Ein Gespräch eins evangelischen Christen
mit einem lutherischen. Darin der ärgerlich
Wandel etzlicher, die sich lutherisch
nennen, angezeigt und bruderlich
gestraft wird.

Secunda Corinthiorum 6.

Laßt uns niemand irgend ein Ärgernus geben,

auf daß unser Ampt nicht verlästert werd,

sunder in allen Dingen laßt uns beweisen

wie die Diener Gottes.



Hans: Gruß dich Gott, lieber Bruder in Christo!

Peter: Gott dank dir, lieber Bruder Hans! Wan gehst du? Das ist mir ein seltsamer Gast in meinem Haus.

Hans: Wohlauf gen Predigt! Man hat das erst geläut, und gib mir allmit mein Buchlein wieder von der christlichen Freiheit! Hast dus aber deinem Schwäher, dem alten Romanisten, gelesen?

Peter: O nein!

Hans: Wieso? Hat er sich noch nit bekehret?

Peter: Ei, ich hab ihn, jetzt am Freitag acht Tag, gar aus der Wiegen geworfen.

Hans: Warmit?

Peter: Ei, da kam er unversehens zu mir, da aßen wir eben an einem kälbern Braten. Oh, wie hub der Mann an zu fluchen und schelten, sam hätten wir einen ermordt, wie dann alle Romanisten tund. Seither hat er kein Wort zu mir geredt, ist nie in mein Haus kummen.

Hans: Ei, ei, du hast unrecht daran tan, so du weißt, daß dein Schwäher evangelischer Freiheit noch unbericht ist.

Peter: Wie? Ist dann Fleisch essen Sund? Ich mein, du heuchelst. Ruft nit Christus das Volk zu ihm, Matthaei [77] am 15., und sprach: Horet zu und vernehmts! Was zum Mund eingeht, das verunreinigt den Menschen nit, und Lucae 10: Wo ihr in ein Stadt kummet, da esset, was euch furgetragen wird, und Johannis 8: So euch der Sun frei machet, so seid ihr recht frei, und Paulus 2. Corinthiorum 3: Wo der Geist des Herren ist, da ist Freiheit, und Romanorum 14: Ich weiß und bins gewiß in dem Herren Jesu, daß an ihm selbs kein Speis unrein ist, ohn dem, der es fur unrein rechenet, dem ists unrein. Und zu Tito 1: Dem Reinen ist alles rein, den Unreinen aber und Unglaubigen ist alles unrein, wann unrein ist beide, ihr Sinn und Gewissen, und wieder Romanorum 14: Selig ist der, der ihm kein Gewissen macht über dem, das er annimmt. Lieber, was sagst du zu diesen Spruchen?

Hans: Du hast wahr: Fleisch essen ist an ihm selber kein Sund, seit es von Gott frei und unverboten ist. Paulus aber spricht 1. Corinthiorum 10: Ich habs zwar alles macht, es ist aber nit alles nutzlich; ich hab es alles macht, es bessert aber nit alles. Niemand such, das sein ist, sunder ein jeglicher, was eins andern ist. Und 1. Corinthiorum 8: Sehet zu, daß euer Freiheit nit werd zu einem Anstoß der Schwachen. Und zun Romern 14: Den Schwachen im Glauben nehmt auf und verwirret die Gewissen nicht. Einer glaubt, er mog allerlei essen; welcher aber schwach ist, der isset nur Kräut. Und weiter in dem Kapitel: Es ist viel besser, du essest kein Fleisch und trinkest kein Wein, aber das, daran sich dein Bruder stoßet, ärgert oder schwach wird. Hast du den Glauben, so hab ihn bei dir selb vor Gott.

Peter: Es steht auch hinwieder 1. Corinthiorum 10: Warumb sollt ich mein Freiheit lassen urteilen von einer andern Gewissen? Dann so ichs mit Danksagung nieß, was sollt ich dann verlästert werden ob dem, darumb ich dank?

[78] Hans: Paulus spricht im Text hernach: Seid unanstoßig beiden, Griechen und den Juden und der Gemein Gottes, gleichwie auch ich mich jedermann in allerlei gefällig mach, und such nit, was mir, sun der was vielen zuträglich ist, daß sie selig werden.

