis-Tage früh nüchtern stillschweigend in die Kirche ginge / und einen Gundermanns-Krantz aufsetzte / könne man alle Hexen erkennen / denn es würde eine eine Melckgelte / die andere ein Butterfaß / die dritte einen Besen etc. in Händen haben: Ich nahm dieses zu Ohren / machte mir an Walburgstage frühe in aller Stille einen Krantz von Gundermann /weil ich nicht weit darnach gehen durffte / denn er wuchs häuffig um unser Hauß herum. Diesen legte ich auf meinen Kopff / setzte den Hut drüber / und wanderte also nach der Kirchen / aber nicht mit der Begierde wie Zachäus / daß ich JEsum hätte sehen mögen / sondern ich war curiös Hexen zu sehen. Nun ists zwar gewiß / daß ich alle Leute / die zur Kirche gegangen waren / genau [364] betrachtete / aber kein Mensch kam mir anders vor als zu anderer Zeit / ohnerachtet doch unterschiedliche darunter waren / auf die man grossen Verdacht hatte / als ob sie zaubern könten; derohalben schämte ich mich meines närrischen Unternehmens / und warff meinen Gundermann-Krantz bey seite. Ob ich nun zwar nicht läugnen kan / daß ich damahls als ein unverständig Kind sehr unrecht gethan habe / so habe doch dadurch einen gewissen Beweiß durch mich selbst / daß dieser Punct erlogen / und ein närrischer Aberglauben sey.

Das 72. Capitel
Das 72. Capitel.
Die Kühe, die gekalbet haben, führen die Bauern in Thüringen über dreyfach Eisen.

Diesen Aberglauben habe ich zwar längst gewust /aber doch biß dato noch die rechte Ursach nicht erfahren können / zu was dieses dienen soll; sie legen insgemein ein stück Eisen in die Stall-Thürschwelle /ein stück inwendig / und das dritte stück auswendig /und führen die Küh darüber hin. Es mag nun dieses bedeuten sollen was es wolle / so wird es doch ohnfehlbar in einem Aberglauben bestehen / darzu nichts hilfft / ohne Zweiffel aber wird es so viel bedeuten sollen / daß die Kühe forthin gute Milch und [365] Butter geben sollen; weil das Bauer-Volck auch glaubet /daß wenn sie beym Butterrühren einen Stahl unters Butterfaß legten / so gerathe die Butter bald und wohl / wie denn bekanntermassen viele beym Butterrühren ein Messer ans Butterfaß stecken / und zwar ein drey Creutziges / auf daß ja der Aberglaube ein Ansehen bekömmt. Was aber nun nach ietzt vorhabenden Punct das 3. fache Eisen einer Kuh in einer Minuten /oder so lange als die Kuh drüberhin schreitet / für Krafft mittheilen könne / ist leicht zu gedencken /nehmlich nichts. Indem ich dieses schreibe / kömmt ein adelicher Verwalter zu mir / den ich frage / was die Uberführung der Küh über 3. fach Eisen bedeute /welcher mich berichtet: die Bauern glaubten / wenn sie dieses thäten / so gingen die Küh aufs folgende Jahr nicht gölte / sondern würden wieder trächtig. Aber fürwahr / dieses hat gar keine Krafft / und wird der Brummochse nicht rüchen können / welche Kuh über Eisen geführet worden sey / und sie desto lieber besteigen. Es ist ja bekannt / daß die Kühe den gantzen Winter an eiserne Ketten angebunden sind /wenn nun das Eisen der Kuh solte so viel gutes durch seine effluvia mittheilen können / so würde es die stets am Halse tragende Kette eher können præstiren /als das dreyfache Eisen / darüber die [366] Kuh in einer Minute überschreitet / und hernach weiter nicht mehr darzu kömmt. Ich will es aber dahin gestellet seyn lassen / daß in der Physica was gefunden werde / dadurch diese Gauckeley möchte defendiret werden können / als ob das Eisen / wenn eine Kuh / nachdem sie gekalbet / und über das Eisen gehet / dieses durch seine effluvia bey der Kuh so viel würcken könne /daß nach Abgang des Kalbes der Kuh im Leibe alles wieder zurechte komme / das forthin keine Gefahr zu besorgen sey etc. so wird doch ein ohnfehlbarer Aberglauben aus der gedritten Zahl gemacht / daß es eben dreyfach Eisen seyn soll / da doch wohl ein einig groß Stück / oder viel kleine eben auch die erwünschte Hülffe leisten würden / woferne ja etwas wahres dabey zu finden wär.

Das 73. Capitel
Das 73. Capitel.
Wenn ein Schwein beschrien ist, soll man die Blätter von einer alten Karten inwendig hin und her im Saustall anzwecken / so wird es mit ihr besser.

Das ist ein fein lustig Hülffmittel vor die säuische Patienten. Ich erinnere mich / manchmahl gesehen zu haben / daß die Schwein- und Küh-Hirten auf dem Felde beysammen gesessen sind / und haben in der Karten gespielet. [367] Ob nun aber irgend die Schweine ihre Lust und Ergötzung am Kartenspiel haben / kan ich nicht wissen. Es ist bekannt / daß das Vieh / das man für beschryen Vieh hält / insgemein traurig stehet / den Kopff hencket / nicht frisset / und am Leibe abnimmt; da hingegen das gesunde Vieh sich muthig und munter erweiset / und lustig sein Futter frißt / ja /nicht anders als ein lustiger Spieler sich stellet; dahero vermeynet vielleicht Frau Sau-Ursel / wenn ein Schwein / ihrer Meynung nach / beschryen wär / und so Maulhanckolisch im Stalle liege / wie einer der 6. mahl hinter einander labet geworden / so sey wohl kein besser Mitel / als wenn das krancke Schwein die beyden Schirwentzel samt denen 4. Täussern / und andern zugehörigen Blättern um sich herum sehe / dadurch bekomme das liebe Schwein wieder zu allen Dingen Appetit / und guten guten Muth / und wer wolte auch nicht courage werden / wenn man in seinen Zimmer solche vortreffliche Bilder und Conterfaits um sich herum siehet / werden doch wohl lüderliche Panqverotmacher courage, wenn sie das Buch der vier Könige erblicken / geschweige eine beschryene Sau / die sich allerdings ermuntern muß / wenn sie wieder alle Gewohnheit in ihren kleinen Zimmer solche wunderliche Gemählte erblicket / sonderlich die[368] Eckern / welche sie gern zu fressen pfleget / so wird sie auch ihr eigen Contrefait auf einigen Blattern gewahr / denn wo ich nicht irre / so findet man auf etlichen Schneeberger Kartenblättern auch gemahlte Schweine. Also hat sich Mutter Sau-Ursel ein gewisses remedium für eine beschryene Sau erfunden / hat auch gar wohl gethan / daß sie dieses Mittel hat bekannt gemacht / denn sie muß gleichwohl selbst besorgt seyn / daß einmahl ohngefehr ein lose Maul über die schöne Frau Sau Ursel käme / und sie beschrie / wer würde dann ausser diesem Mittel sonst wissen / wie ihr zu helffen sey. Ich meines Orts bleibe GOtt lob! unbeschryen / dahero auch keine Karte in mein Hauß darff gebracht werden; zwar hilfft dieses Mittel auch nur allein denen alten Sauen und Schweinen.

Das 74. Capitel
Das 74. Capitel.
Wenn man Milch, Bier oder Wasser in Ofen am Feuer stehen hat / zu einer Suppe oder Brey / soll man solches ja ja nicht lassen überlauffen im sieden / es werden sonst die Kinder frat.

Das ist mir und iedermann zwar gar wohl bekannt /daß wenn man eine siedheisse Suppe isset / man die Zunge und das Maul [369] verbrennet. Daß aber ein am Feuer im Ofen stehend Bier / Wasser oder Milch /wenn ohngefehr es im starcken kochen oder sieden überlaufft / verursachen soll / daß das Kind im Hause zwischen den Beingen / oder unter den Achseln frat oder wund werde / will ich so schlechter dinge nicht glauben. Denn es werden viel Kinder frat / ob gleich keine Suppe / Milch oder Wasser in Ofen gelauffen ist / und also ist der Beweiß gar übel gegründet /wenn man sagt: das Kind ist frat; warum? weil die Milch oder das Wasser im Ofen ist übergelauffen. Wobey nun wohl nicht unbillig die curiöse Frage aufgeworffen werden möchte: wenn nun aber das Wasser / die Milch oder das Bier / das im Ofen an Feuer stehet / und übersiedet / und ist kein Kind im Hause anzutreffen / über wem kömmt alsdenn die Würckung des frat machens? solte es die Kinder / der Ganß /oder der Ente / oder der Henne oder eines andern Viehes im Hause betreffen / denn thaligte Narren pflegen sie also zu nennen; so mögen sie solche übern Tisch legen / wie man den Kindern zu thun pfleget / das fratte Fleckgen an ihnen suchen / und es mit dem Galmey-Beuschel aussteuben / damit es heil werde; oder so es die jungen Ratten Mäuse / Flöhe und Wantzen betreffen solte / soll ihnen frey [370] stehen / dergleichen Arbeit auch an diesen zu thun / damit ja nichts frattes in ihrem Hause sey. Drum ist mein wohlgemeynter Rath / daß die Weiber diesen lüderlichen Glaubens-Punct den Mägden aus dem Sinn zu bringen suchen /auch selbst nichts drauf halten / denn ich wills ihnen schrifftlich geben / daß er erlogen ist.

Das 75. Capitel
Das 75. Capitel.
Wenn eine schwangere Frau einem armen Sünder /der abgethan werden soll / nachgehet / oder nur über den Weg / den der arme Sünder gegangen / schreitet /so muß hernach ihr Kind eben auch dieses Todes sterben.

Dieses Capitel kömmt bey nahe mit dem überein /was wir im 65. Cap. dieses sechsten Hundert Aberglauben durchgestriegelt haben. Und gleich wie dort es keine böse Folge macht / wenn eine schwangere Frau einen Strick um sich bindet / daß dadurch keines weges verursachet wird / daß das Kind hernach dem Galgen müsse zu Theil werden / also kan hier auch dieser Aberglaube keinen gewissen Grund haben /daß so ein schwanger Weib über den Weg gehet /worüber ein zum Tode verurtheilter armer [371] Sünder geführet worden / ihr Kind hernach auch eben solches Todes sterben müsse. Nein / das kan durchaus nicht seyn / und wär dieses der Gerechtigkeit GOttes zum Nachtheil geredt. Denn man bedencke nur / wie weit /und wie viel Gassen durch mancher armer zum Tode verurtheilter Sünder geführet wird / ehe er an die Gerichts-Stelle kömmt / da muß sichs ja wohl unumgänglich gar viel mahl begeben / daß schwangere Weiber über solchen Weg gehen / auch wohl gar dem armen Sünder nachlauffen / wie solten derer ihre unschuldige arme Kinder darzu kommen / daß sie um solcher Verwahrlosung willen unschuldig leiden solten? Wie viel würden denn solcher Gestalt zum Galgen / Rade / Scheiterhauffen und Schwerdtstreich geführet werden müssen? Das wär sicherlich eine schreckliche Sache / die von der gütigen Natur nicht verursacht werden können / denn diese ist allezeit geschäfftiger / die Creaturen GOttes zu erhalten / aber nicht zu verderben. Daß eine schwangere Mutter ihr Kind in Mutterleibe verwahrlosen kan / daß hernach das Kind zum Huren / Stehlen / und andern Lastern geneigt wird / ist zwar eine bekannte Sache / jedoch ist dieses auch keines weges so universal, daß es allemahl eintreffe / denn es ist hingegen auch bekannt daß offt der gottlosesten [372] Eltern ihre Kinder dennoch wohl gerathen / und ein Christlich Leben führen / auch an ihrer Eltern übeln Leben einen grossen Mißfallen bezeugen. Und der frömmsten Eltern ihre Kinder werden offt die bösesten Höllenbrände. Drum darff man keine närrische Aberglauben ersinnen / wenn man will klüglich urtheilen. Daß ich aber den ietzigen Punct richtig und kürtzlich beantworte / so gestehe ich / und wills wohl glauben / daß wenn ein schwangeres Weib ihre Leibes-Frucht nicht in der Gottesfurcht und allen Christlichen Tugenden auferziehet / sondern wandert mit demselbigen / oder läßt es gehen auf Huren- Ehebruchs- Trunckenbolts- Mord- und Diebs-Wegen / so kömmt freylich endlich ein solch Kind zum Schwerdt / Rade oder Galgen / und möchte dann hernach in solchem Verstande dieser Articul eintreffen. Da ist aber der schwangern Mutter Gang über den Weg / den ein armer Sünder nach seinen Todes-Platze gethan hat /im geringsten nicht schuld.

Das 76. Capitel
Das 76. Capitel.
Wenn man Milch aus zweyerley Ställen / oder von zweyerley Herrn Vieh unter einander menget / so verseigen dem einen die Kühe.

