Johannes Schlaf
(1862–1941)

Johannes Schlaf (Fotografie, um 1910)

Biographie


1862

21. Juni: Johannes Schlaf wird in Querfurt (Thüringen) als Sohn eines kaufmännischen Angestellten geboren.

Da die Familie in beengten Verhältnissen lebt, muß das Kind zeitweilig bei Verwandten untergebracht werden.


1868

Beginn des Schulbesuchs in Querfurt.


1875

Ostern: Mit den Eltern Umzug nach Magdeburg.

Er besucht das Domgymnasium in Magdeburg (bis 1884).


1882

Schlaf tritt dem Schülerklub »Bund der Lebendigen« bei und kommt hier mit den neuesten philosophischen, naturwissenschaftlichen und literarischen Bestrebungen der Zeit in Berührung. Geistiger Mittelpunkt des Bundes ist Hermann Conradi, der auf Schlaf einen tiefen Einfluß ausübt.

Die Lektüre der Schriften von Ernst Haeckel führt zur Entwicklung naturphilosophischer Vorstellungen bei Schlaf.


1884

Herbst: Abitur.

Schlaf beginnt ein Studium der Theologie in Halle an der Saale, während sich Conradi und die meisten anderen Mitglieder des Schülerbundes nach Berlin wenden, um sich der naturalistischen Bewegung anzuschließen.

Schlaf belegt auch germanistische, altphilologische und philosophische Vorlesungen, u.a. bei Konrad Burdach und Rudolf Haym.

Teilnahme am Leben studentischer Verbindungen.

Erster (brieflicher) Kontakt mit Arno Holz.


1885

Herbst: Fortsetzung des Studiums in Berlin, wo er sich der Altphilologie und Germanistik widmet.

Bei den Zusammenkünften des »Bundes der Lebendigen« lernt er die Vertreter der naturalistischen Schule kennen.

Schlafs Studium und seine literarischen Neigungen geraten immer deutlicher in Konflikt.

Enge Freundschaft mit Arno Holz.


1888

März (oder früher?): Schlaf bewohnt mit Holz zusammen ein Sommerhaus in Niederschönhausen bei Berlin; sie schreiben unter dem Pseudonym Bjarne P. Holmsen gemeinsam naturalistische Werke, die unter dem Namen »Konsequenter Naturalismus« in die Literaturgeschichte eingehen.

Abbruch des Studiums.


1889

Die Novelle »Papa Hamlet«, die er zusammen mit Holz als Musternovelle des Naturalismus verfaßt, wird gedruckt.

Schlaf und Holz leben längere Zeit unter bedrückenden materiellen Bedingungen.


1890

4. April: Das gemeinsam mit Holz geschaffene naturalistische Schauspiel »Die Familie Selicke« wird in der Freien Bühne in Berlin uraufgeführt.

»Junge Leute« (Roman, zusammen mit A. Holz).


1891

»Der Baum« (Schauspiel).


1892

Schlaf verfaßt gemeinsam mit Holz Novellen, Zeitungsartikel und Verse, die unter dem Titel »Neue Gleise. Gemeinsames. In drei Theilen und einem Bande« erscheinen.

»Meister Oelze« (Drama).

»In Dingsda« (Versprosa).

Auf Einladung der »Literarischen Gesellschaft« reist Schlaf nach München. Freundschaftlicher Umgang mit Max Halbe.

Aufsatz über Walt Whitman, der Ausgangspunkt zahlreicher weiterer Publikationen wird.

Jahresende: Schlaf erleidet einen Nervenzusammenbruch und muß in die Berliner Charité eingeliefert werden. Das fortschreitende Nervenleiden führt dazu, daß Schlaf in den folgenden Jahren (mit Unterbrechungen) in verschiedenen Heilanstalten behandelt wird (bis 1898).


1893

Frühjahr-Sommer: Erholungsaufenthalt in der Umgebung der Hamburger Vierlanden, wo Schlaf an seiner prosalyrischen Dichtung »Frühling« arbeitet.

Herbst: Rückkehr nach Berlin.

Freundschaft mit Richard Dehmel und Stanislaw Przybyszewski. Unter ihrem Einfluß löst Schlaf sich von Arno Holz und entwickelt ein monistisch-religiöses Naturalismus-Konzept, das er später zu einem umfassenden kosmogonischen System ausbaut.


1894

Januar: Trotz der Befürwortung durch Theodor Fontane wird ein zugunsten von Schlaf eingereichter Unterstützungsantrag an die Deutsche Schiller-Stiftung abgelehnt. Seine materielle Lage bleibt weiterhin prekär.

Frühjahr: Übersiedlung zu seinen Verwandten nach Magdeburg.


1896

Die Dichtung »Frühling« wird, von Richard Dehmel als Meisterwerk bezeichnet, zu einem Erfolg.


1897

Schlaf übersetzt Gedichte von Walt Whitman, dessen monistische Verehrung der Natur und des Landlebens er sich zunehmend zu eigen macht.


1898

Vergeblich bemüht sich Schlaf, sein Drama »Die Feindlichen« an einer Berliner Bühne aufführen zu lassen.

In mehreren Schriften spricht Schlaf seinem Freund Arno Holz das Hauptgewicht an den gemeinsam geschaffenen Werken ab. Es kommt zum Bruch und zu mehrjährigen Auseinandersetzungen zwischen beiden, die in verschiedenen Schriften öffentlich ausgetragen werden.