Peter: Ich kehr mich nichts daran. Es steht Galatarum 5: So besteht nun in der Freiheit, darmit uns Christus gefreiet hat, und laßt euch nit wiederumb in das knechtisch Joch verknupfen. Und Colossensium 2: Laßt euch niemand Gewissen machen über Speis und Trank und über etlich Tag. Und weiter: Seit ihr dann nun gestorben seid mit Christo von den menschlichen Satzungen, was laßt ihr euch fangen mit Satzungen, als wärt ihr lebendig, die da sagen: du sollt das nicht anrühren, du sollt das nicht essen noch trinken, du sollt das nicht anlegen? Und noch klärer 1. Corinthiorum 10: Alles, das auf dem Fleischmarkt feil ist, das esset, und forschet nicht, zu verschonen der Gewissen.

Hans: Lieber, es folgt weiter im Text 1. Corinthiorum 10: Wo aber jemand wurd zu euch sagen: Dies ist Gotzenopfer (wie dann auch unser Fleischmeiden Gotzenopfer ist, welchs wir aus Menschengebot und nicht aus Gottesgebot meiden), spricht Paulus, so esset nicht und verschonet der Gewissen des, der es anzeucht. Und Romanorum 14: So aber dein Bruder über deiner Speis betrübt wird, so wandelst du schon nit nach der Lieb. Lieber, verderb den nicht mit deiner Speis, umb welches willen Christus gestorben ist. Und 1. Corinthiorum 8: Und wird also ob deiner Erkenntnus der schwach Bruder umbkummen, umb welches willen Christus gestorben ist. Wann ihr aber also sundigt an den Brudern und schlacht ihr schwachs Gewissen, so sundigt ihr an Christo. Darumb wenn die Speis mein Bruder ärgert, wollt ich nit Fleisch essen[79] ewiglich. Wie gefallen dir diese Spruch von Sant Paulus?

Peter: Was ist uns unser Freiheit nutz, wenn wir ihr nicht brauchen durfen?

Hans: Die ist uns so viel nutz, daß wir wissen, daß uns alle Speis unschädlich ist. Aber umb der Schwachen willen sollen wirs meiden, wie zun Romern am 15.: Wir aber, die wir stark sein, sollen tragen der Schwachen Gebrechlichkeit und nicht ein Gefallen an uns selber haben; wann es steht 1. Corinthiorum 10: Wer sich läßt bedunken, er steh, der schau, daß er nicht fall. Es seind euer (hab ich Sorg) viel, die Fleisch essen am Freitag aus Frevel, Furwitz oder Wollust, und seind doch ungegrundt im Glauben und werden auf die letzt wanken in ihrem Gewissen. Nun spricht Paulus zun Romern am 14.: Wer aber darüber wanken wird, so er gessen hat, der ist verdampt, dann es geht nicht aus dem Glauben. Was aber nicht aus dem Glauben geht, das ist Sund.

Peter: Ach, lieber Bruder Hans, wie lang sollen wir dannocht in der babylonischen Gefängnus liegen an der romischen Ketten und unser christlichen Freiheit mit dem Fleisch und allen Stucken nicht frei gebrauchen?

Hans: Lieber Bruder Peter, hab Geduld! Paulus 2. Tessalonicensium 2 spricht: Der Herr wird ihn erwurgen mit dem Geist seines Munds und wird sein ein End machen. Darumb, lieber Bruder, laß dir mitsampt mir und uns allen genugen, daß unser Gewissen frei und unverbunden ist zu sollichen menschlichen Aufsatzungen, der Seelen Heil betreffend, und laßt uns fort solliche und dergleichen Burd äußerlich mit unsern Mitbrudern williglich tragen wie andere Statut und burgerlich Sitten, wie Galatharum 5: Einer trag des andern Last, so werdt ihr das Gesetz Christi erfüllen.

[80] Peter: Ich hör wohl, ich muß den alten Weibern und Männern zulieb wieder Unterscheid der Speis machen, die doch von Christo verworfen seind. Matthaei 15: Ein jegliche Pflanzung, die Gott, mein himmlischer Vater, nicht gepflanzt hat, wird ausgereut.

Hans: Hor Paulum zun Romern 14: Das Reich Gottes ist nit Essen noch Trinken, sunder Gerechtigkeit, Fried und Freud im Heiligen Geist, und 1. Corinthiorum 8: Essen wir, so werden wir nit besser; essen wir nit, so werden wir nit weniger! Nun so wir aber Fleisch meiden, zu verschonen unseres Nächsten, unwissende Bruders Gewissen, alsdann geht solliches Meiden aus Glauben und Liebe und ist Gott gefällig, welches Gott vor ein Greuel war.

Peter: So hor ich wohl, ich muß wieder ein gleisnerisch Romanist werden und alle Ordenung und Kramanz mit ihnen halten.