[373] Dieser Aberglauben ist allhier sehr gemein / daß auch theils abergläubische Bauer-Weiber mir darum ihre Butter nicht verkauffen wollen / weil sie gehöret / daß ich die Butter zusammen mit anderer Butter in einerley Gefäß eindrucken lasse. Ich muß aber in diesem Fall meine ehrlichen Landesleute an theils Orten in Thüringen loben / welche sich dieses Aberglaubens wegen gar nichts besorgen. Denn ich erinnere mich noch von meiner Jugend an von die funtzig Jahr her /daß daselbst auf einigen Dörffern der Gebrauch gewesen / daß alle Bauern im gantzen Dorffe die Milch /die sie des Sonntags von ihren Kühen gemolcken /dem gemeinen Kühhirten an statt des Hüterlohns gegeben haben / welche der Hirte alle zusammen in grossen Trage-Zubern des Sonntags-Abends von 30. 40. biß 50. Ställen zusammen gebracht hat / woraus sein Weib Butter und Käse gemacht hat / da ist nun ja Milch / Käse und Butter aus sehr vielen Ställen zusammen gemischt / und ich habe noch nie gehöret /daß dieses solte einige Küh verseigend gemacht haben / welches ja ein Sonnen-klarer Beweiß ist / daß dieser Aberglauben erlogen seyn müsse. Dennoch sind viele in allerhand Aberglauben ersoffene alte Vetteln so bestialisch dumm / und lassen sich durch keinerley Fürstellung [374] von ihren bezauberten Gedancken ableiten / und wär zu wünschen / daß sie nur die Lehre ihrer Priester / welche diese ihnen aus GOttes Wort vortragen und lehren / auch so gewiß glaubten /und sich darnach regulirten / als wie sie steiff und fest über ihre verfluchte Aberglauben halten / es würde gewiß ein besser Christenthum unter uns gefunden werden / als leider! das contrarium erhellet.

Das 77. Capitel
Das 77. Capitel.
Wenn eines vom andern Milch geschenckt krieget /solls nicht davor dancken / sonst versäugt die Kuh /von der die Milch kommen ist.

Wer nur ein halbes Auge hat / und dabey einen Christlichen Blutstroffen in seinem Leibe / der wird erkennen können / daß diese Lehre und Glauben von keinem guten Geiste herrühret / sondern vom Teufel /als Vater der Lügen. Der Danck ist aller Ehren werth /und eine gar schöne Tugend. Solte diese herrliche Tugend nun aber so ein grosses Unheil nach sich ziehen / daß so man für die geschenckte Milch danckete / die Kuh / von der die Milch herkommen / verseigen müste / daß sey ferne. Wenn dieses wahr wär / so müste es an allen Orten und Enden der Welt eintreffen / nun aber giebt [375] es viel Länder / wo sie von diesem alten Huren-Mährlein nichts wissen noch glauben /und dennoch wird daselbst keine Kuh darum versäugen / wenn derselben Milch verschenckt und dafür gedanckt wird. Ja hier selbst / wo dieser Lasterhaffte Aberglauben in Schwange gehet / giebt es auch darneben Ehr- und Christliebende Leute / die den Aberglauben abgünstig sind / diese lassen sich ohne einiges Bedencken vor ihre Milch dancken / dem aber ungeachtet bleiben ihre Kühe einen weg wie den andern gut. Und wie solte auch ein blosses wohlgemeyntes Wort / welches dem lieben GOtt selbst nicht mißfällig wär / der Kuh die Milch berauben? sicherlich / es kan dieses der Teufel mit allen seinen Künsten nicht zuwege richten / ohne sonderbare Zulassung GOttes. GOTT aber läßt es ohnmöglich um des Dancks willen zu / ergo ists eine Lügen / die des Teufels Dienerin ersonnen haben. Ich will aber noch eines sagen. Ein wahres Sprüchwort ist bekannt / welches heißt: Dancken macht gedencken; also / wer vor ein Geschencke danckt / der macht / daß der Geber an den Danck gedenckt / und giebt dem Danckbaren noch mehr / ein Undanckbarer aber bekömmt nur einmahl / zum andermahl darff er nicht wieder kommen. Der Geber aber der dem danckbaren offt giebt / wird freylich[376] wohl etwas von seiner Nahrung qvitt / e.g. wenn ich die Milch von einer Kuh verschencke / so kan ich freylich weder Käse noch Butter von solcher Kuh machen / und ist mir / als wär die Kuh versogen. Weil ich aber aus GOttes Wort versichert werde / daß GOtt einen frölichen Geber lieb habe / und geben seliger sey / denn nehmen / so soll ich doch um der Liebe GOttes willen lieber geben als nehmen / und GOtt noch hertzlich dancken / daß er mich so geseegnet hat / daß ich kan geben / und habe des bittens um eine Gabe von einem andern nicht nöthig. Wer nun Verstand hat / der überlege / ob er nicht lieber mit einem Geber / als mit einem bettelhafftigen Nehmer tauschen möchte.

Das 78. Capitel
Das 78. Capitel.
Wenn eine Henne in einem Hause brütet / und es wird in solcher Zeit ein Ey in solchem Hause gebraten / so verrecken alle Kichlein in Eyern / und kömmt keines aus.

Der geneigte Leser wird mir verzeihen / daß ich so fein derb hierzu sage: das ist erlogen. Denn ich habe mit Fleiß diesen Sommer zu der Zeit / da ich Hüner zum brüten ansetzen lassen / auf zweyerley weise Eyer gebraten / als eines / woraus ich das weisse gethan / und mit dem [377] Dotter im Ey den gantzen Saffran in der heissen Aschen gebraten zu dem Electuario de Ovo, oder so genannten güldenen Ey / die andern habe ich gantz gebraten / und hernach solche zerschnitten / das gelbe heraus gethan und solches mit Myrrhen gefüllet / und im Keller liquesciren lassen. Dem aber ohngeachtet sind meine junge Hühnlein gar fein ausgekrochen / und die ich nicht gegessen / oder verkaufft / leben noch. Und ist dieser Narren-Glaube nicht anders / als der / da man glaubet / wenn man in einem Hause / wo eine Henne brütet / eine Weide drehete / so bekämen die junge Hühnlein alle krumme Hälse. Weil ich aber diesen Punct schon ehemahls abgehanbelt habe / so will hier weiter nichts davon melden / als dieses: es ist wahr / daß alle Hüner / die noch in Eyern stecken / krumme Hälse bekommen /wer es nicht glauben will / der mache ein Ey auf / darinnen ein Junges steckt / so wird er finden / daß es einen krummen Halß hat / ob gleich nimmermehr keine Weide in selbigem Hause gedrehet worden wär. Also ists mit allen Hünern / diese müssen freylich alle verrecken / denn darzu sind sie geschaffen / sie mögen nun verrecken in- oder ausser den Eyern / an einer Kranckheit / oder wenn sie geschlachtet werden / und solcher gestalt möchte es eintreffen / daß so man ein Ey in einem [378] Hause bratet / wo eine Brüthenne übern Eyern sitzet / so verrecken die Kichlein / nehmlich wenn sie groß werden und geschlachtet werden / denn von allem Vieh / das stirbt / sagt man / es ist verreckt; welche Redens-Art vom Ausstrecken der Beine herkommt / weil alles Vieh wenn es mit dem Tode ringet / die Beine von sich recket. Dieses ausrecken können aber die Hühnlein in Eyern nicht thun / als wie schon gebohrne Hüner / darum muß ohne Zweiffel das Verrecken der Hüner von denen verstanden werden / die schon lauffen können.

Das 79. Capitel
Das 79. Capitel.
Die hinterlassenen Kleider der verstorbenen Menschen halten nicht.

Wenn sie ohne dem fein alt / und zehenmahl geflickt und zerstückt sind / wie sollen sie denn halten? die Kleider halten so lange / als sie können / ja sie halten offt länger / als der Mensch / der sie anhat. Wie denn allerdinges eines verstorbenen Menschen Kleider länger halten / als der sie getragen hat / sonst könten sie nach dem Tode keine Kleider mehr genennet werden /sondern man müste sie alte Lumpen heissen. Doch will ich mich hiermit nicht lange aufhalten / sondern will nur mich erkundigen / was es für Beschaffenheit mit den Kleidern eines Verstorbenen [379] habe / und ob es wahr sey / daß solche nicht so lange halten / als wenn der Mensch / der solche getragen hat / noch lebete. Wenn ich nun eines Verstorbenen seine Kleider betrachte / so sind sie entweder alt / oder neue; sind sie alt / so können sie freylich nicht lange mehr halten /weil sich die Erben nach dem Tode darein zu theilen pflegen / und ein ieder Erbe will seinen Theil noch also nutzen / daß die geerbte Kleider nicht folgend gar vermodern / und lässet entweder sich selbst / oder den Kindern etwas drauß machen / da dann die ersten alten Falten verkehret werden / und dann natürlicher weise bald reissen muß. Nicht aber darum reisset solches bald / weil der / der es zuvor getragen hat / gestorben ist / sondern darum / weil es schon sehr abgetragen worden / und möchte demnach der erste Besitzer gleich noch am Leben seyn / so würde es dennoch auch bald zerreissen / es sey dann / daß (wie alte sparsame Leute zu thun pflegen) der Besitzer diese alte Kleider nur hin in Kleiderschranck hengen wolte / so halten solche noch lange / weil sie nicht abgenutzt werden. Sind es aber noch gute neue Kleider / welche gar noch nicht verlegen sind / die müssen auch als neue halten / und solte der Besitzer solche gar im Tod angehabt haben. Zwar ists nicht ohne / daß einigePhysici in den Gedancken stehen / daß [380] wenn der Mensch in den Kleidern sich starck bewegte / daß er schwitzte / so bleibe der Dunst vom Schweiß in denen Kleidern behangen / und insinuirte sich mit denselben einigermassen / wann alsdann der Mensch stürbe /und in der Erden anfinge zu verwesen / so verweseten alsdenn per Sympathiam die hinterlassenen Kleider auch / weil von des Verstorbenen seinem Schweiß noch etwas darinnen vorhanden. Alleine / es läßt sich dieses leichter sagen / als glauben / und kan ich mich zu solcher subtilen Physica nicht verstehen. Denn der ausgedunste Schweiß hat mit dem verstorbenen Cörper nicht mehr zu thun / sondern ist ein excrementum humidum, welches an seine vorige Wohnung nicht mehr würcken / noch von dieser was annehmen kan. Bleibe ich demnach dabey / daß ein alt Kleid vom Trödel gekaufft / dessen erster Besitzer noch lebet /eben so bald zerreissen wird / als ein Erbstück / das noch nicht sehr veraltert ist.

Das 80. Capitel
Das 80. Capitel.
So offt der Hahn in der Christnacht krähet / so theuer wird selbiges Jahr ein Viertel Korn.

Wer solte wohl glauben / daß ein Hüner-Ochs / oder ein Hahn mehr Wissenschafft [381] von Zukünfftigen haben solte / als ein vernünfftiger Mensch? denn kein Mensch kan ohnfehlbar den künfftigen Preiß des Korns oder Rogens vorher sagen / aber hier wird die prophetische Wissenschafft der künfftigen theuren oder wohlfeilen Zeit einem elenden Haußhahn beygelegt. Der Hahn soll aber nicht allein ein Prophete seyn / sondern er soll auch zehlen können / denn wenn er dieses nicht könte / so würde es leichte geschehen /daß er ein baarmahl mehr oder auch weniger krähete /alsdann würde die Lüge nicht zutreffen. Drittens /muß er auch wissen / welches die Christnacht ist / und dieses ist abermahl eine Wissenschafft / die allen Menschen Verstand übertrifft / denn ohne einem Calender würde ein Mensch selbst die Christnacht nichtaccurat wissen. Und kan man demnach ermessen /was ein Hüner Ochse vor ein verständig Thür sey. Ja /ists nicht wahr? wenn dieser vorhabende Lehr-Punct eintrifft / so muß ein Haußhahn können addiren / dividiren und subtrahiren? denn ehe die Verordnung geschehen ist / daß im gantzen Churfürstenthum Sachsen allenthalben einerley Maaß oder Scheffel seyn muß / so ist so vielerley Kornmaß gewesen / daß fast ein iedes Dorff einen besondern Scheffel geführet hat. Nach solchen Maases Grösse hat dann das Korn viel oder [382] wenig gegolten. Also hat nothwendig ein iedweder Hahn zu selbiger Zeit an iedem Orte die Grösse der unterschiedlichen Scheffel wissen müssen / daß sie sich überall darnach richten / und viel oder wenig mahl darnach krähen können. Weil nun aber dieses solche Dinge sind / die ein vernünfftiger Mensch von einem unvernünfftigen Vogel nicht vermuthen kan / so wird man meines Erachtens wohl am klügsten handeln / wenn man glaubt / daß dieser Glaubens-Articul eine Lügen sey.

Das 81. Capitel
Das 81. Capitel.
Wenn viel Heidelbeer und Breusselbeere werden / so wird wenig Obst.

