Johann Georg Schmidt
Die gestriegelte Rocken-Philosophie

Band 1

Das Erste Hundert
Erklärung des Kupffer-Blats
Erklärung des Kupffer-Blats.

Das alte Weib, das du hier siehst mit einem langen Nocken,

Ist einer alten Hexen-Art, und ist gar sehr erschrocken,

Als sie am Weynacht Abend wolt dem den Planeten lesen,

Des Schatten ohne Kopff erschien, drum bruntzt sie durch den Besen

Sie ist die alte Meisterin, die Aberglauben lehret,

Weil niemand ist fast hie noch da, ders ihr mit Nachdruck wehret,

Drum findet sie des Beyfalls viel bey Alten und bey Jungen,

Mit Seegen sprechen geht sie um, führt Lügen auf der Zungen,

Ihr folget nach solch Mägde-Volck, die nackt ins finstre treten.

Und sanct Andresen eiferig um einen Mann anbeten;

Auch die die sich im Ofen Topff mit ihrem Kopff verstecken,

Und unverschämt den Fetzer bloß abscheulich hinaus recken,

Und wollen horchen, was hinfort ihr Liebster werde können.

O Thorheit! Wenn es wäre wahr möcht man es ihnen gönnen.

So aber ist gantz offenbahr in GOttes Wort gelehret,

Daß diese abergläubsche Schaar, wo sie sich nicht bekehret,

Vom Satan hingeführet wird, wo ihr Wurm nicht wird sterben.

O GOtt! erhalt den Glauben rein, laß uns nicht so verderben.

Vorrede
Vorrede.

Aberglauben ist ein schlecht Wort / wenn es nur schlechthin angesehen wird / und scheinet wenig auf sich oder zu bedeuten zu haben; dahero auch der Aberglaube sich fast bey denen meisten Christen / als eine heimliche Seuche / eingeschlichen hat / also / daß mancher Mensch alle seine Actiones mit Aberglauben vermenget hat / und weiß es noch nicht einmahl / daß er hiermit seiner Seelen und Gewissen ein solch Schand- und Brand-Mahl zuziehet: Denn es ist Aberglauben ein irriger und verdammlicher / und nicht ein rechter Glaube / und wenn die Buchstaben ein klein wenig versetzt werden / so heißts es Raben-Glaube. Ob nun zwar das erste in den Ohren nicht so hart als das letzte klinget / so wolte ichs doch / mit gewisser Christlicher Condition, lieber mit dem letzten halten /in Erwegung / daß doch gleichwohl die jungen Raben den einigen wahren GOtt anruffen; diejenigen aber /welche denen, Aberglauben nachhängen / sind Abgöttische / verlassen ihren Schöpffer / und ehren die Creatur. Wie dieses aber dem einigen wahren GOtt gefällig sey / kan ein ieder leichte aus dem heiligen Worte GOttes ersehen / und sagt Moses in seinem 5. Buch / Cap. 18. daß solche Leute dem HErrn ein Greuel seyn.

Aberglauben stehet dem einigen wahren seeligmachenden Glauben entgegen / wer nun abergläubisch ist / kan im rechten Glauben nicht aufrichtig seyn /und gehöret unter die Zahl derer / welche weder kalt noch warm sind / und diese will GOtt aus seinem Munde ausspeyen. O weh! das ist ein schöner Lohn /(scilicet) den sich solche Thoren muthwillig verdienen.

Dieses habe ich manchmahl erwogen / wenn ich öffters mit schaurender Haut angesehen / und gleichwohl solches zu hintertreiben nicht vermögend gewesen / daß von ein und andern Gauckel Affen / sonderlich aber Weibs-Personen allerhand abergläubische Fratzen / auch zuweilen mit Mißbrauchung des allerheiligsten Nahmens GOttes / gantz unbedachtsam sind vorgenommen worden.


Und dieses hat mich demnach offt bewogen / zu wünschen / daß doch iemand die Mühe auf sich nehmen / und alle solche albere abergläubische Possen aufzeichnen / genau untersuchen / und gründlich widerlegen möchte. Allein es hat noch biß dato nichts davon zum Vorschein kommen wollen; dahero habe ich selbst von diesen Raritäten / so viel mir vor meine Augen und Ohren gekommen / zusammen gesammlet / und habe / nach meiner Gelegenheit / zuweilen eine Materia nach der andern / sowohl mit der gesunden Vernunfft / als auch mit dem rechten Glauben und wahren Worte GOttes / so viel als mein weniger Verstand und Vermögen sich erstrecket hat / untersuchet /und gegen einander gehalten / und ie länger ie mehr befunden / daß es einfältig / alber / verlogen Zeug sey / das weder Grund noch Stich hält. Und habe mich dahero desto mehr verwundert / daß gleichwohl solche einfältige Narren-Possen / auch offtmahls von solchen Personen / denen man es nicht zutrauen solte / so häuffigen Beyfall finden.

Ich habe es demnach mit solchen verlogenen Kunststücken und unnützen Hülffs-Mitteln gewaget /und dieselben durch die rechte Wahrheit gleichsam entkleidet / und an das Licht gestellet / zur Schande aller derer / welche bißhero solchen alt-vettelischen Lügen haben hartnäckig angehangen / oder noch keine Lust haben / ins künfftige davon abzustehen. Alleine / wie wirds ablauffen? Wer die Wahrheit geiget / dem schlägt man die Fiedel an den Kopff; also darff ich mir auch wohl schwerlich Rechnung auf einen guten Recompens machen vor die Mühe und Arbeit / welche ich (wiewohl nur in müßigen Stunden) auf gegenwärtiges Werckgen gewendet habe. Zwar / weil ich ohnedem nicht nach zeitlichem Gewinn und Vermögen zu trachten gewohnt bin / sondern vielmehr einen ehrlichen Nahmen und rein Gewissen zu behalten mich eifferigst befleißige; als achte ichs desto weniger / wenn ich vor diese meine wohlgemeynte Arbeit nichts als Undanck und spöttische Nachrede erhalten werde. Der weise König Salomon sagt zwar Proverb. 28, v. 23. Qui corripit hominem, gratiam postea inveniet apud eum magis, quam ille, qui per linguae blandimenta decipit. Das ist wer einen Menschen straffet / wird hernach Gunst finden / mehr denn der da heuchelt. Dahero mache ich mir doch zum wenigsten so viel Hoffnung hierbey /daß etwan diese / welche aus Unbedachtsamkeit geirret haben / mich nicht gar zu sauer ansehen werden. Und diejenigen / welche ohnedem mit mir einstimmig sind / werden hoffentlich desto mehr mit mir zu frieden seyn / daß ich ihrer so lange gehegten richtigen Meynung so offenhertzig beypflichte. Was aber theils hartnäckige / alte abergläubische Weiber / Seegensprecherinnen Crystallenguckerinnen / und dererselben getreuer Anhang / mir vor einen Ehren-Krantz zu Lohne aufsetzen werden / fürchte ich schon / daß sie weder Johannis-Kraut / Thorand / Dosten / Wiederthon noch Gundermann / (mit denen sie doch fleißig umzugehen pflegen) vielweniger andere gute Kräuter und Blumen / sondern vielmehr Distel Köpffe / Dornen und alte Besen mit darein binden werden. Aber alles dieses achte ich nicht / und nehme solchen von ihnen willig an / indem mir doch wohl wird frey stehen / ob ich ihn aufsetzen will oder nicht / wenn sie mir nur die Liebe thun / und gegenwärtiges geringe Werckgen zu ihrer Besserung mit Bedacht lesen wollen; wer weiß / ob nicht etliche darunter / welche nicht gar in der Zauberey ersoffen sind / sich dadurch eines bessern besinnen.

Ubrigens gelanget an einen ieglichen Christlichen Leser mein dienstlich Bitten / daß er gegenwärtige geringe Arbeit unpassioniret ansehen / u. das beste davon urtheilen wolle / sintemahl ich wohl weiß / daß nichts ohne Mangel in der Welt erfunden werden mag / welches nicht seine gewisse Censur leiden müsse und könne. Und weil ich gleichsam nur mit diesem Werckgen eine Arbeit aus dem gröbsten gebracht habe / so werde mir es nicht mißfallen lassen / wenn sich künfftig klügere Leute bemühen / und solches /so zu reden / aus dem Groben ins Klare bringen wollen. Unterdessen will ich dennoch hoffen / daß diese /wiewohl geringe Arbeit / nicht gar ohne Nutzen seyn wird.

Darbey aber protestire ich / daß / daferne in ein und andern Punct iemanden etwas fürkommen möchte / ob sey ihm zu nahe geredet / es nicht aufzunehmen /als sey es von mir / aus einem affectirten Absehen gegen einen Menschen in specie gesetzet / sondern es wolle vielmehr ein ieglicher selbst erwegen / daß die Materien mehrentheils von solcher Beschaffenheit sind / daß Zärtlichkeit und Heucheley nicht viel nutzen noch ausrichten können. Eben als wenn ein Jubelirer Edelgesteine wolte probiren / und an statt einer guten Feile / mit einem Haasen-Fuß / oder Fuchs-Schwantz drüber herfahren / so würde gewiß ein Fluß oder gemachter falscher Stein so wohl die Probe aushalten / als ein Orientalischer Rubin / Saphir / Amethist oder Schmaragd.

Letzlich ersuche ich alle verständige und Christliche Weibs-Personen / daß / weil ich in diesem Werckgen denen alten Vetteln / super-klugen Weibern / und dergleichen Personen weibliches Geschlechts / welche kein Lob verdienen / keine zierliche Ehren-Seulen aufgerichtet habe / sie sich dieser nicht annehmen möchten; denn ich bezeuge mit meinen guten Gewissen / daß ich alle Christlich-gesinnte verständige Weibs-Personen / sie seyn jung oder alt / arm oder reich / billich und willig in gebührlichen Ehren halte /und dieser keine verstanden haben will. Auch verstehe diese nicht / welche aus Unbedachtsamkeit und durch Ubrredung von andern Thörichten / aus Unverstande ein und andere abergläubische Albertät vornehmen /sintemahl ich wohl weiß / daß irren menschlich ist /und gestehe ich von mir selbst / daß / wenn ich mir zuweilen Gedancken mache / als sässe ich dem lieben GOtt im Schoose / ist mir wohl der Teufel am nechsten; Weil ichs aber weiß / muß ich durch GOttes Beystand desto vorsichtiger seyn.

Welche demnach geirret hat / die folge meinem wohlgemeinten Rath / und verharre nicht in Irrthum /ich gebe meine Ehre zur Versicherung und Pfande /daß sie GOtt wird angenehmer seyn / als wenn sie länger der zauberischen / abergläubischen Rotte sich zugesellet und gleich stellet.

Hiernechst bitte ich einen ieden geehrten Leser /diese Puncte unpassionirt und bedachtsam durch zugehen / so hoffe ich / daß / ob gleich der Stylus zu schreiben einfältig ist / auch wohl diejenigen / welche anfangs das Maul drüber rümpffen / es dennoch vor lesens-würdig achten werden.

Schlüßlich wünsche dem geneigten Leser alles zeitliche und ewige Heil und Wohlergehen.

Das 1. Capitel
[13] Das 1. Capitel.
Wenn eine Wöchnerin in einer Stube in Wochen lieget / und kömmt iemand mit einem Trag-Korbe hinein / so muß es einen Span vom Korbe abbrechen /und in die Wiege stecken / sonst nimmt es der Mutter oder dem Kinde die Ruhe mit hinweg.

Probatum est, sagen die Weiber; ich aber antworte ohne Complimenten: Es ist nicht wahr, daß es eintrifft, obgleich probatum est mit güldenen Buchstaben darzu geschrieben wäre. Denn ich habe, hinter die Wahrheit zu kommen, richtigere Observationes davon gemacht, als sie; nehmlich, ich habe zu der Zeit, da meine Kinder unruhig gewesen sind, Weiber mit Trag Körben in die Stube gelassen, habe sie ohne Niedersetzen, und ohne Abbrechung eines Spans wieder lassen davon gehen, darbey aber meinem Kinde etwas wider das Reissen in Därmergen eingegeben, so ist mein Kind in die Ruhe gekommen. Hingegen habe ich, wenn mein Kind ist ruhig gewesen, eben auch einen Trag-Korb hinein bringen, das Weib damit nieder setzen, [13] auch einen Span vom Korbe brechen, und in des Kindes Wiege stecken lassen, aber hierauf ist mein Kind sehr unruhig worden. Da sagt mir nun alle, ihr super-klugen Weiber, wie gehet das zu, daß sich bey mir schnurstracks das Gegentheil ausgewiesen? Ich weiß zwar wohl, daß ihr mir werdet antworten: Die Ursach sey an mir, weil ich nicht daran glaubete; ja, ihr habt es errathen, und das ists eben, was ich von euch haben will. Glaubet ihr auch nicht daran, so wiederfähret euchs auch nicht. Denn wer leicht glaubt, der wird leicht betrogen; sondern wisset vielmehr, daß das Vertrauen, welches ihr auf den Span vom Korbe setzet, eine Abgötterey sey.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Wenn man gewiß will wissen / ob ein Kind beschryen sey / oder nicht / so muß es die Mutter an der Stirne lecken; ist das Kind beschryen / so schmeckt die Stirn gesaltzen.

Dieses ist aller super-klugen Weiber ihre gäntzliche Meynung. Ich kan es aber nach meinem wenigen Verstande nicht begreiffen / wie durch das Beschreyen solte Saltz an des Kindes Stirn kommen; ja, ich halte vielmehr das Beschreyen gar für nichts, sondern achte davor / es sey eine Erfindung des Teufels; denn wenn denen armen kleinen Kindern offt ein und andere Kranckheit anhänget, die durch ordentliche Artzney-Mittel am besten zu heben wäre, giebt der Teufel[14] denen abergläubischen Vetteln ein, ob sey das Kind beschryen / da werden die ordentliche Mittel verachtet, hingegen das Kind wird mit allerhand abergläubischen Teufels-Possen, zum Exempel: Kehrich aus 4. Winckeln, Abgeschabts von 4. Tisch Ecken neunerley Holtz und dergleichen geschmäuchet und geräuchert daß offtmahls gar das Fresel oder schwere Noth darzu schlägt / darüber das Kind gar stirbt, alsdenn sagen die alten Vetteln, es sey auf den Todt beschryen gewesen. Hierüber hat denn der Teufel seine absonderliche Freude, weil er nicht alleine bey denen Müttern einen Aberglauben erwecket, sondern auch, als ein abgesagter Feind des gantzen menschlichen Geschlechts, an unschuldigen Kindern, durch dero unbesonnene Eltern, eine Hencker mäßige Ritterthat ausgewürcket hat. Daß ich aber auch noch erweise, daß der gesaltzene Geschmack an der Kinder Stirne nicht vom Beschreyen herkomme, so bitte ich, es wollen die Mütter an denen gantz gesunden Kindern, welche nicht kürtzlich gebadet oder gewaschen sind, die Stirnen lecken, so wette ich / daß sie mehrentheils einen saltzigen Geschmack empfinden werden. Und kömmt solcher Geschmack her von dem Schweiß, der an der Stirn (weil solche mehrentheils frey ist, und mit denen Tüchern nicht, wie andere Theile des Leibes, abgewischet wird,) vertrocknet. Und wie bekannt, daß aller Schweiß von Natur saltzig schmeckt, so kan er demnach an der Stirn auch nicht anders schmecken. Wenn nun die Kinder kranck sind, werden sie gemeiniglich[15] nicht gebadet, und weil zu solcher Zeit der durch die bey sich habende Hitze häufig ausbrechende Schweiß auch destomehr vertrocknet, so schmecket die Stirn desto saltziger; und ist demnach gar eine elende Probe und ungegründeter Beweiß, daß ein solch Kind beschryen sey, und ist das so genannte Beschreyen nichts, als ein närrischer Weiber-Traum; ein non-ens, oder Unding, wie mit mehrern in folgenden zu ersehen seyn wird.

Das 3. Capitel
Das 3. Capitel.
Wenn man etwas von Wäsche linck oder verkehrt anziehet / wird man nicht beschryen.

Das trifft gewiß ein / und gestehe ichs selbst; Heh!Victoria! ihr Weiber habt recht; in diesem Punct stehe ich euch bey, biß an Scheiter-Hauffen, denn ich habe es selbst offt probiren müssen, wenn ich meine Wäsche auf einer Seite eingeschwärtzt gehabt, so habe ich zuweilen Hembd und Halß-Tuch umgewendet, und hernach aufs neue darinnen gepranget, als wie ein Bauer-Bräutigam. Und kan ich euch mit tausend Eyden attestiren, daß ich zu solcher Zeit niemahls bin beschryen worden. Aber sagt mir doch, ihr guten Weiber / (denn ich zürne nicht mit euch, sondern habs nur einen Unglauben an euren Wercken,) wie gehet es zu, daß man in verkehrter Wäsche nicht beschryen werden kan? Ich will euch sagen, was ich dencke, und weil ihr doch davor [16] haltet, daß man eine Sache glauben müsse, wenn es helffen soll, so will ich auch glauben, daß mich meine Gedancken nicht betrügen werden. Meine Gedancken aber sind folgende: Ich dencke, wenn ich gleich von Fuß an, biß auf den Kopff, neu angezogen wäre, und hätte alles recht an, so könne mich doch niemand beschreyen; nicht darum / daß ich so heßlich sey, weil man doch im Sprichwort sagt: Der oder diese wird schwerlich beschryen, denn er oder sie ist nicht schön. Ach nein, darum nicht; denn ihr alle mit einander seyd nicht so schön / als ich gern seyn möchte; sondern weil die Welt gestanden, ist niemand auf diese Art, als wie ihr haben wollet, beschryen worden. Und solchergestalt hat mich auch niemand beschreyen können, wenn ich gleich in lauter verkehrter Wäsche gestutzt habe. Ihr abergläubischen Affen, ey wolt ich sagen, ihr überklugen Weiber / sagt mir nur erst, was ihr denn durch euer Beschreyen eigentlich verstehet? soll es denn ein lautes Zetter-Geschrey seyn, oder soll es über die Gebühr gelobet oder gescholten heissen, oder wie soll es klingen? alsdenn will ich euch bald aus euerm Traum helffen. Ihr werdet mich zwar auf diese Frage gar flähmisch ansehen, und ohne Zweifel gar zu einem Duell auf den Kampff-Platz hinaus fordern, und sagen, ich dummer Kerl möchte nur kommen, ihr woltet mir weisen, was ich nicht wüste; werdet euch auch zu Wasser und Lande gegen mich ausrüsten. Zu Lande werdet ihr mich mit Feuer und Rauch, zu Wasser aber mit warmen Bädern zu bekriegen, [17] euch fürnehmen. Zu eurer Defension wird euch nicht schwer fallen, neunerley Holtz, damit ihr diese, welche ihr vor beschryen haltet, zu räuchern pfleget, zu einem guten Bollwerck und Pallisadirung aufzubringen, ihr werdet mich mit einem Nebel und Rauch zu verblenden, und mit Gestanck zu vertreiben suchen, wenn ihr Kehrich und andere stinckende Raritäten aufs Feuer werffet, daß ihr euch darhinter mit eurer Thorheit verbergen könnet. Aber nach diesen allen frage ich wenig, sondern hoffe im folgenden Capitel euch so viel vorzulegen, daß ihr mir ins künfftige einen reputirlichen Frieden willig antragen werdet.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Die beste Probe / ob ein Patiente beschryen sey / oder nicht / soll seyn / wenn man Frauen-Flachs / Szysche /oder Ruff-Kraut / kochet / und damit den Patienten badet / das Bad unter das Bett setzet / so laufft es zusammen / wenn er beschryen ist; ist er aber nicht beschryen / so laufft das Bad auch nicht zusammen.

Dieses scheinet die gefährlichste Bombe zu seyn, damit mich die in Aberglauben- ersoffene Bade-Mütter zu beängstigen vermeynen. Aber, weil diese nur mit Wasser und Dunst gefüllet ist, weiche ich ihnen auf keinen Schritt, sondern ich dringe vielmehr ihnen auf den Leib, mit Offenbahrung aller ihrer Heimlichkeiten, die [18] sie theils selbst nicht verstehen, und damit jedermann mit Händen greiffen kan, daß es mit dem Beschreyen, und allen darauf gemachten Proben, Narredey sey; so ist zu wissen, daß die gantze Sache folgendermassen beschaffen ist: Wenn zuweilen Kinder, oder auch grosse erwachsene Leute, hinfällig und matt sind, und unter dem gemeinen Volcke nicht stracks iemand so klug ist, der aus ein- und andern Umständen könte urtheilen / was dem Patienten fehle; sie dehnen sich, wie die faulen Schaaf-Hunde, sind verdrüßlich, einen Bissen Brodt ins Maul zu stecken / nehmen dabey am Leibe ab, und so fort; da kommen denn Nasen weise Weiber, welche sich nimmermehr nachreden liessen, ob wären sie der Sache nicht klug genug, diese sehen nicht aus dem (wiewohl ebenfalls betrüglichen) Urin-Glase, sondern stracks im ersten Anblick aus dem Gesichte, daß ein solcher Mensch beschryen sey. Und wenn es etwas gefährlich zu seyn scheinet, und sie vermuthen, daß das Kind oder der Patiente gar sterben dürffte / sagen sie, es sey gegen die Erde, oder auf den Tod beschryen, und würde alle Noth haben, daß es davon zu bringen sey. Hilff, GOtt! was Raths? Frau Maria, Ursel oder Martha, wie die alte Planeten-Leserin heist, hat die Kranckheit errathen, so wird sie auch wohl Hülffe davor wissen. Ach ja, spricht sie bald, was wäre sonst mein Thun, wenn ich davor nicht rathen könte? ich habe wohl andere unter mir gehabt. Gebt mir nur einen feinen grossen Topff her, und holet stillschweigend eine Wasser-Kanne voll [19] Wasser aus einem Flusse, es muß aber dem Strohm nicht entgegen, sondern dem Strohme nach geschöpffet werden, sonst wäre unser Thun alle vergeblich. Weil nun der Topff und das Wasser geholet wird, laufft die kluge Frau immittelst zu einer alten Wurtzel-Krämerin, denn in denen Apothecken kan sie es, ihrem Vorgeben nach, so gut nicht bekommen, als bey einer solchen alten Vettel, wie sie selbst ist, weil sie ihre Kräuter und Wurtzeln alle in gewissen Stunden holet; da nimmt sie vor wenige Pfennige Frauen-Flachs, lateinisch Linaria genannt, thut es in Topff, kochet es mit dem so genannten stillschweigenden Wasser, alsdenn wird der Patiente mit diesem Wasser gebadet, oder nur die Arme und Beine damit wohl abgewaschen, und hernach unter des Patienten Bette gesetzt; wenn es nun eine Zeit gestanden, alsdenn thut sich Frau Maria oder Ursel ihre Wunder-Cur mit Verwunderung hervor, wenn irgend das Bad zusammen gelauffen oder gelievert ist. Ey, was Lob hat Frau Maria verdienet! da heists: Was haben wir denn zum besten? wir müssen Frau Marien mit essen lassen, und sie fragen, was sie zu Lohne haben will? denn sie hats wohl verdienet. Ja, wenn die ehrliche Frau gethan hätte, so hätte kein Mensch gewust, was dem Patienten fehlete, und hätte wohl gar leicht des Todes seyn können. Je wenn doch ietzt der Doctor da wäre, der will immer nichts aufs Beschreyen halten ietzt sähe er es doch mit Augen. Ach dencket, ihr Leute! siehet das Bad nicht aus! ist es doch, als wenn man Milch [20] zu Käsen geläbt hätte. Also verwundert man sich sehr darüber, denn die alte Vettel giebt vor, wenn man nicht beschryen wäre, so gelievert das Bad nicht. Ich will aber, nach meinem besten Wissen, und mit meinem guten Gewissen, einem iedweden ehrlichen Christen alles, wie ichs nach unterschiedlicher und gantz genauer Untersuchung befunden habe, eröffnen, wie es zugehe, daß zuweilen ein solch Kräuter-Bad zusammen lauffe oder gelievere, zuweilen aber nicht, und verhält sich folgendermassen: Es trägt sich zuweilen zu, daß einem Menschen eine Kranckheit anhänget, es wird am gantzen Leibe eine Mattigkeit gespüret, die Glieder werden schwer, und der Mensch nimmt ab, und so fort; darneben aber ist doch der Appetit zu essen offt noch da, aber es gedeyet die Speise nicht zur Nahrung und Zunehmen des Leibes. Ubrigens aber spüret der Patiente in keinem Glied absonderliche und empfindliche Schmertzen, daß solchergestalt ein Unerfahrnes nicht zu sagen weiß, was es vor Bewandniß mit einem solchen Patienten habe. Es kömmt aber diese Beschwerung ursprünglich aus dem Magen her, wenn nehmlich in dem Magen eine allzuhäufige Säure prædominiret, und offt einen übermäßigen Appetit zu essen macht, so geschichts, daß diese Herbigkeit und Schärffe nach und nach mit dem in den Magen von denen Speisen abgesondertenChylo oder Nahrungs-Safft, ins Geblüth gehet, und die gantze masiam sanguineam zach und dicke macht, davon werden hernach alle Glieder träge und faul. Und weil nun das [21] Geblüt mit dergleichen Schärffe belästiget ist, so wirffet die Natur unvermerckt durch die Schweiß Löcher solche Schärffe mit aus. Wenn denn die subtilsten humores weg dunsten / so bleibet die scharffe und saure Materie auf der Haut vertrocknet kleben. Wenn nun ein solcher Patiente mit Milch gebadt oder gewaschen würde, so würde diese eben so zusammen lauffen / als ob man Laab aus einem Kälber-Magen hinein gethan hätte. Und auf eben diese Art verursachet die von der Haut abgewaschene Säure in dem mit Frauen-Flachs gekochten Wasser eine præcipitation, oder coagulation und Gelieverung. Auch thut dieses der Frauen-Flachs nicht alleine, sondern es gebrauchen auf gleiche Weise die Weiber an etlichen Orten auch andere Kräuter, die eben die operation haben, wie der Frauen-Flachs. Zum Exempel, um Dreßden nehmen sie ein Kraut, welches sie allda Szische nennen, dessen eigentlicher Nahme Zeisig-Kraut, lateinisch Sideritis, ist, und an andern Orten, als in Thüringen, Beruff-Kraut genennet wird. Und könte ich noch viele Kräuter von gleicher Würckung melden, wenn nicht ohnedem dieses Capitel über Vermuthen länger, als andere, worden wäre. Siehet demnach ein jedes hieraus klar, daß solche Beschwerlichkeit des Leibes ihren natürlichen Ursprung hat, und daß die Zusammenlauffung des Kräuter-Bades herkomme von der durch den Schweiß auf die Haut gelegte Schärffe. Und dieses begiebt sicht so wohl bey Kindern, als auch grossen Leuten: Wie denn schon im andern Capitel [22] erwehnet worden ist, daß die an denen Kindern zuweilen befindliche saltzige Stirnen nichts anders ist / als ein dergleichen angetrockneter Schweiß; welches die abergläubischen Weiber doch vor ein gewisses Zeichen des Beschreyens angeben wollen.

Das 5. Capitel
Das 5. Capitel.
Wer viel Geld einzunehmen hat / der soll Kreyde darzu legen / so können böse Leute nichts davon wieder holen.

Es ist an vielen Orten die Klage und gemeine Sage /daß es gewisse böse Leute gebe, welche die verdammte Kunst könten, daß, so sie einem Geld auszahleten / sie es nach und nach heimlich wieder holeten. Wodurch mancher ehrlicher Mann in unüberwindlichen Schaden gesetzt würde, (ohne daß er ergründen könne, aus was Ursachen, oder wie es zugehe) ja, es will an einigen Orten diese Beschwerung so gemeine werden, daß ich viel hundert Personen /die dessen Gewißheit behaupten wollen, aufzubringen wenig Mühe bedürffte, unter denen auch wohl welche von Condition und kluger Vernunfft sich finden. Dahero ich billich an der Wahrheit solcher Begebenheiten nicht zweiffeln solte. Wie ich denn auch nicht gäntzlich in Abrede seyn will / daß nicht GOtt zu weilen aus verborgenen Ursachen zulasse, daß durch die Kinder der Finsterniß, und durch Mitwürckung des Satans, als eines Tausend-Künstlers, dergleichen verborgene Dieberey [23] vorgehen könne. Jedoch ist mein ohnmaßgeblicher Rath, daß ein iedweder in dieser Meynung behutsamer gehe, daß ja nicht irgend eine ehrliche Person hierdurch unschuldiger Weise in bösen Verdacht gezogen werde. Denn der Teufel ist ein böser Schalck, der gar zu gerne siehet, wenn es geschehen kan, daß einem ehrlichen Menschen ein Schand-Fleck seines sonst guten Leumunds, angehenget wird. Und stehe ich meines Orts in denen Gedancken, daß unter zwantzig solchen obgemeldten Begebenheiten kaum zwey die Wahrheit zum Grunde haben. Die übrigen achtzehn aber, wenn man alles wohl untersuchete würden auf einen Irrthum oder andre natürliche Ursachen ankommen. Und ohnerachtet ich hierwider viel anzuführen getrauete / und die gantze Sache ziemlich verdächtig machen könnte, so will ich euch doch eben hierbey nicht aufhalten, sondern komme auf das vorgesetzte Propos, nehmlich die Kreyde / welche leider! hier zu einen Hülff-reichen Gott oder Göttin / weil es Generis Fœminini, von unbesonnen Leuten, gemacht wird; aber, o grosse Thorheit! meynet man denn, weil die Kreyde weiß ist, es werde der sonst schwartze Teufel darvor sich fürchten, weil viel Narren an Walburgs-Abend Creutze damit an die Thüren zu schreiben pflegen? Ach nein, den listigen Drachen dürffet ihr (so ferne ihr nicht desto mehr wollet von ihm betrogen werden) vor so einfältig und ohnmächtig nicht ansehen, er fraget nach keinen Widerstand, als nach dem, der von dem all mächtigen GOtt ihme gethan [24] wird; daß aber GOtt in ein Bißgen weisse Erde mehr Krafft, als in ein andächtig Vater-Unser gelegt habe, soll mich kein Engel vom Himmel bereden. Jedoch will ich auch melden, was ich vermuthe, daß der Kreide ihr Nutzen bey dem Gelde sey. Es ist allerdings gut, daß stets Kreide, Rödel / oder Wasserbley bey dem Geldeliege / dessen Hülffe geschiehet von allen dreyen auf eine Weise, nehmlich also: Wer Geld einnimmt, der thue erstlich vor allen Dingen die Augen recht auf, daß nicht Zwey- vor Vier-Groschen-Stücken, und grosse Groschen vor Zwey-Groschen-Stücken, oder sonst falsch Geld vor voll und gut, mit eingezehlet werde, wie denn mir selbst nicht nur ein hundert mahl begegnet ist, daß ich eine Post-Geld wohl 3mahl überzehlet, und habe zum vierdten mahl doch gefunden, oder es haben mir andere Leute gewiesen, (denn 4. Augen mehr observiren können, als zwey) daß ich mich geirret habe; hernach lege man Kreide / Wasserbley oder Rödel (das erste ist am beqvemsten) dabey, und schreibe fein fleißig und gewiß an, 1.) wie viel man des Geldes in sichere Hände empfangen, 2.) was für Sorten, 3.) von wem, 4.) wenn? alsdenn verwahre man das Geld an einem solchen Ort, daß nicht irgend ein ehebrecherisch, versoffen, oder vernascht Weib einen Schlüssel darzu finde, oder ein liederlicher Sohn, oder stoltze, faule, verhurte listige Tochter, oder auch diebisch Gesinde, heimlich etwas davon entwenden können. Endlich nehme man wieder Kreide, und schreibe fleißig auf, 1.) was man vom Gelde wieder [25] weggiebt 2.) wenn man es weggegeben / 3.) an wem es gezahlet, 4.) und wofür es geschehen sey /und sehe abermahl recht zu, daß man nicht mehr aufzehle als es seyn soll, denn Irren ist menschlich, und ist sehr leichte versehen. Auf diese Art rathe ich einem iedweden, Kreyde zu seinen Gelde zu legen, und versichere dabey, daß, wenn er mit Ernst dem lieben GOtt sich und sein gantzes Vermögen täglich empfiehlet / daß der Drach ihm in Ewigkeit keinen Dreyer weg holen wird, probatum est.

Das 6. Capitel
Das 6. Capitel.
Wenn der Drach oder böse Leute einem nichts vom Gelde holen sollen / so wasche man es nur in reinen Wasser ab / und lege ein wenig Brodt und Saltz darzu.

Dieses Capitel kömmt dem vorigen nicht gar ungleich, nur das bey dem vorigen die Kreide, hier aber Wasser, Saltz und Brodt ihren Wirckungen nach, so sie bey dem Gelde haben sollen / beschrieben werden. Melde ich demnach ohne einige Weitläufftigkeit hierbey nur so viel, daß der Gebrauch des Wassers, Saltzes und Brodtes eben auf den Schlag kömmt, als wie die Kreide; Und hat der Erfinder dieser Mittel wahrhafftig nicht unweißlich gerathen; nehmlich, er hat damit zu verstehen geben und andeuten wollen, daß diejenigen, welche offt über den Drachen klagen, ob holete dieser ihr Geld und [26] Vermögen weg, sich bey dem Saltze, Brod und Wasser, der Sparsamkeit erinnern solten, und nicht mehr verthun möchten, als sie erschwingen könnten. Denn wer kaum den Kofend erzeigen kan, und wolt sich täglich in Biere, auch wohl gar in Weine besauffen, oder, wenn einer in der kümmerlichen und nahrlosen Zeit kaum die Zumüse zur Speise, und ein schlecht wöllen Kleidgen anzuziehen, erschwingen kan, und wolte doch täglich gute Bißgen essen, und sich in kostbarer Kleidung und wöchendlich andern Moden aufführen, so wird ein solcher gemeiniglich endlich alle seinen Untergang losen Leuten / oder gar dem Drachen zuschreiben, da er doch solcher gestalt selbst sein und seiner armen Kinder Drach gewesen ist. Anderer dergleichen Begebenheiten mehr, derer noch viel anzuführen wären, ietzt, um der Kütze willen, zu geschweigen.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Wenn die Weiber Garn sieden / so müssen sie praff darbey lügen / sonst wird es nicht recht weiß.

Wer von sieben redet, der leugt gern, und hier trifft es gleich so ein, daß das siebende Capitel von Lügen handelt. Es ist dieses ein vortrefflich Mittel zum Garn-sieden, daß es weiß wird, denn es kostet nicht viel, und kan iedes, wer darzu kömmt, etwas mit beytragen, weil nach der Schrifft alle Menschen Lügner sind, und der Teufel ist der Meister darunter. Nun aber ist [27] bekannt, daß der Teufel ein Tausend-Künstler ist / der aus schwartz kan gar leichte weiß machen. Wenn denn nun die Weiber bey ihren Garn sieden, dem Teufel zu Liebe praffe Lügen sagen, wäre es kein Wunder, daß dieser ihnen wieder den Gefallen erwiese, und das Garn weiß machte; allein weil es Lügen sind, so wolte ich bald sagen, es sey nicht wahr, daß davon das Garn weiß würde, iedoch kan es auf folgende Weise wohl eintreffen, nehmlich: Man pflegt im gemeinen Sprichwort zu sagen: Mit Dreck wäscht man sich nicht weiß; aber hierbey muß das Sprichwort zu einer Lügen werden, und heist vielmehr: Mit Dreck wäscht man weiß. Denn man bedencke, wie heßlich das Garn mit der Asche zugerichtet wird, wenn es damit eingeäschert und gesotten wird, und dennoch ist die Asche das Mittel, damit das Garn gereiniget wird. Ob nun aber dieses die rechte Ursach ist, warum die Weiber bey den Garnsieden Lügen sagen, will ich so gewiß nicht behaupten, und dahero noch ein paar Muthmassungen mit beyfügen, nehmlich: Erstlich zweiffele ich nicht, es habe etwan einmahl ein Weib das andere gefragt, oder auch die Kunst aufschreiben lassen / wie man das Garn schön weiß siede; da nun die Meisterin solche Wissenschafft schreiben wollen, daß gute Laugen das Beste müsse dabey thun, mag sie aus Versehenheit den Buchstaben a in dem Wort Laugen vergessen, und nicht mit in das Wort gesetzt haben, so hat es Lügen geheissen. Wenn nun die andere die Kunst mit Lügen und Laugen zugleich probiret [28] hat, und das Garn ist weiß worden, so hat sie denen Lügen die Krafft alleine zugeschrieben /und ist hernach zu einen Articul ihres Glaubens gemacht worden. Zum andern kan ich selbst Zeugniß geben, daß mit gewisser Condition diejenigen Weiber, welche wacker lügen können, weisser Garn machen, als die ehrlich- und aufrichtigen, nehmlich, ich erinnere mich, daß in Dreßden bey einem wohlhabenden Kauffmann die Magd Garn sotte; da nun das Garn ungewöhnlich schöne weiß wurde, und der Herr die künstliche Magd fragte: Was sie vor einen Handgriff hätte? antwortete sie mit einer klugen lächelnden Mine: Dieses wäre eine Wissenschafft, welche sie von eines Steuermanns Frau gelernet hätte / sie hätte ihr fast einen Eyd schweren müssen, daß sie es niemanden weiter sagen wolte, redete demnach ferner mit gantz leiser Stimme zum Herrn: Es bestände die gantze Wissenschafft darinnen, daß sie Asche von büchenen Holtze darzu nehme, und dieses glaubte der Kauffmann; es war aber eine Lügen, denn des Tages zuvor hatte ich der Magd einen gantzen Riegel Seiffe schaben gesehn, die sie zwischen das Garn mit eingestreuet hatte. Derowegen merckts, ihr haußhältigen Weiber, und bedient euch solcher Lügen, so werden sich eure Männer über euch verwundern. Probatum est.

Das 8. Capitel
Das 8. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man über das Kehrig gehet.

[29] Ich will es wohl glauben; denn wenn es gut wäre / so würde man das Kehrig gar nicht hinweg räumen /sondern nur um deßhalben lassen liegen, daß man darüber gehen könne. Zum andern ists auch um folgender Ursach willen nicht gut, daß man darüber gehet, denn man trägt es solcher gestalt gar leicht wieder an die reinen und schon gekehrten Stellen. Nein, sagen die Weiber, wir haben eine Special-Ursach, warum es nicht gut ist, nehmlich wer über das Kehrig gehet, der hat kein Glück. Es ist gut / ihr klugen Weiber, aber wie? man wird ja wohl um deßwillen, daß man über das Kehrig gegangen, kein Glück haben, sonst würde abermahl folgen, daß es rathsam sey das Kehrig liegen zu lassen, und darüber zu gehen, damit man Glück hätte; dennoch aber sage ich, wer über das Kehrig gehet, kan um deswillen Glück haben, nehmlich / wer über Kehrig gehet, und wird gewahr, daß ein güldener Ring, ein Ohren-Geheng, oder ander kostbar Kleinod in Kehrig lieget, der hat ja Glück, daß er solches findet, und dieses Glück ist daher gekommen, weil er darüber gegangen, und es gewahr worden; ergo ist der Weiber-Glaube ein Aberglaube.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Es ist nicht gut / daß man die kleinen Kinder kleine Krebßgen nennet / denn sie verbutten hernach gantz.

Aus Curiosität fragte ich ohnlängst ein super-klug Weib, was es doch wohl vor eine Bewandniß [30] haben müsse, daß die Kinder abnähmen, wenn man sie kleine Krebßgen hiesse? diese gab mir mit einer sehr verächtlichen Mine zur Antwort: Sie wolle es ja nimmermehr hoffen, daß ich so alt worden wäre / und hätte nicht selbst so viel Verstand dieses auszusinnen. Ich würde ja wissen, daß der Krebs ein Thier wäre / das von Natur zurück kröche! da stand ich einfältiger Tropff, wie ein begossener Hund / gantz verschämt, und wurde vor auslachens werth gehalten, daß ich so alber Zeug nicht selbst bedencken können. Also habe ich allerdings Ursach, meinen Schimpff auszuwetzen, und denen Rockenreuterinnen zu weisen, daß sie auch fehlen. Und sage ich demnach, daß, wenn die Benennung solte denen Kindern eine Eigenschafft derer Dinge / nach welchen man sie nennete, zu wege bringen, so wolte ich sie kleine Krebßgen heissen, denn die kleinen Krebßgen wachsen bald groß, und wenn einem Krebs die Scheeren abgerissen werden, so wachsen ihm bald andere. Die Krebse bekommen offt neue Schaalen oder Haut; sie kriechen nicht allein hinter sich, sondern auch vor sich. Sind demnach gewandte Thiere, und kan dero Eigenschafft denen Kindern nicht schädlich, sondern vielmehr nützlich seyn. Uberdiß möchten doch die abergläubischen Weiber auch überlegen, daß in einer Sache selbst mehr Krafft und Eigenschafft stecken müsse, als in der blossen Benennung. Da nun die Krebse eine solche rückgängige und verkehrte Eigenschafft haben sollen, warum essen denn die Weiber die Krebse so gern, auch wohl[31] zu der Zeit, da sie Kinder zu stillen haben, und warum sind sie nicht auch in Sorgen, daß ihnen hiervon die Milch in Brüsten rückgängig werden möchte? es lehret aber die tägliche Erfahrung, daß die Krebse und dero Schaalen, wie auch Krebs-Augen die Milch vermehren / und nicht schädlich sind. Ist demnach der Weiber Weißheit in diesem Punct auch von schlechter Ankunfft, und auf einen Krebsgängigen Grund gesetzet.

Das 10. Capitel
Das 10. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man über Land reiset / u. läufft einem ein Haase übern Weg.

Wenn der Haase gebraten in der Schüssel aufn Tisch stünde, wäre es freylich besser. Nein, nein, es ist nicht so zu verstehen, werden mir viele, auch wohl sonst gar kluge Leute, einwenden; sondern es ist gewiß nicht gut, und hat man sich zu versichern, daß / wenn iemand über Land reiset, und laufft einem ein Haase übern Weg, so wird man gewiß ein Unglück haben; worauf ich aber auch mit ja antworte, denn dieses ist eben das Unglück, daß man das Wildpret, welches besser in der Küchen zu nutzen wäre, so ungehindert muß ins freye Feld lauffen lassen. Ich setze auch den Fall, daß sich ein oder das andre mahl begeben habe, daß selbigen Tages, da man verreiset ist / und ein Haase über den Weg gelauffen, einem ein Unfall begegnet sey woher will man denn eben behaupten, ob habe der Haase das Unglück [32] bedeutet; denn der Unfall würde doch nicht nachgeblieben seyn, wenn gleich kein Haase sich hätte sehen lassen. Und kan ichs selbst mit Wahrheit bezeugen, daß mir es vielfältig mahl begegnet ist, daß auf meinen Reisen solche Lang-Ohren qver über die Straffe marchiret sind; ich kan mich aber nicht erinnern, daß mir es ein eintzig mahl ein Unglück bedeutet habe. Ist demnach diese Meynung nichts anders, als ein aus Spaß gemachter Aberglaube, und kömmt eben so heraus, als wenn man sagt; Es ist nicht gut, wenn man am Leibe flickt. Freylich ists nicht gut, sonst brauchte es keines Flickens.

Das 11. Capitel
Das 11. Capitel.
Wer aus einer Kanne oder einem Kruge getruncken hat / soll solchen nicht mit der Hand über den Deckel anfassen / daß solcher hierdurch überspannet werde /denn es ist dem andern schädlich / der daraus trincken soll.

Worinnen mag wohl der Schaden bestehen? Antwort: Wer daraus zum erstenmahl trincket / der bekömmt das Hertzgespann, sagen viel thörichte Weiber / als auch weibische Männer. Aber sagt mir doch erst, wie das Ding soll zugehen, daß erst das Hertzgespann in die Hand, von dar in Krug oder ins Bier, von Biere in des andern Leib solle fortgepflantzet werden? Das Hertzgespann ist eine Magen-Kranckheit, wenn nehmlich der Magen aufschwillet, daß es unter [33] denen Rippen gantz dicke und geschwollen wird. Wenn nun einere ein Trinckgeschirr überspannet, so kan der andere nicht ehe daraus trincken, es setze denn jener den Krug erst nieder, denn sonst gehet ja der Deckel nicht auf, oder aber, wenn einer also daraus trincken wolte, so müste er durch einen Strohhalm / den er unter den Deckel in Krug stecken könte, trincken, und würde also den Magen nicht jehling erkälten, und solcher gestalt desto weniger das Hertzgespann dadurch erwecken. Es haben zuweilen solche Weiber, welche auf diesen Aberglauben viel halten, und aus keinem überspannet gewesenen Kruge trincken wollen, den Krug, so überspannet gewesen / mir geben müssen, worauf ich getrost getruncken, aber niemahls das Hertzgespann davon bekommen haben ergo, ist es eine thörichte Einbildung.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Die Eltern sollen ihren Kindern nicht selbst Klappern kauffen / sondern von frembden Leuten verehren lassen / sonst lernen sie langsam und schwer reden.

O unvergleichliche Philosophia colus! Was vor herrliche Wissenschafften werden durch dich an das Licht gebracht! Wie nervös und subtil dieses von denen klugen Weibern ausgesonnen sey, will ich einem ieden zu bedencken anheim geben; Ich vor meine Person glaube, daß solcher Verstand nicht so schlechterdings bey denen Weibern erstanden sey, sondern die Weißheit derer [34] alten Kinder-Mägde mag wohl auch einigen Beytrag mit darzu gethan haben. Denn so ich der Sache recht sehr tieff nachsinne, so finde ich gleichwohl diese Dinge gedruckt, in einem uhralten, und in Egypten zu erst erfundenen Buche, wie nehmlich die Klappern mit der Menschen Rede eine sonderliche Verwandschafft haben mögen, und wie eines mit dem andern könne verglichen werden, wenn nehmlich in dem also genannten Glücksrädlein / fol. 91. N. 8. eine Antwort auf die Frage einer Manns-Person / was vor ein Weib er kriege? enthalten ist, also lautende: Eine Klapper-Büchse ist dir wohl einmahl bescheret. Das ist so viel gesagt: als, ein Weib, das gut Mundwerck hat, wird dir einmahl zu theil werden. Wer hieran einen Zweifel hat, der nehme ein Glücksrädlein, schlage diese Frage auf, und werffe mit 2. Würffeln hierauf 8. Augen, so wird ihme solche Antwort werden. Also haben die lieben Weiber aus dem Glücksrädlein / und solcher gestalt mit bewehrtenAutoren bewiesen, daß eine Klapper oder Klapper-Büchse und die Rede eines Menschen, bey nahe ein Ding seyn. Nun wolle man demnach der Sache recht nachsinnen, so wird sich finden, daß nicht ohne Bedacht vor gut erkannt wird, daß ein Frembder denen Kindern die Klappern gebe, daß dieselbigen desto eher reden lernen. Denn wenn die Kinder anderer Leute Sprachen, die offt zierlicher (& vice versa auch offt garstiger) sind / als der Eltern ihre, lernen, so fehlet es ihnen nicht an reden, und also haben die Weiber recht geglaubt. [35] Aber / o ihr guten klugen Taschen! ich gebe euch doch nicht rechten Beyfall; denn euer unbewehrtes Glücksrädlein redet nicht von höltzern oder andern materialischen Klappern, sondern von fleischernen oder Maul-Trommeln. Ihr möget demnach euren Kindern Klappern aus Welschland, Pohlen, Franckreich, Moscau oder Türckey, holen lassen, und ihnen Tag und Nacht vorklappern, so werden sie doch nicht eher reden lernen, als wenn ihr ihnen selbst eine kaufft, und gebrauchet darneben eure Zungen-Klapper fleissig, ihnen damit was herzuklappern, biß sie nach Art der Papogeyen auch nachklappern. Ausser dem wird aus keiner Klapper eine Sprache erwachsen, das glaubbt, wenn es gleich nicht in Glücksrädlein stehet.

Das 13. Capitel
Das 13. Capitel.
Wenn die Kinder schwerlich reden lernen / soll man ihnen Bettel-Brodt zu essen geben.

Wenn sich kein Freund finden will, der dem Kinde eine Klapper verehret, so muß man bedacht seyn, was man sonst vor ein gut Mittel ergreiffe, daß das Kind bald reden lerne. Hiervor haben nun die super-klugenPhilosophinnen schon in Vorrath gesorget; Es heisset aber hierbey: Die Kunst gehet betteln; denn Bettel-Brodt ist das Mittel, davon die Kinder bald reden lernen. Es kan auch dieses Mittel nicht fehlen, und ob es gleich eben wie mit der frembden Klapper heraus kommt, indem es frembd [36] Brodt seyn muß, so mag es doch wohl noch besser seyn als die Klapper. Denn an dieser lecken die Kinder nur, mit dem Bettel-Brodt aber fressen sie die Sprachen gar, und beist hernach, als wie von denen super-klugen Weibern gesagt wird: Sie hat die Klugheit gar gefressen. Und was bedürffen die guten Weiber auch den Beweiß weit zu suchen? ists denn nicht genug, daß die Bettel-Kinder solches selbst bezeugen, wenn sie gut betteln, singen, beten, fluchen und plaudern können, wie die tägliche Erfahrung lehret. Aber ihr lieben Weiber, das Ding will mir gleichwohl nicht recht in Kopff; denn wenn ich bedencke, das die Bettel-Kinder eben durch das Reden und Betteln, das Brodt, welches vor den Empfang kein Bettel-Brodt ist, erst zu Bettel-Brodt machen /und solcher gestalt das Brodt, die Krafft der Kinder Rede zu befördern, von denen Bettel-Leuten erlangen müste, so kan der Bettel-Kinder ihre Rede und fertige Zunge, nicht von Bettel-Brodte kommen, und ist demnach eure Meynung gantz ungegründet. Ich will euch aber einen bessern Rath geben, der gewiß die Probe halten wird, nehmlich: Wenn ihr ein Kind wollet bald reden lernen, so sehet zu, daß ihr ein fein klug armes Kind, das fein zierlich redt, bekommet / gebt ihme nothdürfftige Verpflegung, und lasset es mit euern Kinde fleißig spielen und schwatzen / so wette ich, daß euer Kind besser wird reden lernen, als wenn ihr ihme alle Tage etliche Pfund Bettel-Brodt, durch eine dumme Kinder-Wärterin einpfroffen liesse.

Das 14. Capitel
[37] Das 14. Capitel.
Wenn man verreiset / oder sonst um ein- oder anderer Verrichtung halber aus dem Hause gehet / und vergisset etwas / soll man nicht wieder umkehren /sondern soll lieber das vergessene durch iemand anders nachbringen / oder holen lassen.

Die Frage ist: Warum dieses geschehe? Antwort: Es ist nicht gut, und gehet einem auf dem Wege nicht wohl, es gehen auch sonst alle vorhabende Verrichtungen hinter sich. Dieses mag glauben, wer da will, ich glaube es nicht, sondern sage vielmehr: Wer wieder zurück gehet, wenn er etwas vergessen hat, der führet seine Sache wohl aus, und ist glücklicher, als ein anderer, der nicht umkehret; welches aus vielen Exempeln zu erweisen wäre. Aber nur eines einfältigen zu gedencken: Es gehet ein Weib auf den Marckt, ein- und das andre einzukauffen, hat aber den Beutel oder das Geld vergessen, sie will aber nicht umkehren, selbigen zu holen, sondern vermeynet, wenn sie etwas anständiges antreffe, sey es Zeit genug, die Magd nach Hause zu schicken, oder wolle die Waare borgen. Wird ein solch Weib nicht müssen gewärtig seyn, daß sie die Waare theurer annehmen müsse, oder es werde ihr solche auch, ehe die Magd mit dem Gelde kommt, von einem andern, der Geld hat, weggekaufft werden. Anderer Exempel zu geschweigen.[38] Es ist zwar freylich besser, daß man nichts vergisset, und nicht umzukehren vonnöthen hat; unterdessen aber / wenn es nicht anders seyn kan, so hat das Umkehren nichts auf sich.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wenn ein Frembdes in eine Stube gehet / so soll es nicht ohne Niedersitzen wieder heraus gehen / damit es denen Kindern nicht die Ruhe mit wegnehme.

Dieses ist ein wunderlich Geheimniß, und kan ich es gar so genau, als wie die weisen Weiber, nicht erforschen, wie durch das nicht niedersetzen denen Kindern die Ruhe mit genommen werde. Ich kan mir nicht anders einbilden, die Kinder-Ruhe muß solchergestalt in der frembden Leute Hinterbrust ihre Herberge haben; wenn demnach ein Frembdes in eine Stube kömmt, und sich niedersetzet, so expectoriret sich der Steiß gegen der Banck oder Stuhl, und lässet die Ruhe drauf fallen und liegen, so behalten die Kinder die Ruhe. Gegentheils aber / wenn sich der Frembde nicht niedersetzet, so muß sich die Ruhe, so im Hintersten eingeklemmt, wieder lassen mit wegtragen. Wenn nun das Geheimniß dieser Sache also beschaffen ist, so mögen die super-klugen Weiber, bey unruhigen Kindern / fleißig sich nach denen Qvartieren der Kinder-Ruhe umsehen, und solche aus denen verborgenen Löchern ausstöbern; ich will ihnen gern Glauben gehen, daß sich die Sache also verhalte, [39] denn wenn ich ihnen, wie in andern Puncten, widerspräche, müste ich gewärtig seyn / daß sie mich zur Versicherung der Sache, mit patroulliren zu geben provocirten. Also behalten sie in diesem Punct Recht übrig.

Das 16. Capitel
Das 16. Capitel.
Es ist nicht gut / daß man den Tisch decket / wenn nicht stracks das Brodt auch drauf gelegt wird / und soll demnach / in Ermangelung des Brodts / ein Zipffel vom Tischtuche über geschlagen werden.

Das ist eine schlimme Sache, wenn man essen will, und hat kein Brodt. Was ist aber zu thun? aus der Noth muß man eine Tugend machen; und darzu können die super-klugen Weiber den besten Rath geben; wenn sie nehmlich am Hunger-Tuche zu nagen aufs Tapet bringen / oder, in Ermangelung des Brodts, einen Zipffel vom Tischtuch überschlagen. Ich will ihnen auch in diesem Puncte gerne Recht lassen, und sie bitten / daß sie ihre tractamenta alleine verzehren mögen, und mich nur nicht zu Gaste laden.

Das 17. Capitel
Das 17. Capitel.
Wenn die Weiber Federn in die Betten füllen / sollen die Männer nicht im Hause bleiben / sondern sollen weggehen.

Was mag dieses wohl zu bedeuten haben? die betrüglichen Weiber gehen zur Antwort: [40] Wenn die Männer im Hause sind bey Einfüllung der Federn in die Betten, so stechen die Federn durch das Innelt. Ja freylich! dieses geschiehet per sympathiam, weil die Männer, bevor ab im Kriege, gern stechen und um sich hauen. Wenn demnach die Männer zu der Zeit, wenn die Weiber Federn einfüllen, zu Hause sind, so nehmen die Federn derer Männer Eigenschafft an sich, und stechen hernach durchs Innelt. Wenn aber die Weiber solche Arbeit alleine verrichten / und die Männer gantz abwesend sind, so bekommen die Federn der Weiber Natur alleine, und lassen alle Feder-Fechter (verstehe die Flöhe) auf sich loß stechen, und stechen doch nicht wieder. Also ist das Weib, die solche Wissenschafft zuerst aus der Natur erforschet hat / wohl werth gewesen, daß sie mit guten Stichen belohnet worden wäre, weil doch zu vermuthen ist / daß sie Hahnen-Federn mit eingefüllet haben mag / die leichtlich durch das Innelt stechen. Es mag auch wohl noch solche Schwestern geben, welche ihre Männer hier und da mit bereden / daß sie aus dem Hause gehen müssen, auf daß sie nur desto freyern Platz behalten, mit andern die neuen eingefüllten Betten zuprobiren, und wenn ein Paar durchs Innelt gestochen, muß solche hernach der einfältige Mann auf dem Hute tragen. Darum, ihr Männer / wenn ihr nicht wollet, daß euch eure listige Weiber sollen betrügen, so lasset ihnen nicht zu, daß sie den geringsten Aberglauben treiben, denn dadurch berücken sie euch nicht anders, [41] als wie die Catholischen Pfaffen das einfältige Volck mit ihren Wunderwercken.

Das 18. Capitel
Das 18. Capitel.
Wenn man eine Henne zu brüten ansetzet / soll es geschehen zur Zeit / wenn die Leute aus der Kirchen gehen.

Wenn viel Hünlein sollen auskrichen / und auch leichte aus denen Eyern gehen, muß die Henne eben zu der Zeit, wenn die Leute aus der Kirchen gehen, angesetzt werden; denn das ist eine bekannte Sache, daß die Leute viel hurtiger aus der Kirche, als in die Kirche lauffen, und nehmen demnach die jungen Hünlein auch die Art der aus der Kirchen gehenden Leute an, und lauffen eben so schnell aus denen Eyern. Dieses geben zwar abergläubische Vetteln vor; alleine wenn ich meine Gedancken und Gutachten hierüber eröffnen soll, so sage ich / daß eine von denen thörichsten Unbesonnenheiten der Weiber hiermit vorgehe; denn das Ansetzen der Henne nehmen solche Närrinnen ja vor eben zu der Zeit, da die Leute mit vollen Hauffen nach vollendeten Gottesdienst auf denen Gassen gehen, und sind schon aus der Kirchen heraus, hingegen sind sie im Heimgehen begriffen; wenn nun dieser Heimgang aus der Kirche in die Eyer etwas würcken könne, so würden die Eyer vielmehr die Eingangs-Krafft, als die ausgehende an sich neh men. Und warum bekömmt denn die Gluck-Henne nicht auch die Art der aus der Kirchen lauffenden[42] Leute, und läufft stracks wieder von Eyern weg? aber die abergläubischen Weiber haben doch Recht; warum? weil ihnen ihr Lehr-Meister, der Teufel / solche Kunst eingegeben hat / damit sie ihm dargegen den Dienst erweisen, und zu der Zeit, wenn sie eine Henne ansetzen wollen, zu Hause bleiben, und den Gottesdienst nicht abwarten möchten.

Das 19. Capitel
Das 19. Capitel.
Wenn man will großköppige Hüner bekommen / muß man zu der Zeit / wenn man die Gluck-Henne ansetzet / einen feinen grossen Stroh-Huth aufsetzen.

Warum aber nicht einen Feder-Pusch? Ihr einfältiger Tropff! (werden mir die super-klugen Weiber antworten:) Ihr denckt vielleicht, weil Feder-Püsche sollen wachsen, so müsse man auch Feder-Püsche aufsetzen? Nein, es muß nicht eben so seyn. Denn habt ihr alberer Mann nicht in der Bibel gelesen, daß Jacob bunde Stäbe von Pappel-Weiden, Haseln und Castanien machte, und in die Tränck-Rinnen für die Schafe legte, damit sie bunte, schäckiche und sprengliche Lämmer bekämen? Er legte ja keine bunte Schaaf-Felle, sondern nur bunte Stäbe dahin, und dennoch bekamen die Schaafe bunte Lämmer. Ey, seht doch! wie Bibel-fest und belesen die Weiber sind; daran hätte ich mein Lebtage nicht gedacht. Wiewohl mir die Sache mit dem [43] Stroh-Hut dennoch nicht recht in meinen Kopff will. Denn ein anders ist Feder-Vieh, ein anders Schaafe oder andere vierfüßige Thiere /und hat Jacob die Zeit der Empfängniß in Acht genommen, Gen. 30. v. 39. Was gehet aber bey Ansetzung einer Hennen über frembde Eyer für eine Empfängniß vor, und welchergestalt soll sich denn eine Gluck-Henne an einem Stroh-Hute versehen können, daß die unter ihr liegende frembde Eyer (da offt Enten- und Welsche-Hüner-Eyer dabey sind) solten koppige Früchte bekommen? Zu dem, so beweisen mir die Weiber mit Jacobs bunten Stäben gar nichts, denn es trifft diese Kunst heut zu Tage auch an denen Schaafen nicht mehr ein, und waren dieses nur die natürlichen Ceremonien, die der Jacob sich bedienete, um damit den Seegen GOttes zu erlangen, das vornehmste aber war Jacobs starcke Zuversicht und Glauben zu GOtt, ausser welchen die bunten Stäbe ebenfalls nicht würden gewürcket haben; über diß alles lehret die Erfahrung am besten, daß die Stroh-Hüte nichts würcken können, denn wenn der Gluck-Henne Eyer von köppigen Hünern untergeleget werden, so brüttet sie köppige Hünlein aus, wenn gleich kein Stroh-Hut dabey gebraucht worden ist; sind aber die Eyer von schlechten Hünern, so werden die jungen keine Koppen bekommen, und wenn man bey Ansetzung der Gluck-Henne 3. Stroh-Hüte über einander aufsetzete, ergò, ist der Weiber Kunst falsch.

Das 20. Capitel
[44] Das 20. Capitel.
Wie man sich bey Ansetzung einer Gluck-Henne zu verhalten habe / daß viel Hünlein oder Hänlein / oder was man am meisten haben will / daraus werden.

Die närrischen Weiber sagen, man solle das Nest, darinnen man die Gluck-Henne ansetzet, von Stroh aus einem Ehe-Bette machen, und wenn man gern viel junge Hünlein hätte, soll das Stroh von des Weibes Seite, wenn es aber viel Hähnlein solten werden, müste das Stroh von des Mannes Seiten weg genommen werden. Dieses mag wohl ein sonderbahres Geheimniß der Natur seyn, und verlangte ich gern zu wissen, was doch da solte ausgeheckt werden, wenn man Stroh aus einer Huren ihren Bette nehme / oder wenn das Weib die Gluck-Henne ansetzet, bey dem Neste sitzend blieb, biß 3. Wochen verflossen wären, will ich nicht zweiffeln, es würden lauter geschleyerte Affen auskriechen; und dieses kan per Sympathiam geschehen. Das möget ihr Weiber nur inmittelst gewiß glauben, ich aber glaube nichts davon.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Es ist nicht gut / daß / wenn man sich früh gewaschen hat / man das Wasser von denen Händen abschleudere.

Die Ursach wäre / warum es nicht gut sey, sagen diesuper-klugen Weiber, weil man sich [45] selbiges Tages die Nahrung damit verschleudert. Ihr sorgfältigen Büchsen! ich will euch einmahl recht lassen, aber nicht anders, als mit folgender condition, wenn nehmlich einer sich wünsche, und hätte einen kostbaren Ring am Finger stecken / welcher gern herab gienge, und schleuderte mit denen nassen Händen solchen unvermerckt hinweg, daß er dadurch selbigen gar verlustig würde, so versichere ich, ein solcher wird in seiner Nahrung lange nicht erwerben, was er ietzt in einem Augenblick verschleudert hat. Nechst dem ist das Schleudern der nassen Hände sonst auch keine feine Zucht, denn man kan einen andern leicht damit bespritzen, daß solcher gestalt nur Widerwillen dadurch entstehen kan; über diß, kan das Wasser wohl auf etwas geschleudert werden, das durch einen eintzigen Tropffen verderben kan; ausser solchen Begebenheiten aber kan das Schleudern der nassen Hände keinen Schaden bringen, vielweniger die Nahrung verhindern.

Das 22. Capitel
Das 22. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man eine ledige Wiege wieget.

Probatum est, denn man thut nicht gern was ohne Nutzen oder umsonst; wenn man aber eine ledige Wiege wieget, so wieget man umsonst. Aber was soll meine ration? Die klugen Weiber wissen besser, wo der rechte Schaden sitzt, nehmlich: Wenn man eine ledige Wiege wiegt, [46] so wiegt man dem Kinde die Ruhe weg, daß es hernach nicht in der Wiege schlaffen kan. Seht, da liegt der Hund begraben! darauf hätte sich wohl niemand besonnen; aber, weil mir die sorgfältigen Weiber Gelegenheit an die Hand geben, dieser Sache etwas nachzudencken, so will ich ihnen meine Gedancken vor Augen stellen / woraus sie sehen werden, daß ihre Einbildung nicht so viel auf sich habe, als sie wohl vermeynen; und laufft das gantze Werck da hinaus / nehmlich: Wenn die Wiege gewiegt wird, da das Kind darinnen lieget, so pfleget es gemeiniglich zu ruhen; wenn aber die ledige Wiege gewiegt wird / so ruhet das Kind nicht, denn wenn es ruhet, so liegt es in der Wiegen, und ist also wahr, daß das Kind nicht mehr ruhet, wenn man die ledige Wiege wiegt / und geschiehet gemeiniglich das Wiegen der ledigen Wiegen, von Kinde selbst, so darinnen schlaffen soll, denn grosse erwachsene Leute pflegen keine ledige Wiege zu wiegen. Ist also das Wiegen einer ledigen Wiegen weder böse noch gut, und wolte ich eher beweisen, daß es gut wäre, als böse; denn, da die ledige Wiege gemeiniglich nur von Kindern, (auch wohl selbst von dem, das darinnen schlaffen soll) gewiegt wird, so ist es ja ein gut Anzeichen, daß das Kind gesund und starck ist, daß es selbst seine eigene Wiege erziehen kan: Ist es aber ein anders und etwas grösser Kind, so ist es auch besser, daß die Wieg ledig ist, denn es sich sonst leicht zutragen könnte, daß wenn das kleine Kind darinnen läge, [47] es von den Grössern könnte heraus geworffen werden.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
Die Nägel an der kleinen Kinder Händen müssen zu erst von der Mutter abgebissen werden / damit sie nicht stehlen lernen.

Das möget ihr lieben Müttergen wohl in Acht nehmen, daß ihr nicht irgend eure Kinder verwahrloset /wenn ihr ihnen die Nägelgen abschnittet / und wenn ich meinen Rath darff mit darzu geben, so beisset denen Kindern die Finger, oder lieber die Hände gar mit ab; und wenn ihr irgend nicht wohl das Blut sehen könnet, so macht es, als wie man zu thun pfleget /wenn man einem Maulwurff die Pfoten abbeisset, nehmlich, man wickelt die Pfötgen in ein Schnupfftuch / und beisset durch das Tuch durch, und wenn ihr wollet, könnet ihr die Händgen eben auch abbeissen, wie die Maulwurffs-Pfötgen, und mit an das Pater noster hängen; ich versichere euch, (weil ihr doch lieber närrischen Mitteln als rathsamen nachhänget,) daß eure Kinder solchergestalt nicht werden stehlen. Und diesen Rath gebe ich nur denen thörichten und abergläubischen Müttern und Ammen. Die Christliche und GOtt- gelassene Kinder-Mütter aber wissen besser, was bey denen Kindern zu thun sey / daß sie nicht stehlen lernen, nehmlich: Sie lernen ihnen die Zehen Gebote GOttes fleissig, [48] leiden nicht, daß die Kinder parthiren lernen, und wenn sie mercken, daß ein Kind iemanden etwas entwendet hat, straften sie es ernstlich drum, und ziehen es zu allen Guten auf. Ich will nicht zweifeln, daß manche ihrem Kinde die Nägel zum ersten mahl abgebissen, und hat doch wohl einen Dieb erzogen. Daher ist darauf nicht zu trauen, sondern eine gute Zucht, Vermahnung, Warnung und Sraffe thut das beste; vor allen aber GOttes gnädige Regierung, welche durch fleisig und gläubig Gebet zu erlangen ist.

Das 24. Capitel
Das 24. Capitel.
Wer zu Gevattern stehen soll / der soll etwas zur Gevatterschafft borgen / so wird dem Pathgen hernach ins künfftige nichts versaget / sondern findet allezeit Credit.

Soll ich meine Gedancken über diesen Punct entdecken / so erachte ich, daß solche Meynung entstanden sey entweder aus einer canalliösen Mägde-Politica, da vielleicht einmahl eine arme, aber sonst nasenweise Metze, ist zu Gevattern gebeten worden, welche entweder Mangel an Eingebinde, oder an der Kleidung gehabt haben mag; damit sie aber solch Bedürffniß desto eher von iemanden auf Credit erhalten möchte, hat sie nichts klügers zur Persvasion ersinnen können, als daß sie vorgegeben, sie thäte es ihrem Pathgen zum Besten, daß sie zur Gevatterschafft borgete, damit es ins künfftige auch guten [49] Credit möchte bekommen. Wer wolte denn solchergestalt an des Kindes Wohlfahrt einige Hinderniß geben? Ich gebe selbst eher die Hosen vom Leibe weg, daß ja, um meiner Undienstfertigkeit willen, nicht das liebe Kind verwahrloset würde. Oder aber, es ist dieser Glaubens-Punct immediate aus dem Witz der pfyloseviehischen Facultät der super-klugen Weiber entsprungen. Ob aber der wahre Grund dieses schönen Aberglaubens durch Disputationes ausgemacht sey, kan ich eigentlich nicht wissen; iedoch will ich meine ohnmaßgebliche Erinnerungen und hierüber noch habende Scrupel auch entdecken: Wenn ich nehmlich besorge, daß, woferne durch des Pathens Borgen dem Kinde etwas aufgeerbet werden könte, dieses vielmehr zu des Kindes grösten Schaden ausschlagen würde, weil durch des Pathens Borgen das Kind leicht würde verwahrloset werden, daß es sein Lebtage so arm bleiben müste / daß es immer von andern borgen müsse; ja wenn auch gleich dieses Ubel nicht daraus erwüchse, sondern der effect solches Borgens würcklich dahin gediehe / daß das Kind mit der Zeit in dem Puncte so glücklich wäre, (woferne es ein Glück zu nennen ist /) daß ihme niemand etwas versagte, so sage ich unverholen, daß ich wohl 10000. mahl gewünschet habe, daß ich mein Lebtage nicht 1. Thaler möchte Credit bekommen haben, so wäre ich nicht unschuldiger Weise in die Schulden gerathen, die ich, samt der Interesse, zu meinem Ruin habe bezahlen müssen. Es heist zwar im gemeinen Sprichwort; Credit sey besser, [50] als baar Geld. Alleine, ich frage einen jedweden auf sein Gewissen / der iemahls ist panckrot worden, ob ihn nicht habe der Credit zum Schelm gemacht? Denn Credit ist ein falscher Kerl, der einen gemeiniglich verläßt, wenn man seiner am nöthigsten bedarff, und kan ich den Credit nicht besser vergleichen, als mit dem Kratzen im bosen Grinde, so lange, als das Kratzen dauert, ists sehr annehmlich, so bald man aufhöret, kommen die Nachwehen und Schmertzen ohne Maassen.

Das 25. Capitel
Das 25. Capitel.
Mit einem kleinen Kinde soll man unter einem Jahre nicht in Keller gehen / es wird sonst furchtsam.

Daß es im Keller finster ist, das ist bekannt, und wo es finster ist, da ists auch furchtsam, ergo, ein Kind, das unter einem Jahre in einen Keller getragen wird /das muß ja solchergestalt furchtsam werden. Ey du unvergleichlich-schöne Erfindung! komme einer, und tadele nun etwas dran. Victoria! die Weiber haben recht behalten, biß hinter die Keller-Thür, daher verdrüßt mich es nicht wenig, daß ich ihnen soll Recht geben / muß mich demnach vor ihnen in Keller verkrichen; aber da ich ietzt gleich die Treppe hinunter schleiche, erinnere ich mich noch eines Streiches, der mich wieder behertzt macht mit ihnen noch ein klein Treffen zu wagen. Ich erinnere mich, daß, da ich mich ungefehr vor 18. Jahren in einer bekannten Stadt aufhielte, und selbige [51] fast gäntzlich durch eine unverhoffte Feuers-Brunst in die Asche geleget wurde, sich es zutrug, daß nach dem Brande unterschiedliche Leute, wegen ermangelnder Herberge, in denen auf ihren Brandstellen befindlichen Kellern wohneten, welches auch einen feinen Bürger betraff, dessen Weib hoch schwanger war / also, daß sie in dem Keller ihre Geburt verrichten, und auch darinnen die Wochen aushalten muste, zu mir aber hatten die Eltern das Christliche Vertrauen, daß ich ihres Kindes Pathe seyn muste. Wie ich nun vor zweyen Jahren ohngefehr meinem Gevatter begegnete, und bey solcher Gelegenheit ihn fragte, ob mein Pathe noch am Leben sey, und ob er auch was rechtschaffnes lernte? So bekam ich die Antwort, daß er bald so groß sey, wie der Vater, und wäre ietzt bey einem vornehmen Herrn, der ihn die Jägerey lernen ließ, er hätte auch sonsten zu nichts anders Lust, und lachte ihm sein Hertz im Leibe, wenn er nur Tag und Nacht im Walde seyn solte. Hier sagen mir nun die super-klugen Weiber ihre Meynung, wo bey diesem Knaben / der nicht nur unter einem Jahre in Keller getragen, sondern auch gar darinnen gebohren worden ist, die Furcht hinkommen sey? Denn das ist in aller Welt offenbar, daß keine behertztere Leute sind, als die Jäger. Demnach behaupte ich abermahl in derer Weiber Glaubens-Puncten das Gegentheil, und sage: Die Kinder, die unter einem Jahre in Keller getragen werden / die werden nicht furchtsam; und gebe ich dieses zur Ursach an, weil hierdurch die Kinder alsobald [52] gewöhnet werden, weder finstere Winckel, noch andere düstere Oerter zu fürchten, denn ein Kind, deme man bey Zeiten hat entdecket, wer der Ruppert sey, das fürchtet sich bey weiten nicht so sehr vor denselben, als ein anders, das noch nicht weiß, wer er ist / ob es gleich noch eins so alt wäre, als jenes. Demnach tragen die albern Weiber abermahl nicht viel Ehre mit ihrer eingebildeten Victoria davon.

Das 26. Capitel
Das 26. Capitel.
Die Kinder soll man nicht alt Männgen oder alt Weibgen nennen / sie verbutten sonst / und bekommen Runtzeln an der Stirn.

Kommen die Runtzeln an der Stirne daher, so hat man sich freylich wohl zu hüten, daß man denen Kindern nicht so alte Nahmen gebe. Denn wenn ich bedencke, wie Eva ihr erstes Söhngen nennete, da sie ihn kaum gebohren hatte, so giebt mirs fast der Augenschein, daß wohl an dieser Sache was seyn wird / denn sie hieß ihn den Mann, etc. was wurde aber aus diesem kleinen Mann? Antwort: Ein Kerl mit einer runtzelichen Stirn, ein sauer-töpfigter Bruder-Mörder. Da siehet man, wie der Weiber ihr ungegründetes Vorgeben wohl gegründet ist; iedoch baue ich noch nicht darauf, weil auch damit noch nichts gewisses erwiesen ist. Denn erstlich ist noch nicht ausgemacht, ob die Runtzeln die Länge, oder die Qvere stehen werden. Ich vermuthe [53] zwar, daß alle zugleich verstanden werden, als wie bey sehr alten Leuten insgemein zu sehen; auf dergleichen Art aber wird Cain wohl nicht seyn beruntzelt gewesen, sondern es wird sich mehrentheils die linea Saturnina über der Nasen in mürrische Falten gelegt, und die Augen-Brähmen werden sich über die Augen zum Schatten begeben haben, daß dadurch die übrigen Linien vielmehr ausgedehnet und unsichtbar gemacht, oder in eine Confusion gebracht worden seyn werden; auch hat Eva ihren ersten Sohn Cain nicht einen alten Mann genennet, sondern sie erzehlet nur ihrem Adam in Freudigkeit, wie sie nun hätte den verheissenen Weibes-Saamen, der der Schlangen den Kopff zertreten würde, welches Lutherus verdeutscht hat: Den Mann, den HErrn. Aber die gute Eva fande sich schändlich betrogen, ja, wenn Abel wäre die Schlange gewesen, so hätte Cain können im Ansehen bleiben; aber so kam die That Cains, so er an seinem frommen Bruder Abel begieng, nicht Helden-müthig, sondern Hunde-wütig heraus. Und solchergestalt haben die Weiber in diesem Aberglauben an beschriebener Geschicht gar schlechten Beweiß; derowegen kan ich sie billig nicht ohne angefochten lassen, sondern fordere sie abermahl heraus, daß sie erweisen mögen, warum es schädlich sey, wenn man die Kinder alter Mann oder alt Weibgen nenne. Wenn die Kinder im Alter erst runtzliche Stirnen bekommen, so bat es nichts zu bedeuten, wenn sie aber als Kinder runtzlich werden, woher wollen denn die Weiber [54] erweisen, daß eben die Ursach daher komme, weil sie alt Weibgen sind geheissen worden? Hier zu Lande höret man leider! die Kinder von denen Eltern mehr Donner-Aaß, Raben-Aaß / junge Teufel und mit dergleichen grausamen Nahmen mehr benennen, als alt Männgen oder alt Weibgen; ob aber diese letzte Benennung schädlicher sey, als jene / kan ich mir nimmer mehr einbilden, sondern halte davor, daß es gar nichts zu bedeuten habe, wenn man zuweilen im Schertz die Kinder altes Männgen oder Weibgen heist.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Wenn man die Kinder unter einem Jahre lässet in Spiegel schauen / so werden sie stoltz.

Das Spiegel-Schauen an und vor sich selbst ist zwar gar eine gute Erfindung / die an sich habende Gestalt zu erkennen; alleine der Mißbrauch des Spiegel-Schauens ist keines weges zu billigen. Das wissen alle allzukluge Weiber, darum sind sie besorget, wenn die Kinder gar zu zeitig, nehmlich, unter einem Jahre in Spiegel schaueten, sie möchten auch einen Mißbrauch begehen, und hernach durch fernere Gewohnheit des Spiegels-Schauens nur stoltz werden, und treffen auch damit das Pflöckgen gantz genau, denn es heist: Jung gewohnet, alt gethan. Aber dieses kan ich denen Weibern dennoch keines weges zugestehen /daß, so man die Kinder unter einem Jahre in Spiegel sehen liesse, sie um deßwillen [55] stoltz würden; denn im ersten Jahre ist noch kein solcher Verstand bey denen Kindern, daß sie so ferne könnten nachsinnen, als sey diese Gestalt im Spiegel die ihrige, sondern, ich habe an gar vielen Kindern, die noch nicht übers Jahr alt sind gewesen, selbst wahr genommen, daß sie aus kindischen Actionibus so viel haben spüren lassen, daß sie die Gestalt im Spiegel für andere Kinder achten, derowegen bin ich folgender Meynung: Wenn ich Kinder zu erziehen hätte, wolte ich sie im ersten Jahre fleißig in Spiegel sehen lassen, denn alles das / womit sie im ersten Jahre umgehen, dessen sind sie in folgenden Jahren satt und überdrüßig! e.g. Klappern,Paternoster und dergleichen: Also werden sie auch vielmehr einen Verdruß am Spiegel-Schauen schöpffen, wenn man sie vorher / offt auch wohl wieder ihren Willen / vor den Spiegel getragen hat, daß sie also nicht gern hinein sehen werden. Hingegen, wenn sie langsam zum erstenmahl in Spiegel schauen, da sie schon beginnen ein Nachsinnen zu kriegen, so ist es ihnen ein gantz neu Wunder-Werck, und behalten die Begierde desto länger, alsdenn wird ihnen zuweilen etwas neues angezogen, welches sie im Spiegel gewahr werden, und sehen, wie es ihnen so fein stehet, und lernen bald stoltz werden, welches aber vom ersten Jahre keines weges kan besorget werden; und will ich meinen Kopff zum Pfande setzen, wenn durch das Spiegel-Schauen im ersten Jahre ein Kind zum Laster der Hochmuth verwahrloset werde. Aber / ihr lieber ehrlichen Mütter! lasset euch [56] eines andern Unheils verwarnen, nehmlich: Wenn eure Kinder, und sonderlich die Töchtergen, wollen in die Höhe wachsen, so gestattet ihnen das offte Spiegel-Schauen nicht, denn sie treten aus Hoffart davor, und werden (wenn ihr ihnen zumahl alle neue Moden zu tragen gestattet,) von demselben noch stöltzer. Und solcher gestalt / so ferne ihr ihnen diesen Mißbrauch des Spiegel-Schauens nicht zeitlich unterbrecht, so seyd ihr an der Kinder Laster, nehmlich der Hoffart, und nicht der Spiegel, schuld, werdet auch am jüngsten Gericht, sammt euern stoltzen Töchtern, schwere Rechenschafft geben müssen. Ich habe zwar mein Lebtage keine stoltze Kinder gesehen, da nicht deroselben Eltern stoltze eingebildete Narren wären gewesen, wo nicht in Kleidern, doch gewiß in Hertzen. Wer mir nicht will glauben, der sehe sich ein wenig um, undexaminire ein und andere Umstände, ich wette, daß ichs getroffen habe.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Wenn die Kinder sollen leben bleiben / und das gewöhnliche Alter erreichen / so soll man die Söhne Adam / und die Töchter Eva nennen lassen.

Es trägt sich zu weilen in der Ehe zu, daß die erzielten Ehe-Pläntzgen / die Kinder, bald durch einen frühzeitigen Tod wieder hinweg geraubet werden, und manche Eltern nicht so glücklich sind, die in ihre Ehe erzeugten Kinder groß [57] zu ziehen. Wem nun dieses Creutz betrifft, dem wird von der super-klugen und überweisen Weiber-Gesellschafft folgender Rath gegeben: Man solle nur die Kinder Adam oder Eva nennen, so bleiben sie lebendig; Die Ursach aber, aus was vor einer Krafft solches komme, wissen sie selbst nicht zu sagen / sondern verlassen sich auf deren ihren philosophischen Verstand, die solch Mittel zum ersten erfunden haben, sprechende: Die alten Vorfahren wären auch keine Narren gewesen / die dieses zum ersten erfunden hätten. Ich antworte: Unsere Vorfahren sind freylich keine Narren gewesen / aber es sind unter denenselben gleichwohl auch Narren und abgöttische Männer und Weiber gewesen, als wie es noch heut zu Tage unter denen gottesfürchtigen und festgläubigen Christen auch heydnische, abergläubische Affen giebet, welche ihr Vertrauen mehr auf ein äusserlich Schein-Wesen, das doch an sich selbst nichts ist, setzen, als daß sie alle Sachen ihrem Hülff-reichen Schöpffer in kindlicher Zuversicht überlassen solten. Und weil sie mir keine rationes vorzustellen vermögen, warum der Nahme Adam bey denen Knäbgen, und Eva bey denen Mägdgen, die Krafft haben solte /daß sie alte Leute würden, so will ich die Thorheit, welche ich vermuthe die Weiber auf diesen Aberglauben verleitet zu haben, ohngefehr eröffnen. Sie haben vielleicht vermeynet / weil Adam und Eva, als die ersten Menschen, wären diejenigen gewesen, von welchen alle andere Menschen herstammen sollen, so hätten sie nicht stracks nach der Schöpffung [58] wieder sterben dürffen, sondern nothwendig zu solcher Fortpflantzung ein langes Leben behalten müssen; so ferne nun ietziger Zeit die Kinder noch mit solchen Nahmen benennet würden, so werde GOtt gleichsam erinnert, daß er sie, wie jene erste Menschen, auch lange leben lassen werde. Aber, gleichwie der allwissende GOtt, bey welchen kein Unterscheid der Zeit ist, und der ohne dem von Anfang biß zu Ende, alles gegenwärtig siehet, keiner Erinnerung bedarff; also kan dieses vermeynte Erinnern nichts helffen, sondern, woferne eine Erinnerung in diesen Punct statt findet, ist vielmehr zu besorgen, daß GOtt an den Sünden-Fall Adams und Eva erinnert werden dürffte /als wodurch der Tod und Sterben über alle Menschen ist gebracht worden, und gemahnet mich nicht anders / als hätte einer etliche Kinder nach einander groß gezogen, die alle grimmiger und mörderischer Art wären; damit aber die Nachkommende nicht auch solcher bösen Art werden möchten, würde ihme der Rath gegeben, er solle das Kind, daß er noch zeugen würde, lassen Cain nennen, weil der erste Mörder also geheissen hätte, und würde um dieses Nahmens willen das Kind sanftmüthiger werden; Oder, wenn irgend das Alterthum des Nahmens Adams und Evä /weil solcher von Anbeginn der Welt bekannt gewesen, etwas bey der Sache thun kan, so wundert mich, daß solche abergläubische Leute ihre Kinder nicht Affen oder Meer-Katzen nennen lassen, weil doch das Affen-Geschlechte eher gewesen, als Adam und Eva.[59] Aber kurtz von der Sache zu reden, wer durch dergleichen Mittel denen Kindern das Leben zu verlängern suchet, der giebt zu erkennen, daß er sein Vertrauen nicht auf GOtt, sondern auf abgöttische Mittel setzet; über daß so laufft es wider die tägliche Erfahrung, weil ich selbst mit Kindern zu Grabe gegangen bin, die Adam und Eva geheissen haben. Und gleiches Gelichters wird auch der folgende Glaubens-Articul geartet seyn.

Das 29. Capitel
Das 29. Capitel.
Wenn ein Kind soll 100. Jahr alt werden / muß man aus drey Kirch-Spielen die Gevattern darzu bitten.

Ich stehe gäntzlich in den Gedancken, es gehet hierbey ein Error bey denen super-klugen Weibern vor, und soll irgend an statt 3. Kirch-Spiele, 3. Theile der Welt heissen, weil darzu eine seine lange Zeit erfordert würde, ehe die Gevattern zusammen zu bringen wären. Denn, was können 3. Kirch-Spiele hierbey thun, und kan solches in denen meisten grossen Städten gar mit leichter Mühe ins Werck gesetzet werden; denn wo 3. Kirchen in einer Stadt sind, ist es bald gethan, alleine ich glaube, daß es / wie gedacht, ein Irrthum sey; ist es aber keiner, sondern Ernst, so ist es ja eine rechte offenbare Narrheit, denn wie vielmahl trägt sichs in Städten zu, daß aus 3. Kirchspielen die Gevattern ersucht werden, aber wo sind denn die hundert-jährigen Leute? Solten sich demnach die abergläubischen Weiber [60] ins Hertze hinein schämen, daß sie so unbedachtsam eine Sache vorgeben, und einfältige Leute mit solchen alt-vettelischen und abgöttischen Lügen bereden mögen. Aber, ohnerachtet der Betrug am hellen Tage lieget, so giebts doch noch hier und da albere Narren, die solchen Lügen glauben, und diese Kunst an ihren Kindern mit allem Fleiß versuchen, und noch wohl so thöricht seyn, und sagen, wenn es ohngefehr geschähe, so thäte der Glaube das beste dabey. O du schöner Glaube du, daß du mir nicht irgend wegkömmst.

Das 30. Capitel
Das 30. Capitel.
Wenn die Kinder in der Tauffe schreyen / sterben sie bald / und werden nicht alt.

Weil die bösen Weiber, ohne einige Condition, absolute auf der Meynung bleiben, daß die Kinder, so in der Tauffe schreyen, bald stürben, so wird es billig als ein straffbarer Aberglaube gehalten. Denn obgleich ein Kind, das in der Tauffe schreyet, die Vermuthung und den Verdacht machet, ob habe es Reissen im Leibgen, oder andere Schmertzen, davon leicht noch mehr Unfälle bey einem solchen schwachen Kinde entstehen können, die es hernach gar zum Tode befördern; so ist dennoch bey weiten kein gewiß Argument draus zu machen, und könte ohne Mühe hierwieder das Contrarium behauptet werden. Z.E. Ich sage, die Kinder / die in der Tauffe nicht schreyen, die werden schwerlich alt werden, weil sie so matt sind, daß sie nicht schreyen können. Oder, wenn die [61] Kinder brav schreyen in der Tauffe / so sage ich, das Kind wird alt werden, denn es war so fein munter, und kunte so wacker schreyen in der Tauffe, es hatte noch gute Kräffte, und s.f.a. Wer will uns nun in diesem Streit entscheiden? In Wahrheit / der bloß gefaßte albere Aberglaube kan es nickt thun. Und weil ich täglich sehe, daß Kinder sterben, die nicht in der Tauffe geschryen haben, so achte ich diesen Glaubens-Artickel vor eine teuffliche Erfindung, dergleichen Beschaffenheit es mit allen Aberglauben hat.

Das 31. Capitel
Das 31. Capitel.
Wenn die ersten Kinder der Eltern Nahmen bekommen / so sterben sie noch eher als die Eltern.

Hier bey diesem Punct wollen die alten Weiber par force klüger seyn, als alle Könige und Fürsten, welche insgemein ihre erst-gebohrne Cron- und Stuhl-Erben nach ihrem Nahmen nennen lassen, gleichwie wir ein offenbares Exempel haben an denen 3. Chur-Fürsten, Christ mildester Gedächtniß, Hertzog Johann Georg dem andern, dritten und vierdten, die alle dreye ihre Herren Väter überlebet haben, ob sie gleich die erst-gebohrnen Söhne gewesen; anderer dergleichen Exempel, geliebter Kürtze wegen, zu geschweigen. Und wie es mit denen Söhnen falsch ist, so ists mit denen Töchtern gleichfalls nicht richtig. Es sind aber die abergläubischen Weiber (denn denen Christlichen und vernünfftigen Frauenzimmer [62] gehet dieses nicht an,) in ihrer Boßheit so hartnäckig, daß sie dennoch recht behalten wollen, wenn sie auch gleich überwiesen genung sind. Denn, als ich ohnlängst einer Compagnie solcher schönen Glaubens-Genossen zuhörete, und eben in diesem ietzt untersuchten schönen Glaubens-Artickul ihnen widersprach, auch zum Beweiß ebenfalls nur angezogene drey Churfürsten von Sachsen anführete / saß eine alte Planeten-Leserin auf der Seite, und wolte mit ihrer thörichten Klugheit denen andern zu Hülffe kommen, kehrete demnach die gantze Sache um, und gab vor, wenn die ersten Kinder der Eltern Nahmen bekämen, würden sie so alt als die Eltern, oder überlebten sie doch zum wenigsten. Allein, ich stellete eben diese 3. Churfürsten ihr wieder zum Gegen-Beweiß vor, daß keiner von diesen dreyen seines Herrn Vaters Alter erreicht hätte, und sey Hertzog Johann Georg der andere nicht so alt worden, als sein Herr Vater, Hertzog Johann Georg der erste, gewesen, Hertzog Johann Georg der dritte habe das Alter seines Herrn Vaters, des andern, nicht erreicht, und sein Herr Sohn, der vierdte, habe dessen Alter nicht erlanget; auch gab ich ihr meinen eignen ältesten Bruder, der auch meines Vaters Nahmen geführet, zum Gegen-Beweiß an, welcher zwar ins männliche Alter gekommen, daß er sein Ehren-Amt besessen, muste aber doch die Schuld der Natur eher bezahlen, als mein Vater. Durch diesen Beweiß muste zwar die alte Wahrsagerin verschämt sitzen, die andern aber meynten, daß dieses wieder [63] Wasser auff ihre Mühle wäre. Ich hoffe aber / wer nur ein wenig nachsinnen kan, der würde begreiffen können, daß dieser / und alle andere solche Glaubens-Gründe, nicht einen Pfifferling werth sind.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Wenn ein Hund in einen Back-Ofen siehet / wenn man bäckt / so wird das Brod erlöset oder abgebacken.

Ich will es glauben, aber mit der Condition: Wenn nehmlich zu der Zeit, da Brod in Ofen stehet und backen soll / ein Hund in selbigen siehet, so ist zu vermuthen, daß, da die Leute, nach dem der Teig in den Ofen geschoben worden, davon gegangen sind, irgend bald darauf ein hungriger Hund kömmt, und das vor das Ofenloch gesetzte Bret herab stösset, daß hernach nicht alleine der Hund begierig hinein siehet und Verlangen trägt, mit dem Brode, welches er wohl reucht, seinen hungrigen Magen zu füllen, und kan hernach das Brodt, wegen der zum Ofenloch hinein schlagenden kalten Lufft, nicht der Gebühr nach ausbacken, sondern fällt nieder, und löset sich ab. Und mit dieserCondition ist des Hundes Ofen-Gucken eine Ursach des Brod-Erlösens. Alleine ich zweiffele nicht, daß nicht nur ein Hund, sondern auch wohl ein Esel diese Kunst solte verrichten können.

Das 33. Capitel
[64] Das 33. Capitel.
Wer Teig im Back-Troge stehend hat / der soll die Stube nicht eher auskehren lassen / biß der Teig aus der Stube ist / man bekömmt sonst ein Brodt weniger / oder kehret ein Brodt mit hinaus.

Dieses ist ein von faulen Weibern und Mägden ersonnen Stücklein, welche nicht gern die Stube noch einmahl auskehren wollen, wenn irgend bey dem Auswürcken etwas Mehl wieder in die Stube gefallen ist. Auch nehmen diejenigen Mägde diese Glaubens-Regul gern an / welche zuweilen heimlich / ohne Wissen ihrer Herren und Frauen, Teig nehmen, und gute Kuchen davon machen, solche ihren Courtisanen und Knechten zupartiren, oder selbst heimlich fressen. Wenn nun nicht so viel Brodt worden ist, als in Ansehung des vielen Teiges hätte werden sollen, da muß alsdenn das Auskehren der Stuben daran Schuld haben. Daß es aber nicht wahr sey, könte ich leicht mit den Beckern erweisen, als welche mehrmahls ihre Stube zu der Zeit auskehren, da ihre Tröge voll Teig stehen. Wenn die Weiber doch nur sprächen, es wäre nicht gut, wenn man auskehrete, wo Teig im Troge stünde, so wäre es noch eine Sache, die man vertreten könte, wenn man spräche: Das Kehrich stübete in Teig. (Wiewohl der Teig von reinlichen Leuten stets zugedeckt seyn soll.) Da sie aber sagen, man kehrete ein Brodt mit hinaus, da ist die Thorheit [65] etwas gar zu handgreiflich gewiesen, und kommt im Superlativo alber heraus.

Das 34. Capitel
Das 34. Capitel.
Einen Eßig-Krug soll man nicht auf den Tisch setzen / denn es verdirbt der Eßig davon.

Manch böse Weib (denn es müssen böse Weiber seyn, die den Eßig ansetzen und füllen, wenn er soll fein sauer werden,) nähme nicht viel, und setzte ihren Krug, darinnen sie Eßig aufgestellet, auf einen Tisch, in Besorgung, der Eßig verderbe davon. Nun möchte ich zwar gerne gründliche Rationes hierüber hören, warum hiervon der Eßig umschlagen solte? Ich habe zwar noch biß dato keine andere Nachricht von denen Weibern erhalten können, als, sie wüsten es selbst nicht. Dahero habe ich offt bey mir selbst darüberspeculiret, ob ich irgend eine natürliche Ursach hierzu finden möchte / habe aber nichts ergründen können. Endlich aber, hinter die Wahrheit zu kommen, habe ich selbsten Eßig angestellet, und den Eßig-Krug gar offt auf den Tisch gesetzt, denselben auch auf dem Tische angefüllet, und habe dennoch gar guten Eßig behalten; ja, was noch mehr ist, kan ich einem noch diese Stunde Kirsch- und Mäyen-Blumen-Eßig weisen, den ich vor 8. Jahren schon aufgestellet habe, und inzwischen wohl 20. mahl auf den Tisch gesetzt gehabt, der doch noch biß dato so schön und sauer ist, daß mir schwerlich iemand bessern wird weisen [66] können. Hingegen erinnere ich mich, daß viele wegen ihres Zorns und Boßheit halber sehr beruffene Weiber zu mir gekommen sind, und mir geklaget haben, daß ihnen ihr Eßig nicht wolte gut werden, ohnerachtet sie solchen doch auf keinen Tisch gebracht hätten. Woraus abzunehmen ist, daß die Meynung vom Tisch setzen nichts / als ein offenbarer Aberglauben ist, dem Christliche Hauß-Mütter nicht nachhängen sollen.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Wenn eine Sechswöchnerin über Feld- oder Garten-Beete gehet / so wächset in etlichen Jahren auf solchen Beeten nichts / sondern verdirbt alles darauf.

Ich will zwar denen Wöchnerinnen, welche offt, ohne erhebliche Ursach, wenig Tage nach ihrer Niederkunfft, nicht allein im Hause, Küche, Keller und Boden, sondern auch wohl gar in Gärten und Feldern herum lauffen, ehe die von GOTT ihnen gesetzte Zeit solches vergönnet, das Wort hier nicht reden, sondern nur erweisen, daß der in dem Titul dieses Capitels enthaltene Aberglaube nicht wahr sey. Und zwar will ich auch keinen Beweiß nehmen von solchen Wöchnerinnen, welche leider! offt wieder ihren Willen das Sprichwort: Noth bricht alles Gesetz; practiciren müssen, wenn sie nehmlich durch Wassers- Feuers-Kriegs- oder andere Noth aus ihren Wochen-Stuben zu weichen forciret werden, damit mir nicht irgend der Einwurff gemacht [67] werden möge, es wären solche Nothfälle ausgenommen. Derowegen stelle ich euch abergläubischen Weibern folgende Exempel zu gnugsamen Beweiß vor: Es hatte ein nicht weit von Dreßden wohnendes Bauer-Weib viel guten Salat- und Kohl-Saamen in ihrem am Hause liegenden Garten gesäet, den sie, wenn er wüchse, nach der Stadt zu Marckte bringen wolte. Zu solcher Zeit nahete sich ihre Geburts-Zeit heran, und gelag auch bald mit einer gesunden Tochter. Sie hatte aber kaum 9. Tage die Wochen gehalten, da gieng sie in dem Garten herum, und versetzte mit eigener Hand die Salat- und Kohl-Pflantzen, welche aber keinesweges verdorben sind, sondern diese, samt andern Garten-Gewächsen, sind sowohl dieses, als auch folgende Jahre gar wohl gewachsen. Item: Es kam verwichenen Frühling einer Wöchnerin ein Schwein in ihren Garten; weil sie nun niemanden bey sich hatte, als drey kleine Kinder, lieff sie aus der Wochen-Stube in das Gärtgen, und jagte sich mit dem Schweine herum / biß sie es heraus brachte, ohnerachtet sie nun über alle Beete war hingegangen, ist doch dieses Jahr alles gar fruchtbar darauf gewachsen. Ist demnach dieser Glaubens-Artickel auch falsch.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
Wenn ein Weib in den Sechs-Wochen verstirbt / muß man ein Mandel Holtz oder ein Buch ins Wochen-Bett legen / auch [68] alle Tage das Bette einreissen und wieder machen / sonst kan sie nicht in der Erden ruhen.