Hans: Also, was du ohn Ärgernus deines Nächsten kannst unterlassen, magst du wohl tun. Es ist allein ohn Ärgernus willen des Nächsten zu tun. Derhalb tu, wie Paulus 1. Corinthiorum 9: Wiewohl ich frei bin von jedermann, hab ich doch mich selbs zum Knecht gemacht, auf daß ich ihr viel gewinn; den Juden bin ich worden als ein Jud, den Heiden als ein Heid, den Schwachen als ein Schwacher und bin jedermann allerlei worden. Und 2. Corinthiorum 12: Wer ist schwach, und ich werd nicht schwach, und wer wird geärgert, und ich brenne nicht? Also laß uns auch tun nach dem Gebot Christi, Johannis 13: Ein neu Gebot gib ich euch, daß ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebt hab. Darbei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Junger seid. Horst du, die Lieb ist die recht Prob eines Christen und nicht das Fleischessen, wann das konnen Hund und Katzen auch wohl!

[81] Peter: Lieber, es hilft nichts an ihnen; so wir ihr gleich lang verschonen, sie werden nur ärger und verstockter. Darumb gilt es gleich, man eß oder laß.

Hans: Lieber Bruder, willt du ihr nit verschonen, so schon doch des Evangeli und Wort Gottes, welches durch euer Fleischessen verlästert und Ketzerei gescholten wird; wann das Fleischessen ist dem gemeinen Mann schier der allergroßt Anstoß und Ärgernus an der evangelischen Lehr. Gott erleucht ihre Blindheit mit seinem gottlichen Wort! Es ist an ihnen erfüllt der Spruch Pauli 2. Thessalonicensium 2: Darumb do sie die Lieb der Wahrheit nicht haben aufgenummen, daß sie selig wurden, darumb wird ihnen Gott kräftig Irrtumb senden, daß sie glauben der Lugen, auf daß gericht werden alle, die der Wahrheit nicht glaubt haben.

Peter: Es ist leider wahr, ich hab wohl Nachbarn, so einer ein Bissen Fleisch an einem Freitag sollt essen, er nehm ihm großer Gewissen darumb, dann so er einen umb Ehr und Gut belug oder betrug.

Hans: Ach, lieber Bruder, so tu so wohl und meid Fleischessen, oder tu es je gar heimlich, daß niemand geärgert werd.

Peter: Wohlan, ich wills tun. Ich hab es so weit nit besunnen, daß in den Weg Schad daraus folgen sollt.

Hans: Wohlan, wohlauf! Ich mein, man läut das dritt an die Predig.

Peter: Es ist erst das ander. Lieber, mein Schwäher kumbt, red ihn an des Evangeli halben!

Meister Ulrich: Gott gruß euch, ihr lutherischen Leut!

Hans: Habt Dank! Ihr kumbt eben recht. Lieber Meister Ulrich, geht mit uns an unser Predig.

Meister Ulrich: Ich wollt eh, daß euer Prediger hing; er ist ein Ketzer!

Hans: Ei, lieber Meister Ulrich, wieso?

[82] Meister Ulrich: Da sagt mein Eiden da, wenn er kumbt: Unser Prediger sagt, man bedurf nimmer Beten, den Heiligen dienen, Fasten, Beichten, Wallen, Meßhoren, Vigilg, Seelmessen, Jahrtag stiften, Ablaß losen, und sei kein gut Werk zur Seligkeit nutz und noch grober Possen. Darnach sich dann mein Eiden mit sein Gesellen hält. Er weiß wohl, was ich jetzund mein.

Hans: Ei Peter, Peter! Du tust auch unrecht daran, du und dein Gesellen fahrt mit solchen Stucken heraus, das und das sagt unser Prediger, und sagt doch nit Ursach dabei, wie es euch der Prediger hat gesagt, und sturzet die einfältigen Leut von der Lehr, die verfluchen darnach die christlichen Prediger und fliehen darnach solliche ihr Predig, daran sie den Grund mochten horen, und verlästern das heilig Wort Gottes unwissend und sprechend: Ist das die neue Lehr, so will ich in meinem alten Glauben bleiben. Wer ist schuldig daran? Allein ihr ungehofleten Knebel. Du aber und deinsgleichen werdt mir hold oder feind, gilt mir gleich. Es ist je not zu sagen. Wann ihr aber Christen wärt, so handlet ihr christlich und saget dem Unwissenden die trostlichen Wort von Christo, die ihr von dem Prediger gehort hätt, nämlich daß der Tod Christi sei das einige Werk unser Erlösung und wie der himmlisch Vater Christo allen Gewalt hab geben im Himmel und auf Erden. Den Christum allein sollen wir horen: was er heißt, sollen wir tun, was er verbeut, sollen wir lassen, was er frei läßt, hab niemand zu verbieten, weder im Himmel noch auf Erden, bei der Seelen Heil! Und wenn ihr solches den Leuten vorsagt, das mocht die Herzen der Unwissenden erweichen, daß sie darnach auch an solche Predig kommen zu wahrer Erkenntnus der Wahrheit Gottes. So fiel dann das ander Menschengesatz und Gaukelwerk selber zu Boden.