Dieses ist ein und des andern gemeinen Mannes observation, und solche observationes mögen zwar gar wohl vergönnet werden / weil man damit keine Sünde begehet / und dahero habe ich auch lange angestanden / diesen Punct mit unter die Aberglauben zu setzen. Nachdem ich aber nun observiret habe / daß so wohl zu der Zeit / wenn wenig Breussel- und Heidelbeere gewachsen / auch das andere Obst gleichfalls nicht wohl gerathen ist / und hingegen / wenn viel dergleichen Beere geworden / auch das andere Obst wohl gerathen ist / so habe [383] befunden / daß solche Meynung gantz ohne Grund sey / worauf gar nicht sicher zu bauen ist. Es ist auch fast was lächerliches / zu der Zeit erst ein prognosticon zu stellen / wenn man das Hauptwerck / worauf das prognosticon zielet / schon für Augen liegt. Wenn die Heidelbeere / und sonderlich die Breusselbeere reiff werden / da muß schon das Obst (ob gleich noch unreiff) an den Bäumen zu sehen seyn; Dahero man es nicht erst an diesen Beeren erkennen darff. Und ist fast eben so viel gesagt /als ob man spräche: Es wächßt unter den Getraidig viel Graß / darum wirds nicht viel rein Stroh geben. Und solche Propheceyungen dienen zu gar nichts /vielmehr aber werden endlich formale Aberglauben daraus. Man lasse lieber GOtt walten / der uns allezeit unsern bescheidenen Theil geben wird. Und der GOtt / der Heidel- und Breusselbeere uns giebt / der muß uns auch das übrige Obst geben; daß aber der liebe GOtt uns nicht alle Jahre die lieben Früchte überein gerathen läßt / darzu geben wir selbst Anlaß mit unsern Undanck / und weil bey denen begüterten Leuten / denen GOtt offt viel Obst und allerhand Früchte bescheeret / ein so grosser Geitz ist / daß sie ihren nothleidenden Nechsten nicht damit guts thun /worzu es ihnen doch GOtt gegeben [384] hat / aber mancher Geitzhalß läßt sein Obst lieber verfaulen / als daß er seinem armen Nechsten es vor einen billigen Preiß ließ. Da muß alsdenn GOtt offt ein gerechtes Einsehen haben / und den geitzigen Hanssen ihr Obst nicht gerathen lassen; hingegen denen armen Leuten desto mehr geringe wilde Erdbeere / oder Heidel- und Preissel- auch Hinbeere wachsen lassen / welche die arme Menschen umsonst in den Wäldern suchen dürffen: Wiewohl ich ohnlängst mit Erstaunen gehöret habe /daß es in hiesigen gebürgischen Wäldern auch so gar neidische und unbarmhertzige Förster und Forst-Knechte gebe / die die arme Leute / welche mit grosser Mühe herum kröchen / und mit viel 100000. mahligen beschwerlichen Bücken die Heidel- auch Preisselbeere / zu ihres Leibes höchster Nothdurfft / suchen wolten / pfändeten / auch gar mit Schlägen aus den Wäldern jagten / daß es kein Wunder wär / wenn GOtt solcher unbarmhertzigen Förster etc. ihre Kinder davor hinwieder straffte / daß sie weder Heidelbeere noch Garten-Früchte zu ihrer Nahrung oder Sättigung erlangen könten.

Das 82. Capitel
Das 82. Capitel.
Am Ascher-Mittwoche jaget der Teufel das Holtzweiblein im Walde.

[385] Dieses ist ein recht Narren-Mährlein / worauf in unserm Ertzgebürge das gemeine Volck doch viel hält /und dahero die Leute auch an Ascher-Mittwochen nicht gern in die Wälder gehen / aus Furcht / daß sie zu solcher Teufels-Jagt kommen möchten. Da doch kein Mensch zu sagen vermag / was das Holtzweiblein für ein Wunder-Ding sey. Der Ursprung solches Mährleins rühret her von einer Ertz-Lügen / die sich Anno 1633. bey Steinbach auf dem Walde soll zugetragen haben. Diese Historie aber beschreibet Lehmann / in seinem Historischen Schauplatz derer natürlichen Merckwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Ertz-Gebürge / pag. 188. also: "Es hatte Adam Beyer einen Baum im Walde gefället; indem der Baum im fallen ist / hauet er nach der Holtzhacker Gebrauch ein Creutz darein / so gleich kömmt ein gejagtes Weiblein / und bleibet an dem mit dem Creutz bezeichneten Baume stehen / da es dann sicher geblieben. Unterdessen füllet es dem Holtzhacker seinen Kober mit Spänen / er aber schüttet die Späne wieder aus / und da ungefehr ein Spänlein hangen blieben /und er nach Hause kommt / findet er an dessen statt einen gantzen Thaler. Er gehet alsbald wieder in Wald / in Hoffnung solcher Thaler-Späne viel aufzulesen / aber [386] vergebens. Doch weil dieser Mann damahls, in kurtzer Zeit zu feinen Mitteln kommen / hat man vermuthet / er müsse was gefunden haben. Von dieser Begebenheit an gehet niemand gern an der Aschermittwoche daselbst ins Holtz / aus Meynung /der Teufel jage das Holtzweiblein an der Aschermittwoche." Wer nun diese abgeschmackte Historie mit guter Vernunfft betrachtet / der möchte sich kranck lachen / oder vielmehr über den thörichten Greuel solcher handgreifflichen Lügen sich kranck seuffzen. Denn es ist ja gantz unvernünfftig geurtheilet / wenn man dafür hält / daß der Teuffel / welcher doch schneller ist als der Blitz / etwas jagen solte / was er doch so in seiner Gegenwart hat. Welches ja nicht anders geredet ist / als wenn ich einen nackigen Vogel aus seinem Neste herausjagen wolte / den ich doch mit den Händen betasten könte. Was soll denn auch das Holtzweiblein für ein Ding seyn? Ists der Teufel oder seine Großmutter / oder was ists? wolte man vorgeben / es wär der Geist / oder die Seele eines im Walde ehemahls umgekommenen Weibes / so riecht dieses Vorgeben gar sehr nach dem finstern Pabstthum / denn / ob ich gleich solche Thorheit nimmermehr glaube / so werffe ich doch billig hier die 5. Fragen auf: 1.) so es der Teufel selbst ist / warum [387] jagt es der Teufel denn? 2.) ists der Geist eines im Walde umgekommenen Weibes / was hat dieser für Kleider an / oder welcher Schneider kan den Geistern Kleider machen? 3.) ist die Seele des umgekommenen Weibes verdammt / so ist sie ohne dem schon ins Teufels Gewalt / daher braucht er nicht / daß er eine Jagd darnach anstellet. 4.) ist die Seele selig worden / so ist sie in der Hand GOttes / und der Teufel muß sie ungejagt lassen. 5) ists aber eine Creatur / die wie ein natürlich Weib eines Menschen aussiehet / aber doch kein Mensch ist / warum ists denn bekleidet wie ein Bauerweib / und warum werden dergleichen Holtzweiblein in denen grossen Jagten niemahls mit gefangen? Gewißlich / ehe man mir diese 5. Fragen wird gründlich zur Gnüge beantworten / dürffte es viel Nägel-käuens und Kopffbrechens geben. Drum darff man dieses Mährlein nur für eine nach dem Pabstthum stinckende Fabel achten. Denn so was an dieser Historie wahr wär / was solte doch das vom Holtzhauer gehauene todte Creutz mehr Krafft haben / als die Figur eines Galgens? ich lobe das lebendige Creutz / das sich der Mensch durch die Krafft des H. Geistes in sein Hertz mahlet / nehmlich / das stete Andencken des gecreutzigten JEsu / und lasse einem andern 1000. [388] höltzerne Creutze machen / die allesamt nichts tügen als ins Feuer. Noch mehr muß ich hier bey erinnern: wo hat doch das gejagte Holtzweiblein die Späne in Geld verwandeln können? Dieses kömmt eben so abgeschmackt heraus / als der neulich in Schneeberg in Verhafft sitzenden Schatzgräber ihr ruchloses Vorgeben / wenn diese sagten / daß sie die Teufel zwingen könten / daß diese ihnen alle Schätze des Gebürges zusammen tragen / und ihnen aushändigen müsten. Dieses Fürgeben hat ihnen zwar der Teufel gelehret / aber nicht erfüllet / müssen auch ewig auf die Erfüllung warten.

Das 83. Capitel
Das 83. Capitel.
Des Sonnabends soll man keine Leinwad bleichen /sie wird sonst grau.

Wenn ein Mensch grau wird / so sagt man: er ist weiß / wie eine weisse Taube / also mag vielleicht es mit der grauen Leinwad auch zu verstehen seyn / daß wenn sie Sonnabends gebleicht wird / so wird sie grau / nehmlich als wie ein Eißgrauer / oder Silberweisser Kopff. Zwar ist eigentlich die graue Farbe eine besondere couleur, die sich von der weissen nach der schwartzen Farbe lenckt / und also nicht gantz weiß ist. Wie denn auch die grauen Haare mehrentheils [389] schwartz und weiß vermengt zu seyn pflegen. Wie es nun mit der Leinwad zu verstehen sey / daß diese soll grau werden / wenn sie des Sonnabends gebleicht werde / das stelle ich dahin / sage doch so viel / daß die Leinwand des Sonnabends bey guten Sonnenschein so gut als an andern Tagen bleichen kan; iedoch kan es mit gewissen Umständen auch kommen / daß die Sonnabends-Bleiche verdirbt / und solches rühret meines Erachtens daher: wenn die Mägde oder die Weiber des Sonnabends die Leinwad auf die Bleiche legen / da gehen sie gerne davon / und wollen im Hause waschen / scheuren und aufräumen zum Sonn tage / darüber vergessen sie die Leinwad / und begiessen sie nicht / und so sie nicht begossen wird / kan sie auch nicht bleichen / sondern bleibt grau / wie sie ist / daß man also sagen mag: des Sonnabends bleiche die Leinwad grau. Dieses aber kan man von allen Tagen in der Wochen sagen / wenn die Leinwad nicht recht in Acht genommen wird / so wird sie grau / ob sie auch gleich des Sonnabends gar nicht auf die Bleiche käm.

Das 84. Capitel
Das 84. Capitel.
Wer mit Eßig handelt, soll ja keinen verborgen / und solte auch der Borger nur eine Stecknadel zum Pfande geben.

[390] Wer dieses nicht glaubet, der wird um solches Unglaubens willen nicht verdammt / sonst würde ich selbst an meiner Seligkeit zweiffeln müssen. Doch scheinets / als sey gar eine wichtige Ursach darhinter /warum kein Eßig dürffte verborget werden. Ich habe anfangs von ein und andern / die ich um diese Ursach gefragt hab / mich berichten lassen / alleine / ich wurde von einem so / vom andern anders benachrichtiget. Wieder eine andere Person wolte mich endlich gantz richtig bedeuten / und sagte: wenn man Eßig verborgete / so schlüg der Eßig um / oder verdürbe. Wenn dieses wär / so wäre die Ursach zwar schonsufficient, warum ein Eßig-Händler keinen Eßig weg verborgte; aber ich will einem iedweden recht aus dem Traume helffen / warum dieses geschicht / nehmlich / wer mit Eßig handelt und will nicht selbst samt seinem Eßige verderben / der darff den Eßig nicht verborgen / denn solche kleine Schuld-Pöstgen werden vergessen / und werden nicht bezahlet / denn um 1. Pf. oder 3. Hl. Eßig-Schuld verlohnets nicht die Mühe / ein Schuldbuch zu halten / den Nahmen des Borgers / das Datum und das Quantum bey ieden Pfennige einzuschreiben / es würde das zehende mahl gar vergessen werden. Und ob es gleich alles richtig eingeschrieben würde / so dürffte es hernach / [391] wenn der Schuldner bezahlte / wieder auszulöschen vergessen werden / woraus dann Verdruß erreget würde. Dahero haben die Eßighändler diese Entschuldigung selbst erfinden und sagen müssen: wenn sie Eßig verborgten /so schlüg ihr Eßig um oder verdürbe. Denn es giebt so unbescheidene Leute hin und wieder / welche sich gar nicht schämen / alle Lappalien / und solte es auch nur einen Pfennig betragen / hie und dort zu borgen /nur in solchem boßhafften Absehen / daß sie hoffen /solche Kleinigkeiten sollen vergessen werden / und dann falle es in ihre Diebs-Beutel / achtens auch für keinen Diebstahl / wenn sie ihren armen Nechsten auf solche Diebs-Art berücken können / lehren es auch wohl ihre Kinder / auf daß sie auch lernen so schelmisch / oder solt ich sagen / klug haußhalten. Ich handele zwar nicht mit Eßig / iedoch empfinde ichs wohl in andern Dingen / daß ich wohl zu weilen eine Nothlügen thun / und sagen möchte: Ich darff nicht meineN.N. verborgen / die übrigen verderben mir sonst. Und wer auch auf diese bemeldte Art und Weise seine Waare weg verborget / dem wird freylich die übrige verderben müssen / denn der Handelsmann muß Geld lösen / oder verliert den credit, und so der credit verlohren / und die meiste Waare verborgt ist / so muß der übrige Eßig verderben / [392] samt dem Eßig Händler. Was aber anlanget die Nadel / die man wenigst als ein Pfand geben solle / so dienet solche nicht so wohl zu einen gnugsamen Pfande / als vielmehr zu einen Zeichen / womit man den Borger erinnern kan / und wobey er sich soll schämen lernen / solche Lappalien nicht zu borgen / sondern alsbald zu zahlen.

Das 85. Capitel
Das 85. Capitel.
Vor die Haupt-Kranckheit soll man den Kopff mit solchem Wasser waschen / welches von Mühlrädern zurück springt.

O Du elender Patiente! der du nichts anders zur Hülffe bekömmst / als dieses zurück gesprungene Mühlrad-Wasser. Du möchtest dich eben so lieb gar unters Mühlrad legen lassen / daß du deiner Kranckheit desto eher loß würdest. Hülfft dir GOtt und ordentliche Artzneyen nicht / so wird dir dieses gewiß so wenig helffen / als ob du eine Holtz Art in Nacken soltest binden. Denn das Wasser / das vom Mühlrad zurück spritzt / ist eben aus dem Flusse woraus das ist / das vorwarts springet / und nicht um ein Haar kräfftiger; zudem / so kan natürlicher weise einem an der Haupt-Kranckheit laborirenden Patientin ohnmöglich [393] das Kopffwaschen nütze seyn / sondern vielmehr höchst schädlich. Und kan ich dahero nicht anders urtheilen / als daß sie vom Satan komme / der ein Verderber aller Menschen ist / und ein Qvacksalber /der seinen Dienern lauter solche Künste lehret /womit der leichtgläubige und abergläubige Mensch betrogen wird. Denn wer auf solche nichtswerthe Dinge sein Vertrauen setzt / der verachtet GOttes Ordnung / der die Artzney geschaffen hat / und den Artzt darzu / von diesem soll ein Patiente sich ordentliche Artzney verordnen lassen / das Mühlrad Wasser aber soll man seinen Lauff fliessen lassen. Wenn man aber Wasser zu andern Dingen bedarff / so ist das reineste das beste / das aber / das mit abergläubischen Ceremonien geholet wird / als stillschweigend / dem Flusse nachgeschöpfft / oder was vom Mühlrad zurück springet etc. das wird mit Sünden geholet / und mit Verderben der Seelen und Leibes verbraucht. Der Exempel könte ich zur Gnüge anführen / wenn ich Weitläufftigkeit liebte. Wer Verstand hat / dem ist schon genug gesagt.