Dieses ist eine Gewohnheit, die fast an allen Orten des Sachsen-Landes im Gebrauch ist, und wo kein Mandel-Holtz zu haben ist / so nehmen sie ein Scheid Brenn-Holtz oder auch ein Buch, und solte es gleich der Eulenspiegel seyn, auf daß ja etwas, an statt der Wöchnerin, im Bette liege. Wo nun diese Thorheit ihren Ursprung her bekommen haben mag, bin ich zwar offt beflissen gewesen zu erforschen, habe aber nicht stracks hinter den Grund kommen können. Endlich aber habe aus vieler Erfahrung, daß niemand anders, als die eigennützigen Weh-Mütter, diese Narrethey ersonnen haben. Denn wenn zu weilen bey wohlhabenden Leuten durch Göttlichen Willen sichs begiebt, daß die Wöchnerin durch den Tod von ihrem Manne verabschiedet, oder auch in Kindes-Nöthen samt der Geburt todt bleibet, da haben von Rechts wegen nach dem Begräbniß die Weh-Mütter nichts mehr im Hause zu schaffen, zumahl / wenn Kind und Mutter zugleich geblieben sind, bekommen auch billicher massen von dem ohne das betrübten und nothdürfftigen Wittwer nichts mehr. Alleine dieses gutenInteresse nicht verlustig zu werden, haben sie ersonnen, es müsse die gantze Sechs-Wochen hindurch täglich das Wochen-Bett von ihnen gemacht werden, so gut, als sey die Wöchnerin noch am Leben. Und durch dieses Vorgeben [69] bekommen sie Gelegenheit, täglich ein paar mahl (wenn der Wittwer etwas gutes zu essen hat) ein zusprechen, und ihr Amt mit Essen und Trincken in Acht zu nehmen, und wenn die Sechs-Wochen um sind, und sie bekommen nicht stracks so viel Lohn, als wenn sie würcklich Mutter und Kind so lange bedienet hätten, so tragen sie wohl die ehrlichen Männer aus, und reden schimpfflich von ihnen. Wenn nun ein ehrlicher Mann böse Nachrede vermeiden will, so muß er eine solche alte Katze lassen nach ihrem Vorgeben handthieren, und sie noch mit einen guten Recompens davor versehen, weil Mutter Ursel so sorgfältig vor der seeligen Frauen ihre sanffte Ruhe im Grabe ist gewesen. Ob nun gleich dieses wahrhafftig von nichts anders seinen Ursprung hat, als von denen Wehe-Müttern, so ist es doch endlich mit der Zeit zu einem würcklichen Aberglauben worden, daß ich auch bey klugen und sonst verständigen Leuten diese Thorheit gar sancte practiciren gesehen. Und ist billig zu verwundern, daß unter gläubigen Christen solche unchristliche Thaten die schnurstracks wider den wahren Glauben streiten, vorgenommen und getrieben werden. Denn da ein erfahrner Christ weiß, daß die Seelen der Gerechten, oder derer Seeligen, in GOttes Hand ruhen, und keine Qvaal sie berühret, worinnen soll denn die Unruhe des entseelten Cörpers in dem verschlossenen Grabe bestehen? Ist die Wöchnerin seelig verschieden, so wird ihr Leichnam im Grabe keine Unruhe leiden; ist sie aber verdammt, so leidet ja nur die Seele, biß der [70] Leib wieder mit ihr vereiniget wird; Und so ferne ja der Satan auch den Leib verunruhigen wolte, was würde er doch wohl nach dem täglich eingerissenen und wieder gemachten Wochen-Bette und dem darinnen liegenden Mandel-Holtze fragen, da er Eisen wie Stoppeln, und Ertz wie faul Holtz achtet? Bleibet demnach die gantze Sache mehr als zu gewiß ein schändlich- und schädlicher Aberglaube, den ein Christlicher verständiger Mann keines weges billigen soll.

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wenn man denen kleinen Kindern den ersten Brey nicht bläset / verbrennen sie hernach an heissen Suppen das Maul nicht.

Dieses Geheimniß läufft in die Mägde-Physicam. Denn wenn die Mägde / aus Faulheit, denen Kindern den Brey nicht blasen wollen, müssen sie solche Geheimnisse der Natur ersinnen. Wie wahrhafftig aber solche eintreffen, lehret zum öfftern die Erfahrung mit Schaden. Und gesetzt auch (aber nicht gestanden,) daß es wahr wäre, was Nutzen hätte ein Kind denn wohl davon zugewarten, wenn es die Suppen und andere Speisen so heiß könte hinein fressen? Solte es wol fein stehen / wenn ein Tisch voll erbare Leute sässen, und ässen von einer heissen Speise, wenn alle ihre Bissen nähmen, und vorher bliessen, und sittsam ässen, es süsse aber ein solcher unersättlicher Fraß darunter, der so heißhungrig [71] die Speise zu sich schluckte / daß er das heisse Essen auch nicht einmahl erst bließ? Aber kurtz von der Sache zu reden, so hat die tägliche Erfahrung so viel gelehret, daß diese Kunst nicht probat sey; Aber so trifft es gewiß ein, wenn man nehmlich einem kleinen Kinde den Brey gantz siedend heiß zu essen giebt, so wird sichs her nach nimmermehr an keiner heissen Speise mehr brennen. Prob. est.

Das 38. Capitel
Das 38. Capitel.
Wer will werden reich / der schneid das Brodt fein gleich.

Dieses ist zwar an und vor sich selbst nur ein Sprichwort, aber auch mit gewisser Bedingung ein wahr Wort, und könnte vor sich und und schlecht hin wohlpassiren, wenn die alten Weiber es nicht zum Mißbrauch anwendeten, und ihm unter ihren albern Aberglauben eine Stelle einräumeten, als sey es ein unbetrügliches Werck. Derowegen ich vor rathsam erachte, dieses ein wenig zu untersuchen, wie weit diese Meynung statt habe oder nicht. Es pflegen einige verständige Leute davor zu halten, daß man eines Haußwirths gantze Haußhaltung an dem Brodte könne observiren, und wollen damit so viel zu verstehen geben, daß ein unachtsamer Haußwirth seine Kinder und Gesinde nur nach ihren eigenen Gefallen daß liebe Brodt liesse berupffen und beränffteln / und unordentlich davon schneiden, daß zuweilen die Rinde um und um abgeschnitten wird, und nichts als die Brosse liegen bleibet, welche hernach gemeiniglich verschimmelt, [72] und aufs höchste denen Schweinen zu Theil wird. Wenn es nun also mit dem Brodte zugehet, so ist leichte zu vermuthen, daß die übrige Haußhaltung auch nicht besser bestellet werde, und muß solcher Gestalt ein Haußwirth verarmen. Hingegen, wer ordentlich Hauß hält, seine Sachen alle wohl in acht nimmt, und keine Unordnung mit Willen einreissen lässet, der wird auch nicht zugeben, daß das liebe Brodt von einem ieden nach eigenen Gefallen vermutzet werde / sondern es wird darüber gehalten, daß davon ordentlich abgeschnitten werde, daß es stets gleich bleibe, auch niemand mehr abschneide, als es zur Sättigung des Hungers bedarff, damit nicht alle Winckel voll Stücken verdorret Brodt gefunden werden. Wer demnach also seine Sache anstellet, dessen Nahrung nimmt zu, Prov. 24. v. 4. und trifft solcher Gestalt das Sprichwort ein: Wer will werden reich, der schneid das Brodt fein gleich. Dargegen will ich einen ieglichen versichern, daß von dem blossen Brodt gleichschneiden keiner wird reich werden, wenn nicht das übrige ordentliche Haußhalten mit darzu genommen wird.

Das 39. Capitel
Das 39. Capitel.
Wenn zu Grabe gelautet wird / soll man nicht essen /sonst thun einem die Zähne weh.

Dieser Aberglauben wird nicht allenthalben, sondern nur an etlichen Orten in Thüringen, und sonderlich auf denen Dörffern getrieben. [73] Wie gewiß aber solch alber Vorhaben eintreffe, kan man leicht in denen Städten, allwo man von dieser Thorheit nichts weiß, gewahr werden. Denn an vielen Oertern, wo der Gebrauch ist, daß gleich Mittags um Essens-Zeit zu Grabe gelautet wird, kehret man sich nicht an das Lauten, sondern isset ohne Sorge und Unfall, ohne daß hiervon iemanden die Zähne weh thun. Ich bilde mir aber ein, es habe diese Meynung ihren Ursprung von einer Schertz-Rede, wenn irgend einer mag gesagt haben: Wenn man zu der Zeit, wenn zu Grabe gelautet wird, isset, so thun einem die Zähne weh, es sey nun wer, und wo es wolle. Denn es wird keine Zeit seyn, da nicht einem hie oder da im gantzen Lande die Zähne solten weh thun. Und kömmt mir eben vor, als wenn einer sagt: Da der und jener reiche Mann ist begraben worden, und man auf den Gottes-Acker seinen Sarg nochmahls eröffnet hat, so hat ein Rabe auf seinen Beinen gesessen. Ja freylich kan ein Rabe nicht auf seinen Fliegel gesessen haben, sondern auf seinen Beinen, aber nicht auf des verstorbenen Mannes / sondern auf seinen eigenen Beinen. Also kan ich auch sagen: Wenn man isset, da zu Grabe gelautet wird, so thun einem die Zähne weh.

Das 40. Capitel
Das 40. Capitel.
Wenn einem Kinde unter einem Jahre rothe Schuhe angezogen werden / kan es hernach / wenn es erwächset / kein Blut sehen.

[74] Man solt sich kaum einbilden, daß in der gantzen Christenheit ein Mensch so alber seyn, und dieses glauben könne. Dennoch wolte ohnlängst eines Schusters Weib einen ehrlichen Mann / der vor sein Kind ein paar rothe Schuhe haben wolte, dieses mit Gewalt zu glauben bereden. Ich merckte aber fast wohl, warum sie die Sachen vor gewiß ausgab; es hatte der Schuster weder solche kleine rothe Schuhe fertig, noch roth Leder, davon er solche hätte gemacht / dahero wolte die Schusterin diesen Aberglauben zur Beschönigung ihres Schuh und Leder-Mangels zu Hülffe nehmen. Denn was könte wohl thörichter ersonnen werden / als zu glauben, daß ein Kind verwahrloset werde, daß es kein Blut sehen könne, wenn es unter einem Jahre ein paar rothe Schuhe angehabt? Was hat denn das rothe Leder vor Gemeinschafft mit dem Blute? Wolte man die rothe Farbe mit solcher Krafft beschuldigen, so mache ich hinwieder den Einwurff: Warum es denn nur rothe Schuhe, und nicht auch ein rothes Röckgen thun könne? Daß aber dieses eine offenbare Lügen sey, kan ich nicht alleine mit meinen eigenen, sondern viel andern Kindern erweisen / welche unter einem Jahre rothe Schuhe angehabt, und dennoch ohne Alteration Blut sehen können. Dahero diese Narrethey keiner weitern Untersuchung mehr bedarff.

Das 41. Capitel
Das 41. Capitel.
Wenn eine schwangere Frau vor dem[75] Brodt-Schrancke stehen bleibt und isset / so bekömmt das Kind / mit dem sie schwanger gehet / die Mit-Esser.

Ich will hier nicht disputiren, ob es auch gewiß sey, daß etliche Kinder mit solchen Würmern in der Haut geplagt werden, die man insgemein die Mit-Esser, auch an vielen Orten die zehrenden Elben, zu nennen pfleget; sintemahl vornehme, gelehrte Männer in Untersuchung solcher Würmgen sehr weit gekommen zu seyn scheinen. Ich kan aber auch nicht umhin, frey zu bekennen, daß ohnerachtet ich mich offt bemühet, auch einige Gewißheit hiervon zu erblicken, ich doch niemahls etwas unbetrügliches vor meine Augen bekommen konnen; sondern ich habe vielmehr bey genauer Untersuchung observiret / daß die so genannten Mit-Esser, welche auf ein wenig Reiben mit Honig und Weitzen-Mehl zu der Zeit, wenn das Kind im warmen Bade lieget oder sitzet, in einer Minuten sollen aus der Haut gefahren seyn, nichts anders gewesen, als die subtilen Härlein, (derer die Kinder auf denen Aermgen, Achseln und Rücken voll sind,) an welche sich im Reiben das Weitzen-Mehl angekleistert hat, daß sie gestalt worden, als wie die Maden /und habe ich niemahls können gewahr werden, daß eines einen Augenblick gelebt hätte, ob gleich die grossen Weiber noch so ein groß Wesen davon machen wollen. Es sey nun aber, wie es wolle, so thut mirs hie nichts. Wäre es nun nicht also, daß dergleichen Mit-Esser bey denen Kindern gefunden würden, so kan ja auch nicht wahr seyn, daß durch [76] der Mutter Essen vor dem Brodt-Schrancke solche erreget werden solten. Ists aber Gegentheils wahr, daß es solche verzehrende Würmgen bey denen Kindern giebt, und was hiervon curieuse und gelehrte Männer observiret und aufgezeichnet haben, so dienet es mir eben auch zu einem Beweiß wider die abergläubischen Weiber. Denn da erwehnte gelehrte Männer und Medici zur Gnüge untersucht und erwiesen haben, woher solche Würmgen ihren Ursprung nehmen, so kan derer Ursprung nicht von der Mutter Essen vor dem Brodt-Schrancke herkommen. Zu dem so laufft es auch wider die gesunde Vernunfft, daß der Ort, wo die Mutter isset, eine Ursach werden könne, daß ihre Leibes-Frucht mit Würmern in der Haut solte beladen werden. Denn die Brodt-Schräncke stehen bald so, bald anders, nachdem es die Beqvemlichkeit des Logiaments an die Hand giebt. Also ist der Ort und Platz ungewiß, und kan solchergestalt keine Ursach machen; soll aber die Ursach aus dem Schrancke kommen, so müste es bloß um des Brodts oder Speise willen seyn, die darinnen verwahret würde, sonst würden alle andere Schräncke auch solche Würckung haben müssen. Soll aber das Brodt oder Speise solche Würckung haben, so muß folgen, daß das Brodt auch ausser dem Schrancke aller Orten, wo ein schwanger Weib isser / solche Würckung habe, und solchem nach wären alle Kinder mit denen Mit-Essern beschweret; daß solchem aber nicht so ist, lehret die tägliche Erfahrung, und ist derowegen dieser Glaubens-Punct gleich denen andern wurmicht.

Das 42. Capitel
[77] Das 42. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man am Leibe flicket.

Dieses ist keiner Antwort werth, weil es allerdings wahr ist, iedoch nicht im albern abergläubischen Verstande. Denn was gut ist, bedarff nicht geflickt zu werden. Es mag nun verstanden werden der Leib selber, oder die Kleider, die man am Leibe trägt; Ists der Leib selbst, so ist es freylich nicht gut, wenn durch Fallen, grimmiger Thiere Beissen, Hauen, Schlagen, oder andere Unglücks-Fälle, der Leib verwundet worden ist, daß man daran flicken muß. Ist es aber die Kleidung, so ist es freylich, weil es Flickens bedarff, nicht gut. Ergò, trifft dieses gewiß ein: Wenn man am Leibe flicket / so ists nicht gut.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
An den Himmelfahrts Tage soll man nichts nehen oder flicken / es ziehen sonst demselben / oder wer das Genehete am Leibe trägt / die Gewitter nach.

Es haben die alten Philosophi denen sieben Planeten des Himmels so wohl gewisse Nahmen gegeben als auch gewisse Beherrschungen zugeeignet, welches auch endlich bey denen Nachkommen mehr und mehr beglaubet worden, daß heut zu Tage auch fast die verständigsten Leute noch solcher Meynung nachhengen; wie nehmlich die Venus solle beherrschen den Freytag / und [78] was an selbigen verrichtet werde: Jupiter den Donnerstag, wie auch unter denen 7. Metallen das Zinn. Unter denen Nahmen der Planeten aber stecket noch ein mehrers verborgen / wenn nehmlich solche herkommen von denen heydnischen Göttern, so ist auch hernach denen Planeten, die solcher Götter Nahmen bekommen haben, auch die Eigenschafft und Wirckung, die die erwehnten Götzen an sich gehabt haben sollen, auch angedichtet worden. Unter diesen will ich nur betrachten denjenigen, der anietzo zu meinem scopo dienet, nehmlich den Jovem, welcher nicht alleine den Donnerstag beherrschen soll, sondern ihm ist auch von denen heydnischen Philosophis angedichtet worden / daß er Blitz, Donner und Wetter verursache, dahero auch der Donnerstag den NahmenDies Jovis erhalten hat. Weil denn nun aber bekannt ist, daß das Himmelfarths-Fest unsers Heylandes allezeit auf einen Donnerstag gefället, so ist kein Zweiffel, es haben einige gauckelhaffte Narren geschlossen, es müsse um der Himmelfarth Christi willen der Jupiter noch mehr Krafft an diesem Tage zu würcken empfangen haben / als andere gemeine Donnerstage, zumahl, da auch eine Wolcke (welche vielleicht, solcher Thoren Vermuthen nach, auch eine Wolcke eines Gewitters gewesen) den HErrn Christum hinweg genommen hat. Wenn denn nun aber gebührlicher massen, wegen des Festes Heiligkeit und Hoheit halber, keine Arbeit an diesem Tage verrichtet werde, ausser, wenn irgend eine Magd nach vollendeten Gottesdienst [79] etwas nehet oder flicket, so ist Zweiffels frey der närrische aberglaubische Wahn entstanden, daß dem das Wetter nachziehe, wer am Himmelfarths-Tage flicke, oder etwas davon an sich trage. Ob aber dieses nicht unter das Tage-wehlen mit gehöre, welches GOtt so ernstlich verboten hat, lasse ich die Herren GOttes-Gelehrten nach ihren guten Gewissen urtheilen, sintemahl ich in GOttes Wort und der gantzen H. Schrifft weder einer Veneris noch Saturni, oder sonst eines solchen Kerls / in dem Verstande, wie es leider! insgemein geglaubet wird, Erwehnung finde; und frage ich einen ieden vernünfftigen Astronomum, ob der Planet Venus (welches ein Weiber-Nahme) nicht mit einem andern, und zwar Mannes-Nahmen, könne füglich beleget werden? Da nun alle diese Nahmen, und was denenselben anhängig ist / nur heydnische erdichtete Fratzen sind, so ist der Aberglaube, davon ich itzt handele, per consequens, weil er von vorgedachten Phantasten her seinen Ursprung hat, ein Narren-Gedichte, und ist nichts drauf zu halten.

Das 44. Capitel
Das 44. Capitel.
An dem Grünen-Donnerstage soll man Bretzeln essen / so bekömmt man selbiges Jahr das kalte Fieber nicht.

Ich habe es aus eigener Erfahrung, daß dieses nicht eintrifft; denn ich habe selbst das Fieber bekommen, da ich doch gewust, daß ich am [80] Grünen-Donnerstage, wie wohl nicht um dieser Ursach willen, Bretzeln gegessen habe; ist also von diesem vermeynten Fieber-præservativ nichts zu halten. Wiewohl ich auch nicht glaube, daß ein kluger vernünfftiger Mensch drauf trauen werde; ich halte vielmehr davor, daß diese Sage nur aus einer Spaß-Rede ihren Anfang genommen habe; denn es ist bekannt, daß in Sachsen-Land, gewöhnlicher massen an Fastnacht der Anfang mit Backung der Bretzeln gemacht wird, und am Grünen-Donnerstage die letzten gebacken werden. Wer demnach zu guter letzt noch neugebackene Bretzeln essen will, muß es längstens am Grünen-Donnerstage thun, dahero Zweifels ohne einer einmahl aus Schertz mag gesagt haben, wer am Grünen-Donnerstage keine Bretzeln esse, der müste gewärtig seyn / das er solches Jahr das Fieber bekomme. Hierbey fällt mir ein, was sich vor 20. Jahren in Leipzig begab / nehmlich, es bekam eine Magd einen grossen Bauch, dahero sie von iedermann vor schwanger gehalten wurde, welches sie aber hefftig leugnete / dahero sie vor die Stadt-Gerichten gefordert und besichtiget wurde, welche, da sie vor schwanger erkannt wurde, keinen Vater anzugeben wuste, sondern gab vor, sie sey am Grünen-Donnerstage auf dem Burg-Keller gewesen, eine Kanne Torgauer Bier zu holen, da hätte der Böttiger ihr geschenckt, und sie genöthiget, daß sie so viel Bretzeln darzu gegessen / nach welchen sie es alsbald an das Hertz gedrucket hätte / und sey ihr der Leib von dato an täglich mehr geschwollen. [81] Hieraus ist nun zu sehen, was die Grünen-Donnerstags-Bretzeln vor Krafft und Wirckung haben, es werden aber dieses wohl keine krummen gewesen seyn.

Das 45. Capitel
Das 45. Capitel.
Wenn man über ein Kind hin schreitet / so wächset es nicht grösser.

Ich will das Gegentheil behaupten, und sage: Wenn man über die Kinder hin schreitet, so wachsen sie grösser; und setze ich meine Ehre zum Pfande, ihr abergläubischen Thoren, daß eure Kinder, welche noch zu wachsen haben / wenn ihr gleich über sie wegschreitet, dennoch ungehindert wachsen werden; denn, so lange ihr eure Kinder überschreiten könnt, so lange werden sie auch wachsen; wenn ihr sie aber nicht überschreiten könnet, so sind sie gewiß schon so groß, daß sie ausgewachsen haben. Zu dem so frage ich euch, ob nicht eure kleinen zwey- und drey-jährigen Kinder offt sich in die Stuben, ja gar an die Thüren legen, daß die Ein- und Ausgehenden über sie hinschreiten müssen? Da schreyet ihr mit vollem Halse, man solle wieder zurück über solch Kind schreiten. Aber / ist dieses nicht eine offenbare Thorheit? Wenn das Herüber-Schreiten geschadet hat / wie soll denn das Zurück-Schreiten den vorigen Schaden wieder aufheben können? Und kommt ihr mir vor, als wie ohnlängst ein Bauer zu N. dem ein Fuhrmann über seine Wiese fuhr; da der Bauer solches ersahe, kam er herzu gelauffen, [82] da gleich der Fuhrmann an das Ende der Wiesen kam, und sagte: Er ließ sich kein Recht über seine Wiese zu fahren einführen, der Fuhrmann solle wieder zurück fahren, oder er wolle ihm ein Pferd ausspannen / also muste der Fuhrmann noch einmahl über die Wiese fahren, wolte er nicht ein Pferd verlieren. Ob nun aber der Wiesen durch einmahl fahren mehr Schaden geschehen, als durch zweymahl / kan ich mit meinen Verstande nicht erreichen? Ich will euch Weibern aber doch noch eins sagen, wie ihr in diesem euern Vorgeben dennoch recht behaltet, daß es gewiß eintreffen wird, wenn man über die Kinder hinschreitet, sie nicht grösser wachsen, nehmlich, wenn die Kinder auf den GOttes-Acker begraben liegen, und ihr gehet über die Gräber, da schreitet ihr über die Kinder hin, und solcher gestalt wachsen diese, über welche ihr so schreitet, nicht grösser. Probatum est.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
Läuse oder Flöh soll man nicht auf dem Tische knicken / man bekömmt sie sonst alle wieder.

Es ist zwar keine Zucht noch Reinlichkeit, wenn manche unflätige Säue die Läuse und Flöh auf dem Tische abschlachten, daß offt der Tisch, darauf das liebe Brodt gehöret, heßlicher aussiehet, als eine Schinder-Grube. Und mag zweiffels frey, nicht ohne erhebliche Ursach, ein reinlich Weib, um dadurch solch unflätig Wesen [83] zu verhüten / ihre Kinder und Gesinde beredet haben, daß, so sie das Ungezieffer auf dem Tisch knicken würden / so bekämen sie solche wieder. Damit ich nun nicht denen unflätigen Läuse und Flöh-Schlächtern das Wort rede, lasse ich billich die Sache ferner unberührt. Wer Vernunfft hat, wird selbst wissen, was hiervon zu halten sey.

Das 47. Capitel
Das 47. Capitel.
Wer im Holtze arbeitet / der wird nicht reich.

Dieses ist ein allgemeines Vorgeben in gantz Teutschland; Wie ferne aber solche Meynung den Stich halte, wäre mit vielen Umständen leicht zu widersprechen, wenn ich nicht der Kürtze mich zu befleißigen entschlossen wäre. Ich will aber nur diese Frage anstellen: Ob denn andere Handwercks-Leute, welche in Stein, Eisen, Thon, und andern Materien arbeiten, von ihrer Arbeit reicher werden, als die so in Holtz arbeiten? Ich meines Orts kan mit Wahrheit sagen, daß ich noch so wenig reiche Mäurer und Schlösser, als Zimmerleute, angetroffen; auch habe ich noch nicht gehöret, daß ein Drechsler gewünschet hätte, daß er möge mit einem Töpffer tauschen können. Ja ich erinnere mich eines Wagners oder Rademachers, welcher mit seinem Nachtbar, einem Goldschmidt / nicht umgesetzet hätte, und wenn dieser jenem gleich etliche hundert Thaler hätte heraus geben wollen. Kurtz zu sagen / [84] es giebt in einer ieglichen Proffesion Arme und Reiche, nachdem die Glücks- und Unglücks-Fälle über einen kommen, oder, nach dem mancher faul oder fleißig, alber oder verständig, sparsam oder verschwenderisch ist. Es giebt zwar freylich unter denen Zimmerleuten, Tischern, und dergleichen, zu weilen versoffene Brüder, aber unter andern Handwercken fehlets leider! auch nicht daran / und ist ein iedes Handwerck aller Ehren werth, so lange es nicht von seinem Meister oder Gesellen selbst geschändet wird. GOtt hat dem Menschen verordnet / daß er im Schweiß seines Angesichts sein Brodt essen / und sich mit Kummer nähren soll. Betrifft nun dieser Ausspruch GOttes einen Wagner, Tischer, Zimmermann, oder andern, der in Holtze arbeiten muß, so kan er mit freudigem Muthe leben und sterben, als mancher ungerechter Richter, Gewissen loser Advocat, betrüglicher Wucherer und Schabehals, oder dergleichen, der gantze Kästen Geld und Reichthum zusammen geschunden hat und endlich zum Teufel fahren muß; denn Armuth lähmet nicht.

Das 48. Capitel
Das 48. Capitel.
Wenn Abends Leute über einem Tische sitzen / so soll niemand unter den Tisch leuchten / es entstehet sonst ein Zanck.

Das Leuchten unter den Tisch an- und für sich selbst hat keine Krafft / einigen Zanck zu verursachen. Das ist aber nichts neues, daß, wo [85] Leute beysammen sitzen, sonderlich, wenn sie in der Karte spielen / Zanck entstehet; Nun trägt sichs gar vielfältig zu / daß bey einer Spiel-Compagnie irgend einem ein Karten-Blat oder auch etwas vom Gelde unter den Tisch fället, da denn gemeiniglich das Licht, so auf dem Tische stehet, genommen wird, und wird damit unter den Tisch geleuchtet. Unterdessen ist ein- und anderer in derCompagnie, der sich der Finsterniß zum Betrug bedienet, und machet Partiererey mit der Karte, oder nimmt einem andern vom Gelde, und so fort, dadurch hernach Zanck entstehet; alsdenn muß das Tisch-Leuchten die Ursach seyn. Ich lasse aber einen vernünfftigen Menschen hiervon unpassioniret urtheilen, ob das Leuchten untern Tisch die rechte eintzige Ursach des Zancks sey?

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Die Pathen sollen dem Kinde ein Löffelgen kauffen /sonst lernet es geiffern.

Ich kenne sehr viel Kinder, welche nicht geiffern, ob ihnen gleich kein Pathe kein Löffelgen gekaufft hat, und kan dieser albere Glaubens-Grund stracks mit der täglichen Erfahrung übern Hauffen geworffen werden. Hingegen habe ich ohnlängst eines Schneiders Kind gesehen, welches den gantzen Tag das Pathen-Geschencke (nehmlich ein klein silbern Löffelgen) im Maule hatte, und doch über alle Maassen sehr geifferte. Wo bleibt nun hier die Probe dieses schönen Glaubens-Artickels?

Das 50. Capitel
[86] Das 50. Capitel.
Wenn eine Wöchnerin einen schwartzen Latz vorlegt / so wird das Kind furchtsam.

Wie will mir doch ein Mensch in der gantzen Welt erweisen, daß dieses wahr sey? Denn ein Sechswochen-Kind kan ja weder Furcht noch noch Tapfferkeit von sich spüren lassen, und wenn es erwächset, und wird furchtsam, so kan ja niemand sagen, ob es vom schwartzen Latz, den die Mutter in Sechs-Wochen vorgehabt hat, oder von etwas anders herkomme, es wolle denn ein solcher Haase, der dieses behaupten wolte, würcklich zu verstehen geben / daß sein Kopff mit albern Haasen-Gehirn ausgefüllet sey. Wenn die Brust-Lätze ihrer Farbe halber solche Würckung bey den Kindern haben, ey / so möchten doch alle adeliche Damen rothe Brust-Lätze in Wochen vorlegen, damit ihre jungen Herren wacker Courage zum Kriege bekämen. Denn so ein schwartzer Latz etwas bey einem Kinde effectuiret, so muß ein anderfarbiger allerdings auch eine Würckung haben. Da nun aber dieses nicht ist, so glaube ich jenes auch nicht.

Das 51. Capitel
Das 51. Capitel.
In Sechs-Wochen soll man ein Kind nicht in Mantel fassen / es wird sonst melancholisch / oder bekömmt stets zu trauern.

Es ist zwar nicht gewöhnlich, daß man die [87] Sechs-Wochen-Kinder in Mantel fasse, weil sie nicht aus der Stuben getragen werden; iedoch aber, wenn es ja geschehen solte, so kan keinesweges dieses Unheil daraus erwachsen, daß ein solches Kind um dieser Ursach willen solte melancholisch werden, oder stets zu trauren bekommen; denn wenn es wahr wäre, so müsten viel 1000 Menschen melancholisch seyn, weil an vielen Orten die Gewohnheit ist / daß die kleinen Kinder von den Weh-Müttern in Mänteln zu der Heiligen Tauffe getragen werden, allwo die Gevatterin nur das Kind wieder aus der Kirche trägt. Und wie lange ist es denn wohl, daß auch die Gevattern Mäntel umgehabt? sonderlich auf denen Dörffern, daß also fast alle Kinder in Sechs-Wochen in Mänteln getragen werden; wenn diese nun alle hätten melancholisch werden sollen, wer hätte denn die Musicanten ernähret? Und so ihr so tolle seyd, und sagen woltet, die meisten hätten stets zu trauren bekommen; so sage ich dargegen, daß derjenige ewig aller seiner Sinnen müste beraubet seyn, der solches glauben wolte. Denn wenn ich mein Kind Tag und Nacht in Sechs-Wochen liesse im Mantel tragen, wie solte doch dieses eine solche starcke Würckung in meines Kindes Freundschafft haben, daß darum eines nach dem andern daraus sterben müste, damit das im Mantel getragene Kind stets zu trauren bekäme? Gleichwie nun dieses kein vernünfftiger Mensch statuiren wird, also ist jener Meynung auch schon zur Gnüge widersprochen, biß mir ein anders dargethan wird.

Das 52. Capitel
[88] Das 52. Capitel.
Wer bey dem Spielen Geld weg leihet / der verspielet.

Das kan wohl seyn. Denn so einer bey dem Spielen Geld weg leihet, so giebt er es gewiß einem andern Spielenden; so nun dieser sein eigen Geld schon verspielet hat, daß er borgen muß, und verspielet das geborgte auch darzu / da gehet es denn schwer zu, daß der, welcher ihm das Geld geliehen hat, wieder bezahlet werden soll. Ist demnach das weggeliehene Geld schon geachtet, als sey es verspielet, und trifft solcher Gestalt ein, daß wer bey dem Spiel Geld weg leihet, der verspielet. Es ist aber nicht zu verstehen, ob hätte er damit das Glück in seinem eigenen Spielen vergeben; wiewohl man auch sagen will, daß es zuweilen unter denen Spielern auch Pursche gäbe, welche mit zauberhafften Spitzbuben-Stückgen umzugehen wüsten, daß sie mit dem geborgten Geld des andern sein Glück an sich ziehen könten, welches ich aber an seinen Ort gestellet seyn lasse. Am besten demnach, wer sich des Spielens enthält, wenn man nicht versichert ist, daß man mit lauter ehrlichen Leuten zu thun habe.

Das 53. Capitel
Das 53. Capitel.
Zum Spielen muß man Geld borgen / so gewinnet man desto eher.

Ein reputirlicher Mensch wird nicht spielen, wenn er kein Geld übrig hat zu verspielen, und [89] wird dahero nichts darzu borgen / sintemahl es vor eine Schande gehalten wird / wenn einer Geld zum spielen borget; es sey denn, daß ein erbarer Mann, der nicht allezeit Geld bey sich trüge, in eine honette Compagnie käme, und Ehren halber eines mit spielen wolte, einen vertrauten Freund um etwas Geld anspräche. Ein solcher aber wird um dieses geborgten Geldes willen nicht einen Heller mehr gewinnen. Wer aber um deswillen Geld borget, daß er dem andern abgewinnen will, der hat lauter Tücke im Sinn, und hat ein liederlich Gemüthe. Denn erstlich ist er ein Abgöttischer, weil er sein Vertrauen auf das geborgte Geld setzet, dahinter doch keine Hülffe noch Glück steckt. Zum andern ist er falsch und diebisch gegen seinen Nächsten, mit dem er spielet, indem er durch solch Mittel suchet seinem Nächsten das Seinige abzugewinnen. Drittens so betrügt er sich selber, indem er sich einbildet, dadurch zu gewinnen / da es doch offt kömmt, daß er verspielet, und wird dadurch des andern, der ihm geliehen hat, sein Schuldner. So er nun wieder bezahlet, so ist sein Verlust ohnedem an sich selbst richtig. Bezahlet er aber nicht, so denckt er zwar freylich, daß er das Geborgte gewonnen habe, wenn aber dieses rechtmäßig gewonnen heißt, so ist aller Diebstahl ein Gewinst. Uber diß alles will ich noch kürtzlich beweisen, daß an diesem Aberglauben nichts seyn könne. Z.E. Es spielen ihrer dreye mit einander, welche alle dreye das Geld geborgt haben, alle dreye können aber unmöglich gewinnen, welcher demnach verspielet von diesen dreyen / der hat so [90] wohl sein Geld geborget, als die andern beyde; wie kömmt es aber, daß bey ihme das geborgte Geld nicht auch seine Würckung, wie bey denen andern, thut? Darum bedenckt es doch, ihr abergläubischen Thoren!

Das 54. Capitel
Das 54. Capitel.
Eine Mutter / die ein stillend Kind hat / soll drey Sonntage nach einander stillschweigend aus der Kirche gehen / und iedesmahl ihrem Kinde ins Maul blasen / so kommen ihme die Zähngen leichte an.

Ich solte eher vermeynen, daß wenn die Mutter dem Kinde s.v. in den Hindersten bließ sie solcher gestalt die noch verborgenen Zähngen aus dem Fleisch ins Maul bließ; da sie aber ins Maul blasen muß, besorge ich, sie bläst vielmehr die Zähne zurück. Aber, nein: wo gedencke ich hin? Die klug-ersonnene Weiber-und Rocken-Philosophie lehret uns ein anders, nehmlich, daß eine Person, die aus der Kirche gehet, eine ausgehende Krafft habe. Eine Kinder-Mutter, die aus der Kirchen gehet, soll nach dieser geheimen Lehr-Art eine ausgehende Krafft haben; Damit sie aber solche ausgehende Krafft nicht verblasenmöge, ehe sie heim kömmt, muß sie stillschweigend mit verschlossenen Munde heim gehen, und so bald sie heim kömmt, solche ausgehende Krafft dem Kinde ins Maul blasen, so kan es nicht fehlen / die Zähngen müssen leichte auskriechen, wenn ihnen solche ausgehende Krafft mitgetheilet wird. Aber höret [91] doch, ihr thörichten Weiber, hat denn der Esel, der aus der Mühle gehet, nicht auch eine ausgehende Krafft? Oder muß es eine aus der Kirchen mitgebrachte Krafft seyn, so wolte ich euch rathen, daß ihr euch eure Kinder liesset nachtragen, wenn ihr aus der Kirchen gienget auf daß, wenn euch irgend die ausgehende Krafft unter Weges sonst wo entführe, weil ihr das Maul so feste zuhalten müsset, die Kinder solche stracks auffangen könten. Denn es kan nicht fehlen, weil das Stillschweigen wider eure Natur läufft, ihr werdet bey solcher ungewohnten Verrichtung eine innerliche Angst empfinden / daß es kein Wunder wäre, die ausgehende Krafft würde durch die Angst wo anders ausgestossen. Drum überlegts ein wenig und laßt euch rathen, sagt mirs auch wieder, ob es hilfft.

Das 55. Capitel
Das 55. Capitel.
In der Christ-Nacht / zwischen 11. und 12. Uhr / ist das Wasser Wein.

Ich muß gestehen, daß ich mein Lebtage curiös gewesen bin, und manches versucht habe, daß ich nur hinter die rechte Wahrheit kommen möchte. Ob ich nun gleich groß Verlangen gehabt, einen Trunck dergleichen Wein zu schmecken / der in einer Christ-Nacht ist aus einem Brunnen oder Fluß geschöpffet worden, so bin ich doch nie so glücklich gewesen, dieses Wunder-Werck nur zu sehen, geschweige denn zu schmecken. Dahero trage ich grossen Zweifel, daß dieses wahr sey. Denn [92] in der Natur ists nicht / daß aus Wasser Wein werde; so wird gegentheils auch aus dem Weine nicht natürlicher Weise Wasser, sondern, wenn sich der Wein ändert, so wird insgemein Eßig drauß; wird aber kein Eßig drauß, so wird er doch zu einer faulschmeckenden Materie, welches niemand vor ein reines Wasser ansehen kan. Wenn denn nun mitten in der Christ-Nacht alles Wasser-Wein wird, wie kömmt es denn / daß man nach Mitter-Nacht nicht noch gantze Teiche / Brunnen und Röhr-Kästen voll Wein, oder wenn der Wein sich ja verändert hat, doch Wein-Eßig findet, sondern man findet nichts an ders, als pures Wasser. Wenn es wahr wäre, daß das Wasser in der Christ-Nacht zu Wein würde, so solte ich mir bald einbilden, es sey die Hochzeit zu Cana in Galiläa gleich am Heil. Weyhnacht-Abend gewesen /dahero es dem Herrn Christo nicht schwer gefallen, das eingefüllete Wasser eben zu der Zeit auftragen zu lassen, da es zu Wein geworden. Aber das würde auch seyn schlimm heraus gekommen, wenn die Gäste zum Theil biß nach Mitter-Nacht hätten gewartet, und hätten hernach an statt des Weins wieder müssen Wasser trincken; weil ich aber noch nie gehöret habe, daß derselbige Wein sey wieder zu Wasser worden, so muß es wohl ein besserer als Gänse-Wein gewesen seyn; unser Wasser aber in der Christ-Nacht wird wohl allezeit Gänse-Wein bleiben / davon die albern abergläubischen Gänse nicht leichtlich einen Rausch bekommen werden.

Das 56. Capitel
[93] Das 56. Capitel.
Wessen Schatten auf den Weyhnacht Heil. Abend /bey eingebrachten Lichte / keinen Kopff hat / der stirbt in selbigen Jahre.

Das glaube ich. Und wer ohne Kopff zu Bette gehet /der ist des Teufels. Aber wo giebts denn dergleichen Krüpel? Vielleicht bey dem wütenden Heer? Natürlicher Weise sind aller Menschen Schatten zu allen Zeiten vollkommen, und ist das Vorgeben, daß eines Menschen Schatten am Weyhnacht Heil. Abend ohne Kopff erscheinen solle, eine offenbare Lüge. Das ist ja wahr, daß man mit zwey Lichtern gar leichte machen kan, daß eines Menschen Schatten ohne Kopff erscheinet, aber das kan man alle Tage thun und darff nicht eben am Weyhnacht-Abend geschehen. Und da es nun eine Sache ist, die sich durchs gantze Jahr zutragen kan, so darff sich keiner die Sorge machen, dessen Schatten am Christ-Abend, durch ohngefähr hierzu beqvem gesetzte zwey Lichter, ohne Kopff erscheinet, ob sey dieses eine gewisse Bedeutung seines Todes. Hingegen rathe ichs auch keinem, dessen Schatten gleich zweyköpffig erscheinen solte, (wie denn dergleichen Schatten eben auch durch zwey Lichter gemacht werden kan,) daß er um deßwillen vor dem Tode auf ein Jahr sicher zu seyn sich einbilden möge.

Das 57. Capitel
[94] Das 57. Capitel.
In denen zwölff Christ-Nächten / nehmlich von Weyhnachten biß Heil. Drey-König Tag / soll man keine Erbsen / Linsen / oder andere Hülsen-Früchte essen / man bekömmt sonst selbiges Jahr die Krätze oder Schwären.

Ihr Gläubigen solcher Fratzen, ich will euch erstlich eine Frage vorlegen, die löset mir auf, oder gebt mir gnügliche Antwort darauf, so will ich euerm Vorgeben auch Glauben zu stellen. Ihr wisset, daß wir nur noch vor 4. biß 5. Jahren den Julianischen oder alten Calender gebraucht haben, ietzt aber haben wir den so genannten verbesserten Calender. Nach diesem Stylo haben wir ietzt 11. Tage eher Weyhnachten, als nach dem alten, und sind dadurch nunmehr mit deren Papisten, was die Zeit anlanget, einig. Da wir den alten Calender noch hatten, fienget ihr am ersten Christ-Tage an, keine Hülsen-Früchte zu essen, zu welcher Zeit die Papisten ihre Zwölff-Nächte bald zu Ende gebracht hatten, und diese / nehmlich die Papisten /fiengen an ihrem ersten Weyhnacht-Feyertage auch an, die Hülsen-Früchte zu meiden / und waren zu der Zeit bald fertig, da ihr erst anhubet, und da ihr anhubt, die Hülsen-Früchte zu meiden, huben jene wie der an / solche zu essen. Nun sagt mir: Hieltet ihr, oder die Papisten die rechte Zeit? Woltet ihr sagen /ihr hättet die rechte Zeit gehalten, so [95] frage ich: Warum haltet ihr denn ietzt die Zeit mit den Papisten? Woltet ihr aber sagen, die neue Zeit sey recht; so saget mir doch auch, warum ihr denn so viel Secula her euch nach der alten Zeit gerichtet habt? Denn es kömmt ietzt auf die Zeit, und nicht auf die Religion an, weil ihr euch doch immer noch zu der reinen Lutherischen Religion bekennet; sonst möchtet ihr sagen, wie die Religion oder Glaube sey, darnach richtete sich auch die Zeit und dero Würckung, aber Krätze ist Krätze, und Schwären sind Schwären /ohne Religion, sie mag an einen Juden / Papisten, Calvinisten oder Lutheraner kommen. Dahero könnet ihr keine Entschuldigung einwenden, ihr seyd aber dennoch in der Thorheit und närrischen Einbildung dermassen noch zum Theil ersoffen, daß ihr (damit ihr ja nicht irren wollet) die alte und neue Zeit zusammen nehmet, und esset also in 23. Tagen keine Hülsen-Früchte. Die aber solches thun, geben nur ihre Thorheit desto mehr an den Tag. Denn alles, was man ohne Grund thut, das ist vergeblich. Uber dieses, so sagt mir / ob niemand keine Schwären oder Krätze bekömmt, als wer in Zwölff-Nächten hat Erbsen gessen? Ich glaube allerdings ja; denn die Erfahrung bezeugts. Was ist denn aber vor ein Unterscheid unter einem solchen, und unter einem, der Erbsen gegessen hat? Ihr müsset gestehen, daß kein Unterscheid sey:Ergò, so könnet ihr mir auch die Gewähre nicht geben / daß diejenige Krätze oder Schwären, so der bekömmt, der Erbsen gegessen hat, eben ihren Ursprung vom Erbsen-Essen haben [96] müsse, weil der, welcher keine gegessen hat, eben auch solchem Unheil unterworffen ist. Ehe ihr mir nun auf meine Fragen gnüglich antwortet, ehe glaube ich auch nicht, daß Erbsen und Linsen in den Zwölff-Nächten schädlicher, als zu anderer Zeit, seyn können.

Das 58. Capitel
Das 58. Capitel.
Wer zu Gevattern stehen soll / und hat sich schon angezogen / zur Kirchen zu gehen / der soll nicht erst s.v. das Wasser abschlagen / sonst thut das Pathgen dergleichen ins Bett.

Wenn ich aber das Gegentheil statuirte, und spräche: Wenn die Pathen nicht erst ihr Wasser abschlagen, ehe sie in die Kirche zur Heil. Tauffe gehen, so thut das Kind dergleichen ins Bette; wie woltet ihr Abergläubischen mir wohl mit Grund widersprechen, und eure Meynung dargegen richtig behaupten und erweisen? Es dürffte versichert so schwer zugehen, daß ihr mir eher würdet gewonnen geben. Es sind alle Kinder in der gantzen Welt / ehe sie ein Jahr erlebet, auch offt wohl länger, mit dergleichen Fehler und Schwachheit behafftet; Was sie nun über Jahr und Tag gewohnet sind, das continuiren sie gemeinig ich so lange, biß sie entweder durch Beschämen, Schelten, oder auch Schläge, davon entwöhnet werden. Zum Exempel, fast alle Kinder pflegen erst auf ein Jahr an der Mutter Brust zu trincken, und nach einem Jahre entwöhnet zu [97] werden, also, daß nach zweyen Jahren ein solch Kind nicht viel nähme, und sich wieder an der Mutter Brust legte. Aber wenn sich eine Mutter vorsetzte, sie wolte ihr Kind unter 4. biß 5. Jahren nicht entwöhnen, ließ es auch würcklich ohne Beschämung oder Schelten so lange trincken, so setz ich meine Ehre zum Pfande, ein solch Kind wird sich noch im fünfften Jahre ohne Schaam an der Mutter Brust machen, und trincken; und hieran ist nicht das Kind schuld, vielweniger etwas anders, sondern die Mutter, die solche Albertät so lange gestattet, und ihr Kind nicht anders gewöhnet hat. Gleicher Gestalt ist es auch mit der biß in das dritte und vierdte Jahr continuirenden und heßlichen Benetzung der Betten beschaffen; es kömmt alleine auf euch Mütter und eure gute Zucht an / keines weges aber auf vorgegebene Verwahrlosung des Pathen. Denn, wenn euer Kind lange das Bette also verunehret, woher wollet ihr denn wissen, daß sein Pathe habe das Wasser abgeschlagen, ehe er zur Kirchen gangen ist, denn ihr habts nicht gesehen. Ich setze aber den Fall, ihr hättet es selbst gesehen, so könnet ihr doch nicht erweisen, daß dieses die Ursach sey, daß euer Kind dergleichen Fehler begehet; sonst würde man unzählich viel dergleichen auf die Bahn bringen können. Zum Exempel, wenn ein Pathe in der Kirchen hustet, und das Kind bekäme einmahl auch den Husten und ihr woltet davor halten daß es durch des Pathen Husten in der Kirche sey verwahrloset worden. Wie nun dieses nicht wahr ist, so ist jenes nicht besser; glaubet mir.

Das 59. Capitel
[98] Das 59. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man des Morgens ausgehet /und begegnet einem ein altes Weib.

Das Alter soll billich geehret werden, so wohl an Manns- als Weibs-Personen, denn diese sind so wohl Menschen, als jene; ein ieglicher Mensch will gern ein ehrlich hohes Alter erreichen, er mag männ- oder weibliches Geschlechts seyn. Das aber ist gewiß, und eine bekannte, aber auch unchristliche Sache, daß fast kein Mensch verächtlicher ist, als ein altes Weib, was aber dessen Ursach sey, kan ich eigentlich nicht wissen; ich glaube aber, daß die schröcklichen Laster, welche von manchen alten Vetteln verübet werden, hierzu Anlaß geben, daher auch das bekannte Sprichwort entstanden: Wo der Teufel nicht hinkommen kan, da schicket er ein alt Weib hin. Unrecht ist es aber, daß die Feindschafft gegen die alten Weiber sogeneral worden ist, und man fast keinen Unterschied machet, unter alten erbaren Christlichen Matronen, und unter alten Ehrvergessenen Gauckel-Huren; denn, was kan eine alte erbare Frau dafür, daß eine andere eine alte Koppel Hure ist? was kan eine ehrliche /christliche und andächtige alte Mutter davor, daß eine andere mit Seegensprechen, Aberglauben und Zaubern sich beschmitzt? dahero billig ein Unterschied zu machen ist, wiewohl man keiner ins Hertz sehen kan, und dahero es mit der bösen Beschuldigung ein gefährlich Werck ist, wo nicht die bösen Thaten [99] offenbahr sind. Das scheinet zwar nicht unwahr zu seyn, daß mehrentheils die alten Weiber unter der Canaille, nicht viel ehrliche Adern in ihren Leibern tragen. Denn, woher kommen wohl mehrentheils die schönen Aberglauben welche ich ietzt widerlege, als eben von solchen alten Wettermacherinnen, und haben sie diesen ietzt vorhabenden Glaubens-Punct zu ihrer eigenen Schande ersonnen. Wie ich denn selbst offt von dergleichen alten Weibern gehöret habe, daß sie ihre eigene Schande nicht haben verschweigen können, sondern, weß das Hertz voll gewesen, davon ist der Mund übergangen; mag ich demnach solchen gottlosen alten Weibern das Wort nicht reden, sondern lasse diesen vorhabenden Punct mit der Condition stehen, daß, soferne man früh ausgienge oder ritte, und begegnete einem eine alte Zauberin, welche durch ihre Hexerey und Vergifftung einem Schaden zuzufügen trachtete, so ists gewiß nicht gut; ist aber das alte Weib ehrlich und Christlich gesinnet, so wird es so wenig, ja viel weniger schaden, als wenn einem eine junge Hure oder ein junger Dieb begegnete.

Das 60. Capitel
Das 60. Capitel.
Wenn eine Hexe einen etwas fraget / soll man nicht mit Ja antworten / sonst kan sie durch ihre Zauberey einem etwas nehmen.

Wenn ich mich und das Meinige in den Schutz des allmächtigen GOttes befehle, so kan [100] mir weder der Teufel noch sein Werckzeug etwas nehmen noch schaden. Gleichwohl aber muß ich selbst geständig seyn / daß, als ich mich in meiner Jugend in Thüringen aufgehalten, ich vielfältig observiret habe, wie nehmlich diejenigen Personen, welche insgemein berüchtiget, oder im Geschrey waren, daß sie zaubern könten, die Gewohnheit hatten, daß sie gemeiniglich einem jeden, mit welchem sie zu reden kamen, erst etliche Fragen vorlegten, daß ihnen dreymahl mit Ja muste geantwortet werden, dahero sich auch ein jeder bestmöglichst vorsahe, daß er nicht ja sagte; wie ich denn auch etliche von diesen Purschen endlich auf den Scheiter-Hauffen bringen und verbrennen sehen. Ohnerachtet aber der Sorge eines Verlusts wegen gegebenen Ja Worts, hatte ich den Gebrauch, daß, wenn mich eine solche Vettel etwas fragte, ich ihr mit einem recht lauten, auch wohl dreyfachen Ja, auf einmahl antwortete, alsdenn liesse sie mich gehen; ich habe aber niemahl spüren können, daß mir eine etwas damit geschadet. Ich mercke auch zuweilen noch ietziger Zeit / daß es dergleichen Teufels-Geschmeiß auch hier zu Lande giebt / die ebenfalls 3. Ja-Worte von Leuten verlangen, und so dergleichen an mich kommen, fertige ich sie ohne Furcht stracks mit 3. lauten und derben Ja-Worten ab, gebe ihnen aber wenig gute Worte darzu. Nun will ich zwar nicht in Abrede seyn, daß der Satan nicht solle seinen lieben Getreuen einbilden, ob könten sie etwas durch solch erhalten Ja-Wort von einem andern ehrlichen Menschen gewinnen. [101] Allein, weil der Teufel mit lauter Lügen umgehet, so kan er dieses auch nicht wahr machen, und bleibt also darbey, daß die Hexen dadurch nichts gewinnen, und dahero ein ieglicher ohne Furcht ihnen antworten mag / wie es die Noth erfodert. Denn der HErr hat befohlen, daß eines Christen Wort soll seyn: Ja, ja, und nein, nein, und wird nicht zugeben, daß derjenige, so solchen Befehl ausrichtet, deswegen den geringsten Schaden leiden solte.

Das 61. Capitel
Das 61. Capitel.
Wenn man Hauß-Wurtzel aufs Hauß pflantzet / so ist es sicher vor Einschlagung des Wetters.

O Du elender und nichts-werther Schutz und Schirm! Es ist in Wahrheit zu bejammern und zu beklagen, daß unter solchen Menschen, die sich Christen nennen lassen, gleichwohl solche Gemüther sind, die denen dummesten Heyden in der Abgötterey nichts nachgeben. Was ist doch Hauß-Wurtzel vor ein elendes Ding, und dennoch erhebt ein abgöttischer, alberer, abergläubischer Narr dieses Gewächs über die Krafft des allgewaltigen GOttes? Ist denn nicht die Gewalt und Allmacht GOttes in- und bey dem Donner- oder Wetter-Strahl? Wie soll denn ein solches elendes Gewächs, welches ein ohnmächtiger Wurm zu nichte machen kan, dem gewaltigen Wetter-Strahl widerstehen können? Es vermag ja weder Stahl noch Eisen, weder [102] Stein noch Holtz etwas wider solche Gewalt: Oder meynet ihr abergläubischen Thoren, es habe etwan mit dem Wetter-Strahl eine Bewandniß, als wie mit einem starcken grimmigen Löwen, welcher, ob er gleich mit den stärcksten eifernen Ketten nicht mag gefesselt werden, sich doch an einen schlechten Strick lässet binden? Ach nein! es muß etwas kräfftigers seyn, das solcher Gewalt widerstehen soll, als ein solch schlecht Erd-Gewächs; dahero die abgöttischen Papisten wohl werth wären, daß man sie anspeyen möchte weil sie so vielen Lapalien grosse Krafft zuschreiben, und zwar insonderheit solchen Dingen / die vom Pabst geweyhet worden, ob wären solche dienlich, daß das Wetter nicht könne in ein Gebäude schlagen; aber zu ihrer eigenen Schande können sie nicht läugnen, daß in des Pabsts Pallast zu Rom selbst das Wetter eingeschlagen habe. Wolte aber iemand einwenden, er hätte gleichwohl sein Lebtage nicht gehöret, daß das Wetter in ein solch Hauß geschlagen hätte, worauf Hauß-Wurtzel gestanden; dem antworte ich: Ich habe auch noch nicht gehöret, daß das Wetter in ein Hauß geschlagen hat, vor welchem ein weisser Ketten-Hund gelegen; es folgt aber darum nicht, daß ein weisser Ketten-Hund die Gewalt des Wetters hindern könne / oder was ich und du nicht wissen, das wisse sonst auch niemand. Ist demnach die Hauß-Wurtzel wider den Wetterschlag gantz nichts nütze, wenn sie gleich auf dem höchsten Forst deines Hauses stehet. Will aber ja iemand etwas wider den Wetterschlag wissen, dem recommendire[103] ich zwey G.G. mit der gewissen Versicherung, daß diese so kräfftig sind, daß, ohnerachtet der starcke gewaltige GOtt mit seinem Donner und Wetter gleichsam den Erdboden beschiesset und stürmet, hingegen der Mensch mit solchen zwey G.G. den Himmel stürmen, und GOTT überwältigen werde, das eine heist Gebet, das andere Glaube.

Das 62. Capitel
Das 62. Capitel.
Wer des Morgens rücklings aus dem Bette steiget /dem gehet selbigen Tages alles verkehrt.

Wenn einem eine Arbeit nicht recht von statten gehen will, pflegt man zu sagen: Ich bin doch heute rücklings aufgestanden. Allein, es stehe einer gleich vor sich oder rückwärts auf, so wird es weder nutzen noch schaden, sondern es kömmt darauf an, wie man sonst seine Sache den Tag über anstellet; klug oder dumm. Es ist zwar unbeqvem, und wider die Gewohnheit, daß man rücklings aus dem Bette steigen soll, und wird demnach gar selten geschehen; damit ich aber dieses Geheimniß der Natur recht erforschen möchte, bin ich einst mit Fleiß rücklings aufgestanden, und habe hernach selbigen Tages ein- und anders zu verrichten vorgenommen, habe aber keinesweges spüren können / daß es in einer Sache nicht recht von statten gegangen sey, wie es gesolt; ist demnach auf diese Glaubens-Lehre auch nichts zu halten, sondern mit dem Rücken anzusehen.

Das 63. Capitel
[104] Das 63. Capitel.
Wenn das Jüdel die kleinen Kinder nicht ruhen lässet / soll man dem Jüdel etwas zu spielen geben.

Wenn ihr abergläubischen Weiber mir erst wüstet zu sagen, was das Jüdel vor ein Ding sey, se wäre es noch wohl eine Sache, die weiteres Nachsinnen gebrauchete; aber so ihr selbst nicht wisset / was es ist, wie könnet ihr ihme denn zu spielen geben? Damit aber ihr Thörinnen eurer Narrheit möchtet überwiesen werden, will ich den gantzen Qvarck beschreiben, was von eurem Narren-Spiel zu halten sey. Es begiebt sich mehrentheils bey denen kleinen Kindern von wenig Wochen, daß sie in währendem Schlaff die Aeuglein halb aufthun / die Aug-Aepffel in die Höhe wenden, als wolten sie nach etwas sehen, fangen an zu lächeln, und schlaffen denn wieder fort, oder heben auch wohl bald an zu weinen. Wenn nun die klugen Weiber solch Lächeln und Augenwenden der Kinder gewahr werden, sagen sie, das Jüdel spielte mit dem Kinde; auf daß nun aber das Kind hinfort hierdurch nicht ferner beunruhiget werde, geben sie folgenden klugen Rath: Es soll ein kleines neues Töpffgen, samt einem Qvirlgen / gekaufft, und so theuer bezahlet werden, als es geboten wird, darein wird von des Kindes Bade gegossen, und also auf den Ofen gestellet, damit soll das Jüdel spielen, und das Wasser heraus fletzschern, biß nichts mehr im Töpffgen sey. Die überklugen Weiber bedencken aber [105] nicht, daß erstlich ein gut Theil vom Wasser in das neue Töpffgen kriche, und das übrige auf dem warmen Ofen bald vertrockne. Wenn sie denn über ein- oder zwey Tage ihr eingegossen Bad nicht mehr finden, ey was wird da für ein Wunder-Werck draus gemacht, und muß es das Jüdel heraus gespielt haben; da sie doch leicht gedencken könten, wie es zugegangen sey, und daß sich auch das Wasser würde verlohren haben, wenn gleich nicht einmahl ein Kind im Hause wäre. Ferner blasen die närrischen Leute Eyer aus den Schäalen in des Kindes Brey / und der Mutter Suppe / und hängen solche hohle Eyer-Schaalen, samt etlichen Karten-Blätern und andern leichten Sachen mehr / an des Kindes Wiege mit Zwirn, daß es fein frey schwebe, wenn alsdenn die Thür aufgemacht wird, oder es gehet und bewegt sich iemand in der Stuben, also, daß diese am Faden schwebende Sachen durch die Lufft sich regen, da sagen die Weiber stracks: Man solle nur Achtung geben, wie das Jüdel mit den Sachen an der Wiegen spiele. Aber, ihr einfältigen Narren! wenn ihr nun gleich noch so viel dem so genannten Jüdel zu spielen gebet, so werdet ihr dennoch dem Kinde keine Hülffe thun, sondern ihr werdet das Kind eben noch, wie vorhin, lachen und mit denen Aeuglein spielen sehen. Sind demnach eure angegebenen Jüdels-Beschwerungen so wohl, als eure Hülffs-Mittel, lauter albere Possen, und ist weder Jüdel noch junges Hebreergen bey eurem Kinde, sondern das Lächeln und Augenwenden rühret her von einem innerlichen [106] Fresel, welchem ihr besser mit Marggrafen- oder rothen Hertz-Pulver abhelffen könnet.

Das 64. Capitel
Das 64. Capitel.
Wenn ein gantz Brodt unaufgeschnitten wieder vom Tische getragen wird / so müssen die Leute hungerig vom Tische gehen.

Wenn die Leute von dem gantzen Brodte essen sollen, und haben keines mehr darbey, und wird gleichwohl gantz wieder hinweg getragen, so kan es freylich nicht fehlen, es müssen die Leute auch wieder hungerig vom Tische gehen, und ist so viel, als wenn ich einen Durstigen ließ in einem Krug mit Bier gucken, gäbe ihm aber nicht daraus zu trincken, so würde er wohl durstig bleiben. Es kan sich aber gleichwohl zutragen, daß man erstlich einen guten particul Suppe, oder eine frische Milch mit Semmel und dergleichen isset, oder man kan den Rantzen voll Kuchen und ander Gebackens gefüllet haben, daß einer ferner keinen Appetit zu essen hat. Wenn denn solcher gestalt ein Brodt noch gantz auf dem Tisch lieget, so kan es ohne Bedencken unaufgeschnitten wieder hinaus getragen werden. Ich wette, es wird gewiß niemand hungerig vom Tische gehen.

Das 65. Capitel
Das 65. Capitel.
Wer Saltz verschüttet / soll es nicht wieder aufraffen /er hat sonst kein Glück.

[107] Wie soll doch das aufgeraffte Saltz eine Hinderniß des Glücks machen? Wer Saltz ins Wasser oder in Koth verschüttet, daß es nicht wieder kan aufgeraffet werden, der hat kein Glück, zumahl wenn des Saltzes viel gewesen, daß dadurch ein mercklicher Verlust entstanden ist. Wenn ihr Weiber aber nun gleichwohl euern Glaubens-Punct vertheidigen wollet, so saget mir doch, was denn derjenige / welcher das verschüttete Saltz nicht wieder aufraffet / vor besser Glück haben werde, als der, welcher es wieder aufgeraffet hat? Ihr werdet mir schwerlich eines vor jenen melden können. Ich aber will euch beweisen, daß der, der das verschüttete Saltz wieder aufraffet, mehr Glück habe, als der es liegen lässet, und zwar so viel, als das Saltz austrägt, das aufgeraffet wird, so viel hat auch dieser mehr Glück, der es wieder aufraffet, vor jenem, der es liegen lässet. Ist also euer Vorgeben wieder ohne Grund.

Das 66. Capitel
Das 66. Capitel.
Wer die Schuhe einwarts tritt / der wird reich / wer sie aber auswarts tritt / wird arm.

Wie geschicht aber dem, der die Schuh gar nicht schlimm, und also weder ein- noch auswärts tritt? Wenn ich wüste, daß dieses gewiß einträffe, ich wolte leicht meine Schuhe auch einwerts treten, und andere würden auch dergleichen thun; wo wolten aber alsdenn die Armen [108] herkommen, wenn wir alle reich würden? Es werden zwar die abergläubischen Leute sagen: Es sey nicht zu verstehen daß man sich zwingen möge, wie man die Schuhe treten wolle, sondern, wie es bey einem ieden die Natur frey und ungezwungen an die Hand gebe, woraus alsdenn geurtheilet würde, ob einer werde arm oder reich werden. Aber, es trete gleich einer die Schuhe aus oder ein, so tritt er schlimm. Wer aber die Schuhe schlimm tritt, sie mögen nun seyn auf welche Seite sie wollen, zu dem hab ich schlechtes Vertrauen, daß er reich werde, weil die schlimm-getretenen Schuhe eine Anzeigung sind eines Schlinck-Schlanck-Schlercksii; iedoch ist hiervon ebenfalls keine unbetrügliche Vermuthung zu machen; auch kenne ich noch diese Stunde Personen, welche ihre Schuhe einwerts treten / bey welchen aber sichs aber noch schlecht zum reich werden anlässet. Dahero halte ich von diesem Articul abermahl nichts.

Das 67. Capitel
Das 67. Capitel.
Wer in der Christ-Nacht ins kalte Bad gehet / der bekömmt selbiges Jahr die Krätze nicht / und so er sie schon hat / so vergehet sie davon.

Das will ich in Wahrheit glauben, ja ich zweifele nicht / andere Beschwerungen mehr sollen hiervon vergehen. Denn ich erinnere mich eines einfältigen Menschens, welcher sich dergleichen Thorheit auch ließ beschwatzen, daß nehmlich [109] vor die Krätze kein besser Mittel sey, als wenn man in der Oster-Nacht ins kalte Bad gienge. Der gute Kerl thät es, und wurde seiner Krätze in drey Tagen qvitt, und in acht Tagen seines siechen Lebens darzu. So kräfftig war das kalte Oster-Bad; Also kan man nun leicht urtheilen, daß das Weyhnacht-Bad viel kräfftiger seyn müsse, denn es ist weit kälter als jenes, und in der Kälte bestehet eben die stärckste Würckung dieses Bades. Wer nun Lust und einen starcken Glauben dazu hat, der mag es gebrauchen, er sage aber nicht / daß ich es ihm gerathen habe. Denn vergönnen kan ich wohl einem ieden, daß er eine Thorheit begehe, aber rathen thu ichs keinem. Wer ein wenig Verstand hat, der kan sich leichte einbilden, daß durch solche Erkältung die Krätze gar leichte vergehet, und in den Leib schlägt, was aber hieraus sonst vor Unglück und tödtliche Fälle sich ereignen können, ist unvonnöthen einem vernünfftigen Menschen zu lehren, weil es bekannt gnug ist. Ein gantz Unvernünfftiger aber kehret sich nicht daran, man mag ihm vorpredigen, wie man will, denn ein Narr bleibt ein Narr, wenn er gleich in Mörsel gestossen würde, wie Grütze.

Das 68. Capitel
Das 68. Capitel.
Wer die gelbe Sucht hat / der soll einen Schmier-Kübel von eines Fuhrmannes Wagen stehlen lassen / und hinein sehen / so vergehet ihm die gelbe Sucht.

[110] Dieses scheinet zwar ein Mittel zu seyn, welches mit unter die Sympathetischen Curen gehöret, und würde ich bey nahe zu bereden seyn gewesen, solchem auch einiger massen Glauben zuzustellen, woferne dieses die Sache nicht gar zu verdächtig machete, daß nehmlich der Schmier-Kübel solle oder müsse gestohlen werden. Welches ein offenbares Zeugniß giebt, daß dieses Mittel von bösen abergläubischen Leuten erdacht worden seyn müsse; und ob gleich gegentheils wieder eingewendet werden wolte, man behielte den Schmier-Kübel deßwegen nicht, sondern brächte solchen nach dem Gebrauch dem Fuhrmann wieder, so hält doch diese Entschuldigung keinen Stich, denn es kan hernach der Fuhrmann über alle Berge fort seyn, wer bringt ihm alsdenn den gestohlenen Schmier-Eymer nach? Und weil nun dieses ein würcklicher Diebstahl ist, so ist solch Mittel vor das erste gantz nicht zu billigen. Zum andern ist es auch an und für sich selbst ohne einige Krafft und Würckung, denn es wird sein Lebtag kein Mensch iemahls ein Exempel anzugeben wissen, daß hierdurch iemahls ein Gelbsüchtiger sey curiret worden. Worzu dienen denn aber solche närrische Mittel? Ich will meine Meynung, die ich hierüber habe, kürtzlich melden, sie dienen nicht zur Gesundheit des Patienten, sondern dem Teufel eine Kurtzweile anzurichten. Wer ein rechter Christ ist, der bedenck dieses, ob es nicht wahr sey?

Das 69. Capitel
[111] Das 69. Capitel.
Ein Hund / der in der Christ-Nacht heulet / der wird selbiges Jahr thöricht.

Was haben doch die Hunde mit der Christ-Nacht, oder diese mit denen Hunden zu schaffen, daß diese Nacht eine Würckung in solchen Bestien haben solte? Denn diese heil. Zeit gehet die Hunde gantz nichts an / und gesetzt / es habe iemand wahrgenommen, daß ein Hund in der Christ-Nacht geheulet habe, welcher hernach thöricht worden sey, so ists deßwegen noch lange keine ohnfehlbare Folge, daß er darum sey thöricht worden, weil er in der Christ-Nacht geheulet hat, oder daß er mit solchen Heulen seine künfftige Tollheit gleichsam habe verkündigen wollen. Ja wenn es auch gleich bey denen Hunden natürlicher Weise pflegte zu gescehen, daß sie eine Zeit zuvor heuleten, ehe sie thöricht würden / so würde es eben nicht die Christ-Nacht seyn dörffen, sintemahl ohne dem auf solche Zeit gantz im geringsten nicht zu bauen ist / ja wir können selbst nicht recht sagen, ob dieser Tag, den wir als den Christ-Tag feyern, ohnstreitig der rechte sey. Denn wenn wir der Sache so gantz gewiß gewesen wären, warum haben wir denn so viele Secula her 10. biß 11. Tage mit dem ietzt angenommenen neuen Calender wissendlich differiret, und haben nunmehr auf einmahl mit allen Tagen durchs gantze Jahre eine solche merckliche Aenderung treffen können? Dahero hiermit klar erwiesen wird, daß ratione solcher Aberglauben [112] und Gauckel Possen auf keinen eintzigen solcher heiligen Fest-Tage zu bauen sey. Ich setze aber den Fall, daß die Zeiten sich niemahl verändert hätten, so ist doch noch lange nicht ausgemacht, daß die Hunde, welche in der Christ-Nacht heulen, dieses Jahr thöricht würden. Denn gleich wie nicht folget, der und der Hund hat in der Neu-Jahrs Nacht gebellet, und ist im selbigen Jahre vom Hunde Schläger erschlagen worden, daß darum alle die Hunde, welche in der Neu Jahrs-Nacht bellen, ohnfehlbar vom Schinder erschlagen würden: Also kan von dem Heulen in der Christ-Nacht auch nicht geschlossen werden, daß ohnfehlbar ein solcher Hund das Jahr werde thöricht werden. Das ist zwar wahr, daß durch hefftigen Frost und Kälte die Hunde taub und thöricht werden, aber dieses geschiehet zu einer andern kalten Zeit so wohl, als in der Christ-Nacht. Denn wenn einen Hund sehr frieret, so heulet er gemeiniglich, und wenn er den Kopff zu sehr erfröret hat, folget hernach die Taubheit, und weil um die Weyhnacht Zeit gemeiniglich die Kälte hefftig ist, so ist kein Zweifel, daß in der Christ-Nacht ehemahls einige Hunde in das Ubel gerathen sind; daran ist aber nicht die heilige Zeit, sondern die zu solcher Zeit eingefallene hefftige Kälte schuld. Womit also zur Gnüge erwiesen seyn wird, daß auf diesen Punct nichts zu bauen ist.

Das 70. Capitel
[113] Das 70. Capitel.
Wer einer Katzen Schaden thut / oder dieselbe gar umbringet / dem stehet ein groß Unglück vor.

Ich möchte gern die Ursach wissen, warum doch die falschen Katzen einen Vorzug vor andern Thieren haben solten, daß man sie nicht umbringen dürffte. Das ist zwar bekannt, daß in vieler bewährter Autorum Schrifften und Historien, wie auch in denen, in Aemtern und Gerichten hin und wieder befindlichenInquisitions- und Hexen-Acten, zu finden ist, wie der Teufel offt sein Spiel durch Katzen verrichtet, und wie sich die Hexen in Katzen verwandelt haben sollen; welches ich dahin gestellet seyn lasse, wiewohl mir es nicht recht gläublich fürkömmt. Jedoch erinnere ich mich noch sehr wohl, wie ich vor ohngefehr 28. Jahren einen Bauer in Thüringen gekennet habe / der, meines Behalts, der Schwedische Hiob genennet wurde, dieser hat mir, und andern Leuten mehr, offt ohne Scheu erzehlet, daß er hätte seine Stieff-Mutter in Gestalt einer Katzen in seinem Hofe erschossen. Die Umstände / so er dabey meldete, erachte ich zu weitläufftig hier anzuführen; das Dorff aber, wo es geschehen, liegt zwischen Arnstadt und Ilmenau. Wenn nun einer an solche schöne saubere Katzen kömmt, und dieselbe beleidiget, da will ich zwar eben nicht in Abrede seyn, daß durch des Teufels List und Gewalt man nicht zuweilen ein Unglück davon tragen könne, zumahl wer sich nicht unter den [114] Schutz GOttes empfohlen hätte. Was aber die natürlichen Katzen anlanget, hat es sicherlich nichts zu sagen, ob man gleich mit selbigen nach aller Nothdurfft verfähret, und getraue ich ohne Sorge alle Katzen, die mir Schaden zufügen, (wenn sie sonst auf keine Weise hinweg zubringen wären) nicht alleine zu schlagen, sondern auch gar zu tödten. Ich bin zwar kein Feind der Katzen, iedoch auch derer Patron nicht, und kan ich nicht in Abrede seyn, daß ich mein Lebtage mancher den Schwantz abgehauen, und viele getödtet habe; und ob ich mich zwar eben keines grossen Glücks rühmen kan, sondern bekennen muß, daß mein gehabtes Glück von den Gegentheils zugestossenen Unglücks-Fällen weit überwogen worden; so weiß ich doch dieses gewiß, daß ich um der ermordeten Katzen willen kein Unglück gehabt habe. Denn die Katzen haben bey GOtt keinen Stein mehr als andere Thiere im Brete, derer doch täglich viel tausend durch Menschen-Hände umkommen, daß GOtt um der Katzen willen / (in welcher Gestalt sich der Teufel und seine Getreuen so gern verstellen sollen) einem ehrlichen Menschen soll Unglück schicken.

Das 71. Capitel
Das 71. Capitel.
Wenn sich die Katzen in einem Hause beissen / wo iemand kranck liegt / so stirbt der Patiente bald.

Daß dieses Vorgehen wider die Wahrheit streite, braucht wenig Beweiß; wiewohl einige Gelehrte die Ursach erzehlen wollen, warum [115] sich die Katzen gern in denen Wohnungen der Sterbenden einfänden. Aber ob ich gleich dieses nicht widerspreche, so ist dennoch gantz keine Folge zu machen, daß ein Patiente bald sterben werde, wenn sich die Katzen vor seinen Gemach beissen. Denn es beissen sich die Katzen ja an viel tausend Orten, wo keine Patienten sind, warum solten sie denn bey eines Patienten Gemach eine andere Bedeutung mit ihrem Geschrey und Beissen machen, als wenn es wo anders geschicht? Wenn ein zaghaffter Patiente diese Thorheit glauben wolte, und bissen sich vor seinem Zimmer die Katzen, ich frage einen ieden / wie solte einem solchen Patienten zu Muthe seyn? Ich glaube, daß dieses eine so hefftige Alteration und Gemüths-Kränckung bey ihm erwecken würde, daß er gar leichte des Todes drüber seyn könne, und dieses nicht um seiner an sich habenden Kranckheit / vielweniger um der Katzen Geschrey willen, sondern schlechterdings würde die närrische abergläubische Einbildung ihme eine Beförderung des Todes seyn. Dahero man sich vor solchen Narren-Possen wohl Ursach zu hüten hat.

Das 72. Capitel
Das 72. Capitel.
Wenn ein Weib Butter rühren will / soll sie ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß stecken / so geräth die Butter bald.

Was vor albere Gauckel-Possen unter denen Bauers-Weibern / bey dem Butter- und [116] Käse machen, Küh melcken und dergleichen, vorgenommen werden, wird einer nicht wohl auf eine Küh-Haut schreiben können. Unter diesen ist auch eines, daß sie zu der Zeit, wenn sie Butter rühren, ein dreycreutziges Messer an das Butter-Faß stecken. Da ich nun einsmahls ein Bauer-Weib um die Ursach dessen fragte, wurde ich berichtet: Es wäre der Gebrauch so, sie wüste es selbst nicht, was es zu bedeuten hätte. Andere aber haben mir gesagt, es geriethe die Butter eher, als sonst, wenn man ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß steckte. Weil denn nun die Weiber selbst nicht die rechte Ursach zu sagen wissen, so möchten sie es lieber unterwegens lassen; denn es thut doch ein verständiger Mensch nicht gern etwas, da er nicht weiß, warum es geschicht. So es aber ja soll darzu dienen, daß die Butter desto eher gerathe, so müssen die Weiber erst ausmachen, ob die Krafft von den drey Creutzen, oder vom Messer komme? Wollen sie sagen, die Krafft komme von den drey Creutzen, so antworte ich ihnen mit dieser Frage: Warum denn diese drey Creutze eben auf einem Messer seyn müssen / und nicht so wohl auf einem Löffel oder gar auf dem Futter-Faß? Sagen sie aber / das Messer habe die Krafft, (und zwar vielleicht unter der albern Meynung, weil man mit einem Messer eine Sache zertheilen könne, so zertheile sich hier auch Butter und Molcken, oder Butter Milch, um des am Fasse steckenden Messers willen) so frage ich sie hinwiederum: Warum es denn eben ein drey-creutziges Messer seyn müsse? [117] Ich habe zwar zu weilen auch wohl gesehen, daß sie ein gemein Messer ohne Creutze am Butter-Faß stecken gehabt, welches eben auch dergleichen Würckung haben solte; ich kan aber hieraus nur so viel schliessen, daß der Weiber Meynung solcher gestalt ein sehr schwach fundament haben müsse, und sind in ihren Glaubens-Puncten so ungewiß, daß sie ohne Sorge eine Kuhe und eine Ofen-Gabel vor ein Ding achten, weil iedes zwey Hörner forn naus hat. Wer Butter machen will, und hat guten Raam, und stösset fleißig zu, der bekömmt bald Butter, ohne ein drey-creutzig Messer; wer aber nicht fleißig stösset, der mag 10. drey-creutzige Messer um das Butter-Faß stecken, so wird davon keine Butter werden. Oder wenn iemand ein Stück Zucker zum Possen in Raam geworffen hätte, so würde so bald auch keine Butter zu hoffen seyn.

Das 73. Capitel
Das 73. Capitel.
Wenn an denen Thielen in einer Wohn-Stube sich Splitter ablösen / so bedeuten solche fremde Gäste.

Wenn manche Magd oder Weib einen Splitter in der Stuben siehet von denen Thielen abgehen, nimmt sie solchen alsobald, und legt ihn aufrecht auf einen Stuhl, vorgebend, daß es ein Ehren-werther Gast sey. Nun will ich mir zwar den Kopff nicht drüber zu brechen, um nach zu grübeln / woher doch solche närrische Meynung ihren Ursprung haben möge, sintemahl zur Gnüge [118] bekannt ist, daß einem nicht leicht so närrisch träumen kan, als der Weiber ihre thörichten Aberglauben mehrentheils heraus kommen. Jedoch vermeyne ich, daß ich nicht weit vom Ziel treffen werde, wenn ich glaube, daß dieser Punct daher entstanden sey, nehmlich: Es ist die Gewohnheit, daß wenn man Kirchmeß, Hochzeiten, Kind-Tauffen und andere Gast-Gebote auszurichten willens ist, so lässet man vorhero die Gemächer und Stuben scheuren. Durch dieses Scheuren aber werden gemeiniglich Splitter loß geweichet, und mit dem Sande abgekratzt. Wenn alsdenn des folgenden Tages ausgekehret wird, so mag der Besen mit denen Zweigen ein wenig unter eine Spitze eines Splitters kommen / so wird er damit folgend gar ab- und aufgerissen. Dieses geschiehet also zu der Zeit, wenn ohne dem Gäste vermuthet worden, und ist das Kehren und Scheuern schon an sich selbst eine Bedeutung der Gäste, iedoch nicht alle mahl. Die Weiber aber haben dennoch einen ohnfehlbaren Schluß machen wollen, daß die in der Stuben abgerissenen Splitter Gäste bedeuten. Wer es glauben will, der mag es thun, deßwegen beschweret er sein Gewissen nicht; ich glaubs aber nicht.

Das 74. Capitel
Das 74. Capitel.
Wenn sich die Katze putzet / kömmt ein Gast.

Das lasse mir einer eine subtile Erfindung seyn, dadurch die Katze zu einen Propheten [119] gemacht werden kan. Aber was wundere ich mich über die Katze? Im vorigen Capitel sahen wir einen leblosen Span oder Splitter; und davon ich gemeldet habe, wie daß die Weiber gemeiniglich die Stube scheuern und aufputzen, wenn sie Gäste vermuthen, dahero sich auch die Splitter von denen Thielen ablösen, und hernach desto mehr Anzeigung des bald kommenden Gasts geben sollen; also machen es die klugen Katzen auch, und putzen sich vorher, wenn ein Gast kommen soll. Schicken sich demnach solche kluge Thiere gar wohl zu denen klugen Weibern / welche aus übermäßiger Klugheit hinter die kleinen Töpffe hofiren, daß die grossen nicht umfallen. Die klugen Weiber observiren auch nicht nur alleine an der Katzen Putzen schlechterdings einen Gast, sondern auch, was es vor einer seyn werde; denn wenn sich die Katze mit der Pfote biß über die Ohren streichet, so sagen sie: Die Katze putzt sich biß über die Ohren, es kömmt ein Gast mit Stieffeln und Sporen. Ja, reime dich, oder ich freß dich! Daß ich euch poetische Damens aber nicht irre mache, so will ich euch zu Liebe noch ein paar solche Reinigen mittheilen, die eben auch so klingen, und euch allen noch nie bekannt sind, nehmlich, wenn die Katze sich unter dem Schwantze leckt, so beist es: Die Katze leckt sich unterm Zahl, es kömmt ein Gast, ist nackt und kahl. Die Katze putzet sich unter den Füssen, der Gast der kommt, ist sehr zerrissen. Item: Wenn die Katze eine Positur macht, wie ein Dudel-Sack, so beist es: Die Katze machet eine Sackpfeiffen, der Gast [120] wird unsre Jungfer begreiffen. (NB. das wird wohl ein Freyer seyn.) Verlast euch nur drauf, denn weil sichs reimet, so muß es auch eintreffen; und wenn ein aus dem Felde kommender nacketer und zerrissener Reuter, der Stiefeln und Sporen trägt, zu euch einqvartieret wird, der sich mit eurer Tochter in heimliche Bekanntschafft einlässet, so habt ihr einen Gast, an welchem alle vorgemeldte Qvalitäten zugleich zu finden sind. Dahero möget ihr von euern prophetischen Katzen halten, was ihr wollet, ich halte es nicht mit euch. Wenn sich aber die Katzen über die Ohren putzen, rühret solches, meines Erachtens, daher, wenn sie vorher mit dem Kopffe in einem Suppen Brey-oder mit Speise gefülleten Topffe gesteckt, u. sich damit besudelt haben, so setzen sie sich hernach in die Stube, und putzen sich wieder ab mit ihren geleckten Pfoten, biß sie fühlen, daß ihnen nichts mehr in denen Haaren auf dem Kopffe klebt. Wisset ihr aber eure Meynung besser zu behaupten, so thuts.

Das 75. Capitel
Das 75. Capitel.
Wenn die Elstern im Hofe oder auf dem Hause schreyen / so kommen Gäste.

Dieser Glaubens-Artickel ist denen vorigen gleich zu achten / dahers nicht nöthig seyn wird, viel Widerlegens zu machen, nur daß ich erstlich dieses zu bedencken vorstelle, daß, wenn man Gäste bekommen soll, so lässet man gemeiniglich vorhero etwas schlachten; wo aber geschlachtet [121] wird / finden sich insgemein auch die Elstern ein, und tragen die Knöchelgen davon. Es ist aber darum nicht auf das Geschrey solcher Vögel zu halten, als ob dieses die Botschafft der bald kommenden Gäste wäre; sondern ich rathe vielmehr zu bedencken, daß im 5. Buch Mosis am 18. Cap. v. 10. GOtt seinem Volcke verboten habe, daß es nicht möchte unter sich finden lassen solche Leute, die auf Vögel-Geschrey achteten. Was aber für schöne Pursche mehr mit in solche Classe gesetzt werden, und wie solche bey GOtt angesehen sind, mag ein jeder selbst am bemeldtem Orte nachsuchen, ich gebe keinen Collegen ab.

Das 76. Capitel
Das 76. Capitel.
Wem ein Floh auf die Hand hüpfst / erfähret etwas neues.

Ich glaube, daß nicht alle Flöhe ohne Unterscheid die Art haben werden, daß sie etwas neues bedeuten solten, wenn sie sich einem auf die Hand setzten, sondern es mögen nur solche seyn / welche von denen klatschichten Weibern ausgeheckt worden sind. Denn wenn ein solcher Floh sich iemanden auf die Hand setzt, so ist gewiß die Hecke-Mutter, von der er kommen, nicht weit. Und weil eine solche Mährlein-Trägerin Profession davon macht, daß sie die neuen Zeitungen von einem Orte zum andern in der Stadt herum träget, so erfähret man solchergestalt gar bald etwas neues. Und kommt mir ein solcher Floh nicht anders für, als wie manchem sein Hund / da [122] man zu sagen pflegt: Ha ha! da ist der Hund / der Herr wird auch bald kommen; also auch hier: Ha ha! da sitzt mir ein Floh auf der Hand, die Mährlein-Krämerin, von der er entsprungen ist, wird auch nicht weit seyn, und werde ich etwas neues erfahren. Ihr Weiber, sagt mir / ob ich geirret habe, ich will mich lassen weisen.

Das 77. Capitel
Das 77. Capitel.
Wenn ein Kind das Aelterlein hat / soll man es lassen in Backofen schieben.

Wie offt die armen unschuldigen Kinder derer alten Zauber-Huren ihre Probir-Steine seyn müssen, wenn sie, durch des Teufels Eingeben, erlernete Künste versuchen wollen, ist nicht genug zu beschreiben. Wenn manch armes schwach- und krafftloses Kind lange satt unter den Foltern der Nase-weisen Vetteln, mit Räuchern, Seegensprechen, Baden und dergleichen ist gemartert worden / unter dem Vorwand, ob sey es beschryen, und will doch gleich wohl nicht besser werden; alsdenn studiret des Teufels Gelichter auf etwas anders, welches aber eben auf vorige Mode kömmt, nehmlich, sie sagen alsdenn: Das Kind sey nicht beschryen / sondern es habe das Aelterlein. Was aber dieses vor ein Wunder-Thier sey, das wissen sie so wenig, als wenn sie sagen sollen, was das Jüdel sey, und vermeynen die Sache gar wohl beantwortet zu haben, wenn sie sagen: Es heist das Aelterle; die Kinder aber / welchen das so genannte Aelterlein angedichtet wird, [123] sind solche, die vom Fleisch und allen Kräfften gekommen, und einem Todten-Gerippe ähnlicher sehen, als einem lebendigen Menschen. Und ob sie gleich viel essen und trincken, so gedeyet ihnen solches doch nicht zur Nahrung, sondern weil in dem Magen eine hefftige Säure und Schärffe ist, welche stets einen Wolffs-Hunger erreget, und die eingenommene Speise stracks in eine schädliche materie verwandelt, daß hernach nichts anders davon ins Geblüt gehet, als eine scharffe verzehrende Feuchtigkeit, so verdorren alsdenn solche arme Kinder, und schrumpelt ihnen die Haut endlich zusammen, als wie bey sehr alten Leuten. Ob nun zwar wohl solchen armen kleinen Patienten / nach und nach, durch dienliche Artzney-Mittel könte wieder geholffen werden, so wird doch leider! mehrentheils solche nöthige Hülffe unterbrochen, wenn sich nehmlich allerhand nichts-werthe alte Zauber-Huren aufwerffen, und ihre verfluchte Hülffe anbieten / da sie doch nicht sagen können, woher solche Beschwerung komme. Auf daß sie aber gleichwohl nicht möchten vor unerfahren geachtet werden, geben sie der Kranckheit närrische und nachdenckliche Nahmen, und bedienen sich auch eben dergleichen toller Hülffs-Mittel, die aber eher verdienten Hencker-Foltern, als Hülffs-Mittel genennet zu werden. Denn erst sagen sie, das Kind hätte die Mitesser; wenn aber die darwider gebrauchte Mittel nicht anschlagen / so geben sie für, es sey beschryen und martern es auf eine andere Art mit Baden und Räuchern; will es noch nichts helffen [124] muß es das Aelterlein heissen, und nehmen diesen Nahmen und Benennung her von der Gestalt der kleinen Patienten, weil sie wie alte Leute aussehn; die Weiber wollen es aber recht klug geben, weil es gantz junge Kinder sind, und die Kranckheit nicht das Alter nennen, sondern richten sich nach dem Patienten, und gebrauchen das Wort in Diminutivo, und sagen, es hiesse das Aelterle. An statt aber eines heilsamen ordentlichen Hülffs-Mittels haben sie ein verzweifeltes Mord-Mittel ersonnen, nehmlich: Sie binden die Arme dem ohnedem schmachtenden Kinde auf eine Kuchen-Scheibe / und schieben solche, nach ausgenommenen Brodte, etliche mahl in einen Back-Ofen, daß es nicht Wunder wäre /das Kind erstickte in der Hitze, oder bekäme die schwere Noth, hierzu murmeln sie sachte etwas, welches ich aber nicht erfahren kan, was es für Worte seyn mögen; zweifelsfrey aber wird es wider das andere Gebot lauffen. Und also wolle ein Mensch erwegen, ob Eltern mit guten Gewissen ihre krancken Kinder solchen Hencker-mäßigen Teufels-Vetteln in ihre Cur geben können?

Das 78. Capitel
Das 78. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man die Spinnen umbringet.

Manch Weib oder abergläubische Magd nähme nicht viel, und brächte eine Spinne um; und habe ich offt gesehen, daß die Spinnen ihnen sind über die Hände gelauffen, ja sie haben ihnen [125] gar über die Nase gesponnen, und dennoch haben sie die lieben Spinnen ohne Schaden passiren lassen, auch noch überdiß vor sie gebeten, wenn iemand anders sie umbringen wollen, und gesagt / sie brächten Glück. So gar sehr sind die abergläubische Närrinnen in solchen thörichten Possen ersoffen. Ich will ihnen aber sagen, woher die albere Meynung entsprungen sey: Es ist nicht gut, wenn man die Spinnen umbringet, das ist wahr, und GOtt selbst lässet es nicht ungestraftt, denn wer Menschen-Blut vergeust, des Blut soll wieder vergossen werden; die Spinnen aber, (nehmlich diejenigen, die Wolle oder Flachs spinnen,) sind Menschen; wer demnach die Spinnen umbringen wolte, der würde der Obrigkeitlichen Rache nicht entgehen. Und solcher gestalt ist es freylich nicht gut, wenn man die Spinnen umbringet; aber die Spinnen, welche als ein Ungeziefer die Logiamenter mit ihren Geweben verunzieren, mag man ohne einig Bedencken umbringen. Wiewohl ich auch einige gelehrte Männer kenne, welche solch Ungeziefer hegen, und keine Spinnewebe in ihren Studir-Stuben oder an deren Fenstern abkehren lassen /vorgebend, daß sich die einwollende Fliegen, welche ihnen die Bücher besudelten, in solchen Geweben fingen; aber ich halte es um deßwillen nicht mit ihnen, denn es siehet beydes nicht gar fein aus, und können die Bücher wohl auf andere Art vor denen Fliegen verwahret werden.

Das 79. Capitel
[126] Das 79. Capitel.
Die neugebohrnen Kinder soll man die ersten 3. Sonntage fein anputzen / so stehen ihnen ins künfftige die Kleider schön.

Dieses ist eine solche albere abgeschmackte Thorheit, daß man sich schämen solte / solche unter Christen verspüret zu haben. Vor ohngefehr einem Jahre kam ich in eine Stube, allwo eine Wöchnerin lag, und in der neben dem Wochen-Bette stehenden Wiege lag ein auf vorbeschriebene Art geschleyertes Aeffgen, und hatte eine dermassen grosse Fontange auf dem Köpffgen, daß das gantze Kind hätte können damit bedeckt werden; über welche Gestalt ich mich des Lachens nicht enthalten kunte, und fragte: Wo denn das Bild aus der Offenbahrung Johannis, 12. Cap. sey in die Wiege kommen? dieses wolte die Wöchnerin verschnuppen, und sagte: Es sey noch um einen Tag zu thun / so müsten doch die Leute aufhören zu reden. Als ich aber der Wöchnerin ihre Schwester nach der Bedeutung dieser Rede fragte, (denn ich verstund es nicht) bekam ich zur Antwort: Weil über acht Tage der dritte Sonntag wäre, an welchen sie das Kind anputzten, damit ihm ins künfftige die Kleider fein stehen möchten, so meynete ihre Schwester, die Wöchnerin / den dritten oder letzten Tag, alsdenn würde das Kind nicht wieder also angeputzt. Hieraus kan ich schliessen, daß manche Eltern mehr besorgt sind, wie ihre Kinder in Hoffart fein möchten aufwachsen / als in guten Christlichen Tugenden [127] erzogen werden. Wiewohl die närrische Ceremonien keinesweges den geringsten effect haben können, einen Menschen geschickt und wohl gewachsen zu machen / daß ihm ins künfftige die Kleider solten wohl anstehen. Wohlgewachsenen Leuten stehen wohlgemachte Kleider allzeit fein an; hingegen mache man ein Kleid so geschickt als man will, und ziehe es einem Krüpel an, ob es ihm werde wohl anstehen, wenn er auch gleich die ersten 3. Sonntage in einem güldenen Stück gelegen hätte. Oder soll vielleicht das drey Sonntägige Anputzen die Kinder behüten, daß sie ins künfftige keinen Schaden nehmen können, wodurch sonst einer lahm oder ein Krüpel wird, das wäre gewiß noch mehr eine straffbare Meynung und Abgötterey; ist demnach eine offenbare Thorheit, daß man mit denen kleinen unschuldigen Kindern solche unchristliche Dinge fürnimmt, welches GOtt gewiß an denen Eltern, wo nicht an solchen Kindern, die in der Eltern Fußstapffen treten, ernstlich straffen wird.

Das 80. Capitel
Das 80. Capitel.
Die Weiber sollen am Lichtmeß Tage beym Sonnenschein tantzen / so geräth ihnen dasselbe Jahr der Flachs wohl.

Wenn am Lichtmeß oder Mariä Reinigungs-Tage die Sonne scheinet, kratzen sich die Schäfer hinter den Ohren, und sagen, sie wolten lieber den Wolff in ihren Höfen sehen, als die Sonne. Hingegen wollen die Weiber Sonnenschein [128] zu ihrem Tantze haben, auf daß ihnen der Flachs gerathen möge. Wie wirds denn nun der liebe GOtt einem ieden Narren können recht machen, daß keines das Maul henget? Wenn ich aber erwege / wie ferne es vom Lichtmeß biß zu der Zeit ist / da die Weiber Lein säen / so finde ich, daß der Weiber ihre Thorheit der Schäfer ihre alte Bauern-Physicam an Unverstande weit überlegen ist. Denn was der Schäfer ihre Meynung anlanget, kan solche zwar einiger massen mit natürlichen Ursachen beschöniget werden / wiewohl solche Possen ietziger Zeit gar keine Probe mehr halten wollen. Was aber der Weiber Tantz anlanget, läufft es schnurstracks wider die gesunde Vernunfft. Denn wenn die Würckung vom Sonnenschein kömmt, so brauchen sie ihn nicht zum Tantzen, kömmts aber von Tantzen, so ist der Sonnenschein nicht nöthig; wollen sie aber einwenden: Das Tantzen geschehe vor Freuden, wenn sie sehen, daß die Sonne schiene / weil ihnen damit angezeiget würde, daß der Flachs werde wohl gerathen, so frage ich sie: Warum sie denn sprächen, so einer der Flachs nicht geräth: Sie hätte gewiß nicht getantzt? Mit welcher Rede ja so viel zu erkennen gegeben wird, daß sie dem Tantzen die Krafft zuschreiben. Es sey aber wie es wolle, so erweise ich ihnen, daß an ihren Vorgeben nichts ist, wenn ich ihnen vorstelle, daß einer der Flachs geräth, und einer andern verdirbt / da doch die Sonne beyden geschienen hat. Zu dem so wird der Lein erst im Sommer, und also länger als ein viertel Jahr nach [129] Lichtmeß gesäet, daß solcher gestalt von Lichtmeß biß dahin kein Prognosticon kan gestellet werden. Tantzt demnach so lange ihr wollet, ihr werdet nichts ertantzen.

Das 81. Capitel
Das 81. Capitel.
Wer das Fieber hat / der soll einem Esel ins Ohre sagen / es hätte ihn ein Scorpion gestochen / so vergehet das Fieber von Stund an.

In keiner Profession in der gantzen Welt wird mehr gepfuscht als in die Medicin; nach der gemeinen Sage aber heists: Viel Pfuscher verderben das Handwerck. Ist wohl und wahr geredt; denn wo die Pfuscher sind, können die Meister das Handwerck nicht recht treiben, weil ihnen von jenen alle Nahrung entzogen wird. Wäre dahero kein Wunder, daß ein rechtschaffener Medicus auch verdrüßlich würde, und seine erlernte Wissenschafft und Gründe, die er mit Fleiß inmedicinischen Dingen geleget hat, nachläßig tractirete, weil es auch so gar weit mit der Stümpeley in der Medicin gekommen ist / daß sich ein Doctor muß lassen einen Esel Eintrag thun. Aber, gleichwie der weise Hauß-Lehrer sagt: Wer einen Hümpler dinget, dem wird sein Werck verderbet; Also ist leichte zu erachten, wie wohl eine solche Esels-Cur werde ablauffen. Nachdencklich kömmt mirs vor, daß der Patiente sagen muß / es hätte ihn ein Scorpion gestochen, da er doch das Fieber hat, und soll also der Esel selbst errathen, was dem Patienten fehlet. Aber, es [130] dürffte hier heissen: Wie gebeichtet, also absolviret, und weil wir hier zu Lande keine Scorpionen haben / die einen stechen können, so vermuthe ich nicht ohne Grund, es werde hiermit abgezielet auf die bösen Weiber, davon Syrach Cap. 26. v. 10. sagt: Wer sie kriegt, der kriegt einen Scorpion. Wer nun einen solchen Scorpion im Hause hat, der hat eine arge Plage, und noch ärger als das Fieber. Hiervon kan aber ein Esel eher helffen als ein Doctor; warum? der Esel weiß von nichts als von Arbeit, schlechter Kost und Schlägen. Wer sich solcher wider solche Scorpionen bedienet, der wird der Plage am ersten loß. Daß aber einer wolte das drey-oder viertägige Fieber auf vorgemeldte Weise curiren, dessen habe ich noch kein geschehenes Exempel.

Das 82. Capitel
Das 82. Capitel.
Wenn Montags iemand fremdes zur Stubenthür hinein siehet / und gehet nicht gar hinein / der macht, daß der Mann die Frau schlägt.