»Gertrud« (Schauspiel).


1899

Nach dem Mißerfolg als Bühnenautor beginnt Schlaf, Romane zu schreiben. Als erster von zehn Romanen entsteht »Das dritte Reich« (gedruckt 1900).

»Stille Welten. Neue Stimmungen aus Dingsda« (Versprosa).

»Novellen« (drei Bände, bis 1901).

Jahresende: Schlaf siedelt noch einmal für längere Zeit nach Berlin über (bis Juli 1904). Sein Gesundheitszustand ist inzwischen wieder weitgehend gefestigt.


1900

Schlaf verkehrt im »Klub der Kommenden« in Berlin, der von Ludwig Jacobowski gegründet und nach dessen frühem Tod von Rudolf Steiner geleitet wird. In der Umgebung des kulturkonservativen, teilweise deutsch-völkischen »Klubs« bereitet sich bereits Schlafs spätere Annäherung an den Nationalsozialismus vor.

Freundschaftlicher Verkehr mit Leo Frobenius.

Begegnungen mit Erich Mühsam.


1902

»Noch einmal, Arno Holz und ich« (Streitschrift gegen Arno Holz).


1903

»Peter Boies Freite« (Roman).


1904

Der Roman »Der Kleine« thematisiert ebenfalls das Verhältnis zu Holz.

Juli: Schlaf siedelt nach Weimar über und lebt weitgehend zurückgezogen.

Seine fruchtbarste Schaffensperiode beginnt. Neben Romanen und Novellen erscheinen zahlreiche philosophische Schriften.

Freundschaft mit Paul Ernst.

Schlaf gehört zu den Besuchern des Jour fixe bei Elisabeth Förster-Nietzsche.


1905

»Die Nonne« (Novellen).

»Mentale Suggestion. Ein letztes Wort in meiner Streitsache mit Arno Holz« (Streitschrift gegen Arno Holz).


1906

»Novalis und Sophie von Kühn« (Abhandlung).

»Weigand« (Schauspiel).

»Notgedrungene Berichtigung eines neuen, von Arno Holz gegen mich gerichteten Angriffes« (Streitschrift gegen Arno Holz).


1907

»Der ›Fall‹ Nietzsche. Eine ›Überwindung‹« (philosophische Abhandlung).


1908

»Der Prinz«, ein weiterer Roman über die Beziehung zu Holz (2 Bände).


1909

»Am toten Punkt« (Roman).


1910

»Das absolute Individuum und die Vollendung der Religion« (Abhandlung).


1911

Die Deutsche Schiller-Stiftung gewährt Schlaf eine Zuwendung.


1912

»Mieze. Der Roman eines freien Weibes« (Neuauflage 1922 unter dem Titel

»Ein freies Weib«).


1917

In den folgenden Jahren erhält Schlaf von der Deutschen Schiller-Stiftung eine regelmäßige Pension, die ihm einen bescheidenen Lebensunterhalt sichert.


1920

»Miele« (Erzählung).


1922

Während die Leserzahl seiner Bücher ständig zurückgeht, nimmt Schlafs öffentliches Ansehen als Privatgelehrter ständig zu. Zu seinem 60. Geburtstag erscheint die umfangreiche Festschrift »Das Johannes Schlaf-Buch«, herausgegeben von Ludwig Bäte.


1924

Gründung der »Gesellschaft der Freunde Johannes Schlafs«.


1925

Schlaf wendet sich zunehmend astronomischen Forschungen zu und entwickelt eine eigene geozentrisch ausgerichtete Kosmogonie, die er in zahlreichen Aufsätzen, Broschüren, Büchern und Vorträgen zu popularisieren versucht. Er verstrickt sich in polemische Auseinandersetzungen mit Fachgelehrten, die sich bis an sein Lebensende hinziehen.

»Die geozentrische Tatsache als unmittelbare Folgerung aus dem Sonnenfleckenphänomen« (Abhandlung).


1932

Schlaf wird Ehrenbürger von Querfurt.


1933

Schlaf bekennt sich zum Nationalsozialismus und zu Hitler.

8. Juni: Auf der zweiten Sitzung nach ihrer nationalsozialistischen ›Säuberung‹ wird Schlaf in die Deutsche Akademie der Dichtung aufgenommen.

7. November: Ein Aufruf der Deutschen Akademie der Dichtung zur Unterstützung von Hitlers Politik erscheint im »Völkischen Beobachter« und trägt auch Schlafs Unterschrift.


1934

»Ausgewählte Werke« (zweiter Band 1940).


1937

21. Juni: Zu seinem 75. Geburtstag erhält Schlaf die Große Stadtplakette der Stadt Weimar.

Herbst: Übersiedlung in seine Heimatstadt Querfurt.


1938

November: Schlaf begrüßt anläßlich der Progrome der »Reichskristallnacht« die antisemitische Politik des NS-Regimes.


1941

»Aus meinem Leben. Erinnerungen«. Im Schlußabschnitt seiner Memoiren bekennt er sich nochmals zum »Dritten Reich«, das er als Erfüllung seiner weltanschaulichen Träume sieht.

2. Februar: Johannes Schlaf stirbt in Querfurt. An seinem Begräbnis nehmen hohe Vertreter der NSDAP und des nationalsozialistischen Staates teil.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schlaf, Johannes. Biographie: Schlaf, Johannes. Biographie: Schlaf, Johannes. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D143-8