Das 86. Capitel
Das 86. Capitel.
Einer Aalruppe den Kopff abgebissen / gedorret und gepülvert / einem Kinde solchen [394] vor der Tauffe eingegeben / dienet wider die Schwerenoth.

Bey dieser Kunst finde ich allerhand Bedencklichkeiten / als erstlich: Wer soll der Aalruppe den Kopff abbeissen / weil es ein eckler Biß ist / dafür dem tausenden grauen wird / zu mahl / da es ohne dem ein Fisch ist / dafür viele Leute einen Abscheu haben / davon zu essen / wenn er aufs beste gleich gesotten ist / (ohnerachtet es ein delicater Fisch ist) denn er hat forn einen breiten abscheulichen Kopff / wie eine Kröte /iedoch setze ich den Fall / es findet sich iemand / dem nicht dafür grauet / den Kopff abzubeissen / wenn er denn abgebissen ist / so soll er zum andern gedörret werden / welches so geschwinde nicht geschehen kan / wegen seiner vielen in sich habenden Feuchtigkeit. Es sey aber auch / daß dieses so grosse Schwürigkeit nicht gebe / so wird es doch zum dritten noch mehr Schwürigkeit mit dem pulverisiren geben / denn zu geschweigen / daß es lauter Haut und breite zähe Gräten hat / die sich nicht gern lassen subtil machen / so giebt auch das tronige und fette Gehirn wiederum Hinderniß / daß es nicht wohl mag zu trocknen Pulver gemacht werden. Ja ob es auch übel und böse pulversirt ist / wie will man dann vierdtens einem neugebohrnen Kinde ein so grosses Pulver einbringen? fürwahr / [395] ich möchte es mit keinem Kinde wagen / sondern besorgte üble Suiten die drauf kommen dürfften. Diese Besorgung will ich aber ietzo alle bey seite setzen / und nur dieses fragen: warum soll denn das Kind solch Pulver / sehe es getaufft wird / einnehmen und nicht auch nach erlangter Tauffe? wenn diese Kunst einem gewissen singulairen Freund zu Ohren käm / würde er sagen: dieses sey ein Mysticum, weil er alle närrische Handlungen Mystica nennet / ohnerachtet ein Mysticum seinem Magen ein Böhmisch Dorff seyn dürffte; es ist auch dieses kein Mysticum, sondern ein scandalöses Beginnen / unter welchem eine Verkleinerung der Krafft der heiligen Tauffe verborgen steckt / denn warum soll das Pulver vor Erlangung der Tauffe mehr fruchten / da das Kind noch nicht dem Gnaden-Bunde GOttes einverleibt ist / sondern des Satans Bild noch an sich hat / als hernach /da es in der Tauffe dem Teufel und alle seinen Wercken und Wesen abgesagt hat? sicherlich / mir daucht / daß dieses ein verdeckt Essen für den Satan sey /und kan von keinem redlichen Christen erfunden seyn. Zudem / so kan auch niemand / der es an seinem /Kinde gebraucht hat / versichert seyn / daß es geholffen / weil ja nicht alle Kinder die Schwerenoth bekommen / dahero niemand kan gewiß seyn / ob [396] von Natur ein Kind von diesem Ubel frey bleibe / od' ob es dieses abergläubische Mittel gethan habe.

Das 87. Capitel
Das 87. Capitel.
In einer Feuersbrunst das Feuer umrennet / und die letzten Worte des andern Verses Num. 11. angeschrieben / oder auf einem Brief ins Feuer geworffen kommts nicht weiter.

Dieses ist wohl eine unverantwortliche Vermessenheit / und ein unbesonnenes Unternehmen / welches zwar offt aus Verwegenheit practiciret wird / iedoch mehrentheils sonder effect, wie denn auch dieses so wenig effectuiren kan / als was ich im 50. Cap. dieses Sechsten Hundert Aberglauben schon gestriegelt habe / da die Thoren mit einem Backtroge das Feuer ableiten wollen. Denn / erstlich soll das Feuer umritten werden / worzu eine rechte Gelegenheit und geraumige Gassen erfodert werden / da man mehrentheils einen gantzen Stock Gebäude umrennet / und entweder das in der Rubric bemerckte Wort an ein nahe der Feuersbrunst gelegenes Hauß / oder auch / wenn sichs thun läßt / an das brennende Hauß selbst schreibet / oder auf einen Zettel geschrieben ins Feuer wirfft / und denn schnell um das Feuer herum rennet. Nun bedencke man nur um [397] GOttes willen / das umreiten kan ja gar nicht helffen / sonst dürffte man sich weder um Feuer-Spritzen / noch ander Feuer Geräthe bekümmern / sondern nur alsbald das Feuer umrennen. Ja /wird man sagen: das angeschriebene muß die Krafft geben. Ich aber antworte: auch diese angeschriebene Worte können nichts helffen / daferne der Vollzieher sein Absehen auf die Schlußworte Num. 11, v. 2. macht. Denn diese Worte sind an ihrem Orte relative zu verstehen / wie nehmlich Moses auf das Zuschreyen des Volcks den HErrn gebeten / da sey das Feuer verschwunden. Der Mann GOttes Moses der vermochte wohl mit seiner Bitte bey GOtt grosse Dinge zu erhalten / denn er war ein von GOtt geheiligter Mann / wer sind aber diese / die sich ietziger Zeit offt unterstehen / das Feuer mit angeschriebenen Worten zu löschen? der Unterschied ist offt gar groß. Moses wird von denen Mahlern mit Hörnern gemahlet. Die ietzigen Feuer Versprecher haben offt zwar auch Hörner / oder sind Aufsetzer der Hörner aber unter des Mosis gemahlten Hörnern / wird dessen grosse Krafft und mächtiges Ansehen angedeutet / Mosis seiner Affen ihre sind hingegen beschwerliche Hahnrey Cronen. Diese beten auch den HErrn nicht in Feuers Noth an / wie Moses thät / der auf des [398] Volcks Schreyen und Zuruffen / sein Gebet an GOtt thät / die ietzigen vorwitzigen Feuer Versprechere aber werden nicht darzu beruffen / sondern kommen ohne gebeten / und reiten um das Feuer / als ob sie rasend wären; wie des Moses seine Bitte / die er zu GOtt gethan / eigendlich gelautet hat / kan man zwar nicht wissen / doch war solche Bitte so kräfftig / daß das Biblische relatum meldet: da verschwand das Feuer. Was will aber ietzt ein mosaischer Affe aus dieser Geschichte letzten Worten für Krafft ziehen? fürwahr nichts. Vielmehr aber wird er GOtt damit zu desto grössern Zorn reitzen / daß die Feuersbrunst desto hefftiger um sich fressen wird; dergleichen Exempel ich wohl anführen könte / wenn ich nicht das Sprüchwort: Exempla sunt odiosa, bedächte. Wo Feuersbrunst entstehet / da laufft iederman zu / und hülfft löschen / räumen / niederreissen / und thun allen möglichen Fleiß zu Dämpffung des Feuers / welches auch offt mit GOtt guten effect hat / daß ein solcher fürwitziger Reuter hernach sich wohl dennoch einbildet / es habe sein Versprechen was geholffen; aber weit gefehlet. GOtt und die ordentliche Mittel habens gethan / wie ich denn selbst ein Zeuge bin/ daß diese lose Kunst gar nichts gefruchtet hat / und ist dieses Unternehmen eine [399] recht fruchtlose / gottlose und sündliche Unternehmung / die billig von der Obrigkeit zu bestraffen ist. Es werden zwar dergleichen Thorheiten mit andern ceremonien mehr vorgenommen / welche aber anietzo anzuführen ohne Noth sind / weil sie von eben solcher kahlen Haut als diese bemeldte sind.

Das 88. Capitel
Das 88. Capitel.
Wenn man lange gut Wetter haben will / kan man es durch Einmaurung eines rothen Hahnes zuwege bringen.

Es sollen draussen im Reich / die Mäurer den abergläubischen Gebrauch haben / daß wenn sie ein gewisses Gebäude auf etliche Wochen gedencken zurperfection zu bringen / so nehmen sie einen rothen Hauß-Hahn / mauren solchen mit Sprechung eines gewissen Seegens in ein darzu verfertigt Gewölbgen /mit einer Metze Gerste oder Haber / und einer grossen Schüssel voll Wasser. So lange nun der eingemauerte Hahn an solchem Futter zu fressen und zu sauffen hat / soll daselbst stets gut Wetter bleiben / und kein Regen kommen. Wie solches Acxtelmeier in seinem An. 1706. heraus gegebenen Natur Lichts ersten Theils ersten Erleuterung pag. 120. meldet / aber auch selbst als einen sündlichen Aberglauben verwürfft. [400] Nun bedencke man nur / aus was für einem Trieb die Menschen auf solche thörichte Meynung gerathen sind / solte das ein guter Geist gethan haben /kan ich nimmermehr glauben / denn es läufft wider die Natur. Ein Hahn deutet zwar wohl mit seinem ausserordentlichen krehen eine Veränderung des Wetters an / und das würckt das Wetter in dem Hahn / aber das Wetter verändert sich nicht um des Hahn seines krähens willen; was soll nun weiter das einmauern des Hahnes würcken / daß der Himmel sich darum von allem Gewölcke und Regen reinigen müsse? fürwahr /um einiger abergläubischer Mäurer willen fället kein einiger Tropffen Regen an einem andern Ort / als wohin ihn GOtt einmahl hinzufallen beschlossen hat. Warum bleibt dann der Himmel nur so lange klar / als der eingemauerte Hahn genug zu fressen und zu sauffen hat? ach / ich frage einfältig Zeug; wenn das Sauffen alle ist / so wird vielleicht der Hahn so lange schreyen und krehen / biß ihn GOtt erhöret / und wieder einen guten Regen kommen lässet / alsdann ist das neue Hauß fertig / und der eingesperrete Hahn dienet hernach gut zu der Hebe-Mahlzeit / da wird der arme Gefangene zwar loßgelassen / aber hernach gar gefressen / und ist [401] dann hernach die Kirmes aus. Ey /wie gibts Narren in der Welt!

Das 89. Capitel
Das 89. Capitel.
Vor allen Schaden eines thörichten Hundes-Bisses schreibe man auf ein zartes Zettelgen / und schlucke solches in einem Ey ein / als: VRAM EVI RAM CAFRAM, CAFRATREM, CAFRATROSQVE.

Dieses practiciren in dem Sächsischen Ober-Ertzgebürge viel Leute / nicht so wohl an von thörichten Hunden gebissenen Menschen / als auch an Vieh und andern gebissenen Hunden. Was das aber vor Hülffe leisten kan / ist alsbald an dem vortrefflichen Verse zu ermessen / denn auf thörichte Hundsbisse gehören auch thörichte Hülffs-Mittel. Der Vers ist thöricht; der ihn erfunden hat, ist thöricht gewesen; und der es braucht / ist auch thöricht; das lasse mir einer eine thörichte Cur seyn. Wär es doch kein Wunder / wenn man solch cauderwelsch Zeug in Magen bekäm / es purgierete alle Würmer aus dem Leibe. Und dürffte bald damit gehen / als wie jenem einfältigen aber auch fürwitzigen Dorff Rectori, welcher gern seinen Bauer-Buben den Lauff des Himmels auch also lehren wolte / als wie der Rector in der Lateinischen Stadt Schule[402] seinen Schülern / da er nun nicht wuste / wie ers anfangen solte / ging er in die Stadt zum Rector, und redet ihn also an: Domine Oberster Ludi Magister, et Domine Nachbar Collega! wenn ego das novum annus werd singere, da bekomme ego schöne Farciminas. Ego will vos die Optima davon dare, sagtmihi doch / wie ichs soll facere, ut ego meinen rusticosen Discipulis des Cœli Lauff docere, etc. DerRector sahe bald / was er für einen Collegen vor sich hatte / machte ihm dannenhero weiß / er wolte es ihm alsbald lehren / er solte mit ihm in die Küche gehen. Nahm unterdessen einen alten Calender / zündete solchen an / und brannte solchen zu Aschen / welches ein klein Pülverlein wurde. Unter dieses Pülverlein practicirte er eine gute Purgation, iedoch heimlich / und sagte zu ihm: dieses Pulver / in welchem der gantze Himmels-Lauff verborgen sey / solte er einnehmen /vor der Stunde / wenn er seinen Bauerbuben dieAstronomiam lehren wolte / und wenn er den Wagen(ursa major) würde rumpeln hören / so solte er anfangen zu dociren / da würde er Wunder sehen / wie ihm das Gestirn nach einander aus dem Leibe fahren würde etc. Der gute Schulmeister bestellete Abends seine Bauerbuben auf den Anger / er aber nahm seinen durchs Feuer concentrirten [403] Calender ein, und ging hinaus auf den Anger, und wolte anfangen zudociren, so bald es ihm im Leibe rumpelte, fing er an: gebt Achtung ihr Buben, ietzt kömmt der grosse Behr, er brummt schon; ja, ja, sagte einer, ietzt hörte ich was brummen, das klunge eben, als wenn euer Töffelgen einen bösen Wind läßt, indessen operirte das additum des Calenders gewaltig unten aus. Der Schulmeister schrye abermahl: Jungen, gebt Achtung auf die Stern! die Jungen guckten, sahen aber nichts. Der Schulmeister sagte: Ha ha, nun weiß ichs, die Stern schneitzen sich. Ein Knabe wolte aus curiosität die Stern-Schnuppe sehen, weil er etwas sahe aus des Hrn. Schulmeisters Hosen trieffen, wolt es mit der Hand fassen, bekam es aber in die Nase, und schrye über laut: Pfuy äck, der grosse Behr hat gewiß gesch--- Der Schulmeister antwortete: ihr Buben, es kömmt trübe, die Winde erregen sich, ich vermuthe ein starck Gewitter. Ja Hr. Schulmeister, die Kunst ist gewiß, es wird dreckig Wetter werden, etc. So gewiß als nun dieses Schulmeisters seine Kunst hat eingetroffen, so gewiß wird obbemeldter Vers eingenommen auch helffen für eines thörichten Hundes Biß; denn der Vers scheinet in Hundstagen gemacht zu seyn, in der Stunde, da der Hundsstern eingetreten ist.