Wenn alle Weiber diesem Glaubens-Puncte anhiengen, so wäre zu wünschen / daß alle Tage Montag wäre, und sich dieser Casus zutrüge, so würde ihr Glaube doch recht bestätiget, woferne wahr ist, was hier vorgegeben wird. Alleine, weil dieses Vorgeben auf gar schwache Füsse gegründet ist, so wünsche ich, daß es bey denen abergläubischen alleine (iedoch nicht zu Stärckung ihres Aberglaubens / sondern nur zu ihrer Züchtigung) [131] eintreffen möge. Rechtschaffene und vernünfftige Weiber halten hiervon nichts / dahero bekommen sie auch keine Schläge, es sey denn, daß mancher redlichen Frauen ihr Mann ein grober gossel wäre, der nicht weiß / wie er ein rechtschaffen Weib tractiren soll. Wenn aber manch loses Weib des Sonntags mit andern losen Purschen, Koppel und Trödel-Huren, oder Spaß-Galanen ist spatziren gewesen, und hat, ohne ihres Mannes Wissen und Willen, mit ihnen einen guten Muth gehabt und kommen alsdenn von solchen schönen Spiel Cammeraden einige des Montags drauf, um zu sehen, ob Frau Schlampampe auch wohl geruhet habe, getrauen sich aber vor dem Manne nicht gerade zuzugehen, sondern gucken nur zur Stubenthür hinein / als wie der Hund in die Küche, und prallen alsdenn / wenn sie den Mann sehen, wieder zurück, so giebt solches stracks bey dem Manne Verdacht / und will dahero wissen, wer er sey, oder was er wolle? Wenn aber die liebe Frau nicht recht damit heraus will, entstehet ein Zanck, und Schläge bleiben auch nicht lange aussen. Auf solche Art trifft alsdenn freylich ein, was in dem Titul dieses Catels vorgegeben wird.

Das 83. Capitel
Das 83. Capitel.
Wenn ein Bräutigam seiner Braut ein Buch kaufft oder schenckt / so wird dadurch die Liebe verblättert.

Wenn die Braut von einer solchen Gattung [132] ist, daß sie mehr auf Putz und Hoffart achtet, als auf GOtt und sein Wort, so kan es freylich nicht angenehm fallen, ob ihr gleich ihr Bräutigam das allergeistreichste Gebet-Buch schenckte, sondern sie wird dieses, samt ihrem Bräutigam, verachten, und mit Verdruß in dem Buche herum blättern, auch hernach ihr Mißvergnügen ihrem Liebsten nicht lange bergen können, alsdenn heist es: Mit dem Buche ist die Liebe verblättert worden. Hätte ihr aber der Liebste ein kostbar Halßband, schöne Braseletten an die Arme, oder köstlich Band auf die Fontange geschenckt, so würde es gewiß aus einem andern Thone klingen / und heissen: Hiermit ist die Liebe recht verbunden worden; dieses aber wird nur von nichts-werthen Bräuten vermuthet. Was aber ehrliche und Christliche Bräute sind, die lieben ihren Bräutigam von Hertzen, und, nechst GOtt, über alles, sehen nur auf seinen Willen, haben darneben an alle dem einen grossen Gefallen, was sie von ihm bekommen, es sey auch so gering, als es wolle. Wie ich mich denn erinnere, daß vor diesem eine Ehr- und Tugend liebende Braut in Dreßden von ihrem damahls mit Merseburgischer Gesandschafft in Wien sich befindlichen Liebsten ein paar in einander geflochtene Kirsch-Stiele in einem Brieffe bekam, die sie so werth hielt, als ob es die kostbarste Diamantene Rose gewesen, zumahl, da sie wuste, daß ihr Liebster solche mit eigenen Händen zusammen geflochten hatte. Aber leider! giebt es ietzt dergleichen rühmens-würdige Bräute gar wenig.

Das 84. Capitel
[133] Das 84. Capitel.
Wer Eßig ansetzen will / der muß sauer darzu sehen /und böse seyn / sonst geräth der Eßig nicht.

Wenn sauertöpfige Leute dem Eßig oder dergleichen eine Säure aus ihrer Eigenschafft und Natur mittheilen können, so wird nothwendig im Gegentheil folgen, daß fromme, holdseelige und freundliche Leute dasjenige, was sauer ist, wieder süß und lieblich machen können. Zum Exempel: Wer sauer Bier oder sauern Wein hätte, müste es durch fromme und freundliche Leute anfüllen lassen, so würde sich die Säure wieder verlieren. Ey wie mancher Centner Kreyde würde unverderbt bleiben, der sonst zu Anmachung des sauern Bieres angewendet wird! Aber gleichwie ich mich nicht erinnere, mein Lebtage gehöret zu haben, daß ein freundlicher Mensch solche Eigenschafft an sich gehabt habe; also verursacht mir jenes mit denen bösen und mürrischen Leuten auch einen Zweifel bey Verfertigung guten Eßigs. Denn wenn ich erwege /daß bey Verfertigung eines ieden Dinges eine gute Wissenschafft und Handgriffe erfodert werden; also ist kein Zweifel / daß das Eßig-Machen eben auch gewisse Handgriffe bedarff. Daß aber ein Unterscheid unter denen Personen, die solchen machen, seyn müste, lasse ich mich nimmermehr bereden. Und ob mir gleich nicht anstehet, von mir selbst zu schreiben, ob ich fromm oder böse [134] sey, so kan ich doch wohl melden / daß ich noch wohl weiß, was Eßig-Machen sey, und habe vor ohngefehr 17. biß 18. Jahren, auf Veranlassen eines curiösen Engelländers, von allerhand Land- und frembden- auch Sect und Spanischen Wein, ja gar von Zucker und Honig, den besten Eßig, wie auch Brandtewein, verfertiget. Ob ich aber darzu sauer gesehen oder gelacht habe / solches ist mir nicht mehr wissend.

Das 85. Capitel
Das 85. Capitel.
Wen einem die Ohren klingen / wird man belogen.

Mancher / der mit allerhand verdrüßlichen Haupt-Flüssen beschweret ist, dürffte offt wohl wünschen, daß das Ohren-Klingen nur von Belügen herkäme, so hätte er Hoffnung, daß es bald würde wieder nachlassen / denn es heist: Hüt dich für der That, der Lügen wird wohl Rath; und würde gerne seine Flüsse mit einer angedachten Lüge vertauschen, wenn es angieng. Das ist zwar wahr, daß einem nichts unangenehmers kan in die Ohren klingen, als wenn man höret, daß man fälschlich belogen wird. Wie aber das soll zugehen / daß einem sollen die Ohren klingen /wenn man abwesend belogen wird, kan ich nicht begreiffen. Denn es kan durch keine Sympathie geschehen / weil zwischen dem Verleumbder und Verleumbdeten vielmehr eine Antipathie zu vermuthen ist. Auch wolle man nur bedencken, ob auch wohl viel Leute solten gefunden werden, [135] welche wohl in Jahr und Tag nicht einmahl solten belogen werden? Nun aber finden sich derer hingegen genug, denen in Jahr und Tag die Ohren nicht geklungen. Wenn nun das Belügen solte bas Ohren-Klingen verursachen, so müste folgen, daß gesunde Leute / denen die Ohren wohl in etlichen Jahren nicht klingen, auch so lange nicht belogen würden, welches doch mit der Erfahrung nicht überein kömmt. Mancher Mensch hingegen (sonderlich ein grosser Herr) wird täglich belogen, und klingen ihm dennoch niemahls die Ohren: Und der, welcher wohl am wenigsten in der Leute Mäuler kömmt, hat vom Ohren-Klingen die gröste Beschwerung.

Das 86. Capitel
Das 86. Capitel.
Wenn eine Henne krähet / wie ein Hahn / so bedeutet es ein Unglück.

Es ist bekannt, daß zuweilen die Hüner krähen, wie ein Hahn, und gemeiniglich, wenn sie voll Futter haben, und fett worden sind. Wenn denn dieses Krähen von einer Henne gemerckt wird, so wird es insgemein vor ein Prognosticon eines künfftigen Unglücks gehalten, und der Prophetin der Halß abgeschnitten. Ist eben nicht übel gethan; nur daß die dabey geführte Meynung unrecht ist: Denn daß die Henne durch ihr Krähen ein groß Unglück bezeigen solle, ist falsch, und bestehet das gantze Unglück im folgenden: Wenn die Hüner in vollem Futter stehen, und fett werden, legen sie keine Eyer mehr, sondern werden frech, und krähen / wie die Hähne, [136] und endlich, wenn man sie lange gehen lässet, wird aus ihrer Fettigkeit eine Kranckheit, und sterben wohl gar. Ist dahero nicht besser gethan, als daß man ihnen bey Zeiten die Hälse breche, und ist sonst kein ander Unglück zu besorgen, als daß man nun ins künfftige wenig Eyer mehr von solchen Hünern bekomme, und solchergestalt ihnen das Futter umsonst geben werde.

Das 87. Capitel
Das 87. Capitel.
Wer am Grünen-Donnerstage fastet / der ist selbiges Jahr frey vor dem Fieber; wer es aber schon hat / dem vergehet es alsobald.

Es sind mehr Hülffs-Mittel wider das Fieber, als Tage im Jahre; wenn es aber soll an ein Helffen gehen, so heist es doch wohl: Es hilfft, so viel es kan. Das ist gewiß, daß das Fasten und Hungern das beste und sicherste Mittel wider das Fieber ist; wie ich mich denn selbst vieler erinnere, die sich mit Hunger gantz glücklich davon befreyet haben. Und ob wohl der abergläubische Wahn gemeiniglich geheget wird, daß man drey Freytage nach einander biß Abends nach der Sonnen Untergang müsse fasten, und gantz nüchtern bleiben; so will ich doch einen ieglichen gantz gewiß versichern, daß an den Tagen nichts gelegen ist, und mag an statt des Freytags ein anderer seyn. Und sonderlich wirds am besten seyn an solchen Tagen, da einen am meisten hungert, denn das ist gewiß, daß, wenn einer zu der Zeit fasten [137] wolte, wenn er ohnedem einen Eckel vor dem Essen hat, so wirds nichts helffen; daß aber das Grüne-Donnerstags-Fasten in specie ein remedium wider das Fieber seyn soll, ist die lautre Unwahrheit, und die daran gläuben, sind billig mit unter die Tage-Wehler, an welchen GOtt einen Greuel hat, zu rechnen, und nimmt mich Wunder, daß solche abergläubische Leute nicht lieber die Sonnabende zu Heilung derer Kranckheiten nehmen, weil Christus viele Kranckheiten am Sabbath-Tage oder Sonnabend geheilet hat?

Das 88. Capitel
Das 88. Capitel.
Wer zu Marckte ziehet / und borget die erste Lösung weg / der verborget sein Glück.

Man pflegt zu sagen: Wie einer glaubt, so geschicht ihm. Mancher verborget den ersten Hand-Kauff nicht, und wenn er gar keinen Dreyer marcken solte, und also machens abergläubische Leute täglich im Handel und Wandel; ich bin aber gantz anderer Meynung /und achte es vor nichts schädliches, wenn einer den Handkauff weg borget, und halte ich den, der borget, vor unglücklicher, als den, der verborget. Denn ein Kramer oder Handwercksmann wird so leichte keinem etwas borgen, wenn er nicht weiß, daß der andere ihn auch gewiß werde bezahlen können. Und wenn nun ein Kramer was verborget, schlägt er es allezeit höher an, als wenn er baare Zahlung bekömmt, der andere muß es auch höher annehmen, oder bekömmt keinenCredit: muß aber doch endlich die [138] Zahlung davor thun / und hat alsdenn der Verkauffer seine Waare, die ihm vielleicht sonst wohl noch über dem Halse läge, mit Ziehung der Kauff-Gelder, samt der Interesse verthan. Das ist zwar wohl gewiß, daß, wenn man den ersten Handkauff, oder wie es insgemein ausgesprochen wird, Hanckff, einem verborgen wolte, von dem wenig Zahlung zu hoffen wäre, so würde einer freylich einen unglücklichen Marckt halten; denn ob er gleich hernach ziemliche Waare für baar Geld vertrieb, würde es doch wohl mißlich seyn, ob der profit von allen so viel austragen würde, als was er bey dem ersten Wegleihen verlohren hat. Und solcher Gestalt, oder mit solcher condition findet dieser Articul bey mir auch Glauben, aber in keinem abergläubischen Verstande.

Das 89. Capitel
Das 89. Capitel.
Wer auf einem Marckte etwas feil hat / soll den ersten Käuffer nicht gehen lassen / solte man auch gleich die Waare wohlfeiler hingeben / als sonst.

Hinter diesen und vorigen Punct stecket eine rechte List und Tockmäuserey derer betrüglichen Krämer und Verkäuffer. Und obgleich dieser Punct dem vorigen entgegen zu lauffen scheinet, so wissen doch die listigen Krämer mit beyden gar wohl zu rechte zu kommen, und um ihres Interesse willen, einem ieden Gnüge zu thun, wenn sie den Kauffer bereden, weil er der erste Kauffer sey, möchten sie ihn nicht gern gehen lassen; und damit [139] sie ihm gleichwohl aber auch den ersten Handkauff nicht verborgeten, so möchte er (woferne er nicht Geld hat zu baarer Zahlung) nur indessen einen Dreyer oder Groschen drauff bezahlen. Da denckt nun der betrogene Kauffer / es habe ihn ein Haase geleckt / und habe um des ersten Handkauffs willen, die Waare gar wohlfeil erhandelt, da er sie doch am theuersten angenommen hat. Es begiebt sich zwar auch wohl / daß zuweilen ein in Aberglauben ersoffener Kramer die erste Waare gutes Kauffs giebet, aber es gereicht dennoch zu seinem Nutzen. Denn wenn der Kauffer andern meldet, wie gutes Kauffs er seine Waare bey dem und dem erhalten hätte, so fällt alles daselbst zu, und vermeynet wohl zu kauffen; aber der Kramer weiß seine Sache schon zu machen, daß die übrigen betrogen werden. Dieses ist also die Ursach, warum mancher so steiff über diesen und vorigen Glaubens-Punct hält, da doch nichts als Betrug darunter stecket.

Das 90. Capitel
Das 90. Capitel.
Ein Bräutigam soll seiner Liebsten / vor öffentlicher Verlöbniß / kein Messer oder Scheere kauffen / es wird sonst damit die Liebe zerschnitten.

Da dencke man nur / was die Liebe vor ein zartes, weiches und gebrechliches Ding sey! stracks ist ein Loch hinein gestossen oder geschnitten, und nimmt mich Wunder, weil gleichwohl die Bräute sonst viel auf Scheeren halten, (denn [140] sie haben vor der Hochzeit viel zu nehen,) dennoch solch Unheil von denen Scheeren entstehen solle; und kan ich mir nicht einbilden, wie es zugehe, daß mit dem von dem Bräutigam gekaufften Messer oder Scheere stracks die Liebe soll zerschnitten werden? Denn weil doch die Braut ohne diß zum Essen ein Messer, und zum Nehen eine Scheere braucht, warum zerschneidet denn ihr eigen Messer und Scheere die Liebe nicht auch? da doch die Scheeren und Messer, die ein Bräutigam der Braut zu kauffen pfleget, gemeiniglich gar klein sind? Antwort: Eben darum, weil die Braut mehr vom Scheeren als kleinen Messergen hält, und lieber sähe, der Bräutigam versorgete sie mit einem rechten Schnitzer, (den sie in der Küche gebrauchen kan) als daß er ihr ein klein Messergen kaufft. Darüber wird freylich manche Jungfer Braut ungedultig, und sticht stracks mit solchen kleinen Messergen ein Loch in die Liebe, daß hernach der arme Bräutigam gnug wieder daran zu flicken hat. Dieses ist also meine Meynung über diesen Glaubens-Grund; wenn ein anderer eine bessere anzugeben weiß, so will ichs gern mit anhören.

Das 91. Capitel
Das 91. Capitel.
Die Kinder soll man Freytags nicht baden / denn sie kommen aus ihrer Ruhe.

Ich glaube, daß dieses eine zweydeutige Redens-Art sey, welche so zu verstehen ist: Wenn ein Kind in der Ruhe liegt, und man nimmt es, und badets, so kömmt es aus der Ruhe. Wenn es [141] nun an einem Freytage geschicht, so kan man wohl sagen: Wer am Freytage das Kind (verstehe das ruhende) aus der Ruhe nimmt, und badet, der störet es aus der Ruhe. Ausser dem aber ist offenbar genug, daß an diesem Aberglauben im geringsten nichts sey, weil viel tausend Kinder Freytags gebadet werden, und dennoch gar sanfft drauff ruhen.

Das 92. Capitel
Das 92. Capitel.
Wenn man stillschweigend Wasser holet / muß es aus einem Flusse von oben hinabwarts geschöpffet werden.

Das Ding ist überaus klug ausgesonnen. Denn wenn das Wasser dem Strohme entgegen geschöpfft würde, so ist zu vermuthen, daß durch solch widerwärtiges Schöpffen das Wasser auch eine widerwärtige Natur an sich nehmen werde. Hierbey fällt mir ein, was von einem Westphälischen Bauer erzehlet wird, dessen Weib ins Wasser gefallen, oder wie einige erzehlen, selbst hinein gesprungen war, sich zu ersäuffen. Da dieses dem Manne angesagt, und dabey die Gegend gewiesen wurde, wo sie hinein gefallen wäre, lieff er spornstreichs an dem Strom hinauf, und schrye nach seiner Frauen; wie ihm aber die Nachtbarn zurieffen, er müste hinabwarts gehen, antwortete er: Er wüste seiner Frauen ihre Natur am besten, sie hätte allezeit die Art gehabt, daß sie wider den Strom gestrebet hätte, also würde sie nicht ietzt diesen Augenblick ihre Natur geändert haben. Hätte der ehrliche [142] Mann sich auf das stillschweigende Wasser-Holen verstanden, so hätte er seine im still-schweigenden Wasser ersoffene Frau vielleicht nicht dem Fluß entgegen gesucht. Zum andern ist auch bewust, daß, wenn man dem Strome entgegen schöpffet, so gehet es nicht so stille zu, als wie bey dem Hinab-schöpffen, sondern es giebt ein grösser Geräusch. Ist dahero kein Wunder, daß das stillschweigende Wasser muß hinabwarts geschöpffet werden, und wenn es gebraucht ist, wozu es hat gesolt, so muß es auch wieder ins fliessende Wasser getragen, und dem Flusse nachgegossen werden, so kan es nicht fehlen, der Fluß nimmt alles mit hinweg. Diesem allen aber ungeachtet kömmt mir doch das stillschweigende Wasser, und dessen Krafft, sehr verdächtig vor. Alles Wasser ist ja stillschweigend Wasser, denn ich habe mein Lebtage kein redend Wasser gesehen. Wenn es aber daher also genennet wird, weil diejenige Person, die es holet, stille schweiget, und nichts redet, biß sie es an Ort und Stelle bringet (wiewohl / als ich einsmahls einer Magd mit einem Topffe begegnete, und sie fragte, was sie trüge? gab sie mir zur Antwort, sie hätte stillschweigend Wasser im Topffe;) so fragt sichs: Wie denn dem Wasser durch Stillschweigen eine Krafft könne einverleibet werden? Es ist denen Christen bekannt, daß das Gnaden-reiche Wasser des Lebens, nehmlich das Tauff-Wasser, seine Krafft vom Worte GOttes hat; Wie aber die abergläubischen Christen die Krafft ihres stillschweigenden Wassers erweisen wollen, will ich gerne [143] hören. Aber ich bilde mir ein, sie werden es wohl stillschweigend beantworten.

Das 93. Capitel
Das 93. Capitel.
Den Abend vor Walburge soll man drey Creutze an die Thüren schreiben / sonst können einem die Hexen Schaden thun.

Was ist doch ein blosses ohne gute Gedancken geschriebenes Creutz besser, als ein gemahlter Galgen? Ich achte, daß eines so viel nutzet als das andere, und wird der Teufel nichts nach allen Creutzen fragen, wenn gleich ein Mensch ein Kleid anhätte, welches aus lauter Creutzen bestünde. Wie denn auch ohne dem alles, was wir um und neben uns haben, aus lauter Creutzen bestehet, und trägt ein ieglicher ohne Unterlaß viel 1000. Creutze an sich; denn alle Leinwand, woraus unsere Hembden gemacht, alles Tuch und Zeige, woraus unsere Kleider bestehen, ist alles Creutz-weiß über einander gewircket, ingleichen alle Thüren bestehen aus Creutzen, über welche sowohl die Leisten qver über oder Creutz-weiß gehen, als auch die eisern Bänder, woran sie gehenckt sind, formiren Creutze, ja alles, wormit man umgehet, bestehet aus Creutzen. Wie viel Handwercker müssen Hämmer gebrauchen? Was ist aber ein Hammer anders, als ein Creutz? Ein Nagelbohrer ist ein Creutz. Wenn ein Holtzhauer ein Stück Holtz von einander schneidet, machet er mit der Säge und Holtz ein Creutz, [144] und so fort. Wie solte denn nun der Teufel und sein Anhang sich vor drey elenden mit Kreiden, Röthel oder Kohlen geschriebenen Creutzen fürchten? Das müst in Wahrheit ein elender Teufel seyn, der auch eben zu einer solchen Thüre hinein ins Gemach gehen müste, wo die Creutze angeschrieben. Was die Hexen anlanget, so ist noch lange nicht zur Gnüge erwiesen, daß solche in der Walburgis Nacht auf den Brockersberg reuten; und gesetzt, es sey wahrhafftig wahr, so lasset sie ins Geyers Nahmen reiten, ihrepassage wird nicht eben durch unsere Häuser und Kammern gehen / und wenn sie auch ja dadurch ritten, so würden die Creutze an denen Thüren doch nichts helffen, denn die Hexen formiren ja selbst mit ihrer Reuterey ein Creutz, wenn sie über der Ofen-Gabel, dem Besen, oder gar dem Bocke sitzen. Bedenckts doch demnach ihr Thoren, ob ihr nicht lauter lacherliche Narren Possen biß anhero geglaubet habt /welche mehrentheils aus dem abergläubischen abgöttischen Pabstthum entsprungen sind? Nicht dem Creutz, sondern dem Gecreutzigten gebt die Ehre. Wolt ihr aber gute Gedancken über das Creutz Christi haben, so habt sie folgender massen:


1.
O Grobes Holtz!
Bist du so stoltz?
Wilst du dem zarten GOttes-Lamm den Rücken
Unschuldig gar zerqvetschen und zerdrücken?
Muß JEsus denn, durch ungebähnte Treppen,
Nach Golgatha das schwere Creutz selbst schleppen?
[145] 2.
Verdammtes Holtz!
Steh nicht so stoltz,
Daß GOttes Sohn an dir wird aufgehencket,
Mit Lästerungen liederlich gekräncket.
Ist diß der Danck, daß er dich hat erschaffen?
Und du kanst ihn so von der Erden raffen.
3.
Elendes Holtz!
Sey ja nicht stoltz,
Daß du den König aller Herren trägest,
Und dich bey seiner Marter nicht bewegest.
Siehst du die Erde nicht vor Angst erbeben,
Sich feste Felsen von einander geben?
4.
Verfinstert Holtz!
Sey nur nicht stoltz,
Dieweil das Licht der Welt an dir erbleichet-
Ist auf der Erden nichts, das dich erweichet?
Das gantze Land hat eine finstre Sonne,
Mehr schwartz, als eine Bech-beschmitzte Tonne.
5.
Ehrgeitzig Holtz!
Laß deinen Stoltz.
Die Uberschrifft des Königes der Jüden
Wird schwerlich dich zu seinem Scepter sieden.
Sein Königreich ist nicht von dieser Erden,
Und muß ein König doch geschrieben werden.
6.
Hoffärtig Holtz!
Sey doch nicht stoltz.
Kan JEsu Demuth allen Hohn verschmertzen,
So magst du deinen Hochmuth wohl ausmertzen.
Und köntest du den höchsten Berg erlangen,
So bleibt an dir die Demuth doch nicht hangen.
7.
Erstorben Holtz!
Was soll dein Stoltz?
[146]
Muß gleich der Fürst des Lebens an dir sterben,
So kan er doch im Tode nicht verderben.
Dich aber wird der Tod zum Tod verfluchen,
Und deine Stätte in der Aschen suchen.
8.
Verfluchtes Holtz!
Was macht dein Stoltz?
Vielleicht, dieweil das Heil hängt angenagelt,
Auf welches allen Fluch der Teufel hagelt
Ists denn wohl recht, daß du den Himmels-Seegen,
Läßt so verfluchten Schimpff und Spott anlegen?
9.
Erhaben Holtz!
So hat dein Stoltz
Sich mit der Höllen-Schlange so verglichen,
Zum Weibes-Saamen in die Höh zu kriechen,
Den Fersen Stich ihn listig anzubringen;
Doch muß der Schlangen es zum Tod gelingen.
10.
Betrogen Holtz!
Du bist wohl stoltz,
Daß du des Menschen Sohn so hoch gezogen;
Doch mit der Schlangen von dem Wort betrogen.
Denn GOtt und Mensch hat jener Kopff zertreten,
Und ander Holtz läßt sich vor dich anbeten.
11.
Du Abgott-Holtz!
Betreugest stoltz:
Ist etwas ja von dir noch überblieben;
Laß dich den Pabst und seinen Anhang lieben.
GOtt den Gecreutzigten will ich nur wissen,
Nicht dich; doch ihn und seine Wunden küssen.
12.
O fruchtbar Holtz!
Sey nimmer stoltz;
Du kanst von deiner Frucht mit Wahrheit sagen:
Daß nie kein Baum dergleichen hat getragen:
Die alleredelsten und besten Früchte
Sind die, die uns befreyen vom Gerichte.
[147] 13.
O Todten-Holtz!
Sey immer stoltz;
Denn die Drey-Einigkeit aus GOttes Reiche,
Gönnt in der Lufft dir eine reine Leiche.
GOtt hängt erwürgt, der Lebens-Fürst am Creutze,
Daß er die Todten zu dem Leben reitze.
14.
Du stummes Holtz!
Sey nur nicht stoltz!
Daß du dem Wort must eine Cantzel werden;
Es hat wohl eh gepredigt auf der Erden.
Mein ist der Trost, daß GOtt für mich GOtt bittet.
Wie seine Creutziger er selbst vertrittet.
15.
Holtz! du bist Holtz!
Und ich bin stoltz,
Denn JEsus, als der edle Baum des Lebens,
Nicht ungefehr verdammet und vergebens:
Vielmehr freywillig an dir wollen hangen,
Die Arme ausgespannt, mich zu umfangen.

Hr. Joh. Daniel Schneider / Dresd.
Das 94. Capitel
Das 94. Capitel.
Bey dem Schlaffen-gehen soll man nichts auf dem Tische liegen lassen.

Warum aber nicht? Antwort: Es kan sonst das älteste oder das jüngste im Hause nicht schlaffen. Ob nun zwar diese Meynung mit unter die Aberglauben gerathen ist, weil insgemein davor gehalten wird, es habe dasjenige, was des Abends auf dem Tische liegen bleibet, schlechterdings die Krafft, das älteste oder das jüngste aus der Ruhe zu bringen; so ist dennoch auch mehr [148] zu rathen, als abzuwehren, daß alle Abend der Tisch abgeräumet werde, weil es eine Verrichtung ist, welche billig zu einer guten und ordentlichen Haußhaltung mit gehöret. Nicht, als ob ich vor wahr hielte, daß hierdurch das Kind oder der Haußwirth besser ruhen werde: Denn dieses ist schlechterdings nicht wahr; sondern weil es nicht fein stehet, daß alles auf dem Tische in Unordnung liegen bleibet, wiewohl es auch zuweilen geschicht, daß aus Vergessenheit etwas auf dem Tische liegen bleibet, woran dem Wirthe wohl was sonderlichs gelegen ist, und wenn er sich im Bette darauf besinnet, macht es ihm Sorge /und benimmt ihm solchergestalt den Schlaff. Dahero wäre ich auch diesen Punct gern gar vorbey gegangen, wenn nicht mit geglaubet würde, das jüngste oder älteste könne nicht ruhen. Denn was das jüngste soll mit den auf dem Tisch liegenden Sachen zu thun haben, daß es nicht ruhen könne, kan ich nicht ersinnen, es müste denn von der Kinder Puppen-Werck herrühren.

Das 95. Capitel
Das 95. Capitel.
Wenn eine Sechswöchnerin zur Kirche gehet / kan sie mercken / ob sie ins künfftige werde einen Sohn oder Tochter / oder gar kein Kind mehr bekommen.

Wenn der Kirch-Gängerin eine Manns-Person begegnet, soll sie einen Sohn, wenn ihr aber eine Weibs-Person begegnet, eine Tochter ins künfftige wieder bekommen; begegnet ihr aber niemand, soll sie auch kein Kind mehr bekommen; [149] item, wenn ihr zwey Personen zugleich begegnen, soll sie Zwillinge kriegen. Was aber von dieser Sache zu halten sey, kan ein Vernünfftiger leicht errathen, und trifft so gewiß ein, als wie das ietzt sehr im Schwange gehende punctiren. Wie offt wird sichs zutragen, daß niemand einer solchen zur Kirche gehenden Wöchnerin begegnet, und sie dennoch wieder schwanger wird, und Kinder gebieret? Ja es geschicht offt, daß ihrer dreye biß viere mit einander gehend ihr begegnen, und sie bekömmt wohl gar kein Kind mehr, oder doch nur eines / auch wohl nicht einmahl des Geschlechts, wie die gewesen, welche ihr begegnet sind, daß also dieses kindische Weiber-Fürgeben vor ungewiß ist. Ernsthaffte und verständige Weiber werden auch ohnedem dieses nur als einen Schertz annehmen; die albern abergläubischen aber setzen grosse Hoffnung auf solche Possen, und wenn es ohngefehr etwan einmahl zutrifft, wie sie sich haben eingebildet / ey da sind sie hernach in ihren Gedancken der Sache so gewiß, daß sie zur andern Zeit wohl gar Wetten drüber anstellen / es werde so oder so werden.

Das 96. Capitel
Das 96. Capitel.
Wer früh nüchtern nieset kriegt selbigen Tag etwas geschencket, oder bekömmt den Schnupffen.

Dieses kan wohl eintreffen; denn weil das Niesen ein Anzeichen des Schnupffens ist, so wird insgemein auf solch natürlich Niesen, das nicht mit Fleiß durch Schnupff-Tobac erreget worden ist der Schnupffen folgen. Zum andern begiebt sichs auch täglich, daß einer dem andern etwas giebt, und solte es auch nur ein Apffel, Birn oder dergleichen schlecht. Ding [150] seyn, daß demnach das erste gemeiniglich, samt den letzten erfolget. Mag also einer früh nüchtern, oder Nachmittage voller und satterweise niesen, so wird gewöhnlicher massen der Schnupffen darauf erfolgen. Was aber das Geschencke anlanget, so ist darauf wegen des Niesens gar nicht zu reflectiren. Denn was ohnedem alltäglich sich zuträgt, kan ja nicht durch eine gewisse Begebenheit vorbedeutet werden, und kömmt so einfältig heraus, als wenn ich spräche: Ich habe heute früh als ich bin aufgestanden, gehustet, ich werde entweder den Husten kriegen, oder trincke heute Bier. Eben so alber und lächerig ist das Vorgeben mit dem nüchtern Niesen auch.

Das 97. Capitel
Das 97. Capitel.
Es ist nicht gut / daß man sich Feuer oder Licht durch einen Fremden lässet aus dem Hause tragen.

Ich kenne Leute, welche dermassen in diesen närrischen Wahn ersoffen sind, daß sie auch eher was anders zugäben, als geschehen liessen, daß iemand Fremdes, oder auch ihrer Nachbarn einer, nur zum wenigsten ein Licht bey ihnen anzündete, und aus ihrem Hause trüge, und wenn sie zuweilen gesehen, daß des Abends ein und anders, denen der Wind die Lichte in denen Laternen ausgelöschet gehabt, ihre Lichte in meinem Hause wieder angezündet haben, so haben sie sich verwundert, daß ich solches zugegeben, und dabey gesagt: Sie liessen es nicht geschehen. Wenn ich gefragt habe, was es denn schaden könne? Ist erstlich die Antwort gewesen; Es sey nicht gut, und da ich auf eine genauere Antwort gedrungen, so ists endlich folgende gewesen; Es würde einem mit dem Feuer die Nahrung aus dem Hause getragen. Allein wenn ich solcher einfältigen Leute ihre Nahrung betrachtet habe, so ist sie noch schlechter gewesen, als bey andern, die auf keinen solchen albern Aberglauben iemahl etwas gehalten haben. Es ist auch gemeiniglich mit solchem abergläubischen Thoren also beschaffen, als wie mit denen, von welchen man zu sagen pfleget: Sie haben ihre Nahrung mit Schauffeln zur Thüre hinaus geworffen, und nun wollen sie sie mit Nadeln wieder zum Fenster hinein scharren. Es kan auch nicht anders seyn; denn wer seine Gedancken nur auf solche Possen richtet, und das Hertz dran hänget, der lässet hingegen das schuldige Vertrauen zu GOtt, [151] fahren, so entziehet hernach GOtt billig seinen Seegen, und heist hernach: Sie wollen des Seegens nicht, so wird er auch ferne von ihnen bleiben.

Das 98. Capitel
Das 98. Capitel.
Wenn eine Magd zu einem neuen Herrn ziehet, soll sie stracks bey dem Anzuge ins Ofen-Loch gucken.

Ich fragte einsmahls eine bey mir anziehende Magd, was es zu bedeuten hätte, daß sie stracks ins Ofen Loch guckete? Die gab mir zur Antwort: Sie wüste es nicht; und gleichwohl lieff sie stracks, da sie ins Hauß kam, nach den Ofen-Loche, und verbracht also die herrliche Mägde-Gewohnheit, ob sie gleich nicht wuste warum. Andere aber haben gesagt, es geschehe darum, auf daß sie bald gewohnten. Auf was Art nun das Ofen-Gucken verhelffen mag, daß die Magd eher als sonst eingewohnet, ist mir unwissend. Hingegen erinnere ich mich dessen wohl, daß eine Magd, welche gar bedachtsam ins Ofen-Loch gegucket hatte, dennoch 14. Tage nach ihren Anzuge wieder entlieff; woraus ja zur Gnüge erhellet, wie richtig dieser Glaubens-Punct sey. Zwar kan sichs wohl einmahl begeben haben, daß eine Magd beym Anzuge in Ofen gesehen, und einen praven Topff mit Fleisch am Feuer stehen gefunden welches ihr stracks einen Appetit erwecket, in solcher fetten Küchen bey denen Fleisch-Töpffen zu verbleiben, zumahl wenn sie irgend vorhero bey einem kargen oder hungerigen Herrn gedienet hat. Aber damit ists noch lange nicht ausgemacht, daß das Ofen-Gucken zur Einwohnung denen Mägdenuniversal seyn müsse.

Das 99. Capitel
Das 99. Capitel.
Wer Lein säen lässet / soll dem Sämann ein Trinckgeld geben, sonst verdirbt der Flachs.

Es müste einer gar eine dicke Nase haben, und hefftig mit dem Schnupffen beladen seyn, der nicht riechen wolle, wornach diese Meynung stincke, oder woher sie entstanden wäre. Denn es wird sich schwerlich ein vernünfftiger Mensch [152] einbilden können, daß eine elende Verehrung oder Trinckgeld die Krafft haben solle, daß der Flachs besser wachsen müsse. Jedoch mag vielleicht die Sache folgender massen zu verstehen seyn: Wenn der Sämann ein gut Trinckgeld bekömmt, so wendet er bessern Fleiß drauf, daß der Lein nicht zu dicke noch zu dünne geworffen werde, und fein gleich wachsen könne. Wenn er aber nichts bekömmt, so ist er darob verdrüßlich, und streuet den Saamen entweder zu dicke, daß der Flachs nicht recht wachsen kan, oder zu dünne, so wird der Flachs grobhärig. Und solcher gestalt mag wohl der gethanen Verehrung etwas zugeschrieben werden, aber sonst auf keinerley Weise.

Das 100. Capitel
Das 100. Capitel.
Wenn eine ledige Weibs Person in der Christ-Nacht heisses Bley ins Wasser giesset / bekömmt es die Gestalt als wie das Handwercks-Geräthe dessen, der sie heyrathen wird.

Die grosse Begierde, so das weibliche Geschlecht zum Männer-nehmen hat, lehret sie allerhand Narren-Possen vornehmen, daran sie mercken wollen, was sie vor einen Mann bekommen werden; und ist das Bley-Giessen nicht das geringste ihrer gewöhnlichen Proben, um hierdurch zu erfahren, was der künfftige Liebste vor einer Profession zu gethan sey. Wie schändlich aber manche sich hiermit selbst betrogen hat, brauchet wenig Beweises. Nur ein Exempel zu gedencken, so war vor diesem in Leipzig eine Magd, welche in einen Apothecker-Gesellen verliebt war, und weil sie etliche 100. Thaler in Vermögen hatte, genosse sie von ihme auch ein u. andere caressen, dahero sie sich ihn gäntzlich einbildete zur Ehe zu kriegen; dennoch aber machte sie in der Christ-Nachtpræparatoria zum Bleygiessen; wie ich dieses merckte, sagte ich zu ihr: Sie müste ein Loch durch ein Karten-Blat stechen, und das Bley dadurch giessen, so würde es nach ihrem Wunsch fallen. Dieses that sie sammt der Köchin, und bekamen beyde einerley Arten von Figuren, nehmlich, theils rund, und das musten Pillen heissen, theils an einem Ende rund, und an andern länglich zugespitzt, das musten destillir-Kolben seyn; etliche [153] waren krumm, und dieses heissen Retotten. Dieses bestärckte nicht alleine die so genannte Junge-Magd, daß sie ihren Apothecker-Gesellen würde bekommen, sondern sie brachte die Köchin auch auf diese Meynung, ob würde sie auch einen Apothecker kriegen. Aber es wurde aus beyden nichts; denn die Magd bekam einen Bareth-Kramer, und die Köchin einen Fuhrmann. Also siehet man, wie doch gantz ohne einigen Grund solche Gauckel-Possen und abgöttische Fratzen sind, und finden dennoch bey einer so grossen Menge Menschen statt, worüber sich billich ein vernünfftiger Mensch verwundern muß. Ich meines Orts werde mich nimmermehr bereden lassen, solchen Thorheiten nachzuhängen; denn, wer leicht gläubt, wird leicht betrogen. Wohl aber werde ich glauben, was in GOttes Wort gegründet ist, und solchen anhängen biß an mein seeliges


ENDE

Inhalts-Register
Inhalts-Register derer Materien, so hierinne abgehandelt worden.

Das 1. Capitel. Wenn eine Wöchnerin in einer Stube in Wochen lieget, und kömmt iemand mit einem Trag-Korbe hinein, so muß es einen Span von Korbe abbrechen, und in die Wiege stecken, sonst nimmt es der Mutter oder dem Kinde die Ruhe hinweg 13

Das 2. Cap. Wenn man gewiß will wissen, ob das Kind beschryen sey oder nicht, so muß es die Mutter an der Stirn lecken, ist das Kind beschryen, so schmeckt die Stirn gesaltzen 14

Das 3. Cap. Wenn man etwas von Wäsche linck oder verkehrt anziehet, wird man nicht beschryen 16

Das 4. Cap. Die beste Probe, ob ein Patiente beschryen sey oder nicht, soll seyn, wenn man Frauen-Flachs, Szysche, oder Ruff-Kraut kochet, und damit den Patienten badet, das Bad unter das Bett setzet, so laufft es zusammen, wenn er beschryen, ist er aber nicht beschryen, so laufft das Bad nicht zusammen 18

Das 5. Cap. Wer viel Geld einzunehmen hat, der soll Kreide darzu legen, so können böse Leute davon nichts wieder holen 23

[154] Das 6. Cap. Wenn der Drach oder böse Leute einem nichts vom Gelde holen sollen, so wasche man es nur in reinem Wasser ab, und lege ein wenig Brod und Saltz darzu 26

Das 7. Cap. Wenn die Weiber Garn sieden, so müssen sie prav dabey lügen, sonst wird es nicht recht weiß 27

Das 8. C. Es ist nicht gut, wenn man über das Kehrig gehet 29

Das 9. Cap. Es ist nicht gut, daß man die kleinen Kinder kleine Krebsgen nennet, denn sie verbutten hernach gantz 30

Das 10. Cap. Es ist nicht gut, wenn man über Land reiset, und laufft einem ein Haase übern Weg 32

Das 11. Cap. Wer aus einer Kanne oder einem Kruge getruncken hat, soll solchen nicht mit der Hand über den Deckel anfassen, daß solcher hierdurch überspannet werde, denn es ist dem andern schädlich, der daraus trincken soll 33

Das 12. Cap. Die Eltern sollen ihren Kindern nicht selbst Klappern kauffen, sondern von fremden Leuten verehren lassen, sonst lernen sie langsam reden 34

Das 13. Cap. Wenn die Kinder schwerlich reden lernen, soll man ihnen Bettel-Brodt zu essen geben 36

Das 14. Cap. Wenn man verreiset, oder sonst um ein und andere Verrichtung halber aus dem Hause gehet, und vergisset etwas, soll man nicht wieder umkehren, sondern soll lieber das Vergessene durch iemanden anders nachbringen oder holen lassen 39

Das 15. Cap. Wenn ein Fremdes in eine Stube gehet, so soll es nicht ohne Niedersitzen wieder heraus gehen, damit es denen Kindern nicht die Ruhe mit wegnehme 39

Das 16. Cap. Es ist nicht gut, daß man den Tisch decket, wenn nicht stracks das Brodt auch drauf geleget wird, und soll demnach in Ermangelung des Brodts ein Zippel vom Tisch-Tuche übergeschlagen werden 40

Das 17. Cap. Wenn die Weiber Federn in die Betten füllen, sollen die Männer nicht im Hause bleiben, sondern sollen weggehen 40

Das 18. Cap. Wenn man Hüner zu brüten ansetzet, soll es geschehen zur Zeit, wenn die Leute aus der Kirchen gehen 42

Das 19. Cap. Wenn man will viel großköppige Hüner bekommen, muß man zu der Zeit, wenn man die Gluck-Henne ansetzet, einen feinen grossen Stroh- Hut aufsetzen 43

[155] Das 20. Cap. Wie man sich bey Ansetzung einer Gluck-Henne zu verhalten habe, daß viel Hünlein oder Hähnlein, oder was man am meisten will, daraus werden 45

Das 21. Cap. Es ist nicht gut, daß, wenn man sich früh gewaschen hat, man das Wasser von denen Händen abschleudere 45

Das 22. Cap. Es ist nicht gut, wenn man eine ledige Wiege wieget 46

Das 23. Cap. Die Nägel an der kleinen Kinder Händen müssen zum ersten mahl von der Mutter abgebissen werden, damit sie nicht stehlen lernen 48

Das 24. Cap. Wer zu Gevattern stehen soll, der soll etwas zur Gevatterschafft borgen, so wird dem Pathen hernach ins künfftige nichts versaget / sondern finden allezeit Credit 49

Das 25. Cap. Mit einem kleinen Kinde soll man unter einem Jahre nicht in Keller gehen, es wird sonst furchtsam 51

Das 26. Cap. Die Kinder soll man nicht alt Männgen oder Weibgen nennen, sie verbutten sonst, und bekommen Runtzeln an der Stirn 53

Das 27. Cap. Wenn man die Kinder unter einem Jahre lässet in Spiegel schauen, so werden sie stoltz 55

Das 28. Cap. Wenn die Kinder sollen leben bleiben, und das gewöhnliche Alter erreichen, so soll man die Söhne Adam, und die Töchter Eva heissen lassen 57

Das 29. Cap. Wenn ein Kind soll 100. Jahr alt werden, muß man aus 3. Kirchspielen die Gevattern darzu bitten 60

Das 30. Cap. Wenn die Kinder in der Tauffe schreyen, sterben sie bald und werden nicht alt 61

Das 31. Cap. Wenn die ersten Kinder der Eltern Nahmen bemen, sterben sie eher als die Eltern 62

Das 32. Cap. Wenn ein Hund in einen Back-Ofen siehet, wenn man bäckt, wirds Brodt abgebacken 64

Das 33. Cap. Wer Teig im Backtroge stehen hat, soll die Stube nicht eher auskehren lassen, biß der Teig aus der Stube ist, man bekömmt sonst ein Brodt weniger, oder kehret ein Brodt hinweg. 65

Das 34. Cap. Einen Eßig-Krug soll man nicht auf den Tische setzen, denn es verdirbt der Eßig davon 66

Das 35. Cap. Wenn eine Sechswöchnerin über Feld- oder [156] Garten-Bete gehet, so wächset in etlichen Jahren auf solchen Beten nichts, sondern verdirbt alles darauf 67

Das 36. Cap. Wenn ein Weib in Sechswochen verstirbt, muß man ein Mandel-Holtz ins Bette legen, auch alle Tage das Bett einreissen, und wieder machen, sonst kan sie nicht in der Erden ruhen 68

Das 37. Cap. Wenn man den kleinen Kindern den ersten Brey nicht bläset, verbrennen sie an heissen Suppen das Maul nicht 71

Das 38. Cap. Wer will werden reich, der schneid das Brodt fein gleich

Das 39. Cap. Wenn zu Grabe gelautet wird, soll man nicht essen, sonst thun einem die Zähne weh 73

Das 40. Cap. Wenn einem Kinde unter einem Jahre rothe Schuhe angezogen werden, kan es hernach, wenn es erwächset, kein Blut sehen 74

Das 41. Cap. Wenn eine schwangere Frau vor dem Brodtschrancke stehen bleibet, und isset, so bekömmt das Kind, damit sie schwanger gehet die Mit-Esser 75

Das 42. Cap. Es ist nicht gut, daß man am Leibe flicket 78

Das 43. Cap. An dem Himmelfahrts-Tage soll man nichts nehen oder flicken, es ziehen sonst demselben die Wetter nach 78

Das 44. Cap. Am grünen-Donnerstage soll man Bretzeln essen, so bekömmt man selbiges Jahr das kalte Fieber nicht 80

Das 45. Cap. Wenn man über ein Kind hinschreitet, so wächset es nicht grösser 82

Das 46. Cap. Läuse oder Flöhe soll man nicht auf dem Tische knicken, man bekömmt sie alle wieder 83

Das 47. Cap. Wer im Holtz arbeitet, wird nicht reich 84

Das 48. Cap. Wenn Abends Leute über einem Tische sitzen, so soll niemand unter den Tisch leuchten, es entstehet sonst ein Zanck 85

Das 49. Cap. Die Pathen sollen dem Kinde ein Löffelgen kauffen, sonst lernt es geiffern 86

Das 50. Cap. Wenn eine Wöchnerin einen schwartzen Latz vorleget, wird das Kind furchtsam 87

Das 51. Cap. In Sechswochen soll man ein Kind nicht in Mantel fassen, es wird sonst melancholisch, oder bekömmt stets zu trauren 87

[157] Das 52. Cap. Wer beym Spielen Geld wegleyhet der verspielet 88

Das 53. Cap. Zum Spielen muß man Geld borgen, so gewinnet man desto eher 89

Das 54. Cap. Eine Mutter, so ein stillendes Kind hat, soll 3. Sonntage stillschweigend aus der Kirche gehen, iedes mahl ihrem Kinde ins Maul blasen, so kommen ihm die Zähngen leichter an 91

Das 55. Cap. In der Christ-Nacht zwischen 11. und 12. Uhr ist das Wasser Wein 92

Das 56. Cap. Wessen Schatten auf den Weyhnacht H. Abend bey eingebrachten Lichte keinen Kopff hat, der stirbt in selbigen Jahr 94

Das 57. Cap. In den 12. Christ-Nächten, nehml. von Weyhnachten biß auf Heil. 3. König-Tag, soll man keine Erbsen, Linsen oder andere Hülsen-Früchte essen, man bekömmt sonst selbiges Jahr die Krätze oder Schwären 95

Das 58. Cap. Wer zu Gevattern stehen soll, und hat sich schon angezogen zur Kirchen zu gehen, der soll nicht erst s.v. das Wasser abschlagen, sonst thut das Pathgen dergleichen ins Bett 97

Das 59. Cap. Es ist nicht gut, wenn man des Morgens ausgehet, und begegnet einem ein altes Weib 99

Das 60. Cap. Wenn eine Hexe einen etwas fraget, soll man nicht mit Ja antworten, sonst kan sie durch ihre Zauberey einem etwas nehmen 100

Das 61. Cap. Wenn man Haußwurtzel aufs Hauß pflantzet, so ist es sicher für Einschlagung des Wetters 102

Das 62. Cap. Wer des Morgens rücklings aus dem Bette steiget, gehet selbigen Tag alles verkehrt 104

Das 63. Cap. Wenn das Jüdel die kleinen Kinder nicht ruhen lässet, soll man dem Jüdel etwas zu spielen geben 105

Das 64. Cap. Wenn ein gantz Brodt unaufgeschnitten wieder vom Tische getragen wird, so müssen die Leute hungrig vom Tische gehen 107

Das 65. Capit. Wer Saltz verschüttet, soll es nicht wieder aufraffen, er hat sonst kein Glück 107

Das 66. Capit. Wer die Schuhe einwarts tritt, wird reich, wer sie aber auswarts tritt, wird arm 108

Das 67. Capit. Wer in der Christ-Nacht ins kalte Bad gehet, [158] der bekömmt selbiges Jahr die Krätze nicht; und so er sie schon hat, so vergehet sie davon 109

Das 68. Cap. Wer die Gelbesucht hat, der soll einen Schmier-Kübel von eines Fuhrmanns Wagen stehlen lassen, und hinein sehen, so vergehet ihm die Gelbesucht 110

Das 69. Capit. Ein Hund, der in der Christ-Nacht heulet, der wird selbiges Jahr thöricht 112

Das 70. Capit. Wer einer Katzen Schaden thut, oder dieselbe gar umbringet, dem stehet ein groß Unglück vor 114

Das 71. Capit. Wenn sich die Katzen in einem Hause beissen, wo iemand kranck liegt, so stirbt der Patiente bald 115

Das 72. Capitel. Wenn ein Weib Butter rühren will, soll sie ein drey-creutzig Messer an das Butter-Faß stecken, so geräth die Butter bald 116

Das 73. Capit. Wenn an den Thielen in einer Wohn- Stube sich Splitter ablösen, bedeuten sie frembde Gäste 118

Das 74. Capit. Wenn sich die Katze putzt, kömmt ein Gast 119

Das 75. Cap. Wenn die Elstern im Hofe oder auf dem Hause schreyen, so kommen Gäste 121

Das 76. Capit. Wem ein Floh auf die Hand hüpfft, erfährt etwas neues 122

Das 77. Capit. Wenn ein Kind das Aelterlein hat, soll man es lassen in Backofen schieben 123

Das 78. C. Es ist nicht gut, daß man die Spinnen umbringt 125

Das 79. Capit. Die neugebohrnen Kinder soll man die ersten drey Sonntage fein anputzen, so stehen ihnen ins künfftige die Kleider schön 127

Das 80. Capit. Die Weiber sollen an Lichtmeß-Tage beym Sonnenschein tantzen, so geräth ihnen dasselbige Jahr der Flachs wohl 128

Das 81. Capit. Wer das Fieber hat, der soll einem Esel ins Ohr sagen: Es hätte ihn ein Scorpion gestochen, so vergehet das Fieber von Stund an 130

Das 82. Capit. Wenn Montags ein Frembdes zur Stuben-Thür hinein siehet, und gehet nicht gar hinein, der macht, daß der Mann die Frau schlägt 131

Das 83. Cap. Wenn ein Bräutigam seiner Braut ein Buch kaufft oder schenckt, so wird dadurch die Liebe verblättert 132

Das 84. Capit. Wer Eßig ansetzen will, muß sauer darzu sehen, und böse seyn, sonst geräth der Eßig nicht 134

[159] Das 85. Capit. Wenn einem die Ohren klingen, wird man belogen 135

Das 86. Capit. Wenn eine Henne krähet, wie ein Hahn, so bedeutet es ein Unglück 136

Das 87. Capit. Wer am Grünen-Donnerstage fastet, der ist selbiges Jahr frey vor dem Fieber; wer es aber schon hat, dem vergehetes alsobald 137

Das 88. Capit. Wer zu Marckte ziehet, und borget die erste Lösung weg, der verborget sein Glück 138

Das 89. Capit. Wer auf einem Marckt etwas feil hat, soll den ersten Kauffer nicht gehen lassen, solle man auch gleich die Waare wohlfeiler hingeben 139

Das 90. Capit. Ein Bräutigam soll seiner Liebsten vor öffentlicher Verlöbniß kein Messer oder Scheere kauffen, es wird sonst die Liebe zerschnitten 140

Das 91. Capit. Die Kinder soll man Freytags nicht baden, denn sie kommen aus ihrer Ruhe 141

Das 92. Capit. Wenn man stillschweigend Wasser holet, muß es aus einem Flusse von oben hinabwärts geschöpffet werden 142

Das 93. Cap. Den Abend vor Walburgi soll man drey Creutz an die Thüren schreiben, sonst können einem die Hexen Schaden thun 144

Das 94. Capit. Beym Schlaffengehen soll man nichts auf dem Tische liegen lassen 148

Das 95. Capit. Wenn eine Sechswöchnerin zur Kirche gehet, kan sie mercken, ob sie künfftig werde einen Sohn oder Tochter, oder gar kein Kind bekommen 149

Das 96. Cap. Wer früh nüchtern nieset, kriegt selbigen Tag etwas geschenckt, oder bekömmt den Schnupffen 150

Das 97. Cap. Es ist nicht gut, daß man sich Feuer oder Licht durch einen Frembden lässet aus dem Hause tragen 151

Das 98. Cap. Wenn eine Magd zu einem neuen Herrn zieht, soll sie stracks bey dem Anzuge ins Ofenloch gucken 152

Das 99. Capit. Wer Lein säen lässet, soll dem Sämann ein Trinckgeld geben, sonst verdirbt der Flachs 153

Das 100. Cap. Wenn eine ledige Weibs-Person in der Christ-Nacht heisses Bley ins Wasser giesset, bekömmt es die Gestalt, wie das Handwercks-Geräthe dessen, der sie heyrathen wird 154

Das Andere Hundert
Das 1. Capitel
Das 1. Capitel.
Wer aus einer Bircken / die mitten in einem Ameisen Hauffen gewachsen ist / lässet höltzerne Schläuche oder Hähne drehen / und verzapfft Wein oder Bier dadurch / der wird geschwinde ausschencken.

Es bleibt bey dem wahrhafftigen Sprichworte: Wer leichte glaubt, der wird leichte betrogen. Nicht ohne ist es zwar, daß unter denen Aberglauben viele Dinge mit eingeschlichen sind, welche ursprünglich aus einem gantz guten Absehen, durch Erforschung natürlicher Dinge, von klugen und weisen Leuten herkommen: Aber gleichwie Irren menschlich ist, und die klügsten und vornehmsten Menschen müssen von sich sagen lassen: Grosse Leute fehlen auch; also will zum öfftern dasjenige, was ein- und anderer aus der Physica erweisen will / ob es gleich noch so klug ausgesonnen zu seyn scheinet, dennoch die Probe nicht halten. Und wie ich mir nicht einbilde, daß dieser Glaubens-Punct, den ich ietzt zu striegeln vorhabe, in einer Rocken-Stube gesponnen sey, als gemahnt michs damit, als wie mit derer Drechsler ihren [163] kleinen Kindern, welche ihrer Väter mißlungene Arbeit nehmen /und damit spielen / auch daran wohl noch grössere Freude und Vergnügen haben, als verständige Leute an der wohlgerathenen und rechten Waare. Abergläubische Leute sind sicherlich nicht anders, als wie solche albere und einfältige Kinder, ja noch viel ärger; Denn was die rechten Physici, nach genauer Untersuchung, als etwas unnützes bey Seite setzen und fahren lassen, oder verwerffen, das lesen die abergläubischen Leute gemeiniglich zusammen, als ob es Heiligthümer wären, in Meynung, jene hätten solche Rarritäten, ey, sag ich, Raritäten, aus Neid verworffen und verachtet, daß sich ein anderer solcher nicht bedienen möchte. Ja wenn die einfältigen Thoren dergleichen Dinge auch, wie die Kinder / zum Spielen gebrauchten, so gienge es noch wohl hin; aber leider! machen sie insgemein Götzen daraus, und setzen ihre gantze Hoffnung drauf. Mit diesem ietzt vorhabenden Puncte hat es gleiche Bewandniß, denn es hatten vor diesem in einer bekannten Stadt gewisse Leute / welche sich vom Bier- und Wein-Schancke nehreten, ein so grosses Vertrauen auf obbeschriebene birckene Schläuche gesetzt, daß sie gäntzlich dafür hielten, es beruhe ihre Nahrung darauf; und als ichs widersprach / wolten sie es mit Philosophischen Gründen erweisen, und gaben für, weil die Ameisen arbeitsame Thierlein wären, und stets zu Hauffen trügen, so würckte solche Eigenschafft in die Bircke / und so weiter fort. Aber es kam mir alsbald die Sache verdächtig [164] für, erstlich, daß es eben von einer Bircken, und nicht auch von an dern Bäumen / die in Ameisen-Hauffen gewachsen sind / müsten Schläuche oder Hähne seyn; zum andern, weil die Ameisen nicht hinweg, sondern zusammen tragen / hingegen der Wein oder das Bier, so man verzapffet, wird ja nicht nach Art der Ameisen zusammen getragen, sondern hinweg, und gleichsam zerstreuet, welches der Eigenschafft derer Ameisen schnurstracks entgegen ist; dahero setzte ich einen Zweifel ins gantze Werck, iedoch wolte ich die Sache nicht unversucht verwerffen, ersuchte derowegen einen Vogelsteller, welcher täglich in der Dreßdner Heyde seine Verrichtung hatte, daß, so er irgend einen Ameisen-Hauffen im Walde anträffe, worinnen eine Bircke stünde, er mir solches möchte wissen lassen. Dieser (als der nach seiner Art auch ein wenig curieus war) kam nach Verfliessung weniger Tage, und meldete mir / wie daß er eine solche Bircke angetroffen hätte, dahero gieng ich mit ihm dahin, solche selbst in Augenschein zu nehmen, und ließ solche noch ein wenig stehen, biß zur Zeit, da sie zu meinem Vorhaben solte recht seyn, abzuhauen, alsdenn ließ ich ein paar Schläuche oder Hähne daraus drehen, und gab solche zween Bier-Schencken: Einem sagte ich, was dessen Würckung solte seyn / dem andern aber sagte ich es nicht, in Meynung, ob es irgend unwissend bessere operation haben würde, aber das Spiel lieff auf beyden Seiten gar verkehrt und hatten die guten Leute zu keiner Zeit schlechtern Schanck gehabt, als da sie durch die birckenen [165] Schläuche zapfften. Also kam ich hinter die rechte Wahrheit, und erwegte darbey, wie doch so gar bald ein Mensch in seinem eigenen Vertrauen auf solche Dinge könne verstärcket, und zugleich vom Satan verführet werden, wenn durch des Teufels Hülffe die Sache also geschicht, als wie der abgöttische und abergläubsche Mensch glaubt und wünschet. Wer aber GOtt alleine vertrauet, und nur solche Hülffs-Mittel gebraucht, die ihme der einige wahre GOtt an die Hand giebt, den versichere ich, daß ihm nimmermehr keine abergläubischen Possen gelingen werden. Die Ursach aber, warum sie nur bey Abergläubischen eintreffen, bey Rechtgläubigen aber nicht, kan ein verständiger Christ gar leichte errathen.


Wer leicht gläubt wird leicht betrogen. Ist ein Sprichwort, das zwar alt, Doch ists auch noch nicht erlogen, Und will ichs erweisen bald. Daß ein Schlauch von einer Bircke Aus dem Ameis-Hauffen dir So viel Guts beym Bier-Schanck wircke, Ist Betrug, das traue mir. Denn ich hab es in den Proben Falsch befunden gantz und gar; Drum kan ich die Kunst nicht loben. Aberglauben ist nicht wahr.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Wer ein Brodt aufschneidet / und schneidet nicht gleich der hat selbigem Tag gelogen.

[166] Dieses wird gemeiniglich nur aus Schertz gesagt, dahero ich mich auch nicht lange dabey aufhalte, iedoch will ich meine Meynung hiervon kürtzlich entdecken, woher dieses Fürgeben seinen Ursprung mag genommen haben. Es ist bekannt, daß ein Lügner, Prahler oder Großsprecher insgemein ein Aufschneider pfleget genennet zu werden; dahero man auch zu sagen pfleget: Dieser Aufschneider log / daß sich die Balcken hätten mögen bügen, oder, er sagt nicht gerade zu, das ist, er schneidet treflich krumm. Hingegen sagt man von einem ehrlichen und wahrhafftigen Menschen: Er sagt gleich zu, und leugt nicht, oder, er braucht das grosse Messer nicht, wie mancher. Demnach ist ein Aufschneider, der nicht gerade zusaget, so viel / als ein Lügner. Und solchergestalt ist diese Sache aus Spaß auf den gezogen worden, der ein Brodt aufschneidet. (Denn einer, der ein Brodt aufschneidet, ist ein Aufschneider, verstehe aber des Brodts, und nicht ein lügenhaffter.) Wird nun das Brodt gleich geschnitten, so kan man sagen, dieser Aufschneider hat nicht gelogen, sondern hat gleich zu geschnitten; hingegen, wenn er krumm geschnitten, sagt man / er habe gelogen, item, er habe nicht gleich zu geschnitten.

Das 3. Capitel
Das 3. Capitel.
Wenn ein Weib über was erschrickt / oder sich erzürnet / soll sie alsbald durch einen alten Besen bruntzen / so schadets ihr nicht.

[167] Daß die Weiber gar sehr im Gebrauch haben, nach gehabtem Zorn oder Schrecken durch einen alten Besen ihr Wasser abzuschlagen, das ist gar bekannt, und glauben viele, daß es gar ein heilsam Mittel sey. Alleine, es kan der Besen weiter nichts helffen, als nur so viel, daß sie sich nicht so sehr bespritzen, als wenn sie auf die blossen Steine bruntzen. Daß aber ein alter Besen die Eigenschafft haben soll, die vom Zorn oder Schrecken entstehende Beschwerung zu hindern, oder hinwegzunehmen, wird schwer zu erweisen fallen. Gewiß ist es zwar, daß durch Zorn und Schrecken bey dem Menschen eine solche Alteration im gantzen menschlichen Cörper entstehet, daß auch das geringste Aedergen / ja alles Eingeweide ein Leiden empfindet / und will ein iedes Aederlein sich gleichsam seiner Beschwerlichkeit und Last entschütten. Wie denn ein Angst-Schweiß über den gantzen Leib ausbricht; das Hertz und Pulß schlägt haßtig, das Eingeweide ist geschäfftig, in aller Eil die in sich habenden Excrementa auszuschütten; Dahero viele in solchem Schrecken und davon entstandener Angst kaum s.v. das Secret erreichen können, daß auch, meines Erachtens, dahero das bekannte Sprichwort mag entstanden seyn: Es ist ihm s.v. scheiß bange. Ist demnach eben nichts ungereimtes / wenn die Weiber nach gehabten Zorn oder Schrecken den Urin lassen; denn hierdurch wird der Natur um ein merckliches geholffen. Aber, daß es durch einen Besen müsse geschehen, das sind nur albere ersonnene Narren-Possen, und dienet weiter zu [168] nichts, als daß die guten Weiber ihre schönen Strümpffe nicht bespritzen mögen. Denn hierdurch etwas per transplantationem in den Besen zu bringen, als wie mit mancher Kranckheit, e.g. Gicht, Brüchen und dergleichen, in Bäume und Stauden geschicht, will sich hier keinesweges thun lassen; erstlich, weil es in solchem Zustande die Noth nicht erfordert, ausser welcher die transplantation nicht soll vorgenommen werden. Zum andern, weil es auf diese Art auch nicht geschehen kan, indem der Besen / als ein todtes Reisig, das nicht mehr auf seinem Stamm stehet, nichts an sich ziehet / als wie es sonst bey solcher Verrichtung erfordert wird; wie solches weitläufftig könte erwiesen werden, wenn ich mich nicht der Kürtze befleißigen wolte. Ist demnach kürtzlich zu wissen, daß zwar die Abschlagung des Urins oder Wassers nach gehabten Zorn oder Schrecken gar was rathsames sey: Daß es aber durch einen alten Besen geschehen müsse, ist vergeblich und abergläubisch.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Ledige Weibs-Personen / als Jungfern und Mägde /welche gern Männer hätten / die sollen in der Nacht vor St. Andreas Tage St. Andresen nackend anruffen /so wird ihnen ihr künfftiger Liebster im Schlaffe erscheinen.

Ein hungriger Wolff wird kaum so begierig auf den Raub seyn, als eine geile Magd begierig [169] nach einem Mannne ist. Was vor Hertz-brechende Gebetgen und tieffgeholte Seuffzer sie zu dem St. Andreas schicken, wenn der Tag Andreä heran kömmt, solches ist zwar leider! im gantzen Teutschlande bekannt, kan aber doch kaum mit Worten ausgesprochen werden. Sie knien oder treten gantz nackend in der Mitternacht vor ihr Bette, oder an einen andern Ort / und seuffzen so wehmüthig nach einem Mann, daß kein Wunder wäre, die Lufft erbarmete sich über die armen Nymphen, und hülffe ihnen aus ihrer Noth. Ach du goldiges Andreßgen! du liebes Mann-Bescherergen! siegen sie, ach! laß mir doch erscheinen den Hertzallerliebsten mein! wird er reich seyn, so laß mir ihn erscheinen mit einem Glaß Wein; ist es aber ein armer Mann, so laß ihn erscheinen mit einer Kofends-Kann! und was vor durchdringende Stoß-Gebetgen mehr gefallen, worbey sie noch viel hundert heisse Thränen vergiessen, den lieben Andream gleichsam damit balsamiren, u. seine Gunst zu gewinnen; sie winden die Hände, daß die Haut möchte herab gehn, scheuen auch weder Frost noch ander Ungemach, und lassen sich an ihrem verfluchten Teufels-Dienst nicht irren. Wie ich mich denn erinnere, daß vor ohngefehr sechs-biß acht und dreyßig Jahren in Thüringen ein solchVenus-Bild am St. Andreas-Tage des Morgens früh, als der Knecht die Pferde aus dem Stalle hat ziehen wollen, in der Stall Thür-Schwelle gesessen, und dem Knechte, als er die Thüre aufgezogen hat, recht todt erfroren entgegen gefallen ist. Die hatte sich richtig[170] den Teufel zum Manne erbetet. Woraus mehr als zu viel erhellet, daß der Mensch in dem Dienste, den er dem Satan leistet, viel eifferiger sey, als wenn er den rechten wahren GOtt anruffet oder dienet. Es ist unstreitig wahr, daß das Andreas-Gebet, wie sie es nennen, nichts anders ist, als eine Anruffung des Teufels um einen Mann. Denn alle Abgötterey rühret vom Teufel; das Gebet aber, das die Huren zum Andreas abfertigen / fangen sie gewöhnlich also an: Dees mees, (i.e. Deus meus) mein lieber St. Andreas etc. Da nun kein anderer als der einige wahre GOtt kan GOtt genennet werden / die Huren aber zu dem nicht hörenden Andreas schreyen: Deus meus! oder: Mein GOtt Andreas! so möchte ich gerne ihre Antwort hören, wenn ich sie fragte, wer ihr Gebet denn erhörete? Ohne Zweifel würden sie mir antworten: St. Andreas erhörete sie, als welchen sie auch angeruffen hätten. Aber die Mann-thörichten Vetteln dürffen sich das gar nicht einbilden, das St. Andreas ihr geiles Gebet erhöre; auch kan sie auf diese Art der wahre GOtt nicht erhören, weil sie seiner nicht achten, noch zu ihm ruffen; sondern der Teufel, als der an solchen geilen Huren-Begierden seinen Wohlgefallen hat, der höret und erhöret sie zu ihrer Verdammniß, und der erscheinet ihnen auch hernach zuweilen so wohl wachend als schlaffend, in Gestalt ihrer vermeynten zukünfftigen Männer. Dieser wird sie auch endlich, wenn sie sich nicht von diesen Teufels-Wegen abwenden, in seine Kammer führen, [171] darinnen sie ewig eingekerckert und nackend mit grausamen Zähn-Klappen ihre Wercke der Finsterniß werden büssen müssen. Sagt mir doch aber nur noch dieses, ihr nacketen Bet-Schwestern, was ihr denn euch wohl von St. Andressen einbildet? Da euer so viel hundert hin und her eintzeln im Finstern stehen, und St. Andressen um Männer anruffen, wie denn St. Andreas euch alle hören könne? Denn ob ihr ihn gleich Deus nennet, so ist er doch nicht GOtt. Wollet ihr aber mit denen Papisten vorgeben, die Heiligen lebten in GOtt, und hätten demnach die Eigenschafft GOttes durch GOtt, alles zu hören, was die Menschen hier und dort von ihnen bäten / so müsset ihr mir solcher gestalt auch nothwendig gestehen, daß, wenn es ja also wäre, (welches ich euch doch nicht einräume) so müsten die Heiligen auch von GOtt die Gewalt bekommen, denen Menschen ihre Bitte zu gewähren; sagt ihr nun dieses, so verrathet ihr euch ja selbst, das ihr toll- und thörichte Leute seyd! Denn warum rufft ihr denn nicht den an, durch dessen Krafft die Heiligen leben, und aus dessen Gewalt die Heiligen euch helffen, und euch eure Bitte gewähren sollen, wie ihr gemeynet? Warum rufft ihr denn St. Andresen im gantzen Jahre zu keiner andern Zeit mehr an, als nur in der eintzigen Nacht vor dem 30. Novembr. Schläffet er denn irgend die gantze übrige Jahrs-Zeit / oder schweiffet seine Seele (denn der Leib ist noch nicht auferstanden) irgend die übrige Zeit in allen Ländern herum? Oder macht irgend GOtt eine [172] gewisse Eintheilung unter den Verrichtungen derer Heiligen, daß den Tag der Heilige das verrichte, ein anderer einen andern Tag was anders, und so fort, biß das Jahr um ist, daß die Reihe wieder an den ersten kommet? Oder was sind sonst eure närrische Gedancken von denen Heiligen, und sonderlich von St. Andressen; Wie kömmt denn eben St. Andreas zu dieser Verrichtung, daß er euch mit Männern versorgen soll? Vielleicht, weil Andreas so viel heist, als mannhafft! ist weit gesucht. Drum bedencket alles wohl, und ruffet lieber den einigen all mächtigen GOtt an, daß er euch nach seinem Willen mit Männern versorgen wolle. Denn


Andreas kan den Jungfern nicht Ihr hochbetrübtes Angesicht, Ob sie gleich Finger-fase nackt hintreten, Und eiffrig ihn um einen Mann anbeten, Weil er von ihnen gar nichts weiß, erfreuen, Drum wird die Albern diß Gebet noch reuen.

Das 5. Capitel
Das 5. Capitel.
Wenn eine Dienst-Magd gern wissen will / ob sie länger bey ihrem HErrn in Dienst bleiben oder abziehen werde / soll sie auf den Weyhnacht-Heiligen-Abend den Schuch werffen.

Man pflegt zu sagen: Der Glaube bestätigt alles: Und wie einer glaubt, so wiederfähret ihm. Hier wird zwar nicht der wahre Glaube, als welcher freylich alles vermag, sondern der selbst erdachte Aberglaube verstanden, als welcher, [173] auf gewisse Masse, auch kräfftig ist, eine Sache, die sonst nicht geschehen würde, durch das Vertrauen, welches der Mensch darauf setzet / ins Werck zu richten, und geschicht bey diesem vorgenommenen Punct folgender Massen: Wenn die Magd in der Christ-Nacht sich in die Stube setzt, den Rücken nach der Thür zukehret, und schleudert (auf der Erden sitzend) den Schuch vom Fuß über den Kopff weg, alsdenn giebt sie Achtung, wie der Schuch stehet, und so das Vorder-Theil nach der Thür zustehet /so glaubt sie gewiß, sie werde von ihrem Herrn abziehen. Dieser Glaube aber verursacht, daß sie hinfort ihre Arbeit nicht mehr so treu und fleißig verrichtet wie zuvor, dieweil sie dencket, so sie nicht in diesen Diensten bliebe, so hätte sie auch nicht Ursach, sich ferner durch gute Dienste beliebt zu machen. Hierdurch wird alsdenn Herr und Frau bewogen, dieser Magd auch satt zu kriegen, und sich nach einer andern umzuthun, und lassen diese abziehen. Hingegen, wenn der Magd bey diesem Schuch-werffen der Schuch mit dem Vorder-Theile einwarts, oder mit dem Absatz nach der Stuben-Thür zu stehen kömmt, so glaubt sie gewiß, sie werde nach ihrem Dienst-Jahr noch länger allda verbleiben, setzt sich demnach aufs neue für, ihren Dienst treulich und fleißig zu verrichten. Wenn alsdenn dieses Herr und Frau gewahr werden, so reden sie eine solche Magd aufs neue an, daß sie ferner bey ihnen in Diensten bleiben möchte, worzu die Magd, um ihres in der Christ-Nacht wohl gestandenen Schuchs willen, [174] auch leichte zu bereden ist. Also sag ich, wird auf solche Weise der Aberglauben bestätiget, daß die Magd entweder bleibt oder abziehet, nachdem der Schuch gestanden hat. Und solcher gestalt ist freylich der Glaube kräfftig, daß die Sache geschicht, wie man geglaubet hat. Aber ohne ietzt gemeldete condition müste einer einen tummen Ochsen-Kopff haben, der da glauben wolte, daß ein Stück Rinds-Leder, woraus der stinckende Schuch bestehet, solche prophetische Eigenschafft haben solte, daß er sich eben im Niederfallen also legen werde, daß durch solch Lager der Magd angezeiget würde, ob werde sie abziehen oder länger im Dienst bleiben.


Nicht der Schuch, noch dessen Fallen, Nicht das Schleudern, noch der Stand, Macht / daß du kanst ferner stallen Dich nach deiner Frauen Hand, Sondern nur allein die Treue, Die du brauchst, macht dich beliebt. Drum, wilt du nicht endlich Reue, Und was dich zuletzt betrübt, Selber auf den Halß dir laden, Wenn du ohne Noth wegziehst; Hilff vermeiden allen Schaden, Diene, daß du Laster fliehst.

Das 6. Capitel
Das 6. Capitel.
Wenn eine Jungfer oder Magd will wissen / was ihr künfftiger Liebster vor Haare hat / die greiffe in der Christ-Nacht rücklings zur Stuben-Thüre hinaus / so bekömmt sie solche Haare in die Hand.

[175] Nicht von rechtschaffenen ehrlichen Dirnen, sondern von Ehr-losen Huren wird das Haargreiffen oder Raffen practiciret. Denn eine ehrliche Jungfer erwartet ihres Glücks von dem Willen GOttes, und fragt nichts darnach, was ihr künfftiger Liebster vor Haare haben werde. Auch wird sie auf solche Männer-tolle Weise nicht verlangen, solche zu sehen, weil sie sich gar leichte selbst einbilden und die Rechnung machen kan, daß die Haare, die sie auf solche gauckelhaffte Weise ergreiffen möchte, keinesweges von ihres noch unbekannten Liebsten Haare seyn können, sondern (wenn ja durch solch Greiffen oder Raffen Haare gefunden würden, welches doch nicht allemahl geschicht) durch den Teufel etwan von einem Diebe am Galgen, oder Mörder auf dem Rade, oder von einem Kehrich-Hauffen dahin practiciret worden sind, um damit denen abergläubischen Huren ihre geilen Gemüther und Begierden desto mehr zu bestricken. Man hat sich billig zu verwundern, wie weit es nun der Teufel gebracht hat, daß gleichwohl unter denen Christen solche Schand-Huren genug und die Menge gefunden werden, welche vor grosser Huren-Lust und geilen Muthwillen nicht wissen, was sie mehr vor thörichte Possen vornehmen sollen, damit sie dem Satan einen angenehmen Dienst erweisen, dargegen aber GOtt erzürnen, und die liebe Weyhnacht-Zeit entheiligen möchten; da ich doch nicht absehen kan, was sie sich denn vor Nutzen davon einbilden können, ob sie[176] auch gleich würcklich von ihres Liebsten eigenem Kopffe die Haare selbst ausgeraufft hätten. Wenn ich eine Jungfer wäre, und es wolte mich iemand zu diesem Haar-Rauffen bereden; so würde ich mir die Sorge machen / daß wenn ich einen Mann bekäme der solche Haare hätte, wie ich ergriffen hätte, so möchte GOtt mich um dieser begangenen Thorheit willen straffen, und verhängen, daß durch des Satans Zuschüren (weil ich ihm hiermit gedienet hätte) mein Mann mich zu Lohne bey meinen Haaren kriegen / die Stube mit mir auskehren, und mich zur Thür hinaus schleiffen, und mit ausgeraufften Haaren allda liegen lassen möchte, auf daß ich hierdurch an mein Haar-Raffen gedächte.


In der Christ-Nacht nicht recht schlaffen, Und aus Geilheit Haare raffen Macht, daß manche wird veracht. Solt ich eine Jungfrau suchen, Würd ich einer solchen fluchen, Die dergleichen hätt vollbracht. Drum die nicht will Hure heissen, Mag sich nicht solch Ding befleissen, Dadurch sie kömmt in Verdacht.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Wenn einer eine Haasen-Lorber ohngefehr auf dem Felde oder im Walde findet / und dieselbe isset / so mag der Haase kommen / an wen er will / so wird der / der die Lorber gefunden hat / auch sein Theil davon haben.

[177] Wenn ich gleich den Kopff noch so sehr zerbrechen wolte, um zu versuchen, ob ich etwas wider diesen Punct mit Recht sprechen könne, so würde ich doch nichts darwider aufbringen. Denn wenn der Haase gleich auf eine königliche Tafel käme, so hat doch der, der den Koth gegessen hat, seinen Theil schon davon hinweg. Probatum est! die Kunst ist richtig. Wer demnach gern von Haasen isset, und will diese Kunst gebrauchen, der hat die Versicherung drüber, daß er nicht fehlet.


Wer nun so lüstern ist, vom Haasen-Fleisch zu essen, Und will derhalben erst die Haasen-Bohnen fressen, Dem sag ich ins Gesicht: Er sey ein rechter Geck, Den Haasen kriegt er nicht; es bleibt ihm nur der Dreck.

Das 8. Capitel
Das 8. Capitel.
Des Nachts soll niemand in Spiegel sehen / denn es ist nicht gut.

Wenn ich frage, warum es nicht gut sey? so geben mir einige Weiber zur Antwort: Wer in der Nacht in einen Spiegel schauete, der sähe den Teufel darinnen. Ich vermeyne aber, daß es vielleicht auf folgende Art verstanden werden muß, als wie der Teufel / den jener arme liederliche Tropff in seinem Beutel hatte / wenn er in einer grossen Compagnie Studenten vorgab, woferne iemand Lust hätte, den Teufel zu sehen, so wolte er ihm solchen, gegen Erlegung eines Groschen / weisen, weil er ihn in einem ledernen Beutel bey sich trüge. Die curiösen Herren [178] Studiosi wolten, ein solch Unthier zu sehen, keiner seinen Groschen sparen, und reichte ein jeder sein Geld dar, und verfügten sich mit dem Teufels-Jubelirer in eine Kammer. Dieser machte seinen Beutel weit auf, und ließ einen nach dem andern hinein sehen, fragte auch letzlich: Ob sie den Teufel gesehen hätten? Sie antworteten alle mit Nein; er ließ sie alle noch einmahl hinein sehen, mit der Bedeutung, daß sie sich nicht zu fürchten hätten, (denn er merckte, daß etliche gantz zitternd und von ferne nur ein wenig nein guckten) und fragte: Was sie nun gesehen hätten? und bekam die Antwort: Nichts; ey /sagte er: Das ist eben der Teufel, daß nichts darinnen ist; drum sollen die Herren bedanckt seyn, daß sie mir mit ihren Groschen den unsichtbaren Vogel heraus jagen, und steckte das empfangene Geld hinein. Also auch, wer in der Nacht im Finstern vor einen Spiegel treten und hinein sehen wolte, zu dem könte man eben auch sagen: Das müste der Teufel seyn / wenn er etwas darinnen sähe. Wenn aber einer mit einem Lichte in Spiegel siehet, dem ist es so weit nicht gut, weil durch dergleichen Spiegel-Gucken die Augen vom Glantz Schaden leiden können; dahero auch nicht ohne Ursach die Spiegel des Nachts pflegen verdeckt zu werden. Der Teufel aber hat im Spiegel nichts zu thun. Jedoch / damit die Weiber / welche solch Vorgeben glauben, auch einmahl recht behalten / so will ich ihnen sagen, welchergestalt der Teufel im Spiegel zu sehen sey. Nehmlich also: Wenn eine hochmüthige und [179] stoltze Weibs-Person sich in ihrem Kleider-Pracht und gechminckten Angesichte am Tage nicht satt vor dem Spiegel belustigen kan, sondern nimmt auch die Nacht mit darzu, so ist es wahr, daß sie den Teufel im Spiegel siehet, weil sich nicht das Ebenbild GOttes, sondern der Hoffarts-Teufel bespiegelt.


Wer ohne Noth des Nachts will in den Spiegel schauen, Dem möchte freylich zwar wohl für dem Teufel graue, Jedoch, wenns nöthig ist, dem sage ich gantz frey, Daß gar kein Teufel ie in einem Spiegel sey.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Wer mit Holtz / Stroh oder anderer brennender Materie im Feuer oder Lichte gauckelt / der harnet hernach ins Bette.

Das Gauckeln und Spielen im Lichte oder Feuer ist eine Sache, die an sich selbst zu nichts taug, und weder grossen noch erwachsenen Leuten wohl anstehet, noch denen Kindern zuzulassen ist. Nun aber ist bekannt, daß das Bett-Harnen bey denen kleinen Kindern gemein ist, und wenn die Eltern ihnen diese Untugend abgewöhnen wollen, so beschämen sie sie nicht allein deswegen, sondern geben ihnen zuweilen auch wohl gar Schläge; ohnerachtet solche Untugend denen Kindern mehrentheils unwissend und im Schlaff begegnet. Dahero die Kinder dieses Laster offt gar gerne unterlassen möchten, dem sie wider ihren Willen unterworffen sind. Wenn denn nun das Gauckeln im Lichte eine Untugend [180] der Kinder ist, welches viel mehr gefährlich ist, als das Bett-Harnen, als haben verständige Eltern nicht uneben ersonnen, denen Kindern ein Laster mit dem andern durch Klugheit abzugewöhnen / und haben dahero zu denen Kindern gesagt, wenn sie sie haben im Lichte gauckeln gesehen: Wer im Lichte gauckele, der harne hernach ins Bette. Hierdurch werden die Kinder (weil sie gäntzlich glauben, es sey wahr,) von dem Licht-Gauckeln abgeschreckt, daß sie es andere Zeit unterlassen, damit sie hernach um dieses Lasters willen nicht geschlagen oder beschämet werden möchten. Unterdessen ist dieses Vorgeben durch die lange Gewohnheit von denen Kindern unter erwachsene Leute kommen, iedoch mehr aus Schertz, als Ernst. Wiewohl es gleichwol alte Narren giebt, die es vor wahr achten.


Wenn Bett-Harnen brächte Ehr, Und das Gauckeln nützlich wär, Hätte man wohl nie erdacht Dieses / dessen man nur lacht. Doch ist dieses Sprichwort gut, Wenn man hierdurch nicht mehr thut, Was Gefahr und Schande bringt, Gut, wenn Schertz also gelingt.

Das 10. Capitel
Das 10. Capitel.
Wenn eine Jungfrau wissen will / ob sie in einem Jahre einen Mann kriegen werde / soll sie am Weyhnacht Heiligen-Abend / oder in der Mitternacht an das Hüner-Hauß klopffen / und sagen: Gackert der[181] Hahn / so krieg ich einen Mann /gackert die Henn / so krieg ich kenn.

An solchen Orten und bey Handwercks-Leuten, allwo die Hüner-Häuser nicht weit von denen Werckstätten, da offt des Abends / auch wohl des Nachts gepocht und gerumpelt wird, da sind es die Hühner schon gewohnet, daß sie sich auf ein wenig Anklopffen nicht viel, auch wohl gar nicht regen. Dahero eine solche Mann-hungrige Jungfer starck an das Hüner-Hauß anschlagen muß, wenn sich dieses Vieh soll hören lassen, und ihr angenehme Antwort geben. Wie mir denn nur jüngst eine selbst erzehlete, wie daß sie keine Antwort erhalten können, ohnerachtet sie den Hahn endlich gar bey dem Kamme gezupfet hätte; woraus ja die Thorheit solcher Mannsüchtigen Creaturen überflüßig hervor scheinet. Denn wenn diese Sache zuträffe / so hätte ja, daß sie keinen Mann hätte kriegen sollen, an statt des Hahns eine Henne gackern sollen, wie, daß dieser Glaubens-Artickel solchergestalt ja erlogen sey. Zu dem möchten diese Nacht-Gespenster und Hüner-Stöberinnen doch erwegen, daß, wenn sie an manch Hüner-Hauß klopffen, zuweilen Hahn und Hüner zugleich zu gackern anfangen; wem geben sie alsdenn am meisten Glauben, wenn des Hahnes Gackern einen Mann, der Hüner Gackern aber keinen bedeuten soll? Zwar so braucht es keines Fragens, der Hahn wird doch wohl den Vorzug haben müssen, weil denen Jungfern an der Hüner Gackern nichts gelegen ist. Und glaub [182] ich, sie machten die armen Hünergen gern stumm, damit sie ihnen mit dem unangenehmen Gackern nicht irgend ihr Glück versagen möchten. Solte ich denen Mann-tollen Mägden ein Urtheil fällen, so würde es folgendes seyn: Weil sie des Glaubens sind, daß in der Christ-Nacht das Gackern des Hahnes ihnen / einen Mann zu bekommen, propheceyet, hingegen die Hüner durch ihr Gackern andeuten / daß sie noch keinen Mann erhalten werden, dahero sie die Hüner auch nicht gern gackern hören; so solten solche Damen auch keine Eyer von Hünern essen, sondern sich mit des Hahnes seinen krummen behelffen, und solches von Rechts wegen.


Es ist ein arges Ding, wenn sich die Jungfern sehnen Nach einem lieben Mann, der sie zu Weibern macht. Drum haben sie auch wohl die Augen voller Thränen, Wenn sie starck klopffen an, auch wohl zu Mitternacht, Am Hüner-Hauß-Fenster, Fast, wie die Gespenster. Der Hahn soll ihnen zwar alleine Antwort geben, Weil sie der Hüner Stimm so gerne hören nicht, Weil aber sitzen auch die Hüner all darneben, So gackern sie auch mit, und sagen ins Gesicht Den'n albern Narren: Sie müsten harren! Das Ding gefällt zwar nicht den'n Männer-tollen Leuten, Drum gehen sie davon voll Unmuth und voll Grimm; Doch will die Weiber List die Sache anders deuten, Und richten sich allein nur nach des Hahnen Stimm Drum sind es so Sachen, Der'r man nur muß lachen.

Das 11. Capitel
[183] Das 11. Capitel.
Wenn zwey ledige Personen einander heyrathen / und sind beyde noch unbefleckt / also / daß sie eine reine Jungfrau ist / und er noch kein Weib berühret hat / so wird das erste Kind / das sie mit einander zeugen / ein Narr.

Dieses mag wohl der Teufel selbst ersonnen haben. Denn ob durch spitzfindiges Nachsinnen gleich Rationes Physicæ mochten können hervor gesucht werden, dieses aus der Natur darzuthun; so laufft es doch auf das verfluchte Absehen des Teufels hinaus, daß, wer das erste Kind, das er in seiner Ehe erzeigen will, nicht will lassen einen Narren werden, der mag sich vorher exerciren, oder eine solche Person zur Ehe Gemahlin suchen, die fein weiß, wo Barthel Most offen hat, oder wo der Kinder Zebedäi ihr Vater wohnet. Ey du schöne Lehre! wer dir will beypflichten, der mag es thun, ich halte es nicht mit dir, denn ich habe einst ein alt Sprichwort gelesen, das hieß:


Wer eine Hure nähm wissendlich /

Der wär ein Hunds-Voigt öffentlich.


Wahr ists zwar, und giebts die tägliche Erfahrung, daß aller losen Leute, und auch derer Huren ihre Kin der gemeiniglich klüger sind / als ehrlicher Leute Kinder; Aber welcher redlicher Christ weiß nicht, was unser Heyland selbst sagt / nehmlich: Die Kinder dieser Welt sind klüger, [184] denn die Kinder des Lichts / in ihrem Geschlechte. Wer nun Lust zu solcher Klugheit hat, der mag sich / auf seine Gefahr, nach der hier befindlichen Vorschrifft richten; er soll aber wissen, daß diese Lehre in des Teufels Schule tractiret werde. Drum ist mein Rath:


Laß unflätge Säue für Ehre sich hüten / Laß Huren und Böcke die Klugheit ausbrüten, Laß Welt-Witz herstammen vom geilen Geschlecht, Laß ihnen nur immer die Schande seyn recht, Laß ehrliche Kinder auch Narren gleich heissen, So lobe ich, die sich auf Narren befleissen.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Wenn die Kinder auf denen Gassen mit Spiessen und Fähnlein reiten / so ist es ein wahrhafftiges Zeichen des Kriegs / so über das Land kommen wird.

Ja freylich! es kan kaum fehlen; wenn die Kinder mit Spiessen und Fähnlein reiten, mag es entweder eine schon vergangene oder noch vorhandene Sache bedeuten; denn die Kinder nehmen nichts anders für, als was sie sehen oder gesehen haben, und sind wie der grossen Leute ihre Affen. Wenn demnach Krieg zu besorgen ist, da werden gemeiniglich die Unterthanen und Land-Miliz in Kriegs-Exercitiis geübet, die Trouppen marschieren hin und her, bald zu Fuß bald zu Pferde. Wenn nun dieses die Kinder täglich sehen /so machen es die Aeffgen bald nach, und spielen so zu sagen des Kriegs. Alsdenn, wenn der Krieg recht angehet, so heist es: Ey ja, wohl [185] haben es die Kinder gewust, sie haben mit ihren Spiel solches Unheil uns deutlich genug propheceyet; und was dergleichen Albertäten mehr sind. Ja wohl! wie wolt ihr auch wahrhafftigere Propheten haben als Kinder? Denn ihr wisset ja wohl / daß Kinder und Narren die Wahrheit sagen. Aber ihr Thoren, die ihr in Ernst viel auf solche Kinder-Possen haltet, bedenckt ihr denn nicht, daß ihr noch viel gewissere Merckzeichen des Kriegs an denen grossen Anstalten und Zurüstungen, die im gantzen Lande gemacht werden, habt, als an euren Kindern? Ja ich sage, das eure Kinder klüger sind als ihr, weil sie eher darauf Achtung geben, auch dahero diese Dinge nachäffen. Und weil sie denn solcher gestalt klüger sind als ihr, so ist es kein Wunder, daß sie eure Lehrer werden, und euch sagen müssen, was vorhanden ist.


Drum, wenn ihr warten wolt, biß euch die Kinder sagen, Was schon vorhanden ist von schweren Landes-Plagen, So wartet ihr zu lang, drum seht euch besser für, Die Plag ist nicht mehr fern, sie ist schon für der Thür.

Das 13. Capitel
Das 13. Capitel.
Wenn sich die Kinder auf der Gassen mit Creutzen tragen / so ists ein Zeichen / daß darauf Sterben erfolget.

Dieser Glaubens-Articul ist dem vorigen gleich, und dahero mit gleicher Antwort zu belegen. Denn gleichwie in vorigen die Kinder [186] die Kriegs-Exercitia nachäffen; also thun sie hier mit denen Begräbniß-Ceremonien. Und will ich mich hoch verwetten, daß die Kinder sich nicht mit Creutzen tragen und darzu singen würden, wenn sie es nicht vorhero bey Begräbnissen gesehen hätten. (Ich nehme aber hier aus das tägliche Creutz-Geschleppe, so unter denen Papisten fürgehet.) Wenn nun auf solche Art derer Kinder ihreActiones eine künfftige Begebenheit anzeigen solten, so würden durch sie unzählig viel Dinge propheceyet werden; e.g. allwo der Gebrauch ist, daß jährlich einmahl ein höltzerner Vogel an einer Stange abgeschossen wird / allda werden die Kinder gegen solche gewöhnliche Zeit etliche Wochen auf dergleichen Art Stangen abschiessen. Item, wenn ein Qvacksalber an einem Orte sich aufgehalten, der einen Pickelhering gehabt, welcher auf der Stroh-Fiedel geschlagen hat, allda werden die Kinder dergleichen nachmachen, und des Pickelherings Actiones nachäffen, und so fort. Wer wolte aber so närrisch seyn, und glauben, daß wenn die Kinder den Vogel abschössen / oder sich mit Stroh-Fiedeln trügen, gewiß auch bald werde ein Vogel abegeschossen werden, oder bald ein Artzt kommen? Ja wenns mit denen Kindern wäre, als wie mit denen wassersüchtigen Jungfern, so wolte ich eher was auf solch Prognosticon der Kinder halten. Denn das ist unzehlich offt probiret worden, daß, wenn die Jungfern die Wassersucht bekommen, so bedeutet es gern Kindtäuffen; gebt nur Achtung darauf, es trifft ein.


[187]

Solt' der Kinder Creutze-tragen Uns zukünfftigs Sterben sagen? Ist doch unser gantzes Leben Ohndem stets mit Creutz umgeben, Und der Tod ist auch bereit, Uns zu würgen allezeit. Drum, wer traut auf Kinder-Possen, Der hat daraus schlecht geschlossen, Als ob er zu warten habe, Sich zu schicken zu dem Grabe. Wohl dem, der stets fertig ist Abzuscheiden wie ein Christ!

Das 14. Capitel
Das 14. Capitel.
Wir kein Geld im Beutel hat / der soll sich hüten /daß wenn der Mond neu ist / er ihm nicht in Beutel scheine / sonst wird er / so lange dieser Monat währet / Geld-Mangel leiden.

Da möchte man wohl sagen: Man säet sie nicht, man pflantzet sie nicht, und wachsen doch so wunderlich. Wenn ich ein Liebhaber der ungegründeten Astrologie wäre, so wolte ich mich bey diesem Punct für einen Astrologum ausgeben, und sagen: Wem der neue Mond ins Gesicht scheine, der würde so helle Augen bekommen, daß er alle Geister damit erkennen würde; fiele aber dieser neue Mond-Schein in die Ohren, so würde er alsobald zu einem Esel. Ich will zwar hier nicht eine ausführliche Widerlegung machen wider das Vorgeben des Helmontii, wenn er behaupten will, es habe der Mond sein eigen Licht, ohne das, welches er von der Sonnen hätte, [188] welches er mit denen Thieren, die des Nachts sehen, behaupten will, weil eine Fledermauß, eine Eule und dergleichen auch zu Zeiten des Neumonden in der Nacht sehen könnte. Aber einer, der nur so viel Witz hat, daß er eine Muscate von einem Pferde-Koth zu unterscheiden weiß, der wird dem sonst hochgepriesenen Mann in diesen Punct gar gründlich widersprechen können. Denn ob es gleich wahr wäre, daß der Mond sein eigen Licht hätte, so könten wir dessen des Nachts doch nicht theilhafftig werden, weil die Erd-Kugel zu der Zeit, wenn der Mond neu ist, und so wohl für dem Mond als für der Sonnen stehet / und dessen Schein verhindert; solte aber dieser Neumond-Schein auf den Tag ankommen, so weiß ich auch nicht / woher man dieses Wunder-Licht leiten will? Sintemahl die Fix-Sterne bey hellem Sonnenschein noch eher ein Licht von sich geben, als der Neumond. Ich will zwar nicht sagen, daß wer den Neumond zu Gesichte bekäme, der werde einen Schatz finden, sintemahl der Fleck, welcher bey begebenden Sonnen-Finsternissen in der Sonnen zu sehen ist, eben nichts anders ist als der Mond, der allezeit zu solcher Zeit neu ist; jedoch habe ich auch noch nicht gehöret, daß einer ausser der Zeit einer Sonnen-Finsterniß, auch durch den allerkünstlichenTubum hätte den Mond erblicket, wenn es neu gewesen. Dahero leicht zu schliessen ist, was es mit dem Schein des Neu-Mondes-Lichtes in einen leeren Beutel für Bewandniß habe. Und würde ich diesen Punct nicht einmahl meiner Striegel [189] gewürdiget haben, (weil ich solches Vorgeben nur vor einen Schertz hätte angesehen) wenn ich nicht gesehen, daß solcher in Ernst, der, dem so betitulten grossen Planeten-Buche mit einverleibten alten Weiber-Philosophie mit bey gefüget, und so wahrscheinlich denen andern erlogenen Glaubens-Gründen gleich vorgestellet werde.


Wer aus der flachen Hand kan Haare rauffen, Wer ohne Bein und Fuß kan in die Wette lauffen, Wer ohne Aug im Kopff dennoch kan sehen, Bey einem solchen wird es auch geschehen, Daß ihm der Neu-Mond wird in Beutel scheinen; Ein'm solchen glaube ichs, sonst aber keinen.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wer das Glück hat / daß die Störche ihr Nest auf sein Hauß oder Schorstein bauen / der wird lange leben /und reich werden.

Ich erinnere mich, daß einst die Störche ihr Nest auf eines Mannes, der sich nicht wenig einbildete, seinen Schorstein baueten, welcher, als er solches ersehen, alsbald mit den Worten herausgeplatzet war: Man würde nicht erfahren / daß die Störche auf eines armen oder gemeinen Mannes Hauß baueten. Als mir dieses Freuden-Geschrey des unschuldig-weisen Mannes zu Ohren kam, hätte ich mir bald die Colica darüber an Halß gelacht; und so ich diese Rede aus des klugen Herrn seinem all-beeständigen Munde gehöret hätte, so würde ich mich kaum haben enthalten können zu sagen: Wie [190] der Wirth wäre, so bescherte GOtt die Gäste! und gleichwie die Störche sich hoch hinan macheten, und zu ihrer Wohnung die höchsten Stellen aussucheten; item, wenn sie von ferne andere Störche fliegen sahen / alsobald sich um selbige gleichsam bekümmerten, sie anklapperten, und ihren Neid nicht bergen könten; also hätten dißmahl diese Störche einen Wirth gefunden, der ihrer Natur gleich sey. Lächerig kam es aber heraus / als gedachte Störche ihr neues Qvarter gar wenig Jahre bewohnten / sondern das Nest wegtrugen, weßhalben es der Haußwirth auch für kein gut omen hielte. Und scoptische Köpffe spotteten dessen, und sagten: Er sey von sammeter und stoffener Einbildung, aber von grobleinwanden Verstande und Vermögen, darum hätten die Störche, als sie solches vermercket, nicht länger allda herbergen wollen, und wären wieder davon gewandert. Ich lasse aber billich diesen Senior in seinem Werth, sintemahl sich mit der Zeit es weisen wird, ob er klug oder närrisch, arm oder reich gewesen sey? Was demnach ferner unsern vorhabenden Pseudosohischen Glaubens-Punct anlanget so wird denen bekannt seyn, die an solchen Orten wohnen, allwo viel Störche sich annisteln, daß sie erstlich sich zwar gerne auf die höchsten Häuser machen, und zum andern die Beqvemlichkeit der Feuer-Essen beobachten, ob sie ihre Nester füglich darauf befestigen können? im übrigen aber nichts darnach fragen, ob der Haußwirth arm oder reich sey. Ist er nun arm / so wird er von Storch-Nestern nicht einen Heller [191] reicher werden. Weil aber die höchsten Häuser gemeiniglich denen wohlhabensten Leuten gehören, (wiewohl offt in einem kleinen Häußgen ein Besitzer steckt, der drey andere in grossen Pallästen auskauften könnte,) so ist der albere Aberglaube entstanden, ob würden diejenigen reich /oder hätten Glück, wohin die Störche ihre Nester baueten. Ich weiß aber Storch-Nester auf solchen Wohnungen, die wegen der Besitzer Unvermögenheit bald gar einfallen werden. Wo aber allda das Glück steckt, welches die Störche andeuten, das weiß ich nicht?


