Ein schulkunst

In dem neuen ton Hans Sachsen.


1515.

1.
Ich kam vor einen garten, wol geziert
von edlen reben und fruchtbaren beumen,
von guten würzen, blüt und kraut,
von veiel, klee, lilgen, rosen und blume,
als das paradeis lieblich auserkoren;
Darin maniger vogel schön quintiert.
[12]
zwelf man gunden den edlen garten pflanzen,
von in wurt er reichlich durchbaut;
sie gunden sein zu aller zeite warten.
über jar dise früchte zeitig woren.
Des stunt der gart in hohem preis.
und war bewaret wol vor allen schanden.
ein iederman der funt sein speis,
von wann er kam, aus allen deutschen landen;
sein frücht holet man auch tegleich
in alle reich
für zimetrör, granat und pomeranzen.
die zwelf pflanzeten on aufher,
je lenger mer,
und teten sich in arbeit nit verseumen.
in dem sach ich kumen ein wildes tier;
das selb verwüst den auserwelten garten;
alda floch iederman darfier;
dardurch verlor der edel gart sein rume.
darnach wuchs in garten distel und doren.
2.
Der gart bedeut zu Nürmberg die singschul;
die hat geblüt durch zwelf erwelte dichter,
der kunst sich weit hat ausgebreit
in Deutscheland durch fremde meistersinger,
die der schul für al ander gaben preise.
Hört, die zwelf saßen auf dem meisterstul:
der erst, ein beck, hieß Kunrat Nachtigalle,
sein ton er lieblich melodeit;
der ander, ein nagler, der hieß Fritz Zoren,
der macht schone bar und liebliche weise.
Der dritt mit namen Vogelsang,
der viert Herman Oertel, zwen heftelmacher,
machten vil tön in süßem klang;
der fünft, Fritz Ketner, was in kunst nit schwacher;
Merten Grim, der sechst, schrieb vil bar;
der sibent war
[13]
Sir Beckmesser, sein tön lieblich erhalle;
vom Gostenhof das war der acht,
ein schneider, macht
vil schöner bar und war der kunst ein richter;
der neunte, Hans Schwarz, was ein briefmaler,
der macht vil tön, die seint ein teil verloren;
der zehent was ein holzmesser,
der hieß mit seinem nam Ulrich Eislinger,
auf schöne kunstreim leget er sein fleise;
3.
Der eilft war der durchleuchtig deutsch poet,
ein balbirer, mit nam meister Hans Folze;
der zwelft war auch mit dichten frei,
ein weber, hieß man Lienhart Nunnenbecken.
durch die zwelf ist die schul fast auferhaben.
Das tier, das dise schul verwüsten tet,
das ist der neit, der in der schul erwachte;
daraus folgt zwietracht und partei,
von manchem unverschemten großes toben.
dardurch ist der schul lob worden abgraben.
Darum, ir singer, darauf schaut,
das neit und haß nicht kum auf euer schule
und brech, was man hab lang gebaut;
besizt in reinikeit der alten stule.
wer nicht dicht, der sing, oder sunst,
aus fremder kunst
on allen neit, niemant in auch verachte.
welcher dan von got die genad
zu dichten hat,
der bleib demütig und treib keinen stolze,
teil sein kunst aus und rüme sich nit ser;
die kunst wirt selb den iren meister loben.
ein ganze schul die bat sein er.
wo man aus lieb ist allen neit zudecken,
da geit got miltiglich des geistes gaben.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Gedichte. Geistliche und weltliche Lieder. Ein schulkunst. Ein schulkunst. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B0A3-3