Das 90. Capitel
[404] Das 90. Capitel.
Wer ein Fäselein von St. Huberts Rocke in die Stirn einheilet / dem kan kein wütend Thier beissen.

Hiervon schreibet der in Aberglauben ersoffene Helmontius, als ein Papist, Tract. 54. von Kranckheiten, Cap. 15. im Anhange von der magnetischen Cur der Wunden §. 45. also: "In der Gegend des Lützelburg-Walds (Arduenna) ist eine Wallfahrt zum heiligenHuberto, dahin alle, so von wütigen Hunden gebissen sind, sich begeben,) gleich wie andere zu der Kirchen des heiligen Domiri und Bellini wallfahrten;) daselbst wird demjenigen, der von den Hunden gebissen ist, ein klein Fäselein von St. Huberts Rocke auf der Stirn eingeheilet, so kan er hinführo von keinem wütenden Thiere mehr gebissen werden; und kan dieses Fäselein die Zähne der Thiere abhalten." Ein redlicher und vernünfftiger Evangelischer Christ wird gar leicht mercken, woher dieses schöne remedium entsprungen sey, nehmlich von den Gewinnsüchtigen Pfaffen bey des Huberti Grabe: denn in Pabstthum hat man den betrüglichen Gebrauch, Heiligen zu machen, hernach schwatzen sie den einfältigen Leuten, die nicht in die H. Schrifft schauen, und allda ihr zeitlich und ewig Heil suchen dürffen, betrüglich vor, wer zu den und jenen Heiligen seinen [405] Grabe wallfahrten würde, der würde von dem oder dem Ubel befreyet, (welches doch lauter Betrug ist) hingegen müssen die armen einfältigen Leute dem Heiligen was mitbringen oder opffern. Da wird dann eine so greuliche Abgötterey getrieben, mit denen so genannten Heiligen, (die doch offt die heillosesten Buben im Leben gewesen sind) daß der Himmel darüber erschwartzen möchte. Und ist nur zu verwundern, daß vernünfftige Menschen in Pabstthum ihren Verstand so gar einschläffern lassen, und solchen offenbaren Betrug nicht erkennen können. Es hat Helmontius das Lob, daß er ein gelährterPhysicus, und vortrefflicher Philosophus gewesen sey, wie seine Schrifften auch beweisen. Allein in alten Weiber-Mährlein, und päbstischen abergläubischen Irrthum ist er auch gleichsam gantz versuncken gewesen. Ist demnach leicht zu ermessen, was das Fäselein von Huberts Rocke für Krafft haben werde, zu mahl, da derselbige Rock längst wird zerzauset seyn, und dann wieder andere Lumpen, unter dem Nahmen des Huberts Rocke, dem albern Volcke und Wallbrüdern ausgetheilet werden. Wem nun ein Hundes-Biß sonst nichts schadet, dem muß ein solches Fäselein geholffen haben; wenn aber der Hundsbiß übel geräth, da sagen sie: der Patiente glaubte nicht recht. Denn die Pfaffen pflegen insgemein bey Uberreichung des so genannten Heiligthums zu sagen: glaubts. Ja ja, möchte man sagen, glaub dich [406] eben satt, wenn das Ding erlogen ist, hilfft kein glauben.

Das 91. Capitel
Das 91. Capitel.
Wenn See-Schlachten, oder auch zu zu Lande im Kriege gehalten werden / so werden solche in Ertzgebürge durch Sturm Winde angedeutet.

Dieses will zwar Lehmann, in Schau-Platz des Ober-Ertz-Gebürges, pag. 420. vorgeben, es ist aber hierauf in geringsten nicht zu reflectiren, denn es erregen sich viel 100. ja 1000. mahl schreckliche Sturmwinde im Ertzgebürge, da nirgend von keinem Treffen oder einer See-Schlacht gehöret wird. So habe ich auch sonst in langwürigen Kriegen mehrmahls observiret daß ob gleich gewaltige Schlachten, so wohl zur See, als auch zu Lande gehalten worden, es dennoch in unserm Gebürge fein und stille Wetter gewesen. Und ist demnach dieses Fürgeben gar nicht vor eine allgemeine Regul anzunehmen, ob man auch gleich aus derPhysica rationes genug, zur Bescheinigung der Wahrheit, aufbringen könte. Denn die Physicalischenrationes wollen nicht allemahl die Probe halten. Und ob auch gleich zu der Zeit, wenn irgendswo eine Feld-oder See-Schlacht vorgehet, im Gebürge ein grosser Sturmwind gespürt würde, so ist ja noch lange nicht erwiesen, daß dieser Sturmwind nicht eben auch würde [407] entstanden seyn, obgleich gar keine Schlacht gehalten worden wär. Jedoch mag hiervon ein ieglicher halten, was er will, weils eine Sache ist, die man ohne Sünde kan oder mag glauben oder nicht.

Das 92. Capitel
Das 92. Capitel.
Wenn das Jüdel ein Kind verbrannt hat / soll man das Ofenloch mit einem Speckschwärtlein schmieren.

Du verzweiffeltes Jüdel! was bist du für ein wunderlicher Ofen-Gucker? ietzt hast du deine Schurckerey in Ofenloche; im sechß- und funffzigsten Capitel fand ich dich Galgenvogel im Kühstall mit den Kühen spielen, und nun wilt du Schurcke noch ärger als ein Mordbrenner worden. Scheinets doch bald, als wenn das Raben-Aaß ein junger Rübezahl wär. Was hat doch das arme Würmgen, das Kind, dem vertrackten Jüdel gethan, daß es das Kind so verbrannt hat. Hat denn der Teufel das Aaß in Ofen geführt? es hat gewiß dem Kinde wollen Asche oder Ruß in Beppe werffen. Ja, man wird was geschoren mit dem verzweiffelten Jüdel, wenn man nicht immer ein neues Töpffgen und Qvirlgen voll Wasser aufn Ofen setzt, damit es was zu spielen hat, so richtets über all in Hause Händel an, daß dem Geyer dafür grauen möchte. Ja, es glaubts kein Mensch ja; solt doch einer lieber eine Metze Flöh hüten, [408] ja, als daß man überall das Jüdel abhüttete ja; der Teufel hat das Aaß gemacht etc. So erbitttert pflegen die alten Wehweiber, und andere überkluge Dames über ein Ding, das doch noch nicht ist geschaffen worden, zu fulminiren, sie schelten, und wissen nicht, auf wen, sie nennen zwar ein Ding mit Nahmen, sie wissen aber nicht, obs der Niemand, oder der Teufel sey; sie nennens ein Jüdel, und kein Mensch hats ie mit Augen gesehen. Zwar der Mons. Niemand läßt sich auch nicht sehen, ob nun das Jüdel irgend ein jung Niemandgen ist, weiß ich nicht, und Mutter Ursel weiß es auch nicht, so wissen wirs fein alle beyde nicht. Womit hats aber das Kind verbrannt? das weiß niemand, und ich auch nicht. Wer gestochen oder gehauen wird, der schmiert offt den Degen, oder das Messer, oder Axt mit Waffen-Salbe, aber wenn geglaubt wird, als sey ein Kind vom Judel verbrannt, so soll das Ofenloch mit Speck geschmieret werden; wie gehets nun immermehr zu? wenn es solte eine sympathetische Cur seyn, so müste ja dasjenige Ding, das das Kind gebrannt hat, geschmieret werden; z.E. ein Biegeleisen, eine heisse Kachel, der heisse Brey-Tiegel etc. weil aber gesagt wird, das Jüdel hätte das Kind verbrannt, so müste man ja auch das Jüdel schmieren? aber wo ists? ist denn ein Ofenloch und ein Jüdel ein Ding? weil man das Ofenloch schmirt. Oder ist das Ofenloch irgend des Jüdels Hauß-Thür, oder wie kömmt [409] das Ofenloch zu der Schuld, daß sichs muß schmieren lassen? sehet doch nur, und bedenckts doch, ihr alten Runckunckeln! was ihr für toll und thöricht Zeug ersinnet, daß ihr selbst nicht wisset, was es heissen soll. Pfuy! schämet euch! ihr erdencket rechte Undinge; bedenckt nur selbst, ob ihr nicht dummer seiyd, als das dummste Vieh, welches niemahls nichts vornimmt oder thut, als was der Natur gemäß ist. Das rothe Fleck am Kinde rühret ja nicht von einem äusserlichen brennen her, sondern von innerlicher Hitze und verderbten Geblüt. Wenn die kleinen Kinder die Aeuglein verkehren und lachen, so rührets nicht von einem äusserlichen Spiel eines Jüdels, (wie ihr alten Katzen sagt) sondern von den innerlichen Fresel her. Da soltet ihr fein zu verständigen und ordentlichen Aertzten gehen, und euch durch von GOtt geordnete Mittel von ihnen helffen lassen; aber dieses unterlasset und versäumet ihr, und braucht dargegen allerhand Teufels-Bannerey, und Zauberey, und verwahrloset damit die unschuldigen Kinder, welche dermahleins an jenen Tage werden für GOtt um Rache über euch schreyen, daß ihr so Ehrloß mit ihnen gehandelt habt. Merckts ihr alten Vetteln!

Das 93. Capitel
Das 93. Capitel.
Wenn ein Kind zum erstenmahl das Freysig (epilepsia) hat / soll man ihm einen [410] ererbten Fischtiegel über den Kopff decken / und den Mund mit einem Erb-Schlüssel aufbrechen.

Man bedencke nur, was das abermahl vor toll und thöricht Vornehmen ist? dieses alles sind Dinge, die der Teufel den Weibern einbläßt. Was kan ein kupfferner Fischtiegel helffen, er mag ererbt, erkaufft oder geborgt seyn, so hat er einerley Krafft, und ist zu dem Abscheu verfertiget, daß man in demselbigen Fische, Krebse, und andere Speise sieden und zurichten kan; übrigens ist der Tiegel eben kein besser Kupffer als ander Kupffer, und der Stiel und Beine sind Eisen wie ander Eisen. Beyderley Materien nun können an und für sich selbst die geringste Krafft nicht von sich in einem Menschen auslassen, dadurch das Fresel oder einige Kranckheit gehemmet werden möchte, es sey denn, daß solche Materien durch chymische Bereitung zerleget und zu einer Artzney præpariret würden, die hernach dem Menschen appliciret werde. Ein Fischtiegel aber ist auf keine weise zu einiger Artzney zugerichtet; derowegen ist dessen Gebrauch, sonderlich auf solche thörichte Art, gantz unnütze und vergeblich, und so ich ein Kind hätte, das mit der bösen Staupe beladen wär, und man käme mit dergleichen Allfantzereyen aufgezogen, so wolte ich den Fischtiegel nehmen, und alle Zauber-Huren damit aus dem Hause fischtiegeln, (denn ich kan nicht priegeln sagen, wenn ich mit dem Fischtiegel [411] zuschlüge,) Mit dem Erbschlüssel hats gleiche Bewandniß, und wird mit solchen Gauckelpossen GOtt erzürnet, die Jugend und der Nechste dem solche Teufelshändel noch nicht bekannt sind, geärgert, und das Ubel solches Aberglaubens ie mehr und mehr fortgepflantzt; zumahl, wenn die Kranckheit von sich selbst nachlässet, daß die Affen sich einbilden, der Fischtiegel und Erbschlüssel hätte geholffen. Wenn aber das Ubel überhand nimmt, da werden ordentliche Mittel hintan gesetzt, verachtet, und das Kind verwarloset, und ist eben so viel, als ob solche alte Huren ein Kind mit dem Fischtiegel todtschlügen. Ich hätte bald das Final dieser Gauckelpossen vergessen, denn sie lassen es nicht bey dem blossen aufdecken des Fischtiegels auf des Kindes Kopff, oder mit dem aufbrechen des Mäulgens mit dem Erbschlüssel bewenden, daß sie den Tiegel in die Küche, und den Schlüssel wieder an seinen vorigen Ort legten, sondern sie legen beydes unter den Tisch, biß zum Sonnen Untergang, auf daß das Zauberspiel ein desto mehrers Ansehen und Nachdencken machen solle, ist aber doch alles vergeblich, sündlich und gottloß.

Das 94. Capitel
Das 94. Capitel.
Wem etwas ins Auge fällt, der soll 3. mahl über die rechte Hand speyen / und darzu sagen: Ich dacht / es wär ein Klümpgen Mist / so war es unser lieber HErr JEsus Christ.