So wenig als der Storch wird Lieder singen, So wenig wird er Glück und Reichthum bringen. Er kömmt gantz leer mit seinem Weibe an, Und muß sein Nest von Mooß und Dornen bauen, Darinnen GOtte, Wind und Wetter trauen, Sonst aber weiter ers nicht bringen kan, Als Kröten Frösch und Schlangen für die Jungen, Und wenn sie haben diese Kost verschlungen, Und sich in Fliegen haben exercirt, Daß sie in freyer Lufft können recht fliegen, So lassen sie den Koth im Neste liegen, Und werden förder wenig mehr gespürt.

Das 16. Capitel
Das 16. Capitel.
Wenn eine ledige Dirne will wissen / ob ihr Liebster werde gerade oder krumm seyn / die soll am Weyhnacht-Heilgen-Abend an eine Klaffter oder einen Stoß Holtz treten / und rücklings ein Scheit ausziehen / wie daß Scheit ist / also wird auch der Liebste seyn.

[192] O Du heiliger Weyhnacht Abend! wie mißbraucht dich doch manche Mann-thörichte Dirne zu ihren losen Händeln! Es weiß sicherlich manche tolle Trompe sich auf nichts mehr zu besinnen, das sie gern zu dieser heiligen Zeit noch practicirte; da ich doch, ie länger ich nachsinne, ie weniger begreiffen kan, warum eben diese Nacht denen ledigen Weibs-Personen so favorable seyn solle. Nach diesem Punct stellen sie eine Probe an, ob ihr künfftiger Liebster werde krumm oder gerade seyn / da sie doch nicht einmahl versichert sind, ob sie auch noch einen werden bekommen oder nicht. Sie probiren es mit einem unbesehenen Scheite Holtz, und wollen gleichsam sich hiermit zu dem bey ihnen gewöhnlichen Spruche bekennen: So muß ich einen Mann haben, und solte ich mir einen von Stroh oder Holtze machen. Ja, wenn sie einen solchen haben wollen so können sie auf diese Art freylich gar bald zu einen krummen oder geraden gelangen. Und wäre zu wünschen, daß alle solche Mann-tolle Vetteln die so vorwitzig sind, um die Beschaffenheit ihrer zukünfftigen Männer sich vor der Zeit zu bekümmern, ihr Lebtage sich mit solchen aus dem Holtze gezogenen Männern, zur Straffe ihrer Thorheit, behelffen müsten! Solte dieses Beginnen nicht die Abgötterey derer Heyden übertreffen? welche doch gleichwohl Götzen ehren, die gewisse Gestalten und Bildnisse an sich haben; hier aber sollen ungestalte Stücke Holtz Oracula abgeben, und anzeigen, wie der künfftige Liebste soll proportionirt seyn. Die thörichten Leute möchten [193] aber doch nur bedencken, daß zwar alle diejenige, welche solche Probe vornehmen, Scheite Holtz kriegten, aber alle bekommen nicht Männer. Dahero, welche keinen Mann bekömmt, und hat doch ein Scheit Holtz ausgezogen, die siehet ja solcher gestalt, daß diese abgöttische Probe falsch und erlogen sey. Es wird mir zwar ohne Zweifel geantwortet werden: Es könten diejenigen, welche keine Männer bekämen, auch das Scheit, das sie rücklings ergriffen hätten, nicht heraus ziehen, weil es allzufeste steckete. Allein, sie kommen mit diesem Einwurff gar nicht aus. Denn da nicht allein die lieben Damens gar fein sich an einem Ort wissen zu stellen, allwo sie gedencken, das Holtz zu gewinnen, so trägt sichs ja auch offt zu, daß ob sie gleich an ein Stück Holtz kommen, so sie weder regen noch wenden können, und solches müssen stecken lassen, dennoch dasselbige Jahr noch einem Soldaten oder andern praven Kerl überlieffert werden. Woraus ja offenbahr erhellet / daß dieser Glaubens-Articul falsch sey.


Die Dirnen / die sich gar nicht schämen, Sich selber ein'n Mann aus dem Holtze zu nehmen, Und zwar auf solche Art: Daß mit dem Rücken Sie sich an einen Hauffen Holtz andrücken, Und ziehen sich den Knittel oder Scheid Heraus, es sey gerade, krumm, schmal oder breit, Die wundern sich alsdenn ja nicht, Wenns künfftig ihnen auch geschicht, Daß ihnen ihre geilen Rücken Gesalbet werden mit dergleichen Stücken.

Das 17. Capitel
[194] Das 17. Capitel.
Welche Dirne will wissen / wie ihr künfftiger Mann werde heissen / die soll den ersten Faden Garn / den sie des Tages spinnet / vor ihre Hauß-Thüre spannen wie nun der erste vorbeygehende heist / also wird ihr künfftiger Mann auch heissen.

Wie kömmt aber eine solche Trompe zu rechte, die ihren Faden aufspannet, auch Achtung giebet, wer vorbey gehet, und wie er heist / und von einem Jahre zum andern auf einen Liebsten gleiches Nahmens hoffet, aber doch biß an ihr Ende keines Mannes theilhafftig wird? Wie trifft doch bey einer solchen dieser schöne Glaubens-Articul ein? Oder wie wird eine andere dran seyn, da zugleich zwey, drey oder mehr Männer vorbey gehen, und hat ieder einen andern Nahmen? Wie will sie allda wissen, welchen Nahmen ihr künfftiger Schatz haben werde? Hierauf werde ich ohne Zweifel zu erst Antwort bekommen, (weil mein erster Einwurff wohl wird unbeantwortet bleiben,) daß der / welcher oben an, oder auch der Thür am nechsten gehe, der habe den Nahmen des künfftigen Liebsten; oder aber trüge sichs auch wohl zu, daß wenn ihrer zweye wären, die vorbey giengen, der eine Hanß und der andere Christoph u.s.f. hiesse, da hiesse alsdenn der künfftige Liebste Hanß Christoph: Oder es könte sich auch begeben, daß wenn zwey oder drey Männer vorbey giengen, die Jungfer hernach, [195] auch 2. oder 3. Männer kriegen, die derer ihre Nahmen hätten, die vorbey gegangen wären. Allein dieses sind gar zu weit gesuchte Possen: denn so zwey oder mehr Männer zugleich vorbey gehen, und der oben angehet, den rechten Nahmen haben soll, so fragt sichs, wie es bey denen Völckern könne eintreffen, welche die Lincke vor die Oberhand halten? Oder wenn es der soll seyn, der am nächsten an der Thür gehen werde, so weiß ich auch nicht, wie die Natur durch den vor die Thür gespanneten Faden solte solche Gewalt leiden können, daß durch ihre Würckung die zwey oder drey vorbey gehenden Männer sich eben in eine solche Ordnung stellen müsten, daß eben derjenige auf der Seiten gehen müste, welcher der Jungfer ihres künfftigen Liebsten seinen Nahmen führte? Denn nachdem der Gang von der rechten oder lincken Seiten des Hauses herkömmt, nachdem gehet auch dieser oder jener oben an oder dem Hause am nächsten. Daß aber der künfftige Mann einen doppelten Nahmen führen solle, nach denen Nahmen zweyer vorbey gegangener Männer, das scheinet auch der Natur zu viel Gewalt mit einem elenden Faden Garn thun wollen; als ob die Natur um des Fadens willen eben solche zwey Männer zusammen und vor dieser Thüre vorbey führen müste, allwo das Garn aufgespannet wäre. Was letzlich zwey oder drey Männer anlanget, die sich eine solche Mann-begierige Jungfer zu überkommen möchte träumen lassen, das ist mit vorigem gleiches Schlages, und sind lauter vergebliche Einbildungen [196] und abgöttische Aberglauben, derer sich ehrliche Jungfern niemahls bedienen werden.


Und so auf solche Art eine spannt auf ihr Garn, Und kömmt zu erst ein Ochs gefahren mit dem Karn, Oder wenn nach fürgezognen Faden Ein Esel kömmt mit einem Sack beladen, So müst der künfftge Mann Ochs oder Esel heissen. Gefällt dir das nun nicht, magst du das Garn wege reissen.

Das 18. Capitel
Das 18. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man einen Rost oder Dreyfuß aufs Feuer setzet / und leget nichts drauf.

Besser ists, wenn auf dem Roste ein paar gute Bratwürste liegen, und auf dem Dreyfusse ein Kessel mit einem guten Schincken oder fetten Karpffen stehet. Und solchergestalt möchte dieser Glaubens-Punkt schon beantwortet seyn. Allein, weil ich gleichwohl offt wahr genommen, daß, wenn an manchem Orte sind Fische gesotten worden, die Köchin, so bald sie den Kessel vom Dreyfuß gehoben gehabt, einem andern dabey stehenden zugeruffen, daß er den Dreyfuß möchte umwerffen, so habe ich nach solcher Bedeutung offt gefraget, aber keinen andern Bescheid erhalten, als daß es nicht gut sey, wenn der blosse Dreyfuß im Feuer stehen bliebe. Endlich ist mir gesagt worden / habe es auch in der, dem grossen Planeten-Buche mit einverleibten alten Weiber-Philosophie gefunden, daß es folgendes bedeuten solle: Nehmlich, ein Weib, welches den Rost oder Dreyfuß so frey auf dem [197] Feuer stehen liesse, das würde unscheinbar, runtzlich und alt. Ist demnach kein Wunder, daß die lieben Dinger so sorgfältig den Dreyfuß aus dem Feuer thun; sintemahl ihnen an nichts mehr gelegen ist, als an schöner Gestalt, weil sie wohl wissen, daß, so sie diese besitzen, ihnen das übrige, was ihnen gefället, auch nicht leichte entstehen werde. Denn wenn sie schön sind, so sind sie denen Manns-Personen, als um derer willen sie sich putzen, baden, pudern / schmincken, salben und balsamiren, angenehm; und wenn sie noch ledig sind / bekommen sie eher Männer; sind sie aber ehelich, so hoffen sie, um der Schönheit willen, zuweilen auch (wiewohl verbotener Weise) einer frembden Speise zu geniessen. Welche wolte denn bey so gestalten Sachen den Rost oder Dreyfuß im Feuer stehen lassen? und wolte ich nun keine mehr verdencken, wenn sie solchen, in Ermangelung einer Feuer-Zange, gleich mit blossen Händen umwürffe; Allein, weil gleichwohl eine Sache nicht nur in blossem Vorgeben bestehen darff, sondern auch gewisse rationes erfordert werden, warum das oder jenes so / oder so sey? so wollen mir die Weiber doch erst die Art und Weise entdecken, wie sie von dem auf dem Feuer bloß stehenden Dreyfuß runtzlich und alt werden, widrigen Falls wird es niemand ihnen zu Gefallen glauben. Und ob sie gleich wolten fürgeben, daß sie solches aus offt und vieler Erfahrung erlernet hätten; so wäre doch dieses noch ein gar schlechter Beweiß, weil andere Dinge mehr und öffter fürgehen / die eine Ursach zum Runtzeln [198] und alter Gestalt machen können, als der im Feuer stehende Dreyfuß. Auch werden viele ungestalt, die nicht einmahl an das Feuer kommen, viel weniger einen Dreyfuß im Feuer stehen lassen; und das sind solche liebe Dingergen, die nicht wissen eine Wasser-Suppe zu machen, sondern sich auf die Mägde verlassen. Ich will aber andere Ursachen endecken, warum die schönen Weiber manchmahl so bald runtzlich und ungestalt werden? nehmlich: Wenn sie Bocken-Gruben mit Schmincke, Kleister, Bleyweiß, Kugelag und dergleichen stets anfüllen wollen /so macht es endlich eine runtzeliche Haut; oder wenn sie die Stirne glatt in die Höhe binden, solche mit so genannten Favorittgen behängen, als ob ihnen ein Turtel-Täubgen auf dem Kopffe gesessen sey, und auf die Stirne solche runde Ringelgen s.v. geschmeisset hätte; die sie dermassen mit Mehl oder gestossener Stärcke bestreuen, daß sie aussehen, als eine aus der Mühlen kommende Palm-Sonntags-Stutte, oder, nach der teutschen Grund-Sprache zu reden, eine mit Mehl bestobene Eselin. Auch trägt zu eines jungen Weibes baldigen Runtzeln viel bey, wenn sie lieber den Kragen, als den Magen bedencket, und lieber Hunger leidet, als etwas von der verfluchten Hoffart und Putz abbrechen will, da fallen die Backen bald in Falten und die vorhin glatt gewesene Stirn bekömmt Runtzeln, und werden Crepunene Gesichter daraus. Dieses sind also meine rationes, warum die Weiber bald alt und runtzlich werden; vom Dreyfuß im Feuer halte ich aber gar nichts, biß mir die Weiber gnugsam ihr Vorgeben erweisen.


[199]

Nicht der Dreyfuß noch der Rost, Sondern eine schlechte Kost, Vieles Schmincken, Courtisiren, Und die Stirn mit Kreyde schmieren; Diese und dergleichen Sachen Sind es, die die Runtzeln machen.

Das 19. Capitel
Das 19. Capitel.
Wenn ein Weib zu Bette gehet / und grüsset die Sterne am Himmel / so nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn.

Dieses glauben die albern abgöttischen und abergläubischen Weiber, und practiciren es auch; Wenn sichs alsdenn begiebt, daß ihnen ihre jungen Hüner unverletzt bleiben, so vermeynen sie, daß wahrhafftig der Gruß, den sie an die Sterne gethan, solchen Schutz zuwege gebracht habe. Hieran aber hat der Teufel seinen sonderlichen Wohlgefallen, daher er mit Fleiß verhüten hilfft, daß der Habicht kein jung Huhn von denen erhasche, derer Frauen die Sterne gegrüsset haben; Hingegen derer ihre / die solches nicht gethan haben, hilfft er, so viel ihme GOtt zulässet, desto mehr verderben, nur darum / daß er den abgöttischen Wahn bey denen Weibern möchte vermehren. Aber die albern Narren möchten doch ein wenig überlegen, wie abgeschmackt und thöricht ihr Vornehmen sey, und der Satan denen ihren gesunden Verstand beraubet haben müsse, die solche Narren-Possen glauben unb practiciren. Denn der rechte und wahre Verstand[200] dieses ihres Glaubens-Artickels ist also beschaffen: Zu der Zeit, wenn ein Weib Abends zu Bette gehet, da die Sterne am Himmel zu sehen sind, so ist es finster; wenn sie nun die sichtbaren Sterne grüsset, so nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn, denn die Gluck-Henne sitzet zu der Zeit drüber, und ist auch in der finstern Nacht kein Geyer anzutreffen, der eines nehmen könne. Ist also freylich wahr, daß der Habicht ihr kein jung Huhn nimmt, wenn sie zu Bette gehet, oder wenn sie die Sterne am Himmel grüssen kan. Auf folgenden Tag aber hat sie dessen keinen Bürgen.


Kan auch wohl ein Peter Sqventz Einen solchen Reverentz In dem Spiele machen, Als die Weiber Abends-Zeit Mit dem Grusse sind bereit? Dessen man muß lachen. Sie begrüssen nicht den HErrn, Sondern nur desselben Stern, In besonderm Glauben, Daß darum der Geyer nicht Ihnen, wie sonst offt geschicht, Ein jung Huhn soll rauben. Aber sie sind unbedacht, Denn ja ohndem in der Nacht Kein Geyr ist vorhanden; Aber wenn ein ander mahl Holt der Geyr eins aus der Zahl, Bestehn sie mit Schanden;

Das 20. Capitel
Das 20. Capitel.
Wenn man Stroh in ein Bett thut / [201] soll man die Knoten nicht an denen Stroh-Bändern lassen / sonst kan niemand darauf schlaffen.

Offtmahls, wenn Patienten nicht haben schlaffen können, oder mancher, wegen vieler Sorgen und andern Ursachen, wenig Ruhe im Bette gehabt, habe ich kluge Weiber hören den Rath geben: Man möchte doch das Bett-Stroh durchsuchen, ob irgend unaufgeknüpffte Stroh-Bänder darinnen wären, welche eine gewisse Hinderniß des Schlaffs und Ruhe verursachten? Alleine, ob gleich solche zu weilen gefunden, und weggethan sind worden, ist dennoch kein Schlaff darauf erfolget. Also siehet man / wie die Weiber alle Kleinigkeiten zu Aberglauben machen können, wenn auch gleich öffters natürliche Ursachen darbey zu beobachten sind. Denn das ist natürlich, daß einer auf vielen Knoten, als wie an Stroh-Bändern sind, würde schlechte Ruhe finden, wenn er solche / als eine Streue / unter sich hätte. Auch kan sichs bey gar armen Leuten wohl zu weilen zutragen, wenn weder Betten noch Stroh zur Gnüge vorhanden ist, daß ein eintziger solcher Knoten einen / der darauf lieget, Unruhe verursachet. Wenn aber Stroh genug im Bette liegt, und auch noch gute Betten darzu drauf gelegt sind, so kan ein oder zwey Knoten von Stroh-Bändern keine Verhinderniß des Schlaffs verursachen; so wenig, als etliche Pflaum-Federn verursachen solten, daß einer, der sich drauf legte, sanfft ruhen werde:


[202]

Einer, der ohne Sorgen, Kranckheit u. Schmertzen, Gar wohl kan schlaffen, essen, trincken und schertzen, Der wird auch Zweifels frey in Kleidern und Schuhen, Auf der Banck oder auf Stroh-Knoten ruhen.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Wenn ein Weib zu Marckte gehet / und hat früh / als sie die Schuhe angezogen / den rechten Schuch erst angezogen / so wird sie ihre Wahre theuer loß werden.

Solte die Ursach daher kommen, daß die Bauer-Weiber ihre Butter und Käse so theuer geben, so wäre nicht unbillich / wenn die Obrigkeit anbefehle, daß die Weiber alle den lincken Schuch erst anziehen müsten. Daß aber dieser Aberglaube falsch sey, erhellet daraus, weil viel hundert Bauer-Weiber barfuß zu Marckte kommen, und weder Schuch noch Strumpff anhaben, dennoch aber hartnäckig auf ihre Wahre halten, und theuer gnug verkauffen. Und kan ich mich nicht erinnern, daß ich in zehen Jahren einem Bauer-Weibe etwas hätte abgekaufft, das sie um einen billichen Preiß gegeben hätte; denn sie wissen, daß des Volcks in denen Städten viel ist, die essen wollen, dahero wissen sie nicht, wie sie ihre stinckenden Käse und andere Victualien theuer genung ausschinden sollen. Und ob sie gleich alles über die Billigkeit verkauffen, so lassen sie sich doch noch nicht damit begnügen, sondern sinnen noch auf Mittel und schwartz-künstliche Handgriffe / die ihnen zum theuer-Verkauf fen dienen sollen, dergleichen einer dieses ist, was ich [203] ietzt untersuche, nehmlich die erst Anziehung des rechten Schuchs; andere solcher Abgötterey und losen Zauber-Griffgen vorietzt zugeschweigen. Daß aber dieses zum theuer-Verkauffen nichts thut, habe ich nicht allein schon oben angeführet / sondern es ist auch daraus zu schliessen, weil ein Bauer-Weib selten einen Unterscheid unter ihren Schuhen machet, ob er an den rechten oder lincken Fuß gezogen wird; kan dahero der Schuch als Schuch nichts wircken, sondern es müste die Krafft vom rechten Fusse oder Aufhebung des rechten Beins herkommen, aber auch dieses will sich nicht wohl reimen; denn wenn die Weiber früh, ehe sie zu Marckte gehen, erst in den Kühställen herum wandern, und die Füsse hernach waschen, so heben sie die Beine, ohne Unterscheid auf, und waschen beyde abe; woferne sie sie aber nicht waschen, so ist kein Zweifel, es werde der lincke Fuß so heßlich als der rechte stincken, und wie kan denn hernach ein Fuß dem andern die Krafft geben, daß die Wahre auf dem Marckte theuer verkaufft werde? Gleichwohl aber aus der Sach zu kommen, will ich ein wenig entwerffen, was mich düncket, wie es mit Anziehung des rechten Schuchs und dessen Wirckung zu unchristlicher Schinderey zugehe; nehmlich, der rechte Schuch ist das erkaltete und von aller Christlichen Liebe befreyete Hertz, und der rechte Fuß ist die geitzige Begierde zum unbilligen Wucher. Wenn dieser Fuß also in den kalten Lieblosen Schuch tritt, und zu Marckte wandert, so verkäufft das Weib theuer. Was aber der barmhertzige [204] GOtt darzu sagt, das können die Soldaten hernach denen Bauern am besten fürpredigen.


Wenn sich die Bauern der Billigkeit schämen, So müssen sie sich doch willig beqvemen, Zu geben, gantz ohne Geld, Käse und Butter, Brodt und Bier, Eyer, auch Haber und Futter, Wenn ihnen zur Straffe Soldaten gebieten, Dafür uns doch alle GOtt wolle behüten!

Das 22. Capitel
Das 22. Capitel.
Wer ein Hembde anhat / welches von Garn gewircket ist / das ein Mägdlein unter sieben Jahren alt gesponnen hat / der hat Glück darinnen.

Ich übergehe allhier, um Aergerniß zu verhüten, was vor verfluchte Zauberey und Gauckeley mit dem so genannten Noth-Hembde getrieben, und vor diesem von manchen Teufels-Diener höher als GOtt selbstæstimiret worden ist. Denn wenn ein frommer Christ beobachtet erstlich, was vor Personen das Garn darzu haben müssen spinnen? zum andern, in wessen Nahmen? drittens die Zeit oder den Tag, wenn es hat müssen gesponnen / gewircket und auch gemacht werden: vierdtens die Form und Gestalt? und letzlich, wenn und wofür es gebraucht worden ist, so wird ein ieder gestehen müssen, daß es ein recht Werck des Teufes gewesen sey; und zweiffele ich nicht, daß noch wohl heut zu Tage dergleichen verfertiget und gebraucht werden / weil doch in dieser Grund-Suppe der Welt fast [205] alle Laster, welche sonst schon vergessen gewesen, wieder aufs neue aufgewärmet und hervor gesucht werden. Es sey aber dahin gestellet, ob nicht jetziger Zeit noch solche Noth-Hembder gemacht und gebrauchet werden? so fehlets doch hingegen nicht an andern verdammlichen Abgottereyen und Aberglauben. Wie denn in Wahrheit ein solch Hembde, worzu das Garn von einem Kinde unter 7. Jahren gesponnen ist, wenn es mit der intention getragen wird, daß es Glück bringen soll, nichts als ein offenbares abgöttisches Werck ist. Daß es aber auch im allergeringsten keine Würckung habe bey Christlichen Leuten, wie kein Vertrauen darauf setzen / kan ich aus folgender Begebenheit abnehmen. Meine nunmehro längst in GOtt ruhende älteste Schwester hatte, vor dem Beschluß ihres siebenden Jahres, so viel gesponnen, daß sie ein Mantel Ellen Leinwand davon würcken ließ, welche ihr meine Mutter aufhub, als einen Haußrath; und weil dieselbe bey Zeiten, nechst der Gottesfurcht, zu allerhand häußlichen Verrichtungen angewiesen wurde, muste sie in ihrem vierzehenden Jahre meines ältesten Bruders Haußhälterin werden, weil er noch unverheyrathet war; als aber sein Nahmens-Tag kam, machte sie von ihrer Leinwand ein Hembd, und band ihn damit an. Nun kan ich zwar nicht wissen, indem ich davon keine observation zu selbiger Zeit gemacht habe / was vor Glück er darinnen gehabt hat? aber das erinnere ich mich noch wohl, daß, als er hernach Amts wegen, der Brandenburgischen Armee, [206] welche, wo ich nicht irre, vor 30. Jahren vom Frantzösischen Kriege aus dem Reiche durch den Thüringer Wald, in die Winter Qvartiere zog, biß auf den Frauenwald (ist ein schönes Fürstlich Gothisches Hauß und Gasthoff im Thüringer Walde gelegen) entgegen gehen muste, um zu hintertreiben / daß der March die Hennebergischen und Weimarischen Dörffer nicht so starck betreffen möchte; da trug sichs zu, daß er in diesem Gasthofe über einem allda an einem hitzigen Fieber liegenden Obersten sich dermassen entsetzte, daß er sich alsbald entfärbte, und sich kranck nach Ilmenau bringen lassen muste, allwo er den dritten Tag seinen Geist aufgab, und starb. Ob er nun zwar zu derselbigen Zeit sich nur kurtz zuvor verheyrathet hatte, war doch meine Schwester noch bey ihm, und erzehlete bey dessen Begräbniß daß er eben das Hembde, womit sie ihn angebunden gehabt, hätte auf dieser unglücklichen Reise angehabt, und hätte solcher Gestalt gar wenig Glück darinnen gehabt. Dieses habe ich also nur darum angeführet, auf daß iedweder erkennen möge, daß ein solch Hembde nicht einen Pfifferling besser sey, als ein anders. Wer aber sein Vertrauen auf dieses und dergleichen Possen setzet, bey dem hat der Teufel geschwinde seine operation, und verschaffet, daß er in seinem abgöttischen Vertrauen noch mehr gestärcket werde; drum hat ein redlicher Christ wohl Ursache, sich vor solchen losen Händeln zuhüten.


Der ist ja wohl recht geschossen, Der auf solche albre Possen [207] Seine Hoffnung also setzet / Daß er sich dabey verletzet An der Seelen und Gewissen; Denn der Teufel ist beflissen, Mit dergleichen falschen Stricken Fromme Christen zu berücken.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
Wenn es auf St. Johannis-Tag regnet / so verderben die Nüsse / hingegen gerathen die Huren.

Ey! wenn nur was geräth / auf daß das Jahr nicht gar unfruchtbar ist; wie wohl die Huren gerathen, ob gleich kein Tropffen Regen im gantzen Jahre solte vom Himmel fallen. Daß aber die Nüsse manch Jahr verderben, ist bekannt. Ob aber der Regen, welcher an Johannis-Tage fället / hierzu etwas contribuiren mag? kan ich so schlechter dings nicht annehmen, weil ich mich noch erinnere, daß, als ich vor 2. Jahren, nehmlich An. 1702. am St. Johannis-Tage, eben als es regnete, zu einem guten Freunde Schertz-weise sagte; es würden die Nüsse verderben, und hingegen, nach dem gemeinen Sprichwort, die Jungfern fruchtbar werden. Ob nun gleich an denen letztern nichts ermangelt hat als Ehre und Schamhafftigkeit, so wird doch ein ieder mit mir bekennen müssen, daß im Jahr 1702. die Nüsse dermassen wohl gerathen sind, als in sehr vielen Jahren zuvor nicht geschehen ist. Trifft also das bekannte Glaubens-Pünctlein mit der Wahrheit nicht überein. Ich kan auch nicht absehen, [208] aus was Ursachen die Huren gerathen sollen, wenn die Nüsse verdirben / und solte man vielmehr glauben, wenn die Nüsse wohl geriethen, so giengen die Jungfern mit denen Manns-Personen in die Hasel-Sträucher, allda Nüsse zu suchen, bey welcher Gelegenheit manche ein paar Nüsse aufzubeissen bekäme, davon ihr in drey viertel Jahren der Wurm aus dem Leibe kröche; denn es sind manche Nüsse wurmicht.


Wenn manche Dirne sich recht schämte, Und sich nicht alsobald beqvemte Mit ieden Pursch zu lauffen, So dürffte sie zuletzt für Grämen, Den Kopff nicht in die Hände nehmen, Und sich die Haar ausrauffen, Denn wenn sie sich nach Hasel-Nüssen Umsehen, sind sie auch beflissen Ein Vogel-Nest zu finden, Das finden sie denn gar geschwinde, Und müssen sich bald mit dem Kinde An statt des Vogels winden. Alsdenn muß diesen lieben Seegen Gewürckt habn der Johannis-Regen. Und kan auch gar wohl kommen, Wenn sie Herr Vogel-Hansen haben, Oder sonst einen solchen Knaben, In ihr Nest eingenommen.

Das 24. Capitel
Das 24. Capitel.
Am St. Johannis-Tage sollen sich die Bauern in Zwiebel-Beten herum weltzen / so werden die Zwiebeln groß wachsen.

[209] Dieses Fürgeben ist zwar wahr; jedoch muß es nicht eben am Johannis-Tage geschehen, sondern kurtz zuvor, oder vielmehr nach ietzigen neuen Calender etliche Tage hernach. Und hat es seine natürlichen Ursachen, welche die klugen Gärtner wohl verstehen /und dahero um solche Zeit das Zwiebel-Kraut mit Fleiß auf denen Zwiebel-Beten umtreten. Denn wenn das Kraut zertreten wird, so wird es hernach welck, und das übrige Wachsthum bleibet in der Wurtzel oder Zwiebel, und werden groß. Diese Verwelckung derer Zwiebel-Röhren wird auch verursachet, wenn man sich auf selbigen herum wältzet, und sie damit übern Hauffen und entzwey drucket. Und gilt gleich viel, ob sie umgetreten oder gewältzet werden, und darff auch nicht eben am Johannis-Tage geschehen.


Und rath ich dir, du guter Bauer, Laß dirs nicht werden allzusauer, Und wältz dich nicht beschwerlich rum: Denn wenn du trittst die Stengel um, Auf daß in Wurtzeln muß der Safft Verbleiben, samt der Wachsthums-Krafft, So hast du schon genug gethan. Es kömmt auch nicht so eben an, Daß es müst seyn Johannis Fest Denn wenn du es verstreichen läst, So nimm es nur hernach noch für. Du kriegst groß Zwiebeln, glaube mir.

Das 25. Capitel
Das 25. Capitel.
An Bartholomäi-Tage sollen die Mägde nicht ins Kraut gehen / Blätter vor das Vieh zu holen.

[210] Dieser närrische Aberglaube ist meines Wissens nur an theils Orten in Thüringen bekannt, allwo das gemeine Volck in dem albern Wahn stehet, es würffe Bartholomäus an diesem Tage Kraut Häupte in das Kraut, derowegen solle niemand an diesem Tage in das Kraut gehen, auf daß es den Bartholomäum nicht verjagete oder verstörete. Wo nun diese gantz albere Meynung ihren Ursprung herhaben mag, kan ich nicht erfahren; vermuthe aber nicht unbillig daß es noch aus dem Pabsthum übrig blieben sey, weil wir dergleichen Raritäten mehr ihnen noch abgeerbet haben. Wie sich aber der gute Bartholomäus so mag versündiget haben / daß er, als wie zur Straffe, die Kraut-Häupter in so vielen Ländern muß oder soll einstreuen, kan ich weder begreiffen noch glauben; welcher Narr es aber will glauben, dem will ichs nicht wehren. Und scheinet, daß Barthel müsse ein furchtsamer Kerl seyn, weil er sich stracks fürchtet, so eine Magd zu ihm ins Kraut kömmt, und sich von seiner Verrichtung lässet abschrecken; alleine, ich glaube, daß einst eine Magd an Bartholomäi-Tage mag im Kraute gewesen seyn, und hat einen Haasen sehen heraus lauffen, der zuweilen, nach der Haasen Gebrauch, sich aufgerichtet, und ein Männgen gestanden hat, diesen mag sie vor Bartheln haben angesehen, und hat gedacht, wenn dieser lang öhrige Kerl oben die kleinen Hertz-Blätgen in Kraut-Stauden gekostet hat, er sey der Barthel, und werffe Kraut-Häupter ein. Aber zum wenigsten weiß ich und jedermann, daß [211] um Bartholomäi schon viel Kraut-Häupter verkaufft werden. Derowegen solche ja nicht erst am Bartholomäi können eingeworffen werden.


Weil ohne Zweifel eine steiffe Magd Den Haasen hat aus dem Kraute gejagd Eben an Bartholomäus-Tage, So ist davon entstanden die Sage, Als sey es Barthel selbst gewesen, Drum dürfft man hinfort nicht auflesen An diesem Tag die gelben Blätter, Auf daß man nicht verjagt den Vetter, Oder Schwager Bartheln, den lieben Mann, Damit er Häupter einwerffen kan.

Das 26. Capitel
Das 26. Capitel.
Wer ein vier-blätteriges Klee-Blat findet / der soll es werth halten / denn so lange er es hat / wird er glückseelig und reich seyn.

Aller Klee, wie er Nahmen haben mag, (denn es giebt dessen sehr vielerley Arten) ist nach seiner natürlichen Eigenschafft und Gestalt ein solch Kraut, da ein dreyfaches Blatt auf iedem Stiele wächset. Wenn sichs aber ohngefehr begiebt, daß mehr als drey Blätter auf einem Stiele gefunden werden, so ist es gleichsam eine Mißgeburt, lusus naturæ, gleichwie bey manchem Menschen / der 6. Finger an einer Hand hat, oder auf einem Halm 2. 3. oder mehr Aehren Weitzen oder Korn wachsen. Da nun dieses solche Dinge sind, welche nicht wider die Ordnung der Natur sich mit natürlichen Geschöpffen hervorzuthun pflegen, so sind es allgemeine Dinge, die man, zu [212] gewissen Zeiten, suchen und nicht finden kan, sondern werden gemeiniglich ohngefehr gefunden und angetroffen. Derowegen pfleget man auch zu sagen: Wer vier-blätterigen Klee suchet, der findet keinen, und wer keinen suchet, der findet dessen. Daß aber einer, der solcher Art Klee mit vier Blättern findet und aufhebet, mehr Glück oder Reichthum zu hoffen habe, als wenn er dergleichen Klee nicht hätte, das ist eine grobe Abgötterey und offenbare Lügen. Denn ich kan einem nicht alleine wohl dreyßigerley Sorten von allerhand Klee, als Stein- Spitz- Wasser- Wiesen- Spanisch-Sauer- Hertz- Hopffen- Schnecken- Gülden- und dergleichen Arten Klee, sondern auch vier- fünff- sechs-und sieben-blätterigen Klee weisen, den ich aus curiosität aufbehalte. Ich wäre aber kein ehrlicher Christ, wenn ich gedencken wolte, ob hätte ich, um des viel-blätterigen Klees willen, um einen Heller mehr Glück, als sonst. Und ist ein solcher Mensch, der ein vier-blätterig Klee-Blatt um des Glücks willen aufhebt, nicht besser zu achten, als ein Zauberer, der einen spiritum familiarem, ein Alraungen, oder einen Hecke-Thaler verwahret. Ausser einem solchen abgöttischen Vertrauen aber mag ein jedweder gleich eine gantze Schachtel voll solchen vier-blätterigen Klee mit gutem Gewissen aufheben. Wolte mir aber iemand vorstellen / daß, wenn gleichwohl einer ohngefehr solchen Klee fände, und ohne sündlichem Vorsatz aufhübe, hernach aber gewahr würde, daß er besser Glück hätte, als sonst, ob er denn den Klee [213] solte hinweg werffen, den ihn doch vielleicht GOtt um deswillen hätte finden lassen, daß er ihn dadurch seegnen wolle? Diesem dienet zur Antwort, daß GOtt, weil die Welt gestanden hat, noch keinen eintzigen Menschen auf diese Art geseegnet hat; und braucht GOtt weder vier-blätterigen noch Gülden-Klee darzu, wenn er einen seegnen will; und würde auch auf solche Art scheinen, ob gäbe GOtt selbst Anlaß zur Abgötterey? Wenn sichs aber begiebt / daß einer bey einem solchen Klee-Blatte spüret besser Glück, als sonst, zu haben, den versichere ich, daß eine Versuchung des Satans über ihn herrsche, wenn er diesen Götzen oder abgöttisch Blatt nicht hinweg thut. Ferner wird fürgegeben, daß ein solcher vier-blätteriger Klee am kräfftigsten würcke, wenn er durch die andere biß dritte Hand einem heimlich oder unwissend zugebracht werde. Wenn es denn aber also geschehe, und derjenige / der diesen Klee unwissend bey sich trägt, zusehend glücklich ist, so ist weiter eine Frage zu beantworten: Ob selbiger ohnwissend Sünde begehe, oder nicht? Ich achte vor meine Person dafür, daß zwar ein solcher, so lange er würcklich keine Wissenschafft noch Vermuthung von der Ursach seines Glückes hat, eben nicht in diesem Punct sündige, sondern der, der ihm mit abergläubischer intention das Klee-Blatt zugesteckt hat, stecke würcklich in der Verantwortung; derjenige aber, welcher unwissend des Glücks theilhafftig wird, ist auch nicht ausser Gefahr; denn der Teufel giebt niemanden nichts umsonst, daß er nicht[214] mit der Zeit sein reichlich interesse davon ziehe. Ich kenne unterschiedliche Personen, welche (wenn man so reden mag) sehr glücklich in Findung des vier-blät terigen Klees sind, dem aber ohngeachtet besitzen sie des zeitlichen Glücks und Reichthums sehr wenig; woraus zur Gnüge erhellet, daß an der Sache gantz nichts ist. Wie aber die Meynung auf die Bahn kommen sey, daß einer, der vier-blätterigen Klee habe, Glück und Reichthum erlangen werde / das kan ich so genau zwar nicht errathen / iedoch zweifle ich nicht, daß es von einer zweydeutigen Redens-Art herkommen mag. e.g. Wenn in der Wein-Lese einer eine Erdbeere fände / das wäre etwas rares, es wäre aber ein anderer, der wolte auch eine suchen, und seiner Liebsten verehren; gienge dahero in dem gangen Weinberge herum zu suchen; der erste aber, oder auch wieder ein anderer, spräche, es würde der gut Glück haben, wenn er auch eine Erdbeere fände. Hierbey dürffte das Glück nicht weiter verstanden werden, als so viel die zur ungewöhnlichen Zeit gewachsene Erdbeere austrüge. Und eben auf solche Weise kan es ehemahls geschehen seyn, daß gute Freunde im Grünen oder Wiesen spatziren gegangen, und in dem Klee versucht, vier-blätterigen zu finden, worbey gar leichte die Rede gefallen seyn kan, daß einer gut Glück haben würde, der solchen Klee fände: Der andere aber, der ohngefehr dergleichen gefunden hat, hat diese Rede in solchem Verstande angenommen, ob werde er, um des Klee-Blatts willen Glück erlangen. Und nachgehends kan diese einfältige [215] Meynung, als wie alle andere abergläubische Possen / gar leicht unter albern Leuten fortgezogen seyn / daß sie nun würcklich mit unter der alten Weiber ihre Glaubens-Gründe gerathen ist.


Durch ein verwelcket Blatt suchst du vergänglich Glück. Der Klee wird wohl zu Mist, das Glück bleibt auch zurück. Du aber must bey GOtt dafür zur Rede stehn; Drum, so du das bedenckst, magst du dich wohl fürsehn? Daß du nicht irgend das, was alles wird genannt, Verschertzest, u. wirst selbst im Höllen Pfuhl gebrannt.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Wenn ein Rabe oder Kräh sich auf ein Hauß setzet und schreyet / worinnen der Mann oder die Frau kranck liegt / ist es ein gewiß Zeichen / daß der Krancke sterben werde.

Ehe ich hierauf meine gründliche Meynung entdecke, muß ich erstlich benachrichtiget werden, ob der Patiente um deswillen sterben werde, weil der Rabe auf dem Hause gesessen, und geschryen habe? oder ob der Rabe sich um deswillen auf das Hauß setze und schreye, weil der darinnen liegende Patiente werde sterben? wenn mir aber niemand hierauf Antwort und Nachricht giebet, so muß ich wohl beyderley Meynung untersuchen, damit eines ieden Gedancken hiervon eine Gnüge geschehe. Sage demnach auf die erste Meynung: Daß, wenn einer dafür halten wolte, ob würde der Patiente um deswillen sterben, weil ein Rabe oder Krähe auf seinem [216] Hauß gesessen und geschryen hätte, solches Fürgeben gar alber und abgeschmackt heraus komme. Denn wenn die Kranckheit nicht tödlich ist, so kan ja die Krähe oder der Rabe oben vom Forst des Hauses nicht den Tod hinein schicken, oder die Kranckheit tödlich machen, die vorhin nichts zu bedeuten hat, sonst würde es scheinen, als ob die Raben eine tödtende Seuche, dadurch sie Häuser inficiren könten, an sich hätten. Und da ein eintziger Rabe so viel würcken könte, daß der sonst ausser Gefahr stehende Patiente in Todes Noth gerathen würde, so würde es auch nicht fehlen, daß /wo viel Raben oder Krähen zugleich auf einem Hause sässen (welches sich sehr offt begiebt) die darinnen befindlichen gesunden Leute gewiß würden kranck davon werden. Weil nun aber kein Mensch, dergleichen Exempel erfahren zu haben, gefunden werden wird, als muß an der ersten Meynung nichts seyn. Was das andere anlanget, als ob der Rabe oder Krähe sich eben um deswillen auf das Hauß setzete und schrye, weil der Patiente der im Hause kranck liegt, gewiß sterben werde? so kömmt solch Fürgeben nicht klüger heraus, als das vorige. Denn, wer bringt denn dem Raben die Post, daß in dem oder jenem Hause ein Patiente todt-kranck liege, deßwegen der Rabe, als ein schwartzer Begräbniß-Bitter kommen / und seinen Dienst mit seinem Geschrey anbieten solle. Wolte hier nun iemand einwenden und fürgeben, daß die Raben einen so starcken Geruch hätten, und dadurch des Patienten Wohnung von weiten ausspürten; diesen sage ich dargegen, [217] daß, wenn es daher käme, so würde gewiß nicht nur ein eintzeler Rabe, sondern gantze Schock sich um ein solch Hauß einfinden. Weil aber dergleichen Begebenheit auch noch nicht erhöret worden ist, so fället billich solche Meynung von sich selbst weg. Dieses sind also meine Gedancken über diesen Glaubens-Punct, was anlanget die natürlichen Raben oder Krähen. Nun finden sich aber wieder andere, welche dafür halten, es wären solches nicht allgemeine oder natürliche Krähen, sondern man nennete es Todten-Krähen; ja einige wollen gar fürgeben, ob wäre es der Teufel. Was aber die von Pöbel also genannte Todten-Krähen anlanget, so ist es eben ein solch Affen- und Fabelwerck, als das erlogene Fürgeben von der Klage-Mutter, oder also genannten Weh-Klage. Wenn aber eine solche Krähe oder Rabe gar der Teufel seyn solte, so würde ich desto eher recht behalten, wenn ich sagte, das Sitzen und Schreyen einer solchen Krähe bedeute nicht den Tod des Krancken, weil (woferne der Patient in rechten Glauben beständig bleibt) der Teufel von einem frommen Christen nichts zu holen hat. Uberdiß laufft auch ohne dem allezeit des Teufels Prophezeyung auf Lügen aus. Also mag einer solch Sitzen und Schreyen derer Raben auf eines Patienten Hauß verstehen wie er will, so wird er befinden, daß gantz und gar keine Bedeutung davon zu machen sey.


Wem wolte nicht zu sterben grauen, Wenn uns ein schwartzer Galgen-Hahn, Den Tod solte ansagen? Ich will alleine GOtt vertrauen, [218] Der mich für alles schützen kan. Mit JEsu will ichs wagen, Mein JEsus wird den Tod versüssen: Durch seinen Tod und schwere Pein Ist mir die Furcht benommen. Die Raben können ja nicht wissen, Wenn mein End' möcht bestimmet seyn, Und wenn mein GOtt wird kommen. Will aber iemand noch verharren, Zu glauben, daß der Raben Stimm Werd' ihm den Tod anzeigen, Den halte ich für einen Narren, Der selbst sein Ende machet schlimm, Ich aber will nur schweigen.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Die Schäfer dürffen in denen zwölff Christ-Nächten den Wolff nicht nennen / er zerreist sonst die Schaafe.

Wo das bekannte Sprüchwort: Lupus in fabula, oder wenn man des Wolffs gedencket, so stecket er in der nechsten Hecke! herkömmt, kan ich zwar so eigentlich nicht wissen; aber das weiß ich wohl, daß es nicht alleine in denen 12. Christ-Nächten, sondern vielmehr durchs gantze Jahr gebraucht wird. Dahero erachte ich nicht zu fehlen, wenn ich glaube, daß es daher seinen Ursprung haben mag, wenn in vorigen Zeiten sich durch das verfluchte Laster der Zauberey, hin und wieder so genannte Währ- oder Behr-Wölffe haben sehen lassen, und denen Leuten unzähligen Schaden gethan haben sollen / welches aber keine natürliche Wölffe, sondern leibhafftige Teufel, oder Zauberer und Hexen, in Wolffs-Gestalt, gewesen sind, [219] die mit ihren Wüten und Toben offt sichtbarlich Schaden gethan haben, und ehe man sichs versehen, verschwunden sind. Auch wenn zuweilen iemand / in Compagnien und Gesellschafft, von solchen Wölffen geredet hat, da hat sich dergleichen Teufels-Bestie bald præsentiret; wie Remigius in seiner Dæmonolatria dergleichen Historien und Begebenheiten gnung anführet. Und solcher gestalt achte ich dafür, ist das Sprichwort: Wenn man des Wolffs gedenckt, so ist er da, entstanden. Jedoch sind dieses nur meine Gedancken / weiß es ein anderer besser / so will ich gerne davon Unterricht annehmen. Es sey aber nun dieses, wie es wolle, so glaube ich doch wenigstens, daß die Benennung des Wolffs in zwölff Christ-Nächten, vor diesen, als das Zaubern und Hexen gemeiner als ietzt getrieben worden, sein Verbot mag erhalten haben, da irgend einer, dem Teufel zu gefallen, denen Leuten, die mit einen solchen Bähr oder Wolffe beschweret worden / mag weiß gemacht haben, daß wenn iemand eine solche Teufels-Bestie einen Wolff nennen würde, so lange als die Zeit vom ersten Weyhnacht- biß zum H. 3. König-Tage währet / dem werde von solchem Wolffe Schade geschehen. Woraus alsdenn ein allgemeiner Wahn unter die Schäfer kommen ist, daß man in denen zwölff Nächten nicht dürffe Wolff sprechen, und daher geben sie ihm solcher Zeit allerhand Nahmen, als Ungeziefer, Feind / Rähes, und dergleichen. Wie sichs denn einsmahls begeben, daß ein Schäfer zu seinem Pfarr gekommen, ein Kind tauffen zu lassen; weil aber [220] der Pfarr mit Nahmen Wolffgang oder Wolff geheissen hat, hat der Schäfer seinen Antrag auf folgende Manier verrichtet: Guten Tag Herr Ungeziefer! verzeihet mir, daß ich euch ietzt in zwölff Nächten so heisse, denn ich darff den Teufel ietzt nicht recht nennen, wenn ich nicht will in Sorgen stehen, daß das Rabenaaß mir unter die Schaafe geräth. Der liebe GOtt hat mich mit einem jungen Heyden begabt, so wolt ich euch gebeten haben, ihr solt ihn tauffen, und einen Christen daraus machen, etc. Wenn denn nun aber, GOtt sey Danck, ietziger Zeit, von oben gedachten Behr-Wölffen nicht mehr gehöret wird, der natürlichen Wölffe halber aber niemand sich, um der Benennung willen / etwas zu besorgen hat, so mögen die Schäfer, ohne einiges Bedencken, in Zwölff Nächten den Wolff nennen; ich will mein Leben zum Pfande setzen, daß kein natürlicher Wolff, um der Benennung willen, ein eintziges Schaaf antasten werde.


Man mag den Wolff gleich Monsieur heissen, Wenn er das Schaaf erfasset, So wird er es dennoch zerreissen, Weil er es allzeit hasset. Es können auch die Tag und Zeiten Die Wolffs-Art nicht verkehren; Ob gleich bey abergläubschen Leuten Man pflegt solch Ding zu hören, Drum magst du abergläubscher Schiefer Gleich die Christ-Tag' ihn heissen Ein heßlich böses Ungeziefer, So wird er dennoch beissen.

Das 29. Capitel
[221] Das 29. Capitel.
Wenn man einem Kinde lässet einen Dattel-Kern bey sich tragen / so fällt es nicht viel / oder nimmt durch Fallen nicht Schaden.

Die Natur-Kündiger geben von dem Palm- oder Dattelbaum für, daß er die Eigenschafft haben solle, wenn eine schwere Last auf selbigen geleget würde, solcher sich desto mehr empor und in die Höhe richtete, und also sich nicht zur Erden bügen liesse. Ob dieses wahr sey, stelle ich dahin; wiewohl unterschiedliche Autores derer neuesten Orientalischen Reise Beschreibungen solches nicht bekräfftigen wollen. Wenn es aber wahr wäre, so dürfften wohl einige dahero muthmassen, daß der Kern von der Frucht des Palmbaums eben auch die Eigenschafft habe, wie der gantze Baum, und liesse den, der einen solchen Kern bey sich trüge / nicht zur Erden fallen. Wie ungereimt aber dieses heraus kömmt, und wie schwer es würde zu beweisen seyn, dürfften die erfahren, die davon eine Probe thun solten. Es würde aber meines Erachtens eben also heraus kommen, als wenn einer sagen wolte: Ein Kind, das einen Wolffs-Zahn anhängen hat, das wird von diesem Zahne begierig das Vieh zu essen; Oder: Wer Hanbutten isset, der sticht und kratzt die Leute; Oder: Wenn ein Cantor Nachtigallen-Federn in Brustlatz füttert, wird es ihm niemahls an heller Stimme [222] fehlen. Ich sage aber dieses, daß wer seinem Kinde, um deßwillen, einen Dattel-Kern ins Kleid nehet, daß es für Fallen soll sicher seyn, der setzet seine Zuversicht nicht auf GOtt alleine, wie er doch billig thun solte / sondern auf den Dattel-Kern, und treibt also Abgötterey damit. Ich gebe aber solchen abgöttischen Leuten nur noch so viel zu bedencken, damit sie sich gar leichte selbst überzeigen können, daß sie irren: Wenn sie einen Dattel-Kern hinwerffen, so fället er selbst zu Boden / und bleibt auf der Erden liegen, so lange, biß er wieder aufgehoben wird. Was nun aber selbst dem Falle unterworffen ist, das kan einen Menschen ja nicht vom Fallen versichern und befreyen. Ist also dieser Glaubens-Grund nichts nütze. Ich erinnere mich zwar gar wohl, was für Krafft der Edelstein, ein Türckos, in eben diesem Punct, haben soll, wie Helmontius in seinen sonst sehr sinnreichen Schrifften gäntzlich behaupten will /ja gar diejenigen gantz spöttisch ansiehet, und für eigensinnige Leute hält, welche in die Krafft des Türckosses, die dieser bey Fallenden erweiset / einigen Zweifel setzen wollen. Alleine wem des berühmtenHelmontii seine Schrifften bekannt sind / und ist nicht über die Gebühr von dessen principiis eingenommen und angesteckt, der wird gestehen müssen, daß sehr viel Alte-Weiber-Künste darinnen für gantz gewisse Dinge angebracht sind, die doch in der Wahrheit nicht bestehen / und bleibt dabey, daß alle dergleichen Sachen auf nichts anders als eine Abgötterey auslauffen.


[223]

Ich will mich verlassen auf GOttes und der Engel Schutz, Weil ich erachte, ein Dattel-Kern sey gar nichts nutz, Den Fall zu verhüten, denn es ist ja nur eine Nuß, Und ein schlecht Gewächse, das selbst zu Boden fallen muß.

Das 30. Capitel
Das 30. Capitel.
Wenn iemand zum ersten mahl in ein Hauß kömmt /und darinnen schläfft / was ihm die erste Nacht träumet / das wird wahr.

Es bezeugts die unzehlig viele Erfahrung, daß diesess.v. erlogen ist, dahero erachte ichs vor gantz unnöthig, solches weitläufftig zu widerlegen. Wer es aber dennoch glauben will, der wird eben keine grosse Sünde daran thun, es sey denn, daß ihm etwas böses träume / worüber er sich vergebliche Sorge und Kummer machen, und gedencken wolte, es müsse das Böse ohnfehlbar kommen, über welchen Besorgungen einer die Hoffnung zu GOtt vergiesset, und nicht glaubet /daß GOtt alles ändern könne, ob auch gleich etwas gewisses durch den Traum angedeutet worden sey.


Träume sind ja lauter Lügen, So die Leute nur betrügen; Drum, bey so gestalten Sachen, Muß ich nur der Possen lachen, Denn der Träume gröste Stärcke Sind ja nichts, als Schatten-Wercke.

Das 31. Capitel
[224] Das 31. Capitel.
So eine Frau oder Magd auf der Gassen oder Strasse ihr Strumpff-Band verlieret / so ists ein Zeichen / daß der Mann oder Freyer nicht treu ist.

Das ist ein wunderliches omen, welches, wofern es wahr ist, daß es diese Bedeutung hat, (das ich doch nicht glauben kan) sicherlich vielerley Gedancken verursachet. Ich habe zwar offt gehöret, wenn einem Frauenzimmer ohngefehr das Schürtzen-Band aufgefahren ist / daß sie gesagt haben: Der Liebste gedächte an sie: Hier heist es gar / wenn eine das Strumpff-Band verlieret, der Liebste würde ihr untreu. Wenn nun dieses wahr ist, so will ich meine Gedancken, die ich hierbey habe, kürtzlich eröffnen, und sind folgende: Wenn eine Frau oder Jungfer eine solche faule Schlumpe ist, daß sie keinen Strumpff recht aufbindet, und bey solcher angewöhnten Nachläßigkeit nicht einmahl fühlet, wenn ihr das Strumpffen-Band aufgehet, also, daß sie es auch gar unvermerckt verlieret, so ist es kein Wunder, daß / wenn einer solchen Schlumper-Käthen ihr Liebster solche Faulheit und schlumpige Art ersiehet, er die vorher zu ihr getragene Affection und Liebe in einen Haß verwandelt; woran ein ehrlicher Pursch eben nicht übel thut, daß er sich einer solchen schlumpigen Sau bey Zeit enthält, ehe er sie gar an Halß krieget. Ist es aber einer, der schon mit einer solchen liederlichen [225] Dame in der Ehe lebet, so muß er sie zwar behalten, wie das viertägige Fieber, ob sie gleich die Schuhe hinter sich her schleppet, und die Strümpffe über die Schlarffen hängen lässet; was aber hieraus vor Liebe entstehet, ist aus vielen Historien bekannt. Will aber, diesem ungeachtet, eine Manns-Person in seiner Treue beständig verharren, und vermahnet eine solche liederliche Weibs-Person mit guter Bescheidenheit, daß sie sich seiner Treue gewiß zu versichern haben solte, woferne sie sich sein honnet und reinlich aufführen, und sonderlich die Schuhe und Strümpffe immer fein knapp aufbinden würde; widrigen Falls aber würde er seine Treue aufheben / und die Liebe in Haß verwandeln: So sich nun ein Frauenzimmer an diese Warnung kehret, und sich darnach hält, so ist es gleichsam, als wenn ihres Liebsten Treue in die Strümpffen-Bänder verknüpfft würde, als wie der Werth des Geldes in einen Wechsel-Brief. So nun die Strümpff-Bänder / aus Nachläßigkeit verlohren werden, so gehet des Liebsten versprochene Treue auch einen andern Gang, und ist mit dem Strümpff-Bande, als wie die Versicherung des Geldes durch den verlohrnen Wechsel-Brief, auch verlohren. Darum, ihr schlumpigen faulen Taschen, nehmet eure Strümpffen-Bänder künfftig besser in Acht, und verbindet eurer Liebsten ihre Treue fein feste damit, sonst wird es euch gehen, als wie denen Leipziger also genannten Schlencker-Braten, oder aus denen Diensten gezogenen Mägden, die keine Herren haben.


[226]

Die Treue derer Freyer Ist ohndem ziemlich theuer, Drum sollen schlumpge Taschen, Die sich gar selten waschen, Und die bebruntzte Strümpffe, Dem Liebsten nur zum Schimpffe, Nachläßig lassen hangen, Nicht tragen groß Verlangen, Zu wissen und zu fragen, Was doch ihr Schatz möcht sagen. Denn vor dergleichen Sauen Möcht wohl dem Hencker grauen.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Wem s.v. der Hintere jucket / der wird bald Gevatter werden.

Im vorigen Capitel finden wir eine ominöse Begebenheit um der Weibs-Personen ihre Knye. Hier aber hat die Propheceyung ihre Herberge in der Hinterbrust oder Kunst-Kammer genommen. Und möchte ich den wunderlichen Heiligen, aus Curiosität, gern gekennet haben, der hiervon die erste Observation gemacht hat. Denn es muß sich zugetragen haben, daß ihm der Steuß nicht eher gejucket hat, als wenn er eine Gevatterschafft bekommen, und muß nicht ehe seyn zu Gevattern gebeten worden, biß ihm allezeit erst der Steuß gejucket hat; und dieses muß sich so offt zugetragen haben, daß er es endlich vor eine gewisse Bedeutung hat halten können, daß er werde Gevatter werden. Ob nun aber gleich dieses sich bey einem also möchte haben zugetragen, so kan ich doch den Zweifel nicht aus meinem Sinne bringen, da ich argwöhne, dieses [227] Jucken des Hintern oder (daß ich fein erbar nach unsrer lieben Mutter-Sprache rede) Kunst-Jucken sey keines weges universal, weil ich noch keinen einigen gefundē habe, der gesagt hätte, daß es bey ihm eingetroffen; denn ob ich gleich manchen das Hinter-Qvartier ziemlich zerreiben gesehen, auch wohl ihn hören sagen: Er würde gewiß Gevatter werden, weil ihm der Hintere juckete; diesem ungeachtet sind doch keine Gevatter-Briefe hierauf eingelauffen. Es fället mir aber hierbey ein, daß die Gevatterschafften auch ihren Unterschied haben, wenn nehmlich bey denen Papisten auch Gevattern, bey ihrem unchristlichen Glocken-Täuffen, gebraucht werden; derowegen vermuthe ich, das ominöse Kunst-Jucken bedeute eine Gevatterschafft bey einer Sau-Glocken, wenn irgend bey einem liederlichen Sauff-Gelach dergleichen gegossen wird, und einer, dem der Hintere gejucket hat, sich hierbey, als Zeuge, mit einfindet. Denn der Hintere schicket sich zur Sau-Glocke besser, als zum Heil. Tauff-Steine in der Kirche. Endlich scheinet dieser Kunst-Griff auch darum seine Probe nicht zu halten /weil man so wenig Bettler siehet zu Gevattern stehen, die sich doch gemeiniglich die Hosen bald entzwey reiben, wenn ihnen nicht alleine das gantze Gesäß, sondern der gantze Leib von denen bey sich habenden Völckern jucket. Ingleichen beweisens diejenigen, welche die Krätze haben; derer zugeschweigen, welche Hanbutten, mit samt den Kernen, gegessen haben. Noch fället mir ferner eine sich offt zutragende Begebenheit ein, wenn man insgemein [228] von einem, der eine Noth auf den Halß kriegt, daraus er nicht gar wohl zu kommen weiß / saget: Der wird das Hinter-Kratzen kriegen; Wie denn auch viel Leute die Gewohnheit haben, daß, so ihnen etwas aufstösset, worüber sie erschrecken, und nicht stracks wissen, wie sie die Sache angreiffen sollen, alsbald sich hinter denen Ohren oder am Steuse jucken. Nun aber geschicht es auch offt, daß manch Armes einen Gevatter-Brieff kriegt, das weder ein reinlich Kleid, noch einen Heller Geld zum Eingebinde oder Pathen-Pfennige hat, und also manchem Angst darüber wird daß er solcher Gestalt, wie vorgedacht, das Kunst-Jucken darüber bekömmt. Ob nun zwar auf diese Art das Jucken erst angehet /da der Gevatter-Brief schon da ist; so kan es doch wohl seyn / daß hiervon diese Meynung ihren Ursprung erlanget hat, wenn es nehmlich einem oder dem andern auf diese Art ergangen hat, und hat ihm zu einer andern Zeit dernach der Steuß gejucket, so hat er sich dessen erinnert, wie ihm bey der Gevatterschafft geworden, ist dahero mit der Rede heraus gefahren: Der Hintere juckt mich, ich werde wieder Gevatter werden; woraus die alten Weiber einen Glaubens-Grund formiret haben. Aber


Es mögen Zweifels-frey die ominösen Zeichen, Und jucken in dem Steuß, zu keinem Schmauß gereichen, Auch die Gevatterschafft kan nicht bedeutet werden, Vielmehr bedeutet es sonst krätzige Beschwerden. Wiewohl zum öfftern auch man auf dem Steuß kan sehen Die Bisse von der Lauß, und Flecken von den Flöhen.

Das 33. Capitel
[229] Das 33. Capitel.
Ein Weib / das Abends zu Bette gehet / die soll ihren Stuhl / darauf sie gesessen / von der Stelle rücken /sonst drückt sie der Alp oder Nacht-Mar.

Der Alp muß ein poßirlicher Kerl seyn, daß er dem löblichen Frauenzimmer so nachschleichet; iedoch scheinets / daß er keinen guten Spür-Hund abgeben mag / weil er, durch das wenige Fortrücken des Stuhls, nicht nachspüren kan, wohin die Frau gekommen sey, die darauf gesessen hat. Denn ich kan aus diesem Glaubens-Puncte nichts anders abnehmen, als daß der Alp erst in die Stube kommen und die Weiber auf ihren gewöhnlichen Stühlen suchen müsse, und wenn er sie nicht findet, alsbald vom Stuhle an nachspüren müsse, wo das liebe Geschlecht hinkommen sey, und wenn er sie alsdenn im Bette findet, leget er sich alsbald oben auf sie und drücket sie vor Liebe, daß ihnen der Odem möchte aussen bleiben; wenn aber der Stuhl fortgerucket wird, so kan er nicht auf die rechte Spur kommen, wohin diejenige sey kommen / die darauf gesessen hat, und lässet sie also ungedruckt. Das mag wohl heissen: Es ist keine List über Weiber-List. Denn welcher Mann wäre wohl so klug gewesen / und hätte besonnen, daß, wenn man den Stuhl fortrückte / der Alp alsdenn einen nicht finden könne? Drum lasset uns die lieben Weibergen, um ihrer Philosophie und Klugheit [230] willen, ehren! Wiewohl ich auch nicht verhalten kan, daß mir noch ein Scrupel in meinen Gedancken stecket / und dieses vorhabenden Puncts halber einigen Zweifel erwecket. Denn da der Alp zu erst die Weiber in der Stuben auf ihren Stühlen suchet, welches aus vorgegebenen Umständen nicht anders zu vermuthen, so scheinets, daß er nur zu sie komme, eine Courtesie bey sie abzulegen. Denn man hat noch nicht erfahren, daß er eine in der Stube sitzend gedruckt hätte / und wundert mich dahero, daß er sie nicht alsobald erst in ihren Betten suchet? Denn ich vermeynte, wenn er den Weg einmahl in die Schlaff-Kammer hätte gefunden, so würde er solchen ein andermahl mehr finden, wenn gleich der Stuhl verruckt worden wäre. Ferner scheinet es, daß diese Weiber viel übler müssen daran seyn, welche nur auf fest angemachten Bäncken, die sich nicht fortrücken lassen / als diese, welche auf Stühlen gesessen, und selbige verrückt haben. Und darum mögen auch vielleicht die armen Bauer-Weiber mehr Beschwerung vom Alp-drücken haben, als andere, die auf ihren beweglichen Polster-Stühlen sitzen. Weil aber von diesen Zweifels-Knoten noch keinerseits einer aufgelöset ist, so wird man mich auch nicht verdencken, wenn ich nicht glaube, daß die Fortruckung des Stuhls verhindern könne, daß einen der Alp nicht drücke. Das Alp-drucken aber an sich selbst will ich eben nicht anfechten, denn ich wohl glaube, daß nicht alleine bey manchem das Geblüte eine Angst, Drücken und Phantasie erregen kan, sondern auch zu weilen [231] der Teufel sein Spücknis und Anfechtung bey dem Menschen anrichtet. Ich meines Orts habe zwar, GOtt Lob, mein Lebtage nichts davon erfahren; weil aber der Alp in unterschiedlicher Gestalt will gesehen worden seyn, und zwar mehrmahls als eine Katze, Iltiß oder Fuchß etc. so erachte ich nicht vor undienlich hierbey zu melden, daß nur im verwichenen Jahre einst in der Nacht, als ich, wegen unterschiedlicher Sorgen Schlaff-loß in meinem Bette lag, und das Gesichte nach dem Fenster zukehrete, da fühlete und hörete ich etwas hinter mir auf mein Bette springen, als ob es eine Katze wäre, es schliche alsbald oben über das Haupt-Küssen hinüber, und schnoberte mir mit der Schnautze an mein Maul / und weil es nicht eben gar zu finster war, erkennete ich, daß es einen spitzigen Kopff hatte, als ein Iltis, dahero schlug ichs alsbald mit der Hand wider den Kopff, daß es zum Bette hinaus fiel / und darauf alsbald am Fenster in die Höhe kletterte, daß ichs wohl betrachten kunte, und sahe einem Marder oder Iltis gantz ähnlich; ich bliebe also, ohne Schlaffen liegen biß zu Tage, da ich denn die Thür und Fenster alles wohl verwahret fand, aber, ob ich gleich alles aufs genaueste durchsuchte, war doch nichts zu finden; was es demnach gewesen sey, mag GOtt wissen. Drum


Sag mir nur einer erst was denn der Alp wohl sey? Alsdenn will ich auch selbst der Meynung fallen bey, Als ob der Alp das Bett könnt eher stöbern aus. So man nicht hätt verrückt die Stühle in dem Hauß.

Das 34. Capitel
[232] Das 34. Capitel.
Wenn in einem Hause das Feuer auf dem Heerde brennet / so schlägt das Wetter nicht in das Hauß.

Ich möchte gerne wissen, wie man dieses beweisen wolte? Denn wenn einer irgend eine solche observation hiervon will gemacht haben, so muß er offt seyn in solchen Häusern gewesen, da das Wetter hinein geschlagen hat; und dennoch kan er noch keinen richtigen Beweiß hiervon bringen, ob gleich niemahls kein Feuer zu der Zeit, da das Wetter eingeschlagen, auf dem Heerde gewesen. Es ist bekannt, daß das Wetter nicht so offt in ein Wohnhauß schlägt, als wie in Kirchen und solche Häuser, in welchen keine Herrde sind; daher der närrische Wahn mag entstanden seyn, als ob das Feuer auf dem Heerde ein Schutz wider den Strahl sey. Will aber einer sagen, er hätte aus vieler Erfahrung, daß das Wetter offt in Wohn-Häuser geschlagen, allwo niemahls Feuer auf dem Heerde gewesen; so antworte ich ihme / daß, weil er der Exempel so unterschiedliche in acht genommen hat, so muß er iedesmahl nicht weit seyn davon gewesen. Wolte ich demnach eher vermuthen, das Gewitter sey ihm nachgezogen, und habe nach ihm geschlagen / hätte ihn auch vielleicht schon längst getroffen, wenn GOttes Güte und Langmuth solches nicht unterbrochen hätte. Daher riethe ich einem solchen Menschen, er setzte lieber / bey ankommenden [233] Donner-Wetter, sein Vertrauen auf GOtt, und zündete das Glaubens-Feuer im Hertzen an, und liesse sich hingegen um das Küchen-Feuer unbekümmert. Denn man dencke nur, wie närrisch das Vorgeben heraus kömmt, wenn das Wetter in ein Hauß schlägt, so sind dargegen viel hundert und tausend andere Häuser, da es nicht hinein schlägt. Ist nun in diesem Hause kein Feuer in der Küchen gewesen, da das Wetter eingeschlagen / so ists gewiß auch in vielen hundert andern / da es nicht eingeschlagen, auf dem Heerde. Warum schlägt es aber nur in eins von diesen? Es kömmt dieser Glaubens-Grund eben so heraus, als wenn ich spräche: Ich könnte mich nicht besinnen, daß das Wetter in ein Hauß hätte geschlagen, in welchen man Caninichen gehabt hätte, und es wolte einer stracks den Schluß machen: In welchem Hause Caninichen wären, da schlüge das Wetter nicht hinein.


Ein schlechter Schutz für Donnerschlag, Darauf ich gar nicht, trauen mag, Das Feuer ists nicht das helffen kan, Der GOtt allein, der Hagel schickt, Vor dem all Creatur erschrickt, Durch dessen Krafft es schlägt und blitzt, Der ists allein, der uns beschützt.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Ein Kalb / so am Valtens Tage geworffen ist / dienet nicht zur Zucht.

Frag ich einen Bauer, warum ein Kalb nicht zur Zucht diene, das am Valtens-Tage ist [234] jung worden? so antwortet er mir nicht ordentlich auf meine Frage, sondern spricht: Es würde sein Tage niemand gern solch Vieh zur Zucht behalten, das am Valtens- Tage jung worden sey, die Ursach weiß er aber selber nicht. Nach der gemeinen Sage heist es zwar: Ein Bauer thut selten etwas ohne Ursach und Nutzen; Aber dieses ist wahrhafftig ohne einigem Nutzen. Denn obgleich ehemahl ein Jahr oder auch etliche Jahre nach einander der Tag Valentini solte unglücklich gewesen seyn, so ist dennoch nunmehro so viel secula her die Zeit und die Eigenschafft der Zeiten dermassen verändert, daß gantz nicht mehr darauf zu reflectiren ist. Zu dem möchte ich gern wissen, was der gute ehrliche Valentin gethan hätte, daß sein Nahmens-Tag so unglücklich seyn solle? Wenn es ein Nahme wäre, der allezeit auf einem gewissen Wochen-Tage gefällig wäre, (dergleichen mir zwar nicht unbekannt sind) so solte ich mir eher einbilden, ob muthmassete man, daß ein über solche Tage herrschender Planete etwas bey der Sache thäte; als zum Exempel / wenn man fürgiebt, Saturnus hätte die Beherrschung über den Sonnabend, und sey ein verderblicher Planete / dahero alle solche lebendige Thiere, welche an diesem Tage jung worden, kein gut Aufkommen hätten, und was dergleichen erlogene Possen mehr sind; Aber so gefällt des Valtins-Tag / gleichwie alle andere Nahmens-Tage / bald auf einem Montag / Dienstag, Mittwoche, Donnerstag /Freytag oder Sonnabend, und ist demnach eben dergleichen Glücke und Unglücke unterworffen, [235] als wie die vorherkommende und nachfolgende Tage. Daher ich das allergeringste Bedencken nicht tragen wolte, die an diesem Tage geworffene Kälber aufzuziehen. Man sagt auch, daß man am Valtins-Tage keine Henne zum Brüten solle ansetzen, weil die jungen nicht aufkämen. Diesem gebe ich Beyfall, aber nicht, daß es geschehe um des Nahmens Valten willen, als welcher auf den 14. Februarii gefällt; sondern weil es zu solcher Zeit so kalt ist, daß die jungen Küchelgen hernach / wenn sie auskrichen, in solcher Kälte noch nicht dauren können, und so man sie in der Stube lassen wolte, ertreten würden werden. Aber wer wolte da die Ursach dem Valtens-Tage, und nicht vielmehr dem kalten Hornungs-Mond beymessen?


Wer hat denn damahls wohl die Tage auserkohren, Eh Valten selbst noch nicht war auf die Welt gebohren? Der Nahme macht ja nicht der Kälber Ungedeyen, Doch aber, halt ich wohl, die Kälte und das Schneyen, Und rauhe Winters-Zeit verderbt das junge Vieh, Das ohnedem sonst braucht zum Aufziehn grosse Müh.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
Wenn einer über Land reiset / und begegnet ihm ein Wolff / Hirsch / wild Schwein / oder ein Bär / so ists ein gut Zeichen.

Ich bin zuweilen mit albern Haasen-Köpffen über Land gereiset / die den närrischen Gebrauch gehabt haben, daß, wenn etwan ein Haase [236] übern Weg gelauffen ist, so sind sie alsobald 3. mahl zurück und wieder fort gegangen, also, daß ich anfangs, ehe ich die Ursach gewust, nicht anders vermeynete, als daß meine Reise-Gefehrten thöricht wären. Als ich aber gefragt, was dieses hin- und wiederlauffen bedeutete, gaben mir die Haasen-Köpffe zur Antwort: Wenn einem ein Haase übern Weg lieff oder begegnete, so sey es ein böses Zeichen; wenn man aber alsobald dreymahl umkehrete und zurück gienge / hätte es keine Noth. Und also furchten sich die Helden vor einen Haasen. Hier in diesem Capitel aber klingets anders, wenn es heist: Wenn einem ein Wolff, Bär, oder dergleichen wilde Bestie begegnet, so sey es ein gut Zeichen. Solche Leute, die dieses glauben, die haben eine rechte Löwen-Art; denn der Löwe gehet allen grimmigen Thieren unerschrocken entgegen, aber für einem ohnmächtigen Hauß-Hahn läufft er, und fürchtet sich. Dieses thut aber der Löwe aus Unvernunfft / als eine Bestie; hätte er aber Verstand, wie ein Mensch, so würde er solche Thorheit vielleicht nicht begehen. Vernünfftige Menschen aber solten sich billig schämen, daß sie offt so gar albern Fabeln und Narren-Possen nachhängen. Es sage mir doch nur einer die geringste Ursach, warum oder wie eine wilde grimmige Bestie, als ein Wolff, Bär, wilder Eber und dergleichen, einem könne Glück anzeigen? Es ist ja viel eher zu besorgen, daß ein solch grausames Thier einen anfalle und Schaden zufüge, dergleichen Exempel könnten angeführet werden. Oder, soll das Glück[237] etwan darinnen bestehen, daß, so man unbeschädiget vor solche böse und grausame Bestien vorbey kömmt, man alsdenn glücklich gewesen sey? so lasse ichspassiren, und gebe solchergestalt diesem Glaubens-Puncte selbst Beyfall; wünsche aber / daß mir dergleichen Begegniß nicht zuhanden kommen möge; denn des Glücks verlang ich nicht, und will mir lieber zehen Haasen begegnen lassen, als einen Wolff oder Bär.


Du schönes Glück! Bleib nur zurück, Und komm mir nicht Ins Angesicht, Es sey denn, daß Von dir etwas Einfinde sich In meine Küch, So eß ich mit, Sonst aber nit.

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wer ein Huffeisen oder ein Stück von einem Huffeisen findet / der soll Glück haben.

Man pfleget insgemein von solchen Leuten, die stets eine lachende Mine machen, zu sagen: Es zerret stets sein Maul und schmuntzelt, als wie ein Bauer, der ein altes Huffeisen gefunden hat. Aus welcher Redens-Art so viel erhellet, daß es einem armen Bauer, der ein Huffeisen findet, eine grosse Freude seyn müsse; derowegen es kein Wunder ist, daß die Findung eines alten Huffeisens ein Glück sey. Es ist aber ein schlechtes Glück, und wäre mir ein Ducaten lieber, als eine halbe Mandel alte Huffeisen. Jedoch, wenn es solche Huffeisen, als wie ehemahls grosse Könige und Herren bey ihren Einzügen die Pferde mit güldenen [238] Huffschlag belegen lassen, da wolte ich es selbst vor ein Glück achten, wenn ich einen solchen güldenen Pferde-Schuch fände. Aber ein natürlich altes Hufeisen wird wenig Glück geben. Jedoch, nachdem der Mann ist, nachdem ist auch die Kappe, und nach dem der Gast, nach dem brätt man die Wurst. Findet ein armer Bauer ein Huffeisen, ey! da ziehet er sein Maul auf 100. Gülden, lachet und ist voller Freuden, wandert damit zum Schmidt, und verkaufft es höchsten vor einem Groschen; iedoch ists ihm ein grösser Glück, als einem Könige, der einen Beutel mit 50. Ducaten gefunden hat, weil dieser sein gefundenes Glück alsobald wieder wegschencket / und nicht vor sich behält, jener weiß aber offt für Freuden nicht, worzu er seine wenige Pfennige, so er vor sein gefunden Huffeisen gemarcket hat, soll anwenden. Und wenn er sich recht wohl besonnen, so kaufft er einen Hering und eine Kanne Bier davor, und verzehret solches mit Freuden. Und so weit erstreckt sich das Glück des gefundenen Huffeisens.


Ein Bauer, der gar wenig braucht, Bey dem die Küche selten raucht, Nimmt leicht vor willen, wenn ein Pferd Ein alt Huffeisen, wenig werth, Auch wohl von diesem nur ein Stück Verlieret, und ihm trifft das Glück, Daß dieses Eisen findet er, So zieht er bald sein Maul die qver, Und lachet wie ein albrer Matz / Denckt Wunder, was für einen Schatz Er hab gefunden, und was Heyl Ihm worden sey dadurch zu Theil, Da doch das Glück und gfunden Ding Ist an sich selber sehr gering.

Das 38. Capitel
[239] Das 38. Capitel.
Wenn ein Weib oder Magd des Sonnabends ihren Rocken nicht abspinnet / so wird aus dem übrigen Flachs oder Werck kein gut Garn / und bleicht sich auch nimmermehr weiß.

Ich habe nicht gewust, wie es doch komme, daß in mancher Leinwand solche graue Streiffe sind? aber hier werde ich davon benachrichtiget, daß es Garn von solchem Flachs, der des Sonntags über auf dem Rocken geblieben ist. Dieses soll sich nimmermehr weiß bleichen, auch sonst an sich selbst wenig taugen. Nun wundert mich aber gleichwohl auch, wie es doch die Weiber können über ihr Hertz bringen, und wider sich selbst reden. Denn wenn iemand ihnen Leinwand abkauffet, darinnen graue Streffen und Fäden sind, so sprechen sie; Die streiffigte Leinwand sey die beste. Dieses aber reimet sich mit jenem gar nicht / denn schlimm Garn kan keine gute Leinwand machen. Daher achte ich dafür, es sey die Sache folgender massen beschaffen: Wenn eine gute Wirthin Mägde und grosse Töchter hat / so siehet sie nicht allein gern, daß des Sonnabends fein aufgereimet, und die häußliche Arbeit vollbracht werde; sondern sie will auch gern, daß der auf denen Spinn-Nädern und Rocken liegende Flachs vorher abgesonnen werde /auf daß solcher nicht irgend des Sonntags von Ratten und Mäusen, oder auch von Kindern, verderbet und zerzauset werde, und hernach kein gutes [240] Garn daraus zu spinnen seyn möge. Und dieses desto besser zu befördern / hat eine Frau einmahl aus Schertz, den Mägden weiß gemacht, als ob sich das Garn von dem des Sonntags auf dem Rocken gelegenen Flachse nicht weiß bleiche, auch sonst nicht gut würde. Und solches Vorgeben ist hernach mit derZeit fest geglaubet worden, daß es nun würcklich zu einem philosophischen Glaubens-Grunde worden ist. Das lasse ich zwar passiren, und glaube wohl, daß zuweilen des Sonntags der Flachs auf dem Rocken von Kindern verderbt und zerzauset wird, daß daraus kein gut Garn zuspinnen ist; daß aber solch Garn sich nicht solle weiß bleichen lassen / ist wider die Vernunfft und Wahrheit. Denn eben, wie sich das am Sonnabend gesponnene Garn bleicht, also bleicht sich das am Montag darauf gesponnene auch, so ferne es nur von einerley Flachs ist. Das aber Leinwand offt streiffig wird, geschicht, wenn zuweilen grauer Flachs unter den weissen kömmt und mit gesponnen wird, so bleiben alsdenn solche Fäden immer in der Leinwand grau, wenn die Leinwand naß wird.


Die wegen andrer Arbeit hat den Flachs nicht aufgesponnen, Die glaube mir, daß nur aus Spaß ein klug Weib hab ersonnen, Ob würde kein gut Garn gemacht, vom Flachs der an dem Rocken Des Sonntags überblieben sey, damit sie mög anlocken Die Mägde, die offt ohne Noth den Rocken nicht abspinnen, Drum hat sie diesen klugen Fund auch müssen so ersinnen.

Das 39. Capitel
[241] Das 39. Capitel.
Wer keine verzagte Kinder haben will / da soll der Vater / stracks nach der Tauffe / dem Kinde ein Schwerdt in die Hand geben / so sind sie stets kühne u. behertzt.

Seht da! kommen die Helden daher? Die Männer hätten sich dieses Kunst-Stückgen wohl nimmermehr so aussinnen können, wenn die klugen Weiber mit ihrer Weißheit nicht mit wären beyräthig gewesen. Mich wundert derowegen, daß bey so vielen Kriegs Verfassungen und Berathschlagungen man nicht Weiber-Rath mit untermengt, vielleicht wären schon längst alle Feinde aus dem Römischen Reich verjaget worden. Man gedencke nur, mit was für einer Weißheit sie ihre Kinder alsobald, da sie kaum 2. Tage alt sind, können zu Helden-müthigen Rittern machen! Sie reitzen ihre Männer an, daß sie unter dem alten Eisen einen alten verrosteten Sebel oder Rauff-Degen hervor suchen müssen, (denn vor den polirten und scharffen fürchten sich die Frau Wöchnerinnen selbst) diese alte und stumpffe Plempe müssen die gehorsamen Männer nehmen, und ihren neugebohrnen Printzen in die Hände geben, und also ist der neue Ritter fertig, und fürchtet sich vor niemanden, ausser wenn etwa Frau Wöchnerin starck nieset, da erschrickt der arme junge Fincken-Ritter / daß er das Fresel davon kriegt / und schüttet alle seine courage in die Windel, daß also der Heldenmuth auf einmahl in Koth verwandelt wird. [242] Wenn ich meine Gedancken über diese Narrethey offenhertzig entdecken soll, so vermeyne ich, daß sich die Eltern bey practicirung dieses Puncts, in Beobachtung ihrer Kinder Wohlfahrt, sehr heydnisch (will nicht sagen teufelisch) erweisen. Denn eines theils sind sie der Sache ungewiß, daß auf oben angeführteceremonien ihre Kinder so behertz werden sollen; andern theis, wenn ja die Sache, nach ihrer Einbildung, richtig einträffe, so möchten sie doch bedencken, daß sie hiermit ihrem Kinde nicht den geringsten Vortheil zuwege brächten; denn ein kühner Mensch giebt sich in Gefahr, und wer sich ohne Noth in Gefahr begiebt, der kömmt darinnen um. Was hat ein behertztes wildes Schwein davon vor Vortheil, wenn es dem Jäger unerschrocken in Spieß laufft, und daran todt bleibt? Wäre mancher Narr, der nicht weiß / wie edel das Leben ist, nicht so dumm kühne, es würde mit seinem Ende reputirlicher, und mit dem Abschiede seiner Seelen vom Leibe seeliger zugehen. Ich gestehe, daß wenn ich diesem ietzt vorhabenden Puncte Glauben zustellete, und solchen an einem meiner Kinder probiret hätte, so würde ich mir tausenderley scrupel darüber machen, als hätte ich mein Kind damit verwahrloset / daß es keines reinen Todes sterben würde; denn es sagt die Schrifft und unser Heyland selbst: Wer das Schwerdt nimmt / (verstehe, dem es nicht gehöret,) der soll durchs Schwerdt umkommen. Nun gehöret denen Kindern von ein- zwey- biß drey Jahren kein Schwerdt; weil ihnen aber die Eltern solche, aus einem heydnischen [243] Aberglauben, dennoch in die Hände geben, was vermeynet ein vernünfftiger Christ wohl, was GOtt, nach seiner Gerechtigkeit, um der Eltern angefangenen und der Kinder fortgesetzten Boßheit willen hierbey verhängen werde? Ich besorge leider! das schlimme, das sich die tollkühnen Kerl erwählen, wird ihnen zu ihrem Schaden auch werden. Es heist: Seelig sind die Friedfertigen, etc. Ich habe aber noch wenig kühne, verwegene und behertzte Leute gekennet, die darneben auch friedfertig gewesen wären. Aus dieser Vorstellung nun wird hoffendlich ein jeder sich so viel zur Uberlegung nehmen können, daß er auf diese Art keine kühne Helden aus seinen Kindern zu ziehen wird Beliebung tragen.


Wer auf diese Weise sich Helden will machen, Der wird müssen leiden, daß man seine Sachen Vergleicht mir Hanß Wursten, der alle Untugend Der Kinder kan loben, und was in der Jugend Die Söhngen verüben, das kan er fein heissen: Prav huren, prav spielen, prav balgen, prav schmeissen, Und da seine Buben prav Kerlen abgeben, Das siehet ein jeder am üppigen Leben.

Das 40. Capitel
Das 40. Capitel.
So bald ein Knäblein gebohren ist / soll man es mit den Füssen an seines Vaters Brust stossen / so soll es nimmermehr kein bös Ende nehmen.

Diese und dergleichen Possen und Aberglauben scheinen zwar von schlechter Wichtigkeit zu seyn, u. wenigzu bedeuten zu haben, indem sich [244] der hunderte nicht einbilden mag / daß etwas böses hieraus erwachsen möge. Alleine, was der Teufel mit solchen Dingen vor einen unglaublichen Gewinn schaffe, dürffte mancher abergläubischer Mensch wohl zu spät mit unüberwindlichen Schaden innen werden. Es werden zwar wohl die meisten sagen: Was denn damit böses geschehe, wenn man ein Kind mit den Füssen an des Vaters Brust stiesse? So sey ja auch das Absehen, warum es geschehe, gut, daß das Kind nicht etwan eines bösen Todes sterben möchte. Ja, es lässet sich dieses zwar hören, und scheinet wahr zu seyn; aber es verhält sich die Sache viel anders, als der äusserliche Schein und Klang ist. Denn ists nicht wahr, ihr seyd erstlich nicht gewiß versichert, daß hierdurch eure Kinder eines schmählichen Todes werden befreyet bleiben? so ist es desto schlimmer; denn ihr, und auch die Söhne, mit welchen ihr solche Possen vorgenommen habt, verlasset euch hierauf, und begehet damit grosse Abgötterey, setzet darneben die Regierung GOttes auf die Seite, und meynet, es habe auf keiner Seiten Noth. Wenn ihr aber solchem abgöttischen Wesen nicht nach hienget, so würdet ihr eure Kinder zu allerhand Christlichen Tugend-Wandel an-und von allem ruchlosen Leben abhalten, damit die Besorgung eines schmählichen Todes von sich selbst, durch GOttes Beystand, verschwinden könne. Ich will euch aber ferner melden, was ich für Besorgung beyexercirung dieses Aberglaubens hätte, wenn dergleichen mit meinem Kinde vorgenommen worden wäre, nehmlich: [245] Ich würde besorgen, daß / weil mein Kind, so bald es auf die Welt gekommen, einen GOTT mißfälligen Aberglauben zu vollziehen, mich, als seinen leiblichen Vater, mit Füssen auf das Hertz oder Brust treten müste, es hierdurch verwahrloset würde, daß es / nach seiner Erziehung, mich zu untertreten suchen, mir ungehorsam seyn, und alles gebrannte Hertzeleid anthun dürffte, dergleichen Exempel nicht ungemein sind; daß alsdenn an ihm erfüllet werden dürffte, was Sirach denen andeutet, die ihre Eltern verspotten und verachten, nehmlich: Ihnen sollen die Raben die Augen am Bach aushacken, und die jungen Adler fressen. Bey welchem Zufall denn die Hoffnung, die durch practicirung ietzt vorhabenden Aberglaubens man sich gemacht hätte, gar einen erbärmlichen Aus gang gewinnen dürffte. Dahero wird ein redlicher Christ von solchem gefährlichen Teufels-Dienst ablassen, und seine Kinder in der Furcht GOttes aufzuziehen wissen.


Wenn Eltern stracks das Gauckelspiel mit ihren Kindern treiben, Die mögen sich hernacher auch die Ursach selbst zuschreiben, Wenn GOtt verhängt, daß ihnen nicht die Kinder recht gerathen, Gemeiniglich der Sohn sich hält nach seines Vaters Thaten.

Das 41. Capitel
Das 41. Capitel.
Ein nur gebohren Töchterlein soll man alsobald auf der Mutter Brust setzen / [246] und sagen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen! so soll das Kind niemahls zu Falle kommen / oder in Schande gerathen.

Was ich im vorigen Capitel erinnert habe, kan einigermassen in diesem auch beobachtet werden / in Ansehung des unrechtmäßigen Vertrauens, das man auf solche abergläubische chosen setzet. Zwar ist an sich selbst der Wunsch, der bey diesen Ceremonien geschicht, nicht zu tadeln, wenn nehmlich die Weiber, welche das Kind auf der Mutter Brust setzen, sagen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen, welches gleichsam soviel gesagt ist, als: GOtt erhalte euch und euer Kind gesund, und gebe euch Kräffte, Verstand und Weißheit, euer Töchterlein groß und in allen Christlichen Tugenden auf zu erziehen, damit ihr nimmermehr Schande, sondern lauter Ehre an ihm erleben möget, auf daß iederman euch vor eine gute verständige und glückliche Frau achten könne, welche geschickt sey zu guter Erziehung ihrer Kinder. Dieses sag ich, ist an sich selbst nichts böses, aber das abergläubische Absehen, als ob dadurch dem Kinde schon eine Gnüge, zur Bewahrung seiner Ehre, geschehen wäre, ist schändlich und straffbar. Denn der blosse Wundsch und die betrüglichen Ceremonien, machen die Sache nicht aus, sondern die Auferziehung in der Zucht und Vermahnung zum HErrn, und die Gnade und Regierung GOttes sind die rechten Mittel, daß ein Mägdlein bey Ehren bleibe.


[247]

Der Wunsch ist manchmahl gut, die Folge aber nicht. Wenn Wündschen zwar nur recht aus Hertzens Grund geschicht, So trägt es etwas bey, daß Seegen und Gedeyen Muß einem GOttes-Freund das Hertze recht erfreuen. Wo aber Phantasey und abergläubsche Sachen Man auch mit untermengt, so werden diese machen, Daß alles wird verkehrt, die Hoffnung wird zunichte, Weil es ein Greuel ist für GOttes Angesichte.

Das 42. Capitel
Das 42. Capitel.
Wem früh morgens eine Spinne auf dem Rocke kreucht / der wird des Tages glückseelig seyn.

Es ist eine allgemeine Gewohnheit, daß wenn man das Gemüthe entdecken will, daß man einem recht gram und feind sey, so spricht man: Ich bin ihm Spinnen-Feind; oder: Der ist dem und dem so feind, als einer Spinnen. Woraus zur Gnüge abzunehmen ist, daß zwischen dem Menschen und denen Spinnen eine natürliche Feindschafft seyn müsse. Wie reimet sichs aber denn nun, eine Glück-anzeigende Creatur auch zugleich eine feindseelige zu nennen? Ich kan es nach meiner Einfalt und Vernunfft, nicht wohl ermessen. Wer einen Feind hat, der siehet solchen von weiten am liebsten; da man nun, bekannter massen, denen Spinnen von Natur feind ist, wie kan es denn möglich seyn, daß wenn ein solch Ungeziefer auf iemandes seinem Rocke kreucht, es selbigen Tag soll Glück anzeigen? Denn von einem Feinde kan, natürlicher Weise, kein Glück kommen; dahero vielmehr zu besorgen ist, daß das verhoffte [248] Glück die Eigenschafft derer Spinn-Weben und Wespen-Nester haben, und schlechten Bestand halten werde. Wer nun auf solche schöne Dinge seine Hoffnung und Vertrauen setzen will / der mag es, auf seinen Gewinn und Verlust versuchen; Ich halte nichts davon.


Das Glück, das eine Spinne bringt, Das Lied, das eine Grille singt / Das Häußgen, das die Wespen machen, Sind alles gar sehr schlechte Sachen.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
Wenn ein Mann über Land reitet / und ihm ein Weib spinnend begegnet / ists ein böses Zeichen /derohalben soll er umkehren / und einen andern Weg reiten.

Dieses Vorgeben ist eine offenbare Narrheit. Denn, ists nicht wahr? wenn derjenige / welcher über Land reiten will / gleich aus einer Stube ausgienge, allwo zehen Weiber und Mägde sässen und spönnen, so würde er sich darüber keine Sorge machen, als ob er deßwegen unglücklich reiten möchte; Also wird darmit zur Gnüge erwiesen, daß das Spinnen nichts Böses andeuten müsse, sondern das Entgegenkommen einer Weibs-Person müste solcher Gestalt verstanden werden, sie möge spinnen oder nicht. Denn wenn das Spinnen etwas Böses bedeutet, so müsten diejenigen, welche in der Stuben oder Hause, allwo der Mann ausgehet, sitzen und spinnen, vielmehr etwas Böses bedeuten, weil diese ihm viel näher sind als jene, die ihm auf dem Felde begegnet. [249] Soll aber das blosse Entgegenkommen eines Weibes das böse Zeichen seyn / warum ein Reiter nöthig hätte wieder umzukehren, so wolle man doch erwegen, wie vielmahl mancher müste umkehren, und einen andern Weg suchen; ja man würde offt nicht einmahl an den Ort gelangen können, wohin man zu reiten gedächte, weil auf mancher Strasse ohne Unterlaß Weibs-Personen hin und wieder gehen. Und weil ich auch mein Lebetage nicht erfahren habe, daß einig Bedencken gemacht würde, fort zu reiten, ob einem gleich zehen Weibs-Personen begegneten; also kan es nicht fehlen, das gantze Werck und Vorgeben, was von einer spinnenden Weibs-Person gesagt wird, ist eine abergläubische Thorheit. Uberdiß ist es auch was recht närrisches, daß wenn die Sache ja wahr wäre / (da es doch s.v. erlogen ist,) daß eine spinnende Weibs-Person, so einem auf dem Felde begegnete, ein böses Zeichen wäre, man durch das Umkehren und Reitung eines andern Weges, solch vermeyntes böses Zeichen verbessern will. Denn wo einmahl das Begegnen eines solchen Weibes geschehen ist, so macht das Umkehren ja die geschehene Sache nicht ungeschehen, und mag der Reuter fort reiten oder wieder umkehren, so lässet er das Weib hinter sich, ja er kömmt durch das Fortreiten noch eher von ihr, weil sie nicht hinter ihme hergehet, als wenn er umkehret. Ich erinnere mich zu unterschiedlichen mahlen, daß an solchen Orten, allwo die Hirten-Weiber die Gewohnheit haben, daß sie den Rocken auf die Seite in Gürtel stecken, und auf dem Felde in währendem [250] Gehen zugleich spinnen, mir dergleichen spinnende Weiber begegnet sind, ja ich bin zuweilen auch wohl mit Fleiß auf sie zugeritten, und habe sie gefragt, ob ich die rechte Strasse ritte? Aber das kan ich mich nicht erinnern, daß mir iemahls hierauf etwas unglückliches begegnet oder wiederfahren sey, derohalben ist an dieser Sache nichts.


Solt auch wohl ein älbrer Ding hier auf dieser Erden, Können auf die Bahn gebracht und ersonnen werden, Als uns dieser Punct hier weist? Es sind närrsche Sachen, Dabey man sonst nicht mehr kan als nur drüber lachē.

Das 44. Capitel
Das 44. Capitel.
Wenn gelautet wird / und schlägt die Uhr drein / so bedeutet es Feuer.

Es wollen abergläubische Leute gar unterschiedliche Vorbedeutungen eines Brandes wissen, unter welchen dieses auch eine mit seyn soll; wie aber alle solche Chosen gantz ohne Grund sind, also ist dieser Punct gleiches Schlages. In grossen Städten, allwo unterschiedliche Uhren sind; trägt sichs gar offt zu, daß in einer Kirchen zu Grabe gelautet wird, und in der andern schlägt die Uhr erst, weil eine mit der andern nicht allezeit accurat über eintrifft; oder wenn diejenigen, die zu Grabe lauten, zuweilen um ein und andern Tumults, oder auch starcken Windes willen, nicht allemahl recht hören können, ob die Uhr habe ausgeschlagen, und an zu lauten fangen, ehe die Uhr ausgeschlagen hat, alsdenn muß [251] solches Feuer bedeuten. Gleichwie nun aber auch in grossen Städten es nichts neues ist, daß zuweilen eine Feuer-Esse brennend wird: also geben die abergläubischen Affen für: Wenn die Uhr auf vorgemelde Art, irgend vor sechs, acht oder mehr Wochen, unter währenden Lauten geschlagen hat, daß es die Vorbedeutung zu solchem Brande gewesen seyn. Solcher gestalt aber könnte man noch viel wahrscheinlichere und nähere omina finden / die nicht von 6. 8. biß 15. Wochen her mit den Haaren gezogen werden dürfften. Ich lasse es aber mit Fleiß hiermit bewenden, mein ferneres judicium hiervon zu geben, weil diese Meynung eine solche Bewandniß hat, die eben nichts Böses nach sich ziehet. Denn wenn die Uhr ins Lauten schlägt, und es wird vorgemeldetem Vorgeben Glauben zugestellet, so wird manch Unachtsames erschreckt, und gehet desto vorsichtiger mit dem Feuer um, da sonst wohl Schaden entstehen könnte. Ein Verständiger weiß doch wohl, wie viel von der Sache zu halten sey?


Ihr lieben Leute, laßt euch sagen, Wenn es thut in das Läuten schlagen, So bewahrt das Feuer und Licht, Daß niemanden Schad geschicht, Und trauet GOtt dem HErren.

Das 45. Capitel
Das 45. Capitel.
Ein neugebohren Kind soll man nicht auf die lincke Seite zu erst legen / es wird und bleibet sonst sein Lebtage linckisch.

[252] Es sind unzehlig viel Leute, welche linckisch sind; so viel ich aber derer kenne, und Nachricht von ihrer Auferziehung habe, so kan ich von denen meistē mit Wahrheit bezeugen, daß sie nicht linckisch worden wären / wenn die Unachtsamkeit derer, die sie, in der Minderjährigkeit, um aller übel anstehenden Sitten willen, hätten straffen, und davon ab- hingegen zu allen anständigen Sitten anmahnen sollen, nicht Ursach gewesen wären. Weil auch, der Gewohnheit nach, die meisten Kinder auf den lincken Arm derer Kinderwärterin getragen werden, wodurch die Kinder den lincken Arm und Hand mehr frey haben, als die rechte, so gewöhnen sie sich demnach stracks mit der lincken Hand etwas eher anzufassen, als mit der rechten, und wenn ihnen solches nicht ernstlich untersaget wird, bleiben sie hernach ihr Lebtage linckisch. Und dieses ist die rechte eigendliche Ursach, warum so sehr viel Leute, sonderlich unter dem Bauer-Volcke /linck werden. Das erste Niederlegen auf die rechte oder lincke Seite aber ist nur ein alber Mährlein und erdachter Aberglaube, worauf in keine Wege nichts zu halten ist. Wer mir aber nicht will glauben, der lasse sein eigen Kind zu erst auf die lincke Seite legen, gewöhne es aber hernach, bey der Auferziehung, daß /es nicht viel in die lincke Hand fasse / als nur was daselbst hinzufassen sich ohndem gebühret, so will ich mit einem, um alles, was er will, wetten / daß ihm sein Kind nicht wird linckisch werden.


