[375] An die Irreführer

Nach dem Propheten Jesaïas.


Wo sind die Canzler nun? so muß ich fragen:
Wo sind die Räthe? wo die Schriftgelehrten?
Sie, die mit eitler Weisheit sich bewehrten,
Und wußte keiner Tüchtiges zu sagen.
Das Volk, das euch vertraut, ist hart geschlagen.
Es sind die Künste, die sein Herz verkehrten,
Die Täuschereien, so den Zwiespalt mehrten,
Zu Schanden worden in des Schreckens Tagen.
Die ihr gebrütet Basilisken-Eier,
Spinnwebe wirktet, schwanger giengt mit Strohe,
Und Stoppeln ohne Halm ans Licht geboren:
Helft nun! Die Riesenflügel spreizt der Geier,
Er facht im Lande der Verwüstung Lohe,
Und noch ruft Recht und Wahrheit tauben Ohren.

Notes
Erstdruck in: Poetische Werke 1811, Bd. 1.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schlegel, August Wilhelm. An die Irreführer. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D38F-1