[412] Ob denn solche gottlose Leute, die dieses practiciren, auch niemahls daran gedacht haben, oder noch bedencken, was GOtt im andern Gebot so ernstlich verboten habe? ihr Beginnen zeiget schnur gerade das Gegentheil an. Ist das nicht eine verfluchte Vergleichung? sie sagen: sie hätten unsern theuersten Heyland, der uns alle mit seinem Blute so theuer erraufft hat, für ein Klümpgen Mist oder Koth angesehen; solte auch wohl der Teufel mit allen seinen Schlangen-Saamen was verfluchters ersinnen können? sie heissen ihn zwar ihren HErrn J.C. wo bleibt aber seine gebührende Ehre? sie sagen: er sey ihnen in die Augen gefallen, und wollen ihn mit dreymahligen ausspeyen wieder heraus bringen: das GOtt erbarm, o wolte GOtt! der HErr JEsus Christus wär ihnen nicht als ein hinderliches Bißgen Koth in die Augen, sondern als ein angenehmer Schatz in das Hertze gefallen, darzu wolte ich ihnen 1000. fachen Seegen und Glück wünschen. Aber zu solchen ruchlosen Wesen, Mißbrauch u. Schändung des H. Nahmens GOttes weiß ich fast nicht, was ich dem Teufels-Huttig, den garstigen Unflätern, sagen soll. Nichts als seuffzen kan ich, daß doch GOtt solche GOttes-Schänder bekehren, und ihnen ihre Boßheit, die sie offt aus Unbedachtsamkeit verüben, aus Gnaden vergeben, und nicht irgend im Zorn auch ausspeyen wolle, daß sie nicht irgend kein Theil an GOtt und seinem selbständigen Wort haben [413] möchten, als wie sie wohl verdieneten; sicherlich, ich habe diesen gotteslästerlichen Aberglauben offt mißbrauchen sehen, und mündlich darüber geeiffert, aber doch angestanden, solchen unter die Aberglauben publice zu setzen, in Besorgung, daß ich bey denen Unwissenden eine Aergerniß anrichten möchte. Da ich aber dieses verdammliche Beginnen immer aufs neue practiciren sehe, so erachte für rathsam, solche Mistklümpel aus denen mit den Wercken der Finsterniß verkleisterten Augen nach meinem wenigen Vermögen heraus zu striegeln, unter der guten Hoffnung, daß GOtt das Glück geben werde, daß meine Striegel den Staar der Boßheit und das Fell der Unwissenheit ein wenig von den abergläubischen Augen abziehen werde, auf daß sie JEsum Christum besser anschauen, erkennen und ehren lernen möchten, daß er nicht dermahleins an jenem Tage wieder zu ihnen sagen möge: Ich kenne euer nicht! weichet alle von mir ihr Ubelthäter! Es möchte nun zwar vielleicht die abergläubische Rotte mir vorrücken, und nach Art loser Leute sagen: Ich wolte ihre That so gar verdammen, und vor gantz und gar unwahr ausschreyen, auch für lauter Teufels-Wercke angeben, da doch die lieben Alten solches eben auch gethan, und der Gebrauch solcher Mittel gleichwohl auch gewiß geholffen hätte, auch noch hülffe, ihre Vorfahren würden darum nicht verdammt worden seyn, und sie hofften so wohl selig zu werden als [414] ein anderer etc. und wie das gewöhnliche des abergläubischen Pöbels mehr lauten möge. Hierauf antworte ich aber in möglichster Kürtze: Ich verdamme niemand, aber die böse That verdammt sie, nach GOttes Worte. Die Alten haben so wohl gesündiget, als sie, dahero sie auch, so sie ohne Busse und Bekehrung gestorben sind, gleichwohl verdammt seyn können. Wenn aber dieser Gebrauch geholffen hat, so ist die Hülffe nicht von den gotteslästerlichen Worten herkommen, sondern ist natürlicher weise erfolget, nehmlich, wem etwas ins Auge fällt, den drückts, und laufft das Auge voll Wasser; wenn man nun darzu auf diese Seite siehet und darzu ausspeyet, so wird durch das Umschauen und etliche mahl ausspeyen das Auge bewegt, daß das was hinein gefallen ist, mit Wasser oder Thränen zum Auge heraus rinnet, und nicht mehr druckt. Die Worte aber, welche der Satan erdacht hat, sind vergeblich.

Das 95. Capitel
Das 95. Capitel.
Das Wasser leidet keinen todten Leichnam / drum kan auf Schiffen keine Leiche geführet werden.

Dieses mag man zwar einfältigen Leuten leicht weiß machen können, daß sie es glauben; aber verständige Leute glauben nicht alles, was der gemeine Wahn bringt. Wahr [415] ists, daß wenn ein Mensch in der See, oder auch in kleinern Wässern ertrincket, so sinckt die Leiche zwar anfangs zu Boden, und bleibt ligend, weil bey dem Tode aller Odem aus der Lunge gehet, und alle Glieder, die vorhero gleichsam aufgeblasen gewesen, die fallen zusammen, dahero auch ein Verstorbener schwerer wird, als er am Leben war. Und darum sincken alle frische Leichen im Wasser zu Boden, es mögen Menschen oder Bestien seyn. Wenn aber solche todte Cörper, ehe sie gar putresciren, vorhero anfangen zu fermentiren oder gehren, so erregt oder gebührt gleichsam die fermentation innerlich viel Lufft-Bläßgen, dann heben sich solche Cörper wegen der in sich erregten Lufft wieder in die Höhe nach der Lufft. Denn ein iedes Element lenckt sich gerne zu dem Hauptklumpen seines gleichen, welches ich leicht darthun könte. Wenn es hier die Zeit und Raum leiden wolte, wenn nun aber ein solcher todter Cörper sich in dem Meer oder andern tieffen Wassern aus der Tieffe in die Höhe an die Lufft gehoben, so schwimmet er oben auf dem Wasser, und wird vom Winde und Wellen so lange getrieben, biß er ans Ufer kömmt. Dann wird insgemein gesagt: das Wasser hätte ihn ausgeworffen, denn es leide keinen Todten. Es ist aber eine rechte einfältige Meynung; denn das Wasser möchte und könte es wohl leiden, wenn der Cörper so schwer bliebe, daß er zum Boden könte liegen bleiben. Mancher meynet, [416] es sey fermentiren undputresciren einerley; es ist aber weit gefehlet. Die putrefaction folget der fermentation nach, und kan nichts faulen; es sey denn eine Gährung vorher gegangen, die fermentation erhebt eine Sache, und machts leichte, wenn dann die Gährung vorbey ist, fällt bey angehender Faulung alles wieder in Grund, welches in der Chymie an 1000. Dingen darzuthun wär. Also ist das Wasser nicht geartet was auszuwerffen, ausser was leichte ist und sich selbst aus dem Wasser empor hebet. Ich will mich aber hier nicht weitläufftiger erklären, weil denen Vernünfftigen schon genug gesagt ist, den Thoren aber hilfft kein sagen. Was nun anlanget das Mährlein / daß auf den Schiffen keine Leiche dürffe geführet werden, so ist solches notorisch gantz falsch, denn ob gleich gemeine Matrosen etc. offt über Poort geworffen werden, wenn sie sterben, oder in der Seeschlacht bleiben, so geschicht solches nicht darum / als ob keine Leiche aufn Schiff bleiben dürffte, sondern wegen des Gestancks, dafür die Lebendigen nicht würden bleiben können. Wenn ein Vornehmer aufn Schiff umkommt, wissen sie ihn fein zu balsamiren, und in einen verpichten Sarg mitzuführen, biß sie an Land kommen. Wiewohl einige Generals und Capitains selbst befehlen, daß wenn sie in der Schlacht bleiben, man ihre Leiber in die See werffen solle; und würde zu weitläufftig werden, so ich bekannte Exempel [417] anführen wolte. Endlich bedencke man, wie viel Mumien sind zur See in Teuschland gebracht worden, welches auf einmahl diese superstition übern Hauffen wirfft.

Das 96. Capitel
Das 96. Capitel.
Wenn man Teufelsabbiß unter einen Tisch wirfft / wo Gäste sitzen / da müssen sich die Leute zancken und schlagen.

Wenn dieses wahr wär, so thäten diejenigen Personen, welche dieses Gewächß um deßwillen unter einen Tisch werffen, daß die Gäste sich zancken oder schlagen solten, ein rechtes Werck des Teufels, der ein Urheber alles Zancks und Unfriedes ist. Allein, ich kan versichern, daß es eine Unwahrheit ist, und nicht zutrifft. Man will diese Eigenschafft auch einem Steine zuschreiben, den man nach einen Hunde geworffen, und der Hund drein gebissen hätte; aber es trifft gleichfalls nicht zu. Daß es mit dem Teufelsabbisse nicht zutreffe, kan ich einen gewissen Zeugen abgeben, weil ich in meiner Officin, unter dem Tische, einen gantzen Kasten voll des Teuffelsabbisses (Morsus Diaboli vel succisa) stecken habe, und ob gleich fast täglich Compagnien gute Leute sich bey mir einfinden, weiß ich doch innerhalb 24. Jahren keine Schlägerey, die in meiner Officin vorgefallen wär. Ja auch nicht einmahl ein so hefftiger [418] Zanck, dadurch eine Schlägerey zu besorgen gewesen wär, ohnerachtet sich doch mancher gar fein über den Tisch legen kan. So hat ein gewisser Freund ohnlängst dieses auch auf einer Hochzeit probiret, mit Vorsatz, daß so bald sich würde ein Zanck erregen so bald solte sein Junge das eingewickelte Gewächß untern Tisch aufheben; der Junge hat dieses aber nicht nöthig gehabt zu thun / weil auf der gantzen Hochzeit, alle 3. Tage, keiner dem andern eine unfreundliche Mine gemacht hat. Es kan aber seyn, daß derjenige Mesch, der den Teufelsabbiß, oder auch einen solchen obbemeldten Stein, in den Absehen unter einem Tisch wirfft, wo gute Freunde besammen sitzen, selbst hilfft anhetzen, daß ein Zanck entstehen soll, alsdenn ist aber das Gewächß noch der Stein Ursach zum Zanck, sondern der Stäncker, der Lust darzu hat. Wie denn offt ehrlose Buben und Ertzstäncker gefunden werden, die nicht gern sehen, wenn gute Freunde besammen sind, und auch friedlich von einander scheiden. Solche Leute aber sind, wie schon gedacht, so gut als der Satan selbst.

Das 97. Capitel
Das 97. Capitel.
Wer glücklich über Land reissen will, soll / ehe er zu Pferde sitzet / erst vors Pferd treten / und mit dem Fusse 3. Creutze gegen das Pferd machen.

[419] Dieses sollen Liebhaber des Creutzes Christi heissen; aber Feinde des Creutzes Christi mögen sie seyn, weil sie in größten Mißbrauch das Creutz vors Pferd machen. Und ob auch gleich manche Heuchler diese That mit allerhand Schein-Gründen zu beschönigen suchen, so ists und bleibets dennoch ein Mißbrauch des Creutzes. Denn es hat ja Christus die Pferde nicht am Creutze erlöset, hat solches auch nicht nöthig gehabt, weil nichts in der Welt eine Erlösung bedurfft hat, als nur allein der sündige Mensch. Und ob zwar auch die Creaturen seuffzen, und möchten gern frey seyn von dem Sündendienst der Menschen, weil sie wider ihren Willen unterworffen sind; so ist doch dabey keiner Creutzmachung nöthig, sondern der Mensch alleine ist schuld an allem Ubel. Und wenn ein solcher abergläubischer Reiter mit seinem Fuß 3. Creutze gegen sein Pferd macht, so stehe ich in Zweiffel, ob ein solcher Hanßwurst auch wohl selbigen gantzen Morgen noch ein einigmahl an den gedacht hat, der ihn (und nicht sein Pferd) am Stamme des Creutzes mit viel 1000. Schmertzen und seuffzen erlöset hat. Ich bin auch der Meynung, daß es würde gleiche Krafft haben, so er das Zeichen eines Galgens vors Pferd machte, und dieses vermuthe ich nicht unbillig daher: Es hat in hiesiger Stadt, nicht weit von meinem Hause, aufn Korn-Marckte, die Justiz oder Soldaten-Galgen seine Stelle gehabt, wie dieser noch stande,[420] habe ich öffters mit meinen Augen gesehen, daß die Altenburger Kornbauern mit grosser Sorgfalt sich alle Marcktage bemühet haben, ihren Karn mit Korn gerade unter die Justiz zu stellen, in der abergläubischen Meynung, daß sie auf dieser Stelle ihr Korn viel eher und theurer verkauffen würden, als an einem andern Ort, ja biß dato zancken sie sich noch, und fähret einer dem andern mit allem Fleiß vor, daß er erst will auf die Stelle kommen, wo vor einigen Jahren die Justiz ist umgefallen. Ob nun dieses gleich ebenfalls auch eine abergläubische Thorheit ist, so siehet man doch daraus so viel / daß diese Korn-Bauern mit der Galgen-Stelle eben so viel zu erlangen vermeynen, als der Reiter mit seinen 3. Creutz-Zeichen. Beyde wollen dadurch glücklich seyn; beyde aber versündigen sich, und gewinnen nichts damit, als GOttes Zorn, auch wohl zeitliche und ewige Straffe darzu.

Das 98. Capitel
Das 98. Capitel.
Wer mit Eckel Artzeney einnimmt, und besorgt / daß er solche wieder weg breche / der stürtze nur das Geschirr um / woraus er eingenommen / so bricht er sich nicht.