Jung gewohnet, alt gethan; ist das alte Sagen. Wie ein Kind gewöhnet wird, oder wird getragen [253] Auf dem recht und lincken Arm; also wirds auch werden Lincks und recht, wie sichs gewöhnt, ohn einig Beschwerden.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
Wer Felder hat / der soll am Walburgis-Abend mit Röhren darüber hinschiessen / so können die Hexen keinen Schaden an der Satt thun.

Es wird fast im gantzen Sachsen-Lande von dem gemeinen Volck geglaubet und dafür gehalten, daß in der Walburgis-Nacht die Hexen auf ihren Tantz und Versammlung zögen. Dahero an manchen Orten solcher Lande die Gewohnheit eingerissen ist, daß diejenigen / welche Land-Güter oder Felder besitzen, am Walburgis-Abend mit Röhren und Büchsen über die Felder schiessen, aus der einfältigen und albern Meynung, hiermit die Hexen zu scheuchen, daß sie auf ihrer Reiterey und Reise, die sie durch die Lufft über solche Felder thäten, nicht die Staat beschädigen möchten. Allein, erstlich ist nicht zu glauben, daß, wenn ja wahrhafftig die Hexen gewisse Versammlungen dem Teufel zu Dienst anstelleten, (welches Bodinus in seiner Dæmonomania, und Remigius in seinerDæmonolatria, aus sehr viel angeführten Historien, behaupten) solches eben zu keiner andern Zeit, als in der Walburgis-Nacht geschehe, sondern es kan vielmehr aus ietzt bemeldeten Historien erwiesen werden, daß solche Hexen-Versammlung gar offt angestellet[254] werde; dahero die Vorsichtigkeit, so nur alleine an Walburgis-Abend gebraucht wird, zu wenig zu seyn scheinet, auf einmahl so vielen Hexen-Zügen zu widerstehen. Zum andern, wenn ja noch wahrhafftig der Hexen-Zug durch die Lufft geschicht / (welches der bekannte Atheist D. Becker, in seiner bezauberten Welt, und andere seines gleichen, zwar gäntzlich verneinen) so geschicht es ja mit Hülffe des Teufels, auf eine solche Art und Weise, daß ein solcher an ihrer Reiterey nichts würde schaden können. Drittens wird aus vieler Hexen Bekenntniß und Aussage so viel zu ersehen seyn, daß die Verderbung der Felder, so durch die Hexen geschicht, nicht zu der Zeit, wenn sie auf ihren Convent ziehen, verrichtet wird. Denn solche Reuterey soll so schnell und ungesäumt verrichtet werden, daß dabey kein enthalten, zu Verderbung der Felder, zu gestatten ist. Also halte ich das Schiessen über die Felder am Walburgis-Abend vor nichts anders, als einen Teufels-Fund und Dienstleistung des Satans. Denn die solch Schiessen verrichten, die achten den Teufel und seine Werckzeuge, die Hexen, so mächtig, als ob sie über diejenigen Dinge, welche in dem Schutz des allmächtigen GOttes verwahret stehen, dennoch könnten Gewalt nehmen und daran Schaden thun, da doch der zwar sonst starcke und gewaltige Rumor-Meister, iedoch auch ohnmächtige Höllen-Hund, ohne GOttes Verhängniß / keinem Menschen ein Haar zu krümmen vermag. Zum andern unterstehet sich ein solcher Feld-Schiesser einer Sache / worzu er viel zu [255] ohnmächtig ist, und will sein Feld selbst für der Beschädigung des Teufels beschützen, dabey verachtet er den Schutz GOttes, ja vergisset solchen gar, welches sicherlich dem grossen allmächtigen GOtt ein Mißfallen seyn muß. Dahero es auch wohl geschicht / daß um solches Aberglaubens willen GOtt verhänget, daß denen, die daran glauben, u. doch, um ein- und ander Hinderniß willen, das Schiessen unterlassen müssen, einiger Schade an denen Feldern geschicht / weil sie es nicht anders glauben noch haben wollen. Also thut der Teufel denen Seinigen, die ihn ehren und fürchten, selbst Schaden; wer aber GOtt vertrauet / und sich seines Schutzes getröstet, den muß der Teufel wohl mit Frieden lassen.


Mit deinem Schießn gewinnst du nichts, als GOttes Ungenade, Und kömmt dir auch noch wohl darzu vom Satan grosser Schade, Für dem du dich nicht schützen kanst, als nur mit GOtt alleine; Drum übergieb du alles GOtt, der schützet dir das das Deine.

Das 47. Capitel
Das 47. Capitel.
Am Fronleichnams-Tage eine blaue Korn-Blume mit der Wurtzel ausgeraufft stillet das Bluten der Nasen /wenn man sie in der Hand hält / biß sie erwarmet.

Daß an der Zeit / oder eben am Fronleichnams-Tage, wenn die Korn-Blume ausgegraben [256] werden soll, nichts gelegen seyn müsse, sondern das Gewächs, oder vielmehr die Wurtzel hiervon, ob sie vor oder nach diesem Tage ausgegraben sey, dennoch die Krafft und Würckung von Natur habe, das Blut zu stillen, kan ich leicht ermessen aus den Worten des berühmten Sennerti, wenn er von diesem Gewächs l. 1. Pract. p. 3. s. 4. c. 8. also setzet: Radix manibus detenta hæmorrhagiam narium sistere creditur, wie solches Herr D. Zorn in Herbario Pancovii bey Beschreibung der blauen Korn-Blumen oder Cyani, p. 145. angemercket hat. Worbey aber des Fronleichnams-Tages mit keinem Buchstaben Erwehnung geschicht. Solchem nach ist der Aberglaube offenbar, wenn man dafür hält, als müste eben am Fronleichnams-Tage dieses Gewächs, mit samt der Wurtzel, ausgegraben werden, wenn es die Krafft haben solte, das Blut zu stillen. Denn was an und vor sich selbst diese Eigenschafft schon hat, wird sie freylich an diesem Tage nicht erst annehmen; eben, als wenn man sagen wolte: Wer an Petri Ketten-Feyer-Tage weisse Mohn-Häupter abschnitte, solche zerstieß, und den Safft einnähme, so machte solches schlaffen; da doch bekannt ist, daß der Mohn von Natur den Schlaff befördert. Ergo, ist dieser Glaubens-Artickel, in Ansehung des Fronleichnams-Tages, ein Aberglaube.


Was ohndem hat die Eigenschafft, Zu zeigen ein besondre Krafft, Durchaus zu allen Zeiten / [257] Darff am Fronleichnams-Tage nicht Erst werden darzu zugericht: Denn das sind Eitelkeiten, Womit man nur fein in der Still Den Satan veneriren will, Und seinen Dienst bereiten.

Das 48. Capitel
Das 48. Capitel.
Am Tage Abdon soll man den Schilff aus denen Teichen schneiden / und die Dornen aus denen Feldern rotten / so wachsen solche nicht wieder hervor.

Ich glaubs. Denn wer an diesem Tage einem alten Weibe / das Hitze in Augen hat, und besorget, daß der kalte Brand darzu schlagen möchte, den Kopff biß unter die Nasen-Löcher ablöset, den versichere ich /daß er hierdurch der Hitze steuern werde, daß sie nicht weiter überhand nehmen wird / und das Weib wird vor dem kalten Brande frey bleiben. Der Tag Abdon ist auf den 30. Julii gefällig; nun wolle man nur bedencken, wie weit der Schilff zu solcher Zeit in seinem Wachsthum gekommen sey, oder wie reiff er alsdenn schon ist? so wird man bekennen müssen, daß, wenn er zu solcher Jahres-Zeit abgeschnitten wird, von Natur nicht wieder wachsen kan, weil die Krafft aus der Wurtzel in den Schilff gegangen, und beym Abschneiden tritt das Wasser hinein und macht in der entkräffteten Wurtzel eine Fäulung, dadurch sie vergehet. Jedoch erhalten sich gleichwohl noch solche Zäserlein, die übers Jahr wieder ausschlagen. Und dergleichen [258] Bewandniß hat es auch mit denen Dornen, wenn sie im Julio oder Augusto ausgegraben werden. Es ist bekannt, daß im Frühlinge die fette Weitzen-Saat mit Sensen und Sicheln abgehauen und geschnitten wird / welches die Bauern Weitzen-Schrepffen nennen und dieser Weitzen wächset aufs herrlichste wieder in die Höhe; Alleine, es versuche es einer, und schneide ihn ab, wenn er blühet, so wird er nimmer mehr wieder in die Höhe wachsen / denn der Kopff und Hertz sind hinweg. Wenn einem Krebse die Scheeren gebrochen werden, bleibt er wohl lebendig, aber wenn ihm der Kopff zerdruckt wird, muß er sterben: Also kan freylich der aufgewachsene Schilff /wenn er zu der Zeit, da er schon ausgewachsen hat, mit Strumpff und Stiehl, so zu reden, abgeschnitten wird, nicht wieder wachsen. Damit aber die abergläubische Rotte gleichwohl ihrem Vorgeben ein scheinbares Färbgen anstreiche, so haben sie, nicht ohne Ursach, den Nahmens-Tag Abdon benennen wollen, an welchem der Schilff soll abgeschnitten, und die Dornen ausgegraben werden; denn Abdon heisset ein Verderber, und soll dahero solches Nahmens halber der an diesem Tage abgeschnittene Schilff verderben. Aber wer nur ein wenig Buchstabiren gelernet hat, der siehet wohl, daß nicht der Tag / um deß darinnen gefälligen Nahmens willen, solche Krafft habe, sondern daß die späte Jahres-Zeit solches verhindere, und mag die Ausrottung solcher Dinge vor- oder nach dem Tage Abdon geschehen, e.g. auf Jacobi, als welcher 6. Tage vorher gefällt, [259] und so viel heisset, als ein Tag des Untertreters; oder am Tage Apollonaris, welcher mit Abdon einerley Bedeutung hat; am Tage Gustavi, und so fort. Und so man diesen Männern wolte Weiber zu Gehülfinnen geben, so würden Anna, Martha und Christina sich gut darzu schicken. Ist demnach auf den Tag Abdon gantz nicht zu reflectiren.


Abdon ist nicht allein der Mann, Der Dorn und Schilff verderben kan; Apollonaris kan es auch, Jacobus hat auch den Gebrauch / Daß er die Sachen untertritt, Und wenn Frau Anna auch mit schnitt, So würd es haben gleiche Krafft, Denn aus den'n Wurtzeln ist der Safft. Und wenn auch gleich Frau Martha käm, Und alles fein zusammen nähm, So würde sie doch leiden müssen, Daß es Gustavus trät mit Füssen.

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Wenn einem Weibe der Halß oder die Kehle jucket /wird sie bald auf eine Hochzeit oder Kindtauff-Mahl gehen; jucket ihr aber der Kopff / so bekömmt sie bald Schläge.

Es ist schon im 32. Capitel, p. 227. angeführet, wie von etlichen geglaubet werde, das so iemanden s.v. der Hinterste juckete, so würde er bald Gevatter; welches eine mit ietzt vorhabender Materie gleich- und übereinstimmende Meynung ist. Dahero zweifele ich nicht, daß, weil nach vollbrachter Gevatterschafft der Schmauß angehet, [260] da allerhand gut Essen und Trincken durch den Halß oder Kehle gejaget wird, die abergläubischen Weiber ferner auf die Gedancken gerathen, solches müsse vorher, als wie die Gevatterschafft, durch ein Jucken angedeutet und prognosticiret werden, und kömmt also das Jucken s.v. aus dem Steusse ihnen in Halß, und wird alsdenn durch gut Essen und Trincken wieder curiret. Wenn sie aber das verdrüßliche Jucken hinter den Ohren oder am Kopffe fühlen, da wissen sie keinen Rath davor, drum müssen die Männer sie mit Schlag-Balsam anstreichen, biß sie recht wieder zum Verstande kommen. Denn wenn der Wein und das Bier, so sie beym Schmausen in sich geschluckt haben, ihnen in die Höhe gestiegen ist / und im Kopffe krübelt, so kan es nicht fehlen, sie befürchten den Schlag. Und ist derowegen recht etwas wunderwürdiges, wie fleißig und accurat das Weibsvolck ist, wenn sie von einer Sache observationes machen, wie es würcklich hieraus zur Gnüge abzunehmen ist, wenn nehmlich ihnen alles so genau eintrifft, daß auf das Steuß-Jucken die Gevatterschafft, aufs Halß-Jucken der Schmauß und aufs Kopff Jucken die Schläge erfolgen. Weil denn nun bey diesem Glaubens-Puncte eben keine sonderliche Sünde gethan wird, so mögen die lieben Weiber immer dabey bleiben, und sich die Köpffe fein fleißig salben lassen; was vom Kopffe abfället, wird ihnen wohl auf dem Rücken bleiben.


Wie fein es doch gradation geht bey unsern lieben Weibern, Das Jucken kommt erst an den Steuß, an ihren zarten Leibern, [261] Vom Steusse geht es in den Halß, in Schlund und in die Kehle; So sag mir einer, was denn noch den'n guten Dingern fehle? Antwort: Das Jucken an den Kopff, das bringet mit den Seegen, Bestehend in Schlag-Balsams Krafft, daran viel ist gelegen.

Das 50. Capitel
Das 50. Capitel.
Helle Christ-Nacht / finstre Scheunen; finstre Christ-Nacht / helle Scheunen.

Dieses abergläubische Sprichwort soll so viel heissen, als wenn in der Christ-Nacht der Mond scheinet, und helle ist / so soll das Jahr fruchtreich an Getreydig seyn, davon die Scheunen voll und finster werden; wenn aber zu Weyhnachten, oder in der Christ-Nacht der Mond neu ist, und nicht scheinet, auch sonst trübe und finster Wetter ist / so sollen solches Jahr die Scheunen lichte und leer bleiben. Wie gewiß aber diese Bauer-Regel eintreffe, hat sich bißher gemeiniglich in contrario erwiesen; dahero wenig, oder vielmehr gar nichts darauf zu halten ist. Und ist schon an andern Stellen erwiesen / daß solche Bauer-Physica keinen Grund mehr hat. Denn so wohl der alte Julianische, als auch neue verbesserte Calender kommen nicht mehr mit der Zeit überein, in welcher solche Bauer-Reguln ihren Ursprung genommen haben dahero eine dritte Zeit gesucht werden müste, wenn es also erfolgen solte. Denn der neue Calender kömmt etwas zu zeitlich, und der alte etwas zu langsam; also wäre es eine gantz [262] ungereimte Sache, wenn man solche Dinge, die ohnedem nichts als Einbildung zum Grunde gehabt haben, noch auf eine unrichtige Zeit gründen wolte. Zu dem so giebt uns ja der Mond nicht die Landes-Früchte, sondern der Schöpffer des Mondes. Wenn nun nach des Schöpffers gesetzten Ordnung zu Weyhnachten der Mond neu oder auch voll ist, so kan ja die von GOTT gut gemachte Ordnung des Himmels Lauffs / um unserer Calender-Ordnung willen, nicht böse noch besser werden. Dahero auch Zweifels frey es GOtt ietziger Zeit also füget, daß man wohl spüren kan, wie die vorwitzigen Bauer-Propheten lauter Lügen verkündiget haben.


Glaub was du wilt, das hilfft nicht viel, Es hat doch die Natur ihr Spiel, Nachdem es GOttes Willen bringt, Nachdem auch alles wohl gelingt, Für sich der Mond nichts richten kan, Es kömmt allein auf GOtt nur an.

Das 51. Capitel
Das 51. Capitel.
Wer ein Erd-Hüngen oder eine Hauß-Otter beschädiget / oder nur siehet / der muß dasselbige Jahr sterben.

Was ich hiervon aus eigener Erfahrung weiß, will ich kürtzlich anführen, zu einem sichern Beweiß, daß dieses Vorgeben nur ein Mährlein sey. Und bezeuge ich mit meinem guten Gewissen, daß es sich nicht anders zugetragen. Nehmlich: Als ich mich, nach dem Alt-Dreßdner Brande, alldort befand, und in dem Hause, allwo [263] ich damahls wohnete, ein Gewölbe war, in welchem ich offt meine Verrichtung hatte, so hörete sowohl ich / als auch diejenigen, die bey mir zu thun hatten, etliche Tage in besagtem Gewölbe, ein Gluckern und Pipen, bey nahe wie eine Gluck-Henne, wenn sie etwas zu fressen für die jungen Küchlein findet / oder aber wie die jungen Hühnlein selbst zu pipen pflegen; und das geschah bald in dem, bald in jenem Winckel, so wohl am hellen Tage, als auch des Nachts, ohne daß iemand etwas ansichtig worden wäre. In dem einen Winckel des Gewölbes war ein ziemlicher Hauffen Schutt und Steine aufgewühlet, und gieng darbey ein Loch, wie ein Mäuse Loch in die Erde. Jederman sagte, es wäre das Erd-Hühngen, oder die Hauß-Otter, und solten wir ihme nur kein Leid thun. Ich, als der ich, aus Curiosität, gern gewust hätte, wie das Erd-Hühngen, oder die Hauß-Otter aussähe, bemühete mich auf alle Wege, meiner Begierde hierinne eine Gnüge zu thun; kunte aber in gedachtem Gewölbe nichts, als zuweilen eine Mauß erblicken. Weil ich aber gleichwohl sahe, daß bey dem aufgeworffenen Hauffen Schutt ein Loch war, allwo allem Bedüncken nach solch Erd-Hühngen seinen Aus- und Eingang hatte / nahm ich eine Mäuse-Falle, und thät darein Wäitzen, Erbsen, Speck, Brod, gelbe Mähren, Zucker und dergleichen, und setzte diese für das Loch auf den aufgeworffenen Schutt also, daß wenn etwas in solche Mauß-Falle gienge /es unvermeidlich an das Zünglein stossen und sich fangen müste. Da nun diese Mäuse-Falle kaum [264] eine Stunde gestanden hatte, fiel sie zu, und ich wurde einer etwas dicken Mauß darinnen gewahr / diese setzte ich in der Mause-Falle auf den im Gewölbe stehenden Tisch, weil ich in dem andern darneben befindlichen Gewölbe gleich etwas zu thun hatte. Ich war aber kaum ins andere Gewölbe geschritten, als das so genannte Erd- Hühngen in jenem laut gehöret wurde, derowegen ich eilends zurück lieff / und gewahr wurde / daß es meine gefangene Mauß in der Falle war, worüber ich mich sehr verwunderte, weil ich dergleichen Stimme noch von keiner Mauß observiret hatte, ohnerachtet mir dergleichen Pipen, unter dem Nahmen Erd-Hühngen, sonst mehrmahl zu Ohren gekommen war, und kunte mir kaum einbilden, daß es diese Mauß sey, die biß anhero sich in dem Gewölbe so hätte hören lassen, wenn sie sich nicht zu unterschiedlichen mahlen, in meiner und anderer Leute Gegenwart / in gedachter Mause-Falle mit solchem Gesange verrathen hätte? Und weil ich sie nun darinnen, biß zu Abend, stehen ließ, befand ich sie letzlich als eine Kindel-Betterin mit sechß jungen Mäußgen die ich samt der Mutter in einen Kessel mit Wasser schüttete und ersäuffte, worauf das Pipen und das Auswühlen des Erd-Hühngens ein Ende hatte. Und ob mir zwar um deßwillen einige abergläubische Leute wolten bange machen, so kan ich doch mit Wahrheit sagen, daß mir weder selbiges noch das folgende Jahr das geringste Ubel begegnet, noch eine Kranckheit angefallen hätte. Welches also hoffentlich wird Beweiß genug seyn, daß von diesem Glaubens-Grunde nichts zu halten sey.


[265]

Woferne dieser Glaubens-Grund der Wahrheit ähnlich wäre, So müst ich längst gestorben seyn; denn wenn ich les und höre, So soll derjenge sterben bald, der ein Erd-Hühngen siehet, Und wer, wenn er dergleichen hört, nicht alsobald entfliehet. Ich aber habs gehört, gesehn, gefangen und erträncket, Doch leb ich noch, so lang GOtt will, der mir das Leben schencket, Drum glaub ich diesem Mährlein nicht, denn ich hab wohl erwogen, Daß es nur eine Thorheit sey, und gantz und gar erlogen.

Das 52. Capitel
Das 52. Capitel.
Ohren-Schmaltz an die Degen-Spitze gestrichen /wenn man duelliren will / das löset des andern Festigkeit auf.

Wer die Courage hinter oder aus den Ohren heror suchet, wenn er duelliren will, der möchte seine Schlägerey lieber gar einstellen, denn der andere ist ihm gewiß zu feste. Und wenn einer schon so verzagt ist, daß er sich einbildet, der andere möchte feste seyn, so ist die Schlacht schon verlohren, und wird kein Ohren-Schmaltz etwas erwünschtes effectuiren können. Ich sehe ohne dem auch nicht / welchergestalt ein wenig Ohren-Schmaltz so viel Kräffte haben solle, des andern Festigkeit aufzulösen; und halte vielmehr davor, es gehe hierunter ein Mißverstand für, und soll nicht Ohren- sondern Haasen-Schmaltz seyn. Denn das Haasen-Schmalz hat, bekannter massen, [266] die Eigenschafft an sich, daß es ziehet, und wenn es also an der Degen-Spitze klebt / so ziehets den Gegner so starck an sich, daß er selbst in die geschmierte Degen-Spitze hinein laufft, und mag der Gegner so feste seyn, als er will / so gehet doch jenem sein Degen so glatt ein, als ob er geschmieret wäre, und solche Krafft hat das Haasen-Schmaltz. Nun will ich zwar eben nicht gäntzlich in Abrede seyn, daß manchemDuellanten sein Ohren-Schmaltz die gäntzliche Eigenschafft des Haasen-Schmaltzes habe, absonderlich derer ihres / welche gewohnet sind / in fürfallender Noth das Haasen-Pannier zu ergreiffen, und sich mit dem Rücken zu wehren. Hierbey fällt mir ein, wie vor wenig Jahren ein junger Rotzlöffel, der noch nicht recht aus seinen Lehr-Jahren entgangen war, zu einem Schwerdtfeger kam, und sich eine Klinge in ein Degen-Gefäß stossen ließ / worbey er dem Schwerdtfeger vier Stücklein gab, die er mit in das Degen-Gefäß machen muste. Der Schwerdfeger fragte aus Spaß, worzu denn diese Dinge helffen solten? Jener antwortete: Eines hülffe, daß, wenn man sich schlüge, der andere alsobald eine Furcht bekäme. Das andere Stücklein lösete alle Festigkeit auf. Das dritte dienete wider die schwere Noth, wenn man den Degen Creutz-weiß auf den Patienten legte. Das vierdte beschützte ihn, daß ihn kein Feind könne beschädigen. Weil denn hierbey noch ein guter Freund stand, und zusahe, auch zu dem gelbschnäbelgen Tyrannen sagte, das beste Stücklein wäre doch vergessen; da fuhr der junge Held begierig [267] heraus: Ey! ich will es gern bezahlen, es mag kosten, was es will, der Herr lasse mir es zukommen. Jener antwortete / es kostete nichts, sondern es wäre nur ein Zettelgen / worauf gewisse vier Sylben, die denen ietzt hinein gemachten vier Stücken die Krafft gäben, geschrieben wären. Monsieur Gelbschnabel bat um Mittheilung solcher Kunst, worauf jener wieder sagte, er solte nur diese vier Sylben auf ein Zettelgen schreiben: Hunds-Voigt, wehr dich! Dieses möchten die mit Ohren-Schmaltz ihre Degen schmierende Duellanten alle auch in Acht nehmen, wiewohl es Christlicher heraus käme, wenn das verfluchte duelliren gar nachbliebe; weil aber leider! der Teufel mehr Welt-Kinder in seinem Reich versammlet hält, als Menschen in dem Reich GOttes sich befinden, so kan und will ich weiter nichts mehr von dem ietzt vorhabenden Glaubens-Punct gedencken.


O du elender Tropff mit deinem Haasen-Fette! Ja, wer für Ohren-Schmaltz etwas Courage hätte: Du Hunds-Voigt, wehre dich, das ist das beste Mittel; Sonst bleibet dir gewiß der garstge Ehren-Tittel.

Das 53. Capitel
Das 53. Capitel.
Wenn zwey Kinder-stillende Weiber zugleich mit einander trincken / so trinckt eine der andern die Milch ab.

Es will an theils Orten geglaubet werden, daß, wenn zwey Personen zugleich mit einander anfiengen zu trincken, und auch zugleich aufhöreten, so träncke eines dem andern [268] die Röthe ab. Dieses Fürgeben braucht keiner Widerlegung, weil es für sich selbst dahin fället, indem nicht alleine ietzo die galante Mode aufgekommen ist, daß nicht nur ihrer zwey, sondern wohl gar ihrer zwantzig, oder lange Tafeln voll Leute zugleich aufstehen, ihre vor sich habende Wein- und Bier-Gläser an einander stossen, und auf Gesundheit dieses oder jenes zugleich austrincken, ohne Besorgung, daß ein und anderer seine Röthe darüber verlieren werde; daher derjenige ein sehr einfältiger Schöps seyn müste, der um deßwillen nicht trincken wolte, weil ein anderer eben auch träncke. Was aber das Abtrincken der Milch bey denen Weibern anlanget, wird solches unter ihnen zwar als etwas gewisses geglaubet; ob sie aber ihr Fürgeben werden verificiren können, will ich ein wenig untersuchen. Wenn sie glauben, so ferne eine stillende Amme zugleich mit der andern träncke, so träncke eine der andern die Milch ab; also muß die eine die Milch bekommen. So nun die Weiber dieses so gewiß observiret / so möchten sie doch auch in acht genommen haben, welche von beyden denn die Milch bekomme oder verliere? die älteste oder die jüngste? oder die den Krug zu erst ans Maul setze, oder am ersten aufhöre zu trincken? so wolte ich ihnen eher Glauben zustellen; dieweil sie aber von diesen Neben-Dingen, woran doch sicherlich viel gelegen wäre, wenn der Haupt-Punct solte Grund haben, gantz im geringsten nichts melden, so kan ich leicht schliessen, daß es eine in einer Wochen-Bett-Stube ausgeheckte [269] Grille sey. Denn es ist nicht gnug, daß ich nur eine Sache sage, als verhalte sie sich so oder so, sondern ich muß es auch erweisen. Nun aber wird damit nichts erwiesen, wenn die Weiber sagen, es hätten zwey Säug-Ammen zugleich mit einander getruncken, so hätte eine die Milch verlohren. Es kan leicht ein Weib, das ein stillendes Kind hat, die Milch verlieren; es folgt deßwegen nicht, daß eine andere, die mit jener zugleich getruncken hat, solche ihr abgetruncken habe. Ich sage, wenn dieses angienge, so wäre es ein herrlich Mittel vor diejenigen Weiber, welche ihre Kinder entwöhnen wollen, diese dürfften nur eine der andern gute Worte geben, die ohnedem nicht viel Milch hätte, daß sie käme und auf solche Art ihnen die Milch, welche sie sonst ohne dem drücken und ängstigen würde, abträncke; alleine weil ich noch niemahls gehöret habe, daß eine auf diese Art habe Linderung gesucht / so will mir es auch nicht in meinen Kopff, daß etwas an dem gantzen Fürgeben wahr sey. Es trincket ja auf solche Weise keine aus der andern Kruge, sondern, wenn zwey zugleich trincken, so muß eine iede ihr absonderlich Trinck-Geschirr haben, kan demnach nicht auf eine solche magnetische Art durch einen Zug vollbracht werden, als ob die eine etwas vom ihren Speichel hätte ins Geschirr gebracht, den die andere einträncke, und alsoper Sympathiam der ersten ihre Milch an sich zöge. Nein, es ist in iedweder ihrem Geschirr absonderlich Geträncke, dahero eine iede absonderliche Nahrung empfängt, und kan dadurch keine der [270] andern den geringsten Schaden zufügen. Und so einer mit der Sympathia und Antipathia hierbey wolte aufgezogen kommen, so würde es Zweifels ohne so absurd herauskommen, als ob ich spreche: Wenn man in einem Garten zu einer Zeit zugleich zwey Aepffel- Kirsch-oder andere Obst-Bäume, von einerley Art, pfropffete, so würde der eine fruchtbar, der andere aber unfruchtbar werden, weil einer dem andern seine Krafft benehme, weil sie zu einer Zeit eingepflantzet worden wären.


Was hat die Milch vor einen Weg von einer Brust zur andern? Wird sie vielleicht auf einem Steg durch die Milch-Strasse wandern? Und soll etwan das Sternen-Heer das Holtz zur Brücke legen? Was ists, das diese Künste kan, was kan die Milch bewegen, Daß sie muß aus der einen Brust unsichtbar davon fliehen, Und gegentheils beym andern Weib in ihre Brust einziehen? Diß Wunder-Ding ist mir zu hoch, ick kan es nicht ergründen, Drum wer die Kunst ersonnen hat, mag auch die Strasse finden.

Das 54. Capitel
Das 54. Capitel.
Wer Brodt isset / davon ein anderer gebissen hat / der wird dem andern feind oder gram.

Dieses will sich mit der täglichen Erfahrung auf keine wege reimen. Denn, wenn einer [271] sich hat satt gegessen, und lässet Brodt liegen, davon er mit denen Zähnen abgebissen hat, (welches zwar keine Gewohnheit reputirlicher und erbarer Leute ist,) und ein anderer ist diesem so gewogen / daß er keinen Eckel hat, dieses sein Gebissens zu essen, so wird jener hierdurch keinen Haß erwecken, sondern, wenn etwas natürliches in ihm oder in seinem Gemüthe hierdurch solte rege gemacht werden, so wolte ich vielmehr glauben, daß es eine noch grössere Liebe verursachen würde, wie ich aus unterschiedlichen Historien anführen könnte, wenn ich mich nicht der Kürtze zu befleissigen mir fürgenommen hätte. Trägt sich aber die Sache anders zu, und einer frist des andern sein Brodt, davon er gebissen, aus Geitz u. Mißgunst, also, daß er dem andern lieber gar den Bissen aus dem Maule riß und frässe, auf daß der andere nur hungern müste; zwischen solchen Personen ist schon ein würcklicher Haß, und entstehet nicht erst aus der Geniessung des gebissenen Brodts, sondern das Brodt-Essen entstehet aus dem Haß / der schon vorhanden ist. Und solchem nach kan ein ieder leicht begreiffen, daß das Fürgeben falsch sey, als ob eines dem andern gram werde, wenn es von des andern gebissenen Brodte esse. Uberdiß ist solches auch leichte zu widerlegen mit unzählich Exempeln, so zwischen Kindern und Kinderwärtherin dißfalls fürgehen / wenn diese das Brodt, Butterfladen / Kuchen und dergleichen, was die Kinder, wenn sie davon satt sind, lassen liegen, aufessen, aber keines weges dadurch denen Kindern gram, sondern vielmehr noch günstiger werden.


[272]

Die ohne Eckel und aus Liebe / Und nicht aus Haß, wie die Brodt-Diebe, Der andern Brodt, davon gebissen, Zur Sättigung aufessen müssen; Bey denen kan ja nickt entstehen Feindschafft und Haß, wie man kan sehen Bey denen so die Kinder warten, Wenn diese mit den'n Kindern parten Das Brodt, das sie mit Beissen besser Zertheilen, als mit einem Messer.

Das 55. Capitel
Das 55. Capitel.
Eine Weibs-Person soll niemanden anders an ihrem Schürtz-Tuche lassen die Hände abwischen / jenes wird ihr sonst gram.

Ein Exempel weiß ich zwar selbst, daß es würcklich eingetroffen, wiewohl die Umstände auch darnach beschaffen waren, dahero dieses das Fürgeben keinesweges universal macht; sondern ich halte vielmehr davor, daß, wenn manchem diese Gelegenheit also zuhanden gestossen wäre, als wie dem, von welchem ich ietzo melden will, nicht eine Feindschafft, sondern vielmehr eine geile Liebe dadurch würde seyn erreget worden. Die Sache aber ergieng folgendergestalt: In einer grossen Stadt hatte ein reputirlicher Kauffmann eine, dem Ansehen nach, feine Magd gemiethet, und nicht lange in seinen Diensten gehabt; in dieser kurtzen Zeit führete sich die Magd also auf, und verrichtete ihre Arbeit hurtig und wohl / daß ihr der Herr deswegen ein gutes Lob gab, und ihr gar gewogen war. Es trug sich aber [273] zu, daß dieser Kauffmann iemanden etliche Centner Kreyde abwiegen muste, und in Abwesenheit des Jungens die Magd mit ins Gewölbe nahm, ihm einige Handreichung zu thun. Endlich, wie die Arbeit verrichtet war, sahe sich der Kauffmann nach einem Tuche um / seine Hände daran wiederum abzuwischen; weil aber keines zugegen war, offerirte die dienstfertige Magd ihrem Herrn ihr Schürtz-Tuch; da aber der erbare Mann solches ein wenig auf die Seite zog, und gewahr wurde, daß ihr der Rock und auch das Hembde dermassen weit aufgeschlitzt war, wodurch er einen solchen Ort erblickte, den die Erbarkeit zu verdecken befiehlet, dahero machte er sich Gedancken, ob hätte die Magd solches mit Fleiß gethan /ihn zu einer verbotenen Liebe damit anzureitzen. Weil er aber ein Mann war, welcher viel auf reputation und respect hielte, wurde er der Magd von Stund an so Spinnen-feind, daß er sie kaum mehr ansehen kunte, und schaffete sie wieder fort. Dieses ist nun zwar ein Exempel / wodurch man den ietzt vorhabenden Punct möchte beschönigen wollen; alleine, wenn ich diese Umstände etwas genau beobachte / so erhellet so viel daraus / daß das Abwischen der Hände schwerlich etwas zur Feindschafft würde contribuiret haben, wenn nicht vielmehr der garstige Anblick des darunter verborgenen Orts solches verursachet hätte. Behält derohalben dieser Glaubens-Punct seine Stelle wohl unter denen Aberglauben.


[274]

Die Magd hielt ohne Zweifel nichts auf diesen Aberglauben, Dennoch must sie des Herren Gunst sich hierdurch lassen rauben, Es sey nun aber, wie ihm sey, so wird ein jeder sehen, Daß dem nach dieser Glaubens-Grund mit nichten kan bestehen.

Das 56. Capitel
Das 56. Capitel.
Wenn die Schwalben in ein Hauß nisteln / bedeutets Armuth / die Sperlinge aber Glück und Reichthum.

Die armen Schwalben sind solche Vögelein, welche sich nur mit Hinweghaschung der Fliegen und dergleichen Ungeziefer behelffen, und ihre Nester von Koth und Schlamm bauen, dahero finden sie auch nirgend bessere Herberge, als bey ihres gleichen, denen armen Leuten. Denn reiche und vornehme Leute können nicht wohl leiden, daß diese arme Vögel ihre Dreck Nester in- oder an ihre grosse ausgezierte Paläste anbauen, und ihren Koth und Mist in die schönen Säle fallen lassen, sondern wenn zuweilen die Fenster aufgelassen werden, und die Schwalben thun einen Versuch allda einzunisteln, ey da müssen sie bald wieder fort, und heist: Wo die Schwalben nisteln, da ist Armuth. Und müssen demnach die armen Schwalben Herberge bey denen armen Bauern suchen, die sie gar wohl leiden können / auch noch wohl Späne an die Balcken in Häusern einschlagen, auf daß die Schwalben desto beqvemer darauf bauen können. Auch halten diese der Schwalben Ankunfft nicht für ein Zeichen [275] der Armuth, sondern des Glücks. Denn weil die Bauern mit wenigen vergnügt sind, als wie auch die Schwalben, so vertragen sich die Hauß-Genossen desto besser mit dem Wirthe, und wird demnach solche Haußhaltung desto friedsamer und glücklicher geführet; die Schwalben reinigen die Wohnung von Fliegen, Spinnen und Ungeziefer, womit sonst die Bauern sehr beschweret werden, dahero diese Vögelgen denen Bauern gar angenehm sind. Was aber ferner den Sperling anlanget, so gibt der vorhabende Glaubens-Punct zu verstehen, daß es Glück bedeute /wo die Sperlinge einnisteten. Alleine, ich glaube, daß das vermeynte Glück wohl nur auf folgende Weise mag zu verstehen seyn; nehmlich: Wo viel zu verlieren ist, da findet sich auch viel diebisch Gesinde ein. Bey reichen Leuten gehet es gemeiniglich auch reich zu in der Haußhaltung da denn mancher Diebs-Vogel sich mit darbey nähret. Der diebische Sperling findet in reicher Leute Höfen zu fressen genug / dahero er auch daselbst Herberge suchet, und auch leicht findet; denn weil diese duckmäusichte Diebs-Vögel nicht frey und aufrichtig wandeln, wie die Schwalben, die ohne Complimenten ihre Nester öffentlich vor iedermans Augen aufbauen, sondern sie hüpffen hin und her, als wäre es ihnen um nichts zu thun, und marchiren, ehe sichs iemand versiehet, in die Lufft-Löcher, welche gewöhnlich über denen Fenstern durch die Mauren in die Stube gehen, geniessen nicht alleine der Wärme aus der Stuben, sondern hören alles, was in der Stube sowohl [276] Nachts als Tages geredet wird. Am Tage stehlen und fressen sie denen Hünern, Gänsen und Tauben auch andern nutzbaren Vieh ihr Futter hinweg und dennoch heist es: Wo die Sperlinge nisteln / bedeutets Glück; aber wäre nicht schon das zeitliche Glück vorhero da, so würde es kein diebischer Sperling bringen / und mag hier sowohl mit denen Schwalben, bey denen armen Bauern, als auch mit denen Sperlingen, bey manchen Reichen, das bekannte Sprichwort wohl Statt finden: Gleich und gleich gesellet sich gern. Denn bey vielen reichen Leuten gebet es auch diebisch / tückisch, geil und wollüstig genung zu, nach rechter Sperlings-Art. Wie denn jene vornehme geile Dame, als ihr ein Priester ihre Geilheit verwieß / und die Turtel-Taube zum Fürbilde vorstellete, sagte: Wenn er ihr wolte einen Vogel zum Lehrmeister geben, solle er den Sperling nehmen. Auch ist manchen sein gantz Vermögen und Reichthum auf Sperlings-Art mit List, Dieberey, Schinderey Unzucht und dergleichen zusammen gebracht und wird auf solche Art erhalten. Da es denn nicht zu verwundern ist, wenn solche Vögel gedultet werden, die des Wirths Eigenschafft haben. Und alsdenn muß es heissen: Diese bringen Glück! Aber solches Glücks wird sich ein rechtschaffener Christ wenig zu erfreuen haben.


Ein Sperling und Schmarutzer, wenn sie an volle Töpffe Gelangen füllen sie sich gar gut ihre Kröpffe, So lang das Fressen wehrt dann wischen sie sich abe, Und dancken nicht einmahl vor die empfangne Gabe. [277] Drum acht ich des Glücks nicht, das solche Vögel bringen, Viel lieber höre ich die kleinen Schwalben singen, Denn diese sind vergnügt mit Spinnen u. mit Fliegen, Und lassen iederman das Seine treulich liegen.

Das 57. Capitel
Das 57. Capitel.
Wenn am Heil. Weyhnacht-Abend ein Reiffen von einem Gefäß springet / so stirbt das Jahr eines aus dem Hause.

Wie leichte kan doch ein Reiffen von einem Gefäß brechen, zumahl wenn er faul und mürbe worden; und wo des Haußgeräths an kleinen und grossen Fässern, Stotzen, Wannen, Kannen und dergleichen viel sind, daselbst ist das Abspringen der Reiffen nichts neues, also daß der Böttiger, wo nicht täglich, doch wöchentlich etwas zu thun bekömmt. Weil nun dieses eine Begebenheit ist, die sich so gar offt begiebt, so kan sie sich ja auch am Weyhnacht-Heiligen-Abend zutragen, absonderlich, wenn sich etwan das Wetter verändert, da auf Thau-Wetter starcke Kälte einfället, oder auf grosse Kälte gelinde Wetter, welches sich absonderlich zu solcher Jahres-Zeit gemeiniglich begiebt, bey welcher Veränderung der Lufft gewöhnlicher massen die Reiffen abspringen. Kan ich also nicht begreiffen, welcher gestalt das Abspringen eines Reiffens am Heil. Weyhnacht-Abend solle eine Vorbedeutung eines dieses Jahr in diesem Hause, allwo das Abspringen des Reiffens geschehen, für stehenden Todesfalls seyn? Ein vernünfftiger Christ soll [278] nicht ohne Ursach, solche abergläubische omina ersinnen, und mit den Haaren, so zu reden / herbey ziehen. Ich will zwar eben kein Gespötte mit dem Reiffen abspringen treiben, sondern mich also zum Tode stets bereit halten, als ob alle Reiffen abgesprungen wären zur Bedeutung meines Todes: Jedoch will ich auch also geartet seyn, daß, wenn gleich am Weyhnacht-Abend alle Reiffe in meinem Hause von denen Gefässen abgesprungen wären / solche mich doch in keine Furcht für dem Tod stürtzen sollen. Das ist wahr, daß ein Reiff welcher von einen Geväß springet, eine gar feine Veranlassung zur guten Betrachtung des Todes und Sterbens geben kan. Denn der Reiff springet plötzlich und unvermuthet ab dabey ein Christ sich gar wohl erinnern kan, wie plötzlich und unverhofft die Seele sich vom Leibe durch den Tod müsse scheiden lassen. Und wie ein Gefäß, davon die Reiffen gesprungen, zerfället und zunichte wird; also, wenn die Seele sich vom Leibe geschieden / wird der Leib auch zunichte, und zerfället in eintzele Knochen, wie die Tauben eines Gefässes. Wer aber um des Weyhnacht-Abends willen sich vom Reiff-Abspringen einige Rechnung macht, ist ein Thor und abergläubischer Geck.


Wenn um Weyhnacht-Zeit geschicht, Daß ein Reiff vom Fasse bricht, Darffst du dich darum nicht kräncken, GOtt kan dir das Leben schencken. Und ob gleich kein Reiff springt ab, Trägt man dich doch wohl zu Grab. Drum magst du zu allen Zeiten Dich zum Tode wohl bereiten.

Das 58. Capitel
[279] Das 58. Capitel.
Wenn in einer Kirchen ein Licht auf dem Altar von sich selbst verlöscht / so stirbt bald ein Priester von dieser Kirchen.

Ich will nicht in Abrede seyn, daß es zuweilen Vorbedeutungen und Anzeigungen giebt, wenn solche Personen sterben sollen / welche von gutem Ansehen und grossen Würden sind; absonderlich aber solche Männer, welche GOtt und denen Menschen gute und getreue. Dienste leisten: Auch will ich nicht widersprechen, daß es sich mehrmahls begeben haben mag, daß, nachdem ein Licht auf dem Altar verloschen ist, bald drauf ein Priester von selbiger Kirchen gestorben sey. Alleine, daß man wolle gewiß den Tod eines Priesters solcher Kirchen, allwo ein Licht verlöschet /andeuten, das ist eine Sache, die rechtschaffenen Christen nicht anstehet zu glauben, sintemahl es auch nicht eintrifft, wie aus folgender Begebenheit klärlich erhellet: Zu Alt-Dreßden wird die Kirche genannt zum Heil. Drey Königen, da geschahe es gleich an dem so genannten Heil. Drey Königs-Tage, vor nunmehro 16. Jahren, daß unter der Predigt alle beyde brennende Wachs-Kertzen von sich selbst verloschen, welches, wie leicht zu erachten, gar mancherley Urtheile erregete, wie es denn auch nachdencklich genug war, weil es eben an dem Fest-Tage geschach, davon die Kirche den Nahmen hat. Viele, und fast die meisten, prognosticirten denen damahligen Dienern GOttes an selbiger Kirchen den Tod. Der Pastor [280] damahls war HerrM. Löschke, und der Diaconus Herr M. Hahn: Jener hat noch etliche Jahr nach diesem sein Amt getreu und gesund verwaltet; und dieser lebet noch biß dato, als ein getreu und fleißiger Diener GOttes bey der Creutz-Kirche in Neu-Dreßden. Woraus ja zur Gnüge zu schliessen ist, daß auf solch Licht- oder Wachs-Kertzen-Verlöschen nichts zu halten sey. Denn ob ich mich gleich selbst, nach selbiger Zeit, etliche Jahr allda befunden, so habe doch nicht erfahren, daß iemand eine gewisse Deutung auf dieses Licht Verlöschen hätte angeben können. Ist demnach eine grosse Thorheit, wenn man stracks aus solchen Dingen, die doch natürlicher Weise sich zutragen, prognostica machen will. Wer so einfältig ist, und nicht begreiffen kan, wie es zugehe, daß eine brennende Wachs-Kertze von sich selbst auslösche, der frage einen Kirchner drum, so wird er es bald erfahren, und die davon gefassete irrige Meynung ändern.


Ein Licht verlöschet bald, Und sonderlich zu Winters-Zeit, wenn es ist hefftig kalt Und wenn die Flamme klein, Daß sie das Wachs nicht schmeltzen kan, da kan es gar wohl seyn, Daß ein solch Licht vergeht, Es sey nun gleich ein solches Licht, das in der Kirchen steht. Deßwegen folget nicht, Daß hierauf auch verlöschen müß' des Priesters Lebens-Licht.

Das 59. Capitel
Das 59. Capitel.
Wenn eine Weibs-Person den Ohren-Zwang [281] hat / soll sie ein paar Manns-Hosen um den Kopff wickeln /und schwitzen.

Eine herrliche Cur, woraus zu sehen, wie kräfftig ein paar Manns-Hosen seyn müssen! Wunderlich aber ist es / daß dieses Mittel denen Manns-Personen nicht auch selbst hilfft, sondern nur denen Weibs Personen? Woraus ich vermuthe, daß daß Vertrauen und grosse Liebe zur Sache das beste thun mag. Denn das weibliche Geschlecht hält zu weilen viel von dem Manns-Volck. Wie ich mich denn hierbey eines Gemähldes erinnere, welches ich ohnlängst bey einem Freunde gesehen habe, das war ein Bild, wie eine Magd, diese hatte in der einen Hand etwas zusammen gewickeltes, welches man so genau nicht sehen kunte, was es seyn solte, mit der andern Hand kratzte sie sich hinter dem Ohr; unter dem Gemählde war die Erklärung in folgenden Reimen beschrieben:


Es fand ein Magd einen Hosen-Latz,

Sie dacht, es wär ein grosser Schatz,

Als sie ihn nun recht wolt beschauen,

Thät sie sich hindern Ohren krauen.

Sie sprach: Ach du gar liebes Nest,

Hätt ich den Vogel, der drinn gewest,

Der solte mir viel nützer werden,

Denn alle Hosen-Lätz auf Erden.


Woraus ja sattsam abzunehmen ist, warum es denen guten Leuten zu thun sey, nehmlich, nicht um das Nest, sondern um den Vogel, und müssen also die Hosen ihre Hülffe leisten / als wie der Mönche ihre Kutten im Pabstthum. Mancher möchte [282] zwar vermeinen, ob geschehe die Hülffe nicht eben von denen Hosen, und könnte auch wohl etwas anders, an statt der Hosen, um den Kopff gewickelt, und solcher dadurch erwärmet werden / daß sich der Schmertz und das Reiffen in Ohren zertheilen müste; aber nein, es müssen Hosen seyn. Denn man bedencke nur, wie mancherley kräfftige Dünste in manches seinen Hosen verborgen stecken, welche / wenn sie warm werden, herfür und in der Patientin Nasen- und Ohren-Löcher eindringen, und die scharffen Flüsse corrigiren. Auch können die Manns-Hosen so viel gute Gedancken bey dem Frauenzimmer erregen / daß sie aller Schmertzen darüber vergessen; derowegen mag ich sie nicht in ihrer Andacht stören, noch ihnen dißfalls widersprechen / sie möchten mir noch feinder werden, als sie ohne dem schon sind.


Ach kräfftige Hosen! Ihr riechet wie Rosen, Ihr stecket voll Künste, Und köstlicher Dünste, Ihr stärcket die Krancken, Bringt gute Gedancken Von Männern u. Knaben, Wer wolt sich nicht labē? Wenn wir euch umhüllen, So können wir stillen Den Schmertzen in Ohrē, Und was uns geschören, Die aber gar schmecket, Was in euch gestecket, Die kan erst recht sagen Von köstlichen Tagen, Und wird es hoch preisen, Als niedliche Speisen.

Das 60. Capitel
Das 60. Capitel.
Wenn die Mägde Zunder brennen / so müssen sie von Manns-Hembden Flecke darzu nehmen / von Weiber-Hembden fängt der Zunder nicht.

[283] Das weibliche Geschlecht muß stets was haben, dabey sie sich der Manns-Personen erinnern können: wie aus vorher gehenden Capitel schon zur Gnüge erhellet. Sie stellen sich zwar zu weilen / als ob ihnen gar nichts drum wäre, können auch wohl solche Reden formiren, woraus man schliessen soll, ob achteten sie das männliche Geschlecht gar nicht; aber, ehe man sichs versiehet, gehet ihnen der Mund von dem über wessen ihr Hertz voll ist. Denn ob sie gleich aus angebohrnen Hochmuth gern die obere Gewalt und Herrschafft über die Männer haben und behaupten möchten, so können sie doch nicht umhin, in diesem ihren Glaubens-Articul selbst zu bekennen, daß sie so elende Creaturen seyn an denen auch die elenden Hadern ihrer Hembden ihrentwegen untüchtig würden / daß sie nicht einmahl zu Zunder zu gebrauchen wären; womit sie ja sicherlich ihre eigene Schande genug zu erkennen geben. Alleine, weil gleichwohl, aus unterschiedlichen Umständen, ersehe, daß sie sich aus einfältigen Aberglauben selbst betrügen, und in grössere Verachtung setzen, als sie von Natur verdienen, indem sie von sich selbst eine irrige Meynung hegen, so will ich ihnen so viel zur Nachricht geben, daß sie die Hadern von ihren Hembden nur fein reine auswaschen mögen, alsdenn versichere ich sie, daß solche so gut, ja wohl besser, zum Zunder seyn werden, als von manchen Manns-Hembden, die nicht ausgewaschen sind. Die Ursach aber / warum sie vorher, ehe sie ausgewaschen werden, nicht zum Zunder dienen, kan [284] eine Verständige leicht errathen; denen andern aber es mit grossen Buchstaben vor die Nase zu stellen, achte ich wider die Erbarkeit zu seyn.


Tang der Weiber Hembde, und dergleichen Plunder, Nicht einmahl zu Feuer und zu schwartzen Zunder, Sondern / wie sie selber ernstlich wollen sagen, Müst es seyn von Männern / und was die getragen, Ey so möchte manche sich doch nicht sozieren, Und den Mann um Kleider-Pracht alle Tag vexiren, Weil sie doch verderben, was sie an sich ziehen, Drum solt man die Weiber auch noch ärger fliehen.

Das 61. Capitel
Das 61. Capitel.
In der Christ-Nacht soll man nasse Stroh-Bänder um die Obst Baume binden / so werden sie fruchtbar.

Die liebe Christ-Nacht muß sich wohl zu viel und mancherley Possen lassen mißbrauchen. In der Christ-Nacht fangen die Bauern an, ihre zwölff Nächte zu zehlen, und urtheilen hernach die zwölff Monate des folgenden Jahres. Die Mägde haben tausenderley Teufels-Spiele und Gauckeley in dieser heiligen Zeit /also, daß ich Bedencken trage, alles anzuführen, was ich nur weiß, geschweige, was mir noch nicht wissend ist. Was sonst mehr vor thörichte Aberglauben von der Christ-Nacht gemacht werden wird einem alleine schwerlich alles bekannt werden. Hier in diesem Capitel giebt die schöne Rocken Philosophie Anleitung, wie man in der heiligen Christ-Nacht die Obst-Bäume könne fruchtbar machen. Die Kunst ist schlecht, und leichte zu lernen; die Materie, so darzu gebraucht wird / ist gar geringe, [285] und allenthalben zu bekommen, und wäre dannenhero eine grosse Nachläßigkeit, so ferne das Kunst-Stück zuträffe, wenn es nicht überall alle Jahre practiciret würde. Weil aber Gegentheils allzubekannt ist, das manch Jahr wenig oder nichts vom Obste geräth, so will ich vielmehr dafür halten, es halte das beschriebene Kunst-Stücklein keine Probe und mögen das wohl einfältige Tropften seyn, die daran gläuben. Denn was kan doch ein elender Stroh-Band dem Baume vor Fruchtbarkeit machen? Ich erinnere mich in meiner Jugend gesehen zu haben, daß einige Bauern in Thüringen die Bäume mit Stroh-Bänden zusammen gebunden haben, und zwar ein Ende des Stroh-Bandes an diesen / und das andere Ende an jenem Baum, vorgebend, daß die Bäume dadurch gleichsam copuliret, und zum Rammlen geschickt gemacht würden; den Tag aber, an welchen solches geschehen, habe ich aus der Acht gelassen. Es ist aber eben eine solche Narren-Kunst, als wie diese, so ich ietzo unter der Striegel habe. Wenn einer die Bäume sonst, nach guter Gärtner Manier, fleißig wartet, dinget, beschneidet, und thut, was natürlicher Weise sonst von nöthen ist, so hat er, als ein getreuer Haußwirth, das Seinige gethan, und kan weiter nichts thun, als GOtt anheim stellen, ob er die Bäume wolle lassen gute und reiffe Früchte bringen? An guten Trag-Knospen fehlet es denen Bäumen selten ein Jahr / aber hernach kömmt Mehlthau und gifftige Regen, Schlossen, Raupen, Frost und andere Zufälle, [286] welche von denen in der Christ-Nacht umgebunden gewesenen Stroh-Bändern keinesweges können abgewendet werden. Nun sage mir doch iemand / was denn die Hülff-lose Gauckeley mit den nassen Stroh-Bändern in der Christ-Nacht wohl für Nutzen bringen könne? Ich glaube, daß niemand so Hirn-loß seyn wird, wenn er die Sache ein wenig überlegen wird, daß er ferner etwas auf die Narren-Possen halten werde.


Welcher Hagel, welches Wetter wird sich lassen wehren? Weiche Raupe in den Sommer wird sich daran kehren, Daß sie nicht der Bäume Früchte öfftermahls verderben, Und welch Ungezieffer wird wohl deswegen sterben, Wenn ein halbes Jahr vorher, um der Bäume Rinden, Kluge Bauern nasses Stroh pflegen umzubinden? Damit läßt sich GOttes Hand keinesweges halten. Drum soll ein rechtschaffner Christ GOtt nur lassen walten, Und was abergläubisch ist, allzeit lassen bleiben, Auch dergleichen Narrethey keinesweges treiben.

Das 62. Capitel
Das 62. Capitel.
Wer seine Obst-Baume auf Fastnacht beschneidet /solche Bäume bekommen selbiges Jahr keine Raupen / und die Früchte keine Würmer.

Weil es gemeiniglich auf Fastnacht pfleget allerhand Narren zu geben, als bin ich in den Gedancken, daß der Erfinder dieser Lügen hiermit [287] hat wollen einen Fastnachts Narren machen und ist ihm dabey geglücket, daß derer, wider seine intention, gar viel geworden sind. Denn wer seinen guten und gesunden Verstand hat, kan leicht begreiffen, daß der Fastnachts-Tag nicht um der Bäume willen einfällt, auch ein Jahr für dem andern bald frühzeitig, bald etliche Wochen später zu kommen pfleget. Zum Exempel, in diesem Jahre fällt Fastnacht nach dem Julianischen oder alten Calender fünff Wochen später, als nach dem neuen oder Gregorianischen. Weil wir nun vor 4. Jahren den neuen Calender angenommen haben, so wird auch Zweifels frey bey denen Aberglauben liebenden Leuten die Gauckeley und abergläubische Ceremonien in der neuen Zeit vorgenommen. Hingegen, so wir noch die alte Zeit-Rechnung hätten, so richteten sie sich mit ihren Possen nach dem alten Calender, und würde in ietzt lauffenden Jahre die Baum-Beschneidung fünff gantzer Wochen längsamer vorgenommen, als nun bey dem neuen Calender geschicht. Solchem nach kan ja ein jeglicher selbst ermessen, daß dieses albere Vorgeben / mit dem Obst-Bäum-Beschneiden zu Fastnacht, nicht den geringsten Grund haben könne. Es ist auch daraus zu schliessen, daß diese Kunst nicht gar zu richtig seyn müsse, weil so wenig verständige Wirthe auf Fastnacht die Bäume zu beschneiden pflegen, da doch die Kunst eben nicht so verborgen gehalten wird / und dahero ohn allen Zweifel von iederman alle Jahr würde practiciret werden, wenn etwas daran wahr wäre.


[288]

Die gantz ungleiche Zeit, wenn Fastnacht pflegt zu seyn, Die macht, daß ich nicht glaub, daß dieses treffe ein, Was hier in diesem Punct will werden vorgebracht. Es ist ein alber Wahn, und hats ein Thor erdacht.

Das 63. Capitel
Das 63. Capitel.
Wer eine Katze oder Hund behalten will / daß sie nicht entlauffen / der treibe sie dreymahl um den Heerd / und reib ihren Steiß an die Feuer-Mauer / so bleiben sie daheime.

Hierbey will fast ein ieder Thor eine sonderbare Kunst wissen / um zu machen, daß Hunde und Katzen nicht entlauffen, oder so sie ja von jemanden weggenommen worden, doch wiederkommen müsten. Alleine, wenn diese geheimen Künste alle recht untersucht werden, ist keine darbey, die nicht auslachens werth wäre. Als ich mich vor diesem in einer sehr bekannten Stadt aufhielte, allwo viel Jäger, Officirer und Soldaten sich ohne Unterlaß befanden, hatte ich einen schönen Dänischen Hund, welcher, wegen seiner Geschicklichkeit, allda sehr bekannt und beliebt war, dahero gar viele sich bemüheten mir den Hund zu entführen; aber vergebens: Denn wenn der Hund mit mir lieff, und gleich hie und da, unter dem Gedränge des Volcks, oder auch auf dem Lande mich verlohr, traff ich ihn doch allezeit wieder zu Hause an, wenn ich heimkam. Dieses erweckete bey denen Jägern einen Argwohn zu glauben ob könte ich ein Kunst-Stücklein, daß der Hund bey mir bleiben müste. Als [289] nun einsmahls ein Jagd-Bedienter seinen Dänischen Blendling etliche Tage verlohren hatte / kam er zu mir, und klagte mir seinen Verlust, mit dem Zusatz, er wolte lieber ein Pferd verlieren, als den Hund. Darneben bat er mich, ich solte ihm doch, vor einen gutenrecompens, lernen machen, daß ihm die Hunde bleiben müsten / wie mir meiner. Ich antwortete ihme /daß ich das nicht thäte, wenn er mir gleich noch mehr geben wolte; aber das wolte ich thun, und ihm wieder zu seinem verlohrnen Hunde helffen; worüber er sehr erfreuet mir eine Wilds-Haut zu einem paar Hosen versprach. Ich wuste aber ohnedem schon daß sich sein Hund in der Stadt zu einem Materialisten gewöhnet hatte, welcher an einer Ecke wohnete, allwo ein Volckreicher Creutzgang war / und der Hund lag gewöhnlich bey der Kramerin im Laden. Dahero hieß ich ihm, er solte seinen Knecht oder Magd, welches den Hund am liebsten hätte, auf diesen Creutz-Weg stellen, und den Hund drey mahl starck ruffen lassen; wenn der Hund nicht über 24. Meilen weg wäre /würde er alsbald anfangen spornstreichs wieder heim zu lauffen, und so er in zwey Stunden nicht käme, solte er das Ruffen an diesem Orte wiederholen lassen, und denn endlich nach erfordern wieder in 2. Stunden zum drittenmahl, so müste der Hund wieder kommen. Dieses thät der Jagd-Bediente durch seine Magd; und wie die Magd zum andern mahl an besagten Ort ruffte, und eben nicht nach den Kram-Laden zu gesehen hatte, ist der Hund aus dem Kram-Laden alsobald heraus, und an der [290] Magd hinan gesprungen, worauf sie ihn, mit grossen Freuden mit heim lockete. Hierdurch wurden dieser und andere Jagd-Bedienten in ihrer Meynung desto mehr gestärcket, als ob ich verborgene Künste, zur Erhaltung der Hunde, könte; in welcher Meynung ich auch einen ieden ließ, um hierdurch zu unterbrechen, daß sie keinen Anschlag auf meinen Hund machen solten. Wie ich aber endlich alldort hinweg zog, habe ich diesen Possen iederman offenbaret. Eine solche schöne und wohl probirte Kunst ist auch der ietzt vorhabende Glaubens-Punct, der sich ohnedem auch an denen allerwenigsten Orten will practiciren lassen. Denn wie selten wird doch ein Heerd gefunden, der so frey stehet, daß man um und um gehen, und einen Hund oder Katze darum treiben kan. Und wo sich auch dergleichen Beqvemlichkeit gleich findet, so will ich doch einen ieden versichern, daß diese Gauckeley zu nichts hilfft.


Der Hund an einer Kette, Die Katz in Stub und Bette, Wenn diese kriegen Futter, Zuweilen Brod mit Butter, Und giebst ihn'n Milch zu sauffen, Die werden nicht entlauffen.

Das 64. Capitel
Das 64. Capitel.
Ein Mensch / der ehe den Wolff siehet / als der Wolff den Menschen / der darff nicht fürchten / daß ihm von solchen Wolffe ein Leid geschehe; wenn aber der Wolff den Menschen am ersten sieht / so ist der Mensch in Gefahr.

[291] Ich will es niemand rathen, daß er es hierauf wagen mag. Denn ob gleich einer, der einen Wolff eher siehet, als der Wolff ihn, solchem leichtlich kan entweichen, ehe der Wolff ihn ansichtig wird, oder zu nahe kömmt; so ist doch hierauf keines weges so schlechterdings zu trauen. Denn das blosse erste Anschauen ist viel zu unkräfftig, dem Wolff seine böse Art zu nehmen, oder zu verhindern, daß er einem Menschen, der ihn erst gesehen, nicht solte Schaden thun können. Es ist bekannt, daß fast alle Bestien die Art haben, daß sie sich für denen Menschen entsetzen, zumahl wenn sie mercken, daß ein Mensch unerschrocken ihnen entgegen gehet: Gegentheils aber so sie mercken, daß der Mensch sich furchtsam und zaghafft stellet, fallen sie ihn desto grimmiger an. Wenn nun einer einem Wolff begegnet, und denselben erst siehet, so erschrickt er alsobald, und wird furchtsam, suchet Gelegenheit die Flucht zu nehmen, die er doch nicht allezeit nehmen kan, ehe ihn die Bestie gewahr wird / dahero hernach der Wolff, wenn er den Menschen auch erblickt, solchen schon erschrocken und verzagt zu seyn mercket, und ohne allen Zweifel desto behertzter anfallen wird: Hingegen aber / wenn der Wolff den Menschen zu erst siehet, ehe der Mensch den Wolff vermuthet, so gehet der Mensch unerschrocken fort, und machet vielmehr den Wolff erschrocken, daß er weichet. Wiewohl man am klügsten thut, wenn man diesen Bestien weichet, weil sie zuweilen nicht von der Stelle gehen, wenn man über sie hinfiele. Dieses sind also meine ohnmaßgebliche [292] rationes, die ich habe, nicht zu glauben, was dieser Articul vom Wolffe lehret. Wolte aber nun einer einwenden und sagen: Dieses Vorgeben sey nicht von natürlichen lebendigen Wölffen zu verstehen, sondern von solchen, die einem gewöhnlich in heissen Tagen / im Gehen oder Reiten so nahe kämen, daß man sie ohn versehens zwischen denen Beinen fühlete, und von ihnen s.v. in Steuß gebissen würde, biß aufs rohe Fleisch, daß man hernach die Wunde wieder müsse mit Hirsch-Unschlit schmieren; so will ich dieses eben nicht widerstreiten, weil es wohl seyn kan, daß man solche Wölffe nicht so bald siehet als fühlet, und dahero freylich von solchen Wölffen Schaden empfindet.


Drum beißt dich der Wolff in Steuß, Im Sommer, da es heiß; Geh sacht, erhitz dich nicht so sehr, So beißt dich künfftig keiner mehr.

Das 65. Capitel
Das 65. Capitel.
Am St. Johannis Tage in der Mittags-Stunde soll man St. Johannis-Blut sammlen / welches für viele Dinge gut seyn soll.

Mit dieser Sache hat es folgende Bewandniß: Es gehen am St. Johannis-Tage einige Leute in der Mittags Stunde auf das Feld, und suchen ein gewisses Kraut, welches gewöhnlich auf sandigen Boden wächset und Polygonum minus, item Polycarpon von Tabernæmontano genennet wird, zu teutsch Knauel, und klein Wegetrit; dieses rauffen sie mit der Wurtzel aus, und [293] finden zuweilen an denen Wurtzeln einige röthliche runde Körnlein hangen, in der Grösse eines Tröpfflein Bluts, oder wie eine kleine Erbse. Und dieses soll, ihrem Vorgeben nach / das Blut seyn des enthaupteten Märtyrers St. Johannis. Sie bilden sich auch gäntzlich ein, daß dieses so genannte St. Johannis-Blut zu keiner andern Zeit, als nur in dieser Stunde zu finden sey, und meynen demnach / wenn sie diese Rarität gefunden haben, und solches anhängen / oder die Kleider damit schmieren, daß sie alsdenn vor vielen Unglück und Kranckheiten sicher seyn. Allein / daß es nur eine falsche Einbildung und abergläubisch Beginnen sey, erweise ich daher: Es werden diese Körnlein oder vielmehr Eyerlein, nicht allein an obgemeldten Krautes Wurtzeln, sondern auch zuweilen an denen Wurtzeln der kleinen Piloseliæ oder Maußöhrlein gefunden, und zwar nicht nur am Tage St. Johannis / sondern auch um diese Jahrs-Zeit, und werden so wohl etliche Tage vor als auch etliche Tage nach Johannis, an bemeldten Kräutern gefunden / welches ich aus eigener Erfarung erweisen kan; darbey habe ich gefunden, daß diese rothe Körnlein nichts anders sind, als Eyerlein gewisser Würmer; denn wenn ich dergleichen Eyer habe in ein Gläßlein gethan, u. an die Sonne gesetzt, so ist die äuserste Schale von einander gesprungen, und sind rothe Würmlein daraus gekommen, in der Gestalt, als mittelmäßige Wantzen. Wenn so wohl die Würmlein als auch die Eyergen zerdrückt werden, so geben sie eine schöne Blutrothe Farbe, dahero auch wohl die einfältige [294] Meynung mag entstanden seyn, ob wären es Tröpfflein Blut; allein es sind, wie gedacht, nichts anders, als Eyergen gewisser Würmer, die sich vielleicht unter oberwehnten Kräutern aufhalten, und solche Eyer an die auf dem luckern Sande liegende Wurtzeln solcher Kräuter anhängen. Es wollen einige davor halten, ob wären die aus denen Eyergen gekrochene Würmlein nichts anders, als die bey denen Schönfärbern bekannte Coccionillie, welche Meynung ich zwar dahin gestellet seyn lasse, weil sie mit der Gestalt der Coccionillie (als welches auch nichts als Würmlein sind) ziemlich gleich kommen. Jedoch weil sie nicht so häufig können gesammlet werden als wie die Coccionillie, so halte ich dafür, daß es zwar eine solche Art, aber doch nicht eigentlich die rechte seyn mag. Es sey aber wie es wolle, so ist es doch gewiß, daß es kein Johannis-Blut ist / und auch nicht nur am Johannis-Tage gefunden wird; welches einen gnugsamen Beweiß giebt / daß solchem nach die eingebildete Hülffe, die es leisten solle, auch ohne Grund seyn wird.


O närrscher Wurm! du suchst Johannis-Blut, Und denckst dabey, es sey vor vieles gut; Weißt aber nicht, daß du nur Würmer kriegst, Damit du dich in deinem Wahn betrügst.

Das 66. Capitel
Das 66. Capitel.
Wenn eine Elster auf einem Hause sitzt und schreyet /worinnen ein Krancker liegt / so wird der Krancke wieder gesund.

[295] Das ist ein angenehmer Vogel, dieser Vogel bedeutet und bringet lauter Freude: an einem andern Ort vernehmen wir, daß wenn er und seine Cameraden sich auf einem Hause hören liessen, solten bald Gäste kommen: hier aber bringt er die gute Botschafft, daß der Krancke wieder genesen soll. Ingleichen geben die klugen Weiber in ihrer Rocken-Philosophie vor, daß, so die Elster Vormittage auf einem Hause säß, und schrie / und man sähe sie von forn zu, so folgete etwas Gutes drauf; sey es aber Nachmittage, und man sähe sie von hinten zu, so folge Verdrüßlichkeit drauf. Aus welchen allen abzunehmen ist, daß dieser Vogel, um seines langen Schwantzes halber / so angenehm sey. Denn so man die Sache wohl überleget, so wird sichs nicht anders befinden, wenn sie sagen: Wenn Vormittage diese Elster von forn zu, das ist, an den Kopff, Brust und Bauch gesehen wird, so folget etwas Guts (das ist der Schwantz) hernach. Also bringt dieser Vogel alles Glück auf den langen Schwantze. Kehret er nun aber Nachmittage das Gute, das ist, den Schwantz vor, so folget das Schlimme darauf. Derogen scheinet es, ob sähen die lieben Weiber gern, wenn dieser Vogel nur hinten und forn aus lauter störtzigen Schwäntzen bestünde. Ich bin zwar selbst auch ihrer Meynung / denn mit denen Schwäntzen thun sie keinen Schaden, als wie mit dem Kopff und Schnabel, mit welchen sie denen Bauern die Eyer aus sauffen / die Qvärge fressen, die Käse-Körbe visitiren / auch wohl gar die jungen Hünlein [296] davon tragen. Welches in Wahrheit solche Untugenden sind, daraus ich kein Glück gewarten kan; und dennoch soll dieser diebische Vogel, mit seinem Geschrey, Glück bedeuten, und die Genesung eines Patienten anzeigen. Weil aber die klugen Weiber sagen, daß wenn eine Krähe oder ein Rabe auf einem Hause schrie, worinnen ein Patiente läge, es den Tod des Krancken bedeute; so kan ich nicht glauben, daß eine Elster, als welche eben auch mit unter die Zunfft der Galgen Vögel gehöret, mit seinem Geschrey etwas bessers andeuten könne als eine Krähe. Derowegen mein wohlmeynender Rath wäre, man glaubte diesem schwatzhafftigen Diebs-Volcke nicht so viel, sondern ergötzte sich nur an seinen schönen langen bundfarbigen Schwantze.


Die Elster hat einn langen Schwantz, Von bunder Farb und schönen Glantz, Drum habn sie auch die Weiber lieb, Ob sie gleich ist ein Käse-Dieb, Und säufft den'n Bauern Eyer aus, Trägt auch die Qvärge aus dem Hauß, Und stiehlt der Glucken ihre Jungen, Dennoch wird ihr ein Lob gesungen, Als ob sie ein solchr Vogel wär, Dem nichts gebührt, als Lob und Ehr.

Das 67. Capitel
Das 67. Capitel.
Wenn die Hunde heulen / bedeutets Unglück / darum soll man die Ohren zu halten / daß man sie nicht höret.

Kan denn das Zuhalten der Ohren verbindern, [297] daß die Hunde nicht mehr heulen? oder kan man das Unglück, das besorget wird, etwan dadurch abwenden? Es ist ja das Heulen der Hunde ein natürlich Werck, und derer Hunde natürliche Eigenschafft, wovon schon an einem andern Orte ein mehrers abgehandelt worden ist; daß demnach noch lange nicht erwiesen ist, daß das Hunde-Heulen eben ein Unglück bedeuten müsse. Es wird insgemein dafür gehalten / daß das Heulen der Hunde Feuer bedeuten solle; wenn es aber wahr wäre, so müste auf denen Meistereyen, oder auch in denen Jäger-Häusern täglich Feuer entstehen, weil allda täglich ein Geheule derer Hunde gehöret wird. Daß es aber nicht geschehe, ist bekannt, und dahero ein klares Zeugniß, daß das Hunde-Heulen kein Feuer bedeute. Was aber ferner ander Unglück anlanget, so kan so wenig die Bedeutung von Hunde-Heulen hergeleitet werden, als das Feuer oder Brand. Ich setze aber dem Fall, daß das Heulen der Hunde ein Unglück bedeutete, so kan doch das Zustopffen oder Zu halten der Ohren nichts dabey helffen. Und kömmt dieses so alber heraus, als ob einer einem Stein, der auf ihn zugeworffen würde, damit wolte entgehen, wenn er die Augen zudrückete. Denn das Zustopffen der Ohren hält ja das Heulen des Hundes nicht auf, so könnte es ja vielweniger das Unglück, wann ja eines fürhanden wäre / unterbrechen. Derohalben es eine sehr einfältige Thorheit ist, wenn man auf solche albere Possen etwas achtet.


[298]

Die bey dem Hunde-Heuln verstopffen ihre Ohren, Um Unglück zu entgehn, das sind wohl rechte Thoren. Der Hund heult ja für sich, das Unglück kommt von GOtt, Drum wird der Thoren That nur ihnen selbst ein Spott.

Das 68. Capitel
Das 68. Capitel.
Wenn ein Bien-Schwarm sich an ein Hauß henget / so bedeutets gern Feuers-Brunst.

Es ist zwar etwas ungewöhnliches, iedoch nichts unmögliches, daß sich ein Bienschwarm an ein Hauß henget; insonderheit kan es auf denen Dörffern sich leichtlich zutragen, wie sichs denn auch wohl in denen Städten begeben kan, und zwar, wenn, wie offt gewöhnlich, hinter denen Häusern Gärten sind, in welchen Bienen-Stöcke stehen, wenn denn dieselben nach Gewohnheit schwermen, und sich verfliegen, daß sie in die Gassen kommen, so können sie sich alsdenn nirgends anders hinhengen, als an ein Hauß. Wer aber hieraus stracks ein böses Prognosticon erzwingen wolte, würde billich vor einen abergläubischen Jecken zu achten seyn. Ich erinnere mich, daß vor etlichen Jahren, in einer wohlbekannten Stadt, sich ein Bienschwarm an das Rathhauß hengete, in gleichen nur vor wenig Jahren, in eben selbiger Stadt, hengete sich einer an die Haupt-Kirche, weßwegen beydesmahl grosse Furcht entstand; aber es stehet, GOtt sey Danck! so wohl das Rathhauß, als [299] auch die Kirche annoch unter GOttes Hut vom Feuer unbeschädiget! Es ist mir auch noch unentfallen, daß vor ohngefehr 15. oder 16. Jahren, ein Bienschwarm sich in Dreßden auf dem Neu-Marckte an die Justitz oder Galgen hinge, welcher den gantzen Tag hangen blieb, biß ihn der Scharffrichter einfangen ließ / welches eine Begebenheit war / die wohl einiges Nachdencken verdienete; alleine, es kan doch niemand sagen, was drauf erfolget sey, daß man hiervon hätte eine Bedeutung darauf machen können. Ist demnach nichts abgeschmackters, als wenn man stracks aus einer natürlichen Begebenheit will Bedeutung machen. Eben als wie in vorigen Capitel das Hunde-Heulen auch Feuer bedeuten soll / da doch nichts gewöhnlicher ist als daß ein Hund, der in einer frembden Stadt seinen Herrn verlohren hat, auf die Gasse tritt und heulet. Es verwahre ein ieder in seinem Hause das Feuer und Licht / wie sichs gebühret, es mag sich ein Bienschwarm anhengen, oder ein Hund heulen oder nicht; es ist besser bewahrt, als beklagt.


All Aberglauben sind ja insgesamt erlogen, Derhalben wird man auch mit dem Bienschwarm betrogen, Wenn man von diesen will gewisse Deutung machen; Vielmehr vertrau ich GOtt, der mich und meine Sachen Allein beschützen kan, daß aber manche schwärmen Mit denen Bienen, da will ich mich nicht drum hermē.

Das 69. Capitel
[300] Das 69. Capitel.
So lange die Lerche vor Lichtmeß singet / so lange schweigt sie nacht Lichtmeß wieder stille.

Die Lerchen schweigen offt noch eine geraume Zeit nach Lichtmeß stille / ob sie gleich vor Lichtmeß auch nicht sind gehöret worden: Und ob es auch zuweilen, iedoch selten, geschicht / daß sie vor Lichtmeß singet, so verursacht doch solches eben nicht, daß sie auch so lange nach Lichtmeß stille schweigen müsten. Denn offt singen sie bald nach Lichtmeß, offt auch erst in 3. 4. und mehr Wochen hernach, ob sie gleich nur 2. oder 3. Tage vor Lichtmeß gesungen haben. Und kömmt bloß auf das warme und schöne Wetter an; denn wenn dieses Vöglein in der Lufft noch grosse Kälte mercket, schwinget es sich nicht in die Höhe / und lässet seinen angenehmen Gesang nicht hören; trägt sichs aber zu, daß der stärckste Frost-Schnee und Winter vor Lichtmeß heraus kömmt, so wird es gewöhnlicher massen hernach schön Frühlings-Wetter, und lässet sich alsdenn die Lerche hören. Es ist aber keinesweges auf das Singen zu Lichtmeß zu reflectiren; iedoch ist es auch eine Sache, da ein jeder, ohne Verletzung seines Gewissens, davon halten mag, was er will.


Laß die Lerchen sich hoch schwingen, Und fein angenehme singen, Ob sie gleich auch spät anfiengen, Und Mit-Fasten vorbey giengen, Dürfft es doch noch kaum gelingen, Daß sie wird schön Wetter bringen.

Das 70. Capitel
[301] Das 70. Capitel.
Wenn ein Junggesell und eine Jungfrau mit einander ein Kind aus der Tauffe heben / oder Gevatter stehen /soll der Pfaff sich zwischen sie stellen / sonst / wo sie einander heyrathen / würde stets Uneinigkeit zwischen ihnen seyn.

Dieses ist ein Glaubens-Grund, der seinen Ursprung aus dem Mährlein-vollen Pabstthum hat, deswegen er auch bey denen Lutheranern und Reformirten am wenigsten in Acht genommen wird, es sey denn an solchen Oertern, allwo Papisten und Evangelische unter einander wohnen, da denn freylich der Aberglaube wie die Pest jedermann anstecket. Ich habe sonst zum öfftern (wiewohl ebenfalls aus einem abergläubischen Wahn) sagen hören, daß, wenn zwey ledige Personen einander lieb hätten / und würden mit einander Gevatter, so binde der Tauffstein; andere dargegen haben das contrarium behaupten wollen. Weil denn nun eines da hinaus, das andere dort hinaus will / so lässet man die abergläubischen Narren billig um die Welt herum lauffen, biß sie im Schlaraffen-Lande wieder zusammen kommen. Es habe demnach von beyden eines recht, welches wolle, so wird das Zwischentreten des Pfaffen doch keinen Grund finden. Denn wenn der Tauffstein bindet, so wäre ja besser, daß diese, die ohnedem zusammen sollen, zusammen gelassen, und nicht vom Pfaffen gleichsam [302] durch das Mittentretensepariret würden; denn was GOtt zusammen füget, soll der Herr Pater nicht scheiden. Wiewohl der Tauffstein keinesweges zur Copulation gewidmet ist, dahero ich nicht begreiffen kan, aus welche Weise derselbe binden solle. So er aber, nach derer andern ihre Meynung / löset, oder die zusammen versprochene Leute wieder trennet, oder die, welche einander lieb haben, in Feindschafft setzet, was kan denn das Mittentreten des Pfaffen hierbey verhindern? Soll es denn etwan seyn, als wenn sich ein Paar mit einander schlagen, daß ein dritter wie ein Schiedsmann sich einmenget, und will der Pfaff gleichsam der Schiedsmann seyn? so kommt mir es ungereimt vor, weil es nirgends keines Schiedsmanns braucht, als wo zwey Leure in Uneinigkeit zusammen gerathen. Hier aber, bey der Gevatterschafft / haben beyde einerley intention, nicht sich mit einander zu veruneinigen, sondern beyde zugleich, im Nahmen des Kindes, dem Teufel, und allen seinem Wesen und Wercken abzusagen, und demselbigen Krieg und ewige Feindschafft, im Nahmen des Unmündigen, anzükündigen. Fechten also beyde zugleich mit einerley Waffen wider einerley Feinde, und vor einen Herrn. Wolte aber einer hier einwenden, daß der Pfaff hier ins Mittel treten wüste, auf daß hierdurch die zukünfftige unter diesen zweyen Gevattern besorgende Uneinigkeit verhindert werde, so sage ich, daß darzu der Pfaff, und wenn es auch gleich ein Cardinal, ja der Pabst selbst wäre, viel zu unvermögend ist / durch sein blosses in [303] die Mitten treten, die zukünfftige Uneinigkeit zu verhindern. Gleichwie aber aus angezogenen Ursachen und Beweiß nicht kan dargethan werden, daß ein paar junge Leute, die mit einander Gevatter werden, und hernach einander ehlichten, um deßwillen eine unfriedliche Ehe führen würden; also mag die Mittenstellung des Pfaffen geschehen oder nicht, so bleibet doch alles, wie es GOtt zulässet, und demnach dieser papistische Glaubens-Grund erlogen.


Laßt die Pfaffen schwatzen, was sie wollen, Wir Luthraner glauben, was wir sollen. Die Papisten sind mit solchen Possen Allzeit fertig und gantz unverdrossen; Aber wir solln uns dran nicht kehren, Was sie all für albre Chosen lehren.

Das 71. Capitel
Das 71. Capitel.
Es soll einer seine Gevatterin nicht ehelichen / denn so offt sie sich ehelich vermischen / so donnerts / oder entstehet ein Gewitter.

Dieses ist ebenfalls, wie voriges, eine papistische Erfindung, dahero es kaum die Mühe verlohnet, solchem viel zu widersprechen, weil doch ein ieder vernünfftiger Mensch die albere Thorheit selbst begreiffen kan. Denn wenn es wahr wäre, so würden solche Ehe-Leute rechte Wetter-Macher seyn, die Donner und Gewitter erregen könten, wenn sie nur wolten, auch würden die Gewitter um Weyhnachten so gemeine seyn, als um den Johannis-Tag. Oder es müsten [304] sich solche Ehe-Leute den gantzen Winter hindurch der ehelichen Beywohnung enthalten. Dahero stehe ich in den Gedancken, es werde gar kein gewöhnliches Donnern und in der Lufft entstehendes Gewitter allhier verstanden, sondern nur ein solches, welches in einem Bette sich kan erregen / wenn nehmlich der Mann donnert, und die Frau blitzt, die Winde lassen sich hören / und endlich schlägts auch wohl ein; und mag sich ein ieder selbst die Auslegung machen, so gut er am besten dencket, denn ich menge mich nicht gerne mit unter.


Zwey Nebel kommen offt an einem Ort zusammen, Und das kan sich hier auch gar wohl zutragen. Wo aber Donnr und Blitz und Wetter soll herstammen, Das kan ich warlich keinem Menschen sagen.

Das 72. Capitel
Das 72. Capitel.
Wer die erste Kanne Bier aus einem Vasse bekömmt /soll geschwinde damit fortlauffen / so gehet das Bier bald heraus.

Ich habe selbst manchmahl gehöret, daß diejenigen, die Bier schencken, zu denen sagen, welche das erste Maaß Bier aus einem Vasse bekommen, sie solten fein geschwinde damit lauffen, daß das Bier fein bald alle werde; worauf sichs denn mehrmahl begiebt, daß die Mägde, die solche erste Losung gebracht, zwar die Keller-Stufsen schnell hinauf gelauffen, aber stracks vor dem Keller (zumahl, wenn ihnen ein seiner Soldate begegnet) so stutzig worden, als manch Pferd / oder gar, wie der von seiner Mutter verwünschte [305] Knabe in Freyberg, daß es vielmahl noth thäte, es würden ihnen Stühle gebracht, daß sich die guten Leute niedersetzen könten; und wird zuweilen wohl bald ein ander Vaß angezapfft, ehe Jungfer Micke mit dem nach Hauß kömmt, was sie erst aus dem vorigen Vasse bekommen. Und dennoch denckt die Bier-Schenckin, ihr Bier gehet um deßwillen schnell ab, weil die Magd mit der ersten Kanne so geschwinde damit ist heimgelauffen. Allein, wer gut Bier hat, dem gehet es auch gut ab, und wenn gleich die erste Kanne von einer Schild-Kröte oder einem Krebs hinweg getragen würde; hingegen so das Bier nichts nutzet, so gebe man gleich die erste Kanne einem, der in Begriff ist, den Staupbesen zum Thore hinaus zu tragen, mit auf die Reise, so wird es doch nichts helffen. Manche Leute haben auch wohl den Gebrauch, daß sie iedesmahl dem, der die erste Losung in ein Vaß Bier giebt, eine Kanne Bier stracks vor dem Vasse austrincken lassen; welches denn auch zum schnellen Abgang dienen soll, und manchem versoffenen Lehr-Jungen, oder auch mancher Sauff-Schwester ein gefunden Fressen ist, wenn sie das Glück haben, eben zu einem frischen Vasse zu kommen. Wie sich aber diese Meynung mit der ersten vergleichen lasse, kan ich nicht begreiffen, denn die ersten sollen schnell mit dem Biere fortlauffen / und die andern sollen dargegen stille stehen und sauffen; und das beydes soll doch gleichwohl einerley Würckung haben. Ob nun Lauffen und stille Stehen einerley sey? das wird wohl der allerklügste Bauer in dem grössesten Dorffe schwerlich ergründen. [306] Bleibt demnach wohl dabey, daß das beste Bier am besten abgehe.


Gut Geträncke geht schnell ab, mit dem schlimmen bleibt man sitzen, Ob auch lieffe noch so sehe, daß er möchte drüber schwitzen, Der die erste Kanne kriegt aus dem schlimmen; aber besser, Wenn das Bier ist gutes Schmacks, werden leer dieselben Vässer

Das 73. Capitel
Das 73. Capitel.
Man soll die kleinen Kinder nicht mit blossen Füssen auf den Tisch treten lassen / denn sie bekommen davon böse Füsse.

Ein klein Kind, das noch ins Küssen und Windeln gewickelt wird, das wird wenig auf den Tisch tantzen gehen, und tritt demnach nicht mit blossen Füßgen auf den Tisch: Ein grösseres aber, das anfängt zu lauffen, das lernet auch nicht auf dem Tische sondern auf der Erden lauffen, und solcher gestalt ist dieses wohl eine vergebliche Sorge. Jedoch trägt sichs zuweilen zu, daß die Kinder-Weiber mit denen Kindern, wenn sie sie in ein ander Kissen einbinden wollen, manchmahl ein wenig spielen, solche nackend in die Höhe heben, und sie, aus Spaß, mit denen Füßgen lassen auftreten, bey welcher Begebenheit sie es denn wohl in Acht nehmen, daß das Kind ja nicht mit denen Füßgen auf den blossen Tisch kömmt, in Besorgung, daß es alsdenn böse Füsse bekommen würde; legen demnach allezeit eine Windel oder ein Kissen unter. Nun ists zwar eben nicht übel gethan,[307] daß man ein solch zartes Kind mit seinem noch gantz knorpelichen weichen Füßgen nicht lässet auf einen harten, zuweilen auch wohl kalten steinernen Schie fer-Tisch auftreten. Daß aber eigentlich und ohnfehlbar ein Kind von solcher wenigen Auffussung auf den blossen Tisch solte böse Füsse bekommen, und hingegen eine schlechte untergelegte Windel solches verhüten könne, ist eine recht lächerliche und sehr einfältige Meynung. Denn woferne man besorget seyn will, ob würde das Kind, mit seinen noch weichen und zarten Füßgen, sich auf dem harten Tische Schaden thun, so kan eine dünne einfache Windel, welche gewöhnlich untergelegt wird, ja gantz und gar nichts austragen, und kömmt mir nicht anders für, als die eintzige Feder / welche Eulenspiegel unter seinem Kopff geleget hatte, um darauf weich zu liegen. Will man aber vorgeben / ob läge offt eines und das andere auf dem Tische / als Nadeln, Messer und dergleichen, darein ein Kind leicht treten / und sich Schaden thun könne; so will ich dargegen zu bedencken geben, ob es nicht dißfalls besser sey, man lasse das Kind auf dem blossen Tische auftreten, da man doch siehet, ob es auf etwas schädliches tritt oder nicht; als daß man die Windel unterbreite, und demnach nicht in Acht nehme, was manchmahl schädlichs darunter verborgen liegt, daß das Kind in Fuß stechen kan. Ist demnach der super-klugen Weiber ihre unzeitige Fürsorge gar weit gefehlet, weil an und für sich selbst ein reiner Tisch keine Ursach geben kan, daß ein Kind, das bloß darauf auffusset / solle um deswillen böse Füsse bekommen


[308]

Wenn die Kinder nicht mit Schaden Sonst am Füßgen sind beladen, Wird solch Treten nicht mißlingen, Das dem Kind solt Böses bringen.

Das 74. Capitel
Das 74. Capitel.
Wenn man Abends zu Bette gehet und löschet das Licht aus / soll man dasselbe ja nicht umgekehrt aus dem Leuchter stecken lassen; denn woferne sonst dieselbe Nacht Diebe ins Hauß kämen / könte niemand vom Schlaff erwachen.

Ich will zwar den übeln Gebrauch nicht billigen, den manche Leute haben, wenn sie ein Licht auslöschen, daß sie das Licht umkehren, und mit der Schnuppe in der Tillen stecken, und also kalt werden lassen, weil ich wohl begreiffen kan, was zuweilen vor Ungelegenheit daher entstehen kan, wenn nehmlich auf diese Art ein Licht ausgelöschet / und also umgekehrt ist stecken geblieben, so schmiltzt das warme Unschlit oder Talg in der Tillen um die Schnuppe oder den Dacht / und wenn es kalt wird / so gerinnet es zusammen, und steckt alsdenn das verkehrte Licht so feste in dem Leuchter, daß man es im Fall der Noth, wenn man es bey entstehenden Brande und Feuers-Gefahr, oder auch bey Einbrechung der Diebe / am geschwindesten anzünden will, nicht einmahl von Leuchter nehmen kan. Und wenn man es ja gleich mit Mühe und Noth endlich von Leuchter bringet, so kan man es doch so geschwinde nicht anzünden, weil der um die Schnuppe hangende [309] häuffige Talg verhindert, daß der Dacht so bald nicht anbrennen kan; welches denn wahrhafftig eine garstige und zuweilen grosse Gefahr verursachende Gewohnheit ist die sich billich iederman, der sie im Gebrauch hat, abgewöhnen solte. Und dieses ist also das Ubel / was ein umgekehrt Licht in der Nacht nach sich ziehen kan. Daß es aber ferner die Würckung haben solle, daß, bey Einbrechung der Diebe, die schlaffenden Leute im Hause nicht könten erwachen, so lange das Licht so umgekehrt stecket, ist ohne Zweifel ein Sonnenklarer Aberglaube. Denn ob man gleich, aus der mehrmahligen Erfahrung / so viel hat, daß zuweilen unter denen Mördern und Ertz-Dieben auch wohl solche gefunden werden, welche mit der schwartzen Kunst und Zauberey auch herum springen, und damit so viel verschaffen können, daß die in einem Hause, allwo sie einfahren, schlaffende Leute nicht erwachen mögen, biß die Diebe ihre verfluchte Erndte gehalten haben; so ist doch das auf vorbeschriebene Art umgekehrte Licht keines weges eine hierzu mitwirckende Ursach, sintemahl bekannt ist, daß dergleichen Künste sind practicirt worden an solchen Orten, allwo kein umgekehrt Licht gestanden hat. Ja es sind theils Schelme in solchen Teufels-Künsten auch wohl so erfahren, daß sie, durch des Teufels Hülffe, verschaffen können, daß die Leute im Hause, ob sie gleich alle wachen, dennoch mit offenen Augen gantz stumm und erstarret ihre Kisten und Kasten müssen eröffnen und ausleeren lassen, und können sich weder regen noch wenden / biß die Galgen-Vögel hinweg [310] sind. Welche Schelmerey ja sicherlich eine weit andere hierzu würckende Ursach haben muß / als das elende umgekehrte Licht, davon die zauberhafften Nacht-Raben vorher nichts wissen / ob dergleichen im Hause sey oder nicht.


Ein umgekehrt und ausgelöschet Licht, Verursacht zwar den harten Schlaff gar nicht, Jedoch ist solch Auslöschen auch nicht sein, Weil es auf manchen Fall kan schädlich seyn.

Das 75. Capitel
Das 75. Capitel.
Ein Knäblein / das gebohren wird / wenn Venus Morgen-Stern ist / bekömmt ein viel jünger Weib /als er ist; ist aber Venus Abend-Stern / so bekömmt er ein älter Weib / als er ist / mit einem gebohrnen Mägdlein ist es aber das Gegenspiel.

Daß der Stern oder Planet, welcher von denen abgöttischen Heyden ist mit dem Huren-Nahmen Venus benennet worden, solle einige Würckung bey denen Menschen haben, in ihrem Ehestande, oder in allen solchen Begebenheiten / was zur Ehe gezehlet werden mag, das lasse ich diejenigen glauben, welche viel auf Fabeln und Träume achten: Ich aber glaube, daß dieser Stern auch wohl an statt, daß er Venus heist, könte einen gantz andern Nahmen, welcher dem Nahmen Veneris gantz contrair wäre, mit eben dem Rechte haben / als ob er so viel hundert Jahr / aus angenommener abergläubischen Gewohnheit, [311] hat Venus geheissen. Denn von der Schöpffung an hat er diesen Nahmen nicht gehabt; so hat man ihn auch vom Anfang dergleichen närrische Würckung nicht zugeschrieben, als biß zu der Zeit, da sich die abgöttischen Heyden haben unterstanden, die Planeten und ansehnlichsten Himmels-Lichter mit denen Nahmen ihrer Abgötter zu bemercken, wodurch sie zugleich Gelegenheit genommen haben, das einfältige Volck zu bereden, ob wären ihre Götter mit unter die Zahl der Sternen gekommen. Nun kan ein vernünfftiger Mensch hieraus leicht schliessen, ob denen Sternen durch solche Benennung hat einige qualität derer Creaturen, davon sie benennet worden, mitgetheilet werden können. Ich meines Orts kan es so wenig glauben, als wenn man wolte fürgeben, so man einen Krebs mit dem Nahmen Blitz benennete, so bekäme er die Eigenschafft so schnell fortzufahren, als der Blitz. Damit ich aber nicht zu weit von meinem Zweck abweiche, so komme ich wieder auf das Fürgeben, wenn geglaubet wird, ob würcke der Stern Venus anders zu der Zeit, da er Morgen-Stern sey, als da er Abend-Stern ist. Worgegen ich kurtz und rund heraus sage, solche Meynung sey falsch und erlogen. Und zwar verstehe ich hier nur seine Würckung, die ihm bey denen Menschen zu haben zugeschrieben werden will; denn ausser dem weiß ich gar wohl, daß ein Unterscheid zu machen sey unter dem Auf- und Untergange, und unter dem Stande der Planeten, welche dienen zu Zeiten, Zeichen, Tagen und Jahren; wiewohl hierbey [312] auch noch limitationes genug zu machen sind, in Erwegung, daß, was ein Planete gleich in hiesigen Landen nicht zu würcken scheinet, so thut er es doch in einem andern Lande; zum Exempel, wenn es bey uns Winter ist, so ist es in denen mittägigen Ländern Sommer, und wenn wir Sommer haben, so haben jene Winter; wenn die Sonne bey uns aufgehet / so gehet sie unsern Antipodibus unter, und ist also auf der eintzigen Erd-Kugel ohn Unterlaß Abend, Morgen, Mittag und Mitternacht, Sommer, Winter, Herbst und Frühling, und ist nur der Ort zu unterscheiden. Welche Betrachtungen feine Anleitung geben können, zu bedencken, wie daß bey GOtt, als welcher dieses alles regieret, kein Unterscheid der Zeit, ja weder Anfang noch Ende, sondern lauter stetswährende Ewigkeit sey. Was nun hier vom Auf- und Untergang der Sonnen gesagt worden, das ist von andern Planeten auch zu verstehen. Wenn demnach Venus uns aufgehend ist / so gehet er unsern Antipodibus unter, und so fort; und mag er gleich Abend-Stern heissen, so hat er ja am Morgen eben auch am Himmel gestanden, wie zu Abend und so fort. Ober nun ein Jahr hinter oder vor der Sonnen herwandert, wird er in seiner Würckung gegen die Menschen keine Veränderung machen, und sonderlich auf eine so albre Weise, daß er in einem Menschen so / in einem andern anders würcken solle; und kommt so thöricht heraus, als ob einer vorgeben wolte, die Sonne erwärmet die Knäblein, macht aber die Mägdlein frostig und kalt, und zwar zu einer [313] Zeit. Dahero ja Venus nicht bey denen Knäblein anders, als bey denen Mägdlein, wird würcken können, sonst müste weiter folgen, daß dasjenige, was ein Knäblein sättigte, ein Mägdlein dargegen hungrig machte. Ferner möchten doch die Planeten-Leser bedencken, daß offt wohl Leute einander heyrathen, welche in einem Alter stegen; welches ja Sonnen-klar beweiset, daß dieser vorhabende Aberglauben erlogen seyn müsse, sonst würde sich nimmermehr dergleichen Heyrath begeben können. Endlich ist es auch nichts neues, daß ein Mann, der zur Zeit / als Venus Morgen-Stern gewesen, gebohren ist, ein alt Weib heyrathet. Oder es trägt sich zu, daß einer ein Weib bekömmt, welches zu einer Zeit gebohren, da Venus Abend-Stern gewesen, da er doch gebohren, da Venus Morgen-Stern war, und so fort: Welches ja alles Dinge sind, die schnurstracks der Planeten-Leser ihre principia übern Haussen werffen. Ja es könten diese chosen gar leichte weitläufftiger widerleget werden, wenn man sich nicht der Kürtze zu bedienen hätte. Ich hoffe aber, daß, wer ein klein Füncklein gesunder Vernunfft noch besitzet, wird selbst begreiffen, was Fabeln oder Wahrheit sey.


Wenn man die Planeten Machet zu Propheten, So wird man betrogen; Denn es ist erlogen, Was Paneten-Leser sagen, Das sich künfftig soll zutragen.