[83] Meister Ulrich: Darvon hielt ich auch mehr, wenn man von guten Dingen sagt! Ich hör es aber von den Lutherischen nicht viel! Es kumbt je ein ganzer Tisch voll Lutherischer herein zu meinem Eiden, und hort doch wahrlich einer kein gut christlich Wort von ihnen. Da heben sie an, Munich und Pfaffen auszurichten, es nähme ein Hund nit ein Stuck Brot von ihn, und welcher baß mag, der ist Meister unter ihnen. Darumb lust mich ihr lutherische Weise gar nicht.

Hans: Peter, Peter, das ist wider die Lieb des Nächsten, Matthaei 7: Alles, das ihr wollt, daß euch die Leut tund, das tund auch ihn hinwiederumb! Nun wollst du je nicht, daß man dich also ausblesniert; wann sie seind so blind, armselig und verstockt, daß man billiger Mitleiden mit ihnen hätt und Gott für sie bät, dann daß man ihr Schand, Laster und Ungerechtigkeit also ausschreit und Tischmärlin darvon saget.

Peter: Ei, durfen sie's dann tun, so mussen sie's von ihnen sagen lassen; es ist je die Wahrheit.

Hans: Ob es recht sei, hör Paulum zun Romern am 2.: O Mensch, du kannst dich nit entschuldigen, wer du bist, der da richtest; dann warin du ein andern richtest, verdampst du dich selbst, seitemal du eben dasselb tust. Versteh mit dem Herzen, darin du ein ander richtest.

Peter: Lieber, sie haben uns lang am Narrenseil umbhergeführt, wir wollen sie wiederumb mit solcher Maß bezahlen, wie Apocalypsis 18: Bezahlt sie wieder, wie sie hat euch bezahlt, und machts ihr zwiefältig nach ihren Werken.

Hans: Es steht aber Matthaei 5: Liebet euer Feind, benedeiet, die euch maledeien, tund wohl den, die euch hassen, bittet fur die euch beleidigen und verfolgen. Und 1. Petri 2: Endlich aber seid besinnet, mitleidig, bruderlich, [84] herzlich, freundlich. Vergeltet nit Boses mit Bosem, nit Scheltwort mit Scheltwort, dargegen benedeiet etc.

Peter: Sollen wir dann lachen darzu, so meinten sie, uns wäre wohl darmit. Ich sich wohl, es kumpt ein neues Geschrei uber das ander, wie man die Christen von des Evangeli wegen sturmet, fecht, verbrennt, vertreibt, die Land verbeut in dem Babylonischen Reich.

Hans: Lieber Bruder, das ist uns alles vor verkundt durch Christum, wie es gehn wird. Liese Matthaei am 10., Marci am 12., Lucae am 21. und Johannis am 15.: Da findst du alle die Verfolgung, so dann jetzund anfecht uber die Christen zu gehn.

Peter: Es wäre aber schier besser, wir schlugen mit Fäusten darein, nach Laut des Spruchs Apocalypsis am 18.: Mit welchem Kelch sie euch eingeschenkt hat (versteh die Babylonisch Hur), schenkt ihr zwiefältig ein, und wieviel sie sich herrlich gemacht und geil gewesen ist, soviel schenkt ihr Qual und Leiden ein.

Hans: O nein, es steht Deuteronomii am 32.: Die Rach ist mein, spricht der Herr, und Apocalypsis 13: Wer ins Gefängnus fuhrt, der wird ins Gefängnus gehn; und wer mit dem Schwert totet, der muß mit dem Schwert tot werden. Und Matthaei am 26.: Wer mit dem Schwert ficht, der wird am Schwert verderben. Also wird sie der Herr wohl finden, wie 2. Petri 2: In ihrem Wurgen werden sie erwurget werden! Darumb sei du zufried und bleib in deiner christlichen Geduld, Lucae am 6.: Wer dich auf ein Backen schlägt, dem beut den andern auch dar; und wer dir den Mantel nimmt, dem wehr auch nit, daß er dir den Rock nehme.

