An eine schöne Frau

Daß ich noch lebe, wird der Reim dir zeigen,
Der mir erlaubt, dir Würd'ge! du zu sagen.
Ich schreibe, um ein Wörtlein nur zu fragen;
Was ich empfinde, davon laß mich schweigen!
Wenn ich jetzt spräche, könntest du dich neigen?
Dort schwieg der Mund, nun soll's die Feder wagen:
Ich wollt' in jener Stunde dir es klagen,
Als vor uns schwebte froher Mädchen Reigen.
Ich hab' im Stillen wahrlich viel gelitten.
Erst lobt' ich das Geschick, dann mußt' ich schelten,
Daß du so schön und ich so schnell gefangen.
Dein Auge lächle freundlich meinen Bitten;
So wird das fromme Schweigen mir vergelten
Ein süßer Kuß. Mehr darf ich nicht verlangen.

Notes
Erstdruck nicht ermittelt. Hier nach: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft, Bd. III, 1959.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. An eine schöne Frau. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D5C0-E