Das 76. Capitel
[314] Das 76. Capitel.
Wer von der Mahlzeit gehet / soll das Brodt / davon er gegessen hat / nicht lassen liegen; denn wenn es ein anderer über einen Galgen wirfft / so kan der / der davon gegessen hat / dem Galgen nicht entgehen.

Wenn dieses verteufelte Vorgeben nicht so gar bekannt wäre, würde ich Bedencken getragen haben, es mit in die Zahl anderer abergläubischen Laster so öffentlich zu setzen; sintemahl kaum etwas grausamers mag erdacht werden können, als dieses verfluchte Unternehmen. Wiewohl ich nun zwar gäntzlich zweifele, daß es also erfolge, wie vorgegeben wird; so wird sich doch einer auch kaum einbilden können, daß / ob es auch gleich eintreffen solte, sich auch unter Christen-Menschen einer finden möchte, der diese Kunst und verfluchtes Unternehmen zu practiciren sich unterstehen werde, weil es ein Beginnen ist, das kein ander Mensch sich unterfangen wird, als der sich mit Leib und Seele dem Teufel ergeben, und in seinem Reich zu dienen versprochen hätte; ja ich achte davor, daß ein solcher Bösewicht so durchteufelt seyn müste, daß er nicht einmahl ins Reich GOttes verlangen noch begehren könne. Allein ich setze dem Fall, daß dieses Teufels-Werck wahr sey, und sich auch solche verfluchte Creaturen unter denen Menschen befänden, die es ins Werck setzten, so ist ja keinem rechtschaffenen Christen unbekannt, [315] daß GOtt seine gläubigen Kinder vor allen Stricken des Teufels und seiner Diener mächtig beschützet und behütet, ja des Teufels Anschläge so zu nichte machet, daß er unter tausenden nicht eines, ohne GOttes Verhängniß, auszuführen vermag. Ergo, so kan auch ein von des Teufels Werckzeug über einem Galgen geworffenes Bißgen Brodt nicht würcken, daß der, welcher vorher davon gegessen hat, müsse unumgänglich an Galgen kommen. Wer an Galgen gehenckt wird, der muß es verdienet haben, (denn ohne Ursach wird keiner gehenckt /) so es einer aber verdienet hat, so ist ja er selbst Schuld daran, und nicht das Brodt, ob es auch gleich hundert mahl wäre übern Galgen geworffen worden. Ist demnach erstlich an der Sache nichts wahr. Zum andern habe ich noch von keinem eintzigen Exempel gehöret, daß eines wäre unumgänglich, aus erwehnter Ursach, dem Galgen zu Theile worden. Drittens ist bekannt, daß täglich viel tausend vornehme Herren und Standes-Personen, bey denen Mahlzeiten und Gastereyen, ohne einig Bedencken, ihr Brodt liegen lassen / ohne sich des Galgens deswegen zu befahren. Wenn demnach etwas an der Sache wäre, so würden sich weder Könige noch Fürsten und andere grosse Herren schämen, ihr übergeblieben Brodt nach der Mahlzeit zu sich zu stecken, weil doch bekannter massen solche grosse Herren viel tausend mahl mehr gewaltge Feinde, die ihnen mit Gifft und andern Dingen nach Leib und Leben stehen, haben, als eine gemeine privat-Person. [316] Dannenhero ist aus diesem allen zu schliessen, daß an der gantzen Sache nichts wahr seyn muß.


Hüt' dich für der Dieberey, und für andern Buben-Stücken, So bleibst du gewißlich frey von den bösen Galgen-Stricken. Nichts kan dir was Schaden thun, als was GOtt beschlossen hat. Drum halt du dich nur an ihm, und trau seinem Schutz und Rath!

Das 77. Capitel
Das 77. Capitel.
Einen Holunder-Strauch vor eine Stall-Thür gepflantzt / bewahret das Vieh vor Zauberey.

Wer dieses practiciret, überhebet dem lieben GOtt einer grossen Mühe; scil. denn wenn der Holunder das Vieh für dem Teufel bewahret, darff es GOtt nicht thun. Ja möchten manche sagen / GOtt hilfft durch natürliche Mittel, als wie durch die Leber des Fisches, davon im Büchlein Tobia zu lesen ist. Dem aber dienet zur Antwort: Daß in der gantzen H. Schrifft ja nicht ein eintziges Exempel zu finden sey woraus zu erweisen wäre, daß man durch dergleichen Dinge Schutz wider den Teufel, oder wider Zauberey erlangen könne; sondern es wird vielmehr an allen Orten H. Schrifft gelehret, wie ein Mensch eintzig und allein seine Hoffnung und Vertrauen auf GOtt und seine Hülffe setzen solle, und auf nichts anders. Denn was das [317] Exempel im Büchlein Tobiä anlanget, so ist solches nicht so wohl für ein Exempel und Geschichte, als vielmehr für ein Lehr-reiches Gedichte anzunehmen / sintemahl Lutherus es selbst nur für eine kluge Fabel hält. Ich setze aber den Fall, das es eine wahre Geschicht sey, so ist damit noch lange nicht erwiesen, daß wenn man diß oder das thue, so sey man für Zau berey bewahret. Denn, wenn man die Begebenheit mit dem jungen Tobia überleget, so wird man befinden /daß nicht so wohl der Rauch von der Fisch-Leber den Mord-Geist aus des Tobiä Braut-Kammer vertrieben habe, als vielmehr Tobiä u. seiner Braut ihr andächtiges und gläubiges Gebet und Vertrauen zu GOtt. Daß aber Tobias auch die Leber auf Kohlen geworffen hat, u. damit geräuchert, ist auf des Engels Rath geschehen, welchen Tobias, als einen treuen Gefehrten, schon wird erkannt haben, daß er ihm nichts rathen werde / das wider GOttes Ehre lauffe. Hat demnach die geistlichen Mittel denen leiblichen fürgezogen, aber doch auch das letzte auch nicht verworffen, weil er es in Befehl hatte zu thun. Wo stehet aber geschrieben, daß man solle Holunder für die Vieh-Ställe pflantzen, um dadurch dem Viehe Schutz wider die Hexen zu verschaffen? in GOttes Wort wirds niemand finden / aber wohl in der alten Weiber Philosophie, welche sicherlich nicht GOttes Wort, sondern des Teufels Schrifften heissen möchte. Zu dem, so habe ich nach nicht gehöret, daß einer, der um oberwehnten Ursach willen einen Holunder für seinem Stall gepflantzet [318] hat, vorher sein gläubig Gebet zu Gott gethan hätte, daß Gott ihn und sein Vieh vor allem Unglück und Zauberey behüten wolle, so lange dieser Holunder da stehen werde; sondern es wird vielmehr GOttes gantz vergessen, und verlassen sich auf den elenden Holunder, den doch weder der Teufel noch die Zauberer etwas achten, ob er sich gleich stellet, als ob er sich davor fürchtete. Denn eben darum, daß nur die Leute in ihren Aberglauben gestärcket werden mögen, hält der Satan innen, denenjenigen Schaden zu thun, die solche unnütze Mittel gebrauchen, und stellet sich, als ob er eine gewaltige Furcht vor diesen Dingen trüge; er bekömmt aber, auf solche liestige Art, die meisten Menschen in seine Gewalt, also, daß mancher unbedachter und in Aberglauben ersoffene Narr zuletzt selbst nicht weiß, welcher Teufel ihn eigendlich geschoren habe.


Satan hält ja den Holunder Nur vor einen schlechten Plunder, Da er sich doch kan so stellen, Als ob er und seine Gesellen Sich von solchen kahlen Sträuchen Müste lassen wegverscheuchen, Da er desto eher doch raubet Dessen Seel, der dieses glaubet.

Das 78. Capitel
Das 78. Capitel.
Wer eine Schnure bey sich trägt / womit ein Bruchschneider einen geschnittenen Bruch verbunden gehabt / der mag eine Last heben / so schwer er will /so wird er sich nicht zerheben.

[319] Dieses ist nichts anders als ein Spitzbuben-Streich, oder eine spitzbübische Betrügerey. Wenn zu weilen ein Bruchschneider, der hier und dort an jungen und alten gebrochenen Personen seine operation verrichtet, solche Gewissen-losse Betrüger zu Dienern und Handlangern hat, welche bey geschnittenen Brüchen /nach abgefallener Schnure oder Bande, solche zu sich nehmen, und sich damit zu Mühl-Knechten, Zimmerleuten, Mäurern und dergleichen Leuten, die schwere Last heben müssen, machen, und dieselben beschwatzen, daß wer eine Schnure, womit ein geheileter Bruch gebunden gewesen sey / bey sich trüge, der könne sich nicht zerheben; verkauffen demnach einen solchen nichts-werthen Dreck, den sie von Rechtswegen ins Feuer schmeissen solten, vor 1. 2. Thaler, dergleichen ich selbst gesehen. Und dieses heißt alsdenn nicht dem andern sein Geld aus dem Beutel gestohlen, denn er hats ihm selbst gegeben. Aber da mag es wohl heissen: Die Welt will betrogen seyn! ja wahrhäfftig betrogen genug / so wohl an der Nahrung und zeitlichen Vermögen, als auch an der Seelen. Denn das ist gewiß, daß mancher einfältiger Mühl-Knecht, Zimmer- oder Mäurer-Geselle se nicht allein sein bißgen Verdienst und Tage- oder Wochen-Lohn einem solchen Betrüger vor den stinckenden Qvarck giebt, sondern setzet auch noch sein gantzes Vertrauen darauf, daß er nun heben möge, wie er wolle, ohne Besorgung eines Schadens, und es geschicht auch wohl manchem kein Schade, iedoch nicht um des bey sich habenden[320] Bandes, sondern um des darauf gesetzten nichtigen Vertrauens willen; und damit der Betrug möge weiterrecommendiret werden, so hilfft der Teufel seinen Leuten heben und tragen, biß endlich ein einfältig alber Schaaf betrogen wird, daß sich dermassen zerhebet, daß es entwedie Erde darüber kauen muß, oder doch Zeit seines Lebens ein Krüpel bleiben. Hieran hat der Teufel seine gröste Freude, und lachet hernach einen solchen armen betrogenen Menschen, so zu reden, noch ins Fäustgen aus.


Spitzbübische Betrügerey, Qvacksalberische Dieberey Und abergläubsche Teufeley Ist alles dreyes einerley. Das Band, das sie vom Bruche reissen, Und womit sie die Leut' bereissen Das solten sie ins Feuer schmeissen, Drum mag man sie wohl Diebe heissen.

Das 79. Capitel
Das 79. Capitel.
Wenn man ein Stück Holtz von einem aus der Erde gegrabenen Sarge ins Kraut steckt / so kommen keine Raupen hinein.

Wenn ein solch Stückgen Holtz das Kraut für denen Raupen bewahrete, so würde es viel eher die todten Cörper für Maden und Würmer bewahren können, weil solche in denen Särgen verschlossen und damit umgeben sind. Da aber im contrario die todten Cörper vielmehr denen Würmern zur Speise werden, so will mir [321] das Mittel nicht in Kopff, ob solte ein Splitter von einem Sarge die Raupen aus dem Kraute vertreiben; und glaube vielmehr, daß dieses nur eine zweydeutige Redens-Art sey, dergleichen vor etlichen Jahren ein muthwilliger Soldat verübte. Nehmlich, der Soldate hatte offt unter einem Thore in der Stadt, allwo er damahls in Qvartier lag, die Wache, und wenn die Wach-Stunden nicht an ihm waren, setzte er sich unter das Thor, und machte von Binsen kleine Fisch-Reusen, und verkauffte solche. Es gieng aber ein Bauer zum öfftern durch dieses Thor, und sahe den Soldaten solche Fisch-Reusen machen, wuste aber nicht, worzu man sie brauchte, fragte derhalben, worzu er so viel solche Körbgen machte? Der Soldate sagte: Seyd ihr ein Bauer und wisset das nicht, so habt ihr gewiß kein Kraut. Der Bauer fragte: Warum Kraut? ich habe Kraut gnung. Der Soldate fragte ferner: Ob ihm denn keine Haasen in sein Kraut kämen; ach ja, antwortete der Bauer / sie thun mir Schuden gnung darinnen. Der Soldate sagte: Ey nun, warum kaufft ihr denn keine solche Körbgen? hole mich der Böse, wenn man 3. solche Körbgen ins Kraut steckt, so kömmt kein Haase hinein. Der Bauer zog demnach alsobald seinen Beutel hervor, und kauffte dem Soldatē etliche solche Fisch-Reußgen theuer genung ab, und steckte sie ins Kraut, nicht bedenckend, daß der Soldate ihn genarret hätte. Denn freylich konte der Soldat schweren, daß kein Haase in die Reusen kommen werde, er schwur aber nicht, als ob auch keiner ins Kraut kommen [322] werde, wie es doch der Bauer verstand. Auf diese Weise mag es auch wohl mit dem Holtze vom Sarge seyn, denn ins Holtz kömmt auch keine Raupe / aber wohl ins Kraut. Es sey demnach wie ihm wolle, so läufft die Sache auf eine Thorheit und nichtigen Aberglauben hinaus, davor sich verständige Leute hüten sollen.


Versuchs, ob du mit solchen Qvarge, Ich meyn' das Holtz von einem Sarge, Wirst können eine Raup' vertreiben, Du wirsts wohl müssen lassen bleiben.

Das 80. Capitel
Das 80. Capitel.
Am Fastnachts-Tage soll man keine Suppe essen / es trifft einem sonst hernach stets die Nase.

Niemanden triefft die Nase mehr, als denen alten Weibern, die keine Zähne mehr in Munde haben, damit sie etwas hartes beissen können, und dahero lauter Brey und Suppen essen müssen. Wenn sie denn in ihren Hospitälern einen Fastnachts-Schmauß anstellen, so bestehet solcher gemeiniglich in einer Bier Wasser-Erbs-Habergrütz-Kosend- oder anderer Suppe zum Vor-Gerichte, und ihr Braten ist ein Wasser-Brey mit brauner Butter betreiffelt, und mit Zwiebeln gespickt: Oder, wenns hoch kömmt, so ists ein Eyer-Kuchen, und ein Brey zum Zugemüse. Woferne nun die lieben Mütterlein sich an Fastnacht solcher Speise enthalten wolten, so würden sie gewiß aus Fastnacht einen Fast-Tag [323] machen und Hunger leiden müssen, welches ihnen aber schwer fallen würde. Demnach kehren sie sich an nichts / und verzehren ihre Suppen in Frölichkeit, thun auch wohl ein gut Freuden-Trinckgen darzu, und wollen denen Schuh-Knechten und Böttger-Gesellen in Frölichkeit nichts nachgeben, obgleich diese, an statt der Suppen, mit fetten Brat-Würsten sich ergötzen. Wenn alsdenn der Fastnachts-Tag vorbey ist, so sind denen Handwercks-Purschen ihre Gurgeln von denen gesaltzenen und gewürtzten Würsten gantz dürre: Hingegen trieffen denen alten Weibern die Nasen von der überflüßig eingeschluckten feuchten Speise und Trancke. Und also mag vielleicht mancher seyn auf die Meynung gerathen, ob verursachte das Suppenessen auf Fastnacht, daß einem die Nase tröffe. Allein, wer auf Fastnacht eine gute warme Suppe zu essen hat / der esse solche nur ohne Sorge, er wird weder den Schimpffen noch eine trieffende Nase hiervon bekommen.


Wer sich besorgt, daß er den Schnuppen Bekömmt, wenn er an Fastnacht Suppen Gegessen hat und ihm die Nase Deswegen tröff, der ist ein Haase.

Das 81. Capitel
Das 81. Capitel.
Wenn man am Nicasii Heil. Abend den NahmenNicasius mit Kreide an die Thüren schreibt / so werden solche Logiamenter frey von Mäusen seyn.

[324] Wenn Nicasius ein Mäuse-Fallenmacher hiesse oder gewesen wäre / so solte wohl mancher gedencken, die Mäuse fürchteten sich für seinem Nahmen. Allein so heist meines Behalts Nicasius ein Uberwinder des Volcks / nicht aber der Mäuse. Zum andern, so können ja die Mäuse nicht lesen, ob Nicasius oder Clauß Narr angeschrieben stehet. Drittens / so laufft die Sache wider die gesunde Vernunfft, und ist nicht möglich, daß ein blosser angeschriebener Nahme die Krafft haben könne, Mäuse zu vertreiben. Denn was kan es fruchten, ob mit Kreide so oder anders an eine Thür geschmieret wird? Es ist eine todte Schrifft und nichts mehr bestehend in etlichen toden Buchstabē, davor sich weder ein guter noch böser Geist fürchten, vielweniger unvernünfftige Creaturen daran kehren werden. Wenn es aber ja geschicht, daß auf solch Anschreiben die Mäuse weichen, so mag man sicherlich glauben / daß der Teufel mit im Spiele sey, denn es gefällt den Bösewicht gar zu wohl, wenn er die Menschen in Aberglauben und Zauber-Possen verstärcken kan, daß sie ihr Vertrauen auf etwas setzen / das doch nichts ist. Und obgleich zuweilen eine Sache scheinet, als sey es auf keine Wege wider GOtt und seine Gebote, und könne mit gutem Gewissen gar wohl fürgenommen werden, so ist doch gemeiniglich eine solche Sache die allergefährlichste, und nicht anders als ein verdeckter Fall-Strick eines Vogelstellers / damit die Vögel unvermuthet berücket werden. Also machts der Teufel auch / wenn er denen Menschen allerhand[325] wider die gesunde Vernunfft streitende Hülffs-Mittel so fein zu recommendiren weiß / daß man nicht anders meynet, als wenn es ja nicht hilfft, so schadet es auch nicht; so es aber hülffe, so wäre es desto besser, und wären lauter Mittel, die Gott selbst, denen Menschen zu gute, in die Natur geleget hätte. Aber ehe sichs der Mensch versiehet, bringt der Satan wieder etwas auf die Bahn, dabey der Mensch sich in noch mehr Fall-Stricke versitzt, ohne etwas davon zu mercken, biß der Satan seine Zeit ersiehet / und entweder den Menschen in Verzweifelung stürtzt, oder in dieser Schule also fort studiren lässet, biß er endlich von nichts anders, als solchen Künsten weiß, auch andere auch darzu in solchen Teuffels-Possen informiren kan; und wer noch ein Fünckgen eines Christlichen Gewissens heget, und nicht stracks in solchen bösen Mitteln folgen will, mit Vorgebung, daß es wider GOtt lauffe, da darff ein solcher Satans-Diener und Teuffels-Præceptor wohl ungescheuet sagen: Narr! wenn man nicht verderben will, so muß man dem Teufel zwey Lichter aufstecken, und unserm HErrn GOtt nur eines. Und dieses verfluchte Sprichwort ist leider! gar gemein. Man bedencke nur, wie eine schlechte Sache es zu seyn scheinet / wenn man mit Kreyde den Nahmen Nicasius an die Thür schreibet, zumahl, da nichts darzu gesprochen wird. Wenn nun hierdurch die Mäuse können vertrieben werden / so könte man es ja leichte thun; aber nein, mein Freund, es steckt eine andere Schelmerey darhinter. Wenn man [326] in des Teufels Schule gehen will, so ist dieses und dergleichen schlecht anzusehende Kunst-Stückgen gleichsam das A oder Anfang zum Teufels-Künsten. Wer nun anhebt, und das A lernet, der lernet das B bald auch, und folgends das gantze A B C, biß auf Z. Damit ich aber nicht zu weit gehe / so rathe ich denen abergläubischen Mäuse-Vertreibern, welche den Nahmen Nicasius an ihre Thüren schreiben, daß sie den hin und her gesetzten Gifft, und viele aufgestellte Mäuse-Fallen, auch die guten Katzen, eine Zeitlang wegthun wollen, so wird sichs bald äusern, was die Mäuse vertreibt.


Wenn du die Mäuse kanst mit einer blossen Schrifft Vertreiben, was soll denn der böse Ratten-Gifft? Weil aber gleichwohl doch man noch den Gifft offt braucht, So hat es die Gestalt, als ob die Schrifft nichts taugt.

Das 82. Capitel
Das 82. Capitel.
Wenn ein Fuhrmann eine Otter- oder Schlangen Zunge in seine Peitsche flichtet / so werden seine Pferde / ohne Schaden / die grössesten Lasten aus einem Graben ziehen / und sich auch nicht übersauffen.

Dieses ist eben auch ein solch schönes Kunst-Stücklein, wie das vorige / oder ein Buchstabe aus des Teufels A B C. Mancher Fuhrmann giebt viel Geld vor eine elende Otter- oder Schlangen-Zunge, und glaubt so gewiß daran, [327] daß es seinen Pferden helffe, wenn er solche in der Peitschen habe; wenn die Pferde sauffen, und er hält die Peitsche über sie, so glaubt er, daß sie sich nicht übersauffen können. Und also trauet er der Otter-Zunge mehr zu, als seiner eignen Vor- und Aufsicht. Und weil hiermit dem Teufel ein Dienst geschicht, so hilfft er zuweilen verhüten, daß wider des Fuhrmanns Meynung nichts geschehen darff; und solcher gestalt stärckt er nicht alleine diesen Fuhrmann in seinem Aberglauben, sondern es dienet ihm auch darzu, daß andere Fuhr-Leute mehr sich dieser abgöttischen Kunst alsdenn bedienen. Unterdessen siehet der Teufel schon eine andere Gelegenheit, wie er solchen abergläubischen Fuhrleuten in anderer Gestalt eine Grube bereite, und ihnen noch ein viel grösser Unglück zurichte, als das gewesen wäre / daß er, dem Ansehen nach, durch die Otter-Zunge hat verhüten helffen, welches aber ein wüster Fuhrmann, der Sonn-und Werckel-Tages auf der Strassen lieget, und in einem Viertel-Jahr keine Predigt höret, nicht überleget noch bedencket. Denn was würde einer vor Nutzen davon haben, wenn das Pferd durch des Teufels Hülffe heute wäre erhalten worden, daß sichs nicht übersoffen hätte / morgen aber brächte es der Teufel dahin, daß es ein Bein zerbräche? denn vor das Beinbrechen hilfft die Otter-Zunge nicht. Vorher im 78. Capitel, p. 319. habe ich eben dergleichen Thorheit, wie diese, untersucht, wenn nehmlich einige Betrüger und Spitzbuben einfältige Leute überreden, und die stinckende Schnuren, so [328] von denen geschnittenen Brüchen abgefallen sind, theuer verkauffen, unter dem Fürwand, ob könne man sich nicht zuheben, wenn man solche Schnuren bey sich trüge. Wenn ich diesen ietzt vorhabenden Punct seinem Ursprung nach betrachte, so kömmt solcher ebenfalls, wie jener, von spitzbübischen Betrügern her, nehmlich, wenn mancher sauberer Schlangen-Fänger (dergleichen sich offt auch unter denen Dienern derer Aertzte und Bruch-Schneider befinden) die Schlangen-Zungen zu nichts zu gebrauchen gewust, hat er / durch des Teufels Eingeben, auf diesen Fund gesonnen / und die Fuhr-Leute beschwatzt, ob hätten gedachte Zungen diese und jene Würckung. Gleichwie nun aber gemeiniglich ein Spitzbube bey solchen rohen Fuhr-Leuten mehr Glauben findet, als ein Prediger GOttes Worts; so menget sich denn der Teufel bald ein, und lässet, dem Ansehen nach, solche Possen etliche mahl gelingen, biß er es so weit dämit bringet, daß der Sache völliger Glaube beygemessen wird; und also hat er gewonnen, leichtgläubige Leute aber sind verführet und betrogen.


Ey! muß nicht der Teufel lachen, Daß der Mensch so böse Sachen Sich doch will zu Nutze machen: Die verfluchten Schlangen Zungen, Womit Eva ward bezwungen / Werden übers Pferd geschwungen, Wenn der Fuhrmann auf dem Lande Steckt in einem schlechten Stande, Soll diß helffen; Pfuy! o Schande!

Das 83. Capite
[329] Das 83. Capitel.
Am St. Peters-Tage soll man denen Hünern Nester machen / so legen sie viel Eyer.

Ratione des heiligen Apostels Petri kan es wohl nicht seyn, denn derselbige hat zwar mit der Fischerey wohl wissen umzugehen, aber das habe ich noch nicht gehört noch gelesen, daß er etwan auch ein guter Hüner-Voigt gewesen Und so er es auch gewesen wäre, so könte doch dieses nicht helffen / daß die Nester, welche am Peters-Tage denen Hünern gemacht werden, solche Krafft erlangeten, daß die Hüner mehr Eyer legen müsten, als sie sonst thäten. Ich überlasse den Beweiß solcher närrischen Kunst denen, die diese Lügen ersonnen haben, weil ich auf keine Art begreiffen kan, wie sie doch auf diese Thorheit müssen gerathen seyn? da doch bekannt ist, daß der Tag Petri mitten im Sommer gefällig ist, da die meisten Hüner aufhören zu legen, und hingegen anfangen zu glucken und Junge auszubrüten. Wenn es etwan ein in der Fasten-Zeit gefälliger Tag wäre, so möchte das Vorgeben seine gewisse rationes finden, weil zu solcher Zeit die Hüner anfangen zu legen, auch dieses wohl eine gute Gelegenheit zu fleißigen Legen machet, wenn nehmlich denen Hünern gewisse Nester ge macht werden; denn wo sie offt verstöbert oder die Nester verrissen werden, legen sie hernach nicht fleissig. Weiß ich demnach nicht, woher es kommen [330] soll, daß die am Peters-Tage gemachte Hüner-Nester die Hüner zu solcher ungewöhnlichen Zeit sollen starck-legend machen. Und kömmt so thöricht heraus, als wenn einer glauben wolte, daß, wenn man am Tage St. Thomä die Wochen-Betten aufschlüge und zurechte machte, so bekämen die Weiber und Mägde viel Kinder, weil Thomas ein Zwilling gewesen. Kurtz von der Sache zu reden / so ist es ein verkehrter, närrischer, unbesonnener alberer Aberglaube.


Mach dit Nester, wie du wilt, die Zeit ist nun vorbey, Ja, vielmehr machen ietzt die Büchlein ein Geschrey. Die Eyer werden faul, die Hüner brüten nun, Du magst nun was du wilt mit denen Nestern thun.

Das 84. Capitel
Das 84. Capitel.
Ein schwanger Weib / das Gevatter wird / soll ja nicht das Kind selbst aus der Tauffe heben.

Fragst du, warum? so wird der alten Weiber Philosophie dir antworten? Wenn ein schwangeres Weib ein Kind selbst aus der Tauffe hübe, so würde entweder das Kind das getaufft worden, oder ihr eigenes, das bald solte gebohren werden, bald sterben. Wenn aber die gauckelhafftigen Damens solten eine Ursach anzeigen, warum eines von beyden Kindern sterben müste? so würden sie ohne Zweifel verstummen. Oder wenn ja eine Antwort gefiel, würde sie ohne Zweifel von folgender Gattung seyn, nehmlich: Sie hätten ihr Lebtage gehöret, es sey nicht gut, wenn eine schwangere Frau ein Kind in der [331] Tauffe hübe, und daß von denen zwey Kindern, eines sterben müste, und dieses ist also ihr gantzer Beweiß; welches aber nicht anders heraus kömmt, als wie mit jenem verwegenen thummkühnen fürwitzigen Kerl, der sich stets an hohen und vornehmen Orten aufhielte / und seinen verwegenen Rath unter vornehmer Herrn Räthe ihre Consilia mit untermischte, als wie geräuchert Rind-Fleisch unter den orientalischen Saffran. Wenn denn dieser verwegene Kerl seinen Rath eröffnete, so pflegte er sich gemeiniglich nach dessen seiner Meynung zu richten, der die grösseste Autorität hatte, und fieng an zusagen: Das muß so und so seyn; oder auch Das gehet so nicht an! Wenn er alsdenn gefraget wurde, warum es nicht angienge? so war seine Antwort: Es gehet, GOtt straff mich, nicht an! Auf andermahliges Befragen, aus was Ursachen es nicht angehen solte? nahm er seine Schnupff-Tobacks-Dose, und schnupffete ein Pfötgen Tobac, gieng ein wenig bey Seite und sagte: Es gehet, der Böse hole mich / nicht an! Und das waren seine rationes alle, sammt seiner gantzen Weißheit. Auf eben einen solchen Grund sind aller abergläubischen Rathgeberinnen ihre rationes und Beweisse auch gebauet; dahero leichte zu ermessen ist, was davon zu halten sey. Es kan sich ja gantz leichte zutragen, daß, wenn eine schwangere Frau Gevatter wird, ob sie auch gleich, um ietzt-angezogenen Aberglaubens wegen, das Kind nicht selbst aus der Tauffe hübe, dennoch entweder ihr Pathgen, oder ihr eigen Kind, nach der [332] Geburth, stirbt, oder auch wohl alle beyde; welches gar nichts neues wäre. Ich frage, ob solche abergläubische Affen bey solcher Begebenheit nicht selbst würden müssen bekennen, daß ihre unzeitige Fürsorge wäre vergeblich gewesen? Ferner ist bekannt / daß kein schwanger Weib einiges Bedencken drüber machet, wenn sie gleich zehen Kinder nach einander auf ihre Arme und Hände fassete, es möchte seyn in Häusern / auf der Gassen, oder auch gar in der Kiche, die Kinder möchten auch ihr eigen oder andern Leuten seyn. Warum soll aber denn nun die heilige Handlung bey der Tauffe den Tod eines Kindes verursachen, so das Werck durch eine Schwangere verrichtet wird? Die Tauffe ist mit dem Worte GOttes ein Gnaden-reich Wasser des Lebens; aber nach der alten Weiber Regul würde es, solcher gestalt, durch ein schwangeres Weib verkehret, daß sie ein Bad des Todes wäre. Aber was verkehrt seyn will / das mag auf seine Gefahr auch verkehrt bleiben; genung / daß ein schwanger Weib, die gesund ist, ohne eintzige Gefahr ein Kind aus der Tauffe heben mag. Denn es ist eine Christliche und GOtt-wohlgefällige Verrichtung, die den Tod auf keine Weise befördern kan. Stirbt ja ein Kind, so ists nichts seltsames, und kan die Ursach keines weges daher rühren /sondern es bleibt dabey: Es leben oder sterben die Kinder / so leben oder sterben sie dem HErrn, oder nach dem Rathschluß GOttes; denn GOtt hat ja einem ieden Menschen sein Ziel gesetzt zu sterben, welches er nicht wird übergeben können. [333] Wer aber diesem fürhabenden Puncte glaubet, der verkleinert GOttes Gerichte und Rathschluß, als ob ein Kind, das entweder noch in seiner Mutter verborgen gelegen, oder das von einer schwangern Pathe aus der Tauffe gehoben worden, um solcher heiligen Verrichtung willen eher sterben müsse / als GOtt gewolt. Aber es bleibt wohl bey dem wahren Sprichwort: Was GOtt will erqvicken, kan niemand ersticken.


Drum glaub der Thorheit nicht, Verrichte du das Deine mit wahrer Zuversicht, Und trau nur GOtt alleine, Der wird bey deinem Kinde und auch bey jenem seyn, Daß beyderseits kein Leid, Viel weniger das Sterben, erfolge vor der Zeit.

Das 85. Capitel
Das 85. Capitel.
Wenn einem Frühmorgens zu erst eine reine Jungfrau oder ein Priester begegnet / so bedeutets Unglück; aber eine Hure bedeutet Glück.

Wer zwey Augen hat, und hat lesen und schreiben gelernet, der wird ohne Brille sehen können, welches Geistes Kinder diejenigen sind, welche solche Thorheit glauben. Sie belieben das Huren-Glück, das mögen sie auch behalten, sammt derer Huren Ehre. Wie wohl zwar manche Leute sich weder an Ehre noch Schande kehren, wenn sie nur in dem vermeynten Glücke bleiben, es gehe darneben so schändlich zu, als es wolle. Und gemahnen mich solche Leute nicht anders, als wie vor diesem eine Weibs-Person [334] in einer wohlbekannten Handels-Stadt, welche reiche Eltern hatte, und da sich ein Doctor mit ihr in ein Ehe-Verbündniß einließ / hatte sie sich immittelst mit einem Studioso in der Veneris Fecht-Schule exerciret / allwo sie solche Stösse bekommen hatte, daß ihr der Bauch davon geschwoll. Da dieses der Liebste merckte, ließ er von ihr ab, und bedeutete die Eltern, daß er eine solche verderbte Jungfer nicht haben möchte; sprach sie aber dargegen um die jüngere Tochter an /die er auch erhielt, und bald Hochzeit mit ihr machte. Als nun aber auf der Hochzeit die erste mit ihrer Mutter in dem Speise-Gewölbe geschäfftig war, sagte die Mutter zu ihr: Siehest du, Gretgen, was deine Schwester ietzt vor Ehre hat? Wenn du dich hättest sein gehalten, so hättest du diese Ehre gehabt. Ja, Frau Mutter, sagte die geschändete Tochter, sie sagt mir wohl viel von Ehre her, aber nicht von Unkosten. Was kostet wohl ietzt diese Hochzeit? meines kostet noch lange nicht halb so viel, als dieses? drum lobe ich die liebe Schande, denn die Ehre ist zu kostbar. Also machens Ehr- und ruchlose Gemüther, und halten die wüste Fortunam für ihren besten Schatz. GOtt gebe, sie komme vom Himmel oder vom Galgen, wenn nur gut Leben dabey gehoffet wird. Hingegen stinckt die Zucht und Erbarkeit, als welche gemeiniglich das Creutz und Wander-Stabe hat, solche Welt-Säue an. Da muß, ihren verfluchten Gedancken nach, eine Hure besser Glück bringen, als eine züchtige Jungfrau, oder ein ehrlicher Priester. [335] Und hat es der Teufel leider! so weit gebracht, daß eine liederliche Spiel-Compagnie gemeiniglich ungerne siehet, wenn ein ehrlicher Mensch darzu kömmt, weil sie meynen, sie verlöhren dadurch ihr Glück. Ist das nicht eine verfluchte Thorheit! Wenn gleich ein Priester oder auch eine ehrliche Jungfrau ihr Creutz und Noth in einem Bündelein auf ihren Rücken trügen, so würden sie es doch wohl für sich behalten müssen, und dem schwerlich aufpacken / der ihnen früh morgens begegnet. Uber diß kömmt auch die gantze Sache dieses Ehrlosen Aberglaubens gar verdächtig heraus, indem, daß solch Begegnen nur früh morgens unglücklich seyn soll, gleich als ob wären die Priester und ehrliche Jungfrauen nur früh morgens solche unglückliche Leute, die durch ihr Begegnen andere ansteckten; da hingegen die Huren allezeit Ausdämpffungen ihres Huren-Glücks haben sollen. Denn ich habe selbst liederliche Pursch gekennet / welche geglaubet haben, wenn sie einer Huren an einen ungebührlichen Ort griffen, es möchte früh oder spät seyn / so hätten sie alsdenn Glück im Spielen. O du verdammtes Glück! bleib du bey unflätigen Säuen, ich mag dein nicht, sondern nehme davor Ehr und Redlichkeit, und solte es auch mit lauter Creutz und Dornen vermenget seyn.


O du belobtes Huren-Glück / Mir ist nichts dran gelegen, Ob du von mir bleibst stets zurück, Ich lobe GOttes Seegen, Und liebe Ehr und Redlichkeit, Drum, Huren-Glück! bleib von mir weit, [336] Ich mag von dir nichts hören, Und sollst mich nicht bethören.

Das 86. Capitel
Das 86. Capitel.
Ein einmahl entwöhnet Kind soll niemahls wieder an die Brust geleget werden / denn es wird sonst ein GOttes-Lästerer / und der mit seinem Maule alles beschreyen und in Ungedieg bringen kan.

Es ist zwar etwas ungewöhnliches, daß man ein entwöhnet Kind wieder an die Brust der Mutter oder Amme leget, und trincken lässet. Denn der Mutter entgehet die Milch nach der Entwöhnung bald, und kan dahero aus denen leeren Brüsten das Kind nichts trincken, daß ich demnach nicht wüste, aus was Ursachen eine Mutter oder Amme das einmahl entwöhnte Kind wieder anlegen wolte; denn aus leeren Gefässen zu trincken ist verboten. Will man aber die Sache also verstehen, daß ein Kind auch zu der Zeit, da die Milch in denen Brüsten noch nicht vergangen ist, nicht dürffte, um voriger Ursach willen, wieder angeleget werden, so ists eine offenbare Thorheit. Denn ich gebe zum Exempel diejenigen Weiber, welche auf Märckten zu thun haben, wenn sie stillende Kinder haben, und solche daheime lassen, ziehen zuweilen aus die Märckte und kommen in Tag und Nacht kaum wieder nach Hause, da inmittelst die Kinder [337] mit Biere oder etwas anders aufgehalten werden. Wenn denn die Mütter heim kommen, bringen sie ihren Kindern volle Keller mit Geträncke mit heim, und werden solche Kinder, ohne Besorgung einiges Unheils, zum Trincken angeleget. Was ist denn allda vor ein Unterschied unter einem solchen Kinde, und unter einem, das nur vor einem Tage entwöhnet ist? Ich kan keinen sehen / ausser den, daß diese Mutter für jener einen andern Vorsatz gehabt hat / nehmlich eine hatte den Vorsatz, ihn Kind noch länger trincken zu lassen, die anders aber nicht. Nun aber ist ja ein ieder Mensch über sich selbst mächtig / einen solchen Vorsatz / der weder böse noch gut ist, zu vollziehen oder zu unterlassen. Wenn nun eine Mutter gleich sich vorgesetzt hätte ihr Kind zu entwöhnen, sie resolvirte sich aber des andern Tages wieder anders, und stillete solches ferner, warum solte denn solche Veränderung des Vorsatzes der Milch in der Brust eine solche schädliche Eigenschafft mittheilen, daß das Kind, das solche Milch träncke / ein Gotteslästerer würde? Ist sicherlich etwas recht närrisches. Und warum soll denn nur das Kind, das ohne dem schon dieser Milch gewohnet gewesen, solche böse Eigenschafft davon kriegen, ein anders aber, das aus dieser Brust noch niemahls getruncken hätte, nicht? Denn man hat ja viel Exempel, daß gemiethete Säugammen ein Kind entwöhnen, und sich wieder an einen andern Ort zur Amme vermiethen, ohne daß sich iemand besorget, ob würde das andere Kind ein Gotteslästerer, weil [338] es aus der Brust trincket, davon ein Kind entwöhnet worden. Es giebt wohl Gotteslästerer und ruchlose Mäuler, welche nicht einmahl an einer Mutter Brust getruncken haben, wenn zuweilen die Mütter bald nach der Gehurt sterben, und die Väter zu arm sind, oder keine Gelegenheit haben, Ammen zu halten. Was hat alsdenn solche Leute zur Gottes-Lästerung verursachet? Es giebt leider! überall epicurische Leute und Gottes-Lästerer genug, derowegen, wenn ja ein und andere darunter seyn solte, der nach der Entwöhnung wieder an seiner Mutter Brust geleget worden wäre, wer will mich denn versichern, daß eben die Ursach dessen seines Läster Mauls vom andermahligen Brust-Saugen / und nicht vielmehr von gottloser Zucht herrühre? Und kömmt eben so alber heraus, als wenn gesagt wird: Der kan das Stehlen nicht lassen, weil ihm seine Mutter zum erstenmahl die Nägel an den Fingern nicht abgebissen, sondern abgeschnitten hat. Da doch viel hundert Diebe in der Welt sind, denen die Nägel erst sind abgebissen worden. Dahero sind es lauter Narren-Tappen und wurmstiche Alfantzereyen, worauf ein rechtschaffener Christ im geringsten nichts achten soll.


Wenn manch Kind hätte beßre Zucht,
Und hört' nicht, wenn der Vater flucht,
Und wenn die Mutter lästerlich
Offt ohne Noth vermässe sich,
Säh auch nicht so ein arges Leben /
Und andre Laster mehr darneben,
[339]
So blieb das Kind auch beßrer Art,
Und vom Gottslästern wohl bewahrt.
Das 87. Capitel
Das 87. Capitel.
Eine schwangere Frau soll unter keiner Wagen-Deichsel hinkriechen / sie muß sonst über die gewöhnliche Zeit schwanger gehen.

Ich will nicht in Abrede seyn, daß ein schwanger Weib, (sonderlich von zarter Art,) durch das Niederbücken und Durchkriechen unter einer Wagen-Deichsel, sich solle einigen Schaden zufügen können. Denn es ist bekannt genug, wiewohl sich schwangere Weiber in Acht zu nehmen haben / daß sie sich und ihrer Leibes-Frucht keinen Schaden thun. Daß aber in specie eine Wagen Deichsel Ursach zu solchem Unheil geben solle / auch eigentlich dieses verursachete, daß das Weib länger wüste warten, ehe sie gebähren könne, als ihre von GOtt geordnete Geburts-Stunde gewesen sey, solches ist nicht der Wahrheit gemäß. Denn es kan, im Fall der Noth, ein schwanger Weib ohne Schaden unter einer Wagen-Deichsel hinkriechen, (iedoch heisse oder rathe ichs nicht, daß es ohne Noth, vielweniger aus Frevel, geschehe,) hingegen kan sie eben dergleichen Schaden nehmen, wenn sie unter etwas anders hinkreucht, als ob es eine Wagen-Deichsel gewesen wäre. Denn dasjenige Ding, unter dem sie hinkriecht, verursachet den Schaden nicht [340] so oder so, sondern des schwangern Weibes ungebührliche Krümmung und Beugung ihres Leibes verursachet eine schädliche Druckung der Frucht und Ausdehnung, oder auch wohl Zerreissung einiger Bänder /welches denn zum öfftern unglückliche Geburten verursachet. Dahero sollen sich diese Weiber, nach aller Möglichkeit, schonen und in Acht nehmen, daß sie nicht viel über sich langen, oder ihren Leib unordentlich beugen und ausdehnen. Denn wenn sie, aus Frevel, und ohne Noth, wolten etwas thun, das sich nicht geziemete, würde GOtt zur Straffe Unglück über sie verhengen. Was aber arme Bauer-Weiber sind, oder auch Soldaten-Weiber, die Tag und Nacht fort müssen, und sich an nichts kehren können, da wird aus der Noth eine Tugend, und ist an denenselben GOttes Obhut augenscheinlich zu spüren, wenn sie gleich vielmahl hier und da haben durchkriechen müssen. Dahero wer die Sache nur wolte der Wagen-Deichsel zuschreiben, der begehet einen Aberglauben.


Ein schwanger Weib von guter Art,
Gar billich ihren Gang bewahrt,
Daß sie nicht irgend etwas thu,
Daß sie und ihre Frucht darzu
Könn' in Gefahr und Schaden bringn;
Was aber sie nicht kan erzwingn,
Das übergeb sie GOtt allein,
So wird sie ohne Unglück seyn.
Das 88. Capitel
[341] Das 88. Capitel.
Der siebende Sohn ist glücklich / etwas zu heilen / zu pflantzen / und zu allerhand Verrichtungen.

Ich kenne einen Jüngling, welcher der siebende Sohn ist, und zwar also, daß seine Mutter zwischen denen Geburten seiner vorigen 6 Brüder kein Mägdlein gebohren hat. Dem aber ungeachtet kan ich keinewege mercken, worinnen er glücklicher sey, als andere Leute. Und erinnere ich mich auch, daß zu unterschiedenen mahlen Leute, aus Aberglauben, zu diesem Jüngling gegangen sind, daß er ihre an sich habenden Beulen, Kröpffe / Gewächse und dergleichen hat anrühren müssen, in der Hoffnung, daß, weil er der siebende Sohn wäre, durch sein Anrühren ihnen werde geholffen werden. Allein ich habe noch nicht erfahren, daß eines sey dadurch heil worden. Und glaube ich, daß die Einbildung bloß daher kommen mag, weil es etwas ungemeines ist, daß sieben Söhne nach einander gebohren werden; denn es ist bekannt / daß man gern aus seltsamen Begebenheiten abergläubische Wunder-Wercke machet. Die siebende Zahl wird zwar vor eine sonderlich und heilige Zahl geachtet. Wenn man aber darauf reflectiren will, so sage ich, die erste Zahl ist auch heilig, wegen des einigen GOttes, und wegen der von GOtt beliebten ersten Geburt. Die andere wegen der zwey Naturen in Christo / der zwey Tafeln des Gesetzes, [342] der zwey Sacramenta, und Testamente / etc. Die dritte wegen der drey Personen in der Gottheit / als die drey Zeugen im Himmel, ferner die drey Zeugen auf Erden; un des Sprichworts:Omne trinum perfectum, etc. Die vierdte wegen der 4. Evangelisten, etc. Die fünffte wegen der fünff heiligen Wunden unsers Erlösers, etc. Die sechste wegen der sechs steinernen Wasser-Krüge zu Canaan, der sechs Haupt-Stücke unsers Catechismi, etc. Daß also die vorher gebohrnen sechs Söhne gleichfalls sich einer heiligen Zahl zu rühmen hätten. Auch sind über der siebenden Zahl noch mehr heilige Zahlen, in Ansehung der schrifftlichen Begebenheiten, e.g. die zehende wegen der zehen Gebote, und wegen des von GOtt beliebten Zehenden, etc. Die zwölffte wegen der zwölff Apostel; der zwölff Stämme Israelis, und so fort. Warum soll denn die siebende (die doch sonst auch eine Unglücks-Zahl genennet / und als eine Lügner-Zahl gehalten wird,) vor andern einen Vorzug haben? Dahero bestehet das Werck mit dem siebenden Sohne in blosser Einbildung der Leute, in der Wahrheit ist aber nichts daran. Die nun daran glauben, begehen Abgötterey.


Der siebend Sohn soll glücklich seyn in allen seinen Sachen,
Wenns aber zum Beweise kōmmt, muß man nur drüber lachen,
Da man sieht, wie derselbe sich stets muß mit Elend plagen,
Drum, daß die Sach erlogen sey, mag ich gar sicher sagen.
Das 89. Capitel
[343] Das 89. Capitel.
Maleficanten / wenn sie torqviret werden / auf daß sie ohne Bekenntniß die Tortur ausstehen mögen /hängen einen Zettul auf den Rücken / darauf der 15. Vers aus dem zehenden Psalm geschrieben ist.

Es ist kein Zweifel / es wird mancher sagen, ich hätte diesen Punct wohl mögen unberühret lassen, dieweil hierdurch nur Anleitung zu solchen losen Practicken gegeben würde; ja ich muß selbst gestehen, daß ich auch eben um deswillen lange angestanden habe, diesen und dergleichen Punct mit anzuführen. Alleine, in Erwegung, daß dieser und dergleichen Puncte schon viel bekannt sind, und von bösen Buben ins geheimepracticiret werden, ohne daß mancher Bösewicht glaubet noch weiß, daß er damit sich nichts anders schaffe, als GOttes Zorn noch mehr auf sich lade, und sein eigen Verderben vermehre; so wird jedweder mit mir bekennen müssen, daß es rathsam wäre, wenn alle solche lose Händel, besambt rechtmäßiger Widerlegung, am Tage lägen; weil viele diese Dinge aus Unverstande practiciren, die es sonst wohl unterliessen, wenn sie der Sache gründliche Beschaffenheit wüsten. Dahero auch ohne Zweifel Herr Doctor Hartmann,Superintendent zu Rotenburg, nicht allein dieses, sondern viele dergleichen Dinge mehr in seinemTractätgen [344] so er wider das zauberische Seegnen geschrieben, gantz frey meldet, aber dargegen auch gewaltig denen, die solchen Sünden nachhängen, widerspricht. Was demnach dieser ietzt vorhabende Punct anlanget, so kan einem verständigen Christen nicht verborgen seyn, wovon der gantze zehende Psalm handelt, nehmlich von Sauls und seines Anhangs Tyrannen und Verfolgung gegen die Frommen, samt einem Gebet wider solche Tyrannen. Der 15. Vers aber lautet: Zubrich den Arm der Gottlosen, und suche das Böse, so wird man sein gottloß Wesen nimmer finden. Nun wolle man nur erwegen, ob nicht dieser 15. Vers des 10. Psalms einem ruchlosen Verbrecher und Ubelthäter schnurstracks entgegen sey, eben / als wie die fünffte Bitte im Vater-Unser denen feindseeligen und unversöhnlichen Leuten. Und kan also nichts wenigers, als dieser Vers einem bösen Buben darzu dienen / daß er auf der Folter seine böse That nicht bekennen könne, und mögen solche Buben diesen Psalm gantz und gar nicht zu ihrem Vortheil gebrauchen. Solte sichs aber zutragen, daß ein unschuldiger Mensch von einer ungerechten und Gewissen-losen Obrigkeit / zur Ungebühr, irgend aus affecten und Feindschafft, auf die Folter gebracht würde / so möchte nicht nur dieser Vers, sondern vielmehr der gantze zehende Psalm einem solchen unschuldig Leidenden zu einem Gebet dienen. Aber auf den Rücken zu hängen würde sicherlich ein Blat aus dem Eulenspiegel und dieser [345] Spruch einerley Würckung haben. Denn der Rücken und auch der todte Buchstabe ruffet nicht zu GOtt, sondern die Seele, welche insgemein unter dem Nahmen Hertz verstanden wird. Ist demnach das Anhängen einer solchen Schrifft vor nichts anders zu achten, als eine Zauberey und Mißbrauch der heiligen Schrifft. Es kan auch nichts effectuiren, ausser durch Zulassung GOttes, mit Hülffe des Teufels. Dahero man sich desto mehr davor zu hüten hat, wenn man dadurch nicht dem Teufel will zu Theil werden.


Hast du die böse That begangen und vollbracht,
So glaube, daß der Spruch des Psalmes gar nichts macht,
Das dir zu Nutzen kömmt. Der Mißbrauch heilger Schrifft
Wird dir und deiner Seel zu lauter Höllen-Gifft.
Drum rath ich, daß du frey bekennest ohne Zwangk,
Eh dein Gewissen wird des Teufels Folter-Banck.
Das 90. Capitel
Das 90. Capitel.
Daß einer auf der Folter bald bekennen müsse / hengt er an den 17. Vers des 51. Psalm / oder den 2. Vers des 45. Psalms.

[346] Dieses ist mit vorigem Puncte gleiches Schlages. Es wird aber dieses mehrentheils durch die Scharffrichter an solchen Delinquenten practiciret, wo sie vermuthen, daß sie auf der Folter nicht bekennen möchten. Allein, wenn man die Worte betrachtet / so siehet man stracks, daß es ein Werck sey / damit der Teufel nur sein Spiel und Gespötte treibet; an sich selbst aber im geringsten nichts effectuiren kan; und soll dahero billich eine iede Christliche Obrigkeit wohl Acht haben / ob durch die Scharffrichter dergleichen Dinge vorgenommen werden, und solte solches durchaus nicht practiciren lassen. Denn wenn die Scharffrichter, ihrer Pflicht gemäß, sonst Lust haben, und wollen / in und bey der Tortur, unpartheyisch ihr Amt verwalten, so wissen sie verstockte und hartnäckige Leute und böse Buben wohl, ohne solche zauberhafftige Gauckel-Possen redend zu machen, oder zur Bekenntniß zu bringen. Wenn aber (wie es wohl mehr erfahren worden ist) die Scharffrichter mit denen Malificanten in heimlichen Vernehmen stehen, oder, so zu reden, unter einer Decken liegen, so können sie auch so tractiren, daß sie / ohne Empfindung grosser Pein, die Tortur aushalten, und nichts bekennen. Dahero die Gerichts-Personen wohl Ursach haben, in solchen Fällen auf alles fleißig Achtung zu geben.


Wenn ein Cam'rad den andern soll selbst foltern undtorquiren,
So wird der Richter mehrentheils das Recht dabey verlieren.
[347]
Der Hencker, der selbst hat den Raub mit Dieben helffen parten,
Der wird auch bey der Folter-Banck die Sache also karten,
Daß ja der Dieb nicht allzuviel von Diebstahl müß' bekennen.
Vielweniger den Hencker mög' bey der Aussage nennen.
Das 91. Capitel
Das 91. Capitel.
Wer Brodt und Saltz bey sich trägt / ist sicher für Zauberey.

Ich habe noch niemahls weder gehöret noch gelesen, daß iemahls eine Hexe oder Zauberer in der Welt gewesen sey, die oder der nicht Brodt zur täglichen Speise gebraucht hätte. Da nun aber alle Hexen und Zauberer sich täglich des Brodts, auch zugleich des Saltzes, zu ihrer Speise bedienen, so ist ja Sonnen-klar darus zu sehen, daß keinesweges das Brodt die Krafft und Eigenschafft haben könne, der Zauberey zu widerstehen, oder der Hexen und des Teufels Gewalt zu schwächen. Hat der Teufel und seine getreuen Helffer die Gewalt von oben herab, einem Menschen Schaden zu thun, so wird alles Saltz und Brodt in einem gantzen Königreiche viel zu ohnmächtig seyn, das zu verrichten, was ein eintziges recht gläubiges Gebet verrichten kan. Auf daß aber der Teufel sein Werck in denen habe, die solchen Händeln nachhengen, so enthält er sich [348] zu weilen, an solchen abergläubischen Menschen seine erhaltene Gewalt zu vollziehen; nicht um deßwillen, ob könne er um solcher gebrauchten abergläubischen Hülffs-Mittel willen nichts vollbringen: sondern vielmehr nur darum, daß solche unnütze Mittel liebende und GOttes-Hülffe verachtende abergläubische Teufels-Diener in ihrer abgöttischen Thorheit ie mehr und mehr mögen befestiget werden, biß er sie endlich dahin bringt, daß sie sich nach nichts anders, als solchen verdammten Wesen umsehen, und hingegen des allein Hülff-reichen GOttes gar vergessen. So hat denn der Satan gewonnen, und der arme Mensch ist zwar nicht bezaubert, sondern leider! dem Teufel gar zu theil worden.


Behüt GOtt mich und alle Christen
Für dergleichen Teufels-Listen!
Wer Vernunfft hat, kan leicht schliessen,
Daß die Dinge fehlen müssen.
Eben / als wenn man wolt schlagen.
Und mit einem Lamm verjagen,
Einem Wolff; und mit den'n Katzen /
Man vertreiben wolt die Katzen.
Das 92. Capitel
Das 92. Capitel.
Die Weiber und Säugammen sollen die Kinder mit Koth an der Stirn bestreichen / solches bewahret sie für Neid und Zauberey.

[349] Im vorigen Capitel wird Brodt und Saltze die Krafft zugeschrieben, Zauberey zu verhindern; Hier kommen die kothigten Helfferinnen gar mit Kothe aufgezogen. Es ist aber leichte zu schliessen / daß dieses Koth-Mittel von dem unsaubern Geist oder Koth-Teufel ersonnen sey. Man hat Exempel, und aus vielen glaubwürdigen Historien so viel ersehen, daß gemeiniglich diejenigen Personen, welche sich mit dem Teufel in ein Bindniß eingelassen haben, nicht die Freyheit gehabt haben, sich reinlich zu halten; sondern haben, nach des Satans Begehren, mehrentheils in unsauberer Kleidung und mit ungewaschenen Gesicht und Händen sich müssen finden lassen. Auch ist aus vieler Hexen eigenem Geständniß bekannt, die sie theils gutwillig / theils auch in der Tortur gethan, daß sie diejenigen Personen, welche sie ungewaschen angetroffen, viel eher hätten bezaubern können, als diese, welche sich gewaschen gehabt. Und dieses ist auch wohl glaublich, weil gemeiniglich die innerliche Reinigkeit der Seelen mit der Reinigkeit des Leibes in einer guten Harmonie zu stehen pfleget, und der höllische Stinck-Bock und unfläthige Kothfincke sich gern zu seines gleichen, zu unflätigen Säuen gesellet. Wenn nun das kothige Geschmiere an der Kinder Stirn eine Hülffe wider Neid und Zauberey seyn soll, so kan es wohl auf keine andere Weise, als wenn die Zauberer und der Satan solche beschmutzte Kinder vor junge Grase-Teufel ansehen, und dencken, weil[350] sie ohne dem in ihre Koth-Zunfft gehöreten, so hätten sie nicht nöthig, ihren Zunfft-Genossen Schaden zu thun. Aber was das vor ein schreckliches Verbrechen der Mutter ist, wenn sie ihr getaufft Christen-Kind so liederlicher Weise aus Aberglauben, (wahrhafftig nur dem Teufel zur Freude) wieder mit Unflat und Koth besudelt, welches billich eine iede abergläubische Mutter besser bedencken möchte. Wenn die Weiber so viel vom Koth halten, und selbigen so grosse Krafft zuschreiben, warum beschmieren sich denn die Närrinnen nicht selbst über und über mit Koth, wenn sie sich für Zauberey und Neid fürchten, oder lassen sich auf die Köpffe s.v. etwas thun, daß es ihnen über die Stirn laufft? Denn was den Neid anlanget, so sind die Mütter und Ammen solchem noch mehr unterworffen, als die unschuldigen Kinder, und wird wohl niemand ein klein Kind um etwas neiden; Aber die schönen Weiber werden offt von andern, um der Schönheit willen geneidet. Wenn sie aber (woferne Koth soll ein Remedium für Neid und Zauberey seyn) die schönen Gesichter mit Koth bedecken, so wird derselbe wohl gewiß genug helffen. Probatum est. Die es aber nicht glauben will, hat die Freyheit zur Probe. Daß es aber auch für Zauberey helffen soll, dafür bin ich nicht Bürge, sondern setze selbst einen Unglauben drein, und bitte, nur die armen unschuldigen Kinder unbesudelt zu lassen.


[351]
Welch unvernünfftig Wesen erdenckt das Weiber-Hirn,
Daß sie mit Dreck und Koth der armen Kinder Stirn
Besudeln und beschmieren für Neid und Zauberey?
Ich kan gar nicht begreiffen, daß das vernünfftig sey.
Das 93. Capitel
Das 93. Capitel.
Für das Fieber drey Bissen gestohlen Brod genommen / in zwey Nußschaalen gespeyet / in ein Brieflein geschrieben / und gesagt: Kuh / wilt du zu Stalle /Frörer / so geh du zu Walle; Ich zehl dir das zur Buß auf im Nahmen GOttes des Vaters / des Sohnes / und des Heiligen Geistes!

Dieses ist eine so gottlose Fieber-Cur / daß ein rechtschaffner Christ, ob er gleich sein Lebtage das Fieber nicht gehabt hätte / fast einen Schauer oder gar das kalte Fieber nur vom blossen Angehör solches gottlosen Hülffs-Mittels bekommen möchte. Es wird hiermit schreckliche Sünde wider das erste Gebot begangen, wenn (zwar im Nahmen GOttes, aber Mißbrauchsweise) gestohlen Brodt und unflätig Gespyenes, samt zauberhafften Worten, zur Hülffe genommen, aber GOttes einige Hülffe und dessen ordentliche [352] Artzney darneben ist in Verachtung gesetzt wird. Wider das andere Gebot wird schrecklich gesündiget, wenn der heilige Nahme GOttes und der Heiligen Dreyfaltigkeit so schändlich gemißbrauchet, und dem Teufel zu Liebe verunehret wird. Es wird gesündiget wider das siebende Gebot, in welchem GOtt das Stehlen verbiete, hier aber wird gestohlen Brod als ein Hülffs-Mittel recommandiret und gebraucht. Auch wird gesündiget wider das fünffte Gebot; denn dieses ist keine Artzney zur Genesung / sondern vielmehr zum Tode, weil damit ohnmöglich das Fieber kan vertrieben werden. Wohl aber wird damit verhindert, daß ordentliche und dienliche Artzney-Mittel nicht gebraucht werden, daß mancher Patiente also dahin sterben und offt an Leib und Seel verderben muß. Und weiß ich selbst Exempel, daß Leute, welche solche zauberische Mittel an denen versucht haben, die das Fieber gehabt, damit so viel zu wege gebracht haben, daß hernach keine natürlichen Medicamenta etwas haben effectuiren können, biß endlich die Patienten so verzehret worden, daß sie die Erde drüber käuen müssen. Und ist das gemeiniglich der Nutzen von solcher Gauckeley, daß bey solchen Patienten, an welchen dergleichen abergläubische Possen sind versucht worden / hernach keine natürlichen Hülffs-Mittel mehr anschlagen. Wie denn auch solche Hexen und Zauber-Aertzte zu sagen pflegen: Wenn das nicht hilfft, so ist euch hernach nicht zu helffen. Wer demnach dieses [353] alles recht bedencket / der müste ja vorsetzlich des Teufels seyn wollen / wenn er dergleichen Thorheit belieben solte. Vor etlichen zwantzig Jahren war zu Mühlhausen, in Thüringen, ein spaßhaffter Raths-Diener, oder so genannter Ausreiter, der halff unterschiedlichen Leuten vom Fieber, durch Anhengung eines Zettels, den er versiegelt gab, und welchen die Patienten, nach Verlassung des Fiebers, uneröffnet ins fliessende Wasser werffen musten. Als nun ein alt Weib, welcher man sonst nicht viel Gutes zutrauete, sich auch dieses Ausreiters Raths bedienete, aber, nach verlassenem Fieber, den Zettel nicht, wie ihr befohlen war, ins Wasser warff, sondern (um die Kunst auch zu lernen) solches eröffnete, fand sie nachfolgende Worte geschrieben:


Alte, liebe Alte!
Schüttelt dich das Kalte,
So komm Hanß-Nickel, 1 und brenne dich,
So schüttelt dich das Kalte nicht.

Hierüber alterirte sich die alte Katze, und bekam das Fieber wieder, biß endlich andere Zufälle darzu kamen und sie zum Tode beförderten. Also wohl gerieth die schöne Fieber-Cur, die doch der Raths-Diener nur zum Spaß vornahm, wie ich selbst, aus seinem eigenen Geständniß, damahls vernommen habe; Doch kan man hierdurch abnehmen, wie es solchen Leuten zu gehen pflege, die liebe mit abergläubischen Gauckeleyen umgehen, als mit natürlichen Mitteln. Das Brodstehlen [354] ist unvonnöthen; denn wer das Fieber hat, der hat so grossen Hunger nicht, und kan auch den Hunger eher anwenden zu Tilgung des Fiebers, als wenn man isset, und weiß ich Exempel, daß mit Hunger das Fieber ist vertrieben worden. Mit Speyen oder durch ein Brech-Mittel ist das Fieber auch bald zu heben, aber nicht durch ein Speyen in ein paar Nuß-Schalen, die man anhenget. Auch werden weder geschriebene noch geredete Worte kräfftig seyn, das Kalte zu verjagen, sondern:


Wenn du das Fieber dir beständig wilt vertreiben,
So darffst du eben nichts auf einen Zettel schreiben:
Es sey denn ein Recept nach Apothecker-Kunst,
Die andre Gauckeley ist nichts und gar umsonst.
Und wenn du speyen wilt, so nimm was ein zu brechen,
Worzu du ja nicht brauchst ein eintzig Wort zu sprechen.
Laß iederman sein Brod; Nuß-Schalen schmeiß in Mist,
Sonst bist du sicherlich ein aberglaübscher Christ.
Fußnoten

1 Also hieß damahls der Scharffrichter daselbst.

Das 94. Capitel
[355] Das 94. Capitel.
Wenn eine Mauß einem am Kleide genaget hat / so bedeutets Unglück.

[355] Freylich kan es kein Glück seyn, nenn die Mäuse einem die Kleider zerbeissen, und ie kostbarer das zerbissene Kleid ist, ie höher das Unglück zu æstimiren ist. Daß aber dieses ein zukünfftiges Unglück zuvor bedeuten soll, kan ich keine Ursach erfinden, es sey denn mit gewisser Condition. Zum Exempel, wenn irgend das Kleid, davon eine Mauß genaget hat, an einem sonst verwahrten Orte gelegen ist, da man andere kostbare mobilia mehr verwahret gehalten, und keine Mäuse vermuthet gehabt; nachdem man aber gewahr worden, daß an dem Kleide eine Mauß genaget hat / wird man ohne Zweifel bald weiter nachschauen, ob irgend die Mäuse an andern Dingen mehr möchten Schaden gethan haben. Wenn alsdenn ein Schaden gefunden wird, so hat freylich das am Kleide genagte solch Unglück angezeiget, welches sonst noch eine Weile wäre verborgen blieben. Auf diese und dergleichen Art, sage ich, kan das Mäuse Gebissene an einem Kleide wohl ein Unglück anzeigen, sonst aber auf keine Weise.


Wenn dir die Mäuse habn das Kleid und Rock zerbissen,
So magst du ihnen bald zum Tode Gifft versüssen,
Auf daß sie ferner nicht noch mehr dergleichen Sachen,
Zerbeissen, oder auch wohl ander Unglück machen.
Das 95. Capitel
[356] Das 95. Capitel.
Wenn die Weiber oder Mägde Säcke waschen / so regnets hernach.

Solcher Gestalt müsten solche Weiber, die Säcke wüschen, rechte Wettermacherinnen seyn. Weil dieses aber eine Sache ist die mehr mit lächerlichen als ernstlichen Augen angesehen werden mag, so mögen die abergläubischen Weiber, nach ihren Gefallen, Säcke waschen. Denn ich habe noch nicht gehört, daß iemahls Sommers-Zeit / bey grosser Dürre, die Weiber mit ihrem Säcke-waschen hätten einen Regen erreget; welches sie doch schwerlich würden unterlassen haben, woferne ihre Kunst probat wäre. Dahero will ich sie in ihrer Andacht immer fort waschen lassen und sie nicht stören, weil ich besorge, es dürffte mehr Koth als Wasser regnen. Denn es sind Possen, daß sie mit ihrem Waschen


Der'r alten schmutzgen Säcke /
Die voller Koth und Specke,
Gedencken zu bewegen
Den Himmel, daß er Regen
Unordentlich müst geben /
Läßt GOtt nicht Narren leben!
Das 96. Capitel
[357] Das 96. Capitel.
Wenn einer nieset bey Anziehung der Schuhe / so bedeutets ein Unglück.

Das Unglück wird ohne Zweifel darinnen bestehen, daß einem bey solchem Niesen ein Wort entfähret, das weder Sylbe noch Buchstaben hat / welches man in Gegenwart der Leute nicht gern laut redet, sondern lieber verschwiegen hält. Wenn man denn bey dem Schuh-Anziehen in einer solchen positur sitzet / wie bekannt ist, daß, so einem ohngefehr ein Niesen dabey ankömmt, gar leichte der Fitz-Faden zerreissen, und die Lufft-Röhre der Hinter-Brust davon aufgehen kan, wobey sich gemeiniglich ein unangenehmes Murren und Brummen, samt einem übelriechenden Winde / hören lässet. Welche Begebenheit, so sie in Gegenwart reputirlicher Leute oder honetten Frauenzimmers sich zuträgt / mancher Mensch Zweifels frey als ein Unglück achten wird. Und dieses wird also das durch das Niesen angezeigte, oder vielmehr verursachte Unglück gar seyn, welches doch mancher unverschämter Rettig-Schlucker nur in ein Gelächter ausschlägt, oder wohl gar, als eine Kunst, vorsetzlichpracticiret.


Nimm dich in Acht beym Schuh-Anziehn, daß du dich nicht sehr bückest,
Und durch ein Niesen ohngefehr den Bauch zu hefftig drückest,
[358] Wodurch dir was entfahren könnt, welchs du vor Unglück achtest;
Jedoch, wenns ohngefehr geschäh, rieth ich, daß du nur lachtest.
Das 97. Capitel
Das 97. Capitel.
Wider die fallende Sucht oder schwere Noth hilfft ein Zettel angehängt / darauf geschrieben stehet:
Caspar fert Myrrham, Melchior Thus, Balthasar Aurum,
Hæc tria qui secum portabit nomina Regum.
Solvitur à morbo Christi pietate caduco.

Ey! das muß ohne Zweifel gewiß und probat seyn, wird mancher sagen; denn es ist lateinisch, und verstehets niemand, als die Gelehrten, und muß auch wohl von einem Gelehrten seyn erfunden worden, dahero die Kunst nicht so schlechthin anzusehen ist. Ja das ist wahr / daß es wohl ein gelehrter Mährlein-Krämer im abgöttischen Pabstthum mag erfunden haben, weil die gantze Narrethey auf lauter papistische Lügen gegründet ist. Denn welche Religion giebt vor, daß die Weisen aus Morgen-Lande wären Könige gewesen, als die Päbstische? Welche sagen, daß einer hätte Caspar, der andere Melchior / und der dritte Baltzer geheissen, als die Papisten? Also hat ein betrüglicher Mönch [359] oder Jesuit diesen Vers zusammen geschmiedet, und denen einfältigen Leuten weiß gemacht, daß, wenn er angehänget werde, so befreye er diejenigen, so mit der fallenden Sucht beladen wären, von ihrer Plage. Alleine, wie abgeschmackt es heraus kömmt, ist zu verwundern, und solte man solche Schurckerey von denen dummesten Menschen auf der Welt (soferne es Christen heissen wollen) kaum vermuthen, daß sie es glaubeten; Und dennoch sind die sonst klugen Papisten mehrentheils so verblendet, und meynen, es sey alles vom Himmel geredet, was ihnen ihre Pfaffen vorlügen. Es möchten aber die Papisten immer solche Mährlein vor sich glauben, wenn nur unter denen Evangelischen nicht auch Affen wären, die solche Pickel Herings-Grillen vor etwas kluges hielten. Denn wenn man den teutschen Wort-Verstand dieses lateinischen Verses ansiehet, welcher also lautet: Caspar schenckt Myrrhen / Melchior den Weyrauch, und Baltzer das Gold; wer diese drey Nahmen der drey Könige bey sich trägt, der wird von der bösen hinfallenden Sucht errettet; so möchte man diestranguriam über solchem Narren-Verstand kriegen. Und kömmt nicht besser heraus / als wenn einer die Pest wolte mit einem Zettul oder Amulet vertreiben, darein er schriebe: Claß schiert die Hunde, Matz laust die Säue, und Barthel führe die Esel zum Tantze, wer diese drey Nahmen der drey lustigen Harlequinen bey sich trägt, der ist sicher für der Pest. Gleichwie nun der, der solches [360] thäte, in aller Welt würde für einen Ertz-Narren gehalten werden; also kan wahrhafftig der auch vor nicht klüger angesehen werden, der diesen Drey-König-Vers wider die fallende Sucht ersonnen hat. Wenn Gold, Weyrauch und Myrrhen gleich solche ingredientia wären, davon ein compositum und specificum antepilepticum könte bereitet werden, so käme es dennoch tolle genug heraus, da man glauben wolte, daß die blosse Beschreibung solcher ingredientien, und die Nahmen derer, die iemanden mit solchen materialien beschencket hätten, schonkräfftig genug seyn / diese arge Kranckheit damit zu vertreiben. Denn wenn einen hungerte, so frage ich, ob er auch würde satt werden, wenn ein anderer zu ihm käme, und schrieb auf einen Zettul, wie Pancratius, der Richter von Rumpelskirchen, dem Schulmeister daselbst hätte eine Knack-Wurst und ein haußbacken Brodt verehret? Ich zweifele nicht, der Hungrige würde sagen: Narr! was hilfft mirs, da der Richter mirs nicht gegeben hat? Also kan auch ein solcher Zettul nicht wider die fallende Sucht helffen, woraus die Nahmen derer drey Könige / welche dem HErrn Christo haben Geschencke gebracht, geschrieben stehen; sondern es bleibet eine ruchlose Betrügerey und abgöttisches Teufels-Spiel.


Wenn gleich die Weisen Medici und Aertzte wärn gewesen /
So könnt ihr Nahme dennoch nicht was helffen zum Genesen.
[361]
Schreib einer gleich Galenum auf, Hippocratem darneben,
Auch den berühmten Theophrast, und die noch ietzo leben.
Den Blankart, Wedel, andre mehr, trag solche auf dem Leibe /
Und sehe, ob er seinen Schmertz mit dieser Schifft vertreibe.
Das 98. Capitel
Das 98. Capitel.
An einem Freytage ein neu-waschen Hembde angezogen / dienet für das Grimmen.

Dieses wieder die gesunde Vernunfft streitende remedium anticolicum ist ein Ding, welches hauptsächlich mit unter die von GOtt vielfältig verbotene und für einen Greuel geachtete Tagewehlerey zu zehlen ist. Die Tagewehler aber setzet Moses mit in die Classe der Zauberer, Zeichendeuter, Wahrsager und die auf Vogel-Geschrey achten. Ist sicherlich eine schöne Gesellschafft! scilicet. Wer nun um deß willen an einem Freytage ein neu-waschen Hembd anziehet, daß er dadurch gedenckt das Grimmen oder die Colica zu vertreiben, der ist ein solcher Tagewehler, an welchem der HErr ein Greul hat. Zu dem so ist es auch ein gantz närrisch Unternehmen, weil weder der Tag noch das neuwaschene Hembde die Ursache des Grimmens vertilgen kan; wo aber die Ursach einer Kranckheit[362] nicht gehoben wird, so kan noch weniger die Kranckheit gehoben werden; Eben als wenn einer wolte den von einem rauchenden Feuerbrande entstandenen Rauch vertreiben, wolte aber den rauchenden Brand nicht hinweg schaffen, oder solchen gar auslöschen. So ferne aber einer den Rauch dennoch vertriebe, ohnerachtet der rauchende Brand weder hinweg geschaffet, noch verlöschet worden wäre, so würde ein solcher Künstler sich gewiß verbotener und unnatürlicher Wissenschafft halben verdächtig machen, zumahl wenn er nicht den Rauch / durch Hülffe der Lufft, wo andershin zu leiten wüste; Also auch einer, der auf oben gemeldete Art das Grimmen vertreibet, der versichere sich nur gewiß, daß darunter etwas anders verborgen ist, und der Satan sein Spiel damit treibet / um bey denen abergläubischen Kindern des Unglaubens nur ein Wunder-Werck zu vollbringen, dafür sich aber verständige Christen hüten werden.


Schütt nicht zu viel in deinen Magen.
So wirst du nicht so dürffen klagen,
Daß dich es reiß in deinem Bauch,
Jedoch, grimmt dichs, Artzney gebrauch,
Und treib nicht solche albre Possen,
Sonst meynt man, du seyst gar geschossen
Mit Haasen-Schrot und Affen-Dunst.
Laß alten Weibern ihre Kunst.
Das 99. Capitel
[363] Das 99. Capitel.
Wer gestohlenen Käse oder Brodt isset / der bekömmt den Schlucken davon.

Daß dieses wahr seyn möchte, ist mehr zu wünschen, als zu glauben. Ja es wäre noch besser, wenn einem ieden, der solch Brodt oder Käse isset, ein Horn an der Stirn wüchse / so würde man nicht alleine bald hinter die Diebe kommen, sondern die Horntrüger derer unsichtbaren Hörner würden hierdurch einigen Trost erlangen, daß sie nicht alleine mit solchen Ochsen-Cronen sich schleppen müsten. Alleine, es bleibet beydes nehmlich die Hörner und der Schlucken, wohl aussen. Ach wie würden manche Discurse einen unangehmen Klang haben, wenn die Brod Diebe den Schlucken bekämen, (zumahl / wenn er lange anhielte,) es würden die meisten Sylben durch den Schlucken verbissen werden, daß es keiner Sprache ähnlich lauten würde, sondern es würde der Sprache derer Hottentotten, welche dem Gekaudere derer Welschen Hähne gleich lauten soll, nicht unähnlich seyn. Wenn vom gestohlnen Brodt der Schlucken entstünde, viel leicht würden manch tausend Brodt-Diebe weniger seyn, weil sich Zweifels frey etliche um deßwillen des Stehlens schämen würden. Aber ach! wo gedencke ich hin? Es ist ja leider! das Stehlen keine Schande mehr, der Brodt-Diebe giebts ja so viel / daß sich fast alle Welt auf dieses Diebs-Hand-Werck [364] nehren will. Und hat Erasmus Albertus in dem bekannten Liede: GOtt hat das Evangelium etc. wohl mit Wahrheit gesetzt: Die gantze Welt ist voller Dieb. Ja das ist wohl wahr; daß aber die Diebe vom gestohlenen Brodte den Schlucken kriegen, ist wohl nicht wahr.


Ach daß doch wäre wahr das Sagen.
Daß sich die Diebe müsten plagen /
Mit Schlucken, wenn sie gessen hätten
Gestohlen Brodt! So wolt ich wetten,
Das Land das würde gar bald rein
Und ledig von Brodt-Dieben seyn.
Das 100. Capitel
Das 100. Capitel.
Bey Vermeidung grossen Unglücks soll niemand über eine Spur gehen / allwo sich ein paar Hunde belauffen haben.

Also warnete unlängst, ein der Einbildung nach / über alle Massen verständiger Mann einem guten Freund, als er sahe ein paar Hunde auf der Gassen sich belauffen. Der gute Herr ließ auch dabey einen solchen Eifer spüren daß, so ferne ein Häscher gleich damahls wäre zugegen gewesen, so hätten ohne Zweifel die unverschämten [365] Hunde Gefängniß davor leiden müssen, zumahl wenn der Häscher den Befehl dieses erzürnten Mannes schlechterdings würde respectiret haben. Der gute Freund, zu dem die Warnung geschah, war etwas curiös und fragte, worinnen denn eigentlich die Gefahr bestünde, die sich der zu besorgen hätte / der über einen solchen Tantz-Platz der Hunde gienge?Monsieur Elogius Bilibaldus (war des verständigen Mannes Nahme) antwortete: So iemand einen Schaden an seinem Leibe hätte / und gieng über eine solche Spur, so würde der Schaden gantz unheilbar werden. Der gute Freund kunte das Lachen kaum verbergen, bisse sich in die Zunge, drehete sich davon, und hätte sich bald durch das Verbergen des Lachens die Hosen voll gehustet. Dieser kam hierauf zu mir, und erzehlete, was Herr Elogius Bilibaldus ihm gelernet hätte; welche Erzehlung mir eben zu statten kam, weil ich gleich mit Striegelung des 99. Aberlgaubens hatte Feyerabend gemacht. Da ich nun bißanhero mit Neun-und neuntzigern hatte gehandelt, und nicht in Abrede seyn kan, daß, so ich nicht ein Naar alleine seyn will, ich unter dieser Zahl auch einige Glaubens-Genossen vor mich angetroffen hatte; Und da ich diese ietzt erzehlte super-weise Thorheit hatte angehöret, war mir es nicht wenig lieb, daß die hunderte Zahl meiner gestriegelten Aberglauben mit einem solchen grossen Heiligen solte completiret werden. Diesem nach wird dem geehrten Leser die Sache zu [366] bedencken überlassen, oh ein paar lauffende Hunde, durch diese ihreConjunction, unter freyem Himmel, auf freyer Gassen, oder auch wohl im freyen Felde, den Ort, allwo sie sich belauffen haben, so hefftig vergifften können, daß wer einen Schaden an sich hätte, und gienge über eine solche Spur, der Schaden damit unheilbar würde? So frage ich, wie viel tausend unheilbare Schäden doch wohl die Leute beschweren würden? Kan demnach der geehrte Leser leicht urtheilen / daß entweder an dem Fürgeben nichts sey, oder es müsten diejenigen, welche daran glauben, einen Schaden im Verstande und Gehirne gehabt haben, und über eine solche Hunde-Spur gegangen seyn, dadurch solcher Schaden unheilbar worden. Das mag aber wohl heissen: Hirnwund bey gesunden Leibe. Und damit ich mich nicht zu weit in diese Thoren-Possen einmische, so mag ein ieder davon halten, was er will, ich will die Bauern auf ihren Kirchmessen, und die Hunde bey ihren Hochzeiten, nicht hindern, so werde ich weder geschlagen noch gebissen. Unterdessen werde ich, mit guter Gelegenheit, wieder ein hundert solcher abergläubischen Raritäten sammlen, wie ich denn derselbigen schon wieder eine feine Anzahl beysammen habe, und [367] so ich vernehme, daß diese ersten zwey Hundert wohl aufgenommen werden, so soll alsdenn das dritte Hundert bald auch darzu kommen.


Wer denen Hunden ihre Lust
So beschnopert und behust /
Und nicht will die Hochzeit leiden.
Mag sie alle lassen schneiden.
Doch weils gleichwohl solche Sachen
Sind, die er nicht selbst kan machen,
Laß er machen iedes Thier,
Was ihm die Natur legt für.
Inhalts-Register
[368] Inhalts-Register dererjenigen Sachen und Materien / so in diesem andern Hundert sind abgehandelt worden.

Das 1. Capitel.


Wer aus einer Bircken, die mitten in einem Ameisen- Hauffen gewachsen ist, lässet höltzerne Schläuche oder Hähne drehen, und verzapfft Wein oder Bier dadurch, der wird geschwinde ausschencken pag. 163


Das 2. Capitel.


Wer ein Brod aufschneidet, und schneidet nicht gleich, der hat selbigen Tag gelogen 166

Das 3. Capitel.


Wenn ein Weib über etwas erschrickt, oder sich erzörnet soll sie alsbald durch einen alten Besen pruntzen, so schadets ihr nicht 167


Das 4. Capitel.


Ledige Weibes-Personen, als Jungfern und Mägde, welche gerne Männer hätten, die sollen in der Nacht vor St. Andreas Tage St. Andresen nackend anruffen so wird ihnen ihr künfftiger Liebster im Schlaff erscheinen 169


Das 5. Capitel.


Wenn eine Dienst-Magd gerne wissen will, ob sie länger bey ihrem Herrn im Dienst bleiben, oder abziehen werde, soll sie auf den Weyhnacht-heiligen Abend den Schuch rücklings übern Kopff werffen 173


Das 6. Capitel.


Wenn eine Jungfer oder Magd will wissen, was ihr künfftiger Liebster vor Haare hat, die greiffe in der Christ-Nacht rücklings zur Stuben-Thür hinaus, so bekömmt sie solche Haare in die Hand 175


Das 7. Capitel.


Wenn einer eine Haasen-Lorber ohngefehr auf dem Felde oder im Walde findet, und dieselbe isset, so mag der Haase kommen / an wem er will, so wird der, der die Lorber gefunden hat, auch sein Theil davon haben 177


Das 8. Capitel.


Des Nachts soll niemand in Spiegel sehen, denn es ist nicht gut 178

Das 9. Capitel.


Wer mit Holtz, Stroh, oder anderer brennenden Materie, im Feuer oder Lichte gauckelt, der haruet hernach ins Bett 180


Das 10. Capitel.


Wenn eine Jungfer will wissen, ob sie in einem Jahre einen Mann kriegen werde / soll sie am Weyhnacht-heiligen Abend, oder in der Mitternacht an das Hüner-Hauß klopffen, und sagen: Gackert der Hahn, so krieg ich einen Mann, gackert die Henn, so krieg ich kenn 181


Das 11. Capitel.


Wenn zwey ledige Personen einander beyrathen, und sind beyde noch unbefleckt, also, daß sie eine reine Jungfrau ist, und er noch kein Weib berühret hat / so wird das erste Kind, das sie zeugen, ein Narr 184


Das 12. Capitel.


Wenn die Kinder auf denen Gassen mit Spiessen oder Fähnlein reiten / so ist es ein wahr, hafftiges Zeichen des Kriegs, so über das Land kommen wird 185


Das 13. Capitel.


Wenn sich die Kinder auf der Gassen mit denen Creutzen tragen, so ists ein Zeichen, darauf Sterben folget 186


Das 14. Capitel.


Wer kein Geld im Beutel hat, der soll sich hüten, das wenn der Mond neu ist, er ihn nicht in Beutel scheine, sonst wird er so lange dieser Monat währet, Geld-Mangel leiden 188


Das 15. Capitel.


Wer das Glück hat, daß die Störche ihr Nest auf sein Hauß oder Schorstein bauen, der wird lange leben und reich werden 190


Das 16. Capitel.


Wenn eine ledige Dirne will wissen, ob ihr Liebster werde gerade oder krumm seyn, die soll am Weyhnacht-heiligen Abend an eine Klaffter oder einen Stoß Holtz treten, und rücklings ein Scheit ausziehen, wie nun das Scheit ist, also wird auch der Liebste seyn 192


Das 17. Capitel.


Welche Dirne will wissen, wie ihr künfftiger Mann werde heissen / die soll den ersten Faden Garn / den sie des Tages spinnet, vor ihre Hauß-Thür spannen, wie nun der erste Vorbeygehende heist, also wird ihr künfftiger Mann auch heissen 195


Das 18. Capitel.


Es ist nicht gut wenn man einen Rost oder Dreyfuß aufs Feuer setzet / und leget nichts darauf 197

Das 19. Capitel.


Wenn ein Weib zu Bette gehet / und grüsset die Sterne am Himmel, so nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn 200


Das 20. Capitel.


Wenn man Stroh in ein Bette thut, soll man die Knoten nicht an denen Stroh-Bändern lassen, sonst kan niemand darauf schaffen 201


Das 21. Capitel.


Wenn ein Weib zu Marckte gehet, und hat früh, als sie die Schuh angezogen, den rechten Schuch erst angezogen, so wird sie ihre Waare theuer loß werden 203


Das 22. Capitel.


Wer ein Hembde an hat, welches vom Garn gewircket ist / das ein Mägdlein unter sieben Jahren gesponnen, der hat Glück darinnen 205


Das 23. Capitel.


Wenn es auf St. Johannis Tage regnet, so verderben selbiges Jahr die Nüsse, hingegen gerathen die Huren 208


Das 24. Capitel.


Am St. Johannis-Tage sollen sich die Bauern in Zwiebel-Beeten herum wältzen, so werden die Zwiebeln groß wachsen 209


Das 25. Capitel.


Am Bartholomäi-Tage sollen die Mägde nicht ins Kraut gehen, Blätter vor das Vieh zu holen 210

Das 26. Capitel.


Wer ein vier-blätteriges Klee-Blatt findet, der soll es werth halten, denn so lange er es hat, wird er glückseelig und reich seyn 212


Das 27. Capitel.


Wenn ein Raabe oder Krähe sich auf ein Hauß setzet, und schreyet / worinnen der Mann oder die Frau kranck liegt, ist es ein gewiß Zeichen, daß das Krancke sterben werde 216


Das 28. Capitel.


Die Schäfer dürffen in denen zwölff Christ-Nächten den Wolff nicht nennen, er zerreißt sonst die Schaafe 219


Das 29. Capitel.


Wenn man ein Kind läst einen Dattel-Kern bey sich tragen, so fällt es nicht, oder nimmt durch Fallen nicht Schaden 222


Das 30. Capitel.


Wenn iemand zum ersten mahl in ein Hauß kömmt, und darinnen schläfft, was ihm die erste Nacht träumet, das wird wahr 224


Das 31. Capitel.


So eine Frau oder Magd auf der Gassen oder Strassen ihr Strümpff-Band verlieret, ist es ein Zeichen, daß der Mann oder der Freyer nicht treu ist 225


Das 32. Capitel.


Wen s.v. der Hintere jucket, der wird bald Gevatter werden 227

Das 33. Capitel.


Ein Weib, das Abends zu Bette gehet, die soll ihren Stuhl, darauf sie gesessen, von der Stelle rücken, sonst drückt sie der Alp oder Nacht-Marr 230


Das 34. Capitel.


Wenn in einem Hause das Feuer auf dem Heerde brennet, so schlägt das Wetter nicht in das Hauß 233

Das 35. Capitel.


Ein Kalb, so am Valtens-Tage geworffen ist, dienet nicht zur Zucht 234

Das 36. Capitel.


Wenn einer über Land reiset, und begegnet ihm ein Wolff, Hirsch, Wild-Schwein, oder ein Bär, so ist es ein gut Zeichen 236


Das 37. Capitel


Wer ein Huf-Eisen oder ein Stück von einem Huff- Eisen findet, der soll Glück haben 238

Das 38. Capitel.


Wenn ein Weib oder Magd des Sonnabends ihren Rocken nicht abspinnet, so wird aus dem übrigen Flachs oder Werck kein gut Garn / und bleicht auch nimmer weiß 240


Das 39. Capitel.


Wer keine verzagten Kinder haben will, da soll der Vater stracks nach der Tauffe dem Kinde ein Schwerdt in die Hand geben, so sind sie stets kühne und behertzt 242


Das 40. Capitel.


So bald ein Knäblein gebohren ist, soll man es mit den Füssen an seines Vaters Brust stossen, so soll es nimmermehr kein böß Ende nehmen 244


Das 41. Capitel.


Ein nur gebohren Töchterlein soll man alsobald auf der Mutter Brust setzen, und sagen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen; so soll das Kind niemahls zu Falle kommen, oder in Schande gerathen 246


Das 42. Capitel.


Wem Frühmorgens eine Spinne auf dem Rocke kreucht, der wird des Tages glückseelig seyn 248

Das 43. Capitel.


Wenn ein Mann über Land reitet, und ihm ein Weib spinnend begegnet, ists ein böses Zeichen, derhalben soll er umkehren, und einen andern Weg reiten 249


Das 44. Capitel.


Wenn geläutet wird, und schlägt die Uhr darzu, so bedeutet es Feuer 251

Das 45. Capitel.


Ein neugebohren Kind soll man nicht zuerst auf die lincke Seite legen, es wird und bleibet sonst sein Lebtage linckisch 252


Das 46. Capitel.


Wer Felder hat, der soll am Walburgis-Abend mit Röhren darüber hinschiessen, so können die Hexen keinen Schaden an der Saat thun 254


Das 47. Capitel.


Am Fronleichnams-Tage eine blaue Korn-Blume mit der Wurtzel ausgeraufft stillet das Bluten der Nasen, wenn man sie in der Hand hält, biß sie erwarmet 256


Das 48. Capitel.


Am Tage Abdon soll man den Schilff aus den Teichen schneiden, und die Dornen aus den Feldern ausrotten, so wachsen solche nicht wieder heraus 258


Das 49. Capitel


Wenn einem Weibe der Halß oder die Kehle jucket, wird sie bald auf eine Hochzeit oder Kind-Tauff- Mahl gehen / jucket ihr aber der Kopff / so bekömmt sie bald Schläge 260


Das 50. Capitel.


Helle Christ-Nacht, finstere Scheunen, finstere Christ- Nacht, helle Scheunen 262

Das 51. Capitel.


Wer ein Erd-Hüngen oder eine Hauß-Otter beschädiget, oder nur siehet, der muß dasselbe Jahr sterben 263


Das 52. Capitel.


Ohren-Schmaltz an die Degen Spitze gestrichen, wenn man duelliren will, das löset des andern Festigkeit auf 266


Das 53. Capitel.


Wenn zwey Kinder-stillende Weiber zugleich mit einander, trincken, so trincket eine der andern die Milch ab 268


Das 54. Capitel.


Wer Brodt isset, davon ein anderer gebissen hat der wird dem andern feind oder gram 271

Das 55. Capitel.


Eine Weibs Person soll niemanden anders an ihren Schürtz-Tuche lassen die Hände abwischen, jenes wird ihr sonst gram 273


Das 56. Capitel.


Wenn die Schwalben in ein Hauß nisteln, bedeutets Armuth, die Sperlinge aber Glück und Reichthum 275

Das 57. Capitel.


Wem am H. Weyhnacht-Abend ein Reiffen von einem Gefäß springet, so stirbt das Jahr eines aus dem Hause 278


Das 58. Capitel


Wenn in einer Kirchen ein Licht auf dem Altare von sich selbst verlöscht; so stirbt bald ein Priester von dieser Kirchen 280


Das 59. Capitel.


Wenn eine Weibs-Person den Ohren Zwang hat, soll sie ein paar Manns-Hosen um den Kopff wickeln und schwitzen. 281


Das 60. Capitel.


Wenn die Mägde Zunder brennen, so müssen sie von Manns-Hembden Flecke darzu nehmen, von Weiber-Hembden fängt der Zunder nicht 283


Das 61. Capitel.


In der Christ-Nacht soll man nasse Stroh-Bänder um die Obst-Bäume binten, so werden sie fruchtbar 285


Das 62. Capitel.


Wer seine Obst-Bäume auf Fastnacht beschneidet, solche Bäume bekommen selbiges Jahr keine Raupen, und die Früchte keine Würmer 287


Das 63. Capitel.


Wer eine Katze oder Hund behalten will, daß sie nicht entlauffen / der treibe sie dreymahl um den Heerd, und reibe ihren Steiß an die Feuer-Mauer, so bleiben sie daheime 289


Das 64. Capitel.


Ein Mensch, der ehe den Wolff siehet, als der Wolff den Menschen, der darff sich nicht fürchten, daß ihm von solchem Wolffe ein Leid geschehe; wenn aber der Wolff den Menschen am ersten siehet, so ist der Mensch in Gefahr 291


Das 65. Capitel.


Am St. Johannis-Tage, in der Mittags-Stunde soll man St. Johannis-Blut sammlen / welches für viele Dinge gut seyn soll 293


Das 66. Capitel.


Wenn eine Elster auf einem Hause sitzt und schreyet, worinnen ein Krancker liegt / so wird der Krancke wieder gesund 295


Das 67. Capitel.


Wenn die Hunde heilen, bedeutets Unglück, drum soll man die Ohren zu halten, daß man sie nicht höret 297


Das 68. Capitel.


Wenn ein Bien-Schwarm sich an ein Hauß henget, so bedeutet es gern Feuers-Brunst 299

Das 69. Capitel.


So lange die Lerche vor Lichtmeß singet, so lange schweigt sie nach Lichtmeß wieder stille 301

Das 70. Capitel.


Wenn ein Jung-Gesell und eine Jungfer mit einander ein Kind aus der Tauffe heben, oder Gevatter stehen, soll der Pfarer sich zwischen sie stellen, sonst wo sie einander heyrathen, würde stets Uneinigkeit zwischen ihnen seyn 302


Das 71. Capitel.


Es soll einer seine Gevatterin nicht ehlichen, denn so offt sie sich ehelich vermischen, so donnerts, oder entstehet ein Gewitter 304


Das 72. Capitel.


Wer die erste Kanne Bier aus einem Fasse bekömmt, soll geschwind damit fortlauffen, so gehet das Bier bald ab 305


Das 73. Capitel.


Man soll die kleinen Kinder nicht mit blossen Füssen auf den Tisch treten lassen, denn sie bekommen davon böse Füsse 307


Das 74. Capitel.


Wenn man Abends zu Bette gehet, und löschet das Licht aus / soll man dasselbe ja nicht umgekehrt auf dem Leuchter stecken lassen, denn woferne sonst dieselbe Nacht Diebe ins Hauß kämen, könnte niemand im Hause vom Schlaft erwachen 309


Das 75. Capitel.


Ein Knäblein, das gebohren wird, wenn Venus Morgen-Stern ist / bekömmt ein viel jünger Weib, als er ist; ist aber Venus Abend-Stern, so bekömmt er ein älter Weib, als er ist, mit einem gebohrnen Mägdlein ist es aber das Gegenspiel 311


Das 76. Capitel.


Wer von der Mahlzeit gehet / soll das Brodt davon er gegessen hat, nicht lassen liegen, denn wenn es ein anders über einen Galgen wirfft, kan der, der davon gegessen hat / den Galgen nicht entgehen 315


Das 77. Capitel.


Ein Holunder-Strauch vor eine Stall-Thüre gepflantzet, bewahret das Vieh vor Zauberey 317

Das 78. Capitel.


Wer eine Schnur bey sich trägt, womit ein Bruchschneider einen geschnittenen Bruch verbunden gehabt, der mag eine Last heben, so schwer er will, so wird er sich nicht zerheben 319


Das 79. Capitel.


Wenn man ein Stück Holtz von einem aus der Erde gegrabenen Sarge ins Kraut stecket, so kommen keine Raupen hinein. 321


Das 80. Capitel.


Am Fastnachts-Tage soll man keine Suppe essen, es treufft einen sonst hernach stets die Nase 323

Das 81. Capitel.


Wenn man am Nicassi H. Abend den Nahmen Nicasius mit Kreide an die Thüren schreibt, so werden solche Logiamenter frey von Mäusen seyn 324


Das 82. Capitel.


Wenn ein Fuhrmann eine Otter- oder Schlangen Zunge in seine Peitsche flichtet, so werden seine Pferde ohne Schaden die grössesten Lasten aus einem Graben ziehen / und sich auch nicht übersauffen 327


Das 83. Capitel.


Am St. Peters-Tage soll man denen Hünern Nester machen, so legen sie viel Eyer 330

Das 84. Capitel.


Ein schwangeres Weib, das Gevatter wird, soll ja nicht das Kind selbst aus der Tauffe heben 331

Das 85. Capitel.


Wenn einem Frühmorgens zuerst eine reine Jungfrau oder ein Priester begegnet, so bedeutets Unglück; aber eine Hure bedeutet Glück 334


Das 86. Capitel.


Ein einmahl entwöhnet Kind soll niemahls wieder an die Brust geleget werden, denn es würde sonst ein Gottes Lästerer, und das mit seinem Maule alles beschreyen und in Ungedieg bringen kan 337


Das 87. Capitel.


Eine schwangere Frau soll unter keiner Wagen-Deichsel hinkriechen / sie muß sonst über die gewöhnliche Zeit schwanger gehen 340


Das 88. Capitel.

Der siebende Sohn ist glücklich etwas zu heilen, zu pflantzen, und zu allerhand Verrichtungen 342

Das 89. Capitel.


Maleficanten, wenn sie torquiret werden, auf daß sie ohne Bekenntniß Tortur ausstehen mögen / hängen einen Zettul auf den Rücken, darauf der 15. Vers aus dem 10. Psalm geschrieben ist 344


Das 90. Capitel.


Daß einer auf der Folter bald bekennen müsse, hängt er an den 17. Vers des 51. Psalms / oder den 2. Vers des 45. Psalms 345


Das 91. Capitel.


Wer Saltz und Brodt bey sich trägt, ist sicher für Zauberey 348

Das 92. Capitel.


Die Weiber und Säugammen sollen die Kinder mit Koth an der Stirne bestreichen, solches bewahret sie für Neid und Zauberey 349


Das 93. Capitel.


Für das Fieber drey Bissen gestohlen Brod genommen, in zwey Nuß-Schalen gespeyet, in ein Briefflein geschrieben und gesagt: Kuh, wilt du zu Stalle, Frörer, so geh du zu Walle! Ich zehl dir das zur Buß auf, im Nahmen GOttes des Vaters, des Sohnes und Heil Geistes 352


Das 94. Capitel.


Wenn eine Mauß einem am Kleide genaget hat, so bedeutets Unglück 355

Das 95. Capitel.


Wenn die Weiber oder Mägde Säcke waschen / so regnets hernach 357

Das 96. Capitel.


Wenn einer nieset bey Anziehung der Schuhe, so bedeutets ein Unglück 358

Das 97. Capitel.


Wider die fallende Seuche oder schwere Noth hilfft ein Zettul angehencket, darauf geschrieben stehet:


Caspar fert Myrram, Melchior Thus, Balthasar Aurum,
Hæc tria qui secum portabit nomina Regum,
Solvitur â morbo Christi pietate caduco 359

Das 98. Capitel.