Peter: Wie? Sollen wir dann ihrer verfuhrischen Triegerei recht geben?

Hans: Nein, wo ihr ihnen unter Augen seid und sie die [85] evangelische Wahrheit verlästern, da schweigt nit, sunder widerlegt ihn ihre Menschengeschwätz mit dem Wort Gottes, und handlet nichts wider sie mit Rumor oder Geschrei; wann das ist unrecht und dem gemeinen Mann ganz ärgerlich.

Peter: Ei, hat doch Christus auch selbs von diesen verfuhrischen Wolfen verkundigt, und auch in ihrem Abwesen, nämlich Matthaei 7 und 24 und Marci am 13., Lucae am 21. Da hat Sant Paulus von ihnen geschrieben 1. Corinthiorum 15 und 2. Corinthiorum 11, Galatarum 5, Ephesiorum 4, Philippensium 3, Colossensium 2 und 2. Thessalonicensium 2 und 1. Timothei 4 und 2. Timothei 2 und dergleich 1. Petri 5 und 2. Petri 2 und auch 1. Johannis 4 und 2. Johannis 1.

Hans: Merk, das ist darumb, wie steht Romanorum 15: Was uns furgeschrieben ist, das ist uns zur Lehr geschrieben, auf daß wir durch Geduld und Trost der Geschrift Hoffnung haben. Also seind wir durch die Heilig Geschrift gewarnet vor ihn und ihrer Verfuhrung, auf daß wir unser Gewissen ihnen nicht unterwerfen sollen, sunder einig und allein dem unwandelbaren Wort Gottes.

Peter: Warumb schreien dann unser Prediger der Geistlichen falsche, verfuhrische Lehr, Gottsdienst, Gebot und Leben also auf der Kanzel aus? Desgleichen Doktor Martinus mit viel sein Nachfolgern schreiben vorgemeldte Stuck so uberflussig unter die christliche Gemein? Ist ihnen recht, so ist es uns auch recht!

Hans: Ja, solches Predigen und Schreiben geschicht aus verpflichter christlicher Lieb dem gemeinen, unwissenden, verfuhrten Volk zugut, auf daß sie ihre Gewissen losmachten von den gemeldten Verfuhrern. Zum andern den Verfuhrern zugut, ob Gott durch sein kräftig Wort ein Teil niederschlug wie Paulum vor Damasco, Actuum [86] 9, und aus Wolfen des Teufels Schäflein Christi machet. Wo aber sollich Predigen oder Schreiben aus bosem Gemut und nicht aus christlicher Liebe geht, so ist es Unrecht und Sund, wie nutz und not das Werk an ihm selber ist, nach Laut des Spruchs 1. Corinthiorum 13: Wenn ich all mein Hab den Armen gebe und ließ mein Leib brennen und hätt der Lieb nicht, so wäre es mir nichts nutz. Hiebei ist wohl zu besorgen, wo ihr hinter dem Wein sitzt und schändet Munich und Pfaffen, daß es nit aus christlicher Liebe, sunder aus Ubermut, Neid, Haß oder aus boser Gewohnheit kumm, welches Nachreden in der Schrift verboten ist, nämlich Ephesiorum 4: Laßt kein faul Geschwätz aus euerm Mund gehn, sunder was nutz ist zur Besserung, daß es not tut. Und weiter: Alle Bitterkeit, Grimm, Zorn, Geschrei und Lästerung sei ferr von euch. Und zu Tito 3: Erinnert sie, daß sie niemand lästern, nicht hadern, glind sein, alle Sänftmutigkeit beweisen gegen allen Menschen. Und Petri 2: So legt nun ab alle Bosheit, alle List, Heuchlerei, Haß und alles Afterreden.

Peter: Die kehren sich dannocht nicht daran, man sing ihnen suß oder bitter; die seind verstockt wie die Pharisäer.