Das ist abermahl eine rechte albere Einbildung, und kenne ich selbst solche Leute, auch von honeten Stande, die halten so heilig [421] darüber, daß ja allemahl der Becher oder das Geschirr umgestürtzt werden muß, woraus die Artzney ist eingeschluckt worden, daß sie auch gäntzlich glauben, wenn dieses nicht geschehe, so breche man die Artzney wieder von sich, hingegen verursache das unter sich gekehrte Gefäß, daß die Artzney unter sich schlagen müsse. Aber, ô sancta simplicitas, bitte für uns! hatte jene Nonne gesagt. Es ist ja so bekannt genug, daß manch Mensch einen grossen Eckel vor der Artzney hat, und sich leicht übergiebt, so er die Medicamenta nur ansiehet / daher auch solche eckele Leute beym einnehmen einiger Artzney gar die Augen zudrücken, und so bald die Artzney eingeschluckt ist, muß alles weggethan werden. Andere, die ein klein wenig frischer sind, stürtzen nur den Becher um, oder legen den Löffel auf die hohle Seite, daß sie nicht an die Farbe der Artzney beym anschauen gedencken, und einen Eckel erregen wollen, dieses alles kan nun gar wohl paßiren, und verdienet keines auslachens, aber wenn man gar einen Aberglauben daraus macht, als ob unumgänglich das Geschirr umgestürtzt werden müsse / wo man nicht wolle die Artzney wieder oben heraus geben, und noch darzu einen grossen Eckel behalten, die sind billig auslachens werth. Denn wem nicht eckelt, der mag sein Geschirr stehen lassen, wie er will, ohne daß er davon vomire. Also macht das aufrechtstehende Geschirr keinen Eckel oder brechen, [422] und das umgestürtzte verhinderts auch nicht.

Das 99. Capitel
Das 99. Capitel.
Wenn man Bier auf hat, und die Hauß-Magd kehret den Besen mit dem Stiele unten / so müssen sich die Bier-Gäste schlagen / und wenn sie auch die besten Freunde wären.

Warum hat aber ein solcher umgekehrter Besen nur zu der Zeit, wenn Bier geschenckt wird, solchen Effect, die Gäste zu veruneinigen, und zu anderer Zeit nicht auch? fürwahr dieses macht die Kunst sehr verdächtig, daß solche erlogen seyn müsse. Von freyen stücken erhebt sich unter den Gästen nie keine Schlägerey, sondern sie müssen erst mit Worten einen Streit anfangen, so sie aber zancken, so muß eine Ursach seyn / warum sie sich zancken; ist nun aber eine Ursach des Zancks vorhanden, so kan der umgekehrte Besen nicht für die Ursach gehalten werden, man wolte denn gar zu weit gehen und sagen: der umgekehrte Besen hätte auch so viel Würckung, daß dadurch unter denen Bier-Gästen allerhand Ursachen zum zancken hervorgesucht würden, woran die Gäste sonst nimmermehr gedacht hätten. Aber dieses muß man nur Narren weiß machen, die alle Vernunfft verlohren haben; denn eine Sache vorgeben, ist noch lange nicht erwiesen. [423] Das will ich aber nicht wider sprechen, wenn sich die Gäste schon geschmissen, und es bund über Eck gehet, daß nicht irgend die Magd mit dem Besen auch ins Handgemenge kömmt und den Besen in die Höhe hebt, und damit zuschlagen hülffe / da sehen dann die Gäste freylich, daß die Magd den Besen das Untertheil zu oberst gekehret hat, und wenn es dann so hergehet, da liegt gemeiniglich ein Bier-Gast über den andern her, bey welchem Zustande die Magd einer Parthie beystehet, und auf die andere Part gut zuschlagen hülfft. Allein, an solchen Händeln ist kein umgekehrter Besen einige Schuld, sondern es ist der Zanck und die Schlägerey schon angefangen worden, ehe der Besen ist angegriffen gewesen. Es könnte sich auch wohl zutragen, daß einige Gäste um der Magd willen zu Bier gingen, wie es unter lüderlichen Purschen offt hergehet, daß sich ihrer etliche in eine Magd von feinen Ansehen verlieben, und nicht propter Rastrum, sed propter etc. die Mägde pflegen auch mehrentheils einen lieber zu haben, als den andern, und so sie nun vernehmen, daß der zum Biere kommen will, und jener kömmt auch, da macht sich manche Magd schon die Rechnung, daß es ohne Schlägerey nicht abgehen werde, legt demnach fein zum Voraus einen alten Besen auf die Warte in einen Winckel, und zwar kan es bey falscher Bewandnüs geschehen, daß der Stiel unten gelegt wird. Ich lasse aber [424] einen ieden bedencken, ob solcher Besen, natürlicher weise, eine Ursach einiger Schlägerey seyn kan, wo die Gäste nicht vorhero schon eine Lust darzu haben.

Das 100. Capitel
Das 100. Capitel.
Wer Feld hat / und will es wohl tragend machen, der muß still schweigend einen gewissen Tag ausgehen, und von dreyerley geerbten Aeckern Erde holen, und solche unter seinen Saamen mengen, und auf seine Felder streuen.

Ich beschliesse hiermit abermahl das Sechste Hundert schändliche Aberglauben zu striegeln. Und erinnert mich diese letzte unter der Striegel habende Materie, wie alle Aberglauben von irdisch-gesinneten Menschen ihren Ursprung haben, und auch von solchen Erd-Hamstern practiciret werden. Denn alles, was der Adamische Mensch thut, ja alle sein Dichten und Trachten ist nur aufs irdische gerichtet, und hieraus entspringen alle Sünden, böse Begierden, Untugenden und alle Laster, die doch von unsern himmlischen Vater aufs hefftigste mißbilliget werden. Hier in dieses Capitels Rubric will ein Adamischer Erden-Wurm diebischer und tückischer Weise ausgehen, und will sich den Seegen auf seinen Acker von andern Feldern zusammen tragen; O du elender Erden-Dieb! Was wirstu dir holen? Das wenige in sündlichen Aberglauben [425] gestohlene Erde wird dir deinen eignen Saamen verzehren. Der Satan bildet dir zwar in deinem geitzigen Wolffs-Kopffe ein; als wenn du davon grossen Nutzen hättest, es streitet aber wider die gantze Natur, weil du den Geber aller Güter, nehmlich den Seegens-vollen GOtt, verachtest, diesem nicht vertrauest, da du doch nichts hast, das nur genennet mag werden, ausser dem, was du von GOtt hast; die Hände, damit du die Erde von andern Feldern stiehlst, die Füsse, die dich auf andere Felder tragen, die Augen, womit du sie suchest und findest, dein gantzes Vermögen, das hat GOtt dir alles geliehen, daß du es zu seinen heiligen Ehren, und zu Nutz deines Nechsten anwenden sollest. Du Schand-Bube! kehrest es aber um, und giebst die Ehre, die du deinem gütigen GOtt schuldig bist, dem Teufel; Deinen Nechsten, dem du alles gutes thun, ihn lieben, sein Gut und Nahrung bessern u. helffen soltest, den neidest und bestiehlest du, und woltest lieber erndten wo du nicht gesäet hast. Ja / du wirst eine schöne Erndte halten! Ich sorge, du werdest Verderben erndten, und Fluch in deine Scheuren sammlen. Wärest du himmlisch gesinnet, und trachtetst am ersten nach dem Reich Christi und GOttes, so würde dir das Zeitliche und was du zu deiner zeitlichen Nahrung und Nothdurfft bedürffest, alles zufallen. Denn der Seegen GOttes macht reich ohne Mühe: aber deine Diebs Mühe die bringt dargegen lauter[426] Schaden, an der Seelen und leiblicher Nahrung. Ich wolte dieses mit vielen Exempeln beweisen, so es die Zeit litte / wird auch nicht nöthig seyn, weil ein weiser schon selbst weiß, was recht ist, ein Thor aber achtets nicht, und ein Dreck-Hamster vernimmts nicht, biß GOtt einst mit ihm reden wird in seinem Zorn, und erschröcken, in seinen Grimm. Und weil ich nun diese Arbeit gäntzlich beschliesse, so dienet dem Christlichen Leser zu wissen, daß ich den Endlichen Schluß dieser Materien nicht darum mache, als ob ich keine Materie mehr zu striegeln hätte. Nein keinesweges, sintemahl leider! nicht nur ein 1000. sondern viel 1000. solche gottlose Aberglauben fürstellen könnte, wenn mir nicht bey nahe ein Grauen und Entsetzen für der unglaublichen Menge solches verdammlichen Zeuges ankäme. Denn ie mehr ich auf der thörichten Menschen ihr Beginnen acht habe, ie mehr sehe ich solchen Greuel treiben. Jedoch sey GOtt auch dafür gelobt / daß er doch gleichwohl noch viele fromme Christen ausgesondert hat, welche nebst mir einen billigen Haß wider alles Abergläubische Wesen haben, und daß Er diese wohlgemeinte Schrifft nicht vergeblich lässet in die Welt fliegen; sintemahl ich doch schon offt erfahren habe, daß hiermit durch die Gnade GOttes manchem einfältigen Menschen, der aus Unverstande manche Abergläubische Thorheit begehen helffen, die Augen des Verstandes [427] eröffnet worden sind. Der Grundgütige GOtt, der einen Greuel an allen Abergläubischen Wesen hat, wolle aller Christen Hertzen recht lehren thun nach seinen Wohlgefallen, und sein guter Geist führe uns alle auf richtiger Bahn, und erhalte uns in der Wahrheit, biß an unser Ende.

Inhalts-Register
Inhalts-Register derer Materien, so hierinnen abgehandelt worden.

Das 1. Capitel. Man soll sich aus keinen warmen Wasser waschen, das bey alten Holtze von alten Wagenrädern gewärmet ist worden pag. 211

Das 2. Cap. Einem Kinde, das schwerlich reden lernet, soll man ein in Backofen zusammen gebacken Brodt über dem Kopff von einander brechen 213

Das 3. Cap. Wider die Finnen im Gesichte hilfft einer Mannes-Person, wenn er sich an ein Weiber- Hembd, und einer Weibs-Person / so sie sich an ein Manns-Hembd trocknet 216

Das 4. Cap. Mit einem Stecken, davon die Rinde abgescheelt ist, soll man weder Vieh noch Menschen schlagen, denn was damit geschlagen wird, muß verdorren 218

Das 5. Cap. Man soll in zwölff Nächten nicht brechen, sonst verderben die Aepffel und Birn 221

Das 6. Cap. Man soll in den zwölff Nächten nicht dreschen, es verdürbt sonst das Getraidig so weit als der Schall gehört wird 223

Das 7. Cap. Ein Hembd, das mit Zwirn, der in zwölff Christ-Nächten gesponnen worden, genehet ist, angezogen, ist zu vielen Dingen gut 225

Das 8. Cap. Wenn man den Christ H. Abend naus auf die Winter-Saat gehet etc. so höret man, was das gantze Jahr im Dorffe geschicht 228

Das 9. Cap. Am Christ- oder Weynacht Heil. Abend soll man das Licht nicht lassen auslöschen, es muß sonst eines im Hause sterben 230

Das 10. Cap. Es ist nicht gut, wenn ein Stuhl umgekehrt liegt, und die Beine in die Höhe kehrt 232

Das 11. Cap. Wenn eine Manns-Person eine Weiber- Haube aufsetzt, den schlagen die Pferde 234

Das 12. Cap. Man soll mit heissen Wasser die Stuben nicht sprengen, wenn man auskehren will, es wird sonst Zanck im Hause 236

Das 13. Cap. Wenn eine Braut an ihrem Hochzeit- Tage zur Kirchen gehet, soll man ihr die Schlüssel nachwerffen, so wird sie haußhältig 238

Das 14. Cap. Wenn eine Braut von der Copulation heimgehet, muß man ihr etliche zerschnittene Kuchen entgegen tragen, davon muß ieder Gast ein Stück nehmen und damit die Braut auf den Leib stossen 240

Das 15. Cap. Wenn ein Bräutigam seine Braut heimholet, soll die Braut unterwegens Flachs wegwerffen, so geräth ihr der Flachs wohl 242

Das 16. Cap. Wenn man die kleinen Kinder auf schwartzen Fullen läßet reiten, so bekommen sie bald Zähne 245

Das 17. Cap. Wenn eine Jungfer will wissen, was sie vor einen Mann bekomme, die soll am Christ H. Abend einen Pfefferkuchen unbehandelt kauffen, eine Leiter draus schneiden, und dieselbe nebst einem Schwerdt-Pfennig auf die grosse Zehe binden, und sich ohne gebetet niederlegen, so wird er ihr vor dem Bette erscheinen, oder früh, wenn sie in die Metten gehet, begegnen. 246

Das 18. Cap. Wenn man in eine andere Wohnung ziehet, soll man im Neu-Mond einziehen, so nimmt die Nahrung zu 251

Das 19. Cap. Wenn man Reißer von Pfingst-Meyen aus der Kirchen, worüber der Seegen dreymahl gesprochen ist, in die Kraut-Beede steckt, so thun die Erdflöh dem Kraut keinen Schaden, sollen auch sonst vor viel Dinge gut seyn 254

Das 20. Cap. Wenn eine Braut einziehet, soll sie, ehe sie selbst ins Hauß gehet, zu erst eine schwartze Henne zum Fenster hinein stecken 256

Das 21. Cap. Wer Schwaben hat, der soll einen Hemmschuh stehlen, und diesen auf den Ofen legen, so kommen sie weg 258

Das 22. Cap. Wer einen Sandwisch stiehlt, und legt denselben den Hünern in ihr Fressen, so legen die Hüner nicht weg, und werden auch nicht behext 261

Das 23. Cap. In der Erndte soll man die letzte Garbe fein groß machen, so wird das andere Jahr so viel Geträide, daß man die Garben alle kan so groß machen als wie die gewesen 263