An einem Freytage ein neuwaschen Hembde angezogen, dienet für das Grimmen 362

Das 99. Capitel.


Wer gestohlnen Käse oder Brod isset, der bekömmt den Schlucken davon 364

Das 100. Capitel.


Bey Vermeydung grossen Unglücks soll niemand über eine Spur gehen, allwo sich ein paar Hunde belauffen haben 365

Das dritte Hundert
Vor-Rede über das dritte und vierdte Hundert Aberglauben
Vor-Rede über das dritte und vierdte Hundert Aberglauben.

Alls ich ohnlängst in meiner gestriegelten Rocken-Philosophiæ zweyhundert allerhand närrische Aberglauben untersuchet / und nach möglichster Kürtze widerleget / auch solche / aus Liebe zur Wahrheit /und aus Haß zu allen zauberhafften abergläubischen Phantasien / meinem Neben-Christen zum Besten /dem Drucke übergeben; so habe am Ende derselben versprochen / daß / wenn selbige zwey hundert würden wohl aufgenommen werden / so wolte ich das dritte Hundert mit ehisten auch darzu bringen. Wann ich denn von dem Verleger vernommen / daß die ersten Exemplaria dieses Werckleins bey nahe schon verthan wären / und er gesonnen sey / solches ehistens wiederum aufs neue aufzulegen / weil er verspürte /daß es von jedermann gar wohl aufgenommen würde; So haben auch einige Liebhaber dieses Werckleins /wiewohl unbekannter Weise / durch den Verleger /Brieffe an mich befördert / darinnen sie nicht alleine melden / wie ihnen das Wercklein wohl gefiele / sondern ersuchen mich auch darbey / darmit fortzufahren / mit dem Erbieten / daß / so es mir an gnugsamer Materie mangelte / sie bedürffenden Falls mir mit ein-und andern an die Hand gehen wolten. Dieses hat mich angefrischet / sowohl das versprochene dritte Hundert / welches ich schon fertig hatte / der Presse zu übergeben / als auch das vierdte Hundert mit beyzufügen. Und weil ich eine solche Anzahl von diesen losen Glaubens-Puncten so bald zusammen gebracht habe / auch überdiß noch täglich mehr erfahre / daß ich bedürffenden Fall wohl bald noch ein Hundert mit anhängen könte; so kan der geehrteste Leser daraus abnehmen / wie sehr doch derer meisten Menschen Thun und Vornehmen mit unnützen / abgöttischen /und theils lächerlichen Aberglauben besudelt und vermenget sey: Und gehet mir bey nahe mit Aufsuchung derer Aberglauben / als wie manchem / der in einem Hause etlicher so genannten Schwaben gewahr wird /und solche auszurotten sich möglichst bemühet / aber bey Aufhebung derer Thielen in der Stuben / unter diesen des Ungeziefers so eine schreckliche Menge antrifft / daß er nicht weiß / wie er sie vertilgen soll; Dahero einen Kessel siedend Wasser über solche herschüttet / und alle zugleich verbrennet / ausser die /welche sich anderswo hin verlauffen haben. Denn wenn ich alle die Aberglauben / die mir täglich zu Ohren kommen / wolte eintzeln durchhecheln / so würde ein grosser Foliante daraus werden. Daß ichs demnach zu diesem mahl mit vier Hunderten bewenden lasse / thue ich, weil in diesen hoffendlich so viel wird vorkommen / daß ein Verständiger gar leicht die übrigen alle / die in dieser Zahl nicht mit begriffen sind / wird beurtheilen können / in was für Verstande solche anzusehen seyn. Unterdessen bitte ich / der geehrteste Leser wolle sich noch ferner diese meine zwar geringe / iedoch wohlgemeynte / und hoffendlich nicht vergebliche Arbeit gefallen lassen. Den Tadler aber ersuche ich / nicht nur seinen schmähsüchtigen Rüssel hieran zu reiben / sondern lieber das / was er tadelt besser zu machen.

AUTOR.

Das 1. Capitel
[369] [6]Das 1. Capitel.
In der Mitternacht vor dem Johannis-Tage soll man Teufels-Abbiß graben / so sind die Wurtzeln unabgebissen / und dienet alsdenn den Teufel zu vertreiben / und zu andern Dingen mehr.

Ey, sehet ihr Leute, wie die Natur spielet! Was viel frißt, macht viel Mist. Drum halt, laßt sehen, ob uns diese Wissenschafft noch zu mehrern Nutzen dienen kan: In der Mitternacht vor Sanct Johannis-Tage soll der Teufels Abbiß an der mittlern Wurtzel nicht stumpff seyn, sondern eine gantze Wurtzel gerade in die Erde haben, weil zu solcher Zeit der Teufel (als welcher denen Menschen diese Wurtzel, um ihrer grossen Krafft willen / nicht gönnet / und sie deßwegen alle abbeisset) keine Gewalt haben soll, solche abzubeissen, biß wieder nach Mitternacht alsdenn ist keine mehr unabgebissen anzutreffen. Ergo, so muß der Teufel in dem moment, da die Mitternacht vorbey ist, gleichsam so schnell als der Blitz, in der Erden, als eine Schur-Mauß oder Maulwurff herum reiten, und diese Wurtzeln abfressen. Der arme Teufel hat solcher gestalt sehr viel zu thun / und wäre kein Wunder, daß er den Tag hernach sich s.v. zu todte hofierte; Denn, wie gesagt: Wer viel frißt, macht viel [6] Mist. Darum wäre mein ohnmaßgeblicher Rath, daß diejenigen Leute / welche in der Nacht die Wurtzeln grüben, hernach auflauerten und sähen, wenn der Teufel sich so voll frässe, wohin er zu Stuhle gienge, ob sie könnten seines Koths einer guten Qvantität theilhafftig werden, den sie hernach denen Materialisten und Apotheckern verhandeln könnten; Sie müssen sich aber in acht nehmen, daß es ihnen nicht etwan gehet, als wie jenem Bauer, welcher in einen Wald, Heidelbeeren zu suchen, gangen war, wie er aber ohngefehr eines Kohlenbrenners gewahr worden, welcher niedergekauert, und s.v. seine Nothdurfft verrichtet / hatte der gute Bauer vermeynet, es wäre der Teufel, versteckt sich derowegen hinter einen Busch, biß der Kohlenbrenner fertig ist, und hinweg gehet / worauf der Bauer hinschleicht, ein Stück Baum Rinde nimmt, und den warmen Koth in sein Köberlein zum Heidelbeeren legt, in Meynung, daß er da den rechten Teufels-Dreck erschnappet hätte. Voller Freuden wandert er damit nach der nähesten Stadt, gehet in eine Apothecke, und fragt, wie theuer ein Pfund Teufels-Dreck wäre; als er davon Bescheid erhalten, bietet er dem Apothecker seinen zu verkauffen um einen bessern Preiß an; der Apothecker fragt, wo er solchen bekommen hätte /worauf der Bauer seinen Kober eröffnet, und zur Antwort gegeben hatte / welcher gestalt er das Glück zu diesem Schatze gehabt hätte. Allein der gute Bauer, ob er gleich Glück zum Finden gehabt hatte, so war er [7] doch unglücklich im Handel; Denn ob er gleich auf seine Seele schwur / der Koth wäre unverfälscht, und hätte er selbst gesehen, daß ihn der Teufel gehofiret hätte, so sagte doch der Apothecker, es wäre kein Teufels-Dreck. Muste derowegen das arme Bäuerlein seinen Unflath wieder heimtragen / und die Heidelbeere waren dadurch auch verderbt und stinckend worden. Auf daß ich aber von der Betrachtung des Teufels-Abbisses mich nicht zu weit abwende, so erachte vor nöthig zu untersuchen, was das Sagen von der Mitternachts-Zeit vor dem St. Johannis-Tage, und die gantzen Wurtzeln des so genannten Teufels-Abbisses in solcher Zeit, und denn die abgebissenen Wurtzeln vor einen Grund haben kan, wie auch endlich, was von der Krafft, die man der unabgebissenen Wurtzel zuschreiben will, zu halten sey? Aus dieser Wunder-Sache aber desto leichter heraus zu kommen, ist vonnöthen, vorhero die Eigenschafft des Teufels erst zu beobachten, als welcher nach dem thörichten Vorgeben derer abergläubischen Haasen-Köpffe die mittlern Wurtzeln von dem Abbiß abfressen soll. In Erwegung nun, daß der Teufel ein Geist ist, der weder Fleisch noch Bein hat, so wird mir ein ieder vernünfftiger Mensch zugestehen müssen, daß er nicht von solchem Geschicke sey / daß er eine eintzige, will geschweigen so viel tausend Millionen Wurtzeln, in einem moment abbeissen solte können. Denn was beist, das muß Zähne haben, die aber dem Teufel / als einem Geist, ermangeln, und ob ich zwar D. Bekkers[8] Meynung nicht beypflichte / als ob der Teufel gar keine Gewalt hätte, in der Welt auf einige Cörper zu würcken / so ist es doch gewiß, daß weil GOtt der Allmächtige der Schöpffer aller Gewächse ist, so lässet er nicht zu, daß sein und unser ärgster Feind, der Teufel, sich so viel heraus nehmen könnte, und das gerinste Pfläntzgen, das GOtt gut erschaffen hat, dem Schöpffer gleichsam zum Hohn, und denen Menschen zum Nachtheil und Schaden, verderben, und zwar also, daß kein eintziger Mensch die Güte geniessen könne, ein solch gut geschaffen Gewächs in seiner geschaffenen Vollkommenheit zu sehen, ausser / wenn es in Mitternacht, vor dem St. Johannis-Tage, ausgegraben würde. Alleine, es fällt das Sagen und närrische Meynung von der Zeit der Mitternacht vor Johannis von sich selbst, in Erwegung, daß der so genannte Teufels-Abbiß auch vor dieser Mitternacht keine volle Wurtzel in der mitten gerade hinunter in die Erde hat, und kan demnach unmöglich in einem Augenblick wachsen, und den andern wieder vergehen; denn das läufft wider die Art der Natur, und auch wider die gesunde Vernunfft, daß eine Wurtzel in einem Augenblick wachsen und auch wieder vergehen kan. Ist demnach die Mitternacht-Zeit nichts anders, als eine Zeit und Gelegenheit / darinnen manchen abergläubischen Haasen-Kopffe die närrischen Träume wachsen, die mehr versprechen und anweisen, als die Natur darreichen kan, sintemahl weder zu solcher Mitternacht-Zeit, noch ein ander [9] mahl, der so genannte Teufels-Abbiß mitten mit einer gerade in die Erde wachsenden langen Wurtzel wird gefunden werden, und so ja auch dergleichen gefunden würde (wie denn selten eine Art von Gewächsen ist, die nicht zu weilen aus ihrer Art und Eigenschafft der Gestalt nach abtreten, und eine fremde Figur vorstellen solte) so würde es doch von keiner andern als der allgemeinen Krafft seyn. Weil der Teufels-Abbiß aber von Natur die Gestalt hat, als ob er in der Mitte unten abgebissen wäre, da es doch nicht abgebissen, sondern abgefaulet ist, denn dieses Gewächs die Eigenschafft hat, daß die Wurtzel stets von unten hinauf faulet und vermodert, hingegen oben gegen das Kraut zu frische Zaseln auf die Seite hinaus wachsen, also ist bey denen unbedachtsamen, abergläubischen Leuten die Meynung entstanden, ob würde der mittlere Sturtzel unter den Neben-Zaseln vom Teufel stets abgebissen, auf daß der Mensch der Wurtzel grosse Krafft nicht theilhafftig werden könne. Und daher ist diesem Gewächs auch der närrische Nahme, Teufels-Abbiß, gegeben worden, da es doch eine offenbare Thorheit ist, die ein Mensch von gesunder Vernunfft billich nicht von sich solte vernehmen lassen. Und ob ich gleich bey diesem Punct noch eines und das andere zum Beweiß der Thorheit anführen könnte, so muß ich doch um beliebiger Kürtze willen abbrechen / weil dieses Capitel ohnedem länger worden, als mein Wille gewesen, und wird gnug seyn, wenn ich nur noch sage:


[10]

Solt in der Johannis-Nacht denn der arge Teufel Nicht so mächtig, als sonst, seyn? ja wohl, ohne Zweifel; Doch ist er so mächtig nicht, daß er könnt abbeissen Eine Wurtzel, weils ihm nicht von GOtt ist geheissen; Auch wär das ein alber Ding, wenn man wolte sagen Ob ließ er sich treiben ab, und weit weg verjagen Mit der Wurtzel, die er doch könnte selber fressen; Drum sinds Lügen, welches kan iedermann ermessen.

Das 2. Capitel
Das 2. Capitel.
Sanct Johannis-Kraut ist von so grosser Krafft / den Teufel und Hexen zu vertreiben / dahero auch der Teufel / aus Boßheit / dieses Krauts Blätter alle mit Nadeln durchsticht.

Weil dieses Vorgeben mit dem vorigen gleiches Schlages ist, so werde ich nicht Ursach haben, solches gar weitläufftig zu untersuchen. Es ist fast iedermann bekannt, daß die Blätter an dem Johannis Kraute, wenn man sie gegen die Sonne oder das Lichte hält, das Ansehen haben, ob wären sie voller kleinen mit Nadeln gestochenen Löchlein. Hiervon aber hat die abergläubische Welt nichts anders ersinnen können, als es müste der Teufel solche Löchlein mit Nadeln also stechen, entweder wegen der gegen dieses Kraut tragenden grossen Feindschafft, oder aus Neid, weil dieses Kraut von so grosser Krafft sey, damit er durch solch Durchstehen dessen Krafft verderben möchte /daß sie denen Menschen nicht zu Nutze käme. Allein, welcher vernünfftiger [11] Mensch kan wohl so tumm seyn / daß er nicht solte begreiffen können, wie dieses Vorgeben nichts, denn eine lautere Phantasie sey? Denn wer solche närrische Gedancken von dem Teufel haben wolte, der müste ihn nicht ansehen als einen Geist, sondern, als ob er ein cörperliches und begreifliches Geschöpffe wäre, welches aber schnurstracks wider die heilige Schrifft streitet. Also kan der Teufel kein Gewächs weder mit Nadeln durchstechen, noch mit Zähnen zerbeissen, sondern muß, wider seinen Willen / alle Geschöpffe GOttes in der Krafft und Güte, als wie sie von GOtt denen Menschen gegönnet werden, unverderbet lassen; und ist diese Meynung von dem Durchstechen derer Blätter des Johannis-Krauts gantz falsch. Auch ist an der Krafft, die die das Johannis-Kraut wider den Teufel oder dessen Gewalt haben soll, im gerinsten nichts; aber die Krafft und Tugend, welche dieses Kraut zu derer Menschen Nützen hat, bleibet ihm / ob gleich die Blätter das Ansehen haben, ob wären sie mit Nadeln gestochen, und ist dieses des Krauts natürliche Gestalt / daß die Blätter solche helle Tüppeln haben, als ob es mit einer Nadel gestochene Löchlein wären. Weil aber die abergläubische Rotte einmahl auf eine so närrische Meynung von diesem Kraute gefallen ist, so bleibet ihr Anhang hinfort noch ferner beständig auf solchen Gedancken, nicht bedenckend, daß dieses Gewächs von Natur nicht anders hervor kömmt. Zu verwundern ist es / daß vor Alters auch wohl gelehrte Leute es mit [12] einem so einfältigen Nahmen benennet haben, als wenn sie es Fugam Dæmonum, zu teutsch, Jage-Teufel und Teufels-Flug betittelt haben, woraus zur Gnüge das Wort des Psalmisten wahr gemacht wird: Grosse Leute fehlen auch. Ja es hat vor Alters ein vor klug gehaltener / aber in Wahrheit sehr einfältiger Poete folgenden albern Reim hiervon gesetzt:


Dost, Harthan, (ist St. Johannis-Kraut,) und weisse Heyd

Thun dem Teufel vieles Leid.


Aber, das müste ein sehr einfältiger Teufel seyn, der sich durch diese drey Kräuter beleidigen liesse, ja ich hielte vor klüger / wann, an statt, thun dem Teufel vieles Leid, wäre gesetzt worden: Macht dem Teufel manche Freud; Denn der Teufel freuet sich, daß durch diese und dergleichen Dinge mehr so viel Leute in Aberglauben verwickelt, und in seinen Dienst gebracht werden. Ist demnach einem verständigen Leser genug gesagt, daß das Harthau oder Johannis-Kraut im geringsten nichts wider des Teufels Gewalt taug, vielweniger, daß der Teufel um deswillen solches Kraut zu verderben, oder mit Nadeln zu durchstechen mächtig sey.


Manch dummer Mensch ersinnt viel albre närrsche Sachen, Worüber gegentheils ein Witziger muß lachen. Wie solt ein böser Geist ein Kraut mit Nadeln stechen, Als welcher ja nicht kan ein Hälmgen Stroh zerbrechen, Wenns GOtt ihm nicht befiehlt, und aus Erheblichkeit Ihm irgend lässet zu? Drum ist es nur Thorheit.

Das 3. Capitel
[13] Das 3. Capitel.
Wenn eines in einem Hause oder mogiament stirbt /so sollen alsobald die Fenster aufgemacht werden /auf daß die Seele kan hinaus fahren.

Weil diese Sache so gar klug und vorsichtig ersonnen ist, so will vonnöthen seyn, daß ich meine Frage, die ich deswegen thun will, desto alberer anstelle, auf daß die Krümme in die Beuge kömmt, und das Werck, wegen gar zu grosser Klugheit, bey einfältigen Leuten nicht irgend unvernehmlich fallen möchte, zumahl bey solchen, die noch nicht wissen, was weit und enge, dicke oder dünne, klein oder groß ist. Frage demnach billig: Wie es alsdenn gehalten wird, wenn der Verstorbene ein grosser, dicker, vierschrötiger Bauer gewesen ist, und die Fenstergen sind so kleine, daß die grosse Seele keinen Raum findet / dadurch zu fahren, darinnen sie könte hangen bleiben, oder sich an die Nase stossen? Wäre dahero, meines Erachtens, ja besser / daß man die Fenster, mit samt denen Rähmen, aushübe, am allerbesten und sichersten aber / daß man gar eine Wand einrisse, so könte die liebe Seele mit Wagen und Pferden hinaus fahren. Hierauf wird mir ohne Zweifel das gantze Collegium Philosophiæ Colus antworten: Alberer Mann! die Seele braucht so grossen Raum nicht, und kan gar leichte hindurch kommen; denn ein Geist braucht zum Durchzuge [14] eben keinen grossen Thor-Weg. Gut! Wenn das die Antwort auf meine einfältige Frage ist, wie ich vermeyne, daß sie es seyn wird, so werde ich nicht irren, wenn ich sage, daß / so die Seele zu ihrer Ausfahrt keinen grossen Raum braucht oder vonnöthen hat, so braucht sie auch keinen kleinen; Also braucht sie gar keinen Raum. Kan derohalben das Fenster um der Seelen willen wohl zubleiben. Und so die Seele ein Geist ist, wie man sagt, und wie sie auch in Wahrheit ist, so hoffe ich, man wird mir auch zugestehen müssen, daß ein Geist ein solch subtiles und unbegreifliches Wesen sey, daß schwerlich etwas wird ersonnen werden können, welches unbegreiflicher wäre, man wolte denn den unerschaffenen Geist, welcher alles in allen ist, nehmlich GOtt selbst, verstehen. Bey so gestalten Sachen nun thue ich noch eine Frage, nehmlich: Wenn einer in einem verschlossenen Gemach sitzet, wie er denn mit seinen Gedancken kan heraus kommen, daß er nicht zum wenigsten ein Fenster darzu aufmache, dadurch die Gedancken hinaus wandern? Ich kan mir zwar leichte einbilden, daß man mir ohngefehr hierauf diese Antwort geben wird: Meine Frage wäre abermahls gar zu alber und abgeschmackt, sintemahl ein grosser Unterscheid unter einer Seelen oder Geiste, und unter denen Gedancken wäre, denn es könte einer e.g. in Hamburg seyn, und in einem Augenblick nach Constantinopel dencken; aber ein Geist könte nicht in einem Augenblick von Hamburg nach Constantinopel kommen. Auf diesen [15] Einwurff will ich zwar nichts sagen, sondern habe hierbey meine ungebundene Meynung, und lasse einem andern auch seinen Willen und Gedancken; Jedoch gebe ich nur zu bedencken, ob denn ein Geist oder die Seele cörperlicher und unbegreiflicher sey, als die Gedancken, die eine Frucht der Seelen sind? Was vom Geist gebohren ist, das ist Geist. Kurtz / um der ausfahrenden Seelen willen darff man kein Fenster eröffnen, wenn man nicht vor einen einfältigen albern Geck will gehalten seyn. Es thut sich aber noch etwas anders hervor, wodurch die Eröffnung der Fenster will beschöniget werden, nehmlich: Man sagt, daß von einem Krancken bey dem Tode / oder bey der Scheidung Leibes und der Seelen, zugleich die malignität von der Kranckheit hefftiger, als sonst, evaporirte; und damit solche desto freyere Lufft hätte zu verfliegen, würde um deswillen ein Fenster aufgemacht. Wider die Beschönigung will ich zwar nichts einwenden, weil es nicht mit unter die Aberglauben zu rechnen ist, und ich auch nur mich mit meinem Widersprechen in einen weitläufftigen Disputat mit manchen vornehmen Männern würde einlassen müssen. Jedoch, so iemand wäre, der Lust zu zancken hätte, würde ich mich nicht scheuen, zur Gnüge ihm zu erweisen, daß die Eröffnung der Fenster auch in diesem Fall gantz und gar unnütze, und theils noch schädlich wäre.


[16]

Kan ein verklärter Leib durch Wand und Mauern gehen, So darff auch vor die Seel kein Fenster offen stehen. Sie findet wohl den Weg, dahin sie ist bestimmet, Wenn in ihr nur der Glaub an JEsum hat geglimmet, Da sie im Leib noch war; So kriegt sie bald Geferten, Wenn sie die Engel schnell in Himmel tragen werden.

Das 4. Capitel
Das 4. Capitel.
Wenn ein Kind soll fromm werden / so muß es die Pathe / oder das Weib / das es von der Tauffe aus der Kirche in das Hauß oder Wochen-Stube bringet /alsbald unter den Tisch legen / und der Vater muß es wieder hervor nehmen / und der Mutter geben / so wird es ein fromm Kind.

Das scheinet gar ein schönes Kunst-Stücklein zu seyn, fromme Kinder zu machen; weil aber nicht probatum est dabey stehet, so besorge ich noch / es dürffte in der Probe nicht bestehen. Auch kömmt mir die Sache etwas zweifelhafftig vor, weil der Vater soll das Kind wieder unter dem Tisch hervornehmen / da doch manche Wöchnerin (die ehrlichen Weiber ausgenommen) selbst nicht einmahl weiß, wer ihres Kindes Vater ist. Es heißt zwar allezeit der Wöchnerin ihr Ehemann des Kindes Vater, allein offtmahls verdient er diesen Titul nicht, weil er manchmahl, will nicht sagen wissendlich, mit Neben-Buhlern haußgehalten hat. Und solche Gümpel sind hernach am allerwilligsten, das unter dem Tische liegende Kind hervorzuziehen, und vor ihr eignes [17] auf- und anzunehmen, haben auch noch wohl grosse Freude darüber, wenn ein alt Weib auf der Seiten stehet, und spricht: Das Kind sehe aus, als ob es ihme, dem so genannten Herrn Vater, aus den Augen geschnitten wäre. Ja wohl, alberer Schöps! ist dirs aus den Augen geschnitten, darüber du bald gar um dein Auge hättest kommen können, denn dein Weib hat dich offt blind gezaubert /daß du nicht hast gesehen, was für Helffer und Mit-Arbeiter du gehabt hast. Es werden mich hoffendlich meine Gedancken nicht betrügen, wenn ich argwöhne, daß die Gauckeley, welche hier mit dem Kinde vorgenommen wird, nicht so wohl geschicht, um hierdurch das Kind fromm zu machen, als vielmehr hiermit zu probiren, ob auch der Mann so ein alberer Weiber-Narr seyn, und das unter dem Tisch gelegte Kind hervor langen werde. Da denn / wenn dieses geschicht, zur Gnüge erhellet, daß ein solcher einfältiger Schöps sich noch in andern Dingen mehr dem Willen seiner lieben Frauen unterwerffen werde. Denn ich kan zum wenigsten nicht begreiffen, wie durch solche Ceremonien dem Kinde einige Frömmigkeit zuwachsen könne, sondern halte gäntzlich davor, daß es blosse abergläubische Hülpers Griffe derer losen Weiber seyn. Drüm frage ich euch abergläubischen Weiber:


Liegt denn die Frömmigkeit unter dem Tisch verwahret, Daß ihr so wunderlich mit euern Kind gepahret, Als ob es unterm Tisch dieselbige solt' finden; Ich kan die Narrethey in Wahrheit nicht ergründen. Und ist ein solcher Mann, der eurer Thorheit glaubet, Ein ärgrer Narr als ihr, und des Verstands beraubet.

Das 5. Capitel
[18] Das 5. Capitel.
In welchem Jahre keine Eißfarth wird / in solchem geräth die Gerste nicht wohl.

Dieses ist also zu verstehen, wenn nemlich im Früh-Jahre Thau-Wetter einfället, davon die Flüsse und Wasser-Ströme aufbrechen und die Eyß-Schollen häuffig daher schwimmen, solches nennet man insgemein eine Eißfarth. Wenn aber das Wetter so beschaffen ist, daß es nur successive thauet / und das Eyß auf denen gefrornen Strömen allsachte hinweg gehet, daß keine grosse Stücken auf denen Strömen treiben, so heist es keine Eyßfarth, und soll also bey solcher Bewandniß (dem abergläubischen Fürgeben nach) selbiges Jahr die Gerste verderben. Allein, ich kan nicht begreiffen, was die Eyßfarth mit dem Wachsthum der Gerste vor Verwandschafft haben solle? Denn obgleich einige wolten einwenden, als ob es gar vernünfftig und natürlicher weise könte behauptet werden, in Ansehung des Gewitters, wenn nemlich auf langen harten Frost ein schnelles Thau-Wetter einfiele, und eine Eißfarth machte, so wäre es der Gersten-Saat zuträglicher, als wenn es lange des Nachts scharff gefröhre, und hingegen des Tages, wegen der schon hochgestiegenen Sonne, thauete, dadurch nach und nach das Eyß vergienge / und keine Eyßfarth werden könte, welche Witterung der Gerste nicht wohl zu statten käme, und was dergleichen Vorgeben [19] mehr seyn möchte; so scheinet dieses alles doch schlechten Beweiß abzugeben, und kan ich mich dieses keinesweges bereden lassen, weil die Eyßfahrten nicht allemahl zu einer Zeit im Jahre geschehen / sondern manchmahl früh im Jahre, zuweilen auch langsam,item, zuweilen gefriert es nach geschehener Eyßfahrt noch hefftig und lange / zuweilen bleibet auch wohl der Winter nach der Eyßfahrt gar aussen / und lässet sich zu einem beständigen Frühlings-Wetter an / welche Veränderungen ja sicherlich nicht einerley effectuiren können. Uber dieses, so habe ich aus der Erfahrung, daß gar nichts auf dieses Fürgeben zu trauen sey, weil manch Jahr, da keine Eyßfahrt gewesen ist, dennoch die Gerste wohl gerathen; hingegen, wenn starcke Eyßfarthen gewesen, die Gerste verdorben ist, welches eine Sonnen-klare Widerlegung dieses Aberglaubens ist. Also ist und bleibet es ein Aberglaube, ohnerachtet mancher die Sache also vorzustellen sich bemühet, und erweisen will, ob hätte alles um der Witterung willen seine natürlichen Ursachen.


Die Erfahrung hat bißher sattsam uns gelehret, Daß die Zeiten mit der Zeit ziemlich sind verkehret, Drum ob gleich auch olim hätt etwas eingetroffen, So darff man doch itzt nicht mehr solche Dinge hoffen. Zu dem, so ists Phantasie, worauf nichts zu halten. GOtt ists, der uns Früchte giebt, drüm laßt den nur walten.

Das 6. Capitel
Das 6. Capitel.
Wenn an einem Orte ein Wehr in einen [20] Strohm gebauet wird / so regnet es nicht in selbigen Lande /biß das Wehr fertig ist.

Ob gleich theils vernünfftige Leute sich kaum einbilden können, daß es unter denen Menschen so gar verruckte, und der gesunden Vernunfft ermangelnde Narren gäbe, die solch gar zu abgeschmackt thöricht Zeug fürgeben könten / so kan ich doch selbst bezeugen, daß ich in eben diesem itzt vorhabenden Punct wohl ehemahls mich mit solchen Leuten gezancket habe, welche doch vor klug und verständig haben wollen angesehen seyn, und haben wohl ihre Seele bey tausend Teufelholen zu verschweren sich vermessendlich unterstanden, daß es so lange nicht regnen könte, wenn ein Wehr gebauet würde, als biß es fertig wäre. Woher nun diese Thorheit ihren Ursprung genommen haben mag, kan man leicht erachten: Wenn man Wasser-Gebäude, und sonderlich Wehre bauen will, so muß man die Zeit und Gelegenheit in acht nehmen, wenn die Ströme klein sind, und gut trocken Wetter ist vorher aber muß man alles, das zum Bau gehöret, im Vorrath halten und anschaffen /und wenn man die Arbeit im Wasser anfänget, muß man so viel Arbeiter darzu anlegen, daß sie aufs allerschleunigste mit dem Bau fertig werden, weil noch das Wetter gut bleibet, u. ehe Regenwetter einfället, und die Arbeit verhindert, oder ein groß Wasser das angefangene Werck vor der Endigung wieder übern Hauffen reißt. Da nun gemeiniglich [21] von Klugen und Bau-Verständigen dieses genau observiret wird, daß solcher Bau (wenn das Glück gut ist) vor einfallenden Regen zur perfection kömmt, so sind einige Aberglauben- liebende Phantasten auf die närrischen Gedancken gerathen, als ob es nicht ehe regnen könte, wenn ein Wehr gebauet würde, als biß solcher Bau fertig wäre; Und was alsdenn solche Leute einmahl sich in ihr Haasen-Gehirn imprimiren, das lassen sie sich hernach auch nicht ausreden. Sonderlich aber sind diejenigen am allereiferigsten in solcher abergläubischen Religion, welche die Sache nur von Hören-sagen haben, oder in der Narren-Philosophie informiret sind, die schweren denn Stein und Bein, es sey die Sache gewiß wahr, und wenn ein anderer ihnen opponiret, mit dem zancken sie sich wohl biß aufs Schlagen. Auf daß aber dieses ietzt vorhabenden Puncts halber ins künfftige kein Zanck mehr, viel weniger gar ein kleines Blutvergisssen oder Schlägerey entstehen möge, so will ich einen jedweden, der noch in solcher närrischen Meynung ersoffen ist, zu denen alten, erfahrnen und verständigen Zimmerleuten gewiesen haben, die werden zur Gnüge bezeugen, daß sie mehrmahls, durch eingefallen Regen-Wetter, an Bauung ein- und andern Wehres sind verhindert worden, welches hoffentlich Beweiß gnug seyn wird / daß dieser Glaubens-Punct mit Recht eine Stelle unter den gestriegelten Aberglauben bekommen hat.


Wer klug ist / schickt sich in die Zeit, Und ist stets fertig und bereit, [22] Daß er mit allen richtig sey, Wenn die Beqvemlichkeit vorbey. Bey grossen Regn und Wasserfluth Baut sichs in Flüssen gar nicht gut, Drum baut der wohl und mit Bedacht; Der Zeit und Wetter nimmt in acht.

Das 7. Capitel
Das 7. Capitel.
Daß eine Ganß / wenn sie weg läufft / müsse wieder kommen / soll man sie folgender massen einsegnen: Man stecke sie drey mahl durch die Beine / und käue drey Bissen Brod / gebe solches der Ganß zu fressen /und spreche: So lauff hin in GOttes Nahmen / so bleibt sie nicht aussen / wenn sie weg läufft.

Diese Art, das Vieh ein zusegnen, daß es nicht aussen bleibe, wenn es weg läufft, habe ich schon mehrmahl gesehen, und sonderlich erinnere ich mich, daß ich einmahl ein Paar Tauben kauffte, die ich wolte ausfliegen lassen, aber weil ich besorgte, sie würden nicht wieder kommen, gab mir das Weib, die mir die Tauben verkauffte, den Rath, ich solte sie folgender massen einsegnen nehmlich: Ich solte die Tauben 3. mahl durch die Beine stecken, und sagen: Bleibt fein daheime, – – – (den andern Vers verbietet die Erbarkeit zu melden) und alsdenn solte ich aus meinen Hand Becken ihnen die Beine waschen, und also auf den Taubenschlag oder Höler setzen, so kämen sie unfehlbar wieder. Ich stellete aber die Tauben ohne solche Ceremonien ein, und hatte eben auch das Glück / [23] daß sie eingewohnten, und so ich die zauberhaffte Gauckeley hätte vollbracht / so hätte es müssen die Ursach seyn, daß die Tauben geblieben wären. Gleiche Bewandniß hat der Teufels-Gebrauch mit den Einsegnen derer Gänse und andern Vieh. Wer diese Teuffeley practiciret, dem kommen seine Gänse wieder heim, wenn er sie auslässet, u. wer dieses nichtpracticiret, dem kommen sie auch wieder heim; nun sage mir doch einer, was denn wohl das Einsegnen hilfft, da auf beyderley Wege einerley erfolget? Soll man demnach diejenige Leute nicht vor toll und thörigte Narren achten, welche solche alberne Chosen vornehmen? Soll man sie nicht vor rechte Gotteslästerer halten, weil sie bey solchen Einsegnen nicht allein nur schlechter dings den Nahmen GOttes, sondern gewöhnlicher massen die Nahmen GOttes, sondern gewöhnlicher massen die Nahmen der drey Personen der heil. dreyeinigen Gottheit höchststraffbar zu mißbrauchen pflegen. Die Gänse, ohnerachtet sie von männiglich vor gar alberne Thiere gehalten werden, kan ich doch, mit gewisser Bedingung noch vor klüger achten, als solche unvernünfftige Menschen, welche die Gänse zum Bleiben oder Wieder heimkommen einsegnen wollen. Denn wenn die Gänse zwey oder drey mahl von dem Hirten aus- und eingetrieben worden sind, so darff sie hernach derselbe nicht mehr heim treiben, sondern sie werden die Gasse und das Hauß, darein sie gehören, perfecter finden als manch Mensch, ob sie gleich nimmermehr auf solche albere Hexen-Art sind eingesegnet worden, und dieses thun auch die Schweine und ander dergleichen [24] Vieh, ohne Einsegnen. Wenn aber eine Ganß oder ander Thier von iemanden eingefangen und eingesperret würde, so würde es auch auf ein hundertfaches Einsegnen nicht wieder an seinen gehörigen Ort kommen. Woraus ja gnugsam zu ersehen, daß das verfluchte Einsegnen nichts ist, als ein blosser Teufels-Dienst, und dennoch wollen sich viele gottlose Weiber nicht davon abrathen lassen. Wenn bey dem Gänse-Einsegnen nicht der heilige Nahme GOttes gemißbrauchet würde, so wolte ich zwar die übrigen Ceremonien, als einen Spaß, passiren lassen; Denn daß weiß ich wohl / daß, wenn man die Gänse zwischen die Beine steckt, solche gemeiniglich hernach nicht mehr weglauffen, denn man setzt ihnen gern das Schlacht-Messer an den Halß, da kan es denn nicht fehlen, daß sie bleiben müssen. Es bleibet aber dabey:


Gauckeln, Zaubern, Gänse segnen, Nicht gern iederman begegnen, Geister bannen, Schätze graben, Heiligthümer bey sich haben, Zum festmachen Schrifft verschlucken, Und in die Crystallen gucken, Feur Versprechen, Tage Wählen, Und der Vögel Schreyen zählen, Alraunmänngen fleißig pflegen, Holtz ins Wochen Bette legen, Hände-Schauen und Wahrsagen, Characteres bey sich tragen / Solche Stückgen allzusammen, Ja ein iedes kan verdammen.

Das 8. Capitel
[25] Das 8. Capitel.
Vor das kalte Fieber soll der Patient in währendenParoxysmo, wenn er irgend vor Mattigkeit nicht gehen kan / an ein fliessend Wasser krichen / eine Hand voll Saltz nehmen / und dieses ins Wasser /dem Flusse nach / streuen / und sagen: Ich säe meinen Saamen in GOttes Nahmen / wenn dieser Saamen wird aufgehen / so will ich mein Kaltes wieder sehen /das zahl ich dir zur Buß / im Nahmen GOttes des V.S. und H.G.

Eine nachdrückliche Cur vors Fieber! Und mag sichs der Mühe verlohnen oder nicht, so will ich diese Sache von Anfang biß zu Ende in möglichster Kürtze durchgehen. Anlangend demnach das Krichen des Patientens an ein fliessend Wasser, so ists eine offenbare Narrheit, denn wenn der Patiente so schwach ist, daß er nicht geben kan, so will ich mein Leben verwetten, daß er vielweniger wird krichen können, weil bekannter massen einem gesunden Menschen das Krichen viel beschwerlicher ankommen wird, als das Gehen, will geschweigen einem Krancken; Wer demnach nicht geben kan / muß diese Cur einstellen / weil er gewiß desto weniger wird können krichen. Daß es an ein fliessend und nicht stehend Wasser soll geschehen, hat auch seine Ursach, und soll ohne Zweifel die Kranckheit dahin gehen, als wie das Wasser [26] in Strom, ja wenn so wohl die Kranckheit, als wie das Saltz könte in Strom geworffen werden / wolte ichs glauben / daß es angienge, aber so kan ichs nicht glauben. Es darff nichts anders gesäet werden als Saltz, und zwar von dem Patienten selber. Warum dieses geschicht, kan ich mir leicht einbilden, nemlich: Erstlich soll der Patient das Saltz in der Hand tragen, weil denn aber in denen Händen das Fieber sich am meisten zu äussern pfleget, so bildet man sich vielleicht ein, es soll sich aus der Hand das Fieber ins Saltz ziehen / und also mit hinweg geworffen werden; alleine es ist diese transplantation gar alber ausgesonnen. Saltz ist eine Materie, die alsobald im Wasser zerfliesset, und gleichsam zu einem Nichts wird, also soll das Fieber, nach der Einbildung derer Abergläubischen Narren, mit dem Saltze auch vergehen und zu nichts werden. Aber ein anders ist Saltz, ein anders eine Kranckheit, und kan ohnmöglich eines wie das andere weggeworffen werden. Auf daß aber die Narrethey recht scheinbar, ja vielmehr verdammlich heraus komme, so dürffen nicht alleine die schon bemeldten Ceremonien vorgenommen werden, sondern es muß ein sonderbarer Segen darzu gesprochen, und die Sache in GOttes Nahmen angefangen, und im Nahmen der Heil. Dreyfaltigkeit beschlossen werden, welches alles bey dem gemeinen Manne nicht allein als gar was Gutes, und als eine wohl zugelassene Verrichtung angesehen und gehalten wird, sondern sie erkennen es auch vor ein nothwendiges Werck, als wodurch die erste Handlung [27] (nemlich das von dem Patienten selbst verrichtete Saltz-Säen in fliessend Wasser) gleichsam die Krafft oder das Leben und rechte Würckung erlange. Aber, wenn dieses nicht wieder das andere Gebot GOttes gesündiget heißt / so weiß ich nicht, ob mir in meiner Jugend recht sey gelehrt worden, was das sey, den Nahmen GOttes mißbrauchen? Denn ob gleich niemand unrecht thut der seinen Saamen in GOttes Nahmen ausstreuet / auf daß GOtt sein Gedeyen darzu geben, dessen Wachsthum befördern, und vor allen Schaden behüten wolle; So ist doch hier bey diesen zauberhafften Säen keine intention, daß das, was gesäet wird, aufgehen und wachsen soll, sondern es soll vergehen und verderben. Ergò ists ein Mißbrauch und ein Gespötte, daß man sagt: Ich säe meinen Saamen in GOttes Nahmen. Die fernen Worte sind von gleicher Beschaffenheit, denn was in Nahmen GOttes des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes gethan wird, muß von Rechts wegen eine gebührliche, zuläßige und ordentliche Verrichtung seyn. Diese Handlung aber ist ungebührlich, weil sie redlichen Christen zu verrichten nicht geziemet. Sie ist unzuläßig, weil sie wider GOttes Gebot laufft; unordentlich, weil GOtt den Artzt und Artzney wider die Kranckheiten erschaffen und verordnet, diese Gauckelpossen aber gäntzlich verboten hat. Mit diesen allen werde ich hoffendlich zur Gnüge, wiewohl in möglichster Kürtze, erwiesen haben, daß diese Fieber-Cur närrisch, ungebührlich und auch unnütze sey.


[28]

Ein Fuchs-Peltz und ein warmer Hut, Sind beyde für das Kalte gut. Wilt du nicht brauchen diese zwey, So brauche reckte Artzeney, Denn all solch närrisch Gauckelspiel Das hilfft dich nichts und schad't doch viel, Und wirst dafür in dem Gewissen Den Grauß und Schauer fühlen müssen.

Das 9. Capitel
Das 9. Capitel.
Wer im Frühlinge den Guckguck zum ersten mahl schreyen höret / der soll den Guckguck fragen: Guckguck / Becken-Knecht / sag mir recht / wie viel Jahr ich leben soll? Alsdenn muß man Acht haben /so viel mahl / als der Guckuck schreyet / so viel Jahr soll einer noch leben.

Ohnerachtet diese Narrethey von denen meisten verständigen Leuten aus Spaß getrieben wird, so weiß ich dennoch auch Narren, welche behaupten wollen, es träffe gantz gewiß ein. Wie gewiß es aber eintrifft, ist daraus abzunehmen, wenn mancher vorm Jahre gefraget hat, wie viel Jahr er leben soll, und der Guckuck hat zwey- oder drey mahl geschryen, so ist die Meynung gewesen / daß man nur noch so viel Jahr zu leben habe; Wenn nun dieser in diesem jetzigen Jahre den Guckuck wieder gefraget hat, und der Guckuck hat funffzehen- oder zwantzig mahl geschryen, so ist das jährige Prognosticon aufgehoben / und muß das heurige wahr seyn; solte er aber künfftig den Guckuck noch einmahl fragen / [29] und derselbe schrye vier oder fünff mahl, so zweifle ich nicht, es würde heissen: Es ist nicht recht, denn er hat vorm Jahre funffzehen mahl geschryen, das vorige muß wohl eher eintreffen, als das ietzige. Also prognosticiret sich mancher Narr selbst, was ihm gefället, und hält dennoch den Guckuck vor seinen Propheten. Solte an dem Guckucks-Geschrey etwas wahr seyn / so müßte einer Person, der vor dreyen Jahren der Guckguck neun mahl geschryen hatte, dieser vor zwey Jahren ihr acht mahl, und vorm Jahre sieben mahl, heuer aber sechs mahl geschryen haben. Alleine, ich will den loben, der mir mit Grund der Wahrheit und gutem Gewissen wird erweisen, daß dergleichen einem Menschen wiederfahren sey; So nun aber dieses nicht ist, warum ist mancher denn so unbesonnen, und achtet so viel auf solche Kinder-Possen? Woher will doch der Guckuck aller Menschen Todes- oder Sterbens-Zeit errathen? Denn obgleich einige an statt des Teufels pflegen den Guckuck zu nennen, und man hier vorgeben wolte /der Teufel sey es, der die sterbende Zeit durch das Geschrey des Guckgucks anzeigete, so weiß ja der Teufel so wenig des Menschen Ende / als der Mensch selber. Bleibet demnach dieser Punckt wohl unter denen stehen, welche von losen Leuten, die auf Vogel-Geschrey achten, handeln. Hierbey kan ich nicht ungemeldet lassen, weswegen die Frage an den Guckguck also geschicht, daß man ihn nennet Guckguck, Becken Knecht? Das geschiehet darum, weil die alten Rocken-Weiber fabuliren, es sey [30] der Guckguck ein Becken-Knecht gewesen, welcher in theurer Zeit denen armen Leuten hätte von ihren Teige gestohlen, und wenn GOtt den Teig im Ofen geseegnet hätte, so hätte der Becken-Knecht vor dem Ofen gestanden, den Teig wieder heraus gezogen, und bezupfft, und hätte allezeit, wenn er den Teig im Ofen angesehen, gesagt: Guckguck! Worauf ihn GOtt gestrafft hätte, daß er zu einen Raub-Vogel worden wäre, welcher nicht anders, als Guckguck! schreyen könte. Und dieses wäre also der Ursprung des kleinen Sperbers oder Guckgucks; Aber so wahr als es ist, daß die Schmerl eine Jungfrau, der Kaulkropff ein Doctor Medicinæ, und der Weltz ein Ambtmann gewesen ist, so wahr ist auch das Mährlein vom Becken-Knecht und Guckguck.


Was weiß der Guckuck wohl von unsern letzten Ende? Da er ja selber nicht weiß, wie schnell und behende Ihn treffe ein Geschoß, davon er sterben müsse, Und er fall todt herab für seines Feindes Füsse. Drum, weil er niemanden kan einge Nachricht geben, So fragt man ihn umsonst, wie lang man noch soll leben.

Das 10. Capitel
Das 10. Capitel.
Wenn eine ledige Weibs Person das Angebrannte vom Brey aus denen Töpffen isset / so regnet es auf ihrer Hochzeit / und so es regnet / so werden die neuen Ehe-Leute reich.

Da siehet man, wie gütig der Himmel gegen das liebe Frauenzimmer ist. Denn ohnerachtet [31] die Jungfer Braut gleich sechs / acht oder mehr Jahre vor ihrer Hochzeit vom Angebrandten gessen, so will derselbe doch noch am Tage der Hochzeit mit einem gnädigen Regen den in der Braut befindlichen Brand ablöschen, und aus ihr hinweg schwemmen, aus daß ja der Herr Bräutigam nicht irgend eine angebrannte oder nach Brand riechende Braut ins Bette bekommen möge. Dem ohnerachtet, so sehen die Jungfern doch nicht gern, wenn es an ihren Hochzeit-Tage regnet; Warum? Der Bräutigam möchte daher in Argwohn gerathen, als ob seine Jungfer Braut eine gute Näscherin oder Topff-Leckerin wäre, die auch nicht einmahl das Angebrannte in denen Brey-Töpffen unbenaschet lassen könte. Und dieses lassen sich die guten Jungfern nicht gerne nachreden / ob sie auch gleich noch so gern naschen, sondern sie wollen immer mehr Lob haben, als sie verdienen / und solte es auch zu ihren eigenen Schaden geschehen. Denn in Erwegung, daß die Philosophischen Weiber dafür halten, wenn es am Hochzeit-Tage regnete, so würden die neuen Ehe-Leute reich werden, so ists der Braut dennoch kein Gefallen, wenn es am Hochzeit-Tage regnet, und will lieber den Reichthum entrathen, als in dem Verdacht seyn, ob wäre sie näschicht. Ich kan die lieben Bräute auch nicht drum verdencken, und wolte ich die guten Dinger gerne aus dem Verdacht der Näscherey setzen, und gleichwohl ihnen auch gerne gönnen, daß sie reich würden, dahero stehe ich nicht unbillig hierbey ein wenig [32] stille, und kraue mich hinter den Ohren, nehme meine Sorgen zusammen, und gedencke mit allem Fleiß auf ein beqvemes Mittel / wie ich auf beyden Seiten, nehmlich bey denen / die das Angebrannte genascht haben, auf derer Hochzeit es regnet, und bey denen, an welcher Hochzeit-Tage schön Wetter ist, die aber hingegen arm werden, möge sattsamen Trost finden. Zwar könte ich am allerleichtesten darzu kommen, wenn ich denen ersten riethe, sie solten es nicht achten, ob es gleich auf ihrer Hochzeit regnete, sondern solten keck und frey bekennen, sie hätten mit allem Vorsatz und Fleiß das Angebrannte vom Brey genaschet, nicht darüm, als ob sie sich darnach gesehnet hätten, sondern aus der Begierde, reich zu werden. Denen andern aber, an welcher Hochzeit schön Wetter wäre, könte ich leichte folgenden Trost geben: Sie hätten den Ruhm, daß sie vergnügsam, sparsam und nicht näschigt wären, und ob gleich das schöne Wetter an ihren Hochzeit-Tage Armuth bedeutete, so würde doch durch die Tugend ihrer Sparsamkeit aller Mangel ersetzet werden; zudem, so wäre der Reichthum dieser Welt vergänglich, und grosser Gefahr unterworffen, und könte ein Armer viel ruhiger schlaffen als ein Reicher, weil dieser immer in Sorgen seyn müßte, daß Diebe über den Mammon kommen möchten; und was ihnen noch mehr zum Trost dienen könte. Allein ich finde gleichwohl noch auf beyden Seiten Schwürigkeit und einiges Mißvergnügen; dahero ich ihnen beyderseits nicht besser und aufrichtiger [33] zu rathen weiß, als daß sie sich alles solchen abergläubischen alten Weiber-Tands entschlagen mögen, und gar nicht glauben, daß auf das Essen des angebrannten Breyes ein nasser Hochzeit-Tag erfolge /noch auf einen schönen Hochzeit-Tag Armuth komme / es wäre denn Sache, daß sie den Regen verblümter Weise verstünden, wenn nehmlich die Braut so näschicht wäre / daß sie an dem Hochzeit-Tage darum gescholten würde, daß sie deswegen zu weinen anfienge, und wolte also die Thränen einen Regen nennen; Oder aber, wenn die Braut nebst der Näscherey auch gerne zechete, daß sie nach eingenommenen vielem Geträncke an ihrer Hochzeit gar das Bette s.v. benetzete. Es sey nun aber, wie ihm sey / so wird mein letzter aufrichtiger Rath wohl der beste bleiben:


Reichthum kömmet nicht vom Regen, Sondern von des Höchsten Seegen. Regen kömmt auch nicht vom Naschen, Wie uns zwar viel alte Taschen Wolln bereden und beschwatzen. Drum mag man die Töpff auskratzen. Kömmet Regen, mag er kommen, Allzeit ist er nütz den Frommen.

Das 11. Capitel
Das 11. Capitel.
Um das auf den Marckt gebrachte Vieh bald zu verkauffen / soll man es mit einer aus der Mitte eines Ameisen-Hauffens gegrabenen schwartzen Kugel räuchern / so will jedermann das Vieh kauffen.

[34] Alle Dinge, die man am wenigsten begreiffen kan, und die sich vom Teufel und seiner Großmutter herschreiben, oder aus Egypten und von denen Herren Ziegeunern ihren Ursprung her haben sollen, die finden gemeiniglich den allermeisten Beyfall, obgleich meistentheils die gantze Kunst von einem einheimischen Betrüger und Spitzbuben sich her deriviret. Dieses ietzt vorhabende rare Pünckt- oder Kunst-Stücklein wird gefunden in einem Drecktätgen, welches betitult wird: Neu-erfundenes Kunst-Büchlein D. Pelins, weyland gewesenen Leib-Medici des Königes in Egypten, etc. Alleine, wenn ich selbige gantzeCharteque ansehe, so bestehet es in erlogenen und aus allerhand Calendern ausgeschmierten und zusammen getragenen nichtswerthen Künsten, von welchen keine wahr ist, iedoch aber geglaubet wird, weil der Titul anweiset, ob wären es Egyptische Künste, und lauter rare Erfindungen. Weil denn nun aber in specie dieser Punct in nichts anders als einem offenbaren Aberglauben bestehet, und keinesweges mit unter andere natürliche Künste zu rechnen ist; so habe ihn mit hierher zu bringen vor dienlich erachtet: Und befinde bey dessen Untersuchung, daß es fast eine dergleichen Materie ist, als wie ich im vorigen 2. Hundert im 1. Capitel schon untersucht habe, wenn nehmlich daselbst gemeldet wird, wie das Bier oder Wein zum Ausschanck geschwinde abgienge, so man höltzerne Laß-Hähne oder Schlänge darzu gebrauchte, die von[35] einer Bircke, welche mitten in einem Ameisen-Haussen wüchse, gedrechselt worden wären. Dahero kommt hier und dort die Sache darauf an, daß die Krafft und Eigenschafft des schleunigen Verkauffs aus dem Ameisen-Hauffen kommen müsse oder solle. Was aber hievon zu halten sey, habt ich in jenem ersten Capitel des vorigen Hundert schon gemeldet. Weil aber hier so wohl die aus dem Ameisen-Hauffen kommende Materie, als auch die damit vor genommenen Ceremonien, wie auch die zu verkauffen habenden Dinge mit jenen nicht überein kommen, und hier an statt des Bircken-Holtzes eine schwartze Kugel aus der Mitten eines Ameisen-Hauffens gesucht, und das zu verkauffen habende Vieh damit geräuchert werden soll, so ist erstlich zu wissen, daß dergleichen Kugel in dem zehenden Ameiß-Hauffen nicht zu finden ist, und so ja endlich eine gefunden wird, so muß sich derjenige, der sie suchet, nur einbilden, daß es eine Kugel, und an der Farbe schwartz wäre. Denn es ist in Wahrheit nichts anders, als ein von unreinem Hartz, welches von denen dabey stehenden Kifern oder Tannen ist abgefallen, zusammen geklebtes Klümpgen Pech, dergleichen die Ameisen in denen hartzigen Wäldern in ihre Hauffen tragen, und, so es reines Hartz ist, von denen einfältigen Leuten vor weissen Weyrauch gebraucht wird. Kan ich derowegen nicht absehen / warum das mit Koth vermischte Hartz dem reinen soll an Kräfften vorgezogen werden, und da es, wie schon gedacht, nichts anders ist, als ein Klümpgen [36] unreines Hartz oder Pech, welches ohngefehr von einem dabey stehenden Hartz-Baume ist in Ameisen-Hauffen gefallen, entweder schon in der Grösse, als wie es gefunden wird / oder aber (welches ich fast eher glaube) sind es kleine Körner gewesen, und von den Ameisen eintzeln zusammen getragen worden, in dem Ameisen-Hauffen aber von der Wärme, die gemeiniglich darinnen ist, also zusammen in einen Klumpen gebacken; wovon soll denn nun die Krafft kommen, solch Wunder zu thun, als in der Uberschrifft dieses Capitels gedacht wird? Thut es das Hartz, so braucht es nicht die Mühe, solches erst aus dem Ameisen-Hauffen zu suchen, weil es ausser diesen häufig zu haben ist; thut es aber der Ameisen-Hauffen, so braucht man nur von diesem etwas auf Kohlen zu werffen. Aber es mag sich die Sache neh men lassen, aus welcher Seiten sie wolle, so wird man lauter Superstitiones finden. Ist demnach dieses ein unzuläßig Werck, und eine abgöttische Gauckeley.


Ein wenig Rauch vom Hartz aus einem Ameißhauffen Soll helffen, daß das Vieh man könne bald verkauffen. Ob ich nun dieses zwar hab hin und her erwogen, So find und glaub ich doch, daß es gantz sey erlogen. Es ist ersonnen Werck, von einem Leut-Betrüger, Wers glaubet, der ist dumm, wers nicht glaubt, der ist klüger.

Das 12. Capitel
Das 12. Capitel.
Wider das Bluten der Wunden und Nasen sollen folgende Worte helffen:
[37]

Sangvis, mane in venis, sicut Christus pro te in pœnis

Sangvis, mane fixus, sicut Christus crucifixus.


Diese Blutstillung wird ohne Zweifel manchmahl von solchen Personē gebraucht, welche weder schreiben noch lesen können / vielweniger wissen, was der eigentliche Verstand dieses Lateinischen Verses sey. Denn ich habe mein Lebtage noch nicht erfahren, daß ein rechtschaffener Medicus, oder sonst ein Christlicher und verständiger Mann, sich solcher ungeziemenden Mittel bedienet hätte. Solche Curen geschehen insgemein nur von solchen Purschen, welche nicht wissen / welcher Teufel sie geschoren hat, oder woher die eingebildete Hülffe komme, sondern sind damit vergnüget, wenn sie nur die Kunst von einem berühmten Scharffrichter / beruffenen Schwartz-Künstler, oder betrüglichen Mönche erhalten haben. Und erinnere ich mich, daß als ich einsmahls in Dreßden eine gefährliche Niederlage hatte, dabey sich ein hefftiges Nasenbluten einfand, welches 3. Tage anhielt, und ein gäntzliches Ansehen des baldigen Todes machte, dahero viel gute Bekannte alles versuchten, was zur Stillung solches Blutflusses dienen solte: Unter diesen war auch ein Bauer-Artzt, welcher sich sehr vermaß / er wolte einem den Kopff abschneiden und doch verschaffen, daß nicht ein Tropffen Blut solte heraus lauffen, und weil dieser mich, guter Bekanntschafft halber, auch besuchte, bot er mir seine Hülffe an, und gab vor, er wolte nichts mehr thun / als mit dem Blute wenig [38] Worte auf Pappier schreiben, und mir solches auf die Stirn kleben, so würde das Bluten in dem Augenblick bestehen. Ob ich nun zwar durchaus nicht trauen wolte, weil dieser Mann in Verdacht war, daß er durch des Satans Hülffe zu curiren pflege, zu dem auch mir diese Art das Blut zu stillen billig verdächtig vorkam, dennoch beredeten mich andere gute Freunde, daß ich es mit der Condition zulassen solte, woferne sonst nichts darbey verdächtiges vorgenommen würde, und er mir die Schrifft zu lesen gäbe, ehe er sie an meine Stirn klebete. Dieses wurde also bewilliget, und schrieb er etliche Buchstaben mit meinem Blute auf ein rein Pappier, und klebte mir es an die Stirn. Es war aber eine Schrifft, welches weder Teutsch noch Lateinisch, Griechisch noch Hebräisch, Welsch noch Spanisch war, ohngefehr eine Bärenhäuterey / als wie das Abracatabra, welches Wort ebenfalls in solchen Phantasien gebraucht wird, ohne zu wissen, was es heist oder bedeutet. Wit was grossem Vermessen nun der Herr Doctor Rusticorum, (wie wohl er bey viel vornehmen Herren auch in grossen Ansehen war) mir Hülffe versprach, so wolte seine Kunst doch an mir nicht Probe halten, sondern bestand mit Schanden, denn dieses wurde des andern Tages versucht, da hingegen das Bluten den dritten Tag noch anhielt. Wie ich aber diesen Bauer-Doctor fragte, was denn die Buchstaben oder Schrifft bedeute, so schwur er hoch und theuer / er wüste es nicht, hätte es aber mehr als 100. [39] mahl probat befunden, und wüste nicht, was die Ursach seyn müste, daß es ietzt bey mir nicht helffen wolte? Also siehet man, was das falsche Vertrauen vermag. Wenn ich nun ansehe den Lateinischen Vers, den ich itzt untersuche, so gehet zwar dessen eigentliche Bedeutung dahin, daß es ist eine gebietende Anrede an das fliessende Blut der Wunden oder Nasen in folgendem Verstande:


In deinen Adern bleib, du Blut,

Wie Christus in seiner Straf thut,

Blut, bleib bestehen steif und hart,

Wie Christus gecreutziget ward.


Allein, wo stehet denn geschrieben, daß man auf solche Art das Blut stillen solle? oder, wer kan mit gutem Gewissen sagen, daß er eine Blutstürtzung mit diesen Worten gestillet habe? Ists irgend einmahl gelungen, daß hierauf das Bluten nachgelassen hat, so ist doch lange nicht erwiesen, daß es hiervon geschehen sey. Denn ohne Zweifel sind vorher viel innerliche und äusserliche Mittel schon versucht worden, die nicht eher ihre Operation gethan haben, als zu der Zeit, da auch solche Pseudo-Medici sind darzu gekommen, welche hernach unverdienter Weise den Ruhm davon getragen haben, als wären sie die Helffer gewesen; denn man pflegt gemeiniglich nicht ehe solche Mittel zu gebrauchen / als biß alle andere Mittel scheinen vergeblich zu seyn, und da man der ordentlichen Mittel ihre Operation nicht erwarten will, wird aus Desperation zu verbothenen Mitteln gegriffen, ist aber weit gefehlet. [40] Denn obgleich der Verstand der Worte scheinet also beschaffen zu seyn, daß man sich dessen ohne Verletzung des Gewissens wohl bedienen könne; so ist es doch offenbar, daß hierdurch GOttes Güte und Langmuth, oder Christi Barmhertzigkeit gemißbraucht wird, wenn man hiermit dem Blute gebieten will, daß es also bestehen bleiben oder mit Lauffen einhalten solle, als wie Christus mit seiner Straffe nicht eilet; qvasi, ob hätte ein solcher liederlicher Lumpenhund, als wie solche Kerls insgemein sind, die dergleichen sich unterstehen, Freyheit und Macht, daß er könne gleichsam in göttlicher Krafft und in Christi Nahmen und Gewalt, dem Blute in denen Adern befehlen, daß es müsse stehen bleiben. Wenn es ferner heißt: Sangvis mane fixus, sicut Christus crucifixus, so ist ja allen Christen bekannt, daß das heilige Blut Christi bey dessen Creutzigung nicht geruhet hat, sondern es ist biß auf den letzten Tropffen für unsere Sünde aus seinem heiligen Leibe geflossen; Wenn nun demnach das Bluten der Nasen oder einer Wunden nach dem Wort-Verstande dieses lateinischen Verses auf solche Weise soll stehen, als wie das Blut Christi bey der Creutzigung, so muß ja der Patiente sich eben auch also, als wie Christus / zu todte verbluten. Wie schöne der Erfinder dieser Kunst also das rechte Fleckgen getroffen habe, kan ein vernünfftiger Christ leicht spüren, wenn er die Sache nur ein wenig Christlich und vernünfftig überlegen will. Uber dieses hat mich ein [41] glaubhaffter und erfahrner Chirurgus berichtet, daß er vor diesen die gefährlichsten Blutstürtzungen zwar auch mit dergleichen Gauckel-Possen gestillet habe, er müßte aber gestehen, daß es niemahls sey glücklich geschehen; denn obgleich das Bluten einmahl habe nachgelassen, so wäre es doch bey erster Aufbindung noch hefftiger gekommen, und wäre hernach weder mit diesem Versprechen, noch mit natürlichen Mitteln zu stillen gewesen / und hätte handgreiflich gespüret, daß GOtt einen grossen Mißfallen an solchem Vornehmen haben müsse, derowegen er sich dergleichen nimmermehr bedienen wolte.Ergò mercke es ein jeder, und bleibe bey denen von GOtt verordneten zuläßigen Mitteln. Der Ehr-lose Mönch, welcher ohne Zweifel diesen lateinischen Vers gemacht hat, mag damit Zweifels frey sein Absehen gehabt haben aus des Propheten Esaiä Worte: Die Straffe liegt auf ihm / auf daß wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilet; Aber wo stehet denn in GOttes Wort geschrieben, daß üm der Wunden Christi willen wir niemahls eine Verwundung an unsern Leibern zu befürchten haben solten, oder das Bluten unserer Nasen und leiblichen Wunden durch das Blutfliessen der Wunden Christi auf eine solche ungewöhnliche Weise solle gestillet werden. Denn


Auf sich hat zwar genommen der HErr Christ unsre Strafe, Und hat gelitten selbst der Hirte für die Schaafe, [42] Doch so, daß er uns heile die Wunden an der Seele, Nicht aber, daß am Leibe uns auch gar nichts nicht fehle. Denn unsre Leibes-Mängel die wollen uns nur sagen, Daß wir noch von der Sünde viel Sckwachheit an uns tragen.

Das 13. Kapitel
Das 13. Kapitel.
Es ist nicht gut / daß man etwas über eine Wiege hinlanget / worinnen ein Kind liegt / oder daß die Wiege offen stehe.

Es wäre dieses nicht mit unter die Aberglauben gerechnet worden, wenn die Weiber eine Ursach anzugeben wüßten, warum es nicht gut sey, wenn man etwas über eine Wiege hinlange; denn wenn ich noch so viele darum frage, so können sie alle nichts mehr zur Antwort geben / als daß sie iederzeit gehöret hätten, es wäre nicht gut. Ich will ihnen aber zu Gefallen die Ursache melden / warum es nicht gut sey, nehmlich darum: Weil die Kinder gewöhnlicher massen auf dem Rücken liegen, und die Gesichter aufwärts kehren, so ist es leicht geschehen, daß, so man etwas über die Wiege hinlanget, und das Kind die Augen offen hat, einem in dem Hinüberlangen etwas entfallen, und dem Kinde ins Gesicht oder gar in die Augen fallen kan. Ingleichen, wenn die Wiege offen stehet, oder das Kind nicht mit der Zudecke verwahret ist / so kan ebenfalls leicht etwas dem Kinde auf den Leib fallen, oder die Fliegen solches beunruhigen / oder es kan das Kind gar aus der Wiegen fallen. Dieses ists also,[43] warüm das, was die Weiber in diesem Punct uns lehren wollen, nicht gut ist. Wenn aber kein Kind in der Wiegen liegt, und man will dennoch diesem Vorgeben Glauben zustellen, so ist es vor nichts anders, als vor einen albernen Aberglauben zu achten; es sey denn Sache / daß man besorget wäre. als ob etwas in die Wiege fiele, daß das Kind stechen oder ihm sonst schädlich seyn könte, wenn es unversehens darauf geleget würde: Solchergestalt wissen doch nun die guten Weiber, wofür sie sorgfältig sind.


Den närrisch ists gethan, nicht wisse, wag man machet; Wenn demnach euer Kind in seiner Wiegen wachet, Mit offnen Augen liege, auch wohl nicht zugedecket, So langt nichts über hin. womit ihr es erschrecket, Sonst aber sckad't es nichts, langt was ihr habt vom nöthen, Daß man nicht sagen darff: Ihr treibet Albertäten.

Das 14. Capitel
Das 14. Capitel.
Diebes-Daumen bey sich getragen / oder zu der zu verkauffen habenden Waare gelegt / macht / daß man gute Nahrung hat / und bald verkaufft.

Abscheulicher kan kaum auf der Welt etwas ersonnen werden, als dieses, und ist bekannt, daß manchem Menschen dermassen vor einen am Galgen hangenden Diebe grauet, daß ihm die Haut schauert, wenn er solchen ansichtig wird; ja ich kenne Personen, welche als sie unwissend vor einem Galgen vorbey gefahren, und ohngefehr aus der Kutschen den am Galgen hangenden armen [44] Sünder erblicket haben, in Ohnmacht gesuncken sind; Diesem aber ohngeachtet, was die Natur würcket, so giebt es doch gegentheils auch solche verwegene und Ehr-lose Leute, welche keinen Abscheu noch Grauen haben, auch gleichsam wider die Natur zu fechten, und bloß dem Teufel zu Dienst, und aus der verdammlichen Begierde, reich zu werden, sich solche Dinge zu Gott erkiesen, worfür dem Teufel selbst grauen möchte; Unter welchen nicht das geringste ist, daß manche gottlose Leute die Daumen von denen am Galgen hangenden Dieben abschneiden, oder vor viel Geld von denen Scharffrichtern und Schindern an sich erhandeln, in der gäntzlichen Beglaubung stehend, daß hierdurch ihr Glück und Nahrung befördert werde. Aber bey solchen Leuten trifft wohl der Spruch recht ein: Die da reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Stricke, und viel thörichter und schädlicher Lüste, welche die Menschen sencken ins Verderben. Denn ausser dem, daß die Natur ohnmöglich bey diesem verfluchten Fürnehmen etwas würcken, oder durch einen Diebs-Daumen gute Nahrung geben kan, fallen solche Leute wahrhafftig in des Teufels Stricke, an welchen sie der Satan, als wie der Polacke einen Tantz-Bär, in allerhand thörichten Lüsten, herum wältzen und tantzen lässet, biß er sie in die Hölle versenckt. Wer wolte demnach nicht billig einen Abscheu haben, sich auf solche Weise zu nehren? Aber leider! giebts solcher Leute genug, die nur wünschen / daß sie einen solchen Nahrungs [45] -Götzen / oder Diebs-Daumen möchten habhafft werden können; Bedrucken aber nicht, daß es ihnen nicht allein an ihrer Nahrung nichts helffen kan, sondern vielmehr daran schädlich ist, wie folgende wahrhafftige Begebenheit genugsam beweiset: Als ich mich vor 14. Jahren in einer gewissen Stadt aufhielt, ließ einer meiner Nachbarn bey einem andern Bier holen; als dessen Tochter aber den letzten Trunck aus dem Kruge thät, bekam sie ein Knöchlein von einem Finger, samt noch ein wenig daran hangenden Fleisch, in den Mund, und alterirte sich hierüber dermassen, daß sie auch in eine schwere Kranckleit fiel. Denn / da ohnedem diejenigen Leute, welche das Bier verzapfften, in dem Verdacht waren, ob hätten sie einen Diebs-Daumen, so wurde gar leicht vermuthet, daß dieses Knöchlein von einem Diebs-Daumen wäre, welchen sie vermuthlich in das Faß gehenget hätten / um das Bier desto geschwinder und glücklicher zu verzapffen, und weil er durch dergleichen öfftern Gebrauch endlich mürbe und weich worden wäre, so sey er Stück-weise vom Bande ab- und in den Grund des Fasses gefallen, und durch den offenen Schlauch mit dem Biere heraus geschossen. Damit ich aber die fernere Begebenheit nicht zu weitläufftig fürstelle / so melde nur so viel, daß dieses verursachete, daß hinfort diesem Bier-Schencken niemand gerne eine Kanne Bier mehr abtrunck, weil jedermann einen Eckel vor dem Diebs-Daumen hatte, und da diese Leute vorher ihre beste Nahrung vom Bier-Schancke[46] Schancke gehabt hatten, musten sie, um angeführter Ursach halber / das Bier-Schencken gar einstellen, und diese gute Nahrung entbehren. Dieses war also die Frucht, die zuletzt der Diebs-Daumen trug; und mag nur ein jedes gewiß gläuben, daß das Ende oder der Ausgang bey solchen Leuten, die dergleichen eingebildete Hülffs-Mittel brauchen, allezeit so verkehrt und armseelig ablauffen werde. Denn dieses scheinet nicht wohl möglich zu seyn, daß GOtt demTeufel seine Gewalt zu einem (auch nur dem Scheine nach) guten Ausgange kommen lasse. Demnach frage ich alle und jede, die iemahls Lust gehabt haben, sich mit dergleichen Dingen zu bereichern, oder noch Appetit kriegen möchten, auf solche Weise ihr Brod zu gewinnen / ob sie denn gar nicht in Bedencken nehmen, daß das Ende, wenn es gut sey, alles vorhergegangene Böse verbessern könne; hingegen, so das Ende schlimm, schimpflich, nahrloß, ja gar zur ewigen Verdammniß ausschlägt / was sie denn damit vor Vortheil suchen, wenn sie sich solcher Dinge, wider ihr gut Gewissen, bedienen, die in keine Wege den allergeringsten Vortheil bringen können? Denn die eingebildete Hülffe kömmt nimmermehr, sondern, wenn ja bey dem Gebrauch eines Diebes-Daumens bey jemanden die Nahrung wächst, so wolte ich viel andere Ursachen melden / woher es komme, wenn ich mich nicht ohnedem in diesem Capitel zu weitläufftig hätte müssen erklären. Wer Vernunfft hat, und ein redlicher Christ ist, deme wird an dem, was gesagt ist, [47] schon genug seyn; wer aber abgöttisch ist, der wird zu seinem Schaden auch zu spät die Reue empfinden.


Wer sich so thöricht lässet traumen, Ob hülffte viel ein Diebes-Daumen Zu werden bald an Nahrung reich, Der glaube doch mit mir zugleich, Daß er in Wahrheit recht sein Glück Nur suchet durch ein Diebes-Stück, Und ihm zuletzt wird Nahrung fehlen, Worauf denn folget Lust zum Stehlen, Daß endlich ihm das böse Glück Zu Lohne bringt den Galgen-Strick.

Das 15. Capitel
Das 15. Capitel.
Wer ein Bund geerbte Schlüssel zu der Zeit an eine Stuben-Thüre wirfft / wenn iemand davor stehet / und einen behorchet / so wird der Horcher sein Lebtage taub bleiben.

Ich will zwar denen das Wort nicht reden, welche das garstige Laster an sich haben, daß sie vor die Thüren und unter die Fenster treten, und die Leute behorchen; sondern gestehe gerne, daß es eine schändliche Art von Leuten sey, die aber insgemein zum Lohn erfahren, was das alte Sprichwort von ihnen saget:


Wer horchet an der Wand,

Der hört sein eigne Schand.


Muß auch wohl zum öfftern denen Wiedertäuffern stille halten, die ihn mit einer übel-riechenden Kammer-Lauge begiessen, und mit einem Dutzend Maulschellen wieder fortschicken. Und [48] dieses ist aller Horcher lhr billiger und rechtmässiger Lohn. Diesem aber ungeachtet, so kan ich hingegen auch diejenigen nicht loben, welche mit ietzt-angeführter Straffe gegen die Horcher sich nicht vergnügen, sondern in der Rachgierigkeit so excessivè verfahren, daß sie denen Horchern ein ewiges Denckmahl anzuhängen trachten, und zwar auf diese Art, als wie in der Uberschrifft dieses Capitels angewiesen wird. Es sollen aber solche allzurachgierige Leute wissen, daß sie erstlich durch dieses Fürnehmen ohnmöglich das jenige nach ihren Wunsch und Vorsatz erreichen werden, was sie hoffen / weil es wider die Natur und gesunde Vernunfft streitet, und ich die Zeit meines Lebens noch nicht einen eintzigen Menschen gesehen habe, der in solcher Begebenheit hätte sein Gehör verlohren. Zum andern, so möchten solche gar zu rachgierige Leute vornehmlich auch bedencken / daß, so ja die Sache nach ihren Wunsch ausschlüge, (welches doch nimmermehr natürlich sich begeben kan) sie hiermit eine solche böse Sache fürnähmen und vollbrächten, welche keinem Heyden, geschweige einem Christen, zu billigen, noch gegen GOtt und den hierdurch beleidigten Nechsten zu verantworten wäre. Wer den Nahmen eines redlichen Christen führen will, der wolle doch bedencken, wie ihm seyn würde, wenn er von dato an biß an sein Ende nicht einen eintzigen Trost-Spruch mehr aus GOttes Wort hören, sondern gantz und gar taub bleiben solte, und das allergeringste nicht mehr in sein Gehör fallen könte? Denn, ob [49] gleich alle fünff Sinne so edel sind, daß ein Mensch, ohne sehr grossen Verlust, keinen dieser entbehren kan, so zweiffle ich doch nicht / es wird mit mir iedermann gleiche Meynung haben, wenn ich sage, so ich Gehör oder Geruch verliehren solte und müste, aber doch dabey die Wahl hätte, welches von beyden ich verlieren wolte, so wolte ich ohne Bedencken lieber den Geruch entbehren, weil das Gehör unter denen fünff Sinnen das vornehmste ist, gleichwie das Gold unter denen Metallen. Wenn nun einer so gottloß handelte, GOtt die Rache nähme, als welchem sie alleine ist und zukömmt, und rächete sich so gewaltig gegen einen andern / der hinter seiner Stuben Thür stünde und horchte, daß er ihn Zeit seines Lebens des Gehöres beraubte, den frage ich, was er wohl meynet, daß ihm der gereckte GOtt dargegen werde wieder vor eine Straffe aufheben? Ich besorge sicherlich, sie würden nicht geringe seyn. Und also wäre es ein unverantwortliches Vornehmen, wenn die Sache warhafftig also erfolgte, wie die Uberschrifft dieses Capituls ausweiset / daß es demnach nothwendig soll unterbleiben; weil es aber in Warheit ein Aberglaube ist, und ohnedem das Vornehmen in effectu nicht operiret, so ist es auch am klügsten, daß solche unchristliche Dinge gar unterbleiben / auf daß GOtt nicht bewegt werde, den bösen Vorsatz, und das unverantwortliche Fürnehmen, ob es gleich nicht zum würcklich effect ausschlägt, ernstlich zu bestraffen.


[50]

Wer sich will and em Horcker rächen, Dem wird man gar nicht unrecht sprechen, Wenn er mit Maulschelln ihn belonet, Auch ihn wohl nicht zu baden schonet Mit einer guten Kammer-Laugen, Und was hierzu sonst möchte taugen. Wer aber sich will unterstehen Noch weiter in der Rach zu gehen, Dem mird man dieses Urtheil sprechen: Daß GOtt es werde wieder rächen.

Das 16. Capitel
Das 16. Capitel.
Am Fastnächte-Dienstage soll man Milch essen / so brennet einen im Sommer die Sonne nicht.

Das ist ein schönes Kunst-Stückgen vor das zarte und delicate Frauenzimmer; und ob es gleich gar wenig kostet, so ist es doch viel Geld werth, weil sie hierdurch verhüten, daß sie hernach im Sommer denen Apotheckern nicht viel Geld vor Schmincke und so genannte Jungfer-Milch zutragen dürffen. Ich kan aber den lieben Leuten auch nicht verhalten, daß sie gleichwohl etwas anders darbey zu befürchten haben, daß sie nehmlich dennoch ihr Geld, so sie in Entrathung der Jungfer-Milch ersparen möchten, denen Apotheckern zu überlassen dürfften genöthiget werden, wenn sie die kalte Milch zur kalten Fastnachts-Zeit / ungewöhnlicher Weise, essen, davon ihnen gantz leichte ein Kneipen und Reissen üm dem Nabel entstehen kan, weswegen sie hernach in die Apothecken schicken, und Mutter-Elixir oder Biehergeil-Tinctur müssen holen lassen. [51] Wollen sie aber einwenden, daß sie die Milch nicht kalt, sondern in Suppen essen; so ist hingegen wieder zu besorgen, daß, so sie an Fastnacht Suppe essen, ihnen hernach die Nasen stets trieffen möchten, wie mit mehrern zu ersehen in dem 80. Capitel des vorigen andern Hundert unserer schönen Aberglauben. Auf daß aber die lieben Kinder, die viel auf Schönheit halten, aller solchen Sorgen möchten befreyet bleiben, so rathe ich ihnen aus guter Freundschafft, daß sie nur alle solche Aberglauben vor verdächtig halten wollen, und lieber gäntzlich verwerffen mögen. Und so ich ihnen recht soll aus dem Traume helffen, und sagen, was es mit diesem ietzt vorhabenden Puncte vor eine Bewandniß habe, so versichere ich sie bey meiner Ehre, daß es keine andere seyn wird, als auf folgende Art: Wer an Fastnacht Milch isset / den brennet im Sommer die Sonne nicht. Das kan freylich nicht fehlen, weil am Fastnacht-Tage nicht Sommer, sondern noch Winter ist, und kan einen zu Winters-Zeit ja die Sonne im Sommer nicht brennen; so wenig, als der wird Fastnacht halten, welcher am St. Johannis-Tage Bratwurst isset.


Das lst ja keine Kunst, wenn man im Winter den Sommer vexiren, Und am Johannis-Fest den Frost und Kälte will nackend praviren, Also ists eben auch, wenn man an Fastnacht deswegen Milch isset, Auf daß die Sonne nicht Sommers-Zeit einen mir Stechen begrüsset.

Das 17. Capitel
[52] Das 17. Capitel.
Wenn eine Braut ins künfftige die Herrschafft über ihren Mann behaupten will / soll sie sich am Tage ihrer Hochzeit in einem Back-Troge anziehen / und an die Kirch-Thüre klopffen.

Ich zweifele nicht, daß, wer diesen Glaubens-Punct liest, und hat vorher noch nichts davon gehöret, der wird sagen, daß, so zu reden, des Teufels seine Groß-Mutter kaum etwas thörichters ersinnen können, als dieses wäre, und wird sich nicht einbilden können, daß sich solch toll Ding iemahls begeben habe, ja ich muß selbst bekennen, daß ich es noch niemahls gehört gehabt; weil mir aber ietzt eben, als ich das vorige Capitel geschloffen, von einem guten Freunde ein Tractätgen zugeschicket worden, welches Herr M. Johann Martin Richter, Archi-Diaconus zu Finsterwalda, vor zweyen Jahren hat heraus gegeben, und betitult: Ungegründete Furcht und Vertrauen der Menschen; oder: Deutliche Fürstellung und Verwerffung des Aberglaubens; In welchem Tractätlein er nach dem Alphabeth viele Aberglauben anführet oder benennet / unter welchen ich denn unterschiedliche finde, die mir noch unbekannt gewesen; mache ich dahero kein Bedencken, etliche davon, welche ich noch nicht in meinem vorigen Numero habe, ietzt mit in das dritte Hundert zu bringen. Wenn mir denn unter andern dieser ietzt vorhabende [53] der allerseltsamste zu seyn deucht, so nehme ich dahero auch solchen zuerst vor mir: Befinde aber stracks Anfangs darbey, daß dieser Aberglauben nicht allem sehr lächerlich und recht thöricht, sondern auch insonderheit sehr sündlich aussiehet; Ich wünsche auch hierbey nichts mehr, als daß ich derer Bräute, die dergleichen practiciren, ihre Rationes hören solte, warüm denn ein Back-Trog solche Krafft haben soll / daß, so sie sich am Hochzeit-Tage darinnen anziehen, sie die Herrschafft über ihre künfftige Männer behaupten mögen. Weil mir aber mein Wunsch ietzt noch nicht wird gewähret werden, als will ich mich ein wenig bemühen, ob ich vielleicht ihre Gedancken einigermassen erforschen kan. Ich finde demnach in dem ersten Anschauen auf dem Back-Troge, daß selbiger oben und unten Beine oder viel eher Hörner hat; was nun aber Hörner insgemein bedeuten, das wird denen / die gelehrter sind als ich, wohl wissend seyn; so viel aber, als ich mich erinnere / so sind jedesmahl in Propheceyungen, Träumen, Gleichniß-Reden, und dergleichen, wenn sie von Hörnern gehandelt, die Hörner an statt der Gewalt und Herrschafft bemeldet und verstanden worden. Dahero zweifele ich nicht / weil solchergestalt der Back Trog ein solcher gewaltiger Kerl im Hause ist, der oben und unten Hörner hat, als vermeynen die Monsieur- seyn-wollende Bräute: Principiis obstare, und nehmen-stracks am ersten Tage Possession in dem am gewaltigsten zu seyn scheinenden Mobili, und ansehnlichsten [54] Haußrathe, nehmlich in dem großbäuchigten Back-Troge, darinnen sitzen sie, als wie der Esel in der Metzen, oder wie der Ober-Steuer-Mann im Schiff, und gedencken damit oben hinaus / aber nirgend anzufahren, und sind nicht, wie St. Petrus,Luc. V. der erst den Befehl erwartete von Christo, ehe er in die Höhe oder ins Meer mit seinem Fischer-Kahne fuhr; Nein, also sind die herrschsichtigen Weiber nicht, sondern sie fahren wider GOttes Ordnung und Befehl stets in die Höhe, über Stock und Stein, Mann und Knecht hin, nur daß sie Herr bleiben /GOtt gebe, sie mögen Fische oder Frösche, Kräten oder Kröten fangen. Ferner, so wissen die herrschsichtigen Damen / daß der Teig, der in denen Back-Trögen gekneten wird, die Art hat, daß, ob er gleich noch so sehr gedruckt und gekneten wird, dennoch immer wieder aufgehet, und sich empor machet; also vermeynen die hochtrabenden Bräute, sie wollen mit solchen Ceremonien in dem Back-Troge die Art des Teiges an sich bekommen, daß, ob sie gleich von Männern, aus grosser Liebe, öfftern gekneten und unterdrückt würden, sie dennoch immer wieder empor kämen, und die Ober-Hand behielten. Mit diesem Hauß-Regiment oder Herrschafft im Hauß-Wesen sind sie aber allein nicht zufrieden, sondern sie klopffen auch an die Kirch-Thüre, damit anzudeuten, daß sie auch, im Fall der Noth, diejenigen zu seyn vermeynen / welche capabel wären, in geistlichen Streitigkeiten die Schwürigkeiten zu entscheiden. Aber, o ihr dumm-kühnen [55] Närrinen! Ich will euch (soferne ich eure Rationes, wie ich hoffe, errathen habe) eure alberne Träume wohl anders auslegen / nehmlich: Der Back-Trog kan euch nichts, als Unterthänigkeit und Gehorsam bedeuten, weil die an beyden Enden hervorragende Spitzen euch nicht so wohl Hörner mögen bedeuten, als vielmehr Beine; die Beine aber können niemahls keine Gewalt noch Herrschafft, wohl aber Unterthänig- und Dienstfertigkeit, oder etwas, das Last träget, bedeuten und anzeigen. Will man die Epitzen des Back-Trogs aber weder vor Hörner noch vor Beine paßiren lassen, so bin ichs auch zufrieden; unterdessen bleiben es doch Handhaben, und der gantze Back-Trog ist zum Dienste da, aber keinesweges zur Herrschafft; der Back-Trog lässet auf sich und in sich drücken und kneten ohne Widersetzen; dahero die Weiber viel eher eine Moral zum Gehorsam gegen die Männer vom Back-Troge machen können. Was noch mehr zu erinnern wäre, muß dißmahl, wegen beliebter Kürtze, versparen, und mag hiermit, was anlanget die gesuchte Herrschafft der Weiber im Hause, genug seyn. Was sie aber mit dem Anklopffen an die Kirch-Thür haben wollen, weiß ich so genau nicht; rathe ihnen aber treulich, sich nicht mehr zu unterstehen, als ihnen zukömmt; sonst dürffte es ihnen gehen, als wie einsmahls, als ein Paar Weiber auf einem Gelag in einen geistlichen Disputat und Zanck geriethen, der gegenüber-sitzende Hr. Schulmeister es ihnen aber mit folgenden Worten [56] verwieß: Sie sollen das Zancken nachlassen, weil sie es doch nicht verstünden. Diese Weiber befanden sich deswegen offendirt, und sagten: Sie hätten die Bibel so wohl gelesen, als er / der Schulmeister. Dieser aber sagte: Wenn sie denn so gelehrt und belesen wären, so solten sie ihm doch sagen, wer denn der Kinder Zebedäi ihr Vater sey gewesen? Die Weiber schlugen einen gantz höhnischen Lach auf, sagende: Der Schulmeister müßte sie doch gar für Ochsen ansehen; sie würden ja das wissen, daß es der Zebedäus gewesen. Der Schulmeister antwortete: Ey nun, so behelfft euch damit, und lasset euch um andre Heiligen ungezanckt. Hieraus sehet ihr hochmüthigen Bräute, was ihr vor einen unbilligen und ungegründeten Vorsatz habt zu einer Herrschafft, die euch nicht zukömmt. Darum besinnet euch eines bessern, und lasset solche Narrethey unterwegens; sonst wird man euch in einem Back-Troge, samt euern Braut-Habit / abschildern, samt der Beyschrifft:


Hier will der alte Sauerteig die Ober-Hand gewissen, Er steiget in die Höh, der Trog ist fast zu klein. Drum wird, wie Butter an der Sonn, derselb gewiß zerrinnen, Es scheinet, daß er woll rein ausgefeget seyn, Seht da! Es ist die Jungfer Braut, die gern will Herre werden, Weil Eva ihr schon längst das hat so angeerbt. Sie bleht sich auf, wie Sauerteig, und zeigen die Geberden, Daß sie mit Prügeln muß recht werden ausgegerbt.

Das 18. Capitel
[57] Das 18. Capitel.
Wenn ein Weib ihr Kind will entwehnen / soll sie es in die Stube setzen / und mit dem Fuß umstossen / so vergiesset es die Mutter desto eher.

Natürlicher scheinet es zwar zu seyn, daß, so einer mit Füssen getreten wird, er deme, der ihn tritt, mit keiner grossen Liebe oder Affection, viel weniger mit grossen Vertrauen, wird zugethan verbleiben; Also vermuthen die Weiber ohne Zweifel, daß ihr Kind, wenn sie es mit dem Fusse umstossen, hier auf alles kindliche Vertrauen, so es zur Mutter gehabt, hinfort vergessen werde, und werde dahero sich auch nicht mehr getrauen, aus der Mutter Brüsten seine Nahrung, als wie vorhin.zu nehmen, oder zu begehren; aber /weil die Kinder, welche von der Brust entwehnet werden, noch lange nicht bey solchem reiffen Verstande sind / daß sie bey dem Umstossen mit dem Fusse der Mutter sich dieses könnten so zu Gemüthe ziehen oder der Sache so weit nachdencken, daß sie um des willen sich nicht mehr getraueten aus der Mutter Brust zu trincken, so glaube ich sicherlich, daß diese närrische Ceremonien vergeblich sind. Wie es denn auch offt die Erfahrung bezeuget, daß solche Kinder, die auf solche Art sind umgestossen worden, dennoch der Mutter Brust lange nicht haben vergessen können, hingegen andere, mit welchen dergleichen Possen nicht ist vorgenommen worden, die haben [58] ihr alt Trinckgeschirr bald vergessen, und werden dieses viel verständige Weiber wissen und gestehen. Derowegen bleibet dieses ein Aberglaube.


Ein Kind kan ja nicht wissen, So man es stößt mit Füssen, Was es bedeuten soll. Drum kan man leicht ermessen, Daß das Kind werd vergessen Der Mutter närrschen Groll. Wenn sie es tritt in Schertzen, Und liebt es doch von Hertzen / So bleib ick doch darbey, Daß ein solch närrsch Beginnen, Nicht kömmt von guten Sinnen, Und lauter Thorheit sey.

Das 19. Capitel
Das 19. Capitel.
Wenn einer Frauen ein Hund durch die Beine läufft /so schlägt sie der Mann.

Ich habe mich vielmahl verwundert, wenn ich habe gehöret, daß manch Weib ärger hat gehellet als ein Kettenhund, warum sie es doch thäte, sintemahln sich auch die Nachtbarn zuweilen über solche bellichte und beissigte Hunde zu beschweren gehabt; aber nunmehro, da mir dieses schöne Glaubens-Pünctlein zu Ohren kömmt / fället meine Verwunderung auf einmahl dahin. Denn da ein Weib, um oben bemeldeter Ursache, keinen Hund im Hause leidet, so erfodert es ja sollter gestalt die Noth / daß sie selber bellet, und so zusagen / des Hundes Amt verwaltet, ehe der Mann sich einen Hund zuleget, der ihr hernach leichte durch die Beine kriechen und eine Tracht [59] verursachen möge, daß die Frau von Manne geschlagen werde, wenn er ihr durch die Beine kriechet, kan ich noch zur Zeit keine natürliche Ursache finden, und die Weiberselbst können mir auch keine sagen, wiewohl mir dießer Tage eine zur Antwort gab, als ich sie um diese Sache fragte: Ob mir es denn gefallen würde, wenn ich eine Frau hätte / und ich erführe, daß sie einen hätte lassen durch die Beine kriechen / sie zweifelte nicht / ich würde ihr Schläge geben. So nun dieses diejenigenRationes sind, warum ein Weib von Manne geschlagen wird, nachdem ihr ein Hund durch die Beine gelauffen, so kan ich ja freylich die Weiber nicht verdencken, daß sie so gern bellen lernen. Das kleine Hündlein / dessen im Büchlein Tobiä erwehnet wird, das wedelte mit dem Schwantze, und stellete sich über alle massen freundlich, als es von der mit seinem jungen Herrn gethanen weiten Reise wieder nach Hause kam; bey welcher Freundlichkeit und frölichen Herumspringen es wohl nicht so leer wird abgegangen seyn, daß es nicht der Frau Hanna solte einmahl durch die Beine gelauffen seyn; jedoch lieset man nicht, daß der alte Tobias ihr hätte Schläge gegeben, wohl aber liefet man vorher Tob. 2. v. 22. ehe sich dieses Hündlein mit seinem jungen Herrn auf die Reise begeben hat, daß dessen Hauß-Frau dennoch das Bellen oder Keiffen gut mag gekunt haben. Ob nun damahls dieses Hündgen noch gar nicht vorhanden gewesen ist, stelle ich dahin, genug, daß Frau Hanna selbst hat gebellet. Denn [60] als sie, als eine gute fieißige Wirthin, eine Ziege ersponnen hatte, und ihrem ehrlichen, blinden; alten Mann ein gut Gerüchte davon machen /oder sich der Milch davon in ihrer Haußhaltung bedienen wolte / hörete der alte Tobias die Ziege blöcken, und fragte, mit was Recht diese in sein Hauß kommen sey, in Besorgung / sie möchte gestohlen seyn? Ey da fing Frau Hanna an zu bellen, und nösselte den guten alten Tobiä die Ohren so voll, daß es kein Wunder gewesen, sie hätte ihn zu seiner Blindheit auch taub gepelffert. Was das vor eine schöne Music muß gewesen seyn, wenn eine Ziege geblöcket und ein alt Weib dar zu gekiffen hat, ist leicht zu erachten, und möchte ich das Stücklein in Tabulatur gesetzt sehen, und wenn damahls das Hündgen schon im Hause gewesen, so hat es als ein guter Discantiste, ohne Zweifel die dritte Stimme gehabt. Dieses alles aber giebt mir die geringste Vermuthung nicht, daß unser ietzund vorhabender Glaubens-Punct könne verificiret werden. Derowegen mag er unter andern Aberglauben stehen bleiben, biß ihn die resoluten Männer durch ihre Rücken-Salbe, aufbedürffenden Fall, wahr machen.


Weil theils Weiber solche närrsche Dinge glauben, So solt billig man den'n Männern auch erlauben, Daß mit Schlägen sie der Weiber Glauben stärckten, Biß sie anders ihre albern Fehler merckten.

Das 20. Capitel
Das 20. Capitel.
Denen Verstorbenen soll man Geld [61] ins Maul stecken/so kommen sie / wenn sie irgend einen verborgenen Schatz hinterlassen haben / nicht wieder.

Wer dieses an einem Todten oder Verstorbenen practiciret, der will zwar wohl ein Christe beissen, giebt aber mit diesen Vornehmen offenbarlich zu erkennen /daß er nicht besser, als ein blinder Heyde sey. Denn wer ein vernünfftiger Christ ist, der weiß ja, daß die Seele keinen Mund hat, darein sie Geld fassen kan, so nimmt sie auch auf ihrer Himmel- oder Höllenfahrt kein Nachtqvartier in einem Wirthshause, da sie Geld zu einer Kanne Bier bedürffte, oder die Herberge bezahlte / der Leib bedarff dessen auch nicht, weil er in die Erde geleget wird / allwo er alsobald anfänget zu vermodern und zu faulen, auch sich nicht eher wieder reget, als auf den grossen allgemeinen Gerichts-Tag, wenn die Erde vergehet, und die in sich gehabten todten Leiber ihrem Schöpffer wieder überlässet. Was soll demnach einem verstorbenen Leichnam das Geld im Maule, das er bey Lebzeit nicht hat beissen können? Soll er fressen, was noch keine Creatur hat heissen können? Das läufft ja wider die Natur, wider die gesunde Vernufft, und wider den Christlichen Glauben. Wenn es wahr wäre, daß solche Leute, die verborgene Schätze hinterlassen hätten, sich nach ihrem Tode wieder sehen liessen, so würden sie sich gewiß von einem ins Maul gesteckten Groschen, oder noch weniger, nicht abspeien lassen / und den grossen Schatz drüber vergessen. [62] Und möchte ich aus Curiosität solcher närrissen Köpffe ihre Gedancken gerne wissen, die vermeynen, ob hülffe ein Stücklein Geld in des verstorbenen Munde / daß er nicht wieder käme, und könnte ich wohl sagen, daß ein solcher Hasen-Kopff so wenig gesunde Vernunfft haben müsse, als ein Verstorbener. Denn da alle vernünfftige Menschen wissen, daß bey dem Tode eines Menschen die Seele sich von Leibe absondert, und dem Verstorbenen alle Sinne entgehen, wie kan denn ein Todter wissen, ob er ein Stück Geld im Maule habe oder nicht? oder wie kan er im Tode an seinen hinterlassenen Schatz gedencken? Denn der Leib kan ja ohne die Seele nichts dencken. die Seele aber kan sich ohne den Leib nicht sehen lassen. Sind demnach dieses die allerunverständigsten Thoren, welche dafür halten, es sey möglich, daß ein verstorbener Mensch, nach seinem Tode könne wieder erscheinen, und ob gleich viele Bücher von solchen Fabeln voll sind, so ist unter tausenden nicht eine wahr; ja es muß sich gar der Teufel insgemein bey solchen Mährlein lassen zum Stichblat gebrauchen, wenn gesagt wird, der Satan erscheine in des Verstorbenen Gestalt. Alleine, (ob ich gleich nicht in Abrede bin, daß der Teufel zuweilen, auf GOttes Zulassung, in eines verstorbenen Menschen Gestalt erscheinen könne) wenn allzeit bey. Zeiten nach dem erschienenen Gesichte recht gesehen worden wäre, so wäre ohne Zweifel die tausende Fabel nicht vor eine Wahrheit genommen worden, und wolte ich wetten, daß die allermeisten s.v. erstuncken [63] und erlogene Träume gewesen seyn würden.


Wer einmahl gestorben ist, und der Leib begraben, Der kan zu dieser Frist kein Gedancken haben Auf das, was ihm in den Mund hat ein Chor gestecket, Auch hat das Gesckwätz nicht Grund, das manchen erschrecket, Als ob käm der todte Mensch iezuweilen wieder. Da doch längst vermodert sind alle seine Glieder, Und längt mancher Hasen, Kopff viel her von Gesichtern, Womit er die Albern nur machtvergeblich schüchtern.

Das 21. Capitel
Das 21. Capitel.
Wer Wein im Keller hat / der soll an die Vässer schreiben:Gustate & videte, (Ps. 34. v. 9.) so wird der Wein nicht umschlagen.

