Der ewige Nordschein

Am Himmel ist ein Flammenrot,
Es ist nicht Abendröte,
Es ist auch nicht das Morgenrot,
Was ist's für eine Röte?
Die tief herauf aus Norden bricht,
Und fort und fort verlischet nicht,
Wie gestern so noch heute;
Wer ist, der es mir deute?
Da sprach der Geist, der bei mir stand,
Und deutete, wo's sprühte,
Zum Himmel auf mit seiner Hand,
Daß dran der Finger glühte;
Hast du vernommen von der Stadt,
Die sich gemacht zum Phönix hat,
Um aus der Flamme Wehen
Verjüngt hervorzugehen?
Ein Jahr ist, seit sie ausgebrannt,
Doch steht des Scheines Helle
Noch leuchtend über allem Land,
Und auf derselben Stelle.
Vergehn wird noch ein ander Jahr,
Und stehn der Schein wird immerdar,
Vergehn noch viele Jahre,
Und stehn der Schein, der klare.
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Solang' als Gottes Odem weht
Und Himmelsströme feuchten,
Wird dieser Schein, der nie vergeht,
Dem, der ihn sehn kann, leuchten.
Weit über Raum und über Zeit,
Ein Zeugnis seiner Herrlichkeit
Wird Gott ihn lassen funkeln;
Wer will den Schein verdunkeln?

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Rückert, Friedrich. Der ewige Nordschein. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-A085-A