11. Gott in der Natur

1786.


Wer gab mir, was ich hab' und bin?
Wer schuf die weite Erde?
Wer pflanzte Felsenberge hin?
Wer sprach zum Himmel: Werde!
Wem strahlt so flammend, groß und hehr
Der hohen Sonne Feuermeer?
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Wem brausen mit so starker Macht
Des Waldstroms Silberwellen?
Wer läßt den Blitz, die Wetternacht
Der fahlen Wolken hellen?
O sagt mir: Wessen Boten sind
Der Donner, der Gewitterwind?
Er ist's! Er ist es, dessen Hand
Die Abendröte malet!
Er hat den Bogen ausgespannt,
Der siebenfarbig strahlet.
Er tränkt mit Regen und mit Tau
Die ausgedörrte Halmenau.
Er hüllt die Saat in wallend Gold,
Er schwellt die vollen Garben.
Er schmückt den Frühling bunt und hold
Mit glänzendlichten Farben.
Er läßt im Frühling frisches Grün
Die Haine und den Wald umziehn.
Es reift die Frucht auf sein Gebot
Am schwerbeladnen Baume;
Er färbt die süßen Kirschen rot,
Violenblau die Pflaume.
Den Apfel schuf er voll und rund,
Die Birne saftig für den Mund.
Er streute, wie ein Säemann
Ins Furchenfeld die Körner,
Die Sterne aus auf ihre Bahn;
Des Mondes Silberhörner
Hing er leichtschwebend, wie ein Kahn,
An das Gewölk des Himmels an.
Die ganze heilige Natur
Ist seiner Allmacht Zeuge;
Anbeten, staunen kann ich nur –
Ich sinke hin und schweige.
Tief, tief im Staube bin ich hier
Du Großer, Gütiger, vor dir!

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TextGrid Repository (2012). Salis-Seewis, Johann Gaudenz von. Gedichte. Anhang. 11. Gott in der Natur. 11. Gott in der Natur. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B3C1-9