Hans: Ei, so laß sie gehn wie die Heiden, Matthaei 18. Wann ihr sie lang schändet, ihnen fluchet, ist es niemand nutz, und ander Leut, die bei euch sitzen und horen, die ärgern sich daran, sprechen: Die Lutherischen konnen nichts dann die Geistlichen schmähen und wollen sie hauen und stechen, wie kann dann etwas Guts hinter ihn und ihrer Lehr stecken? Es ist Teufels Lehr mit ihn! Und fliehen auch furbaß die evangelisch Lehr und bleiben in ihrem alten Irrtumb. Das ist die Frucht euers Nachredens. Darumb willt du ein wahrhafter Christen sein, so vermeid es und verschon ander Leut daran. Zudem so [87] wollt ihr all, die ihr euch lutherisch nennet, an dem frummen Mann, dem Luther, einen Deckmantel euer Unschicklichkeit suchen und euch doch seiner Lehr nicht gemäß halten. Dann obwohl Luther die christlichen Freiheit zu Erledigung der armen, gefangen Gewissen angezeigt, hat er doch darneben durch seine Schriften und Predig männiglich gewarnet, wie er dann noch fur und fur tut, sich vor trieglichen, ärgerlichen, unchristenlichen Handlungen zu huten und nit also dem Evangelio und Wort Gottes zum Nachteil mit der Tat zu schwirmen und gleich den Unbesinnten zu rasen. Darumb ihr euch in diesen euern ungeschickten Handlungen des christlichen Manns, Doktor Luthers, der es so gut christlich und getreulich meint, zu einem Schandfleck nit billig gebraucht. Dann was christlichen ehrbarn Gemuts, was gegrundten Glaubens und Vertrauens mogen sich doch die behelfen, die mit auswendigen Gebärden, als die Geistlichen an ihrem Leib, Ehr und Gut zu verfolgen, dem Nächsten mit Fleischessen und andern ärgerlich zu sein, anfahen Christen zu sein! Und da zeigen diese Frucht an, daß der Baum gewißlich bos und faul ist, Matthaei 7.

Meister Ulrich: Ja, Meister Hans, wenn ihr etwenn da wärent, wenn die Lutherischen beieinander seind und bringen einen unter sich, der nicht lutherisch ist, da hortent ihr, wie sie der Leut verschonen, ja hinter sich! Da halten sie Fasnacht mit ihm und legen sich alle über ihn, der muß ihr Romanist, Papist, Gleisner und Werkheilig sein, und reden ihm so spottlich und hohnisch zu, daß er unter ihnen sitzt wie ein Pfeifer, der den Tanz verderbt hat, und weiß nicht, in welche Ecken er sehen soll.

Hans: Oh, ihr groben Rultzen, euer Herz sollt sich freuen (wo ihr anders rechte Christen wärt), wo ihr unwissende Leut uberkämbt, daß ihr ihnen das Wort Gottes (das [88] Pfund, das euch geben ist, Matthaei 25) bruderlich mitteilet: so fahrt ihr zu und verspott sie.

Peter: Lieber, sie verstehen so gar nichts in der Geschrift und stellen sich so ungeschickt darzu wie ein Hund in ein Karren: so muß man ihnen dann darzu helfen.

Hans: Ach nein, umb Christus willen! Verschonet der Unwissenden und Schwachen Gewissen, wann sie haben des Worts Gottes nicht gewohnt, ihr Ruchenprediger haben sie nicht darauf gewiesen, sunder darvon auf ihre erdichte Menschenwerk. Auch seind unnutz und Spottwort in der Schrift verboten. Ephesiorum 5: Schampere Wort und Narrenteding und Scherz und was sich nit zur Sach reimet, entschlah dich, und 2. Timothei 2: Das ungeistlose Geschwätz entschlahe dich, dann es fördert viel zu einem gottlosen Wesen, sunder, wie Paulus zun Colossensibus an 3.: Laßt das Wort Gottes reichlich in euch wohnen in aller Weisheit und lehret untereinander selbs!

Peter: Lieber, es sein viel alter grauer Männer, die ruhmen sich auch, sie wissen das Evangeli, aber sie legens nach ihrem Kopf aus, und wann man im Grund fragt, so verstehen sie eben als viel im Evangeli als ein Kuh im Brettspiel. Soll man ihr nit spotten darzu und sie strafen?

Hans: Hor Paulum 1. Timothei 5: Den Ältesten schelt nicht, sunder ermahn ihn als ein Vater, die Jungen als die Bruder, die alten Weiber als die Mutter, die jungen als die Schwester. Merk, hie hast du die Weise, wie es alles lieblich und holdselig muß unterwiesen sein.

Peter: Es seind aber etlich Geistpolster darunter, die laufen alle Kirchen aus und wollen Gott den Himmel mit ihren Werken abkaufen, und wann man ihnen von dem rechten Gottsdienst sagt, so lecken sie hinten und vorn auf, und kann niemand mit ihnen naher kummen.

[89] Hans: Ei, du mußt ihnen ihren Irrtumb freundlich anzeigen, wie Galatarum 6: Lieben Bruder, so ein Mensch in einem Laster begriffen wird, so straft ihn mit sänftmutigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid.