Das 24. Cap. Den weissen Rüben und gelben Mehren-Saamen sollen Männer und nicht Weiber säen, sonst kriegen die Rüben und Mehren Ritzen 266

Das 25. Cap. Wenn auf einer Hochzeit die Hunde einander beissen, so schlagen hernach die neuen Eheleute auch einander 268

Das 26. Cap. Wenn man einen Schwerdt-Pfennig am Weyhnacht H. Abend in den Stamm eines Obst- Baumes schlägt, so trägt er dasselbe Jahr gewiß Früchte 267

Das 27. Cap. Wenn man iemanden mit einen Aberrück von einem Rocken schlägt, so kriegt der Geschlagene ein Aberbein 272

Das 28. Cap. Wenn sich Abends der Respel an Spanlicht sperret, so kommt des andern Tages ein Gast; und wenn man Saltz darauf streut, so muß sich derselbe Gast im Hintern kratzen 274

Das 29. Cap. Wenn man Zwirn gemacht hat, soll man das Zwirn-Wasser nicht an einen solchen Ort giessen, wo Leute drüber gehen, denn wer drüber gehet, der wird Würbelsüchtig 277

Das 30. Cap. Wer an den 4. hohen Festtagen kein Fleisch isset, dem thun dasselbige Jahr die Zähne nicht weh 279

Das 31. Cap. Wer früh morgens in währenden auf stehen nieset, der soll sich alsbald wieder nieder legen, und noch 3. Stunden liegen bleiben, sonst ist sein Weib die gantze Woche Meister 281

Das 32. Cap. Wenn sich ein Mann früh anziehet, soll er mit den rechten Bein erst in die Hosen steigen, des Abends aber die lincke Hose erst abziehen, das ist gut 284

Das 33. Cap. Wer an Fast-Nachts-Tage sich badet, dem thut das gantze Jahr kein Rücken weh 287

Das 34. Cap. Wer ein neu Messer kaufft, der soll den ersten Bissen, den er damit schneitet, einem Hunde geben, so verlieret er daßelbe Messer nicht 288

Das 35. Cap. Wer am Freytage seine Nagel und Haare abschneidet, der hat kein Ohren- noch Augen-Wehe zubefürchten 291

Das 36. Cap. Wer 3. Freytage des morgens den rechten Fuß erst aus dem Bette setzt, dem drücken die Schuh das gantze Jahr keine Blattern 293

Das 37. Cap. Wenn ein Todt-krancker Patiente nicht kan ersterben, so soll man den Tisch von seiner Stelle rücken, oder auch eine Schindel aufn Dach, oder Ziegel umwenden 295

Das 38. Cap. Wer sich auf eine Wasserkanne setzt, dem wird die Schwieger-Mutter gram 297

Das 39. Cap. Wer Tauben hat, der soll über der Mahlzeit nicht davon reden, sie fliegen und gewohnen sonst weg 300

Das 40. Cap. Wer verreisen will, und wird der Tisch nicht erst abgeraumet, so wird ihm der Weg sauer 302

Das 41. Cap. Wenn ein Weib sich für Gespensten fürchtet, und bindet mit ihrem Strumpffbande das Thür-Schloß zu, so kan kein Gespenst hinein kommen 304

Das 42. Cap. Wenn die Kinder beschryen sind und nicht schlaffen können, soll man Erde von der Gemeine nehmen, und über sie streuen, wenn sie schlaffen, es hilfft gewiß 306

Das 43. Cap. Wer Rind-Vieh hat, der soll Meerschweingen in der Stube halten, wenn ein Unglück unter dem Vieh entstehen soll / so kommt es über ein Meerschweingen 308

Das 44. Cap. Man soll durch keinen Topff sehen, der keinen Boden hat, sonst thut einem der Kopff weh 310

Das 45. Cap. In der Braut Kammer soll man das Inschlit-Licht fein rein ausbrennen lassen, das ist gut 312

Das 46. Cap. Die 3. H. Christ-Abende soll man die Brodt-Brösamlein sammlen und aufheben, sie sind gut, wenn man sie einem / dems geteuscht hat, eingiebt 313

Das 47. Cap. Wer ein Kleid machen läßet, der lasse es ja nicht erst iemanden anders anziehen, es steht ihm sonst nicht schön 315

Das 48. Cap. Wenn ihrer zwey auf einen Teller essen, so werden sie einander feind 317

Das 49. Cap. Wenn man einen Feuerspan an beyden Enden anzündet, und die Hexen bekommen solchen Brannt, so können sie demselben Menschen, der den Span angezündet gehabt, grossen Schaden thun 319

Das 50. Cap. Wenn in einem Hause eine Feuers- Brunst entstehet, soll man den Backtrog heraus schleiffen, wo man diesen hinschleifft, da schlägt die Feuerflamme auch hin 321

Das 51. Cap. Wenn ein Weib aus dem Kind-Bett zu Kirchen gehet, so soll sie neue Schuh anziehen, sonst muß hernach ihr Kind, wenn es lauffen lernet, gefährlich fallen 323

Das 52. Cap. Wer ein oder mehr Löffel stiehlt, der behält das Maul offen, wenn er stirbet 326

Das 53. Cap. Wer Bier holet, soll sein Wasser nicht abschlagen, sonst bekömmt man die kalte Piße 328

Das 54. Cap. Wenn man die Kinder das erste mahl in die Schule schicket, soll man ihnen Rettige auf Butter-Bemmen zu essen geben, so lernen sie leichtlich die Buchstaben des Alphabets hinter sich und vor sich aussprechen 330

Das 55. Cap. Wenn man sich ohngefehr anspeyt, so erfähret man was neues 332

Das 56. Cap. So die Kühe des Nachts unruhig seyn, und brummen, so spielet das Jüdel mit ihnen 333

Das 57. Cap. Wenn man denen Kindern Schaff- Lorbern in die Schüchlein thut, so wachsen sie trefflich darnach 335

Das 58. Cap. Wenn man des Sonntags früh nüchtern nieset, so erboßt man sich selbigen Tag 336

Das 59. Cap. Wenn schwangere Weiber auf die Bleiche gehen, so bekommen sie weisse Kinder 338

Das 60. Cap. Wenn man ein Braut-Bett zum ersten mahl macht, soll man bey Leibe nicht mit der Hand drauf schlagen 340

Das 61. Cap. Wenn ein Kind zur H. Tauffe getragen wird, soll die Wöchnerin in alle vier Winckel des Hauses gucken 342

Das 62. Cap. Wenn eine Braut getrauet wird, soll sie eine alte blaue Schürtze mit unterbinden 345

Das 63. Cap. Wenn man die Schuhe verkehrt zum Haupte des Bettes steckt, so drückt einen der Alp des Nachts nicht 347

Das 64. Cap. Wenn eine Wöchnerin Nadeln in die Vorhänge steckt, so kriegt das Kind böse Zähne 348

Das 65. Cap. Wenn eine schwangere Frau einen Strick an statt eines Gürtels um sich bindet, deren Kind wird gehenckt 350

Das 66. Cap. Eine Wöchnerin soll nicht in Teig greiffen, sonst kriegt das Kind aufgerissene Hände 353

Das 67. Cap. Wer Bier im Bottige stehen hat, der soll, ehe das Bier gefasset worden, keinen Brodt- Teig in seinem Hause einmachen, es wird sonst alles sauer 355

Das 68. Cap. Wenn auf einer Hochzeit keine Gläßer zerbrochen werden, so werden die neuen Eheleute nicht reich 358

Das 69. Cap. Wenn sich ein Hund aufn Rücken waltzet, ist eine glückliche Stunde 360

Das 70. Cap. Wenn die Kühe im Frühling zum ersten mahl ausgetrieben werden, soll man sie durch einen Krantz von Gundermann melcken 362

Das 71. Cap. Wenn man am Walburgis-Tage einen Crantz von Gundermann aufsetzt, und damit zur Kirchen gehet, kan man alle Hexen erkennen 363

Das 72. Cap. Die Kühe, die gekalbet haben, führen die Bauern in Thüringen über dreyfach Eisen 365

Das 73. Cap. Wenn ein Schwein beschryen ist, soll man die Blätter von einer alten Karten inwendig hin und her im Saustall anzwecken, so wird es mit ihr besser 367

Das 74. Cap. Wenn man Milch, Bier oder Wasser im Ofen am Feuer stehen hat, zu einer Suppe oder Brey, soll man solches ja ja nicht lassen überlauffen im sieden, es werden sonst die Kinder frat 369

Das 75. Cap. Wenn eine schwangere Frau einem armen Sünder, der abgethan werden soll, nachgehet / oder nur über den Weg, den der arme Sünder gegangen, schreitet, so muß hernach ihr Kind eben auch dieses Todes sterben 371

Das 76. Cap. Wenn man Milch aus zweyerley Ställen, oder zweyerley Herrn Vieh unter einander menget, so verseigen dem einen die Kühe 373

Das 77. Cap. Wenn eines vom andern Milch geschenckt kriegt, solls nicht davor dancken, sonst verseigt die Kuh, von der die Milch kommen ist 375

Das 78. Cap. Wenn eine Henne im Hause brütet, und es wird in solcher Zeit ein Ey in solchem Hause gebraten, so verrecken alle Küchlein in Eyern, und kommt keines aus 377

Das 79. Cap. Die hinterlassenen Kleider der verstorbenen Menschen halten nicht 379

Das 80. Cap. So offt der Hahn in der Christ-Nacht krähet, so theuer wird selbiges Jahr ein Viertel Korn 381

Das 81. Cap. Wenn viel Heidel- und Breußel-Beere werden, so wird wenig Obst 383

Das 82. Cap. Am Ascher-Mittwoche jaget der Teufel das Holtzweiblein im Walde 385

Das 83. Cap. Des Sonnabends soll man keine Leinwant bleichen, sie wird sonst grau 389

Das 84. Cap. Wer mit Eßig handelt, soll ja keinen verborgen, und solte auch der Borger nur eine Stecknadel zum Pfande geben 390

Das 85. Cap. Vor die Haupt-Kranckheit soll man den Kopff mit solchen Wasser waschen, welches von Mühl-Rädern zurückspring. 393

Das 86. Cap. Einer Aalruppe den Kopff abgebissen, gedörret und gepülvert, einem Kinde solchen vor der Tauffe eingegeben, dienet wider die Schwernoth 395

Das 87. Cap. In einer Feuersbrunst das Feuer umrennet, und die letzten Worte des andern Verses Num. 11. angeschrieben, oder auf einem Brief ins Feuer geworffen, kommts nicht weiter 397

Das 88. Cap. Wenn man lange gut Wetter haben will, kan man es durch Einmaurung eines Hahnes zu wege bringen 400

Das 89. Cap. Vor allen Schaden eines thörichten Hundes-Bisses schreibe man auf ein zartes Zettelgen, und schlucke solches in einem Ey ein, als:VRAM EVI RAM CAFRAM, CAFRATREM, CAFRATROSQUE. 402

Das 90. Cap. Wer ein Fäselein von St. Huberts Rocke in die Stirn einheilet, dem kan kein wütend Thier beissen 404

Das 91. Cap. Wenn See-Schlachten, oder auch zu Lande im Kriege gehalten werden, so werden solche in Ertzgebürge durch Sturmwinde angedeutet 407

Das 92. Cap. Wenn das Jüdel ein Kind verbrannt hat, soll man das Ofenloch mit einem Speckschwärtlein schmieren 408

Das 93. Cap. Wenn ein Kind zum ersten mahl das Freysig (epilepsia) hat, soll man ihm einen ererbten Fischtiegel über den Kopff decken, und den Mund mit einem Erb-Schlüssel aufbrechen 411

Das 94. Cap. Wem etwas ins Auge fällt, der soll 3. mahl über die rechte Hand speyen, und darzu sagen: Ich dacht, es wär ein Klümpgen Mist, so war es unser lieber HErr JEsus Christ 412

Das 95. Cap. Das Wasser leidet keinen todten Leichnam, drum kan auf Schiffen keine Leiche geführet werden 415

Das 96. Cap. Wenn man Teufelsabbiß unter einen Tisch wirfft, wo Gäste sitzen, da müssen sich die Leute zancken und schlagen 418

Das 97. Cap. Wer glücklich über Land reissen will, soll, ehe er zu Pferde sitzet, erst vors Pferd treten, und mit dem Fusse drey Creutz gegen das Pferd machen 419

Das 98. Cap. Wer mit Eckel Artzney einnimmt, und besorgt, daß er solche wieder weg brechen werde, der stürtze nur das Geschirr um, woraus er eingenommen, so bricht er sich nicht 421

Das 99. Cap. Wenn man Bier auf hat, und die Hauß- Magd kehret den Besen mit dem Stiele unten, so müssen sich die Bier-Gäste schlagen, und wenn sie auch die besten Freunde wären 423

Das 100. Cap. Wer Feld hat, und will es wohltragend machen, der muß stillschweigend einen gewissen Tag ausgehen, und von dreyerley geerbten Aeckern Erde holen / und solche unter seinen Saamen mengen, und auf sein Feld streuen 425

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Notes
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophie. Oder Aufrichtige Untersuchung derer Von vielen Super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Allen denen nützlich zu lesen / die entweder schon ehemals von ein und andern Aberglauben betrogen worden sind, oder noch betrogen werden können; An das Licht gestellet von dem, der einem jedweden die Wahrheit Ins Gesicht saget, 2 Bände, Chemnitz: Conrad Stösseln, 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida: Acta Humaniora, VCH, 1987].
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TextGrid Repository (2012). Schmidt, Johann Georg. Die gestriegelte Rocken-Philosophie. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D918-6