Dieses ist nichts anders, als wie ein Gedenck-Spruch, zum Exempel: Wenn einer seinen Sohn in die Frembde thäte, etwas zu lernen, und schriebe über des Sohns Kammer-Thür: Dic, cur hic? oder: Ora & labora, so hilfft zwar diese Schrifft nicht darum, daß sie da stehet / sondern, soferne als der Sohn sich hiernach richtet, und wohl bedencket / weßhalben er da ist, betet fleißig, und thut unverdrossen, was ihm zukömmt. Es würde aber einer für einen wunderlichen Heiligen zu achten seyn, der vermeynen wolte, diese Schrifft machte schlechterdings, daß der Sohn zu einen braven Kerl würde; Eben auf diese Art verhält sichs auch mit dem ietzt vorhabenden Aberglauben /als welcher, ohne Zweifel [64] aus guter Meynung eines verständigen Mannes, seinen Anfang zum Nutzen genommen / dessen Fortgang aber zur Thorheit geworden ist, weil der gute Verstand zum Unverstand, und der rechte Gebrauch zum Aberglauben und Mißbrauch ist angewendet worden. Der Anfang und Fortgang dieser Sache kan sich aber nicht anders zugetragen haben, als folgendergestalt: Es hat einmahl ein unverständiger Mensch Wein in seinem Keller gehabt, welcher / wegen übler Wartung, umgeschlagen ist, der Wein-Herr hat seinen Schaden, den er am Wein erlitten, einem anderen, der gute Wissenschafft um den Wein gehabt, erzehlet / dieser, als der wohl wird verstanden haben, daß jenem sein Wein aus der Ursache umgeschlagen sey, weil nicht fleißig darnach gesehen, derselbe nicht fleißig gefüllet, gewischet, und zu rechter Zeit, ehe er gantz unbrauchbar worden, gekostet worden, als hat er jenen mit diesem Denck-Spruch zum Nachdencken bringen wollen, und hat gesagt, er solte hinführo an seine Wein-Vässer die Worte schreiben: Gustate & videte! i.e. Schmecket und sehet! damit zu verstehen zu geben / er solle hinfort seinen Wein eher kosten, und fleißiger darnach sehen, so würde er nicht umschlagen. Wenn jener alsdenn diesem Rath gefolget hat, und solchen gut befunden, auch wohl im Schertz einem Einfältigen erzehlet, daß diese Worte an die Wein-Vässer geschrieben hülffen den Wein erhalten, so ist die Sache bey Unverständigen zu einem würcklichen Aberglauben gemacht worden; wie denn viel [65] hundert Aberglauben auf dergleichen Art ihren Anfang haben, z.E. wenn ewige Thoren die Worte: Eripiam eum, (Ps. 91. v. 15.) auf ein Holtz schreiben. und damit die Zähne stochern. in Meynung, die Zahn-Schmertzen damit zu stillen.


Trau nicht zu viel deinen Leuten. Sondern geh fein selbst bey Zeiten In den Keller / sieh zum weine, Kost denselben, wart das Deine. Denn was man kan selbst verrüchten, Darffs Gesinde nicht verrichten.

Das 22. Capitel
Das 22. Capitel.
Wem die Zähne weh thun / der soll einen Splitter von einem Stück Hotz / worein der Donner geschlagen /nehmen / und die Zähne damit stochern / so vergehen die Schmertzen.

GOtt behüte einen jeden Menschen für einem solchen schnellen Tode, als schnell der Donnerschlag auf den Blitz folget! Ich halte aber darfür, daß wem der Donner gar in die Zähne schlüge, dem würden die Zahn-Schmertzen plötzlich vergeben. Ob aber ein Splitter eines Balckens oder Baums, worein einmahl der Donner geschlagen hat, so viel Kräffte habe, als der Donnerschlag selbst, daß wird schwer zu beweisen fallen. Im Beschluß des vorigen Capitels habe ich einen andern Splttter vorgestellet, welcher, einiger Thoren Meynung nach. die Zahn-Schmertzen vertreiben soll; wenn man aber diesen mit jenem vergleichen soll, so werden sie beyde einerley [66] Kräffte haben. Die Schrifft, so man auf vorigen schreiben soll, aus den 91. Psalm v. 15. Eripiam eum, oder: Ich will ihn heraus reissen; die will dem Patienten nur zu verstehen geben, wie er mit dem bösen Zahne verfahren soll, nemlich, denselben nicht stochern, sondern ausreissen lassey. Was den ietzt zu untersuchen habenden Splitter anlanget, so hat es eben dergleichen Bewandniß. Denn wie der Donner eine Sache gewaltig rühret, und zerschmetter; also soll ein Patiente, der hefftige Zahn-Schmertzen hat / einem hohlen und unnützen Zahne auch Gewalt anthun, und denselben ausbrechen lassen. Jedoch kan ich nicht läugnen, daß mir diese Meynung auch etwas weit gesucht zu seyn scheinet, wiewohl ich sie eher getraue zu behaupten, als zu glauben, daß natürlicher Weise die Zahn-Schmertzen aufhören solten von dem blossen Stochern mit einem Splitter eines von Donner berührten Holtzes. Denn ob man gleich davor halten wolte, daß durch den Donnerschlag sich eine Sulphurische Materie in das Holtz begäbe, und mit demselben sich vereinigte, welche die Krafft hätte die Zahn-Schmertzen zu stillen; so stehet mir doch gegentheils dieses wieder im Wege, daß nicht eben zu der Zeit, wenn der Donnerschlag geschehen ist, der Splitter pflegt gebraucht zu werden, weil nicht eben zu solcher Zeit die Zahn-Schmertzen da sind, sondern der Aberglaube schreibet einem solchen Holtze die Krafft zu, so lange es Holtz bleibet / welches aber wieder die gesunde Vernunfft läufft, indem solche flüchtige Theilgen, die Anfangs stracks nach dem [67] Donnerschlag noch im Holtze seyn möchten, mit der Zeit verfliegen, und keine operation im Geblüte des Zahn-Fleisches haben können / als wie vielleicht bald nach geschehenen Donnerschlage sich begeben kan, welches ich doch noch nicht vor etwas unbetrügliches achte; denn mir hat die Erfahrung gar zu offt gelehret; daß die Einbildung allzuviel Dinge angiebet, die in der Wahrheit keinen Mrund haben. Es ist bekannt, daß es in hefftigen Zahn-Schmertzen offt gut gethan, wenn man das Zahn-Fleisch zum Bluten bewegt hat; dahero manche auch gar mit Schröpft-Eisen das Zahn-Fleisch hacken lassen, und also kan auch durch vieles Stochern mit einem Holtze das aufgeschwollene Zahn- Fleisch leicht zum Bluten gebracht werden, dadurch eine Alteration entstehet, und die Schmertzen gestillet werden; es ist aber nicht eben der Art des Holtzes oder Splitters die Krafft zuzuschreiben, sondern bloß dem Bluten. Also ist hoffendlich abermahl sattsam erwiesen / daß dieser Punct ein Aberglaube sey.


Es kan ein Donnerschlag gewaltig zwvar durchdringen, Und starcke Felsen leicht, ja harten Stahl bezwingen; Das folget aber nicht, daß das, was er berühret. Auch kriege eine Krafft. Ich habs noch nie verspüret.

Das 23. Capitel
Das 23. Capitel.
Es ist nicht gut, daß man ein Messer auf den Rücken lege.

Warum? Es werden die Engel damit verletzt. Diese Kinder-Possen wolte ich nicht [68] mit in die Zahl derer im Ernst getriebenen Aberglauben gebracht haben, wenn nicht bekannt wäre, daß bey dem einfältigen Bauer-Volck und andern Leuten der Unverstand so groß sey, daß manches, auch wohl mitten im Vater-Unser-Beten, sich durch ein auf dem Rücken liegendes Messer lässet irren, und kehret es alsbald um, unter dem Vorwand, daß, so die Schneide des Messers in die Höhe läge, sich die Engel darinn verletzen können; welches aber in Wahrheit eine Sache ist, die viel alberer heraus kömmt, als wenn man einem Kinde etwas vom Ruppert fürschwatzt. Denn so ein Mensch gläubet, daß die Engel allzumahl dienstbare Geister sind, welche auf GOttes Befehl uns vor allerhand Schaden behüten, wie kan denn ein Mensch, nebst diesem rechten Glauben / auch so verkehrt glauben, als ob ein Mensch die Engel bewahren könne, daß sich diese nicht irgend in ein auf dem Rücken liegendes Messer verletzen? Solchergestalt wären ja die Engel nicht unsere, sondern wir waren ihre Beschützer; zudem, so möchte ich wissen, auf was Weise sich denn ein Engel / als ein Geist, verletzen köne, da er weder Fleisch noch Blut hat?


Ist demnach das wohl ein Bengel, Der so närrisch von dem Engel Sich Gedancken macket. Engel, die sich nie verletzen, Sollen sich ins Messer setzen? Ein Geist, der stets wachet, Und der dir zum Schutz gegeben, Solte deines Schutzes leben? Wunder nicht, man lachet.

Das 24. Capitel
[69] Das 24. Capitel.
Wenn in einer Stadt ohngefehr zwey Uhren zusammen schlagen / so werden ein Paar Eheleute von einander sterben.

Man bedencke nur / was das vor eine seltsame Vergleichung ist, ein Uhrwerck mit einem Ehegatten zu vergleichen, oder zu statuiren, daß, wenn zwey auf zwey unterschiedenen, und offt ziemlich von einander entlegenen Thürnen stehende Uhrwercke zugleich schlügen, dieses eine gewisse Anzeigung gäbe, daß ein Paar Ehe-Leute von einander sterben würden. Ehegatten stnd ja solche zwey Personen, die von Rechts wegen einen Willen mit einander haben sollen, ob wäre es ein Leib; hingegen zwey Uhrwercke. die zugleich auch weit von einander gebauet sind, die kommen nimmermehr zusammen, als wie ein Paar Ehe-Leute-Tag und Nacht beysammen seyn sollen, und wüste ich nicht / wie oder worinnen man die Uhren könne mit Ehe-Leuten vergleichen; es sey denn, daß man sagen wolte, daß gleichwie ein Paar richtige Uhren eine wie die andere eine Zeit zum Schlagen richtig inne und einerley Zeit halten, also wären ein Paar gute Ehe-Leute auch stets einig, oder ein Paar guten Uhren gleich einstimmig. Nun lasse ich diese Vergleichung gar gut seyn; es dienet mir aber dieses vielmehr zur Widerlegung dieses ietzt vorhabenden Glaubens-Artickuls, als zu dessen Bekräfftigung. Denn wie reimet sich denn die Zusammenstimmung [70] mit der Zertrennung? Wenn demnach ein Paar Uhren zugleich zusammen schlagen, so stimmen und treffen diese mit einer Zeit just zusammen, daß keine eher oder langsamer, als die andere, gehet: Hingegen, wenn ein Paar Ehe-Leute von einander sterben / so werden diese zwey Personen von einander getrennet, und die vorhergegangene Conjunction zerrissen und aufgehoben, daß solchemnach man noch eher sagen möchte, wenn zwey Uhren zugleich schlügen, es würden ein Paar verlobte Leute copuliret werden; das vorige Vorgeben aber will sich unmöglich reimen. Uber dieses wolle man nur das einfältige Vorgeben erwegen: Es soll das Zusammenschlagen zweyer Uhren bedeuten, daß ein Paar Ehe-Leute von einander sterben; solchergestalt müsten in grossen Städten die Uhren alle Tage zusammen schlagen. weil alle Tage entweder ein Mann oder eine Frau durch den Tod von einander scheiden. Und gesetzt, es schlügen alle Tage 2. Uhren zusammen, woher will man denn aus einer täglichen Begebenheit ein Omen erzwingen? Solte sich demnach wahrhafftig ein ieder vernünfftiger Mensch schämen, daß er sich mit solchen albern und ungegründeten Aberglauben zum Narren macht.


Läßt zweyer Glocken Klang sich gleich auf einmahl hören, Ist doch der Uhren Stand dem Orte nach, zertrennt. Drum lässet sick der Mensch vom Glocken-Klang bethören, Wenn er die Glocken meynt, und doch die Uhren nennt.

Das 25. Capitel
[71] Das 25. Capitel.
Wenn ein Kind oder auch eine erwachsener Mensch sich eine Beule an den Kopff stösset oder fället / und mit einem dreycreutzigen Messer drückt / so heilet die Beule ohne Gefahr.

Als ich vor einigen Jahren auf meiner Reise einen Papisten zum Reise-Geferten hatte, und unter andern Discursen auch auf der Papisten ihr übermäßiges Vertrauen und Machung des äusserlichen Creutzes kam, absonderlich aber derer dreycreutzigen Messer gedacht wurde, wie nehmlich keine Krafft mehr in einem dreycreutzigen Messer / als in einem andern, stäcke, wolte doch der Papiste behaupten / daß allerdings in denen Creutzen auf den Messern eine Krafft stücke; wie ich ihme dieses umständlich widersprach, daß er seine Meynung nicht weiter defendiren kunte, da hielte er von dieser Materie zu reden inne, über eine Weile fieng er wieder an, und vermeynte mich mit Worten zu fangen, sagende: Wenn wir in unserer Litaney die Worte sängen: Durch dein Creutz und Tod hilff uns, lieber HErre GOtt! ob wir Lutheraner denn hiermit wolten, daß uns Christus durch sein Creutz und Tod so wohl aus leiblicher, als geistlicher Noth helffen solte? Ich antwortete ihm: Allerdings ja! Ey nu, sagte er, so müste ich ja gestehen, daß drey Creutze auf einem Messer in der Noth bey einer gefallenen Beule ihre Hülffe leisteten; weil doch [72] bey uns Christen allzeit der Gebrauch eines ieglichen Creutzes die Bedeutung des Creutzes Christi hätte. Ich gab ihm aber zur Antwort, daß wir mit den Worten in der Litaney nicht begehrten / daß GOtt uns durch des Creutzes Holtz, sondern durch das am Holtze gehabte Leiden, oder durch seine Creutzigung helffen wolle. Ich fragte ihn auch ferner, daß, so er etwas übels begangen haben solte, weßhalben er solte gehangen werden, es käme aber seiner guten Freunde einer. und ließ sich freywillig an seiner statt an den Galgen hängen, ob er denn bey einer solchen Begebenheit seine Lebens Erhaltung wolte dem Galgen zuschreiben / oder dem, der sich an seine statt hätte an Galgen hängen lassen? Er antwortete, ober gleich der gehangenen Person sein Leben zu dancken hatte, so würde er doch das Zeichen des Galgens um dieser Person willen und zu dessen guten Andencken ehren, und an Halß, als ein Bild, hängen. Gut, sagte ich / das könte er wohl thun, er würde sich aber mit dem Zeichen des Galgens auf keine Weise aus einer Gefahr erretten können; also ehreren wir Lutheraner zwar auch des Creutzes Zeichen um des Gecreutzigten willen, wir erwarteten aber vom Creutz keine Hülffe / sondern vom Gecreutzigten. Hiermit wurde mein Reise-Geferte zufrieden gestellet, und vermochte weiter nichts vorzubringen. Damit ich nun aber auch auf die Messer-Creutze komme, so gebe ich einem jeden das, was ich hier schon angeführet habe, zu bedencken; und hoffe, es wird ein ieder verständiger [73] Christ erwegen können, wie daß ein dreycreutzigtes Messer nicht mehr Krafft haben könne, als ein anders mit einem andern Zeichen. Daß aber eine Hülffe geschicht, wenn eine frische Beule mit einem sollten Messer gedrückt wird /geschicht nicht um der drey Creutze, sondern um des Druckens willen / und wird alles und iedes Drucken von allerhand Materia einerley Effect haben. Wie denn auch die Angst, darinnen manche Mutter oder Magd stehet, wenn ohngefehr ihr Kind eine Beule gefallen, schon selbst mehrmahls etwas anders, in Ermangelung eines Messers, zu ergreiffen / und die Beule damit zu drücken, angewiesen hat, und ist mir sehr bekannt, daß die Weiber ihre Schürtz-Tücher genommen, und mit der am Ende derselben befindlichen Raat die Beule mit gutem Success gedrückt haben. Das beste Mittel aber, das man in solchem Fall gebrauchen mag, ist, daß man die Beule mit ein wenig Butter schmiere, oder ein Schiebelgen Speck darauf binde, so setzt sich nicht allein die Beule bald, sondern hinterlässet auch nicht leicht blaue Flecken.


Wer frisch-gefallne Beulen Glücklich und bald will heilen, Druck solche sanffte nieder, So setzen sie sich nieder, Man sagt zwar, daß ein Messen Mit drey Creutzen sey besser Zu Druckung solcher Beulen, Als andre; da doch Feilen, Ein iedes Messer, Scherben, Geld, Löffel, Holtz mit Kerben Dergleichen auch verrichten; Die Creutze thuns mit nichten.

Das 26. Capitel
[74] Das 26. Capitel.
Eine Braut soll ihren Einzug in des Bräutigams Hauß im Finstern halten / so werden künfftig alle Winckel voll seyn.

Die Finsterniß muß solchergestalt eine Eigenschafft haben, die Braut mit einem Seegens-vollen Willkommen zu begrüssen, oder die Braut geseegneter zu machen, als der Tag und Sonnen-Licht. Ich glaube aber nicht, das ein einiger Philosophus und Natur-Kündiger in der Welt wird angetroffen werden, der dieser Sache natürliche Ursachen wird erfinden können; derohalben ich auch Ursache nehme, an der Wahrheit der Sache gäntzlich zu zweifeln, und vor unwahr zu halten. Wahr ists zwar, daß, weil eine Braut im Finstern in ihres Bräutigams Hauß einziehet, sie in keinem Winckel einigen Mangel verspüren wird, weil sie für der Finsterniß nichts erkenen kan. Dargegen kan sie auch keinen Vorrath erkennen, und muß doch zuletzt das Licht und der Tag alles beleuchten und vorstellen, und die künfftige Zeit soll denn erst der Sache den rechten Ausschlag geben, ob alle Winckel werden voll seyn, nachdem die Braut im Finstern eingezogen ist. Will ich diesem Aberglauben etwas genauer nachsinnen, so befinde ich nur dreyerley zu erwegen, nehmlich den Einzug an sich selbst, und denn die Zeit, wenn solcher geschehen soll, drittens den Entzweck, was nehmlich auf einen zu rechter Zeit angestellten Einzug [75] geschehen soll. Dieses letztere nun zuerst vorzunehmen / wird wohl die Sache am kürtzesten ausmachen, wenn das weibische albere Fürgeben will andre glaubend machen, als ob auf einen auf oben angeführte Weise angestellten Einzug künfftig alle Winckel voller Reichthum seyn würden. Muß demnach eines unter denen vorigen zwey Stücken dieses zu würcken die Krafft haben, nehmlich der Einzug an sich selbst, oder die Zeit, wenn solcher geschicht. Verursacht der Braut ihr Einzug den Reichthum, so kan es nicht die Finsterniß thun, und mochte so wohl bey hellen Sonnenschein geschehen, als im Finstern, so würde es ein Thun seyn. Zwar wenn die Braut fein reich einziehet, mit vielen Betten, Flachs und andern Reichthum, und noch darneben mit einem guten Beutel Geld, so fehlet es nicht, der Braut ihr Einzug bringet so viel zuwege, daß ins künfftige alle Winckel voll seyn, zumahl wenn die Braut eine gute Wirthin ist. Darzu gehöret aber keine Finsterniß, es wolle denn die Braut, aus Singularität, dasjenige, was sie bey ihrem Einzuge mitbrächte, nicht von jedermann besehen und bereden lassen, und erwehlete deswegen das Dunckele zu ihrem Einzuge, aus welchem Unternehmen auch vielleicht der gantze Aberglaube seinen Ursprung haben mag, wenn der Braut Einzug aus nur bemeldten Ursachen ist im Finstern geschehen, und die wenigsten Leute gesehen haben, daß die Braut etwas Hausrath zum Bräutigam gebracht, und dennoch hernach von nöthigen Haußrath und Mobilien alle Winckel [76] angefüllet gefunden; so haben albere Leute sich die Gedancken gemacht / ob sey der Einzug im Finstern eine Ursach, daß alle Winckel des Hauses voll geworden. Alleine, wenn ich drittens die Zeit erwege, nehmlich die Finsterniß oder Nacht, so kan solche im geringsten nichts zum Reich-werden thun, und läufft gantz wider die Natur. Und gesetzt, die Finsterniß hätte eine natürliche Eigenschafft zum Reichmachen, so gehet das der Braut ihrem Einzuge nichts an, und mag dieser am Tage geschehen, so folget doch die Finsterniß und Nacht auch darauf. Ist demnach dieser Punct eine offenbare Narrethey.


Hat die Braut nichts mit gebracht, Ob sie gleich zu Mitternacht Eingezogen wäre, Und der Bräutgam ist nicht reich, Daß sie beyde also gleich Sind an Gut und Ehre, Auch Haußhalten nicht verstehn, Wird man künfftig doch nicht sehn Viel in Winckeln liegen. Ordentlich Haußhalten soll Füllen alle Winckel voll; Das wird nicht betrügen.

Das 27. Capitel
Das 27. Capitel.
Am Tage Sylvester soll man die Maulwurffs-Hügel von einander reissen / so werffen die Maulwürffe selbiges Jahr nicht wieder auf.

Dieses Pünctlein kan mit gutem Recht Schertz und Ernst genennet werden / weil [77] es Schertz-weise geredt, und im Ernst verstanden wird. Denn wenn einer dem andern den Rath giebt, daß er am Sylvester-Tage soll die Maulwurffs-Hügel umreissen, so geschichts im Schertz; wenn er aber die Ursach darzu meldet, damit nehmlich solch Jahr die Hügel nicht wieder aufgeworffen würden, so wird es im Ernste verstanden, weil es eine gewisse Sache ist, und nicht anders seyn kan; denn es ist Sylvester der letzte Tag im Jahre; so man nun an diesem Tage die Hügel umreisset, so werden sie freylich in dem Jahre nicht wiederum aufgeworffen, weil in wenig Stunden das Jahr aus ist, und in solcher kalten Zeit die Maulwürffe sich nicht heraus machen. Ob nun gleich dieser Schertz und Ernst gar leichte von einem jeden einfältigen Menschen kan verstanden werben; so giebt es dennoch Leute, welche so dumm sind, und reissen an bemeldten Tage die Maulwurffs-Hügel üm, in dem gäntzlichen Vertrauen, daß dieselben im folgenden Jahre nicht würden wieder aufgeworffen werden; da doch solche albere Leute bedencken solten, das die Verheissung nur auf das Jahr, in welchem die Umreissung geschehe, gerichtet sey. Und kömmt mir diese Schertz-Rede eben vor, als wenn einer spricht: Wer auf den Abend bey dem Niederlegen oder Schlaffen-gehen seine Stirn mit seinem eigenen nüchternen Speichel streichet, der bekömmt nicht leicht einen Rausch.


Gar offt im Schertz was wird erdacht, Und wird doch wohl an Mann gebracht, Denn mancher sinnt nicht weiter naus, Als von der Katz aufs Tauben Hauß. [78] Sylvesters Tag der schließt fürwahr, Und gschicht nichts mehr in solchem Jahr.

Das 28. Capitel
Das 28. Capitel.
Wenn ein Hund zwischen ein Paar guten Frenden hindurch läufft / so wird die Freundschafft zertrennet.

Nachdem man dieses vergehet, ist es wahr oder nichtwahr; iedoch wolte ich den nicht gern defendiren, der behaupten wolte, es sey wahr, weil ich besorge, daß ich und er gar bald würden zum Stillschweigen genöthiget werden. Denn ob man gleich sagen wolte, es werde die Freundschafft zertrennet, so lange der Hund zwischen sie hinlieff, auf die Art, als wie man mit einem Stabe ein Wasser durchstreichen und gleichsam theilen könne, welches aber alsobald wieder zusammen käme; also werde die Freundschaffts-Zertrennung auch verstanden. Wenn der Verstand also ist, so lasse ichs, als eine Schertz-Rede, die nichts auf sich hat, gerne gelten; wenn man aber in der Absicht diese Sache annehmen will, als ob durch das Zwischenlauffen eines Hundes die Freundschafft also zertrennet würde / daß sie zugleich aufgehoben und in Feindschafft verwandelt würde, so würde eine solche Meynung in Ewigkeit nicht können erwiesen werden; denn die Freundschafft zweyer guter Freunde hat ihren Sitz in der Seelen / und kan sie ohnmöglich der Hund auf den Schwantz fassen und mit hinweg nehmen. Wenn es wahr [79] wäre, so würden es wahrhafftig nicht nur etliche abergläubische Narren wissen, sondern es würde bey vornehmen Leuten auch bekannt seyn, welche ihre liebkosende Schooß-Hündgen und andere häufig üm sich habende Hunde, im der Ursache willen, nicht lange dulten würden. Da aber bekannt ist, daß vornehme Standes-Personen in der vertrautesten Conversation Hunde um sich herum lauffen lassen; also ist zu schlieffen, daß das Vorgeben falsch seyn mag. Wie ich denn auch diese Thorheit von niemand verständiges, sondern nur von einfältigen Weibern habe gehöret. Es ist unter allen lebendigen Creaturen, meines Wissens, keines, das dem Menschen getreuer ist, als ein Hund; dahero ich desto weniger eine Ursache erdencken kan, warum dieses getreue Thier, nur bloß durch das Zwischenlauffen, die gute Freundschafft zweyer gerreuen Freunde solte hemmen oder zertrennen können? Denn das will ich ja nimmermehr hoffen, daß die Hunde eine solche magnetische Krafft haben sollen, die Freundschafft und gute Treue von denen Menschen aus- und an sich zu ziehen? Denn wo dieses wäre, müste man sich besser vor ihnen hüten. Alleine, es scheinet doch nicht wohl gläubisch zu seyn, weil sie auf solche Weise nicht eben zwischen zweyen Personen hindurch, sondern auch neben hinweg lauffen, und ebenfalls die Freundschafft an sich ziehen würden. Aber halt, wo gedencke ich bin! ich versteige mich gewiß zu weit in meinem Widersprechen? vielleicht kan es seyn, daß die Beraubung der Freundschafft zweyer Personen [80] also geschicht, als wie folgendes Gleichniß irgend vorstellen kan: Man nehme etwas Sand, vermische darunter ein wenig von gefeilten Eisen oder Stahl, diesen wohl vermischten matialischen Sand theile man in zwey gleiche Theile, undformire damit auf einem Tisch zwey gantz schmaale Striche oder längliche Häuflein, in der Breite eines Strohhalms, lege diese so genau aneinander, daß ohngefehr eines doppelten Strohhalms breit Spatium darzwischen bleibe, und also bedeuten diese zwey gleich geartete Sand-Häuflein zwey gute Freunde; Nun muß man auch einen Hund haben / der, wenn er zwischen zwey guten Freunden hindurch laufft, ihnen ihre Freundschafft beraubet; Hierzu schicket sich nichts besser / als ein guter Magnet-Stein; diesen nimm, und fahre damit zwischen denen zwey Sand-Häuflein sachte hindurch, so wird er aus beyden Sand-Häuflein zugleich den Stahl oder Eisen ausziehen, und an sich hänhen / und den blossen Sand liegen lassen. Auf diese Art nun wird vielleicht der Hund die Freundschafft, aus zwey bey einander stehenden Personen /auch aus- und hingegen an sich ziehen. Drum hegen die Raben-Aeser, die Hunde / solche Freundschafft und Treue gegen ihre Herren. Dieses will ich also hiermit zu bedencken vorstellen, aber niemanden zu glauben nöthigen; denn ich glaube es selbst nicht. Halte aber vielmehr davor, daß offtmahls zwey Personen zusammen kommen, und sich stellen, als ob sie einander für Liebe fressen wollen, und können doch kaum ihren [81] innerlicten Haß so lange bergen, als ein Hund zwischen sie hindurch läufft; alsdenn muß der Hund Ursach an der Feindschafft seyn; ja weit gefehlt!


Philander oder Menschen-Freund wird mancher Hund genennet, Ob man gleich dessen Falschheit wohl, auch seine Untreu kennet. Also zwey Freunde äusserlich sich offt zusammen finden, Da ders Feindschafft dennoch kaum man sattsam kan ergründen.

Das 29. Capitel
Das 29. Capitel.
Wer einen Schatz graben oder heben will / der soll nicht darbey reden.

Ja freylich, das versteht sich ohnedem wohl! denn wer Vögelfangen will, darff nicht mit Prügeln drein werffen, sondern muß mit jenem alten Hundepeitscher sich des Sprichworts bedienen: Fein Bomehle, Bomehle,i.e. fein sachte. Es ist bekannt, daß die vergrabenen Schätze dem Landes-Herrn gehhren; wenn sichs aber zuträgt, daß ohngefehr eine Privat-Person in seinem Hause oder anderswo einen Topff oder ander Gefässe mit Geld findet, so ist die Person gemeiniglich darbey so verschwiegen, als sonst kaum in der geheimesten Verrichtung, damit ja nicht irgend iemand die Sache erfahre, und dem Landes-Heern / oder des Orts Obrigkeit, hintergienge und offenbare. Das ist also der Nutzen / den man vom Stillschweigen beym Schatzgraben hat, nehmlich / daß man nicht verrathen [82] werde. Auch ist bekannt / daß einer, der reich ist, und sonderlich ein solcher, den man im Verdacht hat, daß er sein Reichthum von einem gefundenen Schatz habe / mehr Zulauff von Schmarutzern und Mit-Essern kriegt, als ein anderer; ingleichen kömmt bald dieser, bald ein anderer, und will ihm Geld abborgen, aber mit schlechtem Vorsatz, es wieder zu bezahlen. Wer wolte demnach rathen, daß einer beym Schatzgraben viel Redens machte? Wer ein Collega der abergläubischen Rotte ist, der wird zwar wohl mit dieser meiner Erklärung nicht vergnügt seyn wollen, sondern wird sagen: Daß das Reden bey dem Schatzgraben allerdings verbothen wäre, weil sich der Schatz alsbald bey Sprechung eines einigen Wortes verrückete, und sich hernach nicht wieder sehen ließ. Ey ja, seht da! wächst mir das Geheimniß da heraus? Es gehet vielleicht mit denen vergrabenen Schätzen zu, als wie mit denen Sieben-Schläffern, welche, als sie erwachet sind, die Sprachen derer Leute selbiges Landes nicht mehr verstanden haben; also mag es wohl seyn, daß zu der Zeit, da die Schätze vergraben worden sind /eine solche Sprache mag geredet worden seyn, die mit der ietzigen nicht überein kommet; nun wird doch wohl ein ieder Geist, der ein- und andern Schatz besitzet (wie die meisten Affen vermeynen) nur die Sprache dessen verstehen, der den Schatz vergraben gehabt; wenn demnach iemand über den Schatz kömmt, solchen zu heben, und redet etliche Worte /so verstehet der Geist [83] des Schatzes solche Sprache nicht, und vermeynt, es sey ein Spitzbube / der irgend Rothwelsch rede, und den Schatz stehlen wolle; und hierinnen hat der Geist auch gar rechte Gedancken; denn diese so genannten Schatz-Sucher oder Gräber sind mehrentheils Spitzbuben, wie viel tausend Exempel erweisen können; demnach nimmt der Geist seinen Schatz, und wandert damit an einen andern Ort; da stehet alsdenn der Schatz-Gräber, als wie ein Affe, und sucht es hinter den Ohren. Aber, noch ein Scrupel fällt mir ein: Wenn gleichwohl so offt gesagt wird, es habe ein Geist sich hören lassen, und habe diese oder jene Person heissen mit kommen, um einen Schatz zu heben; so muß ja ein solcher Geist eine bekannte Sprache geredt haben, oder verstehen vielleicht die Menschen derer Geister ihre Sprachen, diese aber hingegen unsere nicht? das wäre auch etwas! Aber ich glaube vielmehr, es sey das hunderte mahl nicht wahr / wenn vorgegeben wird, es habe das und das sich sehen lassen, es habe den und den geruffen, sey ihm in der und der Gestalt erschienen, und so fort. Mein seeliger Vater pfiegte vor diesen zu sagen, wenn sich ein Gespenst hören oder sehen ließ: Ihr Leute! gebt Achtung, was gilt es, es wird in dem Hause, oder in der Nachbarschafft, entweder etwas gestohlen, oder wird Mutter Ursel bald einen lebendigen Schatz aus einer Magd zu graben kriegen. Denn wenn zuweilen des Nachts die Mause-Köpffe, oder auch die Buhler im Finstern schleigen, und sich anstoffen, daß daher ein Gepolter [84] entstehet, so heist es alsbald: Es hat gespücket; die verliebte Magd spricht bald, es hätte sie geruffen, es sey in der und der Gestalt vor ihr Bette kommen, und so fort. Ja, besiehet man aber die Sache bey Lichte, so ist es s.h. erlogen. Dieses sind also meine Gedancken, in möglichster Kürtze entworffen /die ich vom Schatz-Graben, und dem dabey gewöhnlichen Stillschweigen, hege. Es wird aber auch vielen bekannt seyn, wie daß es auch wohl Leute gebe, die diesen ietzt beschriebenen schnurstracks zuwider handeln, wenn nehmlich die Schatzgrabende, oder die, so einen Schatz bekommen haben, gerne stille schweigen, so reden hingegen jene (ob sie auch gleich ihr Lebtage kein alt Huf-Eisen gefunden haben) gern davon, und machen Mine, ob hätten sie etwas Grosses gefunden. Das thun sie aber, sich damit in grossenCredit zu setzen, und einen grossen Staat zu machen, auch wohl in Heyraths-Sachen ehe etwas zu erhaschen. Aber, aber!


Hasche immer, wer haschen will; Man sucht Sckätze, drum schweig ich still.

Das 30. Capitel
Das 30. Capitel.
Wer Lust hat / Störche auf sein Hauß hecken zu lassen / der mache ihnen ein Nest mit der lincken Hand auf die Feuer-Esse / so werden sie gewiß dahin kommen / und immer da bleiben.

[85] Sehet doch! ihr Leute, was thut die lincke Hand nicht? Das mag wohl heissen: Die lincke Hand gehet von Hertzen. An einem andern Orte wird vorgegeben, daß diejenigen Leute Glück und Reichthum überkämen, auf derer Häuser die Störche baueten. Ist dieses nun wahr (wie ich mir doch nicht einbilden kan.) so ist es in Wahrheit eine künstliche und sehr kluge Erfindung, daß man die Storchs-Nester mit der lincken Hand bauet, und damit man das Glück erhaschen kan; sintemahl ich öffters gehöret und auch geglaubet habe, das Kugel-runde Glück hätte die Art der Irrwische, daß es sich nicht haschen liesse. Aber auf diese Art muß es herbey, es mag wollen oder nicht, und ist diese Erfindung vel Geldes werth. Wenn ich aber gleichwohl diese Narrethey in Ernst betrachte, so kan ich keine natürliche Ursache finden, warum ein Storchs-Nest, das mit der lincken Hand eines Menschen gemacht ist, die Eigenschafft durch solch Bauen erlanget haben solle, daß die Störche, die sonst nicht daselbst hingekommen sind, nicht alleine dahin kommen müsten, sondern sich auch / ausser Winters-Zeit, nicht davon wegwenden könten. Wenn es ja natürlich sich also zutrüge, so kömmt mir doch die Sache um deswillen verdächtig für / weil gleichwohl nur ein Paar Störche an einem Orte zu wohnen pflegen; soferne aber diese Kunst natürlicher Weise die Störche herbey lockete, so würden sich gewiß mehr als ein Paar einfinden, und sich so lange um das neue Qvartier heissen, biß ein Paar den [86] Sieg erhielt, und den Posesi allem behaupteten. Weil sich aber, meines Wissens, dergleichen Exempel noch nicht zugetragen hat, ohnerachtet ich mehrmahls gesehen, daß sich die Störche um die Nester gebissen, auch dieselben einander wohl gar eingerissen haben, die aber anfänglich nicht von Menschen-Händen, sondern von denen Störchen selbst erbauet gewesen sind; so erachte ich billig, dieser Glaubens-Punct sey ein närrischer Aberglaube.


Was hast du denn davon, wenn dir auf deinem Dache Die Störche klappern schon; es ist ja schlechte Sache Um solche Musica! du hast doch nichts im Winter, Wenn der Storch von dir zieht, und mitnimmt Weib und Kinder. Er läßt dir nichts, als Roth, daß dir dafür möcht grauen, Drum wollst du, Thor! ihm nicht noch selbst ein Nest aufbauen.

Das 31. Capitel
Das 31. Capitel.
Wer einen geschwollenen Halß hat / soll stillschweigend in die Mühle gehen / ein Band von einem Sacke stehlen / und um den Halß binden / so hilfft es.

Ja, woferne der Patiente nicht nirgend gar darüber stirbt, und behält das Diebs-Stricklein um den Halß, so lange es hält; so kan wohl die Cur eintreffen. Auch ist sie sonst gar sehr klug ausgesonnen; und ist Wunder, daß das Band nicht zu einer gewissen Stunde gestohlen werden soll, als wie insgemein der abgöttische [87] und Zauberey-ergebene Theophrastus seine Phantasien gehabt. Wer einen geschwollenen Halß har, ist gewöhnlich auch darneben heischer, daß er kein laut Wort zu reden vermag; und so er in die Mühle kömmt, wird es ihm desto weniger möglich seyn / so laut zu reden / daß es vor dem Geklappe der Mühle könne verstanden oder gehöret werden; dahero mag es wohl ein loser Vocativus einem solchen mit einem geschwollenen Halse begabten einfältigen Schöps gerathen haben, wie daß er stillschweigend in die Mühle gehen, daselbst eine Binde üm den Halß von einem Sacke stehlen, und sich damit curiren solle. Es kömmt immer ein Dieb über den andern, und alle verrichten ihre Diebs-Griffe stillschweigend. Dahero mir auch alles für nicht-richtig, sondern für verdächtig vorkömmt, was stillschweigend geschehen soll, als das stillschweigende Schatzgraben, stillschweigende Wasserholen, stillschweigende Wünschel-Ruthen-Schneiden oder Brechen, stillschweigende Farren-Saamen-Holen, Alraungen unter dem Galgen graben; und was dergleichen stillschweigende Teufels-Arbeit mehr ist. Denen allensamt (wenn sie nicht noch in Zeiten Busse thun) der Satan endlich davor stillschweigend die Seelen in Abgrund der Höllen führen, und sie daselbst laut genug wird schreyen lernen. Wer sonst ehrliches Gemüthes ist, dem schauert die Haut vor einen Diebs Titul, und ist auch kein schändlicher Nahme, als Dieb. Wer will denn nun so verzweifelt toll und alber seyn, und sich den Diebs-Nahmen an einem elenden [88] Sack-Band erwerben? sintemahl es ja wider alle Vernunfft streitet, daß das Stehlen die Geschwullst soll heilen. Es sey denn zu verstehen, daß einer, der stiehlt, und gehenckt wird, ob ihme gleich der Halß noch so dicke geschwollen wäre, des Henckers Strick ihme dennoch einschnüren würde, daß er dünne werde. Soll es das Sack-Band aber an- und vor sich selbst thun, und einen geschwollenen Halß heilen, so wird ja wohl ein ieder Hauß-Wirth einen Mehl-Sack in seinem Hause haben, daß er nicht erst diebischer Weise in der Mühlen darnach suchen müsse. Aber natürlicher Weise kan weder das Stehlen noch das Band etwas fruchtbarliches ausrichten, und bleibt demnach diese Kunst ewiglich erlogen Diebs-Werck. Man giebt sonst insgemein vor, daß, so die Diebe in der Mitternacht in einem Hause könten stillschweigend einen grossen Hauffen auf den Tisch s.v. hofiren, so könten sie in selbigen Hause so lange, als der Koth warm wäre oder rauchte, ungebindert stehlen. Dieses glaube ich aber keinesweges; es sey denn, daß andere Gauckel- und Zauber-Possen mehr dabey fürgenommen würden, Aber das wolte ich fast eher glauben / daß ein abergläubischer Affe seinen geschwollenen Halß noch viel eher solte heilen, wenn er einen solchen ietzt erwehnten warmen Hauffen um den Halß legte, als daß er ein elendes Sack-Band um solchen bindet. Ich weiß aber vor dergleichen Halß-Beschwerungen viel andere und bessere Mittel, die nicht nach Dieben stincken, als wie die vorigen.


[89]

Wer sich den Strick um seine Kehlen Und Halß stillsckweigend selbst will stehlen, Derselbe muß gar nicht bedencken, Daß er könn bleiben dran bedencken.

Das 32. Capitel
Das 32. Capitel.
Wer Frühlings-Zeit die erste Schwalbe siehet / der stehe alsbald stille/ grave mit einem Messer in die Erde und zwar unter den lincken Fuß / so findet er eine Kohle/ die ist das Jahr gut wider das kalte Fieber.

Daß die Kohlen vors Kalte gut sind, kan kein Mensch läugnen? Und ie mehr gebrannte Kohlen in einem Ofen liegen, ie mehr Kälte vertreiben sie aus dem Gemach, darinnen der Ofen stehet. Ob aber ein Köhlgen, welches man unter dem lincken Fusse aus der Erden graben soll, zu der Zeit / wenn man in Frühlinge die erste Schwalbe siehet, auch so kräfftig ist, das kalte Fieber zu vertreiben, das will mir nicht zu Kopffe gehen. Uberdiß so wolle man mir doch zu erst sagen, wo denn die Kohle in die Erde komme, und zwar gerade unter den lincken Fuß dessen, der zum erstenmahl im Jahre eine Schwalbe siehet. Ich muß zwar selbst gestehen, daß ich einsmahls dergleichen Kohle auf ietzt beschriebene Art gefunden habe, aber weder in vorigen noch nachkommenden Jahren habe ich das geringste Köhlgen nicht finden können. Das mahln, da ich eine fand, stund ich gleich in unsern Hofe, allwo es kein [90] Wunder war, weil durch vielen Brand- Schutt die Kohle mit kunte allda begraben liegend blieben seyn. Ich habe nur ohnlängst in eines berühmten Mannes herausgegebenen Tractat gelesen, daß dieser meldet, er habe allemahl, wenn er im Früh-Jahre die erste Schwalbe gesehen, unter seinen lincken Fuß in der Erden eine Kohle gefunden. Wiewohl ich nun zwar diesem Autori nicht eben wiedersprechen will, so vermuthe ich doch, er habe die Sache einmahl vor allemahl probirt, aber hernach im Aufschreiben einmahl vor allemahl gesetzt. Denn ob es gleich nichts rares ist, daß man eine Kohle oben in der Erden findet, weil solchem der ausgelauchten Asche, bald auf die Aecker und Felder / auf die Wiesen, und in die Gärten gestreuet wird, und weil eine Kohle leichtlich nicht faulet, so werden derer überall angetroffen, die auf nur beschriebene Art verstreuet worden sind. Daß aber dieser Glaubens-Punct alle Jahr, und bey einem iedweden universal sey, und ohnfehlbar eine Kohle gefunden werde, solches kan ich, aus eigner offt versuchten Probe, mit Wahrheit verneinen. So nun die Findung solcher Kohlen nur zuweilen geschicht, so erhellet daraus Sonnen-klar, daß es nichts als natürliche Kohlen sind, welche ohnversehens mit in die Erde geackert, oder auf andere Weise verschüttet worden sind. Wer nun diesen Kohlen die Krafft das Fieber zu vertreiben zueignen will, der muß wahrhafftig auch allen andern in der Erden liegenden Holtz-Kohlen diese Eigenschafft beylegen, oder mag gewärtig seyn, daß er mit unter die [91] Zahl derer abergläubischen Weiber gerechnet werde. Ob aber das Fieber sich mit solchen Kohlen vertreiben lasse, habe ich noch keine Probe gesehen. Vielweniger hat mir noch iemand erwiessen, daß durch das Anschauen der fliegenden Schwalbe einer könte der unter seinem lincken Fuß in der Erden liegenden Kohle stracks eine solche Krafft mittheilen. Und warum muß es denn eben die erste Schwalbe (die doch wohl schon von 1000. anderen Personen gesehen worden ist) seyn, die man doch nur gemeiniglich nur eine Minute im Gesichte behält. Daher ich schliesse, daß die Schwalbe ebenfals nichts beytragen kan.Ergo sage man mir von diesem Specifico antifebrili her, was man will, so finde ich doch nichts nützliches daran.


Ein ieder will vors Fieber etwas wissen, Doch wird ein ieder wohl Mit einer schlechten Kohl Das Fieber uncuriret lassen müssen.

Das 33. Capitel
Das 33. Capitel.
Wenn man bey Grabung eines Schatzes Brod bey sich hat / so können einen die Gespenster nicht verstören.

Man lieset zuweilen in denen Inqvisitions-Acten derer Diebe, daß manche Diebe / bey Besteigung derer Häuser, die rumorenden Ketten-Hunde mit einem Stück Brod besänfftigen, daß sie von denselben an ihrer Mauserey nicht gestöret würden. Dieses lässet sich gar wohl practiciren [92] und ist gar natürlich. Wie aber will man mit ein wenig Brod den höllischen Ketten-Hund, den Teufel, besänfftigen, daß er einem Menschen den in seiner Gewalt habenden Schatz solte hinweg practiciren lassen? Das müste wahrhaftig ein sehr hungriger Teufel seyn: Ich frage euch toll und thörichte, abgöttische, abergläubische, Schatz-begierige, albere Hasen, was haltet ihr denn wohl von denen Geistern, welche die Schätze zum Theil (denn die in Kriegs- und anderer Noth verwahrten Schätze sind solcher Wächter nicht unterwürffig) besitzen? meynet ihr denn, weil sie zuweilen (wo es anders noch wahr ist) als grosse schwartze Hunde erschienen sind, sie riechen euer Brodt / und bekommen einen Appetit darnach? Ach! weit gefehlet. Ihr sprecht, es wären Geister; kan wohl seyn. Sind es denn Geister, so können es keine gute seyn; wie solches nach unserer wahren Evangelischen Lehre weitläufftig und zur Gnüge kan erwiesen werden. Sind es denn böse, so müssen es Teufel seyn. Dieses werdet ihr mir alle gestehen müssen, oder ihr seyd keines reinen Glaubens. So es denn nun Teufel sind, so wird sich kein Teufel vor dem Brod fürchten; solte der Satan sich vor dem Brodte fürchten? warum heist er denn unsern Heyland, JEsum Christum, in der Wüsten aus Steinen Brod machen? Hat er sich damahls nicht vor dem Brod des Lebens gescheuet? ey so wird er sich auch vor gantzen Backöfen voll, geschweige vor einem Stücklein Brod im geringsten nicht scheuen. Will mancher [93] Narr gedencken, es sey gewiß genug / und will es auch aus eigener Erfahrung bekräfftigen; dem sage ich ohne Scheu, daß er mit dem Brodte keinesweges den Teufel oder seine Engel betrogen habe /sondern der Teufel habe vielmehr ihn damit betrogen, und vermuthlich seine Seele gefangen. Ich bekenne, daß ich des Geldes so benöthiget bin, als einer, wer der auch sey; aber das sage ich auch mit unveränderter Resolution, daß, so ich in einem Hause wohnete, von dem man sagete, es läge um die oder die Gegend ein Schatz vergraben, welcher aber besessen wäre, welches man daher behauptete, weil vorige Zeit gedachter Schatz wäre gesehen worden, es hätte sich aber das und das (ja wenn es auch nichts, als ein Licht gewesen wäre) dabey sehen lassen, etc. so sage ich, wenn ich gleich selbst nichts weder gehöret noch gesehen hatte, und ich ließ an selbigem Orte ohngefehr zu einem Bau aufgraben, und träffe unverhofft daselbst den ehemahls beschriebenen Schatz an, könte selbigen auch, ohne einige Hinderniß, gleich hinweg nehmen, so würde ich mich doch sehr bedencken, mich dessen anzumassen; in Besorgung, daß dieses des Teufels sein Werbe-Geld seyn möchte, womit er mich zu seinem Dienst zu erkauffen gedächte. Denn was der Teufel einmahl in seiner Gewalt hat, wird er schwerlich umsonst aus seinen Klauen fahren lassen. Wenn das mit saurer Müh und Fleiß rechtmäßig erworbene Geld / oder das mit Recht ererbte Reichthum capable genug ist, viel tausend Seelen ins Satans Gewalt zu stürtzen; Ey [94] was will denn erst das Geld und Gut, das des Teufels eigen schon gewesen ist, wohl vor einen Weg weisen? Geld und Guth macht zwar Muth; Muth aber macht Ubermuth, und Ubermuth thut nimmer gut. Wer nun aber dennoch von vergrabenen Schätzen suchet reich zu werden, der wage es auf seine Gefahr; ich versichere ihn, er nehme gleich zu sich, was er nur wolle, der Geist wird sich daran nicht kehren.


Ein Geist, der so viel Jahr gesessen, Den Sckatz bewacht, und nichts gefressen; Der wird auch wohl ein Stücklein Brod Mehr achten nicht, als wäre es Koth.

Das 34. Capitel
Das 34. Capitel.
Pathen-Geld machet reich / und bringet Glück.

Ja, nachdem damit verfahren wird, und nachdem GOtt will. Nicht weit von Arnstadt in Thüringen war eines Bauern Sohn, welcher, als ein Knabe von zwölff Jahren, hatte in seines Vaters Stoppeln, zur Erndten-Zeit / Aehren aufgelesen, und das Geträyde ausgeklopffet; Nach der Erndte nahm er eine Hacke und ein Grabescheit, und grub mit seines Vaters Bewilligung ein Stück lange Jahr wüste gelegenes Feld, so viel er vermeynte zu seinem Bißgen aufgelesenen Saamen zu bedürffen, auf, worzu ihm seine Schul- und Spiel-Cammeraden mit Lust halffen. Ferner gieng er mit einem alten Trag-Körblein auf denen Angern herum, allwo das Vieh geweydet wurde, und schauffelte den Koth [95] vom Vieh zusammen / und trug es auf sein Bißgen aufgegraben Feld, ja wenn er seine eigene Nothdurfft s.v. verrichten wolte / lieff er dahin, und setzte es auf sein Feld, weil es nahe lag. Zu gewöhnlicher Zeit säete er sein Bißgen Saamen im Nahmen GOttes hinein, und erlangete GOttes Seegen / daß er im andern Jahr zehenfach einerndten konnte. Er fuhr auf solche Art noch ferner fort / und war so glücklich, daß er hier durch ein reicher Bauer wurde, ohne iemandes Beyhülffe. Solte man nun nicht können glauben, das Geträyde, so aus denen aufgelesenen Aebreu geklopffet worden ist, machte reich; aber doch erinnere ich mich nicht, solches iemahls gehöret zu haben, da mir doch die Gefahrenheit aus obig-angeführten Exempel es selbst gewiß machet. Derowegen setze ich den Fall, daß ein oder das andere mahl geschehen sey, daß Kinder ihr Pathen-Geld an etwas angeleget haben, dabey sie guten Profit gemacht, und endlich sich ein gut Stück Geld erworben haben. Aber da bin ich gut davor, daß es dem Hunderten nicht glücket. In meiner Jugend gedachte mein lieber Vater mir und meinem Geschwister auch einen Profit mit unsern Pathen-Gelde zu machen, nahm derowegen selbiges, und kauffte Haber davor, welcher damahls sehr gutes Preisses war. Was geschah? Der Haber blieb ein Jahr liegen, dem lieben Vater fielen selbiges Jahr zwey Pferde um; derowegen er mit grossem Verlust sich ein paar andere kauffen muste. Sein eigener Haber, den er ausgesäet hatte, wurde vom Wetter [96] zerschlagen / derowegen er den vor unser Pathen-Geld erkaufften Haber verfüttern ließ; u. obgleich selbige Zeit der Haber wieder theuer war, so hatte doch mein Vater sein eigen Geld vor die Pferde ausgegeben, und gieng also Haber und Geld zugleich dahin. Hierbey kan ich keine Probe finden, daß das Pathen Geld reich mache. Denn ob gleich der Haber theuer wurde / und also gar leicht ein guter Gewinn daran zu machen gewesen wäre, so wölte doch kein Glück dabey erscheinen; hingegen hätte es mögen Pathen- oder ander Geld seyn, so hätte doch wohl der profit erfolgen können, wenn der Seegen Gottes und das Glück sich hätte dabey einfinden wollen.


Der Seegen GOttes machet reich, Ob wär das Pathen-Geld auch gleich Nicht mehr verhanden und verthan, Es kömmt auf GOtt und Glück nur an. Bet' und arbeit fein mit Verstand, So kömmt dir GOtt und Glück zur Hand.

Das 35. Capitel
Das 35. Capitel.
Ein ohngefehr gefundener Huff-Nagel ist gut / wenn einem etwas gestohlen worden ist / und man schlägt solchen auf die Stätte / da allzeit Feuer ist / so muß einem das Seine wieder werden.

Saenge deinen Huth an einen Pflock an die Wand, so magst du ihn wieder hinweg nehmen / wenn du wilt; oder setze deinen Stab hinter die Thür, so must du ihn auch daselbst wieder [97] erlangen. Also wird es bey diesem Glaubens-Punct auch seyn: Schlägst du deinen Huff-Nagel in den Heerd, so muß er dir wieder werden, und magst ihn wieder heraus ziehen, wenn du wilt; also wird dir das Deine, das du eingeschlagen hast, wohl wieder werden, denn an einem alten Huf-Nagel vergreifft sich so leicht niemand; Aber, ob du was werdest wieder bekommen, was dir gestohlen worden ist, davon habe ich bey keinem Evangelisten etwas gelesen, und glaube dahero nicht / daß es wahr sey. Wäre es auch wahr, so würden gewiß die ohngefehr gefundenen Huff-Nägel in mehrern Ehren gehalten werden, als so. O wie würde ein jeder so leichte wieder zu seinem verlohrnen Gute gelangen; aber da es mehr als zu bekannt ist, daß, so iemand etwas verlohren hat, ob auch gleich vielmahl grosse Unkosten /gnugsamer Fleiß und Vorsichtigkeit / auch wohl zuweilen mit Lebens-Gefahr, angewendet worden, er dennoch das Seinige, so ihm gestohlen worden, nicht wieder erlangen können; so ist destoweniger glaubwürdig, daß man durch ein so elendes Ding, wie ein gefundener Huff-Nagel ist, wieder zu dem, was einem Diebe entwendet haben, gelangen könne. Denn natürlicher Weise geschicht es nicht, und kan auch nicht geschehen; übernatürlicher Weise aber wird GOtt in dergleichen unerheblichen Fällen auch niemanden einen absonderlichen Braten, so zu reden, anrichten.Ergò ist es Thorheit und alberer Aberglaube.


[98]

Nimmst du den Canon wohl in acht,

So wirst du bald ersehen,

Daß ihn ein loser Schalck erdacht,

Und must ihn so verstehen:

Wenn iemand, wo stees Feuer ist,

Kan frey ein Loch einbohren,

Derselbe wird der Diebe List,

Wo er was hat verlohren,

Durch seine Kunst auch treiben bald,

Daß ihm muß wiederkommen,

Was ihm durch ihre Diebs Gewalt

Sie haben weggenommen.


Denn gleichwie niemand so leicht wird zu Einschlagung eines alten stumpffen Huf-Nagels, an einem solchen Orte, wo stets Feuer brennet, können ein Loch bohren, weil die grosse Hitze es ihme nicht wird erlauben / also wird es auch schwer zugehen, daß einer das, was die Diebe geholet haben / wird wieder bekommen, und ist eine Redens-Art, als wenn man saget: Wer einen Mohren weiß badet, der wird eine Erbschafft von hundert tausend Reichs-Thalern bekommen.

Das 36. Capitel
Das 36. Capitel.
Die Huren-Kinder sind glücklicher / als ehrliche Leute.

Das will ich wohl glauben! Denn gleichwie ohne allem Zweifel hier verstanden wird das zeitliche und vergängliche Glück / worzu die Gottlosen am ersten gelangen; Also ist kein Zweifel, daß ein Huren-Kind, als welches von seiner bösen und weltlich-gesinnten Mutter, in allerhand Hilpers-Griffgen und losen Räncken [99] erzogen worden ist, ungescheuet ein Ding hazardiret, und offt bey einer Sache glücklich fähret, die ein ehrlicher Mann vorzunehmen Bedencken träget, weil er besorget, dabey in einen Schimpff zu fallen. Glückt es nun einem Huren-Kinde, so wird es gerühmet, und heist ein kluges Unternehmen. Glückt es aber nicht, und die Sache läufft auf einen Schimpff hinaus / so achtet ein Huren-Kind den Schimpff so wenig, als ein Feuermäuer-Kehrer einen rußigen schwartzen Fleck im Angesichte. Ja wenn eine unehrliche Person einen Fehler begehet, da wird niemand sonderlich davon reden, und der Schimpff ist nicht halb so groß, als wenn das Versehen von einem ehrlichen Manne geschehen wäre. Der Mund der Wahrheit sagt ja wohl recht: Die Kinder dieser Welt sind klüger, denn die Kinder des Lichts in ihren Geschlechte. Die Huren-Kinder sind Kinder dieser Welt, nach ihren Herkommen und Geschlecht. Ergò sind sie, nach weltlicher Art, auch klug, das ist: Listig / betrüglich, verschmitzt, kühn, verwegen, und auf solche Weise auch glücklich. Wem nun aber dieses Glück gefällt, der mag sich auch mit unter die Huren-Kinder rechnen, weil ohnedem mancher nicht weiß, ob der sein rechter Vater gewesen sey, nach dem er sich aus der Mutter Anleitung nennet. Und habe ich mich viel-und offtmahls verwundert, warum es doch in der Welt so eingeführet sey, daß ein Mensch sich nach dem Vater nennet, da doch die rechte ehrliche Geburt und Ankunfft eintzig und allein auf der [100] Mutter Ehre und Treue ankömmt. Denn wenn gleich einer noch so ein ehrlicher und berühmter Mann ist, dessen Ehe-Weib aber hält es mit andern Manns-Personen, es sey so heimlich, als es wolle, so sind doch die Kinder, die sie gebieret, s.v. Huren-Kinder. Schade aber ists / daß diese nicht im Mutter-Leibe gezeichnet werden, daß sie vor andern kenntlich wären. Es sey aber immer, wie es sey; Haben die Huren-Kinder Glück vor andern, so mögen sie es haben, ich gönne es ihnen gern, und lieber, als mir selbst; denn dergleichen zeitliche Ehre will ich gerne entbehren, und will mich mit meinem Creutz und gewöhnlichen Trübsal und Elendbehelffen, und es vor lauter Glück achten, auch mit Hiob sagen: GOtt ist mein Gold.


Obgleich ein Huren-Sohn Offt trägt viel Glück davon, So bleibt sein Nahme doch Unehrlich immer noch.

Das 37. Capitel
Das 37. Capitel.
Wenn man bey Tauffung eines Kindes ein Stücklein Brod weyhen lässet / so fehlet es des Kindes Eltern nicht an Brod.

Weil die Narren ein solch bißgen Brod gemeiniglich fleißig einwickeln, und heilig aufheben, so bleibet ihnen dieses Brod allezeit, und fehlet ihnen solcher gestalt kein Brod, also, das sie gar kein Brod hätten /denn wenn sie gleich [101] sonst kein Brod hatten, so haben sie doch dieses, und haben also allezeit Brod. Ob es aber ihnen nicht an Brod fehlen würde, wenn Theuerung und Hungers-Noth über ein gantz Land käme, darinnen solche Leute wohneten? wolte ich fast zweiffeln, ja vielmehr gar glauben, daß solche Leute mehr Mangel an Brod haben würden, als andere, die ihre Hoffnung auf die Vorsorge GOttes gesetzt hätten. Und so die Langmuth und Güte GOttes nicht so gar groß wäre, so wäre kein Wunder, GOtt straffte solche abgöttische Thoren mit Hungers-Noth, daß sie nicht mehr Brod erlangen könnten, als das eintzige Bißgen, das sie mit haben tauffen oder weyhen lassen, und wenn dergleichen Straffe und Gerichte GOttes über einen oder zwey ergienge, so würden die übrigen Narren wohl klug werden; Aber wo gedencke ich hin? Hören sie Mosen und die Propheten nicht, so würden sie auch nicht gläuben, ob ihnen solches wiederführe.


Wer sich mit einem Bissen Brod Will sättigen in Hungers-Noth, Dem laß ich seinen Willen gern, Ich aber trau auf GOtt den HErrn, Und weiß, daß nicht allem ich leb Vom Brod, das mir zwar GOtt auch geb, Sondern vielmehr von seinem Wort, Das mich woll nehren hier und dort!

Das 38. Capitel
Das 38. Capitel.
Wer im Neuen Mond sein Geld zehlet / der hat hernach immer Geld.

[102] Warum? der Mond nimmt alsdenn zu, biß er voll wird. Ist zwar gut gezielet, aber blut-übel getroffen. Der vierzehende Aberglaube des vorigen andern Hundert lehret, daß man den Neumond nicht soll in leeren Beutel scheinen lassen / weil man sonst so lange, als solcher Mond währet, würde Geld-Mangel haben. Dieser ietzt vorhabende Punct aber weiset schnurgerade das contrarium an / und wenn man diese Puncte beym vollen Monden-Licht recht beschauet, so sind sie alle beyde s.v. erlogen. Solte deswegen das Geld zunehmen, wenn es im neuen Mond gezehlet würde, das wäre etwas schnackisches; darbey aber würde doch gleich wohl auch zu besorgen seyn, daß bey dem vollen Mond hernach das Glück wieder ins Abnehmen kommen dürffte, wenn sich das Geld nach dem Monden-Wechsel richten thäte. Nicht ohne ist es zwar, daß der Mond in unterschiedliche Dinge wircket, nach dem er ab- oder zunimmt; als zum Exempel: In Pflantzen, Bäumen und Gewächsen, in Witterung und dergleichen / (wiewohl auch gewöhnlich in diesen Fällen mehr geglaubet wird, als offt die wahre Erfahrung ausweiset) alleine in Zehlung des Geldes zur Zeit des Neumondens kan natürlicher Weise der Mond nichts würcken; und gemahnet mich nicht anders, als wenn am Neuen-Jahrs-Tage manche Narren vorgeben wollen, daß alles, was man am Neuen-Jahrs-Tage thäte, man das gantze Jahr thun müste, als zum Exempel: Wer am Neuen-Jahrs-Tage etwas borget, der muß das gantze Jahr borgen; Wer an diesem Tage kranck [103] Ey ja freylich, wer am Neuen-Jahrs-Tage stirbt, der ist gewiß das gantze Jahr todt; und wer am Neuen-Jahre ein Narr ist, der wird wohl das gantze Jahr nicht viel klüger werden. Wie lange währet denn wohl die Zeit, da der Mond neu ist? es trägt ja nur so zu sagen einen Augenblick aus, und nimmt alsdenn stracks zu. Wer kan aber so just denselben Augenblick treffen, daß er sein Geld nicht zu bald noch zu langsam zehle? Wahr ist es, daß so man im Neumond das Geld zehlet, und solch Geld aufhebt / man alsdenn immer Geld hat, nemlich das, welches man aufgehoben hat; so man aber das Geld ausgiebt, und hat sonst auch keines mehr, so wird es daran fehlen, ob es auch gleich alle neue Monden gezehlet gewesen wäre.


Zehl dich satt mit deinem Gelde / Biß der Mond im weiten Felde Seinen Schein läßt sehen. Hast du viel, wirds schwerlich bleiben, Nichts kanst du mit Null beschreiben, Keines bleibt bestehen. Wie der Mond nimmt zu und abe, Also ist auch Geld und Habe Beyden'n Arm und Reichen. Bald wird einer Reich gepriesen, Bald ins Armen-Hauß verwiesen. Stets muß etwas weichen.

Das 39. Capitel
Das 39. Capitel.
Wenn man einen Creutz-Dreyer oder dergleichen Dreyhellers-Pfennig auf einen [104] Schatzwirfft / so kan er nicht wegweichen oder verschwinden.

Das mag wohl seyn! noch weniger aber würde der Schatz verschwinden, wenn du s.v. einen feinen grossen Haussen drauf hofirtest. Aber / o einfältiger Tropff! bist du denn nicht so klug / daß du den Wort-Verstand besser erkennest? Wenn du den Schatz also hast, und dessen theilhafftig bist, daß du einen Dreyer kanst drauf werffen, so wird er nicht verschwinden; denn das sind lauter Lügen und Fabeln, da zuweilen gesagt wird / es habe sich hier oder dort ein Schatz sehen lassen / sey aber wieder verschwunden; denn etwas cörperliches kan natürlicher Weise nicht verschwinden: Wenn aber etwas gesehen wird, und verschwindet, so ist es nichts gewesen, als eine teufelische Blenderey, darauf du nimmermehr einen Dreyer wirst werffen können. Also ists freylich wahr, daß ein Schatz nicht verschwindet, worauf man einen Creutz-Dreyer wirfft. Ja, wer erst den Schatz hätte, der fein viel austrüge, zum Creutz-Dreyer würde wohl Rath, und so ja auch keiner zu haben wäre, so riethe ich, man nehme einen Creutz-Thaler, an statt des Dreyers; aber daß es nicht heissen möge, Wasser in die Elbe tragen, so soll und muß es ein Creutz-Dreyer, und nicht ein Thaler seyn. Es ist aber beydes nicht vonnöthen, denn wenn man den Schatz gewiß, und nicht mit verblendeten Augen siehet, so setze ich meine Ehre zum Pfande, er wird nicht verschwinden. Das Verschwinden wird auch nimmermehr einem begegnen / [105] als nur solchen Leuten, welche groß Verlangen tragen nach Reichthum, oder Tag und Nacht begierig sind, einen Schatz zu finden, denen ihre Gedancken stets voll sind von solchen Phantasien, und bllden sich immer in Vorrath ein, ob hätten sie den Schatz oben beym Kopffe. Ja, es hat sich aber gar übel geschatzt, wenn das Hauß und der Keller unterwühlet und grundloß gemacht sind, und man hat nichts, als Koth / bekommen. Das mag wohl heissen: Die da reich werden wollen, fallen in Versuchung und Stricke, und viel thörichter und schädlicher Lüste, welche sencken ins Verderben / was denn Resp. nicht allein der Menschen Seelen, sondern auch dero Häuser und Vermögen. Und kenne ich selbst sehr viele, die eintzig und allein durch das verfluchte Schatz-Suchen sind zu Bettlern und verachteten Leuten worden. Drum wäre mein Rath: Manum de tabula.

Das 40. Capitel
Das 40. Capitel.
Am Fastnächte-Tage soll man Hirsen essen / daß einem das Geld qvillet.

Das weiß ich wohl, daß der Hirse qvillet, wenn er gekocht wird; aber das hab ich mein Lebtage noch nicht erfahren, daß das Geld qvillet, und wird nimmermehr kein Groschen so groß aufqvellen, daß er einen Thaler gilt, ob man ihn auch gleich im Spanischen Weine oder Malvasier kochete. Das weiß ich auch wohl, daß das Geld viel eher noch kleiner wird, als es von [106] Anfang gewesen; sonderlich, wenn es in der Jüden, oder auch in der diebischen Kipper und Wipper ihre Diebs-Hände geräth, die es so fein und sauber zu beschneiden wissen / daß man es kaum gewahr werden mag. Das Geld, so erst aus der Müntze kömmt / ist nichts anders, als der volle Mond. Denn das neue Geld ist noch voll, und ohne Abnahme; aber sobald es aus der Müntze ist / sobald fängt es auch an abzunehmen, biß fichs gar verkrichet, und unsichtbar in die Schatz-Kästen flieget. Auf was Weise aber das Geld qvellen soll, und wie der Hirse hierzu seine Mitwürckung verrichten könne, das kan ich mit meinen Sinnen nicht erreichen. Und ob auch gleich das Geld eine solche Materie wäre, die könte aufqvellen, so kömmt mir doch die Sache zu absurd vor / daß man den Hirse essen soll, und zwar eben am Fastnachts-Tage. Warum muß man denn den Hirse essen? Ich vermeynte, es wäre besser / man frässe das kleine Geld, und hofirte s.v. wieder grosse Thaler; welche seine Arbeit wäre, als wie bey jenem Bretschneider, der sein Pferd mit Säge-Spänen fütterte, in Hoffnung / daß es würde Bret-Klößer hofiren. Aber was mag ich mich denn verwundern über eine so offt probirte Sache? Ist denn nicht bekannt genug, wie nehmlich einige Künstler aus Bley, Kupffer und andern Metallen können grosse Qvantitäten Gold machen, so kan es auch wohl seyn, daß aus Hirse Geld wird. Die Materia, woraus die Alchimisten Gold machen, heissen sie Lapidem Philosophorum; wer weiß, ob die Fastnachts-Narren [107] und Hirsen Fresser nicht eine Materiam bey sich oder vielmehr in sich haben, die Lapis Stultorum heißt, welche den Hirsen, den sie essen, zu Gelde macht. Gleichwie ich aber noch nicht gesehen habe, daß einer hat Gold machen können aus einer Materia, worinnen kein Gold gewesen ist; also glaube ich auch nicht, daß das Hirsen-Brey-Fressen an Fastnacht kan einigen Beytrag geben, daß einem das Geld qvellen müsse. Ist es aber ja einmahl geschehen zu der Zeit /da das lederne Geld ist gangbar gewesen, daß einer sich hat voll Hirsen-Brey gefressen, und hernach irgend seine lederne Müntze voll gespyen / davon sie aufgeqvollen ist, so ist darauf gar nicht zu sehen, weil ein grosser Unterscheid zwischen lederner und metallener Müntze ist; und wäre demnach ietziger Zeit nicht mehr darauf Reflexion zu machen. Uber diß alles / so weiß ich nicht, was der Fastnachts-Tag zum Gelde helffen soll? und reimet sich der Hirse-Brey, das Geld / und der Fastnachts-Tag zusammen, als wie die Stadt Nürnberg, und die grosse Glocke zu Erffurth, und denn drittens ein alt Weib, das in die Butter-Milch gehustet hat.


Frißt du an Fastnacht Hirse-Brey, Wird dir der Bauch zwar qvellen; Doch wird dein Geld deswegen frey Und sicher seyn vorm Schwellen. Der Hirse qvillt, der Bauch geschwillt, Das Geld bleibt immer kleine. Drum friß gleich Hirse, wenn du wilt, Vielleicht qvillt dirs alleine,

Das 41. Capitel
[108] Das 41. Capitel.
Wer etwas auf dem Marckt feil hat / und kaufft ihme zu erst ein Knabe oder eine Jungfer ab / der hat selbiges Tages gut Glück zum Verkauff.

Da heist es: Ich habe gute Hanckff gelöset, es hat mir eine Jungfer Hanckffgegeben. Der Anfang ist gut, ich lasse ihn auch gut seyn. Aber mein! sage mir, wo bleibet denn hier das Huren-Glücke, wovon sonst so viel Rühmens gemacht wird, wenn der Teufel denen abergläubischen Leuten einbildet / daß, so einem frühe morgens eine Jungfer begegnet, so bedeutete es Unglück, begegnete einem aber eine Hure, so bedeutete es Glück? wie im 85. Capitel des vorigen Hundert mit mehrern zu sehen seyn wird. Wenn einem früh eine Jungfer begegnet, soll sie Unglück bedeuten; Hier aber / wenn sie einem die erste Loosung bringet, soll es Glück bedeuten; Wie reimet sich denn das mit jenem? und scheinet es, als ob die abergläubischen Hasen selbst nicht recht wissen, wie sie bekehret sind. Ein ieder trägt groß Verlangen nach Glück und gutem Verdienst, und diese Begierde gebieret die Hoffnung, dahero nebst der Begierde immer auch gute Hoffnung ist, ob würde das, wornach man Verlangen trägt, sich bald finden; so aber die Hoffnung nicht bald erfüllet wird, so pfleget der Mensch auf Mittel zu dencken, dadurch dasjenige möge erlanget werden, was nicht von selbst kommen will, und in solcher närrischen Verwirrung und mit Begierde [109] und Hoffnung vermengten Gedancken fället er insgemein auf solche seltsame Mittel, die mehr närrisch und ungereimt, als vernünfftig angesehen werden können. Und weil in solchen Fällen die List des Satans nicht säumig ist, so ists gar leichte / daß allerhand Aberglauben auf solche Weise ersonnen werden. Ein Reicher, der seine Scheune und Böden voll Korn und andere Früchte liegen hat / der ist doch noch nicht ersättiget, sondern verlanget noch mehr Glück, und bildet sich allerhand Glücks-Zeichen darbey ein, daß auch der Sperling, als der an einem solchen Orte sich gern aufzuhalten pfleget, muß Glück bedeuten, die Schwalben aber, als welche allda nicht viel annisteln, müssen Unglück bedeuten. Hingegen eines armen Mannes Hause, allwo sich kein Sperling, wohl aber die Schwalben ernähren, und die daselbst befindlichen Fliegen hinweg schnappen können, allda bildet sich der Arme ein die Schwalben brächten Glück. Also bildet sich ein ieder selbst eine Glücks-Bedeutung nach eigenen Gefallen ein, es mag sich auch gründen, worauf es wolle.


Es ist alles Glück Ja nur ein Geschick. Glücks, so glücks nach GOttes Willen, Drum mach ich mir keine Grillen, Es geb Handkauff, wer es sey, GOttes Seegen sey darbey.

Das 42. Capitel
Das 42. Capitel.
Die erete Loosung oder Handkauff soll man an die Erde werffen / und mit Füssen treten, [110] so wird der Handel den Tag desto glücklicher gehen.

Ich habe wohl eher selbst mit Augen gesehen, daß die Kramer das Geld, so sie früh zuerst einbekommen haben, nicht allein auf die Erde geworffen, und mit Füssen darauf getreten, sondern es auch nicht eher, als auf den Abend, wieder aufgehoben haben. Woher nun aber dieses närrische Vornehmen seinen Ursprung haben mag, weiß ich nicht. Die Erstlinge derer Früchte im Alten Testament wurden GOtt gewidmet und übergeben, ohne Zweifel darum, daß damit GOtt solte gedancket, und durch das Dancken zu fernern gnädigen Gedencken bewogen werden. Die erste Loosung oder der erste Handkauff ist in der Handlung nicht anders, als die Erstlage des Seegens GOttes zu achten; dahero wohl nicht übel gethan würde, so die Krämer solch Geld oder die Erstlinge GOtt widmeten, oder seine Glieder, nehmlich Lehrer und Prediger, Kirchen und Schulen / auch arme fromme Christen, damit begabten. Aber, aber! ob sie gleich die erste Loosung hin auf die Erde, oder, wie es einige aussprechen, zu GOttes Boden werffen, so sind sie doch / wie die unverschämten, irraisonnablen Kinder, welche zwar offt einem etwas schencken, aber bald wieder haben wollen. Sie nehmen das bald wieder zu sich / und heben es von GOttes Boden oder der Erden wieder auf, nehmen es zu sich, nicht bedenckend, daß Gott ihnen anderer Zeit wieder eine Vergeltung [111] thun werde. Was vor allerhand Thorheiten zwischen Käuffern und Verkäuffern ersonnen werden, in Ansehung der ersten Loosung oder so genannten Hanckff, das ist theils im vorigen, theils auch im 88. und 89. Capitel des ersten Hundert dieser Aberglauben mit mehrern abgehandelt und gewiesen / und will ein jeder bemühet seyn, durch allerhand albere Künste sein Interesse zu befördern. Der Käuffer denckt, wenn er den ersten Hanckff giebt, so bekömmt er die Waare etwas bessers Kauffs; der Verkäuffer kan es auch dem Käuffer so einschwatzen; auch gehet es also mit der letzten Loosung auf den Abend oder zum Feyerabend zu. Da gehet es beyderseits an ein Lügen, Schweren und Vermessen, daß einem, der zuhöret, der Schauer möchte überlauffen. Da heißt es wohl recht, wie Sirach cap. 27. schreibet: Ein Kauffman kan sich schwerlich hüten für Unrecht, und ein Krämer für Sünden. Denn um Guts willen thun viel Unrecht, und die reich werden wollen / wenden die Augen ab. Wie ein Nagel in der Mauren zwischen zweyen Steinen steckt, also steckt auch Sünde zwischen Käuffer und Verkäuffer. Solte zu Sirachs Zeiten nicht auch Aberglauben unter denen Kramern getrieben worden seyn, solte michs Wunder nehmen? Aber was bekümmert mich dieselbige Zeit, gnug, daß ietzo so vielerley solche Zauber-Possen getrieben werden, daß mancher abergläubischer Narr gern noch mehr thäte, wenn die alten Weiber nur noch mehr erfinden könten. Was diesen ietzt vorhabenden Punct anlanget / [112] würde mir es wenig Mühe machen, solchen gründlich und zur Gnüge zu widerlegen; ich hoffe aber, ein verständiger Mensch wird aus dem jenigen, was ich schon angeführet habe, zur Gnüge ersehen, daß der Canon auf einer thörichten Phantasie beruhet, die in der Natur keinen Grund findet, sondern allerdings eine Stelle unter denen Aberglauben haben muß.


So du dein Geld werffen wilt, Wirffs in GOttes-Kasten. Daselbst wird es reich und mild, Ohne Ruh und Rasten, Dir vielfache Zinnse tragn; Aber von der Erden Wird man wenig Danck dir sagn, Nichts wird dir dafür werden.

Das 43. Capitel
Das 43. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn der Guckguck nach St. Johannis-Tage schreyet.

Warum? Es bedeutet Theurung. Ey so schrey du Galgen-Vogel, daß du deine Ehre Vergucketest, wenn du nichts guts schreyen wilt! Aber halt, daß ich mich auch nicht irre, was kan der arme Guckguck dafür, daß wir ietzo unsern Johannis-Tag nach dem Gregorianischen Calender feyern? Er richtet sich ohne Zweifel nach dem alten Stylo. Gnug, daß er seinen gewöhnlichen Gesang so wohl nach, als vor Johannis behält; dahero kan ich nicht sehen, ob man dem ehrlichen Kerl könne beymessen, als wäre er mit seinem Geschrey Ursache an der Theurung. Ich [113] habe zwar anderswo gemeldet, wie einige fabuliren, ob wäre der Guckguck ein Becken-Knecht gewesen, der in der Theurung denen armen Leuhen ihren Brodt-Teig bezupffet hätte, weßhalben er auch zur Straffe in einen solchen Raub-Vogel wäre verwandelt worden. Wenn dieses nicht eine Fabel wäre / so möchte man wohl muthmassen, daß ein zu ungewöhnlicher Zeit gehörtes Geschrey eines solchen Wunder-Vogels etwas sonderliches zu bedeuten haben würde: Aber da verständige Leute solche Kinder-Mährlein nur verlachen / so wird niemand unter denselben gefunden werden, der diesem einfältigen Glaubens-Artickul nachhängen wird. Und ob auch gleich einige sich finden möchten, welche dieses Vorgeben wollen beschönigen, als wäre es kein Aberglaube, sondern könte aus natürlichen Ursachen dargethan werden, daß, so der Guckguck nach Johannis schrye, Theurung darauf erfolgte, so werden doch ihre Rationes auch nicht besser beschaffen seyn, als das, was sie damit zu behaupten gedencken. Ich habe etliche Jahre her mit allem Fleiß in Acht genommen, was hier und da die Bauern von der nachkommenden theuren oder wohlfeilen Zeit haben propheceyet, und was sie zum Zeichen angegeben haben; allein, ich habe erfahren, daß nicht ein eintziges mahl die Sache richtig erfolget ist; dahero lasse ich nur die itzige Lügen auch für keine Wahrhett einschwatzen.


Laß nur den Guckguck schreyen so lange, als er will, Wenn er sich satt geschryen, sckweigt er doch endlich

Das 44. Capitel
[114] Das 44. Capitel.
Wenn eine Braut heimgeholet wird / soll sie keine Umwege / sondern die gemeine Strasse fahren / sonst würde sie kein Glück haben.

Gerade zu ist der kürtzeste Weg, sagt Herr D. Heinrich Müller in seinen geistlichen Erqvick-Stunden; und ist dieses auch wahr: Denn wenn man viel Umwege suchet, muß man immer in Sorgen stehen, daß hie und da einer einen Feld-Graben aufgeworffen hat, weßhalben man wieder umkehren muß, und zu der vorgesetzten Zeit nicht an Ort und Stelle anlangen kan. Es ist sonst ein Sprichwort gewöhnlich, das heißt: Sachte mit der Braut, sonst fällt sie. So man nun bey der Heimholung einer Braut wolte sachte fahren / und auch noch Umwege darzu suchen, so würde man langsam mit ihr heimkommen. Dahero ist das wohl am rathsamsten / daß man sachte fahre mit der Braut, aber fein in der ordentlichen Strasse bleibe, wenn sie ja alsdenn fället, so fället sie nicht aus dem Wege. Denn wenn eine Braut auf einem Schlupff-Wege fiel, und könte nicht selbst wieder aufstehen, wer würde sie sobald finden, als wie auf der gemeinen Strassen? Man hat ohnedem wohl eher gehöret, daß gesagt worden, die oder die Braut sey zu Falle gekommen; aber was gehet mich das an? der Bräutigam mag sie wieder aufheben, denn sonst gilt bey einer Braut kein anderer [115] nicht. Daß ich aber nicht zu weit aus dem Wege gehe, so frage ich die Jungfern Bräute auf der allgemeinen Strasse: Worinnen denn das Unglück bestehen würde, wenn sie einen Neben-Weg zögen? Oder worinnen das Glück bestehe, das sie erlangen, wenn sie auf der gemeinen Strasse fahren? Ich zweifele nicht, sie werden mir antworten: Gerade zu sey der kürtzeste Weg, und ie kürtzer der Weg, ie eher kämen sie heim zum Liebsten. Ja, wenn dieses Ihre eintzige Antwort wäre, möchte ihre Meynung wohl nicht zu tadeln seyn; aber so kommen sie mit dem Glück und Unglück aufgezogen, welches ich ihnen nicht zugestehen kan. Denn ob sie gleich sagen wolten. das Glück, so sie auf der gemeinen Land-Strassen hätten, könte darinnen bestehen, daß sie bald an Ort und Stelle kämen, und daß diejenigen, welche ihnen gewöhnlicher Massen entgegen ritten oder führen, sie nicht fehleten, und was dergleichen Lapalien mehr sind; Hingegen könten sie auf einem Um-Wege sich leichtlich verirren, oder, wenn sie irgend iemanden zu nahe auf seine Wiesen oder Aecker führen, gepfändet werden, oder, ander Unglück mehr haben, das in einer freyen Strasse nicht zu besorgen sey. Ja / das ist alle gut, ihr lieben Dinger, aber höret doch auch noch eines: Wenn denn nun auf der freyen Strasse Strassen-Räuber auf euch passeten, oder es gäbe gefährliche ausgefahrne Schläge und Löcher darinnen / welches aber auf Neben-Wegen nicht zu besorgen wäre, was woltet ihr alsdenn wohl einwenden? Heutiges Tages [116] wollen ja überall krumme Wege die besten seyn, und wolte es nicht vor gar langer Zeit ein Klein-Städtischer Bürgermeister gar nicht wohl leiden, wenn einer gerade zu in die Raths-Stube eingieng, sondern fuhr wohl ehe die Leute mit der grämischen Rede an: Oho! fein gerade zu, als wie die Lauß über die---! Darum wäre mein getreuer Rath, eine iede Braut führe den sichersten und beqvemsten Weg, ohne speciale Besorgung eines Unglücks, weil doch Glück und Unglück nur alleine bey GOtt stehet. Und ob zwar wohl bekannt ist, daß manche Braut, zu ihres Bräutigams höchsten Mißfallen, zuweilen Neben-Wege suchet, (welche Huren-Wege auch wohl Zweifels frey in diesem ietzt vorhabenden Punct von dem Urheber mögen verstanden, und von den einfältigen Weibern im abergläubischen Verstande angenommen worden seyn) so bleibt es doch dabey, daß bey Heimholung einer Braut, soferne der gemeine Weg böse ist, man ohne einige Besorgung einen beqvemern Weg fahren mag, alle Huren- und Ehebruchs-Wege aber ausgenommen.


Wers Glück hat, mag die Braut heimführen, Verführen aber nicht, Wiewohl es offt geschicht. Da denn muß lassen sich vexiren Der albre Bräutigam, Der gute Hahnen-Kamm. Drum führ ein jeder seine Braut Fein selbst heim, geb ihr Ständel-Kraut, Wenn sie ihm erst ist angetraut.

Das 45. Capitel
[117] Das 45. Capitel.
Wer will recht Eyer sieden / der soll die Eyer ins siedende Wasser legen / und alsbald drey Vater-Unser nach einander beten / weil sie sieden / alsdenn sie wieder heraus nehmen / so sind sie recht.

Ich glaube, die Weiber haben diesen Zeit-Wecker, oder diese Sand-Uhr aus der Heiligen Geist-Kirche, welche an der Mulda bey Zwickau gantz wüste lieget / gestohlen. Denn die Diebe pflegen gemeiniglich mit dem Kirchen-Raube nicht recht umzugehen. Also wenden die Weiber bey ihren Eyer Sieden das heilige Vater-Unser auch zum Mißbrauch an, als wenn es eine gestohlene Wahre wäre, womit man nach eigenen Gefallen möchte umgehen. Ist das nicht recht leichtfertig? Das allerheiligste, das allernöthigste und vollkommen sie Meisterstück und Kern aller Gebete, das Vater-Unser, welches uns von GOtt selbst zu beten gelehret und befohlen worden, das wird zu solchen Lapalien angewendet, als ob man nicht ein vielaccurater Merckmahl zum Eyer-Sieden machen könne, als eben drey Vater-Unser? Eben, als wenn man das Vater-Unser nach dem Tact zu beten pflegte, daß eines so bald als das andere müste fertig werden. Ists nicht wahr, einer, der das Vater-Unser mit rechter Andacht betet, der wird mit einem eintzigen Vater-Unser so lange zubringen, als einer, der es ohne einige Gedancken auf der schnellen [118] Post fortschicket, zu sechsen kaum Zeit bedarff? Nun sagen mir doch die andächtigen Eyer-Siederinnen, ob es denn langsame oder schnelle Vater-Unser seyn müssen? Zwar, was brauch ich viel Fragens, höret man doch offt mit Verwunderung daß sie nicht einmahl das Vater-Unser nach seinen rechten Worten beten können, wenn sie beym Tisch-Gebet das liebe Vater-Unser recht radebrechen, und Wörter aussen lassen, dargegen auch wohl einige hinein flicken, die nicht hinein gehören, woraus man zur Gnüge kan abnehmen, daß sie zum theil (ich sage zum theil, weil es nicht alle so machen) nicht wissen, was das heilige Gebet, das Vater Unser, auf sich habe. Es ist bekannt, daß die frisch gelegten Eyer etwas länger müssen sieden, als solche, die etliche Wochen alt sind; auch habe ich schon angeführet, daß man das Vater-Unser könne langsam oder auch geschwinde beten; wie kan denn nun bey so gestalten Sachen das Vater Unser zu einen Zeit-Maaß beym Eyer-Sieden dienen? Die Erfahrung bezeugets offt, wie schöne die Kunst hat eingetroffen, wenn entweder die Eyer noch lauter / oder auch wohl gar hart auf den Tisch kommen, da sie doch sollen auf gewöhnliche Weise weich seyn. Demnach rathe ich, die Köchinnen bedienen sich anderer Zeit nur eines guten judicii, und mißbrauchen das liebe Vater-Unser zum Eyer-Sieden nicht mehr.

Das 46. Capitel
Das 46. Capitel.
Wenn man unter einer Stange hingegehet / [119] auf welcher Hüner sitzen / und man wird von einer Henne beschmissen / so bedeutets Unglück; wenn es aber vom Hahne geschicht / so bedeutet es Glück.

Freylich ist es kein Glück wenn einen die Hüner bestulgängeln, und können die Hüner mehr verrichten, als ein Hahn, denn der Hüner sind viel, aber nur ein eintziger Hahn; denn zwey Hähme leiden einander nicht auf einer Stange. Ob nun zwar einerley Vortheil draus entstehen wird / es beschmeisse einen ein Hahn oder eine Henne, denn von beyden werden die Kleider auf einerley Weise besudelt; dennoch wird gesagt, als sey es ein Glück, wenn einen der Hahn unter einer Heerde Hüner s.v. beschmeissete. Es mag aber diese Rede nicht proprie zu verstehen seyn, als ob man vom Hahnen-Koth etwas glückliches zu gewarten hätte, sondern weil nur ein Hahn unter viel Hünern sitzet, so ist es eine gewöhnliche Redens Art, daß man das, was seltsam heist, mit dem Nahmen Glück oder glücklich benennet. Zum Exempel, es hätte ein Weib eine Mandel Aepffel in einem Sacke / worunter ein eintziger ein faules Fleckgen hätte, es solte aber einer in Sack greiffen, und einen Apffel nehmen, so kan er sagen: Wenn das Glück gut ist, so ergreiffe ich wohl eben den faulen Apffel. Also kan man auch hier sagen: Es sind auf der Stange lauter Hüner, und nur ein eintziger bahn, und so ich darunter hingehe, kan mir leicht eine Henne etwas auf meine Kleider thun, und wenn das [120] Glück gut ist / trifft mich wohl der Hahn selbst auf den Buckel. Wem nun das Glücke gefället, dem gönne ichs lieber, als mir selbst; es soll Glück seyn, möchte aber vielmehr Kleck heissen, weil der Koth mehr beklecket, als beglücket. Aus daß aber die abergläubischen Weiber sehen mögen, daß sie sich in ihren Irrthum, was sonderlich anlanget diesen Punct, gantz verkehrt erzeigen, so setze ich ihnen alle Eyer, sowohl vom Hahn, als von Hünern, für, um zu sehen, ob sie lieber nach denen krummen Hahnen-Eyern, oder nach denen runden Hüner-Eyern greiffen werden? Und da ich schon voraus gewahr werde, daß sie über die ersten die Nasen rümpffen, und nach denen letztern greiffen, so bitte ich sie alle / die auf den ietzt vorhabenden Glaubens-Punct etwas halten, daß sie mir doch sagen wollen, woher der Hahnen-Koth s.v. vor dem Hüner-Kothe einiges Glück bedeuten könne? Denn es nicht genug ist, daß man eine Sache närrisch genug aussinnet, sondern man muß das Fürgeben auch erweisen: Ehe und bevor sie mir aber etwas hiervon erweisen, werde ich, und niemand von gesunder Vernunfft, nicht zu bereden seyn / daß das allergeringste an diesem Vorgeben wahr sey.


Ich lieb, was Hüner legn, und lob derselben Eyer, Der Hahnen kochgee Glück das ist, war auch nicht theuer, Doch nehm dasselbe hin, wem es so sehr beliebet, Weils doch so manchen Sinn, so viel als Köppffe, giebet.

Das 47. Capitel
[121] Das 47. Capitel.
Ein neues Kleid soll man nicht leer anziehen /sondern es soll einem vorher etwas in die Schüh-Säcke oder Taschen verehret werden.

Warum das? Darum, weil einer sonst kein Glück im Kleide haben wird. Das werde ich wohl an mir selbst gewahr; denn ohnerachtet ich mir gar selten ein neues Kleid machen lasse, so will sich dennoch bey solcher Seltenheit niemand bereden lassen, der mir nur etliche Ducaten wolle in die Taschen stecken. Dahero muß ich mich auch immer mit Hoffnung speisen, daß das Glück sonst woher kommen werde. Es gehet aber recht wunderlich in der Welt her; denn ist das nicht recht poßierlich, daß derjenige soll Glück haben, deme etwas ins neue Kleid ist verehret worden, da er doch ohnedem des Glücks genug hat / erstlich / daß er vermag, sich ein neues Kleid machen zu lassen; und zum andern, daß ihme etwas verehret worden, und um deßwillen soll er noch mehr Glück bekommen. Wäre es denn nicht billiger, derjenige arme Tropff bekäme das Glück, deme das Hembde zum Hosen heraus hienge, und der aus Armuth sich nicht helffen könte? Aber es heißt hier vielleicht, wie das bekannte Sprichwort lautet: Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu. Wenn ein Reicher, der alle vier Wochen ein neu Kleid machen läßt, iedesmahl eine gute Verehrung in seine Schühsäcke (oder, wie die [122] Bauern in Thüringen sagen, Diebs-Säcke) bekömmt, so kan es ihme nicht fehlen, er muß Glück haben; also haben die abergläubischen Weiber gleichwohl auch einmahl geredet, daß sie bestehen können, und werden dißmahl billig mit denen Wahrsagern in eine Classe gesetzt, welcher Wahrsagung also lautet: Du viel Geld hast, du reich bist; und so du lange lebest, du alt wirst.


Dem Reichen wird gemeiniglich etwas ins Kleid verehret. Da gegentheils dem Armen nichts in Rittel ist bescheret. Doch ist der Arme auck noch eh befriedigt im Gewissen, Da offt dem Reichen seines wird geängstein, zerrissen.

Das 48. Capitel
Das 48. Capitel.
Wer Gevattern bittet / soll eine ledige und noch unverheyrathete Person mit darzu bitten; sonst hat das Kind kein Glücke zum Heyrathen / und bekömmt auch keine Kinder.

Das ist eine Lehre der überklugen Weiber, wie sie aber bestehen wird, wollen wir bald vernehmen. Das vermeynte Glück wird ohne Zweifel im folgenden bestehen: Wer um obiger Ursachen willen eine ledige Person zu Gevattern bittet, der siehet sich gemeiniglich nach einer solchen um, die 1. noch jung ist; welche, so das Kind groß wird, und heyrathet / noch am Leben seyn / u. mit einem schönen Hochzeit-Geschencke erscheinen kan. 2. die reich ist; daß sie nicht allein einen grossen Pathen-Pfennig einbinden / sondern auch [123] hernach dem Kinde zuweilen etwas verehren kan. 3. die Eltern noch hat; weil die Eltern gemeiniglich gerne sehen, wenn ihre Kinder zu Ehren ersucht werden, und daher desto lieber etwas hergeben, daß sie dem Pathen etwas spendiren können. Also hat das Kind solch Glück von seinem ledigen Pathen zu gewarten. Wenn aber die ledige Person ein alter, geitziger, funffzig jähriger Tantz-Knecht oder Tobacks-Bruder wäre, oder eine sechtzig-jährige Jungfer Ursel, die mit Flederwischen auf dem Marckte sitzet, oder Rabüntzeln hausiren trügt, so wird ein Kind schwerlich viel Glück von einem solchen ledigen Pathen zu gewarten haben. Und wie soll es denn auch zugehen, daß ein Kind um seines noch ledigen Pathens halber Glück zum Heyrathen haben soll / da der (die) Pathe selbst noch nicht verheyrathet gewesen ist, als er dem Kinde die glückliche Eigenschafft mitgetheilet haben soll? Gleiche Bewandniß wird es auch mit dem Kinder-Bekommen oder Kinder-Zeugen haben; es wäre denn, daß eine schwangere Jungfer mit Gevatter stünde, und dem Kinde ihre fruchtbare Eigenschafft anerbte. Denn natürlicher Weise kan eine ledige Person ihrem Pathen weder einig Glück zum Heyrathen, noch einige Fruchtbarkeit zum Kinder-Zeugen einpflantzen. Darwider will ich zwar nicht streiten, daß offtmahls ledige Personen vor oder bey dem heiligen Tauff-Steine stehen / und an statt, daß sie solten heilige Gedancken haben, ungehindert aufs Heyrathen und Weiber-oder Männer-Nehmen, ja gar auf das [124] Kinder-Zeugen, gedencken. Ob aber solcher Pathen Gedancken eine Würckung auf das nur getauffte Kind haben kan, sonderlich, wenn nebst einem solchen verliebten Pathen noch ein Paar andächtige und Christliche Personen zugleich mit stehen, glaube ich nicht, sondern will das Beste hoffen. Das ist wohl gewiß, daß junge Leute insgemein die Gevatterschafft gerne verrichten, und eine weit grössere Affection auf ihre kleine Pathgen werffen, als von manchem alten Schabehalß geschicht; dahero helffen sie auch gebührender massen vor die kleinen Pathgen sorgen, daß sie nicht alleine wohl erzogen, sondern auch mit Heyrathen wohl versehen werden. Was denn die Beyrathung zum Kinder-Zeugen anlanget, davon will ich nicht zu tieff in die Schrifft kommen, denn das giebt sich gemeiniglich, wie das Geiechische. Dieses ists also, was von einem ledigen Pathen dem Kinde kan zuwachsen, welches aber auch nicht universal ist, sondern nur von wenigen iezuweilen geschicht.


Zum Heyraths-Glück und Fruchtbarkeit Kan keine Pathe vor der Zeit Dem Kinde etwas geben. Zwar kan die Pathe guten Rath Mittheilen, auch wohl Hülff und That, Jedoch kein Kind, noch Leben.

Das 49. Capitel
Das 49. Capitel.
Wer in der Jugend glücklich ist / muß im Alter betteln / und wer in der Jugend bettelt / wird im Alter reich und geehrt.

[125] Dieser Punct kan zwar mit viel hundert / ja tausend Exempeln bekräffriget werden, daß er dahero billig nicht mit unter die Zahl derer Aberglauben solte gesetzt werden; weil sichs aber vor ohngefehr einem halben Jahre begab, daß ich einem Weibe / welche noch wohl ihr Auskommen hatte, einen kleinen Verweiß gab, daß sie ihr Kind ließ vor denen Thüren betteln gehen, dieselbe mir zur Entschuldigung antwortete: Sie hätte ihr Lebtage gehöret, und wüste auch unterschiedliche Exempel, daß die Kinder, welche in der Jugend betteln giengen, im Alter hernach reich würden, und zu Ehren kämen; so hat mich solche Thorheit bewogen / diese Meynung etwas genauer zu untersuchen, und beyderley Ursachen an das Licht zu stellen, warum nehmlich arme Kinder offt im Alter zu Ehren kommen, hingegen reiche Kinder und Zärtlinge offt im Alter Bettler werden. Es ist bekannt genug, und fehlet gar an keinem Beweiß, daß es viele sehr gelehrte und Welt-berühmte vornehme Männer giebt, von denen man weiß, daß sie von geringen Herkommen sind, daß sie in ihrer Jugend viel ausgestanden, und jedermann zu Dienste gewesen / die die Kühe gehütet, ja gar das Brodt vor denen Thüren suchen müssen, derer Rath und Hülffe ietzt doch die Könige und Fürsten sich bedienen, und durch dero Regierung und Verstand Land und leute in Ruhe erhalten werden, (wiewohl auch offt das Sprichwort wahr wird: Es ist kein Messer, das schärffer schiert, als wenn ein Bauer oder Bettler ein Edelmann oder ein Herre [126] wird) woher aber solche wunderliche Glücks-Veränderungen entstehen, will ich meine Meynung eröffnen. Vor allen Dingen kommt es auf den Willen GOttes an, daß sich GOtt offt solche Leute aus dem Kothe, so zu reden, aussuchet, und ihnen seine Gnade vor andern schencket, auf daß hierdurch sein Nahme gepreiset, dem armen Nechsten gedienet, und die grossen, reichen, faulen Hansen / samt ihren zärtlich-erzogenen Kindern, beschämet werden möchten. Es gehet offt mancher arme Knabe betteln / der fein vom Gesicht und Gemüthe ist, dessen Eltern aber nicht vermögend sind, ihn zur Schule zu halten / oder etwas lernen zu lassen. GOtt aber regiert manch Christlich Hertz, die sich eines solchen armen Knabens annehmen, ihn kleiden, in die Schule lassen gehen, nach Nothdurfft mit Kost versorgen, und so fort. Ein solcher armer Knabe aber siehet, daß er nichts vermag, als was er von guthertzigen Leuten aus Gnaden bekommt, lernet sich dahero in die Leute schicken, und eines jeden Willen gleichsam an Augen absehen; er mercket, daß die Dienstfertigkeit und Treue ihn bey jedermann beliebt machet, dahero befleißiget er sich solcher Tugenden desto mehr; er lernet erkennen, daß der vor andern werth gehalten wird / welcher etwas kan; derowegen treibet ihn die Begierde auch zum Fleiß, dasjenige recht zu fassen und zu lernen, was ihm vor- oder aufgegeben wird. Je mehr