Peter: Ja, sie nehmens nit an und sprechen, wir söllen uns selber bei der Nasen nehmen.

Hans: Da kumbt heraus, von dem ich stets sage! Sie ärgern sich an euerm rohen Leben.

Peter: Sollen wir dann ein gleisnerisch Leben führen wie die Munich?

Hans: Nein, sunder ein Leben wie die Christen, wie Paulus Romanorum 13.: Laßt uns ehrbarlich wandeln als am Licht; nit in Fressen und Saufen, nit in Kammern und Geilheit, nit an Hadern und Eifern. Und Ephesiorum 4: Ich ermahn euch, lieben Bruder, daß ihr wandelt, wie sichs gebuhrt euerm Beruf, darin ihr berufen seid, mit aller Demut, Sänftmut und Langmut, und vertrag einer dem andern in der Lieb. Und Paulus beschreibt die Ursach zun Philippern 2: Tut alles ohn Murmulung und ohn Verwirrung, auf daß ihr seid ohn Tadel und lauter und Kinder Gottes, unsträflich mitten unter dem unschlachtigen und verkehrten Volk.

Peter: Sie verachten aber die Geschrift und wollen ihr alte Gewohnheit halten. Sagt man ihn schwarz, so sagen sie weiß, sprechen, ob die Geschrift in der Bibel alle wahr sei, und wann man ihnen mit hochstem Fleiß christliche Lehr vorsagt, sprechen sie alsbald: Hast du mein Gäns nit gesehen? Wer kann ihn dann schweigen darzu?

Hans: Paulus schreibt 2. Timothei 2: Ein Knecht des Herrn soll nit zänkisch sein, sunder väterlich gen jedermann, lernhaftig, der die Bosen tragen kann, der mit Sänftmut straft die Widerspenstigen, ob ihnen Gott dermaleins Buß gebe, die Wahrheit zu erkennen. Und [90] 1. Petri 2: Das ist der Will Gottes, daß ihr mit Wohltun verstopft die Unwissenheit der Menschen als die Freien und nicht, als hätt ihr die Freiheit zu einem Deckel der Sunden.

Peter: Lieber, sie machens zu grob, sie geben bose Wort aus und werfen mit Ketzerkopfen unter uns, und so wir nit hinwieder bissen, so schreien sie froh: Hie gewunnen, hie gewunnen! Darumb ist not, daß man ihnen den Kolben auf den Schild leg.

Hans: Oho, willt du Christum bekennen und lehren und magst nit bose Wort leiden, wie wollst du dann Streich oder den Tod leiden? Merk Paulum Romanorum 12: Benedeiet, die euch verfolgen; benedeiet, und maledeiet nit! Vergeltet nit Boses mit Bosem, rächet euch selber nit! Hie horst du, daß man aus christlicher Lieb in aller Sänftmut ohn alle Gallen handeln muß, soll es Frucht bringen, und nit also grob mit den Leuten fahren. Es ist auch ein merklich Stuck, damit man die Leut abwendet von der evangelischen Lehr, der etwan sunst viel herzukämen und die Lehr annähmen, aber den Weg gebiert es nur Feindschaft zu dem Wort Gottes, dergleichen zu den, die ihm anhangen, heißen sie Ketzer und das Wort Gottes Ketzerei. Da seid ihr allein schuldig an mit euerm Fleischessen, Rumorn, Drohen, Schänden und Lästern der Geistlichen und dem Pochen und Hadern und Verachten der Einfältigen, daß ihr viel über euch ausspeien, wo sie euch sehen, dergleichen über ander frumme Christen, die nicht wie ihr, sunder dem Evangeli Christi nachfolgen und einen christlichen Wandel fuhren, wie sichs gebuhrt.

Peter: Lieber, ist man uns feind, das wissen wir vorhin wohl, und kennen sie auch wohl; wir sein ihnen auch nit gar hold, und wenn sichs begäb in einem Abreiten, wir wollten gar schon reißen aneinander.

[91] Hans: O weh, ist es umb die Zeit, so merk ich wohl, es ist nur viel Geschreis und wenig Wollen umb euch: hat ihr die Lieb des Nächsten nit, vonnoten kennt man euch nit fur Junger Christi.

Peter: Wieso?

Hans: Es steht 1. Johannis 3: Wer nit liebhat seinen Bruder, der bleibt im Tod, und wer seinen Bruder hasset, der ist ein Totschläger. Und 1. Johannis 4: So jemand spricht, er lieb Gott und hasset seinen Bruder, der ist ein Lugner; denn wer seinen Bruder nit liebet, den er sicht, wie kann er Gott lieben, den er nit sicht? Darumb furcht ich, lieber Bruder Peter, so du mit deiner Rott Feindschaft trägst, ihr habt den wahrhaftigen Christenglauben nit, den Gott wurkt, Colossensium 2, sunder ihr habt nur ein menschengedichten Glauben aus Fleisch und Blut und seind euch selber schädlich und unnutz und ander Leuten ärgerlich; wann fleischlich gesinnet sein ist ein Feindschaft wider Gott, spricht Paulus, Romanorum 8: Die aber der Geist Gottes treibet, das seind die rechten Kinder Gottes.

Peter: Wie erkennt man sie aber?

Hans: Allein an der Lieb, wie Christus sagt Johannis am 13.: In dem wird man erkennen, daß ihr meine Junger seid, so ihr einander liebhabt. Und 1. Johannis 4: Ihr Lieben, laßt uns untereinander liebhaben, dann die Lieb ist von Gott, und wer liebhat, der ist von Gott geborn und kennet Gott. Wer nit liebhat, kennet Gott nit, wann Gott ist die Lieb, und wer in der Lieb bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Derhalben mag ich wohl zu euch sagen wie Christus zun Juden, Johannis 8: Wenn ihr Abrahams Kinder wäret, so täten ihr die Werk Abrahae. Also auch ihr: Wenn ihr evangelisch wärent (wie ihr ruhmet), so täten ihr die Werk des Evangeli; wann das Evangelion ist ein wunnsam frohlich [92] und lieblich Botschaft von Christo. Darumb, wann ihr aus dem Evangeli geborn wärt, so verkundet ihr das Evangeli euern Mitbrudern in Christo holdselig und mit aller Ehrsamkeit und fuhret ein gottseligen Wandel wie die Aposteln, die so freundlich gegen den Leuten handleten, wie man in ihren Geschichten durch alle Kapitel lieset. Darumb, lieber Bruder Peter, merk nur eben mein Red umb Gottes willen und sag es deinen Mitbrudern von mir, wiewohl sie mich ein Heuchler und Abtrünnigen heißen und halten werden; da liegt mir nit ein Haarbreit an! Ich hab je die Wahrheit gesagt, welche dann allmal verfolgt muß werden von den Gottlosen. Und wollt Gott, daß es alle die gehort hätten, die sich gut lutherisch nennen, vielleicht mocht ihn Irrtum geliegen und erst ein Teil lernen, recht evangelisch Christen zu werden.

Meister Ulrich: Peter, wie gedunkt dich? Wenn Meister Hans über dich käme, der konnt dich recht aufnesteln! Es ist je einmal wahr: Wenn ihr Lutherischen solchen zuchtigen und unärgerlichen Wandel fuhret, so hätt euer Lehr ein bessers Ansehen vor allen Menschen; die euch jetzund Ketzer nennen, wurden euch Christen heißen; die euch jetzt fluchen, wurden euch heimsuchen, und die euch jetzund verachten, wurden von euch lernen. Aber mit dem Fleischessen, Rumorn, Pfaffenschänden, Hadern, Verspotten, Verachten und allem unzuchtigen Wandel habt ihr Lutherischen der evangelischen Lehr selber eine große Verachtung gemacht.

Hans: Es liegt leider am Tag. Gott verleich uns allen seinen Geist, zu leben nach seinem gottlichen Willen! Man läut das dritt, wohlauf gen Predig!

Meister Ulrich: Wohlan, ihr habt mich gleich lustig gemacht, ich will auch mit euch an euer Predig, ob ich ein guter Christ mocht werden.

[93] Hans: Das geb Gott!

Meister Ulrich: Amen.


Philippensium 2

Lieben Bruder, ist nun unter euch irgend ein Ermahnung in Christo, ist irgend ein Trost der Lieb, ist irgend ein Gemeinschaft des Geists, ist irgend ein herzlich Lieb und Barmherzigkeit, so erfullet mein Freud, daß ihr eines Muts und Sinns seid, gottliche Liebe habt. Nichts tut durch Zank oder eitel Ehr, sunder durch Demut. Achtet euch untereinander selbs, einer des andern Obrister, und ein jeglicher sehe nit auf das

Sein, sunder auf das des andern ist.

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TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Prosa-Dialoge. Prosadialoge. Der vierte Dialog. Ein Gespräch eins evangelischen Christen. Ein Gespräch eins evangelischen Christen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B246-7